Nach Rom ist gar nicht so weit - Reinhard Wagner - E-Book

Nach Rom ist gar nicht so weit E-Book

Wagner, Reinhard

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Beschreibung

Zu Frühjahrsbeginn 2014 machte sich Reinhard Wagner auf seinen Pilgerweg von seiner Heimatgemeinde Windeck (Rhein-Sieg-Kreis) bis nach Rom, von der eigenen Haustür bis zum Petersplatz. 2100 Kilometer legte er dabei in Deutschland, der Schweiz und Italien alleine zu Fuß zurück. Nach seinem Jakobsweg ein Jahr zuvor mit seiner Tochter Annika und deren Hündin Sira war es wieder einmal eine besondere Herausforderung, aber auch eine wunderbare Erfahrung. Auf der Grundlage seines Pilgerblogs, den er jeden Tag gewissenhaft führte, entstand dieses Buch.

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Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkungen

Anhang

Landschaften und Etappen

Literatur – Zur Planung und für unterwegs

Nützliche Links

Bildnachweis

Vorbemerkungen

Von Mitte Februar bis Ende Juni 2013 bin ich zusammen mit meiner Tochter Annika und ihrer Hündin Sira den Jakobsweg gegangen, von der eigenen Haustür bis nach Santiago de Compostela und sogar noch darüber hinaus bis zum Kap Finisterre („Ende der Welt“) an der Atlantikküste und bis Muxia. Es waren ziemlich genau 3000 km mit wunderbaren Erlebnissen, Begegnungen und Erfahrungen. Damit war ich mit dem Pilgervirus infiziert.

Schon auf dem Rückweg von Spanien nach Hause stand für mich fest, im folgenden Jahr meinen nächsten Pilgerweg unter die Füße zu nehmen. Wieder wollte ich vor der eigenen Haustür starten. Nach langer Recherche in Literatur und Internet entschied ich mich für eine Pilgerreise in die „Ewige Stadt“ – Rom. Schon vor über tausend Jahren war Rom mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus Ziel der Pilger aus allen Teilen Europas. Dieses Ziel vor Augen, ging ich Mitte März 2014 los, um es Anfang Juli, nach mehr als 2100 km, zu erreichen.

Doch Richtung Rom musste ich auf Annika und Sira verzichten und war alleine unterwegs. Ich glaube, der Gedanke daran bedrückte mich weniger als meine Lieben daheim. Ganz im Gegenteil, genau das reizte mich besonders. Mich alleine durchschlagen und nur für mich Entscheidungen treffen müssen, schwierige Situationen meistern und "versalzene Suppen selbst auslöffeln", Glücksmomente ganz für mich genießen und weniger gute Tage möglichst locker wegstecken -das wollte ich! Und natürlich alles andere auch wieder: Schöne Landschaften durchstreifen, neue Bekanntschaften schließen, Wind, Sonne und auch Regen auf der Haut spüren, meine körperlichen Grenzen mal wieder erfahren, Kultur erleben, die unterschiedlichsten Unterkünfte anlaufen, morgens losgehen, abends ankommen, heute hier, morgen da sein.

Die Erlebnisse meiner Pilgerreise habe ich vom ersten Tag an in einem Blog dokumentiert, so dass meine Familie, Freunde und Bekannte, alle Menschen, die es interessierte oder die zufällig darauf stießen, mich darauf „begleiten“ konnten. Dieser Blog, mit seinen tagebuchähnlichen Aufzeichnungen, ist Grundlage dieses Buches. Motivierende Kommentare vieler netter Menschen, gerade auch meiner Kinder, im Anschluss an fast jeden Tagesbericht, machen den Blog-Charakter dieses Buches deutlich und ich meine auch, noch zusätzlich unterhaltsam.

Viel Spaß beim Lesen!

18. Feb. 2014

Es kann wieder losgehen!

Die Erinnerungen an unseren Jakobsweg sind kaum verblasst. Wie auch!? Immer noch werde ich von lieben Mitmenschen gefragt: "Na, hast du dich inzwischen wieder erholt?" Wenn ich ihnen dann sage, dass ich mich in einem Monat wieder auf die Socken mache, ziehen sie die Augenbrauen hoch, legen die Stirn in Falten und schütteln nur den Kopf. Man muss das ja auch nicht verstehen... Wichtig ist mir, dass meine Familie und meine Freunde mich unterstützen.

Immer noch gibt es Nachwirkungen vom Jakobsweg. Das veröffentlichte Buch findet immer wieder Abnehmer bzw. Käufer und die Fertigstellung unseres Multivisionsvortrages liegt in den letzten Zügen. In der ersten Märzhälfte werden vier Veranstaltungen in Eitorf und Windeck stattfinden, in denen Anni und ich einer interessierten Öffentlichkeit von unserem gemeinsamen Jakobsweg berichten werden. Im September kommt wohl noch ein Termin in Waldbröl dazu.

Die Vorbereitungen für meine Rom-Pilgerreise sind praktisch abgeschlossen. Ich schaue dem Start am 20. März (Frühlingsanfang) gelassen entgegen. Was heißt gelassen... Natürlich kribbelt es in der Magengegend, wenn ich daran denke. Schließlich ist so ein 2000-Kilometer-Weg kein Pappenstiel, aber nach den guten Erfahrungen vom letzten Jahr bin ich doch relativ entspannt. Im Moment warte ich nur sehnsüchtig auf meinen bestellten (und bereits in Vorkasse bezahlten) neuen Wheelie. Ich möchte noch genug Zeit haben, ihn "unter Wettkampfbedingungen" zu testen.

Eine ganz besondere "Bedingung" kann ich aber nicht testen. Einige Unterkunftsbetreiber aus dem Schwarzwald gaben mir in den letzten Tagen die frohe Kunde, dass im April dort noch viel Schnee liegen kann. Ob ich denn eventuell Schneeschuhe dabei hätte. Na vielen Dank! Und als sie dann noch von meinem Wheelie hörten, kam nur ein "Uiuiuiuiui..." Ob ich mich doch noch nach ein paar Schlittenkufen oder Kurzskiern erkundigen sollte, die mir irgendjemand druntermontieren kann...?

 

Christel (Samstag, 01 März 2014 07:52)

Na, jetzt habe ich ja wieder etwas Spannendes zu lesen! Ich freue mich auf Euern Vortrag, auf Deinen Blog und bin sicher, dass Du es schaffst!!!

 

19. Feb. 2014

Wheelie angekommen!

Na also! Nach einiger Wartezeit brachte mir heute die liebe Postbotin meinen neuen Wheelie, fein demontiert in einem flachen Karton. Die Montage war, selbst für mich Technik-Legastheniker, relativ einfach und recht schnell stand der "Wheelie Traveller" auf seinen zwei Vollgummirädern. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Bei der Lieferung fehlten die bestellten Trommelbremsen für die Räder. Der Bremsgriff alleine tut es ja nicht. Mein Telefonanruf beim vertreibenden Händler rief etwas Peinlichkeit auf der anderen Seite der Leitung hervor und brachte das Versprechen, sich umgehend drum zu kümmern.

 

Sohnemann Julian (Dienstag, 25 Februar 2014 23:15)

Als Wiedergutmachung kann der Händler zu den Trommelbremsen ja auch Schlittenkufen und Kurzskier dazu packen... gegen den Schwarzwälder Schnee.

LG Julian

 

28. Feb. 2014

Pack ich das nochmal?

Das muss jetzt wohl einfach so sein! Die Zweifel kriechen so langsam um die Ecke und legen sich mit all ihrem Gewicht auf mein Gemüt. Schaffe ich das wirklich nochmal? Überschätze ich meine Leistungsfähigkeit? Bin ich tatsächlich fit genug für diese Dauerbeanspruchung? Oder wird man unterwegs fit genug? Ist das jetzt falscher Ehrgeiz? Meine Kinder sagen ja vielleicht nicht umsonst "alter Mann" zu mir. Verdammt, Reinhard Wagner, du bist 64!

Seit meiner England-Durchquerung auf dem Coast to Coast Walk 2011 bin ich nicht mehr ganz alleine unterwegs gewesen - und jetzt gleich für dreieinhalb Monate... Letztes Jahr, auf dem Jakobsweg, habe ich die Begleitung durch Anni und Sira schon genossen. Wird mir der Partner fehlen, den ich immer ansprechen kann, der mir zuhört, dem ich zuhöre, mit dem ich lache, vielleicht auch mal kurz grolle, der bei kleinen Handgriffen hilft, der Verantwortung übernimmt, wenn man selbst das nicht will oder kann? Bin ich mir wirklich selbst genug?

An risikoreiche oder gar gefährliche Situationen will ich gar nicht denken. Ich unternehme keine Himalaya-Expedition und paddel nicht den Amazonas hinunter. Ich verspreche, immer Vorsicht und Vernunft walten zu lassen, meine Grenzen zu akzeptieren. Ich verspreche, unterwegs immer gut zu essen und vor allem viel zu trinken. Das habe ich früher (und selbst zuletzt auf dem Jakobsweg) nicht konstant genug betrieben.

Kopfzerbrechen macht mir noch der Schnee. Ja, der Schnee! Der Winter ist zwar in unseren heimatlichen Breitengraden komplett ausgefallen, aber ist er wirklich jetzt komplett vorbei? Oder holt er nochmal die Keule raus? Im Moment liegt auf den Höhen des Schwarzwalds immer noch einiges an Schnee, nicht so viel wie manches Jahr zuvor, aber auf dem Feldberg immer noch über einen halben Meter. Möglicherweise werden dort die Alternativen Schnee oder tiefgründiger Matsch sein, beides nicht die besten Untergründe für meinen Wheelie. Ganz zu schweigen vom St. Bernhard-Pass! Im Moment liegt dort der Schnee noch meterhoch. OK, bis dahin sind es noch gute zweieinhalb Monate, aber der Pass wird nicht umsonst erst am 1. Juni für den Autoverkehr geöffnet. Für den Fußgänger soll das schon eher möglich sein, aber wer weiß...

