Nagomi - Ken Mogi - E-Book
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Nagomi E-Book

Ken Mogi

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Beschreibung

Nagomi bringt Leichtigkeit, Harmonie und Glück in dein Leben. Ken Mogi erklärt hier dieses tief im japanischen Alltag verwurzelte Lebensprinzip. Menschen, die Nagomi erlangt haben, wissen, dass zum Glück auch das Unglück, zur Liebe auch der Verlust, zum Altruismus auch der Eigennutz und zum Vergnügen auch die Arbeit gehören. Und dass man nur dann ein harmonisches Leben führen kann, wenn es einem gelingt, alle Anteile des Lebens nicht nur zu akzeptieren, sondern auch in Balance miteinander zu bringen. Das ist der japanische Weg zur Lebensfreude.

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NAGOMI – DER SCHLÜSSEL ZU EINEM BESSEREN, HARMONISCHEREN LEBEN

Das ganzheitliche Lebenskonzept nagomi bedeutet so viel wie Harmonie und Balance. Der japanische Neurowissenschaftler Ken Mogi erklärt das ebenso praktische wie philosophische Prinzip in diesem Buch auf verständliche Weise. Er zeigt, wie man nagomi in den Alltag integrieren kann, um ein ausgeglichenes Leben zu führen.

Menschen, die nagomi erlangt haben, wissen, dass zum Glück auch das Unglück, zur Liebe auch der Verlust, zum Altruismus auch der Eigennutz und zum Vergnügen auch die Arbeit gehören. Und dass man nur dann ein harmonisches Leben führen kann, wenn es einem gelingt, alle Anteile des Lebens nicht nur zu akzeptieren, sondern auch in Balance miteinander zu bringen. Das ist der Weg zur Lebensfreude.

Ken Mogi zeichnet kenntnisreich ein Bild dieser in Japan beliebten und fest verankerten Philosophie. Dabei zeigt er nicht nur, wie wir durch nagomi stressfreier, entspannter und widerstandsfähiger werden, sondern auch, was dies für unseren Alltag, unsere Beziehungen, unsere Gesundheit und unsere Gesellschaft bedeutet.

»Die besondere Stärke des Autors liegt darin, seine Leser motivieren zu können.«

PSYCHOLOGIE HEUTE

KEN MOGI ist Neurowissenschaftler und Autor. Er studierte Natur- und Rechtswissenschaften in Tokio und Cambridge. Er lehrt an Universitäten und veröffentlicht Texte zu den Themen Kognition und Hirnforschung sowie eine Vielzahl von Romanen, Essaybänden und populärwissenschaftlichen Sachbüchern, die in Japan regelmäßig auf der Bestsellerliste stehen und sich insgesamt eine Million Mal verkauft haben. Sein Buch ›Ikigai. Die japanische Lebenskunst‹ ist in vielen Ländern ein Bestseller.

PETRA HUBER studierte Anglistik, Amerikanistik und Slawistik und arbeitet als freie Übersetzerin aus dem Englischen und Russischen sowie als Lektorin.

SARA RIFFEL studierte Anglistik, Amerikanistik und Kulturwissenschaften und arbeitet als freie Übersetzerin und Lektorin. 2009 erhielt sie den Kurd-Laßwitz-Preis.

KEN MOGI

NAGOMI

DER JAPANISCHE WEG ZU HARMONIE UND LEBENSFREUDE

Aus dem Englischen von Petra Huber und Sara Riffel

Von Ken Mogi ist bei DuMont außerdem erschienen:

Ikigai. Die japanische Lebenskunst

Die englische Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel

›The Way of Nagomi. Live a Balanced and Harmonious Life the Japanese Way‹ bei Quercus Editions Ltd, London.

