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Als Mythor in der durch ALLUMEDDON veränderten Welt zu sich kommt, dauert es geraume Zeit, bis unser Held in gewohnter Manier zu handeln vermag. Inseln des Lichts zu gründen und die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen ist sein Ziel. Und dieses Ziel erreicht er im Drachenland. Der weitere Weg unseres Helden ist verschlungen. Da geht es um die Spur der Albträume, um die Gründung weiterer Oasen des Lichts, um Coerl O'Marn, den Albtraumritter, der über das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie, verfügt. Es geht auch um die anbrechende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um die Waffen des Lichtboten. Und es geht schließlich um das BUCH DER ALBTRÄUME, dessen einzelne Kapitel in Verstecken ruhen, die vor dem Zugriff der Finstermächte sicher zu sein scheinen. Dass diese Sicherheit trügerisch ist, wird bereits durch den Raub des ersten Kapitels bewiesen. Nun soll die Entscheidung über den Besitz des zweiten Kapitels fallen. Mythor mit seiner kleinen Schar und Xatan mit seiner unheimlichen Horde stehen sich in der Halle des Kriegers im Kampf gegenüber. In diesem Moment greift Gorgan ein - denn DER KRIEGER ERWACHT ...
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Veröffentlichungsjahr: 2015
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Nr. 179
Der Krieger erwacht
von Peter Terrid
Als Mythor in der durch ALLUMEDDON veränderten Welt zu sich kommt, dauert es geraume Zeit, bis unser Held in gewohnter Manier zu handeln vermag. Inseln des Lichts zu gründen und die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen ist sein Ziel. Und dieses Ziel erreicht er im Drachenland.
Der weitere Weg unseres Helden ist verschlungen. Da geht es um die Spur der Albträume, um die Gründung weiterer Oasen des Lichts, um Coerl O'Marn, den Albtraumritter, der über das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie, verfügt. Es geht auch um die anbrechende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um die Waffen des Lichtboten. Und es geht schließlich um das BUCH DER ALBTRÄUME, dessen einzelne Kapitel in Verstecken ruhen, die vor dem Zugriff der Finstermächte sicher zu sein scheinen.
Dass diese Sicherheit trügerisch ist, wird bereits durch den Raub des ersten Kapitels bewiesen. Nun soll die Entscheidung über den Besitz des zweiten Kapitels fallen. Mythor mit seiner kleinen Schar und Xatan mit seiner unheimlichen Horde stehen sich in der Halle des Kriegers im Kampf gegenüber.
In diesem Moment greift Gorgan ein – denn DER KRIEGER ERWACHT ...
Gorgan – Der Krieger erwacht.
Mythor – Der Helm des Gerechten verschafft ihm neue Einblicke.
Xatan – Mythors Gegenspieler in RADAMACCRA.
Ilfa, Mu, Sadagar und Ascander – Sie kämpfen in der Halle des Kriegers.
Gruulx sah sich gehetzt um. Er wusste, dass die Meute dicht hinter ihm war. Vom Lebensgebiet seines Stammes war er Wegstunden weit entfernt. Es war bitter kalt, der Schnee lag kniehoch, und zwischen den kahlen Bäumen des Stillen Waldes bewegten sich dichte, weiße Nebelschwaden.
Gruulx schauderte, weil hinter ihm wieder das Heulen der Meute zu hören war. Seit Stunden schon jagten sie ihn. Der Atem des Jägers ging keuchend. Die Kälte ließ vor seinem Mund helle Wolken entstehen.
»Feuer!«, stieß Gruulx hervor. »Ich muss unbedingt Feuer machen.«
Das Messer aus kunstvoll bearbeitetem Flintstein war die einzige Waffe, die ihm noch verblieben war. Sein Speer stak noch immer in der tödlichen Wunde, die er nach langer, anstrengender Jagd dem Schneehirsch beigebracht hatte. Der Fellbeutel mit seinen anderen Habseligkeiten lag ebenfalls neben dem Kadaver. Das Wolfsrudel hatte Gruulx beim Ausweiden der Beute überrascht und war mit solchem Ungestüm über den Krieger hergefallen, dass Gruulx nichts anderes hatte retten können als das nackte Leben und das Messer.
Das langgezogene Heulen des Leitwolfs kam näher und näher.