Wie schaffe ich die Alpenüberquerung mit meinem Wheelie? Kann ich ihn auf den Bergpfaden wirklich hinter mir herziehen oder muss ich mir das gesamte Teil irgendwann mal für eine Zeit lang auf den Buckel hieven? Der Weg zum St-Bernhard-Pass hoch ist mit Sicherheit eine andere Nummer als die Pyrenäen hinauf.

Und dann wieder diese Sprachbarrieren: Französisch in der Schweiz, Italienisch (was sonst!) in Italien - keiner dieser Sprachen bin ich mächtig! Das wird wieder spannend. Gestik - Mimik - Kauderwelsch, irgendwas bzw. all dies wird mir wieder weiterhelfen müssen.

Nachdem ich das jetzt alles mal hier aufgeschrieben und nochmal überdacht habe, setzt sich bei mir doch wieder Zuversicht durch. Ich schaffe das! Und wisst Ihr warum? Weil an den ersten drei Paragraphen des "Kölschen Grundgesetzes" viel Wahres dran ist:

§1: Et es wie et es

§2: Et kütt wie et kütt

§3: Et hätt noch immer jot jejange

 

Pilgertochter (Freitag, 07 März 2014 22:07)

Wir glauben an dich! Du schaffst das schon... Hör nur ein bisschen auf deinen Körper. Das bisschen Schnee macht mir keine Sorgen... Und du und viel trinken: Dass ich nicht lache!

 

01.März 2014

Freut mich!

Auf dem Homepage-Counter rechts erkenne ich, dass sich so langsam immer mehr Interessierte auf meine Seite verirren. Das freut mich! Es ist doch so: Je höher die Zahl jetzt klettert und während des Weges vielleicht sogar auf einem gewissen hohen Level bleibt, umso mehr steigert das natürlich ungeheuer meine Motivation, mich nach jedem Wandertag abends noch dranzusetzen und zu schreiben. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ich mich wieder sehr aufs Schreiben freue. Das vertieft so eine Wanderung, ich erlebe am Abend den Tag nochmal. Unterwegs nehme ich Eindrücke und Erlebnisse viel bewusster auf, merke sie mir vor, um sie später schriftlich zu verarbeiten. Es wird wieder so viel auf mich einwirken, dass vieles schon nach wenigen Tagen einfach "verschüttet" würde. Wäre doch schade drum...

Übrigens: Inzwischen ist auch mein Wheelie jetzt komplett. Nach der unvollständigen Lieferung vor einigen Tagen, hat glücklicherweise der Hersteller in Holland schnell und problemlos reagiert und die fehlenden Trommelbremsen nachgeliefert. Merkwürdigerweise ist mir verkanntem Technikgenie sogar der Einbau komplikationslos und zügig gelungen. Davon war nicht unbedingt auszugehen.

 

Lore (Sonntag, 02. März 2014 10:07)

Hallo Reinhard,

Deine Blogeinträge veranlassen uns jetzt schon, die Schneehöhen im Schwarzwald und auf Deiner Strecke durch die Alpen im Internet abzufragen und zu diskutieren, wie schnell und wann die Schneeschmelze einsetzen wird, ob Du vielleicht mit dem Bus den St. Bernhard-Tunnel durchfährst oder oder oder....

Du siehst, es ist jetzt schon spannend! Nicht nur bei Dir.

Liebe Grüße

Peter und Lore

 

05. März 2014

Aschermittwoch - da war doch mal was?

Heute ist der 5. März 2014, Aschermittwoch. Am Aschermittwoch im vorigen Jahr sind Anni, Sira und ich auf unseren Jakobsweg gestartet. Damals war es morgens noch bitter kalt, auf den Sieghöhen lag Schnee und erst recht in der Eifel. Heute, wie schon in den letzten Tagen, verspürt man etwas wie Frühling. Wird es so bleiben, bis ich in 14 Tagen losgehen werde? Ich hätte nichts dagegen.

Bei den vergangenen Karnevalsveranstaltungen bin ich wieder von vielen Menschen angesprochen worden. “Wann gehst du denn los? - Grüße Franziskus von mir! - Eigentlich bist du komplett verrückt!! - Wo gehst du denn her? - Wo gehst du über die Alpen? - Gehst du wirklich alleine? -Pass ja auf dich auf! - Wir werden deinen Blog wieder mitlesen. Wir freuen uns schon drauf.“

 

Pilgertochter (Freitag, 07 März 2014 22:15)

Lang, lang ist`s her. Und irgendwie auch nicht... Wer weiß, was du in einem Jahr zu erzählen hast...

 

07. März 2014

Schwieriges Netzwerk

Draußen ist es so herrlich, dass ich etwas drum geben würde, jetzt schon losgehen zu können. Aber gewisse Pflichten halten mich noch davon ab. Mindestens bis Mitte März soll es frühlingshaft bleiben. Ich hoffe, dass dann nicht der Frühling auch wieder zu Ende ist.

Man muss es mal sagen: Diesmal bin ich für meine lange Pilgerreise nicht so gut vorbereitet wie im letzten Jahr für den Jakobsweg. Seinerzeit hatte ich 14 Tage vor dem Start schon viel mehr Trainingskilometer hinter mir. Meine Ausrüstung lag damals schon bereit und wartete darauf, in den Rucksack eingepackt zu werden. Diesmal steht mein fertig montierter Wheelie bereits seit einigen Tagen in meinem Zimmer und wartet darauf, dass er endlich mit Inhalt gefüllt wird. Aber das wird schon! Im Prinzip weiß ich ja, was während einer so langen Pilgerreise auf mich zukommt oder zukommen kann. Ich bin gelassen.

Etwas Sorgen macht mir noch mein nur etwas rudimentär vorhandenes Vermögen beim Umgang mit dem Handy und dem Blog, also mit der Netztechnik. Damals war Annika eine wesentliche Hilfe, diesmal steht sie mir nicht helfend zur Seite. Zum Glück hat sich mein Sohn Sebastian immer wieder in den vergangenen Wochen die Mühe gemacht, mir alles in aller Ruhe zu erklären. Ab und zu konnte ich in diesen Stunden des Nachhilfeunterrichts sogar heldenhaft erklären “Aha!“, “Verstehe!“, “Begriffen!“, “Logisch!“ oder “Toll!“. Der absolute Spitzenreiter aber war das Wort “Hää???“ - Der Geist der jungen Menschen ist wie Löschpapier. Er saugt Informationen, Eindrücke, Erfahrungen auf. Später braucht man Hammer und Meißel, um all das in einem Gehirn einzugraben, was inzwischen zu Marmor geworden ist. Ich entschuldige mich also jetzt schon dafür, wenn ich nicht jeden Tag von unterwegs berichten werde. Kann sein, dass dann erst wieder eine Telefonkonferenz mit Sebastian oder Annika herhalten muss, um euch weiter auf dem Laufenden halten zu können.

 

Sebastian (Sonntag, 09. März 2014 09:52)

Oha, das hört sich ja nicht sehr optimistisch an. Schaffst das schon mit dem Bloggen, ich glaub an dich!

 

11. März 2014

Herausforderung: Alleine!

Im Moment nagt der Gedanke an mir, wie ich so dreieinhalb Monate des Alleinwanderns überstehe.

Es ist ja nicht so, dass ich bisher noch nie alleine gewandert wäre. Seinerzeit in Lappland habe ich über Tage keinen Menschen gesehen, auf Island oder durch England war ich ebenfalls alleine unterwegs. Das waren jeweils drei bis vier Wochen. Aber jetzt?

Doch sehen wir es mal ganz nüchtern: Sich unterhalten ist ja ganz nett, aber wer mich kennt weiß, dass ich das auch ganz gut mit mir alleine kann. Natürlich höre ich auch immer wieder die Mahnungen der Gutmeinenden und Bedenkenträger: "Aber wenn mal was passiert...!" Ja, ich weiß..., aber warum soll mir was passieren? Ich vertraue da sehr meinem Schicksal.

Und so richtig alleine werde ich unterwegs sowieso nicht sein. Ich gehe eben nicht durch eine einsame Wildnis. Ich gehe auf Wegen und Straßen, auf denen sich auch andere Wanderer bzw. Pilger bewegen. Vielleicht (ja sogar wahrscheinlich) werde ich streckenweise zwangsläufig in Begleitung anderer sein und mich mit ihnen austauschen können.

Also: Mein Allein-Unterwegssein ist ein Teil des Abenteuers. It´s part of the game!

 

Lore (Dienstag, 11. März 2014 18:00)

Hallo Reinhard,

egal, ob Du dem Schicksal vertraust oder nicht, es macht doch was es will, heißt ja nicht umsonst "Schicksal".

Los! Auf geht´s!

Lore

 

17. März 2014

Clantreffen

Gestern war Winke-Winke-Treffen bei mir zu Hause. Da ich ja mitten in der Woche losziehe und die meisten aus meinem Clan berufstätig sind, haben wir dieses auf den Sonntag gelegt. Es war schön, nochmal alle um mich versammelt zu haben. Ich weiß, dass sie in Gedanken oft bei mir sein werden und ich bei ihnen. Familienblut ist eben ganz schön dick.