Copyright © 2022 Ken Mogi

eBook 2022

© 2022 für die deutsche Ausgabe: DuMont Buchverlag, Köln

Alle Rechte vorbehalten

Übersetzung: Petra Huber, Sara Riffel

Lektorat: Kerstin Thorwarth

Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln

eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

ISBN eBook 978-3-8321-8238-0

www.dumont-buchverlag.de

VORBEMERKUNG

Wie Sie am Titel dieses Buches erkennen können, handelt es von nagomi. Um das Konzept zu erklären, werde ich ausführlich auf die Japanerinnen und Japaner, ihre Kultur und Geschichte eingehen, womit nicht gesagt sein soll, dass diese Denkweise ausschließlich in Japan verbreitet ist. Weil es eine relativ kleine Inselnation ist, hat Japan zahlreiche äußere kulturelle Einflüsse – für die es seit jeher offen ist – mit Neugier und Begeisterung »importiert«. Historisch gesehen war vor allem der chinesische Beitrag bedeutsam, aber auch Einwirkungen seitens der koreanischen Halbinsel haben die japanische Kultur entscheidend geprägt und bereichert. Seit dem 19.Jahrhundert übernimmt Japan zudem begierig Elemente der westlichen Kultur.

Die Entwicklung einer Gesellschaft ist ein ineinandergreifender und fortlaufender Prozess. Tatsächlich betrachten wir Japaner die Gesellschaft immer schon als im steten Wandel begriffen, vergänglich und anpassungsfähig. Wir besitzen sogar ein Wort, das diese Philosophie treffend veranschaulicht: ukiyo – das bedeutet »fließende Welt«.

Dieser Begriff zeigt, welchen Stellenwert das Vergängliche im japanischen Leben hat; charakteristisch ist etwa die Würdigung der Kirschblüten beim Hanami-Fest im Frühling, die nach dem Aufblühen ihre Schönheit nur wenige Tage lang behalten. Das Konzept von nagomi, das sich in Japan auf einzigartige Weise entwickelt hat, mag es in ähnlicher Form auch in anderen Teilen der Welt geben, und es ist, was seine Wurzeln und Bedeutung angeht, sicherlich nicht auf unser Land beschränkt. Der Prozess kultureller Aneignung an sich ist ein Ausdruck von gelebtem nagomi, indem die japanische Kultur heimische und übernommene Elemente in Einklang zu bringen versucht.

In Japan gibt es viele unterschiedliche Auslegungen von nagomi. Ich bemühe mich, ein ausgeglichenes und umfassendes Bild von nagomi zu zeichnen, aber natürlich werden einige Leute anderer Meinung sein. Bei nagomi geht es um das Mischen und In-Einklang-Bringen verschiedener Faktoren, weshalb ich versuche, das Konzept von nagomi selbst im Zuge seiner Beschreibung in diesem Buch anzuwenden.

Mithilfe von nagomi werden Sie in der Lage sein, die folgenden fünf Säulen in die Tat umzusetzen:

1.Führen Sie glückliche Beziehungen mit Ihren Liebsten, selbst wenn Sie nicht einer Meinung sind.

2.Lernen Sie Neues, und bleiben Sie sich dabei dennoch stets treu.

3.Finden Sie Frieden in allem, was Sie tun.

4.Mischen und verbinden Sie Ungleiches, um ein harmonisches Gleichgewicht zu schaffen.

5.Erlangen Sie ein tieferes Verständnis der japanischen Lebensphilosophie.

Das Nachdenken über nagomi wird Ihnen – so hoffe ich – einige Anregungen für Ihr eigenes Leben liefern, etwa neue Erkenntnisse darüber, was eine glückliche und kreative Existenz ausmacht, wie man im Einklang mit anderen Menschen, der Natur und schließlich, vielleicht am wichtigsten, mit sich selbst lebt. Wenn Sie bislang niemals mit nagomi in Berührung gekommen sind, ist das völlig in Ordnung. Auch wenn das Konzept von nagomi auf einzigartige Weise in Japan entwickelt wurde, ist es in der heutigen Welt für alle Menschen bedeutsam. Sie können Ihr eigenes Leben im Sinne von nagomi gestalten und mit der Anwendung von nagomi direkt beginnen, sobald Sie dieses Buch gelesen haben.

Lassen Sie uns sofort damit anfangen.

Willkommen bei nagomi.

