Never Play with a Boss - Tawna Fenske - E-Book

Never Play with a Boss E-Book

Tawna Fenske

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Beschreibung

Hochzeit und Familie? Nie im Leben!

Für Ty Hendrix war immer klar, dass er sein Leben als Single verbringt, anders will er es auch nicht. Doch als Ellie Sanders das Büro von FIRST IMPRESSIONS betritt und Hilfe beim Marketing ihres kleinen Unternehmens sucht, ist es um Ty geschehen. Die junge Mutter bringt seine Grundsätze gehörig ins Wanken und Ty merkt, dass er vielleicht doch mehr vom Leben will als unverbindliche Affären. Aber die unabhängige Ellie hat hier noch ein Wörtchen mitzureden ...

"Dieser Liebesroman hat alles: liebenswerte Charaktere und eine großartige Geschichte. Manche Stellen brachten mich zum Lachen, andere zum Weinen. Absolute Leseempfehlung!" GOODREADS

Der Abschlussband der sexy und humorvollen FIRST-IMPRESSIONS-Serie von Bestseller-Autorin Tawna Fenske

Dieser Roman ist in einer früheren Ausgabe unter dem Titel THE HOOK UP erschienen.

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Seitenzahl: 377

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

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Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Tawna Fenske bei LYX

Leseprobe

Impressum

TAWNA FENSKE

Never Play With a Boss

Roman

Ins Deutsche übertragen von Diana Beate Hellmann

Zu diesem Buch

Für Ty Hendrix war immer klar, dass er sein Leben als Single verbringt, anders will er es auch nicht. Doch als Ellie Sanders das Büro von First Impressions betritt und Hilfe beim Marketing ihres kleinen Unternehmens sucht, ist es um Ty geschehen. Die junge Mutter bringt seine Grundsätze gehörig ins Wanken und Ty merkt, dass er vielleicht doch mehr vom Leben will als unverbindliche Affären. Aber die unabhängige Ellie hat hier auch noch ein Wörtchen mitzureden …

Dieser Roman ist in einer früheren Ausgabe unter dem Titel The Hook Up erschienen.

Ich widme dieses Buch meinem unglaublichen Streetteam, Fenske’s Frisky Posse. Habt Dank dafür, dass ihr nicht nur unfassbar gute Cheerleader seid, sondern auch Sounding Boards, Ideenschmiede, Lachfabriken, Schulterklopfer und ehrenamtlich tätige Marketingexperten. Ihr Ladys seid genial!

1

»Nun komm schon, du affenfurziges Mistbie–«

»Hi, Ty!«

Tyler Hendrix, der bis jetzt mit dem neuen Tonangelmikrofon gekämpft hatte, blickte auf und sah Miriam Ashley, die Mitinhaberin von First Impressions Branding & PR, im Türrahmen seines Büros stehen. Da sie das fragliche Mistbiest von dieser Stelle aus sehen konnte, schien sie Tys schillernde Schimpftirade nicht zu erstaunen.

Er blieb hinter seinem Schreibtisch sitzen und salutierte respektvoll. »Hi, Boss.«

Miriam verdrehte die Augen und und schlenderte in den Raum, wobei ihr hochschwangerer Bauch dem Rest von ihr mindestens einen halben Kilometer voraus war. »Hast du vor, das mit dem ›Boss‹ in absehbarer Zeit aufzugeben?«

Ty beantwortete die Frage mit einem Knurren, legte aber das Mikrofon aus der Hand und auf den Schreibtisch. Sie war seit über sechs Jahren sein Boss. Obwohl Ty inzwischen Mitinhaber von First Impressions und Chef der neuen Tochterfirma Speak Up war, einer Videoproduktion, würde sie für ihn vermutlich immer der Mensch bleiben, der hier das Sagen hatte.

»Du bist offiziell Speak Ups erster Gast des Tages«, sagte er, während Miriam sich behäbig auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch niederließ. »Ich würde dir etwas zu trinken anbieten, habe von der Party zum Tag der offenen Tür aber leider nur noch lauwarmes Bier übrig.«

»Verlockend, aber nein danke«, erwiderte sie. »Ich bin im Grunde nur vorbeigekommen, um dich an meine Schwägerin zu erinnern. Bleibt es dabei, dass du ihr den Konferenzraum nach Geschäftsschluss für ein paar Verkaufspartys vermietest?«

»Richtig, klar, sicher.« Ty dankte ihr im Geist dafür, dass sie ihn daran erinnert hatte. In total neuen Räumlichkeiten eine total neue Firma aufzubauen war für seinen Terminkalender die Hölle gewesen. Um was ging es da noch mal mit der Schwägerin? Tupperware-Partys oder so was in der Art. Die Details interessierten ihn nicht sonderlich; Hauptsache, sie zahlte pünktlich die Miete und hinterließ den Raum in ordentlichem Zustand. Er griff neuerlich nach dem Mikrofon und fing an, daran herumzureißen. Wenn diese verfluchte Klammer sich doch endlich …

»Ich hoffe, dass dir das nichts ausmacht«, fuhr Miriam fort, »aber ich habe ihr gesagt, du würdest ihr ein paar Tipps geben.«

»Na klar«, murmelte er. »Sie sollte beispielsweise Tonangelmikrofone nie bei einer Internetfirma kaufen, die zu Discountpreisen Fotozubehör verscherbelt.«

»Geschäftliche Tipps«, stellte Miriam richtig. »Ich habe ihr erzählt, was du alles geleistet hast, um diesen Laden hier auf die Beine zu stellen und zum Laufen zu bringen, und sie hofft, sich von dir ein paar Ideen abschauen zu können.«

»Klar, kein Problem.« Er warf einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr und versuchte sich in Erinnerung zu rufen, wann sein nächster Kundentermin war. In so ungefähr einer Stunde? Gott, er hatte schon ewig nicht mehr in seine E-Mails geschaut, er hing damit so hinterher …

»Ich muss los, aber das hier ist toll geworden.« Sie machte Anstalten, sich vom Stuhl zu hieven, und Ty sprang auf, um ihr dabei zu helfen. Sie winkte ab und legte eine Hand auf ihren Bauch. »Danke, nicht nötig. Ich überstehe zwar keine zehn Minuten, ohne mindestens einmal pinkeln zu müssen, komme aber trotzdem noch vom Stuhl hoch, um das Universum zu regieren.«

»Zu pinkeln und zeitgleich das Universum zu regieren, klingt wie das ultimative Multitasking.«

Grinsend schlenderte Miriam zur Tür. »Die Räume sehen fantastisch aus, Ty. Gute Arbeit.«

Ihm schwoll die Brust vor Stolz, sodass er sich gezielt bemühen musste, seiner Stimme einen gleichmütigen Klang zu verleihen. »Danke.«

Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch, schaltete den Computer ein und öffnete das Kundenmanagement-Programm. Er suchte so lange, bis er die Details zu seinem ersten Termin des Tages auf dem Bildschirm vor sich hatte. L. E. Birmingham war der Besitzer einer Firma namens Pin Action. Sie fertigten nach individuellen Kundenwünschen Bowlingkugeln an sowie weiteres Zubehör für den passionierten Bowler. Tys Ding war das zwar nicht unbedingt, doch er hatte sich gut auf den Termin vorbereitet. Der Knabe wollte einen kompletten Multimedia-Plan, und Ty hatte bereits eine ganze Liste mit Ideen.