Mein Wheelie steht inzwischen seit zwei Tagen gepackt neben meinem Schreibtisch. Ich bin jetzt wieder in der Situation, wo ich verzweifelt darüber nachgrüble, was ich eventuell vergessen habe, aber mir will nichts einfallen. Nur die Zahnbürste und den Tagesproviant lege ich am Donnerstagmorgen noch oben drauf.

 

Pilgertochter (Dienstag, 18. März 2014 11:31)

Schön war es am Sonntag! Und wenn du doch was vergessen haben solltest: Du weißt doch, du läufst ja (dieses Mal nicht) ans Ende der Welt. Geschäfte gibt`s überall, um Sachen nachzukaufen. Also stell dich nidde su aan!

Und wie Mark Twain so schön sagte:

“Das Geheimnis des Vorwärtskommens besteht darin, den ersten Schritt zu tun.”

Also komm gut los!

Andrea (Dienstag, 18. März 2014 15:11)

Hallo, wir Dattenfelder wünschen Ihnen für Morgen einen guten Start, hoffentlich immer heile Füße, eine abendliche Schlafstätte und vor allen Dingen gutes Wetter für die nächste Tour (Tortur????) Auf jeden Fall werden wir Ihren Blog weiterhin mit Spannung verfolgen.

LG die Kulis

Renate (Dienstag, 18. März 2014 20:21)

Hallo Reinhard,

wünsche dir einen frühlingshaften Start am Donnerstag. Immer nette Begegnungen, keine größeren Wehwehchen. Auch diesmal werde ich den Blog verfolgen, ab und an was schreiben und sicher öfter an dich denken. Komm gut an in Rom und wieder zurück ins schöne Windecker Ländchen.

Karte 2: Von Windeck über Frankfurt/M., Basel und Bern bis zum Genfer See

Von den Ufern der Sieg geht es auf die Höhen des Westerwalds, wo ich auf den Europäischen Fernwanderweg E1 treffe. Ihm folge ich an die Lahn und von dort durch den Taunus bis nach Frankfurt. Daran schließt sich der westliche Odenwald und der Kraichgau an, bevor ich bei Pforzheim den Schwarzwald erreiche. Von Pforzheim an geht es auf dem Westweg über die Höhen des Schwarzwalds bis nach Basel, meinem "Einstieg" in die Schweiz. Ab Basel wandere ich weiter in Richtung Landeshauptstadt Bern und treffe bei Burgdorf auf den Schweizer Jakobsweg, dem ich bis nach Lausanne am Genfer See folge.

Liebe Grüße aus dem genauso schönen Mucher Ländchen

Renate

 

19. März 2014

Tschüss!!!

Es sieht ganz so aus, als wollte mich das Wetter morgen mit Pauken und Trompeten verabschieden. Über 20 °C sind vorhergesagt, Sonne pur, was will ich mehr. Nun bin ich doch etwas kribbelig, habe mal wieder Schmetterlinge im Bauch. Viele Wochen lang habe ich dem Start zu meinem Weg nach Rom entgegengefiebert, jetzt ist es soweit. Familie, Bekannte, Freunde und viele Menschen auf der Straße haben mir schon Tschüss gesagt. Nette Menschen schreiben mir E-Mails oder kommentieren diesen Blog und wünschen mir alles Gute. Vielen Dank an sie, an euch alle! Jetzt muss ich eigentlich nur noch loslaufen. Manchmal frage ich mich, in welchem körperlichen und geistigen Zustand ich wieder zurückkommen werde. In dreieinhalb Monaten werde ich es wissen.

Es gibt Abenteuer des Herzens und der Seele, die man nur erleben kann, wenn man fortgeht.

 

Sebastian (Mittwoch, 19. März 2014 23:26)

Genieße dieses neue große Abenteuer! Und die letzte Nacht daheim!

Der Kronprinz (Dienstag, 01. April 2014 13:06)

Ganz viel Glück bei jedem Schritt!!!

 

20. März 2014

Perfekter Start!

Windeck - Altenkirchen (19 km)

Wider Erwarten habe ich gut geschlafen. Nichts von der Unruhe, die mich in den letzten Nächten immer mal wach werden und nicht wieder einschlafen ließ. Um 7.30 Uhr stehe ich auf, frühstücke in aller Ruhe und lese die Zeitung. Nur nichts übereilen! Bis Altenkirchen sind es heute nur 19 Kilometer, da reicht es, wenn ich um 10 Uhr wegkomme.

Draußen ist es noch kalt, aber der Himmel ist blau und es wird vom Wetter her bestimmt ein toller Tag werden. Doch zunächst mal kommen Fleecejacke und Anorak zum Einsatz, ausziehen kann ich beides immer noch.

Mein Sohn Florian kommt und verkündet, dass er mich am Morgen ein Stück begleiten möchte, allerdings mit dem Fahrrad. Ich freue mich, schaue nochmal prüfend über meine Ausrüstung und schiebe dann den Wheelie vor die Haustür. Als die Tür ins Schloss schlägt, beginnt es: ein weiteres besonderes Abenteuer meines Lebens.

Bei der Überlegung, was wichtiger ist, der Weg oder das Ziel, wird ein entscheidender Schritt übersehen: der Schritt zum Aufbruch! Nicht nur das Gehen und Ankommen, auch das Loslassen und Verlassen sind von großer Bedeutung. Es ist nicht so einfach, das gewohnte und vertraute, sichere und bequeme Zuhause zurückzulassen.

Da Florian aber dabei ist, komme ich gar nicht dazu, mich melancholischen Gedanken hinzugeben. Ich schnalle mir den Gurt des Wheelies um den Bauch, dann die Bauchtasche mit den Wanderkarten, Handy, Tablet, Notizheft. Zum Schluss werfe ich mir noch meinen kleinen Tagesrucksack auf den Rücken und hänge mir die Kamera um den Hals. Fertig! Um 10 Uhr setzen wir uns in Bewegung.

Wir sind noch keine 300 Meter unterwegs, als ich ein Pappschild an einem Baum hängen sehe: “ ROM - 2000 km“. Ein lieber Gruß von einem lieben Menschen, danke dafür!

Und schon beginnt der erste Aufstieg! Wie viele werden es am Ende sein, wie viele Höhenmeter insgesamt? Ohne die Belastung durch einen schweren Rucksack ziehe ich ziemlich zügig die Serpentinen der Kreisstraße nach Roth hoch, immer durch Florian nach hinten abgesichert. Oben angekommen steht mir der Schweiß auf der Stirn, die Sonne gibt jetzt schon ihr Bestes. An einer Bushaltestelle ziehe ich den Anorak aus, die Fleecejacke reicht völlig. Kaum sind wir wieder 200 Meter unterwegs, bemängelt Florian mit Kennerblick das rappelnde rechte Hinterrad meines Wheelies. Es hat zu viel Spiel und hört sich nicht gut an. Während Florian vergeblich versucht, etwas daran zu richten, ziehe ich auch noch meine Fleecejacke aus. Eine immer wärmer strahlende Sonne und das Problem an meinem Pilgermoped treiben mir den Schweiß vermehrt aus den Poren. Ich verspreche Flo, beim nächsten Fahrradladen vorzusprechen und wir ziehen weiter.

Weit geht unterwegs immer wieder der Blick über die Windecker Höhen und ich merke mal wieder, in welch einer schönen Gegend wir wohnen. Eine große Schafherde bevölkert eine hangige Weide und die ersten Lämmer suchen bei ihren Müttern die richtige Stelle zum Milchabzapfen.

Bevor es Richtung Dahlhausen ins Irserbachtal runtergeht, dreht Florian um und lässt mich alleine weiterziehen. Kein langer Zirkus, eine feste Umarmung zum Abschied, noch ein Foto, dann bin ich endgültig alleine auf meinem Weg. Ich drehe mich noch einmal nach ihm um, er tut es im selben Moment auch. Wir winken uns nochmal zu -jetzt reicht es aber! Ich bekomme einen dicken Kloß im Hals. Jetzt bloß nicht sentimental werden!

Wenig später spüre ich aber auch so etwas wie Befreiung. Was für ein großartiges Gefühl! Ich setze einen Schritt vor den anderen. Ich kann mir zwar die Strecke, die vor mir liegt, nach den Erfahrungen des Jakobsweges vorstellen. Und doch beginne ich sofort, vor mich hin zu träumen. Eine eigenartige Mischung aus Demut und erster vorsichtiger Fröhlichkeit begleitet mich ganz still. Wie von selbst kehrt Ruhe in mich ein. Es geht mir gut, ich bin zufrieden mit der Welt und dankbar laufen zu können, einfach nur laufen, in Richtung Süden. Für mich ist dies der Freiheitswunsch, den ich hin und wieder leben muss. Da ich alleine gehe, gibt es keine zwischenmenschlichen Stresssituationen, ich brauche Kompromisse nur mit mir zu schließen und kann tun, wonach mir der Sinn steht. Ich fühle in mich hinein und alles, was ich finden kann, ist ein Lächeln, das mich von Innen anstrahlt. Guten Morgen, Welt, ich komme!

Gut gelaunt und mit mir zufrieden komme ich gerade nach Dahlhausen hineinmarschiert, als ich vor einer Scheune zwei Männer in verschmierten Blaumännern auf der schmalen Straße stehen sehe, angeregt ins Gespräch vertieft. Wir grüßen uns freundlich gegenseitig - und dann werfe ich einen zufälligen Blick durch das offen stehende Scheunentor. Und was sehe ich? Dies ist keine normale Scheune, sondern eine komplett eingerichtete Werkstatt! Zum Beispiel hängen Schraubenschlüssel aller Größen fein säuberlich an der Wand - und schreien mich förmlich an: “Wir wollen dein klapperndes Wheelierad reparieren!“ Ich packe die Gelegenheit beim Schopf und erläutere den beiden Männern das Problem. Keine zwei Minuten später sitzt das Rad bombenfest und von Klappern kann keine Rede mehr sein. Entwickelt sich das jetzt hier wie auf dem Jakobsweg im vorigen Jahr, als sich Probleme oder brenzlige Situationen auf seltsame Art und Weise wie von selbst lösten? Damals machten Annika und ich dafür Jakobus verantwortlich. Melden sich jetzt Petrus und Paulus zu Wort? Immerhin bin ich auf dem Weg nach Rom...