KAPITEL 1

NAGOMIFÜR ANFÄNGER

Es gibt viele verschiedene Wege zu einem erfolgreichen, kreativen und glücklichen Leben. Manche Menschen kommen voran, indem sie selbstbewusst, streitlustig und gelegentlich störend auftreten. Andere halten sich stärker bedeckt; sie sind dezent, posaunen die eigenen Vorzüge nicht hinaus und kritisieren andere nur selten. Trotz ihres fehlenden Geltungsdrangs können sie aber vieles erreichen. Ihre Erfolgsbilanz ist atemberaubend, und dennoch würden sie niemals damit prahlen.

Zur japanischen Lebensart gehört es, die direkte Konfrontation zu vermeiden, selbst wenn man nach Innovationen strebt. Natürlich gibt es jede Menge japanischer Erfolgsgeschichten. Nach Beispielen muss man nicht lange suchen: Sony, Toyota, Honda und Nissan – sie alle haben ihren Ursprung im Land der aufgehenden Sonne, und das sind nur einige der großen Firmen, die die Wirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg prägen. Und trotzdem sind die Japaner für ihre Reserviertheit bekannt. In der Regel sind sie bescheiden, nehmen eine Niederlage mit Würde hin und bleiben unauffällig bei einem Sieg. Sie behalten ihre Meinung für sich – was so weit geht, dass manche Leute das Schweigen unangenehm finden. Die Japaner haben viele wunderbare Dinge erreicht, ohne zwangsläufig die eigenen Vorzüge vor sich herzutragen.

Hinter der Stille und der Zurückhaltung japanischer Menschen steckt ein lang gehütetes Geheimnis: das Wissen darum, wie man im Leben Wohlbefinden und Harmonie erreichen kann. Im vorliegenden Buch geht es um genau diesen Weg zu innerer Erfüllung und Ausgeglichenheit.

Lassen Sie uns mit dem Kleingedruckten anfangen. Die meisten Selbsthilfebücher versprechen, Sie glücklich, wohlhabend oder erfolgreich zu machen – oder manchmal sogar alles drei. Tatsächlich wird in vielen Büchern Glück mit Reichtum und Erfolg gleichgesetzt. Im Gegensatz dazu geht es in diesem Buch nicht darum, Abkürzungen zu Glück, Erfolg oder Reichtum zu finden, sondern darum, die positiven Aspekte unseres Lebens zu verstehen und zu stärken, um die Schwierigkeiten auszugleichen, mit denen wir es alle unweigerlich zu tun bekommen. Es geht darum, den Wert unserer guten Eigenschaften, unseres Glücks und Erfolgs so weit wie möglich zu steigern, um unser Wohlbefinden zu verbessern und uns widerstandsfähiger zu machen. Diese Resilienz ermöglicht es uns, mit den negativen Dingen im Leben besser umzugehen. Dazu muss man allerdings anerkennen, dass es im Leben immer auch Unangenehmes gibt und dass die Ausgewogenheit von Gutem und Schlechtem und allem dazwischen unser Leben reicher und gehaltvoller macht. So wie etwas Säure oder Bitterkeit den Geschmack mancher Gerichte verbessert, so lernen wir, das Schöne in unserem Leben mehr zu schätzen, wenn wir schwierige Zeiten durchzustehen haben.

Was also ist das Geheimnis? Die Antwort lässt sich in einem Wort zusammenfassen:

NAGOMI.

Wenn Sie dieses Wort noch nie gehört haben, dann liegt das nicht an Ihnen. Selbst wenn Sie bereits eine Menge über andere Kulturen wissen, ist es Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht untergekommen. Dieses ehrwürdige Konzept entspricht zwar dem Kern dessen, wofür Japan und seine Einwohner stehen, war aber dennoch lange Zeit das bestgehütete Geheimnis der japanischen Herangehensweise an Arbeit und Leben.

Dies ist – soweit ich weiß – das erste Buch, das nagomi dem Rest der Welt nahebringt. Es erkundet das Konzept von nagomi, seine Relevanz im heutigen Leben sowie seine historischen und kulturellen Hintergründe und stellt es zugleich in einen modernen Kontext.