Der Winter war hart gewesen, und die Wölfe waren ebenso ausgehungert wie die Menschen.
Gruulx stapfte weiter. In dem hohen Schnee kam er nur langsam voran. Er hatte seit drei Tagen kaum etwas gegessen, seit zwei Nächten nicht mehr geschlafen, weil er unablässig auf eine Beute gelauert hatte. Als endlich der Schneehirsch in Gruulx Nähe aufgetaucht war, hatte der Jäger mit aller Kraft und Geschicklichkeit den Speer geworfen. Er hatte gut getroffen, nur drei Stunden lang hatte er hinter dem waidwunden Tier herjagen müssen, bis er es verendet gefunden hatte. Die Anstrengung dieses Laufs hatte ihm noch in den Gliedern gesteckt, als das Rudel ihn aufgestöbert hatte, und auch danach war Gruulx kaum zur Ruhe gekommen.
Seine Glieder schmerzten entsetzlich, und in seinem Leib wühlte der Hunger.
Gruulx griff an seinen Fellgürtel. Er stieß eine Verwünschung aus. Beim Lauf musste er auch das Säckchen mit dem Salz verloren haben, das in dieser Jahreszeit fast so wichtig war wie Fleisch und Brot.
Fieberhaft überlegte der Jäger, wie er sein Leben retten konnte. Eine Möglichkeit hätte darin bestanden, einen großen Haken zu schlagen und zu versuchen, ins Dorf zurückzukehren. Freunde und Jagdgefährten hätten dann die Aufgabe übernehmen können, das Rudel zu vertreiben.
Aber Gruulx wusste, dass dazu seine Kräfte nicht mehr ausreichten. Außerdem konnte es nicht mehr lange dauern, bis es zu dämmern begann. In der Dunkelheit hatte Gruulx bei diesem Gelände keinerlei Chance, sich gegen das Rudel zur Wehr zu setzen.
Gruulx versuchte sich vorzustellen, wo er sich befand. Die ungefähre Richtung, in der er gelaufen war, hatte er sich einprägen können. Nur die Strecke, die er zurückgelegt hatte, konnte er schwer ausrechnen.
Prüfend zog der Jäger die Luft durch die Nase. Er versuchte anhand des Geruchs festzustellen, welchen Ort er erreicht hatte.
War es möglich, dass er in der Nähe des Berges mit den zwei Gesichtern herumlief?
Der Berg hieß so, weil er sich im Sommer als eine riesige dunkle Masse präsentierte, aus der Feuer und Rauch aufstieg, und die unablässig grollte und donnerte. In der Winterszeit aber, von einer dicken Eiskruste bedeckt, stellte sich dieser Berg als ein rein weißes Gebilde dar, das in der Sonne funkelte und glänzte.
Bei dem Stamm des Jägers genoss dieser Berg eine hohe Achtung. Man sprach teils ehrfürchtig, teils furchtsam von diesem Massiv. Winters wie sommers gab es dort kein Leben. Noch nie hatte einer der Jäger in der Nähe des Berges eine Beute stellen können.
Gruulx sah keine andere Möglichkeit. Er wollte versuchen, den Berg zu erreichen, in der Hoffnung, dass die Wölfe dann von ihm abließen.
Gruulx setzte sich wieder in Bewegung. Die kurze Rast hatte zwar seine Kräfte etwas wiederhergestellt, aber dafür hatte sich die Kälte unangenehm bemerkbar gemacht. Seine Fellkleidung war nass und schwer. Gruulx wusste, dass er auch ohne die Meute auf seinen Fersen nur noch ein bis zwei Stunden hatte. Gelang es ihm bis dahin nicht, ein Feuer anzufachen und seine Kleidung zu trocknen, würde er unweigerlich schwere Erfrierungen davontragen.
Langsam und mit großer Anstrengung stapfte Gruulx durch den festen Schnee. Ab und zu warf er einen Blick über seine Schulter auf die Spur, die er im Schnee hinterlassen hatte. Die Fährte war geradlinig, und das war es, was Gruulx beabsichtigt hatte. In diesem Gelände war es außerordentlich schwierig, eine Richtung beizubehalten. Es war schon des Öfteren vorgekommen, dass Jäger nach stundenlangem Marsch auf ihre eigene Fährte zurückgekehrt waren.