Als er plötzlich Schritte auf dem Korridor hörte, schaute er automatisch zur Tür. Im nächsten Moment erblickte er eine atemberaubende Blondine, die ein rotes Kleid trug, das sich an jede einzelne ihrer üppigen Kurven schmiegte. Sie hatte Beine, die niemals zu enden schienen, und Haare, die wie ein goldener Vorhang über ihre Schultern fielen. Das Blau ihrer Augen war die betörendste Farbe, die er je gesehen hatte, und als sie ihn anlächelte, warf Ty sich das Keyboard auf den Schoß.

»Sind Sie Ty, der Video-Guy?« Sie lachte verkrampft auf. »Entschuldigen Sie bitte. Es war nicht meine Absicht, ein Gedicht aus Ihrem Namen zu machen. Ich bin ein wenig nervös. Ich bin L. E.«

Das war L. E. Birmingham? Der Anblick hatte Ty die Stimme verschlagen, und so versuchte er, etwas Zeit zu schinden, indem er sein Keyboard wieder korrekt hinstellte und das Tonangelmikrofon an den Außenrand der Schreibtischplatte schob. Das hatte er zumindest vor. Er schob nur leider zu heftig, und das Mikrofon fiel derart lautstark auf den Fußboden, dass sie beide zusammenzuckten.

Ty stand auf. »Sie sind L. E.«

»Leibhaftig.«

Denk jetzt nicht an ihren Leib. Denk nicht an ihren Leib.

»Ich muss mich entschuldigen«, erwiderte Ty. »Ich habe so früh noch nicht mit Ihnen gerechnet.«

Eine zarte Röte legte sich auf ihre Wangen, und sie griff sich mit der Hand an die Brust. »Oh nein. Das ist meine Schuld. Entschuldigen Sie bitte. Ich hatte Ihnen eine E-Mail geschickt und gefragt, ob ich früher vorbeikommen könnte, und ich dachte –«

»Nein, das ist super.« Er bedeutete ihr mit einem Winken, doch bitte hereinzukommen, und ärgerte sich darüber, den Eindruck eines planlosen Trottels zu vermitteln. »Total meine Schuld«, erklärte er. »Ich hänge mit meinen E-Mails hinterher, aber dass Sie hier sind, ist super. Kommen Sie herein. Alles ist super.«

Verfickt noch mal, Ty. Hör auf, ständig »super« zu sagen, oder sie hält dich für einen einfallslosen Vollidioten.

Er räusperte sich und streckte ihr die Hand entgegen. »Entschuldigen Sie bitte, lassen Sie mich noch einmal anfangen«, sagte er. »Ich bin Ty. Herzlich willkommen. Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, L. E.«

»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, gab sie zur Antwort und reichte ihm die Hand.

Sie hatte einen festen Händedruck, aber ihre Hand war warm und weich. Ty stieg ein blumiger Duft in die Nase, und er ordnete rasch den Teil seines Hirns um, der vom Besitzer einer Bowlingkugel-Firma erwartet hatte, dass er nach Schweißsocken und Bier stank. Heilige Scheiße. Er hatte sich einen Knaben mit schütter werdendem Haar und Bierbauch vorgestellt, keine atemberaubende Blondine mit Augen, die die Farbe des Ozeans hatten.

Damit bist du jetzt ganz offiziell ein arrogantes, sexistisches Arschloch. Noch eine Charaktereigenschaft, die du von deinem Erzeuger geerbt hast.

»Vielen Dank, dass Sie hergekommen sind, L. E.«, sagte Ty, als er das, was aus seinem Mund herauskam, endlich wieder unter Kontrolle hatte. »Kann ich Ihnen irgendetwas zu trinken anbieten?«

»Nein, vielen Dank. Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber sobald ich anfange, Wasser in mich hineinzuschütten, muss ich pinkeln, und dann …« Sie verzog das Gesicht. »Entschuldigen Sie bitte. Ich spreche normalerweise nicht übers Pinkeln, wenn ich einen Menschen gerade erst ein paar Sekunden kenne. Habe ich bereits erwähnt, dass ich nervös bin?«

Ty fand sie schlichtweg entzückend und lachte. Zum einen hatte er es nicht zum ersten Mal mit einem Kunden zu tun, der sich dazu bekannte, in Gegenwart derart vieler Videokameras unsicher zu sein, und zum anderen war es nicht das erste Mal, dass jemand in seinem Büro übers Pinkeln gesprochen hatte – das letzte Mal war noch keine Viertelstunde her.

Es passierte indes zum ersten Mal, dass ein Kunde ihn dermaßen aus der Fassung brachte.

»Es besteht kein Grund, nervös zu sein«, beruhigte er sie. »Die Kameras sind nicht eingeschaltet, und ich versichere Ihnen, dass ich nicht beiße.«

Es sei denn, Sie bitten mich darum, dachte er und hätte sich dafür am liebsten selbst einen Tritt verpasst. Reiß dich zusammen, Hendrix.

»Nehmen Sie doch bitte Platz.« Er zeigte auf den Stuhl, den Miriam gerade erst frei gemacht hatte, und versuchte, nicht auf ihre Beine zu starren, als sie sich darauf niederließ und eines ihrer wohlgeformten Beine über das andere schlug.

L. E. legte ihre Hände auf den Schoß und sah sich um. »Das sind sehr schöne Räumlichkeiten. Ich hoffe, dass es Ihnen nichts ausmacht, aber ich habe mich bereits ein wenig umgeschaut. Die Toiletten, der Konferenzraum – das ist alles ganz fantastisch eingerichtet.«

»Das haben Miriam und Holly gemacht«, gab er zu. »Die Mitinhaberinnen von First Impressions. Ich bin nur hier, um die neue Tochterfirma zu leiten, die Videofilmproduktion und das Studio für visuelle Medien.«

»Speak Up, ich weiß«, sagte sie. »Das habe ich alles schon gehört. Eine Firma derart auszubauen, das beeindruckt mich sehr.«

»Es ist sehr viel Arbeit, aber wir sind den Herausforderungen gewachsen.« Ty räusperte sich und befahl sich, sie nicht wie ein verliebter Teenager anzustarren. Gott im Himmel, L. E. Birmingham würde vor der Kamera eine großartige Figur abgeben. Ihm rasten bereits hundert neue Ideen durch den Kopf, und er dachte an diverse Video-Marketingstrategien und fragte sich, ob sie wohl bereit wäre, als Pressesprecherin und Gesicht für die Marke Pin Action zu fungieren. Was für ein grandioser Ansatz, um einer recht langweilig klingenden Produktreihe Pep zu verleihen.

»Sprechen wir mal über Ihre Firma«, schlug er vor. »Seit wann betreiben Sie die?«

»Da muss ich mal gerade nachrechnen …« Sie legte die Stirn in Falten und hob die Hand, um sich ein paar Strähnen ihres goldenen Haars hinter das Ohr zu streichen. »Ich habe die Firma mit einer nur sehr kleinen Online-Präsenz gegründet, als Henry fünf Jahre alt war. Das ist mein Sohn – und der ist jetzt sechs und in der ersten Schulklasse. Vor einigen Monaten fing die Firma dann an, so richtig gut zu laufen, und seither verkaufen wir wie verrückt.«

»Das habe ich gehört«, bestätigte er und ermahnte sich, auf der Stelle damit aufzuhören, lüsterne Gedanken im Hinblick auf ihre Person zu hegen. Diese Frau war eine Mutter, verdammt noch mal, was aller Wahrscheinlichkeit nach bedeutete, dass sie verheiratet war. Selbst wenn sie es nicht war, hatte Ty eine strikte Regel: Er datete keine alleinerziehenden Mütter. Diese Büchse der Pandora öffnete er um nichts in der Welt.