Aber zuerst einmal: Was ist nagomi? Man könnte sagen, es steht für Gleichgewicht, Behaglichkeit und Ruhe von Herz und Geist. Bei nagomi kann es um die Beziehung zur eigenen Umwelt gehen oder um die Art, wie man mit anderen Menschen kommuniziert. Es kann – etwa beim Kochen – ein ausgewogenes Mischungsverhältnis von Zutaten bezeichnen, aber auch die eigene Geistesverfassung, wenn man mit sich selbst und der Welt im Einklang ist. Letzten Endes ist nagomi ein Zustand des menschlichen Bewusstseins, geprägt von einem Gefühl der Leichtigkeit, der emotionalen Ausgeglichenheit, des Wohlbefindens und der Ruhe. Entscheidend dafür ist etwa die Auffassung, dass es unterschiedliche Elemente gibt, nicht bloß ein einheitliches, zusammenhängendes Ganzes. In den kanji (der japanischen Version der chinesischen Schriftzeichen) wird es mit demselben Schriftzeichen () dargestellt wie wa, das Wort für »Harmonie«.

In semantischer Hinsicht ist nagomu ein intransitives Verb, das ein spontanes Erreichen des Zustands von nagomi wiedergibt. Das transitive Verb nagomaseru dagegen beschreibt den aktiven Prozess, verschiedene Komponenten zusammenzufügen und auf diese Weise eine harmonische Einheit zu erschaffen. Im täglichen Gebrauch stehen die Verben nagomu und nagomaseru dafür, Erleichterung von Stress, Spannung, Streit oder Sorge zu finden, die das moderne Leben leider kennzeichnen, in Japan ebenso wie anderswo. Das Wort nagomi ist außerdem mit nagi verwandt, einem Wort für »ruhiges Meer«. In manchen Zusammenhängen kann nagi Beschaulichkeit und Frieden ausdrücken.

Für nagomi als Wort mit so vielen subtilen und detailreichen Nuancen gibt es keine einfache Entsprechung. Seine Bedeutung verändert sich leicht, je nach Zusammenhang. In diesem Buch behandele ich deshalb die verschiedenen Aspekte von nagomi, um zu zeigen, wie es sich auf alle Bereiche des Lebens anwenden lässt.

Wegen seiner positiven Konnotationen ist nagomi in Japan ein beliebter Begriff. Restaurants, Altersheime, Grünteemarken, Eissorten, heiße Quellen, Hochzeitsplaner, Anbieter von shinrin-yoku (»Waldbaden«), die Wellnesseinrichtung eines Luxushotels, ein Orchester und eine Computerschriftart – sie alle tragen die Bezeichnung nagomi. Außerdem ist es der Name eines besonderen Zuges, der allein dem Kaiser vorbehalten ist. Der Nagomi-Zug wurde mit neuester Technologie und größter Sorgfalt konstruiert, wie es für die Japaner typisch ist. Er ist dunkelviolett – eine Farbe, die traditionell als aristokratisch gilt – und wird auf Hochglanz poliert. Wie genau der kaiserliche Waggon von innen aussieht, ist nicht bekannt, und der Zug darf ohnehin die meiste Zeit von kaum jemandem betreten werden. Bei seltenen Anlässen bekommt allerdings auch die Allgemeinheit die Chance, mit dem Nagomi-Zug eine besondere Strecke zu fahren, und in Berichten darüber hört man ausnahmslos, was für ein wunderbares Gefährt das sei. Dass nagomi der Name dieses qualitativ ausgesprochen hochwertigen Transportmittels ist, zeugt davon, wie stark nagomi in der kulturellen und historischen Tradition Japans geschätzt wird.

Bei nagomi geht es aber nicht bloß um Tradition. Es entwickelt sich weiter, da Japan seine Türen mehr und mehr für die Außenwelt öffnet. Zum Beispiel ist es auch die Bezeichnung für ein Besuchsprogramm für ausländische Touristen; dabei heißen registrierte japanische Haushalte internationale Besucherinnen und Besucher willkommen und kochen für sie, um beim gemeinsamen Essen eine schöne Zeit zu verbringen.

