New Age – Ausweg oder Irrweg - Klaus Rudolf Berger - E-Book

New Age – Ausweg oder Irrweg E-Book

Klaus Rudolf Berger

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Beschreibung

Haben New-Age-Anhänger etwa nicht recht, wenn sie überall Anzeichen für ein Ende unseres Zeitalters entdecken? Hat das sogenannte „aufgeklärte“, das naturwissenschaftliche Denken etwa die großen Menschheitsprobleme gelöst? Und: Ist der Mensch denn nicht wirklich mehr als „eine Mischung aus Wasser und Chemikalien im Wert von 3,14 Dollar“, wie ein Spötter es einmal sah? Andererseits: Sind Antworten und Hilfsangebote schon allein deshalb gut, weil sie aus übersinnlichen Quellen stammen? Ist der menschliche Verstand völlig am Ende? Und ist das Christentum schon tot – weiß es das bloß noch nicht? Klaus Berger spürt den New-Age-Einfluss im Denken und Handeln unserer Zeit auf – in Naturwissenschaft und Politik, in Literatur, Musik, Pädagogik und Psychologie. Er bewertet die Lösungsvorschläge der New-Age-Bewegung für die besonderen Probleme unserer Zeit und erläutert Alternativen aus christlicher Sicht.

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New Age – Ausweg oder Irrweg

Klaus R. Berger

Impressum

© 2017 Folgen Verlag, Langerwehe

Autor: Klaus R. Berger

Cover: Caspar Kaufmann

ISBN: 978-3-95893-046-9

Verlags-Seite: www.folgenverlag.de

Kontakt: [email protected]

Shop: www.cebooks.de

 

Dieses eBook darf ausschließlich auf einem Endgerät (Computer, eReader, etc.) des jeweiligen Kunden verwendet werden, der das eBook selbst, im von uns autorisierten eBook-Shop, gekauft hat. Jede Weitergabe an andere Personen entspricht nicht mehr der von uns erlaubten Nutzung, ist strafbar und schadet dem Autor und dem Verlagswesen.

Autorenvorstellung

Klaus R. Berger hat Biologie, Germanistik, Philosophie und Psychologie studiert. In seinen Büchern und Aufsätzen nimmt er vor dem Hintergrund der Bibel Stellung zu Themen aus dem Umkreis der Humanwissenschaften.

Inhalt

Titelblatt

Impressum

Autorenvorstellung

Einleitung

I. Irrtümer mit Folgen

1. Der Mensch hat alles im Griff

2. Der Mensch ist gut

3. Ohne Gott geht es besser

4. Bedrohte Umwelt

5. Atomare Katastrophenschau

6. Meinungsvielfalt mit Schattenseiten

7. Zerstörte Familie

Zusammenfassung

II. New Age: Vordenker, Lehren und Ziele

1. Wer sind die alten und die neuen Propheten?

2. Wie denken die New-Age-Weisen?

3. Was wollen die New-Age-Gläubigen?

4. Wo erscheinen New-Age-Einflüsse?

Zusammenfassung

III. New-Age-Bausteine der neuen Welt im Zeichen des Wassermannes

1. Religion wird zum Kult

2. Gesellschaft unter dem Herrschaftsanspruch der Feministen

3. Politik unter grünem Vorzeichen

4. Pädagogik: Beziehung statt Erziehung

5. Kunst als Ausdruck von Mystik und Magie

6. Psychologie als Weg zur Selbsterlösung

7. Medizin unter dem Appell zur Ganzheit

8. Naturwissenschaft im Fangarm östlicher Philosophie

Zusammenfassung

IV. New Age: Weg zum Tod

1. Vergewaltigung der Vernunft

2. Vergewaltigung der Gefühle

3. Vergewaltigung der Wahrheit

V. Gottes Bausteine für ein sinnerfülltes Leben

1. Religion: Gott als Vater, Jesus als Erlöser, der Heilige Geist als Ratgeber und Tröster

2. Gesellschaft: Begegnung und Dienst in der Familie, in der Schule und am Arbeitsplatz

3. Politik: Beachtung der Zehn Gebote

4. Pädagogik: Erziehung in Achtung und Verantwortung

5. Kunst: Kreativität zur Ehre des Schöpfers

6. Psychologie: Positives Denken und Leben aus biblischer Sicht

7. Medizin: Heilung in den Grenzen biblischer Ordnung

8. Naturwissenschaft: Beobachtung, Beschreibung und Lebenshilfe

Zusammenfassung

Unsere Empfehlungen

Einleitung

Nur der wird von Gott künftig reden können, der zugleich sein »innerstes Selbst« zu spüren bekommt.Günther Schiwy

… zweifach Böses hat mein Volk begangen: Mich, die Quelle lebendigen Wassers, haben sie verlassen, um sich Zisternen auszuhauen, rissige Zisternen, die das Wasser nicht halten.Jeremia 2,13

Sehr angetan von den herbstlichen Farben der Bäume, schaue ich vom Schloss Dhaun in das Nahetal. Die Farbenpracht wirkt sich auf mich beruhigend aus, ja lässt mich glücklich den Schöpfer preisen. Nach einer anstrengenden Autofahrt mit einem fünfstündigen Stop-and-go, einem anschließenden Vortrag und danach schon wieder einer neuen Umgebung für die Nachtruhe bin ich dankbar, vor dem nächsten Vortrag ausspannen zu dürfen.