Wieder war der Jagdruf des Rudels zu hören. Sie konnten nicht mehr weit hinter Gruulx sein.
Der Jäger beschleunigte seine Schritte. Er bemerkte, dass die Bäume nicht mehr so dicht beieinanderstanden, und nahm es als Zeichen dafür, dass er sich seinem Ziel näherte.
Wenig später hatte er den Rand des Waldes erreicht. Vor ihm waren die ersten schroffen Eiszacken des Berges mit den zwei Gesichtern zu sehen. Gruulx stieß einen tiefen Seufzer aus.
Von dem Berg selbst bekam er nur einen Teil des unteren Randes zu sehen. Der Rest wurde verhüllt von dichtem Nebel, der über dem ganzen Land lagerte.
Wieder schauderte Gruulx, denn von dem Berg ging ein seltsames Gefühl der Bedrohung aus. Und einen Augenblick lang verspürte Gruulx die Furcht, dass der Berg womöglich für ihn eine noch größere Gefahr bereithielt, als sie das beutegierige Wolfsrudel darstellte.
Das langgezogene Heulen der Wölfe in Gruulx' Rücken erinnerte den Jäger daran, dass er keine Zeit zu verlieren hatte. Er begann mit dem Aufstieg.
Die ersten Schritte waren nicht sehr schwer. Das Gelände war sehr zerklüftet, und Gruulx fand jederzeit für Finger und Füße einen sicheren Halt. Aber sehr bald musste er feststellen, dass das Eis auch überaus scharfe Kanten aufwies, die seinen Fellhandschuhen und seinen Fellstiefeln ganz erheblich zusetzten.
Er warf einen Blick zurück. Vom Rand des Waldes war jetzt nichts mehr zu sehen. Das ganze Gelände war mit Nebel zugedeckt. Aber in diesem Nebel gab es noch Leben, das sich immer wieder bemerkbar machte.
Gruulx gab sich nicht der Hoffnung hin, das Rudel könnte womöglich seine Fährte verlieren. Er kannte die Wölfe, und er kannte vor allem ihre Hartnäckigkeit.
Gruulx hatte einen flüchtigen Blick auf den Leitwolf werfen können. Ein riesiges, graufelliges Tier, dessen Körper mit zahlreichen Narben bedeckt war. Der Rudelführer musste schon recht alt sein. Dass er es trotzdem noch fertigbrachte, die Meute anzuführen, lag vermutlich daran, dass er sich beim Aufspüren und Verfolgen von Beutetieren besonders ausgezeichnet hatte.
Immer höher kletterte der Jäger in dem Gewirr von Eis und Schnee empor. Auf nackten Fels stieß er nur selten. Das Gestein war sehr dunkel und schien noch kälter zu sein als das Eis, das es bedeckte.
Unter Gruulx war ein wildes Heulen zu hören. Der Jäger warf einen Blick in die Tiefe, und jetzt konnte er das Rudel sehen. Ein junges, besonders kräftiges und ausdauerndes Tier machte sich sofort daran, Gruulx zu folgen.
Der Jäger sah sich gehetzt um.
Ein paar Schritte von ihm entfernt sah er einen Eisbrocken liegen, der ungefähr fünfmal so groß war wie ein Menschenschädel. Mit äußerster Vorsicht bewegte sich der Jäger auf dem glatten Eis auf diesen Brocken zu und bekam ihn auch zu fassen.
Er stemmte ihn hoch über seinen Kopf, wartete, bis er sich seines Zieles sicher war, und schleuderte den Brocken dann in die Tiefe.
Das Geschoss zerschmetterte dem vordersten Wolf das Rückgrat. Gruulx stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. So wie er die Wölfe kannte, würden sie zunächst einmal über ihren verletzten Artgenossen herfallen, und das gab Gruulx eine Möglichkeit, einen gewissen Vorsprung zu gewinnen.
Gruulx kletterte weiter. Unter ihm raufte sich das Rudel um die Beute.
Der Aufstieg war schwierig und mühsam. Gruulx konnte spüren, dass seine Kräfte immer mehr nachließen. Mehr als einmal geriet er in Gefahr, abzustürzen.