Dennoch riskierte er einen Blick auf ihren Ringfinger und war erstaunt zu sehen, dass er nackt war.

Konzentrier dich auf ihr Gesicht, du Blödmann.

Ty schaute ihr wieder in die Augen und räusperte sich. »Die Verkaufszahlen sind beeindruckend.«

Ihr Gesicht nahm einen überraschten und zugleich erfreuten Ausdruck an. »Vielen Dank.« Sie lehnte sich gegen die Rückenlehne ihres Stuhls und entspannte sich. »Ich betreibe meine Firma mit großer Leidenschaft«, fügte sie hinzu.

»Das sieht man.« Ty musste sich sehr bemühen, nicht darüber nachzudenken, was sie vielleicht sonst noch alles mit Leidenschaft betrieb. Er war ein Profi, verdammt noch mal. Ein Mann, der die Finger von alleinerziehenden Müttern ließ, was nur zu ihrem Besten war.

Er legte die Hände auf den Schreibtisch und tat alles, was in seiner Macht stand, um sich auf Bowlingkugeln zu konzentrieren. Nicht auf meerblaue Augen, nicht auf meilenlange Beine, nicht auf traumschöne Blondinen, die wie Blumen dufteten. Bowlingkugeln.

»Erzählen Sie mir mehr über die Firma«, forderte er sie auf.

Ellie Sanders schlug die Beine andersherum übereinander und versuchte, sich auf diesen Geschäftstermin zu konzentrieren und nicht auf diesen blödsinnig scharfen Videotypen mit den muskulösen Armen und den Augen, die so dunkel waren, als habe er sie aus dem Katalog bestellt, damit sie farblich nur ja genau zu seinem pechschwarzen Haar passten. Ihr neues Kleid kratzte wie verrückt, und sie wusste nicht, ob sie erst einmal über Grundsätzliches reden oder sofort zur Sache kommen und über Dildos sprechen sollte.

Denn das musste sie tun. Die Frau ihres Bruders hatte nicht nur dafür gesorgt, dass sie den Konferenzraum nach Geschäftsschluss für Verkaufspartys anmieten konnte, sie hatte Ellie überdies nahegelegt, Ty um Ideen zu bitten.

»Er ist einer der pfiffigsten Marketingexperten, mit denen ich je zusammengearbeitet habe«, hatte Miriam ihr beim Abendessen erklärt. »Total unkompliziert, labert dich nicht mit irgendwelchem Bockmist zu, und außerdem hat er jede Menge Erfahrung, wie man ein neues Geschäft aufzieht und zum Laufen bringt. Du wirst ihn sehr mögen.«

Der Eifer in Miriams Stimme hatte Ellie nervös gemacht. »Bist du sicher, dass es ihm nichts ausmachen wird, sich mit einem wildfremden Menschen über eine Firma zu unterhalten, die Sextoys vertreibt?«

»Hundertprozentig«, hatte Miriam ihr versichert. »Den Typen bringt so leicht nichts aus der Fassung.«

Also saß Ellie jetzt hier und fühlte sich nicht nur ein bisschen unwohl in ihrer Haut. Es war seit Wochen das erste Mal, dass sie etwas anderes am Leib trug als eine Yogahose, und sie hatte so großen Wert darauf gelegt, sich wie eine Geschäftsfrau zu kleiden, dass sie es mit ihren Bemühungen eindeutig übertrieben hatte. Aber immerhin hatte sie es geschafft herzukommen, und Ty schien bereit zu sein, mit ihr über Geschäftsstrategien zu sprechen. Sie hatte eigentlich vorgehabt, nur kurz vorbeizukommen und sich vorzustellen und sich vielleicht noch die Räumlichkeiten anzusehen. Miriam musste ihn gebeten haben, Ellie eine Sonderbehandlung zuteilwerden zu lassen.

Der scharfe Video-Guy sagte wieder etwas, also mahnte Ellie sich zur Aufmerksamkeit. Wie auch dazu, ihn ab jetzt im Geist Ty zu nennen und nicht den »scharfen Video-Guy«.

»Ich muss zugeben, dass es mir den Atem verschlagen hat, als ich Ihre Website gesehen habe«, sagte er.

Ellie umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls. »Sie haben sich meine Website bereits angeschaut?«

Gott, lass ihn bitte nicht prüde sein.

Sie setzte sich aufrecht hin und tat, was sie konnte, um wie eine kluge, kompetente und versierte Gschäftsfrau rüberzukommen – und nicht wie eine Perverse.

»Das war ungemein aufschlussreich«, erklärte er ihr. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass es da so viele verschiedene Stilrichtungen und Farben und Variationen gibt.«

Ellie lächelte und versuchte, nicht vor lauter Erleichterung in sich zusammenzusinken. »Wir sind ungemein stolz darauf, für jeden etwas Passendes zu haben«, meinte sie. »Letzten Endes hat jeder Mensch einen anderen Geschmack, andere Präferenzen, und jeden törnt etwas anderes an, sodass es wichtig ist, Produkte anzubieten, die alle glücklich machen.«

Bildete sie sich das nur ein, oder weiteten sich seine Augen ein wenig, als sie das Wort »antörnen« benutzte? Vielleicht war sie besser beraten, sich zurückzuhalten und nicht allzu explizit über Produkte der Madame-Butterfly-Kollektion zu referieren.

»Jetzt verstehe ich, was Sie meinen, wenn Sie sagen, dass Sie Leidenschaft für Ihre Produkte empfinden«, erwiderte er. »Ich wette, dass sich die auf Ihre Kunden überträgt.«

»Das hoffe ich«, sagte sie. »Bisher habe ich ausschließlich Online-Marketing betrieben. Mit den Direktverkäufen fange ich jetzt erst an. Ehrlich gesagt war ich mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist.«

»Obwohl ich Sie erst seit fünf Minuten kenne, kann ich Ihnen schon jetzt versichern, dass Sie die richtige Entscheidung getroffen haben«, entgegnete er. »Ihren Produkten eine persönliche Note zu verleihen, bewirkt in Ihrer Branche sehr viel.«

»Das ist wohl wahr.« Ellie lächelte und versuchte zu ergründen, ob er mit dieser Bemerkung einen Witz über Sextoys gemacht oder einfach nur eine geschäftliche Meinung geäußert hatte. Wie peinlich.

»Einige der neuen Produkte, die Ihre Firma auf den Markt bringt, haben mich sehr beeindruckt«, fuhr er fort.

Sie nickte und fand es verblüffend, wie gründlich er sich auf ihr Treffen vorbereitet hatte. Miriam hatte nicht übertrieben, als sie behauptet hatte, er nehme seinen Job sehr ernst. Ellie versuchte, sich irgendetwas Cleveres einfallen zu lassen, was sie über die neuen Artikelserien von Madame Butterfly sagen konnte. Möglichst etwas, was Ty auf sich selbst beziehen konnte.

»Die neue Produktreihe Gentleman’s Choice wird dem Spiel einiger Männer ein völlig neues Niveau verleihen.« Igitt. Am liebsten hätte sie sich selbst in den Hintern getreten. Empfand er das jetzt als Anmache?