In dieser freudigen Stimmung fahre ich vom Schloss in Richtung Kirn. Ich schalte das Autoradio ein. Es ist gegen 15 Uhr nachmittags. Schon die erste Meldung reißt mich aus dem Gleichgewicht: Gero von Braunmühl, ein wichtiger Mitarbeiter des Bundesinnenministers, ist auf der Straße einem brutalen Mord zum Opfer gefallen. Ich bin betroffen. Wann wird die Menschheit lernen, vernünftig nach Gesetz und Ordnung miteinander zu leben? Wird der Terrorismus jemals unter Kontrolle zu bringen sein? Was ist das für ein Leben, in dem Mord und Totschlag an der Tagesordnung sind?

Universität Bielefeld. Ein Plakat zeigt eine besondere Vorlesung an. »Von Hexen lernen« ist das Thema. Später höre ich, dass die vorlesende Dame nach ihrem Vortrag »praktisch« zur Sache ging. In welcher Zeit leben wir, wenn an unseren Hochschulen, den einstigen Hochburgen des Aufklärertums und des Rationalismus, sich der Irrationalismus, der Spiritismus und die Magie so ungehindert Einlass verschaffen können? Oder darf man so nicht mehr fragen, wenn man in einer Gesellschaft lebt, die Pluralismus und Toleranz predigt?

Zurück in Lemgo. Für viele Interessenten und Bürger der Stadt eine Möglichkeit, von der Geschichte der Alten Hansestadt zu hören, sie unmittelbar zu erleben. Lemgo, die Hexenbürgermeisterstadt – Hexenverfolgung ist da natürlich auch ein Thema. Trotzdem überrascht es, dass eine leibhaftige, moderne Hexe zum Gespräch gebeten wird. Sie berichtet von ihren Aufgaben und Möglichkeiten. Gebündelte Energie kann sie, so ist zu hören, an Orte schicken, wo man etwa für den Frieden demonstriert. Vierzehn Tage vorher gaben sich im ZDF der Geistheiler Wallimann und seine Frau die Ehre. Geistheilung über das Fernsehen? Per Telepathie, Suggestion und Manipulation öffentlich salonfähig gemachte Magie? In welcher Zeit leben wir eigentlich?

Kinder können angeblich nicht einschlafen, weil sie von »Rumpelstilzchen«-Geistern verfolgt werden. Haben wir dies nicht alles längst ins Mittelalter verbannt, als nicht existent abgetan und rational ausradiert? Oder sollte das Mittelalter mit all seinem Spuk, seinen Hexen und Magiern, seinen Alchimisten, Zauberern und Mystikern aus einem jahrhundertelangen Schlaf aufgewacht sein?

Ist es da wirklich Zufall, wenn immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft psychisch krank sind? Stress und Hektik, Geldgier und Machtstreben, Egoismus und all die damit einhergehenden Aggressionen und Ängste nagen an unseren Seelen. Den Schizophrenen und manisch Depressiven, den Langzeit- bis Lebenszeitpatienten auf den Stationen unserer Landeskrankenhäuser und in den privaten Sanatorien verabreichen wir Spritzen zur Beruhigung. Doch hilft das, sie ihre inneren Bilder vergessen zu lassen, sie zu friedlichen und glücklichen Menschen zu machen? Sie, die Kranken, die Leidenden, weisen hin auf die Ursachen ihres Leids, ihres Schicksals, ihres Unglücks. Wer hilft ihnen? Wer kann all die Störungen in den so verschiedenen Individuen verstehen? Was lässt sie nicht zur Ruhe kommen? Was lässt sie ständig in Angst und Schrecken fallen?

Aberglaube und Christentum, Teufelsglaube und Gottesglaube – Themen, die heute im Religionsunterricht an den Schulen überall begehrt sind. Aber Schüler wollen es genau wissen: Funktioniert das denn, Tischrücken, automatisches Schreiben, Pendeln, Kartenlegen, Handlesen usw.? Nach einem Protokoll konkretisiert sich das in einem Schülerkreis so:

Die Schüler setzen sich in einem Kreis zusammen.

Sie legen folgendes auf den Tisch: Alphabet, Zahlen von 0-9, in die Mitte »Ja« und »Nein«, eine Kerze.

Sie stellen einen Becher auf den Tisch und sprechen dreimal hintereinander: »Geist, wenn du in diesem Raum bist, dann geh in diesen Becher!«

Sie drehen den Becher um, damit der Geist nicht entschwinden kann. Nun legen mindestens zwei Schüler ihre Finger auf den Becher und fragen den Geist:

1. »Wie heißt du?«

2. »Wie heiße ich?«

3. »Wie bist du gestorben?«

4. »Was warst du?«

5. »Wann und wen hast du geheiratet?«

6. usw.