Aus dem Irserbachtal geht es wieder hinauf auf die Höhen. Aber es ist ein angenehmes, unangestrengtes Wandern. Der Wald spendet kühlenden Schatten und auf der Höhe weht ein angenehmer Wind, den ich mir mit Blick auf Birkenbeul während einer Rast bei einer kleinen Bank um die Nase wehen lasse.

Kurz hinter Birkenbeul folge ich der Alten Kohlstraße, auf der früher die Holzkohle der Gegend mit Pferdekarren zu den Eisenerzverhüttungen an der Sieg transportiert wurde. Ohne große Höhenunterschiede verläuft dieser alte Weg bis nach Wölmersen. Zwei Zitronenfalter tanzen aufgeregt vor mir her, immer sich aufeinander stürzend und wieder trennend, bis einer alleine davonflattert und der zweite sich auf meinem roten T-Shirt niederlässt. Vielleicht ist es ein Männchen und erschöpft von dem ergiebigen Liebesspiel. Vielleicht bin ich in seinen Augen aber auch nur ein wunderschöner großer Klatschmohn, auf dem es sich zu rasten lohnt.

Um 16 Uhr laufe ich in meinem Tagesziel Altenkirchen ein und habe jetzt nur einen Wunsch: eine Eisdiele. Ein Nussbecher, das wäre es jetzt! Und, kaum zu glauben, Petrus und Paulus laufen zur Hochform auf. Zwei Straßenecken weiter, nur 500 Meter von meiner ersten Unterkunft entfernt, prangt mir ein Schild entgegen: “Bäckerei - jetzt auch Eisbecher!“ Eisdiele mit Nussbecher oder Bäckerei mit Nussbecher ist mir doch völlig egal. Ich setze mich draußen in die Sonne, bestelle und habe fünf Minuten später einen opulenten Nussbecher vor der Nase stehen. Ich stelle fest: Ein perfekter erster Tag hat so seinen krönenden Abschluss gefunden.

Und die kleine Pension bei Frau Nickel ist auch in Ordnung.

 

Christel (Freitag, 21. März 2014 16:12)

Der erste Tag ist ja gut gelaufen (im wahrsten Sinne!)

Wir wünschen Dir gutes Wetter, gute Gedanken, nette Begegnungen und alles Gute!!!! -- und ab und zu einen Eisbecher!

Kronprinz (Dienstag, 01. April 2014 13:15)

Mal wieder ein Artikel zwischen Kloß im Hals und Grinsen im Gesicht.

 

21. März 2014

Wilde Sau

Altenkirchen - Dreifelder Weiher (23 km)

Als ich heute Morgen Frau Nickel auf der Treppe treffe, wünscht sie mir guten Appetit fürs Frühstück und zeigt mir den dafür vorgesehenen Raum. Zufrieden setze ich mich an den Tisch -und finde zwei Brötchen, eine Scheibe Käse und eine Scheibe Salami. Die Brötchen reichen mir ja, aber zum Drauflegen könnte es schon etwas mehr sein. Frau Nickel kommt fröhlich herein und fragt, ob alles reicht. Ich zeige schüchtern auf den Wurstteller und Frau Nickel wird etwas rot. “Da haben die beiden Monteure vorhin aber gut zugeschlagen!“, lächelt sie verlegen, eilt in die Küche und holt Nachschub, mehr als reichlich. Ich schmiere mir auch noch ein dickes Brot für unterwegs und stecke mir zusätzlich ein Ei ein.

Um kurz vor 9 Uhr verabschiedet mich Frau Nickel vor dem Haus und zeigt mir noch den Weg zur Wied hinunter. “Den kleinen Weg an dem Haus da vorne runter, unter der Bahn durch und dann bei der großen Eiche links. Von da an geht es durch das Wiesental immer auf dem Wiedtal-Wanderweg entlang.“ Na bitte!

Auf den großen Wiesen bei der kleinen Wied tollen etliche Hunde herum, die großen verfolgen die kleinen, einer springt beherzt in den Fluss, Übermut vom Feinsten, Herrchen und Frauchen geben mehr oder weniger erfolglose Kommandos. Mit ein wenig Wehmut muss ich an Sira denken. Trotz aller Nerven, die sie uns (und besonders Annika) phasenweise gekostet hat, war es schön mit ihr letztes Jahr auf dem Jakobsweg. Gerade weil sie nicht dabei ist, wird es diesmal ein ganz anderer Weg werden.

An einer Stelle verlässt der Wiedweg das Tal und vermeidet einen weiten Flussbogen, der ein ordentlicher Umweg gewesen wäre. Also geht es hinauf auf den Umlaufberg, und zwar ganz schön steil und gefühlt ganz schön lang. Heute bin ich nicht im T-Shirt auf dem Weg. Regen war vorhergesagt, stark zurückgehende Temperaturen. Also trage ich meinen Anorak spazieren. Und da drunter wird es mir jetzt richtig warm. Ich dampfte bald, komme aber gut hoch. Wie immer, bin ich irgendwann oben und lege einen kurzen Halt ein. Ich mache die Augen zu und lausche in mich und in den Wald hinein. Zuerst ist das Bummbum-Bummbum meines Herzens am lautesten, dann setzt sich das Rauschen des Windes in den Tannen und ein energisches Vogelgezwitscher immer mehr durch. Es klingt fast, als sollte ich getröstet werden. “Tief durchatmen, Junge, da vorne geht es ja schon wieder bergab.“ Man kann viel im Wald hören, man muss es nur zu deuten wissen.

Auf dem schmalen Waldpfad hinunter nach Ingelbach haben links und rechts des Weges Wildschweine ordentlich den Waldboden umgepflügt. Zum Teil sieht es so aus, als hätten sich die lieben Borstenviecher gerade erst von hier verdrückt. Ich mache kurz ein Foto vom schönen Bachtal, packe die Kamera wieder weg, und als ich den Kopf hebe, steht eine Prachtsau vor mir, mitten auf dem Weg, vollkommen bewegungslos. So Petrus, jetzt zeig mal, was du kannst! Ich stehe genauso bewegungslos wie die Sau, ich kann auch gar nicht anders stehen. Auf dem Teller sehen diese Viecher irgendwie übersichtlicher aus.

Frühling, zuckt es mir durch den Kopf. Vielleicht hat sie hier irgendwo ihre Jungen versteckt und wartet nur darauf, dass ich mich bewege. Mit ihren knopfgroßen Augen hypnotisiert sie mich förmlich und ihre Läufe (heißt das bei Wildschweinen so?) behält sie mit Wucht in den Boden gerammt. Etwa zwei Minuten lang (gefühlte zwei Stunden) steht sie so vor mir, bevor sie endlich Schritt für Schritt zurückstelzt, sich dann abwendet und im Wald verschwindet. Triumphierend schaue ich ihr nach. Ich habe soeben eine wilde Wildsau vertrieben! Bei meinen ersten Schritten habe ich etwas weiche Knie.

Der Rest des Tages verläuft dagegen relativ unspektakulär. Kein Wanderer ist unterwegs, nur eine Joggerin und eine junge Frau, die ihre Hunde ausführt und mich kurz nach meinem Woher und Wohin befragt. Als ich es ihr sage, reißt sie kurz die Augen auf und sagt nur “Mein Gott!“ Bauern tuckern mit ihren Traktoren über die Wiesen und ziehen sie ab oder benutzen die großen Ladeschaufeln, um Zaunpfähle damit in den Boden zu rammen. Dreimal Wumm! und so ein Zaunpfahl ist versenkt. Da hatten ich oder meine Söhne früher mehr Mühe mit.

Inzwischen ist es etwas ungemütlich geworden. Dicke dunkle Wolken sind aufgezogen und der Wind nimmt immer mehr zu. Die Krambergsmühle kommt wie gerufen. Es ist sowieso Zeit für eine Rast. Die Ochsenschwanzsuppe ist inhaltsreich, heiß und lecker. So weit, so gut. Weniger gut ist, dass es draußen jetzt beginnt zu regnen. Egal, weiter!

Hatte der Wind auf dem Umlaufberg vor Ingelbach noch was Tröstliches, so wird er jetzt fast bedrohlich. Bäume neigen sich, knarren beträchtlich wie unter Schmerzen. Gut nur, der Wind treibt auch den Regen weiter. Nur wenige Tropfen schleudert er auf mich und meinen Wheelie herunter.

Mehr als vier Kilometer durchzieht die junge Wied ein großes Waldgebiet und erst bei Steinebach trete ich wieder aus diesem heraus. Jetzt wird es noch happiger. Auch wenn die Bäume knarrten, so bot der Wald doch einen gewissen Windschutz. Jetzt hat sich das erledigt. Fast mit Sturmstärke beutelt mich der Wind hin und her und zu allem Überfluss beginnt es jetzt zu regnen. Auf dem letzten Kilometer bekomme ich so richtig die Ganzkörpertaufe. Da hilft mein Schirm auch nicht viel, denn der Regen kommt waagerecht. Ich habe einiges damit zu tun, mich darauf zu konzentrieren, dass eine unerwartete schwere Böe mir nicht den Schirm aus den Händen reißt!