Doch Ty lächelte nur, faltete seine Hände und legte sie auf den Schreibtisch, und Ellie bemühte sich, nicht auf seinen Bizeps zu glotzen. Oder auf seine Unterarme. Oder auf seinen Brustkorb. Oder – also wirklich! Am besten, sie studierte die Form seines Bleistifthalters oder so.

»Mir ist diese neue Produktreihe ins Auge gefallen, die im Dunkeln leuchtet«, erklärte er ihr. »Die ist im Hinblick auf visuelle Marketingstrategien ungemein attraktiv.«

»Das ist ein fantastischer Ansatz.« Verdammt, sie hätte einen Block mitbringen sollen oder sonst etwas, damit sie sich diese Sachen hätte notieren können.

Ty nahm einen Brieföffner in die Hand und schlug damit mehrmals auf die Kante seines Schreibtischs, bevor er das Teil wieder hinlegte. »Wenn Sie bereit wären, ein paar Videos zu drehen, könnten wir im Studio mit diesen Dingern, die im Dunkeln leuchten, echt coole Sachen veranstalten. Wir könnten beispielsweise das Licht ausschalten und dann mit der Kamera ganz auf Sie gehen, und Sie halten so ein Teil in der Hand, heben es hoch und bewegen es ein wenig hin und her. Zu schwer ist es dafür nicht, oder?«

Ellie lachte und schüttelte den Kopf. »Nein. Das ist zwar eindeutig eines unserer größten Modelle, aber damit werde ich fertig.«

Pfui Teufel, klang sie hier allzu willig? Er hatte recht – der neue Glow-Bright-Joystick-Vibrator war ein megascharfes Gerät, aber sie würde ihn um nichts in der Welt vor einer Kamera hin und her schwenken. Ihn bei einer Party vorzustellen war eine Sache, ein Video war indes eine ganz andere. Abgesehen davon, dass sie kamerascheu war, wollte sie nicht im Morgenverkehr stecken und sich fragen müssen, ob die anderen Mütter den Film gesehen hatten, in dem sie einen riesigen, leuchtenden Penis schwenkte.

Andererseits … wenn eine durchschnittliche, leicht erschöpfte alleinstehende Mutter ihre Sexualität annehmen und offen über Sexprodukte sprechen konnte, konnte sie vielleicht auch andere Frauen dazu inspirieren, das Gleiche zu tun.

»Ich würde, glaube ich, in Erwägung ziehen, Videos zu machen«, räumte sie vorsichtig ein. »Gibt es da Möglichkeiten, das Ganze … äh … dezent zu gestalten?«

»Wir würden das genau so gestalten, wie Sie es möchten«, erwiderte Ty, schob die Ärmel seines Hemds ein Stück nach oben und lenkte Ellie damit erneut mit seinen Armen ab. »Wichtig ist, dass die Kunden die Produkte richtig sehen können. Außerdem glaube ich, dass Sie von Anleitungsvideos profitieren würden.«

Ellie musste schlucken. Das hatte sie ja nun überhaupt nicht erwartet, aber sie wollte allen Vorschlägen gegenüber aufgeschlossen bleiben. »Was meinen Sie damit?«

»Möglicherweise Videos, in denen Sie die verschiedenen Techniken demonstrieren. Ich habe zum Beispiel etwas über den ›Winkel der Einlaufgasse‹ gelesen, und dass längst nicht jeder kapiert, wie wichtig der ist.«

»Oh. Richtig. Ja, der … der ist sehr wichtig.« Ellie zwang sich, nur ja nicht böse zu gucken. Er gab ihr hier kostenlos Ratschläge, also stand ihr nicht zu, ihm den Mund zu verbieten. Und wenn er von den neuen G-Punkt-Vibratoren wusste, die Madame Butterfly jetzt im Programm hatte und deren Spitze zur maximalen Lustbefriedigung abgeschrägt war, hatte er ohne jeden Zweifel seine Hausaufgaben gemacht. Es stimmte, dass sehr viele Frauen gar nicht wussten, wie das funktionierte. Dem Ganzen auch noch eine aufklärende Komponente zu verleihen, war unter Umständen hilfreich.

Er redete immer noch, also zwang Ellie sich, ihm zuzuhören, statt sich darüber Sorgen zu machen, der Star eines trashigen nächtlichen Infomercials im Kabelfernsehen zu werden. Sie würde später höflich ablehnen, nicht wahr?

»Diese Abhandlung über den Winkel der Einlaufgasse zu lesen war im Grunde faszinierend«, sprach er weiter. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass eine Drehung von vier oder fünf Grad eine derart große Auswirkung auf die Strikegasse haben kann.«

Die Einlaufgasse? Und jetzt die Strikegasse? Huh. Viele ihrer Kunden benutzten seltsame Ausdrücke für ihre Vaginas, aber diese hatte sie noch nie gehört. Ellie leckte sich über die Lippen. »Der hat eindeutig eine Auswirkung«, bestätigte sie ihm. »Wenn der genau stimmt, ist die Reizwahrnehmung eine ganz andere.«

Ty grinste und legte seine Hände flach auf den Schreibtisch, und Ellie befahl sich, nicht daraufzustarren. Gott, wie lange war es her, seit sie zum letzten Mal von etwas berührt worden war, was nicht mit Batterien betrieben wurde? Viel zu lange, wenn sie jetzt bereits Schweißausbrüche davon bekam, dass einen Meter von ihr entfernt ein attraktiver Mann saß.

»Ich habe so einiges über die Fachausdrücke gelesen, die in Ihrer Branche benutzt werden«, fuhr Ty fort, und Ellie zwang sich, ihm wieder ins Gesicht zu schauen. »Haben Sie je in Erwägung gezogen, informative Blogeinträge zu schreiben?«

»Blogeinträge?« Ellie faltete die Hände, die immer noch in ihrem Schoß lagen. »Was schwebt Ihnen da denn vor?«

»Beispielsweise etwas zu dem Thema, wie man seine Bälle behandelt, ob man sie eher drückt oder eher streichelt, und welche Auswirkung das grundsätzlich darauf hat, wie gut man mit seinen Bällen umgehen kann.«

»Oh.« Ellie errötete, denn es erstaunte sie, dass er bei seinen Schilderungen so schnell so plastisch geworden war. Was keineswegs bedeutete, dass sie sich darüber beklagte. Es war erfrischend – ernsthaft! –, es mit einem Mann zu tun zu haben, der derart offen über Sexualität sprach. »Etwas so Konkretes habe ich noch nicht erwogen. Meinen Sie denn, es gibt genug Leser, die so etwas interessant finden würden?«

»Unbedingt. Ihre Kunden verzehren sich nach Informationen. Die suchen nach etwas, was nur Sie ihnen geben können, also bringt es überhaupt nichts, wie die Pussi um den heißen Brei zu schleichen.«

Das Ganze war ihr dermaßen peinlich, dass sie leise auflachte, obwohl sie im Grunde gar nicht wusste, ob er etwas Unanständiges mit diesen Worten gemeint hatte. Sie war völlig aus der Übung. Manche Männer rasteten aus, wenn sie anfing, über Sex zu reden. Ihr Bruder tat so, als verkaufe sie Tupperware, Kerzen oder Leggings, obwohl Ellie wusste, dass ihre Schwägerin ihn bereits mit mehr als einem Produkt aus der Madame-Butterfly-Kollektion vertraut gemacht hatte.