Am Ende ihrer Befragung stellen sie den Becher wieder mit der Öffnung nach oben auf den Tisch.

Das Protokoll zeigt lediglich den formalen Ablauf, nicht etwa die Antworten des Geistes. Jedenfalls können wir festhalten, dass Schüler – Kinder also – handfeste Übungen zum Einstieg in das Reich des Okkultismus praktizieren. Was wird geschehen, wenn dies weitergeht?

Nach den Informationen des »Spiegel« vom 22. Dezember 19861 ist das Ausmaß dieser Entwicklung mittlerweile schon beängstigend. Unter der Überschrift »Wir zersägen Kreuze und blutige Köpfe …« berichtet das Nachrichtenmagazin von abscheulichen Begebenheiten, die eines gemeinsam haben: Schüler spielen die Hauptrollen in einem bösartigen, todernsten okkulten Spektakel.

Noch ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: Wieder einmal nach einem Vortrag erzählte mir ein Teilnehmer, dass er einen kleinen Jungen kenne, der über ein Glas, an dem sich ein Schreibstift befindet, das automatische Schreiben bzw. das Schreiben auf Ansprache praktiziere. Als dessen Vater das hörte, wollte er es zunächst nicht glauben. Er führte das Experiment selbst durch und ließ das Glas »Satan« schreiben. Es schrieb das gewünschte Wort. Als er daraufhin den Befehl gab, es solle »Christentum« schreiben, flog das Glas an die Wand und zerschellte. Dieses Erlebnis führte dazu, dass der Vater seinem Sohn sofort verbot, weiterhin das automatische Schreiben zu praktizieren.

Aber nicht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit – in der Schule und hier und da in den Kinderzimmern – befinden sich Magie und Okkultismus im Aufwind. Die »Meister des Universums« beispielsweise, schreckliche Dämonengestalten2, werden überall feilgeboten und erobern die Herzen der Kinder. Mit diesen Figuren können sie, Göttern gleich, über Gut und Böse bestimmen und im Geisterkampf Macht ausüben. Eine ähnliche Funktion haben die Fantasy-Rollenspiele3, die die Spieler in magische Riten und Geisterkämpfe einführen.

Zu alledem bricht sich das neue Zeitgefühl über Musik und Mode Bahn. Musikgruppen wie Black Sabbath4 und Iron Maiden, Sänger wie Ronnie James Dio und Ozzy Osbourne zeigen ganz offen ihre Sympathie für alles Magisch-Okkulte, und das nicht nur auf der Bühne. Sie und ihre Anhänger haben eine besondere Vorliebe für die Farbe Schwarz, der sie auch in ihrer Garderobe Ausdruck verleihen, ergänzt durch Symbole wie das umgedrehte Kreuz als Ohrring, Anhänger usw.

. Ist all dies ein Zeichen von Resignation in einer sich verbreitenden Subkultur, oder signalisiert es vielleicht ein Defizit, etwa an Sicherheit und Geborgenheit? Sind nicht auch die verschiedensten Ängste5 Teil des Zeitgeistes? Da kommt Weltangst auf, wenn wir um die Erhaltung unseres Lebensraumes, ja unserer Erde bangen müssen – siehe Tschernobyl. Lebensangst entsteht durch altbekannte und neue Krankheiten wie AIDS und Krebs, durch Verlust des Arbeitsplatzes, Anonymität in der Masse und vieles mehr; jeder wird diese Aufzählung aus seinem eigenen Leben ergänzen können. Zukunftsangst kann entstehen, wo die Realität das Erreichen wesentlicher persönlicher Ziele gefährdet, zum Beispiel im Beruf. Schließlich erreicht Todesangst jeden, der die Frage, wie er seinen »Tod« zu bewältigen hat, nicht beantworten kann.

In all diesen Ängsten zeigt sich ein wesentliches Symptom unserer Zeit und der Menschen, die ein sinnvolles, glückliches Leben suchen. Ob in Wissenschaft und Technik, in Religion und Humanismus – die Lebenserfüllung ist durch Angst und Widersprüche der verschiedensten Art bedroht. Dem stehen nur wenige scheinbare Auswege oder Antworten in. Form menschlicher Hilfs- und Heilsangebote gegenüber. Ein Vakuum hat sich gebildet, das inzwischen langsam wieder gefüllt wird – mit Spiritismus, Okkultismus, Hexentum, Neuheidentum, Mythen, Märchen und Magie!

Esoterische Buchläden können sich mittlerweile durch den ausschließlichen Verkauf okkulter Literatur über Wasser halten. Auch die Kasse derjenigen Verleger scheint sich gut zu füllen, die in Esoterik, Okkultismus und Magie einführende Literatur verbreiten. Auffallend sind hier besonders Verlage, die bisher eher einem kirchlich-christlichen Profil eine Plattform boten, seien es nun evangelisch oder katholisch geprägte. Hier muss die Frage gestellt werden, ob Evangelium und New Age nach rationalen Gesichtspunkten überhaupt vereinbar sind.