Tropfnass erreiche ich den Campingplatz “Haus am See“ am Dreifelder Weiher. Geschafft! Hier wartet eine Unterkunft auf mich, die ich so auch noch nicht hatte: ein Weinfass unmittelbar am Schilfgürtel des Sees. Nein, wie herzig! Achtzig Zentimeter sind es ungefähr von der Tür bis zum querstehenden, etwas erhöhten Doppelbett. Mehr Platz ist nicht. Mein Wheelie passt so gerade durch die Tür, jetzt kann ich gerade noch neben ihm senkrecht stehen. Meine nassen Sachen aus-und trockene anzuziehen, fällt schon etwas schwer. Herrlich! Was für eine Liebeslaube!

 

Pilgertochter (Samstag, 22. März 2014 11:39)

Ach, Vaddi! Eine Wildsau vertreibt die andere... Ich wusste schon immer, dass du der stärkste Keiler bist! Oh Mann, da wird einem ja schon wieder ganz anders. Kaum lässt man dich zwei Tage aus den Augen... Ist schon gut, dass Sira nicht dabei war. Die will ich mir in der Sausituation gar nicht vorstellen...

Kronprinz (Dienstag, 01. April 2014 17:25)

Was hätte ich früher für so eine dicke Verladeschaufel gegeben. Aber gut: meine Oberarme haben es mir gedankt.

 

22. März 2014

Unverhofft kommt oft!

Dreifelder Weiher - Montabaur (26 km)

Gestern Abend hatte ich mal wieder Probleme mit der Kommunikations-technik, d.h. mit dem Blog. Nachdem ich den Text relativ schnell geschrieben hatte, wollte mir das Einstellen ins Netz nicht so recht gelingen. Und wer mich kennt, weiß, dass es dann zu einem Tobsuchtsanfall nicht weit ist. Um das zu verhindern, griff ich nach meinem Handy, um Sohnemann Sebastian anzurufen, einen meiner Helfer in vielen Lebenslagen, besonders bei der Kommunikationstechnik. Als er das Gespräch annahm, hörte ich, dass er noch Auto fuhr, die freundliche Stimme der netten Dame aus dem Navi klang bis zu mir hinüber. Armer Junge, dachte mir, zu solch später Stunde noch beruflich unterwegs. Ich schilderte Bastia mein Problem, er schien aber mit der Darstellung des Sachverhalts nicht viel anfangen zu können und erklärte mir, dass er mich in ca. 20 Minuten nochmal zurückriefe.

Er rief nach 15 Minuten zurück. “So, jetzt sag mir nochmal, was du für Sorgen hast!“ Ich tat es mit sich steigernder Erregung. “Und dabei soll ich dir jetzt helfen...?“ - “Ja bitte, Basti!“ - “Dann mach doch mal die Tür auf!“ - ????? - In diesem Moment schaue ich zur Tür - und sehe Bastis breit grinsendes Gesicht vor meiner Weinfasstür. Meine verblüffte Miene kam wohl der eines orientierungslosen Weihnachtskarpfens sehr nahe. Basti amüsierte sich diebisch, als ich ihm die Tür öffnete und ihn hineinzog.

Ich liebe meine Kinder! Immer wieder sind sie für solche Aktionen gut. Diesmal wollte er mich einfach mal überraschen. Florian beabsichtigte, mit meinem Enkelkind Amelie auch noch zu kommen, hatte es aber zeitlich nicht mehr geschafft. Dafür kommen die beiden morgen früh und bringen eine Kanne Kaffee mit. Das ist ideal, denn das Campingplatz-Restaurant öffnet erst um 9 Uhr und dann will ich eigentlich schon weg sein.

So widmeten Basti und ich uns dem Kommunikationsproblem und nach geraumer Zeit war es (zunächst mal) gelöst. Darüber war es spät geworden und mein Sohn beschloss, neben mir im Weinfass zu nächtigen. Unverhofft kommt eben oft.

Florian und Amelie kommen tatsächlich heute Morgen mit der Kanne Kaffee und es wird eng im Weinfass. Aber ich genieße nochmal den kurzen gemeinsamen Moment mit den Dreien. Ich verdrücke das inzwischen etwas trocken gewordene Brot von Frau Nickel und das ebenfalls von dort gestern mitgenommene Ei. Dann werde ich aber unruhig, ich muss los. Eigentlich wollte ich schon seit einer Stunde unterwegs sein.

Eine kurze Weile begleiten mich die Drei noch die Straße am Dreifelder Weiher entlang, dann heißt es (ein weiteres Mal) Abschied nehmen. Ich merke, dass mir das in letzter Zeit immer schwerer fällt.

Spontan entscheide ich mich, heute eine direktere Route zu gehen, um die Stunde, die ich später losgegangen bin, wieder einzuholen. Das funktioniert auch ganz gut, auch wenn etwas mehr Straßenkilometer dabei sind. Aber das juckt mich ja überhaupt nicht. Bald schon lege ich ein Wandertempo hin, das ideal ist, um jedes Blatt an den Bäumen einzeln zu betrachten. Ich lasse die friedliche Natur in mein Inneres und auf meine Stimmung wirken. Da stört mich auch das nur suboptimale Wetter nicht. Fast jeden Moment ist damit zu rechnen, dass es regnet. Es ist nochmal etwas kälter geworden und der Wind ist bissig. Kein Wetter, das mich stört.

Auf der Anhöhe hinter Freilingen genieße ich gerade den weiten Ausblick Richtung Westen bis zum Siebengebirge, als neben mir auf der Straße ein junger Bursche mit seinem Kleinwagen anhält. “Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?“ Fast hätte ich gefragt, ob ich so bemitleidenswert aussehe, bedanke mich dann aber freundlich für das Angebot. So ganz weiß ich auch nicht, ob der junge Mann die Dimensionen seines Wagens richtig einschätzt. Ich hätte ja noch zusätzlich reingepasst, aber mein Wheelie ist ja länger als das Auto.

Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass ich anscheinend etwas Besonderes darstelle. Pausenlos werde ich angesprochen, Hunde und Pferde, die an Leinen an mir vorbeigeführt werden, machen einen großen Bogen um mich. Wahrscheinlich ist den Tieren mein Wheelie mit dem neongelben Regenüberzug nicht ganz geheuer.

Kurz vor Montabaur stoße ich endlich auf den E1, einen Europäischen Fernwanderweg, den ich vor Urzeiten schon mal von Flensburg bis nach Genua abgelaufen bin. Damals, es muss 1980 gewesen sein, habe ich ebenfalls in der Jugendherberge in Montabaur übernachtet. Lang, lang ist es her...

Und dann wieder die Duplizität der Ereignisse: Fast zur gleichen Zeit wie gestern, etwa einen Kilometer vor meinem heutigen Etappenort, geht ein Wolkenbruch nieder. Unter meinem Schirm kann ich damit recht gut umgehen. Größere Probleme haben die 22 Mannen, die auf dem Fußballplatz am Stadtrand von Montabaur in ihrem Samstagsspiel dem runden Leder nachjagen. Das war einer der Gründe, warum ich früher nur Hallensport betrieben habe.

Nach einem Gang durch Montabaurs schöner Altstadt, mache ich eine immer wiederkehrende Erfahrung. Wanderer, kommst du in eine Stadt und suchst die Jugendherberge, so sei gewiss, dass sie sich in aller Regel genau auf der entgegengesetzten Seite derselben befindet, und meist noch auf dem Berg. So auch in Montabaur.

In der Jugendherberge ist es ruhig, samstags sind keine Schulklassen zu erwarten. Die Herbergsmutter begrüßt mich freundlich, zieht aber ihre Stirn in Falten, als ich meinen Namen nenne. “Aber Sie haben doch für gestern gebucht...“ Ich werde kurz nervös. Schnell aber ist die Sache geklärt. Da ich telefonisch gebucht habe, hat sich vielleicht ein Hörfehler eingeschlichen. Zwar ist jetzt kein Einzelzimmer mehr frei und ich bekomme ein Bett in einem 6-Bett-Zimmer, dafür habe ich das Zimmer aber trotzdem für mich alleine. Diese preisgünstigere Variante kommt einem, zunächst nicht so geplanten, warmen Abendessen zugute. Richard Schirrmann, der Gründer des Deutschen Jugendherbergswerks, soll ein Fan von Nudeln gewesen sein, deshalb gibt es in Jugendherbergen wohl so gerne Nudeln. Ich bekomme Spätzle mit Putengeschnetzeltem, und davon jede Menge. Aber lecker!

 

Pilgertochter (Sonntag, 23. März 2014 18:28)

Die Wachners! Immer für eine Überraschung gut... Da schläft der Papa mit dem Basti in der Liebeslaube... Was sagt mir das über eure Beziehung?!? Schön, wenn ihr nochmal eine nette gemeinsame Zeit hattet...

Sebastian (Sonntag, 23. März 2014 18:52)

Tja Anni, einmal musste ich doch auch mal mit unserem Pilgervater ein Zimmer teilen. Gut, ein Zimmer war es eigentlich nicht...

Kronprinz (Dienstag, 01. April 2014 17:46)

Hahaha, der Basti! Wie geil!!!

 

23. März 2014

Kurz mal verkehrt

Montabaur - Balduinstein (18 km)

Gestern Abend hatte ich schon wieder technische Probleme. Deshalb war gestern nix mit Blogeinstellen. Dafür gibt es heute (hoffentlich) die doppelte Ladung. Ich hatte zwar wieder Basti am Sorgentelefon, aber obwohl mein Frust immer mehr anschwoll, klopfte er nicht an die Tür, wie gestern. Schade eigentlich!