Das Wolfsrudel war wieder im Nebel verschwunden, aber Gruulx konnte die Tiere hören. Sie suchten sich andere Wege. Die Tiere waren ausdauernder und kräftiger als Gruulx, und sie nahmen weite Umwege in Kauf, wenn sie sie nur ihrer Beute näherbrachten. Ein Grollen und Donnern weit oberhalb von Gruulx ließ den Jäger zusammenfahren. Er presste sich dicht an die Wand. Wenig später stürzten viele große und kleine Eisbrocken an ihm vorbei in die Tiefe. Ein jämmerliches Jaulen verriet, dass eines der Geschosse ein Ziel gefunden hatte.
»Einer weniger«, stieß Gruulx leise hervor.
Etwa zehn Schritte über ihm konnte er sehen, dass die Eiswand dort ein wenig zurückgetreten war und so einen Weg zu schaffen schien, der sich nach links langsam an der Wand des Berges emporarbeitete. Gruulx hoffte, dort schneller voranzukommen und strengte sich an, dieses Band so schnell wie möglich zu erreichen.
Eine Kante, schärfer noch als die Klinge von Gruulx Messer, hatte den rechten Schuh des Jägers abgeschnitten. Bei jedem zweiten Schritt musste Gruulx das Eis mit der bloßen Haut berühren. Jedes Mal flutete eine Welle von Schmerz durch den Körper des Jägers.
Gruulx hatte sein Ziel fast erreicht. Er streckte die rechte Hand aus, um den Rand der Kante erfassen und sich daran hochziehen zu können, als plötzlich ein heiseres Fauchen erklang. Doch ehe der Jäger reagieren konnte, spürte er, wie sich der Fang eines Wolfes um seine rechte Hand schloss.
Gruulx reagierte in der Zeit eines Herzschlags. Er riss die rechte Hand zurück. Der Wolf, der sich unbemerkt vorgearbeitet hatte, verlor den Halt und stürzte in die Tiefe. Aber der Griff seiner Kiefer war so fest, dass Gruulx, ohne es zu wollen, den Sturz des Wolfes auffing. Wild um sich strampelnd hing das Tier an Gruulx' rechter Hand.
Der Jäger nahm alle Kraft zusammen und versuchte noch einmal, das Tier wegzuschleudern. Es gelang ihm. Ein furchtbarer Schmerz entstand in Gruulx' rechter Hand, aber einen Augenblick später sah er den Wolf sich überschlagend in die Tiefe stürzen.
Gruulx stieß einen Fluch aus.
Nicht nur, dass der Wolf ihm den Handschuh heruntergerissen hatte, die Reißzähne des Tieres hatten auch eine klaffende Wunde auf dem Handrücken hinterlassen.
Gruulx presste die Wunde an seinen Mund. Das Blut schmeckte warm und süßlich.
Schmerz zu unterdrücken, hatte der Jäger bereits in seiner Kindheit gelernt, und es gelang ihm auch diesmal. Er prüfte seine Hand. Die Wunde war nicht sehr tief. Er konnte die Hand nach wie vor gebrauchen, allerdings nur für kurze Zeit.
Gruulx zögerte nicht lange. Er kletterte weiter in die Höhe, bis er den Eispfad erreicht hatte. Dann setzte er seinen Marsch nach links in die Höhe fort.
Meter um Meter arbeitete sich der Jäger vorwärts. Als er nach einiger Zeit den Blick zurückwandte, konnte er sehen, dass die Wölfe den Weg ebenfalls gefunden hatten. Es waren siebzehn Tiere, die ihm jetzt noch folgten.
Gruulx tastete nach seinem Messer. Er wusste, dass die Waffe im Zweikampf mit diesem Rudel wenig taugte. In dieser Lage war die Klinge nur noch zu einem zu gebrauchen – Gruulx vor dem Schicksal zu bewahren, von den Wölfen bei lebendigem Leib zerfleischt zu werden.
Trotz der furchtbar brennenden Wunde und seinen schmerzenden Gliedern war der Jäger noch nicht gewillt, den Kampf aufzugeben.
»Hilf mir, Göttin der weißen Stille«, betete Gruulx inbrünstig.
Nachdem er keuchend weitere Schritte hinter sich gebracht hatte, musste er zu seinem Erschrecken feststellen, dass der Pfad hier ein Ende fand. Aber zu seiner Rechten konnte Gruulx sehen, dass es dort einen Spalt im Eis gab, ungefähr zwölf Schritte hoch, am unteren Ende sehr schmal, am oberen Ende hingegen knapp eine Mannslänge auseinanderklaffend.