Eine Synthese von Aberglaube und Christenglaube wird sogar in Veranstaltungen der Kirchen versucht. Gisela Graichen schreibt in ihrem Buch »Die neuen Hexen«: »Du erzähltest vorhin von dem Hexenseminar, an dem du teilgenommen hast. Interessant finde ich, dass die Kirche der Veranstalter war.« Worauf die interessierte Schülerin antwortete: »Ja, das Jugendpfarramt.«6 Wie kann so etwas geschehen? In unserem Land, in dem durch Gottes Gnade im 16. Jahrhundert die Reformation entstehen durfte, in dem Wissenschaft und Technik blühen – hier also finden Hexen und Magier, Wissenschaft, christlicher Glaube und Okkultismus nebeneinander Platz, ohne sich groß zu beißen?

Leider wird diese Frage heute nur von wenigen gestellt. Die Mehrheit findet es ganz interessant, was da so alles an Übersinnlichem angeboten wird. Viele fühlen sich angezogen von dem schönen Traum vom »ewigen Frieden« im neuen Zeitalter, von der neuen Spiritualität, die von New-Age-Gläubigen ausgerufen wird. Unter dem Zeichen des Regenbogens, also mit einem Symbol der Christen (ich gehe später ausführlicher hierauf ein), wird das Leben im Reich des neuen Bewusstseins, der Harmonie und Selbsterlösung suggeriert als ein wunderschönes, friedliches und liebliches. Leider wird dabei der Preis verschwiegen, den der einzelne für die Reise ins »neue Leben« durch Bewusstseinserweiterung zahlen muss.

Das Programm des New Age wurde 1987 auf der Lindauer Tagung der Internationalen Gesellschaft für Tiefenpsychologie folgendermaßen zusammengefasst:

»Der Mensch des ›Neuen Zeitalters‹ erfahre sich, schon wegen der Bedrohungen, wieder als ein gefährdeter Teil der Natur. In psychologischer Hinsicht werde Frauen und Männern – mehr und mehr bewusster als zuvor – die psychologische Dimension des jeweils anderen Geschlechtes erfahrbar, sozusagen als Ausgleich zu einer auch hier beobachtbaren Einseitigkeit. Dem entspreche ein Glauben an die Evolution als einer geheimnisvollen Energie, die unsere Entwicklungsgeschichte speist. Dogmatismus, Moralismus, Ritualismus gerieten in deren Fluss und kämen aus ihrer Erstarrung heraus. Schließlich würden Glauben und Wissen einander nicht mehr ausschließen […]. Der religiöse Mensch des ›New-Age‹ glaube daran, dass der gewandelten Bewusstseinslage in Psyche und Religion eine notwendige gesellschaftliche Wandlung folge: ›Denke global und handle regional‹, das sei das Motto, nach dem der religiöse Mensch zukünftig leben werde.«7

Marilyn Ferguson, eine der führenden Persönlichkeiten des New Age, die dieser Philosophie durch ihr Buch »Die sanfte Verschwörung« eine weite Verbreitung ermöglichte, schreibt über die Absichten der Bewegung:

»Ein führerloses, aber dennoch kraftvolles Netzwerk arbeitet, um in dieser Welt eine radikale Veränderung herbeizuführen. Seine Mitglieder haben sich von gewissen Grundkonzepten westlichen Denkens losgesagt […] – ihre Strategien sind pragmatisch, sogar wissenschaftlich; ihre Perspektiven klingen jedoch so mystisch, dass sie sich darüber zu diskutieren scheuen.«8

New Age, ein Ausweg aus dem Dilemma unserer Zeit? Oder ein Irrweg, der die Menschen nur noch weiter auf den Weg des Todes bringt? New Age, ein neues Programm? Oder ein Sammelsurium okkulter Lehren aus bereits vergangenen Jahrhunderten?

Wenn wir so oder ähnlich fragen, müssen wir zunächst eine genaue Zeitanalyse durchführen und zu einer Standortbestimmung kommen Dies soll im ersten Kapitel geschehen. Dabei soll insbesondere auf die Folgen menschlichen Handelns hingewiesen werden.

New Age will, wie Ferguson sagt, eine radikale Veränderung herbeiführen. Eine solche scheint auch notwendig zu sein. Doch welcher Haltung und welchem geistig-geistlichen Inhalt sie sich verpflichtet weiß, muss diskutiert werden, bevor man sich entscheidet, zu welchem Veränderungsprogramm man ja sagt. Übrigens herrschte bisher an Programmen kein Mangel. Sie erschienen unter dem Banner des Rationalismus, Empirismus, Idealismus, in der Lebensphilosophie, im Nihilismus, im Atheismus und im Marxismus, jeweils begleitet von Auswüchsen, die in fast sämtliche Lebensbereiche eindrangen – getreu nach der Maxime, Leib, Seele und Geist des Menschen zu beeinflussen.