Das Schöne daran, dass gestern die Jugendherberge auf der falschen Seite der Stadt lag, nämlich auf der entgegengesetzten, ist heute früh, dass die Fortführung meiner Route genau hier beginnt. Also keine Stadttippelei am Anfang, sondern direkt ab in die Büsche. Besser gesagt, auf den wunderschönen Waldpfad durchs Gelbachtal. Die Sonne scheint, es herrscht die richtige Wanderfrische, die Vögelein zwitschern um die Wette, der Bach plätschert und gurgelt, glückliche Kühe stehen auf saftigen Wiesen, vereinzelte verschwitzte und schnaufende Jogger kommen mir entgegen oder überholen mich - ich genieße.

Mit dem Genuss ist es schlagartig vorbei, als ich den angenehmen Talweg verlassen muss, um auf einen Höhenweg zu kommen. Jetzt beginne ich zu schnaufen, und das nicht zu knapp. Da ich mir vorgenommen habe, für ein paar Kilometer keinen ausgezeichneten Weg zu nutzen, sondern mir einen direkteren Weg auf meiner Karte zu suchen, ist jetzt neben Atemnot auch noch Konzentration gefragt. Die hilft mir aber auch nicht so recht, als ich an eine Stelle komme, wo auf der Karte es sich nur sehr schwer ausmachen lässt, welcher Weg nun der richtige ist. - Und ich schlage prompt den falschen ein. Er führt mich zwar nicht in die Irre, aber auf einen Reitweg, der von den lieben Zossen abgrundtief durchgewühlt worden ist. Mit meinem Wheelie natürlich ein besonderes Vergnügen. Mein Orientierungssinn sagt mir aber, dass ich nicht allzu falsch sein kann. Jedenfalls steht die Sonne da, wo sie laut Karte hingehört. Nichtsdestotrotz muss ich mich ordentlich in die Riemen legen. Keine zehn Meter von mir entfernt springt ein Reh über den Weg. Wahrscheinlich denkt es sich: “Wo kommt der denn her? Hier läuft doch sonst niemand rum.“ Sofort fällt mir Sira wieder ein. Die würde jetzt wieder Saltos schlagen.

Als ich oben auf der Höhe bin, treffe ich tatsächlich auf den Weg, auf den ich zu treffen hoffte. Es war also kein Umweg, sondern nur die mühevollere Variante. Von nun an kommt die aktive Erholungsphase. Wenn man oben ist und man muss wieder ins Tal, geht es zwangsläufig runter. Über etwa drei Kilometer geht es jetzt auf einem angenehmen breiten Waldweg sanft abfallend hinab bis nach Ettersdorf. Das wäre jetzt eine Strecke, bei der ich mir gut vorstellen könnte, mich auf meinen Wheelie zu setzen, um mit ihm kraftschonend zu Tal zu rauschen.

Unten in Ettersdorf riecht es nach Sonntagsbraten. Meine Mittagsmahlzeit wird etwas schmaler ausfallen. Aber immerhin, zwei belegte Brötchen, ein Apfel und ein Ei schlummern in meinem Lunchpaket, das ich mir in der Jugendherberge heute früh geschnürt habe. Nur, gerastet wird nach zwei Stunden Gehzeit, und so weit ist es noch nicht. Zwei Kilometer bis Isselbach gehen noch.

Kurz vor 11 Uhr lasse ich mich am Ortsrand von Isselbach neben einer kleinen mannshohe Birken, die in der Sonne träumt, nieder und beginne meine erste kleine Mahlzeit. Im Gras ziehen Ameisen ihre Bahn, ein stahlblauer Käfer torkelt durch die Halme, droht dauernd umzukippen, kippt aber nicht. Eine Hummel macht einen mörderischen Krach, eine Blaumeise kommt sehr schnell heran, hockt sich einen Meter über meinem Kopf auf einen dünnen Ast, spürt mich und zuckt blitzschnell davon. Aus irgendeinem Grund summe ich Yesterday von den Beatles.

Als ein Brötchen und der Apfel in meinem Magen verschwunden sind, beginnen die Glocken der kleinen Kirche von Isselbach zu läuten. Zeit zum erneuten Aufbruch. Drei Kilometer lang geht es jetzt auf einer schmalen Landstraße wieder bergauf. Zunächst in kleinen Serpentinen und dann in weiten Schwüngen immer weiter rauf, rauf, rauf. Neben mir hält mal wieder ein Auto, diesmal ein schwarzer Pick-up mit offener Ladefläche. Ein breites Grinsen strahlt mir entgegen. “Soll ich Sie mitnehmen?“ Wahrscheinlich rechnet er gar nicht mit einer Ablehnung, und als ich es doch tue, schaut der Fahrer etwas verblüfft, ja fast sogar etwas enttäuscht drein. Vielleicht hat er sich auf ein kleines Schwätzchen gefreut. Eine Versuchung ist es schon, wenn man “am Berg“, eine nicht leichte Karre hinter sich herziehend, so ein Angebot bekommt. Mal sehen, ob ich dem im Verlauf der Tour bis zum Ende widerstehen kann.

Oben auf der Höhe, bei Hirschberg, kommt die Belohnung für die kleine Plackerei. Weit hinten am Horizont sehe ich auf einem Berg einen Turm. Das kann nur der Große Feldberg sein, die höchste Erhebung des Taunus. In drei Tagen werde ich dort oben sein und in diesem Turm übernachten.

Und wieder würde ich jetzt am liebsten mein Wheelie in eine Seifenkiste umwandeln. Über sechs Kilometer hinweg fällt der Weg ins Lahntal ab. In Langenscheid lege ich nochmal einen Boxenstopp ein, verzehre auch mein zweites Brötchen und trudel dann ins Tal hinunter, immer die am gegenüberliegenden Lahnhang aufragende Schaumburg vor Augen. Bereits am frühen Nachmittag komme ich unten in Balduinstein an und das erste Haus, auf das ich treffe, ist das Hotel Lahnblick, meine Unterkunft.

Die junge Wirtin, von der Größe und mit dem Körperumfang einer Fahnenstange, begrüßt mich überaus herzlich und freut sich, mir mitteilen zu können, dass sie für mich wegen der geringen Belegung ein Zimmer der Kategorie A (mit Balkon und Blick auf die Lahn) anstelle des von mir gebuchten Zimmers der Kategorie B (nach hinten raus) zum gleichen Preis vorgesehen hat. Bravo!

 

Pilgertochter (Sonntag, 23. März 2014 20:20)

Ha! Da kann ich mir die Sira bildlich vorstellen! Lecker Rehbraten direkt vor der Nase... Ich wünsch dir die Kraft, den inneren Schweinehund bis zum Ende zu bekämpfen und NICHT der Versuchung freundlicher Mitfahrgelegenheiten zu erliegen.

Lore (Montag, 24. März 2014 11:49)

Hallo Reinhard,

wegen mir kannste auch mal freundliche nette Mitfahrgelegenheiten annehmen. Könnten ja echt interessante Bekanntschaften werden. Und ob Du mal 10 km fährst statt läufst, ist doch egal, wirkt sich bei der langen Strecke doch nicht aufs zu-Fuß-geh-Gefühl aus.

Lieben Gruß

Lore aus dem kühlen Lohmarer Regenwetter

Kronprinz (Dienstag, 01. April 2014 17:55)

Du schlägst dich wacker, alter Mann!

 

24. März 2014

Küss den Dreck, Wanderfreund!

Balduinstein - Aarbergen-Michelbach (25 km)

Nachdem ich an den letzten beiden Abenden bekanntlich Probleme mit der Technik, genauer mit dem Internet hatte, hat gestern Nachmittag und Abend alles problemlos geklappt. Bei zwei Kännchen Kaffee in der warmen und geschmackvoll eingerichteten Gaststube war das Blogschreiben nicht schwer, auf meinem Tisch flackerte das Licht einer kleinen Kerze und im Hintergrund sang Eric Clapton seine schönsten Lieder. Ich war sehr zufrieden. Pünktlich um 19 Uhr kam meine vorbestellte Pasta mit Waldpilzen, ich ließ das Denken und Schreiben sein und konzentrierte mich auf eine der vornehmsten Pflichten der Herrscher dieses Planeten: die Nahrungsaufnahme.

Als heute früh um 7 Uhr der Wecker klingelt, war ich gerade dabei, irgendwo auf den Bahamas die Luxusyacht einer langbeinigen Blonden zu betreten, die ernsthaft der Meinung war, sie könne ohne mich nicht leben. Blöder Handywecker, ich hätte schon gerne gewusst, wie sich das so entwickelt hätte. Als Entschädigung gibt es aber ein super Frühstück. Beim Blick aus dem Fenster im Frühstücksraum werde ich Zeuge, wie gerade die Sonne über dem gegenüberliegenden Berg auftaucht und Balduinstein, die Lahn und mich begrüßt. Der Tisch ist mit einem Überangebot eingedeckt. Mindestens drei Personen könnten damit einen besonders gelungenen Start in den Tag erwischen. Der Brötchenkorb quillt über, die Wurst- und Käseplatte ebenso, der Obstkorb reicht für mehrere Portionen Obstsalat, ein Ei wird nachgeschoben, der Kaffee dampft in einer großen Kanne, ein Tulpenstrauß und eine Kerze sorgen für eine heimelige Atmosphäre und, und, und...

Gutgelaunt verlasse ich diesen netten Ort und mache mich draußen in der Sonne vor der Tür parat. Ich schnüre mir die Bauchtasche um, bringe schwungvoll den kleinen Rucksack in Position, hänge mir die Kameratasche um den Hals und schirre mich vor meinen Wheelie. Wir fünf werden noch wochenlang eine Einheit bilden.