»Mir gefällt die Idee, Dinge aus einem informativ-aufklärenden Blickwinkel zu betrachten«, bestätigte Ellie. »Haben Sie sonst noch irgendwelche Vorschläge?«

Ty lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, und Ellie hätte schwören können, dass sein Blick in ihren Ausschnitt wanderte.

Gut, telegrafierte ihr ihre Libido. Schau nach Herzenslust, du heißer Typ.

Nannten Frauen einen Mann überhaupt »heißer Typ«?

»Mein Vater pflegte seine Bälle ständig zu reinigen«, sagte Ty.

Die Worte wirkten wie eine kalte Dusche auf Ellies Libido und überraschten sie so, dass sie Mühe hatte, nicht zusammenzuzucken.

»Wie wäre es mit einem Kurs zu dem Thema, wie man Bälle reinigt?«, fuhr er fort. »Darin könnten Sie sich beispielsweise dazu äußern, wie wichtig es ist, sämtliche Ölrückstände zu entfernen und sicherzustellen, dass nichts in eines der Löcher eingedrungen ist und sie verstopft hat.«

»Wow. Äh, ja, ich schätze mal, dass das wichtig ist.« Die Hitze stieg ihr erst so richtig in die Wangen, als sie verdaute, dass er dieses Thema angeschnitten hatte. Was sollte das?

Andererseits war er der Marketingexperte, und sie brainstormten hier nur, nicht wahr? Ellie räusperte sich. »Da wir gerade von Ölrückständen reden … Haben Sie gesehen, dass wir in unserer Reihe Kneads and Desires Rubdown gleich mehrere neue Produkte auf den Markt bringen?«

Ty grinste, und daraufhin wurde es auf einmal auch in Ellies Unterleib ganz warm. »Ich liebe die Namen, die ihr euren Produkten gebt«, sagte er. »Der Schwere Hammer, der Große Schläger, die Perfekte Perle –«

»Der Bumbum-Peng ist mein persönlicher Spitzenreiter«, warf sie lachend ein. »Der Name, ich meine … ich habe die Produkte natürlich nicht alle persönlich getestet. Es sind so viele, und es kommen auch ständig wieder neue hinzu. Ich kann die Namen gar nicht alle behalten.«

»Das kann ich mir vorstellen«, nickte er. »Aber kommen wir noch einmal auf das Reinigen zurück. Dafür bietet ihr ein spezielles Produkt an, nicht wahr?«

»Richtig«, bestätigte Ellie. »Und wir versuchen, die Kunden dazu zu ermutigen, zu jedem neuen Toy auch eine Flasche Reinigungslösung zu kaufen.«

»Toy«, wiederholte er mit nachdenklicher Miene. »Das Wort gefällt mir sehr. Das vermittelt eine Verspieltheit, die dem Ganzen sehr viel mehr Sexappeal verleiht. Und Sex sells.«

»Das hab ich schon mal gehört.« Sie grinste und fragte sich, ob sie jetzt mit ihm flirtete. Sah das so aus, wenn man flirtete? Sie würde Miriam fragen müssen.

»Wie wäre es denn mit einer Art von Werbegeschenk-Aktion?«, wollte er wissen. »Sie könnten beispielsweise einen kurzen Text zum Thema ordnungsgemäße Reinigungstechniken schreiben und dann für jede hundert Dollar, die für neue Produkte ausgegeben werden, kostenlos eine Flasche Reinigungslösung anbieten. Was halten Sie davon?«

»Das ist brillant!« Ellie grinste. »Sonst noch irgendwelche Ideen?«

Ty lehnte sich noch ein bisschen weiter zurück und spreizte die Finger auf den Armlehnen seines Stuhls. »Nun ja, wie ich schon sagte, Anleitungsvideos sind im Moment der totale Renner. Was hielten Sie davon, sich dabei darauf zu konzentrieren, wie essenziell wichtig es ist, sich die Finger vermessen zu lassen? Ich habe einen Artikel gelesen, in dem ausgeführt wurde, dass man hundertprozentig sicher sein muss, dass sie richtig in die Löcher passen.«

»Oh.« Ellie starrte ein paar Sekunden auf Tys Finger, dann legte sie die Stirn in Falten. »Nun ja, ich glaube zwar nicht, dass das im Allgemeinen ein Problem darstellt, aber ich denke, ich werde den Artikel lesen müssen.«

»Man kann das Ganze aber auch noch aus vielen anderen Richtungen angehen«, sagte er. »Beispielsweise mit einer ganzen Serie über ordnungsgemäß gebohrte Löcher. Nach dem zu urteilen, was ich da gelesen habe, ist das eine regelrechte Wissenschaft.«

»Ja, ja«, pflichtete Ellie ihm bei. Ihr Mund war auf einmal ganz trocken, und sie wünschte, sie hätte sein Angebot angenommen und sich Wasser von ihm geben lassen. »Sollten sich diese Blogeinträge denn Ihrer Meinung nach sowohl an männliche als auch an weibliche Kunden richten?«

»Unbedingt. Wenn Sie Ihren Markt beiden Geschlechtern eröffnen, hilft Ihnen das, Ihre Produktpalette zu vergrößern und ein Publikum zu erreichen, zu dem Sie bislang nicht vorgestoßen sind.«

»Ha.« Scheiße. Das hatte jetzt erheblich unanständiger geklungen, als es ihre Absicht gewesen war. Dennoch, sie wollte ihn ausreden lassen. Ellie strahlte ihn an. »Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Ideen.«

»Keine Ursache. Es freut mich, Ihnen beim Brainstorming helfen zu können.« Er beugte sich auf seinem Stuhl wieder nach vorn, und Ellies Blick fiel auf seinen Brustkorb. Gott, der Mann war muskelbepackt. Wie sah er wohl ohne Hemd aus?

»Was meinen nächsten Vorschlag angeht, müsste ich zwar erst noch ein bisschen recherchieren«, räumte er ein, »aber wie wäre es denn mit einem PAP?«

»Das ist eine grandiose Idee«, erwiderte Ellie und war erleichtert, nicht weiter über Videos sprechen zu müssen. »Die Gesundheit von Frauen ist unserer Firma ungemein wichtig. Wir könnten vielleicht jedes Jahr eine Aktion starten, mit der wir daran erinnern.«

Ty legte den Kopf zur Seite. »Mir war nicht bewusst, dass man das jedes Jahr überprüfen muss.«

»Nun ja, die Amerikanische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat ihre Empfehlungen zwar heruntergeschraubt und rät jetzt, es nur noch alle drei Jahre machen zu lassen, aber viele Gynäkologen vertreten weiterhin die Meinung, es jedes Jahr zu tun, um auf Nummer sicher zu gehen.«

»Wow.« Er schien verwirrt zu sein. »Ich hatte keine Ahnung, dass die Amerikanische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Empfehlungen im Hinblick aufs Bowling abgibt.«

Ellie klimperte mit den Wimpern. Es brummte auf einmal so komisch im Hinterstübchen ihres Hirns, und ihr fiel auf, dass irgendetwas an dieser Unterhaltung äußerst seltsam war. »Bowling?«