Und heute? Ist eine Entscheidung nach kritischem Nachdenken nicht mehr nötig? Reicht ein bloßes Defizit aus, um in den New-Age-Zug mit dem Reiseziel neues Leben, neue Zeit einzusteigen? Im zweiten und dritten Kapitel werden wir untersuchen, wie New-Age-Propheten denken, welchen Denksystemen sie sich verpflichtet fühlen und welche praktischen Konsequenzen sie daraus für Religion, Gesellschaft, Politik, Pädagogik, Kunst, Psychologie, Medizin und darüber hinausgehende Naturwissenschaft ableiten.

Ich gebe gerne zu, dass ich in der New-Age-Bewegung eine Herausforderung für ein biblisch orientiertes, christlich-existentielles Leben sehe. Deshalb werde ich die New-Age-Philosophie außer mit den Mitteln der Vernunft vor allem mit Aussagen der Bibel beurteilen (viertes Kapitel). New-Age-Anhänger lehnen ja den persönlichen Gott der Bibel ab und sehen sich eher selbst als Gott. Sie predigen vehement Selbsterlösung und verwerfen Erlösung durch den Kreuzestod Jesu Christi. Hier haben Christen aufzumerken, wenn ihnen auch sonst die eine oder andere Aussage der New-Age-Weisen zuzutreffen scheint. Auch ich stimme den New-Age-Denkern in einem zu: Es muss sich etwas ändern, wenn die Menschheit statt zu vegetieren wirklich leben will. Was aber ist zu tun? Wie kann die Änderung aussehen, wie soll sie erfolgen?

Die Alternative zum New Age liegt im Spannungsfeld von Glauben und Denken. Hierzu sollen im abschließenden fünften Kapitel für einzelne Teilbereiche menschlichen Lebens Hinweise angeboten werden, die in ihrer jeweiligen Spezialisierung allerdings einer weiteren Arbeit bedürfen. Dennoch soll die Perspektive angedeutet werden, in der ein Leben aus Gott zu ganz praktischem Handeln führt. Dass dies – individuell gelebt – nicht überall identisch sein kann, ist wohl aus der Sache selbst einsichtig. In einem wird es in aller Subjektivität aber Übereinstimmung geben können: Gott ist und bleibt die Quelle des wahren Lebens. Nicht umsonst ruft Jesus uns zu: »Kommt her zu mir, alle Mühseligen und Beladenen, ich werde euch Ruhe geben.«9

Diese Aufforderung möchte ich, einladend zum Glauben und Nachdenken, in der kritischen Auseinandersetzung mit der New-Age-Bewegung weitergeben. Wer dem Ruf Jesu folgt, der wird zu einem wirklich neuen Leben finden. Damit werden nicht gleich alle Probleme beseitigt, aber Ausrichtungspunkte für Entscheidungen markiert, die dem in den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft lebenden und arbeitenden Menschen den Weg zum erfüllten Leben weisen. Dies alles treu nach dem Grundsatz, Gott alle Ehre zuteil werden zu lassen und dem Nächsten zu dienen. Hierin liegt für mich die Quintessenz des neuen Lebens aus Gott, das durch die Herausforderung der New-Age-Bewegung einer noch dringlicheren Gestaltung und Profilierung bedarf.

1 Die Wiederkehr des Teufels, Der Spiegel, Nr. 52, 22. Dezember 1986, S. 154f.

2 Vgl. hierzu in den Warenhäusern und Spielzeugeschäften die »Masters of the Universe«-Figuren.

3 Weldon/Bjornstad, Fantasy – Das Spiel mit dem Feuer, Asslar 1986.

4 U. Bäumer, Wir wollen nur deine Seele, Bielefeld 1984, S. 17f.

5 Vgl. hierzu: Klaus Berger, Angst verstehen und überwinden, Asslar 1986.

6 Gisela Graichen, Die neuen Hexen, Hamburg 1986, S. 152.

7 So wird die »schwarze Frau« weiß, in Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, Nr. 46, 16. November 1986, S. 17.

8 Marilyn Ferguson, Die sanfte Verschwörung, München o.J., S. 25.

9 Matthäus 11,28.

I. Irrtümer mit Folgen

Die dem Menschenglück zugedachte Unterwerfung der Natur hat im Übermaß ihres Erfolges, der sich nun auch auf die Natur des Menschen selbst erstreckt, zur größten Herausforderung geführt, die je dem menschlichen Sein aus eigenem Tun erwachsen ist.Hans Jonas

Die Menschheit befindet sich heute in einer Krise, deren katastrophaler Höhepunkt wahrscheinlich noch vor uns liegt.Carl Friedrich von Weizsäcker

Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden …Römer 1,22

Geh nun hin, schreib es bei ihnen auf eine Tafel und zeichne es in ein Buch ein, damit es für einen. künftigen Tag bleibe als Zeuge bis in Ewigkeit! Denn ein widerspenstiges Volk ist es, verlogene Söhne, Söhne, die das Gesetz des HERRN nicht hören wollen, die zu den Sehern sagen: Seht nicht! und zu den Schauenden: Schaut uns nicht das Richtige! Sagt uns Schmeicheleien! Schaut uns Täuschungen! Weicht ab vom Weg, biegt ab vom Pfad! Lasst uns in Ruhe mit dem Heiligen Israels! Darum, so spricht der Heilige Israels: Weil ihr dieses Wort verwerft und auf Unterdrückung und Arglist vertraut und euch darauf stützt, darum wird für euch diese Schuld wie ein sturzbringender Riss sein, der sich vorschiebt an einer hochragenden Mauer, deren Zusammenbruch in einem Augenblick, plötzlich kommt. Und er wird sie zerbrechen, wie man einen Töpferkrug zerbricht, mitleidslos zertrümmert, und unter dessen Bruchstücken man nicht ein ganzes Tongefäß findet, um damit Feuer vom Herd zu holen oder Wasser aus einer Wassergrube zu schöpfen.