Nagomi gilt als »Mutter« solch wichtiger Konzepte wie wabi sabi (Wahrnehmung von Schönheit), Zen, kintsugi (eine Reparaturmethode für Keramik), ichigo ichie (die Kunst, den Moment zu nutzen) und ikigai (Lebenskunst). Tatsächlich ist es nicht übertrieben, nagomi als Inbegriff japanischer Kultur und als zentral für die japanische Lebensphilosophie zu bezeichnen. Die überragende Bedeutung von nagomi kann bis zu der »17-Artikel-Verfassung« zurückverfolgt werden, die Prinz Shōtoku im Jahr 604 niederschrieb und die als erstes staatsrechtliches Dokument Japans gilt. In Artikel eins heißt es: »Wa ist bedeutsam«, wobei mit »wa« die chinesische, etwas förmlichere Darstellung des Nagomi-Konzepts gemeint ist. Der Verfassung zufolge beruht also die Entstehung der japanischen Nation auf dem Leitbild von nagomi.

Nagomi ist stark mit innerem Wohlbefinden verknüpft, aber man kann nagomi auch dann finden, wenn man nicht so glücklich ist. Denn es kann uns lehren, mit dem scheinbaren Fehlen von Glück oder sogar mit gelegentlichen Schicksalsschlägen besser umzugehen. Nagomi kann uns auch dabei helfen, bestimmte Situationen zu akzeptieren, selbst wenn sie nicht ideal sind. Das mag zunächst verwirrend klingen, aber ich werde noch erklären, wie nagomi uns viele Wege aufzeigen kann, stressfreier, entspannter und widerstandsfähiger zu werden. Und das Beste daran ist, dass es jedem helfen kann – egal, wer Sie sind oder woher Sie kommen.

Ich freue mich darauf, Ihnen das Konzept von nagomi vorzustellen, dem Herzstück der japanischen Lebensphilosophie.

Lassen Sie uns nun gemeinsam die Reise zu nagomi antreten.

KAPITEL 2

NAGOMIDES ESSENS

Wir wollen mit einem greifbaren Beispiel für nagomi anfangen: dem Essen.

Japan ist für seine kreative Verwendung von Nahrungsmitteln bekannt. Seine Küche gehörte schon immer zu den besten der Welt und ist sowohl in geschmacklicher als auch in gesundheitlicher Hinsicht sehr ausgewogen.

Nagomi steht im Zentrum der japanischen Kochphilosophie und ihrer Techniken. Exemplarisch hierfür ist kaiseki, womit das richtige Verhältnis der Zutaten eines Gerichts zueinander gemeint ist. Bei kaiseki geht es darum, die verschiedenen Gaben der Natur zur Geltung zu bringen; in diesem Zusammenhang stellt nagomi den Oberbegriff für den japanischen Ansatz dar, mit Speisen Harmonie zu erzeugen.

Im westlichen Außenbezirk von Japans alter Hauptstadt Kyoto liegt die Arashiyama-Region, die für ihre atemberaubend schönen Wanderwege zwischen Bambuspflanzen und beschaulichen Tempeln bekannt ist. Am Ufer des Oigawa, nahe der »Mondüberquerungs-Brücke« (Togetsukyo), befindet sich das mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurant Kyoto Kitcho Arashiyama. Es wird von Küchenchef Kunio Tokuoka, einem Enkel des Gründers Teiichi Yuki, mit Stolz geführt. Sollten Sie jemals das Glück haben, eine Reservierung in diesem weltberühmten Restaurant zu bekommen, dann machen Sie sich auf wahre kulinarische Kunst gefasst. Yuki war der erste professionelle Koch, der als »Person mit besonderen kulturellen Verdiensten« eine Medaille von der japanischen Regierung verliehen bekam, und zwar für seine Bemühungen, das Konzept von kaiseki zu modernisieren. Er wird als Pate der heutigen japanischen Kaiseki-Gepflogenheiten betrachtet, die inzwischen zu den wichtigsten kulinarischen Errungenschaften der Welt zählen.