»Dass das Sinn macht, kann ich mir irgendwie vorstellen«, fuhr Ty fort, der gar nicht bemerkt hatte, dass Ellie plötzlich ein Licht aufgegangen war. »Wie ich gelesen habe, ist es unerlässlich, seinen PAP – also seinen Positive Axis Point – zu kennen, damit man den Linienverlauf versteht, mit dem die Bälle durch die Gasse steuern. Da kann ich mir denken, dass es hilfreich sein kann, dies regelmäßig zu überprüfen, um Verletzungen zu vermeiden, die andernfalls –«

»Ty?«

»Ja?«

Wieder umklammerte Ellie die Armlehnen. Ihre Handflächen waren inzwischen feucht, und ihre Zunge rieb wie Schleifpapier über ihren Gaumen. »Wovon reden Sie?«

Ty legte die Stirn in Falten. »Was meinen Sie? Spreche ich das falsch aus? Ich bin davon ausgegangen, dass es sich mit schlapp reimt, aber vielleicht sagen Sie ja Pe-Ah-Pe oder einfach –«

»Wir sprechen hier nicht über Pap-Abstriche, oder doch?«

»Was?« Er blinzelte, und es legte sich ein entsetzter Ausdruck auf seine Züge. »Nein! Ich entschuldige mich für den Fall, dass ich Ihnen hier zu nahe getreten sein sollte. Ich dachte nur –«

»Sie dachten, wir würden uns über … Bowling unterhalten?« Sie ging im Geist noch einmal die letzten zehn Minuten durch und rief sich einzelne Fetzen ihrer Unterhaltung ins Gedächtnis zurück. »Ach du liebe Güte.«

»Ist irgendetwas nicht in Ordnung?« Er legte die Stirn in Falten. »Sie sind doch L. E. Birmingham, nicht wahr? Die Eigentümerin der Bowlingzubehörfirma Pin Action?«

Der Boden schien sich unter ihr aufzutun, und Ellie konnte kaum noch atmen. »Ich bin Ellie Sanders, die Inhaberin von Madame Butterfly. Wir verkaufen Sexspielzeuge und Produkte für Erwachsene und –«

»Heilige Scheiße!« Ty fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, das auffallend blass geworden war. Er griff nach seinem Laptop und fing an, auf die Tastatur einzuhämmern. Dabei brabbelte er leise vor sich hin. »Du einmalig butterbirniger Vollidiot hättest mal …«

Ellie saß schweigend da, die Hände im Schoß, während Ty die fantasievollste Schimpftirade vom Stapel ließ, die sie je gehört hatte. Dadurch fühlte sie sich etwas besser, denn es machte ihr klar, dass sie nicht die Einzige war, die sich bei diesem Meeting in Verbalerotik ergangen war.

Als Ty ihr wieder in die Augen blickte, hatte sein Gesicht einen ernsten Ausdruck. »Sie sind Miriams Schwägerin«, sagte er in bedächtigem Ton. »Und Sie hatten mir per E-Mail mitgeteilt, dass Sie heute vorbeikommen würden.«

Sie nickte, wusste aber nicht, wie das nun genau passiert war, dass sie einander so missverstanden hatten. »Richtig.«

Sein Adamsapfel ging auf und nieder. Er musste regelrecht schlucken. »Ich weiß gar nicht, wie ich mich bei Ihnen entschuldigen soll, Mrs Sanders.«

»Miss«, berichtigte sie ihn spontan. »Miss Sanders, ich bin nicht verheiratet. Sie können mich aber Ellie nennen.«

»Ellie«, wiederholte er. »Nicht L. E.«

Sie verzog den Mund zu einem schwachen Lächeln. »Ich habe mich die ganze Zeit gewundert, warum Sie ihn so sehr artikuliert ausgesprochen haben.«

Ty starrte sie an, und Ellie hatte alle Mühe, unter dem Blick dieser schokoladenschwarzen Augen nicht zu zerfließen. Endlich hob sich einer seiner Mundwinkel zu einem amüsierten Grinsen.

»Ich schätze mal, dass ich meine Ausführungen über Double Wood dann besser für mich behalte«, meinte er. »Nur für den Fall, dass Sie dahingehend Fragen haben: So heißt das, wenn man mit dem ersten Ball zwei Pins stehen lässt.«

Ellie stieß einen ganz und gar nicht damenhaften, prustenden Lacher aus und vergrub ihr Gesicht in den Händen. »Ich kann diese Unterhaltung, die wir da gerade geführt haben, gar nicht fassen.«

»Ich wünschte fast, ich hätte sie auf Video aufgenommen«, erwiderte Ty. »Ich kann es nur noch einmal wiederholen, ich weiß nicht, wie ich mich dafür entschuldigen soll.«

Ellie blickte auf und schüttelte den Kopf. »Sie brauchen sich für nichts zu entschuldigen. Ich bin sicher, dass wir schon sehr bald beide darüber lachen werden.« Sie grinste. »Wie wäre es mit jetzt?«

Ty grinste zurück, und in Ellies Brust löste sich ein Knoten.

»Nun denn«, meinte er schließlich, »sollen wir noch einmal von vorn anfangen?«

2

»So, und dann hat Mrs Colt gesagt, dass ich ihr in Zukunft immer erst zeigen muss, was ich von zu Hause mitgebracht habe, bevor ich es den anderen in der Klasse zeige und ihnen erkläre, was es ist.«

Der sechs Jahre alte Henry schaute mit finsterer Miene auf den letzten Löffel Kartoffelpüree auf seinem Teller, und der Anblick tat Ellie in der Seele weh.

»Das ist schon in Ordnung, Schätzchen«, versicherte sie ihm. »Wir machen alle mal einen Fehler. Könntest du mich beim nächsten Mal vielleicht vorher fragen, wenn du jemandem das Buch Wie Babys gemacht werden zeigen möchtest?«

Ellies Bruder Jason, der gegenüber von ihr am Esstisch saß, versuchte vergeblich, ein Lachen zu unterdrücken. »Ich weiß, dass es dem Briefträger ausgesprochen gut gefallen hat«, gab er zu bedenken.

»Und den Frauen in meinem Yogakurs für Schwangere auch«, fügte Miriam hinzu. »Sie fanden vor allem die Bilder sehr informativ.«

Ellie seufzte und fragte sich, ob der Abend noch zu jung war, um sich ein zweites Glas Wein einzuschenken. »Vielleicht müssen wir damit anfangen, ihn zu filzen, bevor er aus dem Haus geht. Ich bin bisher immer davon ausgegangen, er habe nur Fruchtsaft und Goldfischcracker in seiner Schultasche.«

»Fruchtsaft, Goldfischcracker und einen geheimen Vorrat an Pornos«, berichtigte Jason. »Was halt jeder Mann in seinem Aktenkoffer hat.«

Henry blickte auf und sah seinen Onkel an. »Was ist ein Porno?«

»Jason!«, fuhr Ellie ihn an. »Ich habe dich gebeten, solche Witze nicht in seinem Beisein zu machen.«

Ellies Bruder war klug genug, eine beschämte Miene aufzusetzen, lachte aber vermutlich in sich hinein. »Tut mir leid, kleiner Mann«, sagte Jason. »Radier das bitte aus deinen Hirnwindungen.«

Henry lieferte eine pantomimische Darstellung, indem er so tat, als scheuere er sich mit einem Radiergummi über die Stirn, und Ellie lachte. Gleichgültig, wie verrückt es in ihrem Leben als alleinerziehende Mutter zuging, ihr Kind brachte es immer fertig, sie aufzuheitern. »Mommy, darf ich aufstehen?«

»Ja, das darfst du«, erlaubte Ellie ihm. »Und vergiss nicht, was ich dir gezeigt habe! Dass du deinen Teller abspülen musst, bevor du ihn in die Geschirrspülmaschine stellst.«

»Aha. Ich wollte ihn aber eigentlich lieber ablecken.«

»Braver Junge«, tönte Jason, als Henry aufstand und sich auf den Weg in die Küche machte.