Denn so spricht der Herr, HERR, der Heilige Israels: Durch Umkehr und durch Ruhe werdet ihr gerettet. In Stillsein und in Vertrauen ist eure Stärke.Jesaja 30,8-15

Es steht nicht gut um uns. Die Hoffnung, dass wir noch einmal, und sei es um Haaresbreite, davonkommen könnten, muss als kühn bezeichnet werden.Hoimar von Ditfurth

Die unberührte Wirklichkeit scheint in dem Maße, in dem das Symbol-Denken und -Handeln reifer wird, sich zu entziehen. Statt mit Dingen selbst umzugehen, unterhält sich der Mensch in gewissem Sinne ständig mit sich selbst. Er lebt so sehr in sprachlichen Formen, in Kunstwerken, in mystischen Symbolen oder religiösen Riten, dass er nichts erfahren oder erblicken kann, außer durch Zwischenschaltung dieser künstlichen Medien.Ernst Cassier

Die Familie ist die grundlegende Institution der Gesellschaft. Für sie gibt es keine Alternative und keinen Ersatz. Ihr Ansehen muss wiederhergestellt werden.Brigitte und Peter L. Berger

Tag für Tag haben wir Entscheidungen zu treffen. Das beginnt schon morgens, wenn wir uns überwinden und das warme Bett verlassen müssen. Mit dem Aufstehen kommen die Anforderungen des Tages im Haushalt, in der Schule, am Arbeitsplatz oder für die Freizeitgestaltung auf uns zu – lauter Aktionen, die mehr oder weniger planbare Entscheidungen von uns fordern. Hinzu kommen im Laufe des Tages spontane Entscheidungen aufgrund eines Einfalls oder als Reaktion auf etwas Erlebtes.

Ein Beispiel: Ich soll ein Buch zu einem festgelegten Termin vorlegen. Dazu sind Absprachen mit Mitautoren notwendig, Lektoratsarbeit, Abstimmungen mit der Setzerei und vieles mehr. Bei falscher Planung der einzelnen Arbeitsschritte kann mein Termin nicht eingehalten werden. Folge: Ärger am Arbeitsplatz, Ärger über die eigene Fehleinschätzung der Situation usw.

Diese und ähnliche Anforderungen des Alltags sind uns allen gut bekannt. Oft fassen wir anschließend gute Vorsätze – künftig soll alles anders, vor allem besser werden!

Schlimmer geht es aus, wenn Fehlentscheidungen im Bereich unserer zwischenmenschlichen Beziehungen getroffen werden. Ehen gehen darüber auseinander, Kinder verlassen ihre Elternhäuser. Jetzt müssen andere unter unseren Fehlentscheidungen leiden. Im Wiederholungsfall sind weitere, noch tiefere Wunden zu erwarten.

Die Frage ist nun, wie es zu den vielen Fehlentscheidungen mit ihren Leben zerstörenden und bedrohenden Folgen kommen kann. Und wenn wir die Gründe gefunden haben – wo sind die Auswege? Müssen wir eigentlich ständig hereinfallen, ausgetrickst durch unsere eigenen Triebe, Wünsche und Hoffnungen, die sich in unseren Handlungen zu verwirklichen suchen? Treffen wir unsere Entscheidungen etwa nicht meistens nach bestem Wissen? Müssen sie nicht sogar irrtümlich sein dürfen, damit wir aus ihnen lernen können? Ja, können wir denn überhaupt etwas sagen oder tun, was die schlimmen Folgen eines Irrtums ausschließt? Pflegen wir nicht unser Fehlverhalten mit den Sätzen zu legitimieren: »Niemand ist vollkommen! Irren ist menschlich!«?

Und dennoch: Was wäre, wenn geschichtliche Irrtümer mit all ihren Folgen wie Krieg und Terror, Aggression und Hass, Macht und Unterdrückung aus vorsätzlichen, ganz bewussten Entscheidungen einzelner Menschen erwachsen wären, denen die verhängnisvollen Auswüchse gleichgültig waren? Anders: Was wäre, wenn der frei gewählte New-Age-Zug zum angeblich neuen Leben in Wirklichkeit die Fahrt in den Tod bedeutete?