Die Kaiseki-Küche hat ihren Ursprung in der großen Tradition der japanischen Teezeremonie und ist ein perfektes Beispiel für die praktische Anwendung von nagomi. Dabei geht es vor allem um die Harmonie zwischen verschiedenen sensorischen Elementen: Zunächst soll das Auge mit einer sorgsam arrangierten Choreografie der Zutaten erfreut werden, danach wird die Zunge mit exquisiten Aromen beglückt. Bei kaiseki werden Ingredienzien aus allen Bereichen von Land und Meer zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt. Dabei wird besonders viel Wert auf ansprechende Farben und Formen der Anordnung sowie auf die für Japan so typische Saisonalität gelegt.

Kenichiro Nishi, der berühmte Küchenchef des hervorragenden Restaurants Kyoaji in Tokio, vertraute mir einmal an, das Geheimnis seiner Kochkunst liege darin, dass er die Jahreszeiten ernst nehme. In Japan werden die Jahreszeiten sehr differenziert wahrgenommen, und es gibt spezielle Wörter, um ihre verschiedenen Phasen zu beschreiben. Hashiri etwa bezieht sich auf den Beginn einer Jahreszeit, wenn die neuen Zutaten langsam auf den Markt kommen. Nagori bezeichnet hingegen das Ende der Saison, wenn die frischen Nahrungsmittel immer rarer werden. Hashiri und nagori werden von Feinschmeckern gleichermaßen geschätzt und herbeigesehnt, und wichtige Speisekomponenten werden zu unglaublich hohen Preisen gehandelt.

Nishi war allerdings davon überzeugt, dass die Zutaten in der Mitte der Saison (sakari) am wohlschmeckendsten seien. Zu diesem Zeitpunkt sind sie in großen Mengen erhältlich, weshalb die Kosten niedriger sind. Nishis Ansicht nach besteht die Aufgabe eines japanischen Kochs nicht darin, viel Aufhebens um seltene Ingredienzien zu machen und den Kunden horrende Preise dafür zu berechnen, sondern vielmehr darin, das Beste aus den einzelnen Bestandteilen zu machen, wenn sie reichlich vorhanden sind. Kaiseki – auch wenn es manchmal sehr teuer sein kann – ist eigentlich eine recht schlichte Küche mit den gebräuchlichsten Zutaten vom Land und aus dem Meer. Sie beruht auf einer bescheidenen und doch kreativen Kombination von Gaben der Natur; alle Aufmerksamkeit wird dem gewidmet, was einfach erhältlich ist. Kaiseki ist ebenso eine Geisteshaltung wie eine Art der Nahrungszubereitung, denn auch normale japanische Alltagskost kann den Geist von nagomi enthalten.

Beinahe alle Gerichte in Japan gelten als okazu (»Beilage«) zu Reis. Wenn Sie in einem japanischen Gasthaus (ryokan) übernachten, wird zum Frühstück typischerweise eine Auswahl an Speisen serviert, darunter Eingelegtes, nori (Meeresalgen), gebratener Fisch, mariniertes Gemüse, gewürztes Fleisch und natto (fermentierte Sojabohnen), zusammen mit dem allgegenwärtigen und beinahe obligatorischen Reis und der Miso-Suppe. Die meisten Lebensmittel auf einem japanischen Frühstückstisch sind so zubereitet, dass sie in Kombination mit Reis besonders gut schmecken. Mit anderen Worten: Diese Gerichte sind für den Verzehr mit Reis gedacht.

In Japan bringen Eltern ihren Kindern bei, beim Frühstück Reis und okazu abwechselnd zu essen, um das bestmögliche Geschmackserlebnis zu erzielen. Man kann auch mehr als ein okazu zusammen mit dem Reis essen, um eine Vielzahl von Zutaten gleichzeitig zu erschmecken. Diese Praxis, kounaichoumi (»im Mund kochen«) genannt, ist eine wunderbar greifbare Verkörperung von nagomi