Kaum dass ihr Sohn außer Hörweite war, sah Ellie ihren Bruder scharf an und verdrehte die Augen. »Du solltest ihn nicht auch noch ermutigen.«

»Dieses Kind hat eine Krebserkrankung überlebt«, gab Jason zu bedenken. »Der hat es sich verdient, hin und wieder ein Buch über Sex zu lesen und Teller abzulecken.«

Ellie blieb für einen Moment die Luft weg, und eine Woge der Übelkeit presste sie gegen die Rückenlehne ihres Stuhls. Selbst heute noch – Henry galt inzwischen seit einem ganzen Jahr als krebsfrei – krampften sich ihr die Eingeweide zusammen, wenn sie daran zurückdachte, was der Junge alles durchgemacht hatte. Sie trank einen Schluck Wasser und kämpfte dagegen an, die Fassung zu verlieren. Henry war über den Berg. Es bestand kein Grund, in Panik zu geraten. Ihr Schatz war am Leben und glücklich, und er wuchs und gedieh.

»Da wir gerade über Sexbücher reden«, warf Miriam ein, und Ellie dankte ihrer Schwägerin stumm dafür, dass sie über die Gabe verfügte, jede Unterhaltung aufzulockern. »Ich will, dass du mir noch einmal deine Ty-Story erzählst. Also los, und lass dieses Mal kein Detail aus.«

Jason erhob sich und schob seinen Stuhl an den Tisch heran. »Das ist das Stichwort für meinen Abgang. Mein Neffe und ich werden jetzt ein paar Männersachen machen, uns kratzen, um die Wette rülpsen und Batman gucken.«

»Amüsiert euch gut dabei.« Ellie sah ihrem Bruder nach und war dankbar, dass er ihrem Sohn eine so großartige Vaterfigur war, obwohl er zuweilen ein echter Klugscheißer sein konnte.

Henrys Dad hatte sie im Stich gelassen, als der Junge noch ein Baby gewesen war, und während des Kampfs gegen die Leukämie hatte Jason sich als Geschenk des Himmels erwiesen. In gewisser Hinsicht war es eine Entlastung für Ellie, dass Chuck die Entscheidung getroffen hatte, sie zu verlassen. Je weniger Faulpelze und Versager in Henrys Leben waren, desto besser.

»Mach zu, Junge«, rief Jason in das andere Zimmer. »Schauen wir uns noch eine Episode an.«

Es folgte das Getrappel hektischer Schritte, und dann wurde eine der Zimmertüren zugeschlagen. Als sie sicher sein durfte, dass die beiden Männer außer Hörweite waren, wandte Ellie sich wieder ihrer Schwägerin zu, die sie erwartungsvoll anschaute.

»Ich werde dir diese Geschichte nicht noch einmal erzählen«, sagte Ellie. »Gott, ich will das im Geist nicht noch einmal durchleben.«

»Ty hat mich gebeten, mich nochmals in seinem Namen bei dir zu entschuldigen«, sagte Miriam. »Das Ganze war ihm megapeinlich.«

Ein wonniger Schauer durchrieselte Ellies Körper, als Tys Name fiel. Es gelang ihr jedoch, nicht total bescheuert darauf zu reagieren und beispielsweise auf den Tisch zu sabbern.

»Das ist schon alles in Ordnung, das habe ich ihm auch gesagt«, behauptete Ellie. »Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Sextoys. Folglich liegt es auf der Hand, dass ich Verbalerotik nicht als Beleidigung empfinde, erst recht nicht, wenn es versehentlich dazu kommt.«

»Genau das habe ich ihm auch erklärt.« Miriam legte eine Hand auf ihren schwangeren Bauch und nahm einen Schluck von dem Traubensaft, den Ellie ihr in einem Weinglas serviert hatte, damit ihre Schwägerin sich nach wie vor schick vorkam. »Wie auch immer«, fuhr Miriam fort. »Hat Ty dir denn ein paar gute Tipps gegeben?«

»Er hat mir so einiges gegeben, belassen wir es dabei.« Ellies Wangen wurden warm, und am liebsten hätte sie sich selbst eine Ohrfeige verpasst. Im Ernst … war sie dermaßen aus der Übung? »Es tut mir leid, ich sollte deine Kollegen nicht begaffen.«

Miriam lachte. »Ich verspreche dir, es niemandem zu verraten. Also, findest du, dass er ein scharfer Typ ist?«

Ellies Gesicht wurde nur noch wärmer, und sie trank einen Schluck von ihrem Wasser, um darüber hinwegzutäuschen. »Ich würde schon sagen, dass er attraktiv ist, vorausgesetzt natürlich, man steht auf Typen, die groß und muskulös sind und lächerlich gut aussehen.«

Miriam nickte. »Obendrein ist er Kriegsveteran.«

Kriegsveteran? Das war interessant. Ellie konnte sich das im Grunde vorstellen. Es lag ein leicht gequälter Ausdruck in diesen dunklen Augen. Etwas Edles hatte er auch an sich, vielleicht projizierte sie da aber auch. Abgesehen von ihrem Bruder hatte es nicht gerade viele edle Männer in ihrem Leben gegeben.

»Er schien eindeutig Ahnung von seinem Kram zu haben«, sagte Ellie. »Von Marketing-Kram, meine ich. Und von Bowlingkugeln.« Sie lächelte, als sie jetzt daran zurückdachte, und fragte sich, wie er die Unterhaltung wohl angegangen wäre, wenn er gewusst hätte, was sie wirklich verkaufte.

»Er ist irrsinnig klug«, pflichtete Miriam ihr bei. »Und er kann arbeiten wie ein Tier.«

Ellie tat, was in ihrer Macht stand, um nicht den verträumten Seufzer entfleuchen zu lassen, der in ihre Brust gestiegen war. »Klug, sexy, gute Arbeitsmoral, Kriegsheld – Gott, die Frauen rennen ihm sicher auf der Straße nach, damit sie ihn mit ihren Unterhöschen bewerfen können.«

Miriams Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an. »Ich glaube eigentlich nicht, dass er viel datet.« Sie zuckte mit den Achseln. »Er spricht zumindest nie darüber.«

»Huh.« Ellie verzehrte sich danach, noch weitere Fragen zu seiner Person zu stellen, wollte aber nicht, dass ihr Interesse allzu offensichtlich wurde. Deshalb beschloss sie, das Thema zu wechseln. »Habe ich dir erzählt, dass Chuck mir eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen hat?«

Miriam runzelte die Stirn. »Was wollte der Samenspender denn?«

Ellie lächelte, denn sie schätzte es sehr, dass Miriam Henrys Vater niemals seinen »Dad« nannte. Dass Chuck diesen Titel nicht verdient hatte, war so sicher wie das Amen in der Kirche.