Über eine Brücke wechsel ich auf die andere Lahnseite hinüber und durchquere den kleinen Ort Balduinstein. Der Metzger und der Bäcker haben gerade erst aufgemacht, auf dem Dach eines kleinen Hotels legen Dachdecker neue Pfannen auf und grüßen mich freundlich, ansonsten ist noch nicht viel los. Die Ruhe und Langsamkeit in diesem Ort und zu dieser frühen Stunde haben mich wohl etwas eingelullt, denn jetzt mache ich einen Fehler. Ich gehe nicht die Straße hinauf in Richtung Schaumburg, sondern will es etwas netter haben und wähle für ein Stück den neuen Lahnweg. Die neue Auszeichnung dieses Weges, verbunden mit meiner doch schon etwas älteren Karte, hat unangenehme Folgen. Beim Einstieg in den Weg in der Dorfmitte sehe ich zwar ein paar Stufen vor mir, will mich aber dadurch nicht schrecken lassen. Aus den paar Stufen werden ungefähr hundert, alle mit einer recht ordentlichen Schritthöhe. Ich beginne zu pusten. Als die Treppen aufhören, beginnt ein steiler, enger Pfad. Der reichlich genossene Frühstückskaffee schießt mir aus den Poren und verdampft in freier Natur. Das Laub ist noch nass vom nächtlichen Regen und der Pfad darunter glitschig. Am Himmel segeln weiße Wolkenschiffe und scheinen Freude an mir zu haben, genauso wie die Sonne, die mir so richtig einheizt. Und irgendwann musste es kommen: Ich rutsche aus, werde von meinem Wheelie noch zusätzlich meiner Standsicherheit beraubt und schlage voll mit dem Gesicht, genauer mit meinem Mund, auf den Weg. Man könnte jetzt fragen, wo meine Hände denn zu diesem Zeitpunkt zum Abstützen sind, aber die bemühen sich gerade, mein Pilgermoped den Berg hochzuziehen. Jedenfalls schmeckt das Laub schwer nach Torf und ich warte einen Moment, ob sich der Geschmack von Blut dazugesellt. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Das einzige, was bleibt, ist eine ordentlich dreckige Hose. Laufe ich also heute mal als Schwein durch die Gegend.

Nur, diese Gegend wird mir jetzt erstmal etwas merkwürdig. Auch wenn es bald nicht mehr so steil ist, es ist die falsche Richtung! Ich entscheide, meinem Orientierungssinn zu vertrauen, gehe vom Weg ab, überquere nach links einen Acker -und komme nach wenigen Minuten auf einen breiten Feldweg, den ich auch ziemlich schnell auf meiner Karte wiederfinde. Die Sonne steht jetzt wieder richtig, die Schaumburg auch, bald tauchen auch die richtigen Zeichen auf, u.a. das X vom E1, also alles gut.

Denke ich! Zunächst mal ständig bergauf setzt sich der E1 nach Süden fort. Und das nicht auf einem angenehmen Waldweg, sondern man müsste eigentlich “Acker“ dazu sagen. Das Geläuf ist tief und weich, rutschig und matschig. Verursacher: Pferde und Waldmaschinen. Durch den warmen Winter haben die Maschinen bei ihrer Holzarbeit keinen gefrorenen Boden nutzen können. Und gearbeitet wurde in den Wäldern reichlich und das muss wohl auch sein und das kann ich auch einsehen. Aber muss es auch sein, dass der E1 für eine lange Strecke auch als offizieller Reitweg markiert ist? Ich mag Pferde, meine Familie hatte selbst mal zwei, aber ich weiß auch, was Pferde aus einem Waldweg machen, nämlich einen Weg, der für Wanderer dann ganz und gar nicht mehr geeignet ist. Reitwege durch den Wald - ja, auf dem E1 mit Sicherheit nicht!

Wieviel einfacher ist es da doch, als ich beim Hof Habenscheid, dem Rest eines ehemaligen kleinen Ortes, aus dem Wald trete und mal zügig voranschreiten kann. An den Ruinen des ehemaligen Klarissenklosters Bärbach vorbei geht es bis Schönborn angenehm weiter. Dann mache ich wohl meinen zweiten Fehler des Tages. Gegenüber der Markierung auf meiner Karte, wurde der E1 offensichtlich für ein Teilstück verlegt. Ich befürchte, dass diese Verlegung einen gewissen Umweg bedeutet und entscheide, den alten Wegverlauf zu nehmen. Ja herzlichen Glückwunsch! Der Weg entwickelt sich wieder zu einem Acker, aber diesmal zusätzlich mit einigen Geländehindernissen. Abgesägte Bäume und Büsche liegen wiederholt quer über dem Weg und ich quäle mir einen Wolf, da drunter her oder drüber zu kommen. Bei solchen Aktionen schwitzt man kein Rosenwasser. Irgendwann kann ich nur über mich selbst lachen, und komischerweise geht es damit gleich viel einfacher.

Als ich dann keine Wut mehr und wieder einen Blick für meine Umgebung habe, werde ich auch prompt belohnt: Ein Fuchs kreuzt meinen Weg, vielleicht zwanzig Meter vor mir, aufreizend langsam, guckt mich keck an, beschleunigt ein bisschen, und geht dann cool seinen Geschäften nach. Der geht jetzt wohl rüber nach Schönborn, Gänse stehlen oder Bandwürmer aussetzen.

Ab meiner heutigen ersten und einzigen Rast habe ich keine Karte mehr zur Verfügung. Das ist zwar ungewöhnlich für mich, aber erstens war ich zu geizig, um mir für ein paar wenige Kilometer eine neue Karte zu kaufen (ab kurz vor Idstein morgen habe ich wieder eine), und zweitens traue ich mir die Navigation per Handy mittlerweile zu. Man ist ja lernfähig, selbst noch in meinem Alter.

Genauso ist es dann auch. Ich vertraue der inzwischen wiedergefundenen E1-Markierung an den Bäumen und kontrolliere ab und zu mit dem Handy, ob ich mich in die richtige Richtung, nämlich auf Aarbergen-Michelbach zubewege, meinem heutigen Ziel.

Schneller als nach all der Plackerei heute erwartet, bin ich erneut am frühen Nachmittag in meiner Unterkunft, dem Gästehaus “Villa an der Aar“. Als mir die Gastgeberin die Tür öffnet, bin ich im ersten Moment etwas erschrocken. Vor mir steht eine Frau im mittleren Alter, mit stark dunkel geschminkten Augen und einem schwarzen Seidenumhang um den Hals geschnürt, der bis über ihre Knie reicht. Sie bemerkt wohl meinen leicht verblüfften Blick und sagt: “Entschuldigen Sie mein Outfit! Ich habe meine Friseuse da.“ Das erklärt natürlich alles.

 

Pilgertochter (Dienstag, 25. März 2014 08:57)

Einer muss mich ja im Hinblick auf Bruchlandungen gebührend vertreten... und was soll ich sagen, wenn man den Wegmarkierungen nicht glauben will. Wer nicht hören will... Der Fuchs wäre Sira ja auch wieder eine helle Freude gewesen... Und es geschehen noch Zeichen und Wunder: DU beherrschst das Navi????!?!?!

Kronprinz (Mittwoch, 02 April 2014 08:54)

Ich hoffe, du hast trotz des Hindernislaufs deinen Wheelie noch lieb..

 

25. März 2014

Verrücktes Wetter

Aarbergen-Michelbach - Idstein (22 km)

Aufstehen kann mühsam sein, völlig unabhängig von der Uhrzeit und der Dauer des Schlafes. Und vor allem schmerzhaft. Gekrümmt wie eine Banane humple ich in Richtung Bad. Auf dem Rückweg bin ich schon fast wieder in der Senkrechten und als ich meine Balkontür aufmache und eine Welle eiskalter Morgenluft mein Zimmer überschwemmt, bleibe ich für Sekunden tapfer, vollführe eine dynamische körperbildende Morgengymnastik und bin damit fit für den Tag.

Schon gestern, beim ersten Blickkontakt, war der Königspudel von Frau Zeppenfeld, meiner Gastgeberin, anscheinend ganz vernarrt in mich. Er ist eine Hündin, von daher ist das ja irgendwie verständlich. Als ich heute Morgen zum Frühstück die Treppe runterkomme, ist sie ganz aus dem Häuschen, wedelt wie ein Scheibenwischer auf Stufe 3 mit dem Schwanz, holt sich umgehend eine Streicheleinheit bei mir ab und begleitet mich bis zu meinem Platz am Frühstückstisch. Dort bleibt sie wie eine Statue die komplette Zeit sitzen. Jetzt erfahre ich auch ihren Namen: Clara Kingsize Heartbreaker. Ist-das-ein-Name!!?? Wie sie da so neben mir sitzt und mich anstarrt, wird sie dem dritten Teil ihres Namens absolut gerecht. Mit Billigung meiner Gastgeberin und ihres Frauchens, halte ich ihr nach Beendigung des opulenten Frühstücks eine Scheibe Wurst hin, die sie mir mit äußerster Vorsicht aus den Fingern nimmt.

Frau Zeppendorf und ihr Lebenspartner verabschieden mich an der Haustür und ich verspreche, für ihr Haus (berechtigte) Werbung zu machen. Also: Wanderer, kommst du bei deiner Wanderung auf dem E1 nach Aarbergen-Michelbach, gönne dir eine Nacht in der “Villa an der Aar“!