Gruulx zögerte nicht. Er wollte versuchen, dort in die Höhe zu klettern und so den Wölfen endgültig zu entkommen.
Er zwängte sich in den Spalt hinein und kroch langsam darin in die Höhe. Nach einiger Zeit konnte er sich mit dem Rücken gegen die eine Seite pressen und sich mit den Füßen auf der anderen Seite allmählich nach oben schieben.
Gruulx sah nach unten.
Er konnte die gelben Lichter des Leitwolfs sehen, die gierig zu ihm hinauffunkelten. Eine Zeitlang starrte ihn das Tier wütend an, und Gruulx rechnete damit, dass der Wolf versuchen würde, zu ihm hinaufzuspringen. Aber dafür schien der Rudelführer zu gewitzt zu sein. Er schnüffelte kurz und ließ dann das ganze Rudel umkehren.
Gruulx musste eine Rast einlegen, als er das Ende des Spaltes erreichte und dort einen Platz fand, auf dem er kurz sitzen konnte. Von den Wölfen war jetzt nichts mehr zu sehen.
Gruulx öffnete seine Kleidung und legte die verletzte rechte Hand unter die linke Achselhöhle. Er presste die Zähne aufeinander, als der salzige Schweiß in der Wunde zu brennen begann. Immerhin reichte die Körperwärme unter der Achselhöhle aus, die Hand wieder einigermaßen beweglich zu machen.
Gruulx konnte seine Flucht fortsetzen.
Wie viel Zeit vergangen war, ehe Gruulx die Höhle entdeckte, wusste der Jäger nicht abzuschätzen. Er spürte nur, dass er sie nicht einen Augenblick später hätte entdecken dürfen. Der Jäger war so erschöpft, dass er sich nur noch auf allen vieren vorwärts bewegte.
Handspannenweise arbeitete sich Gruulx vorwärts. Das Dämmerlicht am Eingang der Höhle machte sehr bald tiefer Dunkelheit Platz, und Gruulx musste sich seinen Weg buchstäblich ertasten. Zunächst bewegte er sich über Eis, dann aber spürte er Fels unter seinen Fingern. Gruulx kroch weiter.
Er wusste nicht, ob ihn seine Sinne narrten, aber es fühlte sich so an, als würde der Fels mit jeder Mannslänge, die er tiefer ins Gestein vordrang, wärmer.
Der Jäger hielt inne. Die Fingerspitzen seiner rechten Hand hatten etwas ertastet, was kein Fels war. Vor Erleichterung wäre Gruulx beinahe umgefallen. Was er zu fassen bekam, war Holz, kaltes, aber trockenes Holz.
Hastig kroch der Jäger weiter. Mit beiden Händen raffte er zusammen, was er auf dem Boden fand. Wie dieses Holz hierher gekommen war, interessierte Gruulx nicht. Er wusste nur eines, jetzt endlich hatte er eine Möglichkeit, ein Feuer anzumachen – vorausgesetzt, die Meute ließ ihm genügend Zeit dazu.
Schon unter normalen Umständen war das Feuermachen eine Kunst, auf die sich nur wenige verstanden. Jetzt aber, mit seinem frostgeschüttelten Körper, schien es Gruulx fast unmöglich zu sein.
Es gelang ihm dennoch. Seine Hände schmerzten zwar entsetzlich von der schnellen Bewegung, aber der winzige rote Punkt Glut, den Gruulx jetzt sehen konnte, ließ ihn den Schmerz schnell vergessen. Er streute etwas Holzmehl auf den Funken und hauchte darauf, um die Glut weiter anzuheizen.
Unwillkürlich hielt er den Atem an, als er die erste Flamme sah.
Das Feuer war gerade groß genug, um ein Dutzend kleiner Flammen zu bilden und ein wenig Wärme spürbar zu machen, als Gruulx ein Geräusch hörte, das ihm die Nackenhaare aufstellte.
Die Meute hatte ihn gefunden. Und jetzt gab es kein Entrinnen mehr.
Es war der Leitwolf, der als erster in die Höhle eingedrungen war. Von dem Tier konnte Gruulx nur die gelblich funkelnden Lichter sehen. Der Rest des Körpers verschmolz mit der Dunkelheit, aus der der Wolf emporgetaucht war.