»Er will Veränderungen an seinen Unterhaltszahlungen vornehmen«, sprach Ellie weiter. »Der Staat behält jeden Monat einen Teil seines Verdienstes ein. Es gibt da diese komplizierte Formel, die zum einen auf seinem Einkommen basiert und zum anderen darauf, wie viel Zeit Henry mit jedem Elternteil verbringt.«

»Was in seinem Fall überhaupt keine Zeit heißt, richtig?«

»Richtig«, antwortete Ellie. »Ich habe ihn nicht zurückgerufen. Mir ist lieber, wenn sich die Behörden mit ihm herumschlagen. Ich will ihm nicht die Möglichkeit geben, mich zu beschwatzen und mir so lange Honig um den Bart zu schmieren, bis ich mich bereit erkläre, mich mit weniger Geld für Henry zufriedenzugeben.«

»Gutes Mädchen«, lobte Miriam. »Gib da nur ja nicht klein bei.«

»Danke. Das versuche ich. Dabei wünschte ich, er wäre nicht so ein Scheißkerl. Henry ist ein dermaßen großartiges Kind, und Chuck will nichts mit ihm zu tun haben.«

»Sein Pech. Wirklich.« Miriam zuckte plötzlich zusammen, und Ellie nahm an, dass das Baby ihrer Schwägerin soeben voll in die Blase getreten hatte. Ellie erinnerte sich noch gut an dieses Gefühl. Sie hatte die Schwangerschaft mit Henry maßlos genossen, trotz der geschwollenen Knöchel und der bizarren Gelüste nach Dingen wie Rucola und Eiern mit Käse.

»So«, sagte Miriam, nachdem ihre Gesichtszüge sich wieder entspannt hatten. »Henry ist gesund. Deine Firma floriert. Du siehst fantastisch aus.«

»Herzlichen Dank.« Ellie lächelte. »Jetzt, da Henry in der Schule ist, fahre ich häufiger Fahrrad. Das habe ich immer wahnsinnig geliebt, und es ist herrlich, dass nach so langer Zeit wieder zu tun.«

»Ich schwöre jeden Eid, dass du und Jason schon bei eurer Geburt Radsportklamotten und Skistiefel getragen und in jeder Hand einen Tennisschläger gehalten habt.«

»Bitte.« Ellie tat so, als grause ihr bei dieser Vorstellung. »Meine Bewegungsabläufe sind für Tennis viel zu unkoordiniert. Ich liebe es aber, wieder auf meinem Fahrrad unterwegs zu sein.«

»Gescheite Mama. In sämtlichen Elternratgebern, die ich lese, wird darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, Hobbys zu haben und sich selbst Gutes zu tun.«

»Das macht viel aus.« Ellie wurde vor Stolz ganz warm ums Herz, als sie sich vor Augen führte, wie hart sie dafür gearbeitet hatte, an diesen Punkt zu kommen. Die Scheidung und Henrys Krebserkrankung zu überleben und ihnen beiden eine Welt zu bauen, in der sie ein gesundes und glückliches Leben führen konnten.

»Es läuft also alles ganz großartig in deinem Leben«, konstatierte Miriam.

»Mmhm«, meinte Ellie, da sie nicht wusste, worauf sie hinauswollte.

»Ziehst du ab und zu in Erwägung, wieder einen Mann kennenzulernen?«

Ellie zuckte mit den Achseln und versuchte, ihrem Gesicht einen gleichmütigen Ausdruck zu verleihen. »Manchmal. Eine Beziehung anzufangen ist schwer, wenn man ein Kind hat.«

»Wer spricht denn hier von einer Beziehung? Ich spreche von einer Sexkapade.«

»Meinst du damit so etwas wie ein Abenteuer?« Ellie fiel auf, dass ihre Stimme eher fasziniert als empört klang.

»Genau! Dass du nur deinen Zeh wieder ins Wasser steckst.«

Sie lächelte und schaute auf ihre Hände. »Mein Zeh ist nicht aus der Übung.«

Miriam lachte und trank ein paar Schlucke Traubensaft. »Wann hast du denn das letzte Mal Gelegenheitssex gehabt?«

»Äh … Die Antwort lautet: noch nie.«

»Noch nie?«

»Nein.« Ellie schüttelte den Kopf und versuchte, sich hier jetzt nicht zu genieren. »So etwas hatte ich noch nicht einmal vor Chuck.«

»Machst du Witze?« Miriam starrte sie mit großen Augen an. »Mädchen, wir müssen zusehen, dass du flachgelegt wirst!«

Ellie verdrehte die Augen, obwohl ihr bei der Vorstellung Funken der Erregung durch die Venen schossen. »Was meinst du wohl, warum ich meinen Lebensunterhalt damit verdiene, Vibratoren zu verkaufen?«

»Da ist was dran.« Miriam grinste. »Die Toys, die du mit einem Partner benutzt, machen aber sehr viel mehr Spaß.«

»Wenn du das sagst, glaube ich es.«

Miriam nahm sie eingehend in Augenschein, mit abwägender Miene. »An einer Beziehung bist du nicht interessiert?«

»Eigentlich nicht.« Ellie schüttelte den Kopf und bemühte sich, nur ja nicht mit dem Lächeln aufzuhören. Ihrem Gedächtnis nicht zu erlauben, zu diesen Erinnerungen zu wandern, die damit begannen, dass ihr Exmann sie verließ, und damit endeten, dass Ellie sich schwor, sich niemals wieder der Gefahr auszusetzen, derart großen Liebeskummer ertragen zu müssen.

Sie zuckte mit den Achseln und sah ihrer Schwägerin in die Augen. »Ich glaube nicht, das ich schon so weit bin, wieder einen Freund zu haben. Selbst das Wort klingt schon so doof. Als wäre ich in der vierten Klasse und würde darauf warten, dass mir jemand an den Zöpfen zieht oder mir einen Zettel zuschiebt, auf dem ich Kreuzchen machen soll.«

Miriam lachte. »Lass dich nicht dazu verleiten, es für einen Akt von Zuneigung zu halten, wenn dir jemand an den Haaren zieht.«

»Fühl dich bitte nicht veranlasst, das jetzt weiter auszuführen«, warnte Ellie sie. »Der Mann, mit dem du deine perversen Sexspielchen treibst, ist mein Bruder.«

»Wer redet denn hier von perversen Sexspielchen? Er hat die ganzen ersten drei Monate meiner Schwangerschaft damit zugebracht, mir die Haare nach hinten zu ziehen, wenn ich kotzen musste.«

»Oh.« Nicht zum ersten Mal stellte Ellie sich die Frage, ob sie vielleicht zu viel Zeit damit verbrachte, sich in die Sprache von Sex-Hilfsmitteln zu vertiefen. »Nun denn, wie dem auch sei, ich bin nicht auf eine Beziehung aus. Nicht nach dem, was ich mit Chuck durchgemacht habe.«

»Du wärst aber bereit, eine Affäre anzufangen?«

Ellie lugte in den Korridor. Obwohl sie hören konnte, dass Jason und Henry aus vollem Hals die Titelmelodie der Batman-Serie schmetterten, senkte sie die Stimme, als sie die Frage beantwortete. »Eine Affäre vielleicht.«

Miriam grinste. »Soll ich mich mal nach einem geeigneten Kandidaten umschauen?«

Ellie beäugte ihre Schwägerin mit zunehmender Skepsis. Und mit einem Anflug von schwindelerregendem Leichtsinn. Die Skepsis herrschte aber vor. »Warum kommt es mir so vor, als hättest du schon jemanden im Sinn?«