Schon gestern, auf den letzten beiden Kilometern bis Michelbach, hatte ich keine Wegmarkierung mehr gesehen. Da der Ort aber offensichtlich vor mir lag, hatte ich darauf auch keinen großen Wert mehr gelegt. Jetzt, auf meinem Weg durch Michelbach, und auf der Suche nach dem E1-Zeichen, finde ich es aber auch nicht. Dann fällt mir ein, dass Frau Zeppenfeld etwas von “hoch zum Segelflugplatz“ gesagt hat, und das Schild “Flugplatz“ finde ich schnell. Der hinführende Weg geht, wie kann es auch anders sein, zünftig bergauf.

Die Sonne scheint prächtig und der Himmel ist blau wie die Augen von Terence Hill, aber die Temperatur liegt immer noch nahe der Frostgrenze. Auf den Autos liegt eine knackige Eisschicht, und je höher mich der Weg bringt, umso mehr glitzern Eistropfen im Gras. Es ist ein herrlicher Morgen.

Oben auf der Höhe stößt auf einmal von links der E1 auf meinen Weg. Damit bin ich jetzt auch wieder auf der sicheren Seite. Am Waldrand komme ich zu dem kleinen Hangar des Segelflugplatzes. Ein Schild weckt mein Interesse: “Rundflug? Bitte anmelden!“ Bei wem denn, bitteschön!? Kein Mensch ist hier oben. Mit dem Segelflieger mal bei diesem Wetter eine kleine Runde zu drehen, würde mir schon gefallen.

Gegenüber gestern ist der nun folgende Waldweg glatt eine Kurpromenade. Schön befestigt, kaum ein Zweig liegt auf ihm und ohne großes Auf und Ab lasse ich mich dahintreiben.

Unbemerkt bin ich auf der “Historischen Eisenstraße“ gelandet. Ein Schild gibt mir bald freundliche Auskunft: Die Historische Eisenstraße ist Teil eines mindestens eisenzeitlichen Fernweges von der Lahn bis nach Mainz, wobei der Weg von Wiesbaden bis Mainz römischen Ursprungs ist. Sie deutet auf die Eisenfuhren von den zahlreichen Waldschmieden in diesem Gebiet bis hin nach Mainz. Waldschmieden beherrschten technisch alle Zweige der Eisengewinnung, so wurden z.B. in kleinen Öfen, die mit Holzkohle befeuert wurden, Eisenerze geschmolzen, in Hammerschmieden weiter verarbeitet und die Erzeugnisse auf der von Norden in Richtung Süden in Gräben gelegten und eingeebneten Eisenstraße befördert. Gleichzeitig diente dieser stark befahrene und mit natürlicher Festigkeit versehene Weg auch den Einheimischen zum Transport von Feldprodukten und anderen Handelsgegenständen. Heute ist sie ein beliebter Wanderweg. Sie läuft gradlinig und ohne bemerkenswerte Steigungen durchs Gelände. - Wieder was gelernt!

In der Tat geht es ohne jede Anstrengung eine Weile dahin. Immer wenn ich den Wald verlasse und zum freien Feld komme, ist die Aussicht von diesem Höhenweg phantastisch. Das einzige, was stört, sind die grauen Wolkenberge, die ringsum sich bilden und immer näherkommen. Gerne wäre ich länger auf dieser wanderfreundlichen Eisenstraße geblieben, aber sie führt ja gen Mainz, also nach Süden. Ich aber muss nun nach Südosten schwenken, gen Idstein, meinem Tagesziel, und hin zum Taunus. Also gehts hinab nach Hennethal, nur um von da die nächste Höhe zu erklimmen.

Inzwischen hat sich eine schwere graue Wolke über mich gelegt und beginnt, einige Tropfen runterzuschicken. Wie bestellt, erreiche ich in diesem Moment den großen Grillplatz der Gemeinde Hennethal. Der üppig dimensionierte Grill ist mir zwar egal, aber die Schutzhütte mit etlichen Sitzbänken und Tischen gefällt mir. Außerdem finde ich hier etwas vor, was ich so noch nicht gesehen habe: Alle Bänke sind mit Teppichstreifen überzogen und vermitteln einen angenehmen Sitzkomfort. Ich setze mich aber nicht, sondern lege mich und sammle beim Genuss eines Apfels Kraft für die nächsten Kilometer.

Und das ist auch nötig. Als ich mich wieder auf den Weg mache, wird der Regen intensiver. Innerhalb weniger Minuten wird aus dem Regen Graupel und Abermillionen Graupelkörner schlagen auf einmal vor mir auf dem Weg auf und purzeln fröhlich umeinander herum.

Start vor der Haustür

Endlich unterwegs!

Auf dem Wiedtalweg

Hinunter ins Lahntal

Spuren hinterlassen

Auf dem El Richtung Süden

Über die Höhen des Westerwalds

Herbstlaub im Frühling

Und dann wird aus dem Graupel Schnee. Immer dichter wird er und bald ist der Weg und der Waldboden wie mit Puderzucker überzogen. Es schneit weiter, und bald werden aus einem Zentimeter zwei, dann drei... vier. Zunächst unmerklich, dann aber immer deutlicher, muss ich mich mit meinem Wheelie ganz schön ins Zeug legen. Und es schneit immer weiter.

Bald nähere ich mich einer Straße und sehe, wie sich die Autos stauen. Als ich sie überquere, erkenne ich auch, warum. LKWs haben sich an einer geringen Steigung bei festgefahrener Schneedecke quergestellt. Nichts geht mehr. Nur 20 Meter von mir entfernt hält ein PKW am Straßenrand. Ein Mann steigt aus und holt aus seinem Kofferraum eine größere Kamera. Auf seinem Auto ist "HR" aufgedruckt, anscheinend dreht das lokale Fernsehen vom Hessischen Rundfunk einen aktuellen Bericht zur aktuellen Wetter- und Verkehrssituation.

Keine Viertelstunde später und einen Kilometer weiter stelle ich auf gleicher Meereshöhe fest, dass der Wald wieder grün ist. Von Schnee ist nichts mehr zu sehen. Das muss wirklich ein gewaltiger, sehr punktueller Schneeschauer gewesen sein. Ich trudle bergab bis Oberauroff, setze mich oberhalb des Dorfes auf eine gemütliche Bank und genieße die Sonne bei frühlingshaften Temperaturen. Verrückte Gegensätze!

Von Oberauroff ist es nicht mehr weit bis Idstein. Ich unterquere die Autobahn A3 - und ab sofort hört die stumme Schönheit von Landschaft und Natur auf und die laute Scheußlichkeit des deutschen Gewerbegebiets greift sich ihren Platz: Hallen, Werkstätten, Großtankstellen, Discount-Märkte, Fast-Food-Paläste. Ich lasse alles gleichgültig links und rechts liegen und strebe auf der Wiesbadener Straße der Innenstadt von Idstein entgegen. Und genau an dieser Straße liegt die Kath. Kirche St. Martin. Dort ist für heute mein Ziel. D.h. nicht die Kirche, sondern das daneben stehende Pfarrhaus von Pfarrer Paul. Ihn hatte ich vor vielen Wochen angerufen mit der Bitte, mir bei der Suche nach einer Unterkunft behilflich zu sein, denn alle Hotels bzw. Pensionen hatten keine Zimmer mehr frei oder waren mir entschieden zu teuer. Daraufhin war Pfarrer Paul bereit, mir sein Gästezimmer zur Verfügung zu stellen. Vielen Dank, Herr Pfarrer!

 

Pilgertochter (Mittwoch, 26. März 2014 16:17)

Wie gut, dass du deinen Partypavillon-großen Regenschirm dabei hast, da kann dir das schlimmste Wetter nix anhaben. Aber wie wir erkannt haben: Das Wetter ist immer nur so schlimm, wie die Kleidung, die man trägt!

zeppis (Mittwoch, 26. März 2014 18:37)

Als die Unwetterfront Michelbach erreichte, dachten wir voller Mitleid an den einsamen Wanderer.

Kronprinz (Mittwoch, 02. April 2014 09:04)

Vatter, du warst noch nie aus Zucker...

 

26. März 2014

Ein Lob den Waldarbeitern!

Idstein - Großer Feldberg (21 km)

Ich habe nicht unbedingt damit gerechnet, dass ich bei Pfarrer Paul neben der kostenlosen Möglichkeit zur Übernachtung auch noch ein Frühstück bekomme. Der Plan ist, gegen 8 Uhr aus dem Haus zu gehen, um in einem Café in der Altstadt zu frühstücken und gegen 9 Uhr Idstein zu verlassen. Aber Pläne sind dazu da, um verworfen zu werden. Als ich den liebenswürdigen Kirchenmann nach meinem morgendlichen Badbesuch im Flur treffe, bittet er mich, mit ihm in die Küche zu kommen und zeigt mir, was er mir bereitgelegt hat: Brötchen, Butter, Wurst und Käse, für jetzt und zum Mitnehmen, die moderne Kaffeemaschine reagiere auf Knopfdruck. Er selbst habe schon vor einer Stunde gefrühstückt, er sei Frühaufsteher. “Versorgen Sie sich! Ist das so für Sie in Ordnung?“ Aber selbstredend, Herr Pfarrer! Ich bin mal wieder begeistert von solch einer Gastfreundschaft. Oder kann man das einfach so von einem Pfarrer erwarten? Ich denke, nicht unbedingt.

Mit Gottes Segen für meine weitere Reise versorgt, verlasse ich das Pfarrhaus und ziehe Richtung Altstadt. Genau wie gestern ist es herrlich sonnig, aber auch herrlich kalt. Mein Wetter! Am Platz vor dem roten Rathaus fällt mir die Touristen-Info auf. Eigentlich könnte ich eine etwas aktuellere