Unterstellt man, wie durch die letzten Fragen angedeutet, dass Entscheidungen in der Regel bewusst getroffen werden, so gewinnt das jeweilige Welt- und Menschenbild des Entscheidenden an Bedeutung. Bei mir ist der Beschluss zur Auseinandersetzung mit der New-Age-Bewegung auf dem Hintergrund eines rationalen Wirklichkeitsverständnisses und des Wahrheitsanspruchs der Bibel für die menschliche Existenz zu sehen. Anders ausgedrückt: Im Spannungsfeld von Glauben (Bibel, Gott, Leben mit Gott usw.) und Denken sind meine Voraussetzungen für Urteile und Aussagen anzutreffen.

Im folgenden wird zu zeigen sein, dass Entscheidungen bestimmte Denkvoraussetzungen sowie Welt- und Menschenbilder zugrunde lagen, die sich heute als Irrtümer mit lebensbedrohlichen Konsequenzen für die ganze Menschheit herausstellen. Der Mensch als der Macher (Homo faber), als das gute, sich ohne Gott definierende vernünftige Wesen (Homo sapiens) – diese Bezeichnungen deuten schon Rahmenbedingungen und Denkvoraussetzungen an, die uns nun in aller Konsequenz in die Katastrophe führen. Anzeichen sind kaputte Familien, bedrohte und teilweise schon zerstörte Umwelt, sich zunehmend verselbständigende Technik, denkbare atomare Katastrophen größten Ausmaßes und weitverbreitete Standpunktlosigkeit im Mantel der Toleranz als Schattenseite hochgepriesener Informationsfreiheit und Meinungsvielfalt.

1. Der Mensch hat alles im Griff

Zunehmend wird die Behauptung des modernen Menschen, alles zu können und aufkommende Probleme schon irgendwie zu bewältigen, Lügen gestraft. Dennoch ist in weiten Teilen unserer Gesellschaft – nicht nur in der Führung von Politik und Wissenschaft – die Grundhaltung erkennbar, dass man bei aufkommenden Problemen nur fest zupacken muss, und schon geht es weiter. Ab und zu ist auch zu hören: »Wir wollen versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen!« In dieser Aussage klingt das Geständnis der Hilflosigkeit (»wollen versuchen«) ein wenig an, aber die Macher wissen das mit überschwänglichem Optimismus, zuweilen mit rücksichtslosem Zynismus, in möglichst ungefährlichem Ausmaß zu halten. Andererseits drängt sich für aufrichtig Nachdenkende die Frage nach dem Grund für solche Anmaßung auf. Sollte sie gar aus dem Gruppenzwang entstanden sein, der Zweifel an den eigenen Möglichkeiten als Schwäche diskriminiert?

In dem Chorlied der Antigone des griechischen Dramatikers Sophokles (496-406 v.Chr.) heißt es:

»Ungeheuer ist viel, und nichtsungeheurer als der Mensch.Der nämlich, über das graue Meerim stürmenden Süd fährt er dahin,andringend unter ringsumrauschenden Wogen. Die Erde auch,der Göttlichen höchste, die nimmer vergehtund nimmer ermüdet, schöpfet er ausund wühlt, die Pflugschar pressend, Jahrum Jahr mit Rössern und Mäulern.

Leichtaufmerkender Vögel Scharumgarnt er und fängt, und des wilden GetiersStämme und des Meeres salzige Brutmit reichgewundenem Netzgespinst –er, der überaus kundige Mann.Und wird mit Künsten Herr des Wildes,des freien schweifenden auf den Höhen,und zwingt den Nacken unter das Joch,den dichtbemähnten des Pferdes, undden immer rüstigen Bergstier.

Die Rede auch und den luftigen Gedanken unddie Gefühle, auf denen gründet die Stadt,lehrt er sich selbst, und Zuflucht zu finden vorunwirtlicher Höhen Glut und des RegensGeschossen.Allbewandert er, auf kein Künftigesgeht er unbewandert zu. Nur den Todist ihm zu fliehen versagt.Doch von einst ratlosen Krankheitenhat er Entrinnen erdacht.

So über Verhoffen begabt mit Klugheiterfindender Kunst,geht zum Schlimmen er bald und bald zum Guten hin.«1

Das Chorlied des griechischen Dichters scheint den Nagel auf den Kopf zu treffen, wenn es darum geht, den Menschen zu charakterisieren. Für Sophokles erscheint der Mensch ungeheuer in seinem Tun, auch im Vergleich mit anderen Dingen, die gewaltig, potent, mächtig, massiv und kraftvoll erscheinen. Woran mag Sophokles gedacht haben? Der Mensch ragt aus allem anderen heraus, gekennzeichnet durch Ungeheuerlichkeit.

Bevor wir näher auf die Interpretation des Chorliedes im Blick auf unsere Zeit eingehen, wollen wir einmal die Ungeheuerlichkeit des Menschen in der Geschichte aufspüren, um so besser zu verstehen, woher die Überzeugung kommt, alles im Griff zu haben.

Mit dem Beginn der Eisenzeit (700-600 v.Chr.) setzt die stärkere Durchschlagskraft des Menschen gegenüber der Natur und anderen widrigen Umständen seines Lebens ein. Der hierdurch ausgelöste technische und wirtschaftliche Wandel erhöht das Selbstbewusstsein und verführt zu immer neuen Überlegungen, wie das Leben verbessert werden könnte. Dass parallel dazu, sozialgeschichtlich betrachtet, für einen Großteil der Menschen Armut und Unterdrückung folgten, zeigt sich besonders im Zeitalter des Absolutismus. Reichtum durch Ausbeutung der Natur (Erze, Salze, Hölzer etc.) und Unterdrückung der Menschen gehen einher mit technischem Fortschritt und bequemem Leben für wenige und schwerer Lebensführung und harter Arbeit für viele.

In der Französischen Revolution (1789) erreicht der Widerstand der Masse gegen die ungeheure Unterdrückung einen Höhepunkt. »Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit«, so läuft es als platte Parole, aber auch als ernst zu nehmende Ideologie durch das Volk. Verwirklichen lässt sich das alles nur langsam, weil sich das Ungeheuer Mensch in seiner Ungeheuerlichkeit selbst im Wege steht.

Die Schrecknisse des Zweiten Weltkrieges, in dem 14 Millionen Menschen auf den Schlachtfeldern fielen, 2,86 Millionen durch Luftangriffe getötet wurden, 16,5 Millionen umgebracht, 29,65 Millionen verwundet und 21,24 Millionen obdachlos wurden, 15 Millionen ihre Heimat verloren und insgesamt 49,8 Millionen Gebäude zerstört wurden, sind nur eine logische Fortsetzung im Reigen der Ungeheuerlichkeit des Menschen: Größe in Bezug auf technisches Wissen, aber auch Grausamkeit und Vernichtungsstärke. Was haben wir daraus gelernt? Weiterhin leben die meisten in der Selbstüberschätzung, alles fest im Griff zu haben.

Unterstützt durch zahlreiche Erfindungen, die wegweisend für die industrielle Revolution und gleichzeitig bestätigend für den immer selbstbewusster werdenden Menschen waren, wuchs der ungeheure Mensch heran. Sollte es den New-Age-Denkern gelingen, ihm die Maske vom Gesicht zu reißen und ihn aufzuhalten?

Was in dem Chorlied des Sophokles anklingt, ist in der Geschichte der Deutschen2 ebenso wie in der Menschheitsgeschichte nachweisbar und heute erschreckende Realität. Für Sophokles macht der Mensch sich die Natur untertan. Er kämpft mit Intelligenz und handwerklichem Geschick (zum Beispiel im Schiffsbau) gegen die Macht des Meeres. Wir könnten aus unserer Zeit die technischen Erfolge der Raumfahrt, des Automobilbaus und der gigantischen Architektur (Brückenbau, Hochhäuser, Straßen unter Wasser usw.) hinzufügen. Wind und Wetter können wir in den meisten Fällen überwinden und der Natur zum Trotz unseren eingeschlagenen Weg gehen. Aber dies ist nur die eine Seite, die Geschichte menschlicher Macht und Erfolge. Die andere ist die der Ohnmacht. Das Challenger-Unglück am 28.1.1986, die Explosion im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl am 26.4.1986, die Hilflosigkeit gegenüber ungeheuren Menschen, die ihre Mitmenschen brutal umbringen (8.2.1986: Ermordung des schwedischen Ministerpräsidenten Olaf Palme; 9.7.1986: Ermordung des Atomphysikers Karl Heinz Beckurts; 10.10.1986: Ermordung Gero von Braunmühls), das Fischsterben in Saar, Mosel und Rhein durch gigantische Chemieunfälle – allein dies belegt den Zustand, den Fall des Menschen, und rüttelt kräftig an seinem »Thron«.

Am Ende der ersten Strophe verweist Sophokles schon auf die rücksichtslose Ausbeutung der Erde durch seine Zeitgenossen. Heute stehen große Maschinen für die Arbeit in der Landwirtschaft zur Verfügung, und gewaltige Mengen von Düngemitteln werden eingesetzt, um den Ernteertrag noch weiter zu steigern. Wir pressen aus der Erde heraus, was wir nur können. Butter-, Milch-, Getreide- und Fleischberge häufen sich in den Lagerhallen und Kühlhäusern der Europäischen Gemeinschaft. Jährlich werden Millionen investiert, um diese Vorräte erhalten zu können. Dabei verhungern täglich Hunderttausende von Menschen in der Dritten Welt. Dieser Widersinn muss Protest hervorrufen. Anhänger der Friedensbewegung und Friedensforscher weisen außerdem zu Recht auf die ungeheure Zerstörungsmacht der Bomben hin. Würde ein dritter Weltkrieg mit dem völligen Einsatz aller Kräfte geführt werden, müssten auf beiden Seiten der Blöcke (NATO/War-schauer Pakt) in den ersten Tagen, wenn nicht sogar in den ersten Stunden, wahrscheinlich mehr als 100 Millionen Menschen sterben.3 Welch ein Wahnsinn, welche Ungeheuerlichkeit! Doch in dem Text von Sophokles geht es noch weiter!