New Work needs Inner Work - Joana Breidenbach - E-Book

New Work needs Inner Work E-Book

Joana Breidenbach

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Beschreibung

Ein Handbuch für Unternehmen auf dem Weg zur Selbstorganisation
Nach fünf Jahren intensiver Erfahrung mit New Work wissen wir: Die meisten Ansätze, um New Work, „Teal Organisations“ oder Selbstorganisation einzuführen, greifen zu kurz und sind damit zum Scheitern verurteilt. Denn sie konzentrieren sich auf die äußere, sichtbare Dimension des Wandels.
Aber jede äußere Veränderung von Strukturen und Prozessen muss notwendigerweise von einer inneren Transformation begleitet werden. Deshalb widmen wir dieses Buch insbesondere der „inneren Innovation“ von Teams. Darunter verstehen wir die Art und Weise, wie Mitarbeiter und Teams reifen und wachsen können, so dass sie ihre komplexe, flexible Außenwelt kompetenter, sicherer und glücklicher gestalten können.
New Work needs Inner Work ist ein praxisorientiertes Handbuch, in dem wir Schritt für Schritt beschreiben, wie man Selbstorganisation im Team oder Unternehmen einführen kann. Wir kombinieren die Perspektive der Unternehmerin (Joana, betterplace) und des Coaches (Bettina), um anhand von Organisationsprinzipien, konkreten Beispielen und Übungen zu erforschen, welche Kompetenzen wichtig sind, um Hierarchien abzubauen und flexibler und sinnstiftender zu arbeiten.

Die Autorinnen
Joana Breidenbach ist Gründerin von Deutschlands größter Spendenplattform betterplace.org und dem Think-and-Do-Tank betterplace lab.
Bettina Rollow entwickelt neue Organisations- und Führungsformen, u.a. mit dem betterplace lab und Ashoka Deutschland.

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Zum Inhalt:

Nach fünf Jahren intensiver Erfahrung mit New Work wissen wir: Die meisten Ansätze, um New Work, „Teal Organisations“ oder Selbstorganisation einzuführen, greifen zu kurz und sind damit zum Scheitern verurteilt. Denn sie konzentrieren sich auf die äußere, sichtbare Dimension des Wandels.

Aber jede äußere Veränderung von Strukturen und Prozessen muss notwendigerweise von einer inneren Transformation begleitet werden. Deshalb widmen wir dieses Buch insbesondere der „inneren Innovation“ von Teams. Darunter verstehen wir die Art und Weise, wie Mitarbeiter und Teams reifen und wachsen können, so dass sie ihre komplexe, flexible Außenwelt kompetenter, sicherer und glücklicher gestalten können.

New Work needs Inner Work ist ein praxisorientiertes Handbuch, in dem wir Schritt für Schritt beschreiben, wie man Selbstorganisation im Team oder Unternehmen einführen kann. Wir kombinieren die Perspektive der Unternehmerin (Joana, betterplace) und des Coaches (Bettina), um anhand von Organisationsprinzipien, konkreten Beispielen und Übungen zu erforschen, welche Kompetenzen wichtig sind, um Hierarchien abzubauen und flexibler und sinnstiftender zu arbeiten.

Zu den Autorinnen:

Joana Breidenbach ist Gründerin von Deutschlands größter Spendenplattform betterplace.org und dem Think-and-Do-Tank betterplace lab.

Bettina Rollow entwickelt neue Organisations- und Führungsformen, u.a. mit dem betterplace lab und Ashoka Deutschland.

New Work needs Inner Work

Ein Handbuch für Unternehmen auf dem Weg zur Selbstorganisation

von Joana Breidenbach Bettina Rollow

VVorwort

Dieses Buch möchte Dir als Leserin oder Leser dabei helfen herauszufinden, welche Führungsstile und Formen der Zusammenarbeit zu Dir und Deinem Unternehmen passen. In einer Zeit, in der viel über neue Arbeitsformen diskutiert wird und Tausende von Firmen „Change“ und „New Work“ einführen, sehen wir die Notwendigkeit, präziser und differenzierter zu erforschen, welche Organisationsformen sich für welche Teams, Aufgaben und Märkte eignen. Wir verstehen unter New Work eine Transformation der Arbeitswelt, die den Mitarbeiter und seine Fähigkeiten ins Zentrum stellt, in der Hierarchien verflacht oder sogar ganz abgeschafft und von gemeinsamer Führung oder Selbstorganisation abgelöst werden. Aber sollte jedes Unternehmen seine hierarchischen Strukturen umkrempeln und selbstorganisiert arbeiten? Und welche Voraussetzungen und Schritte sind notwendig, damit neue Arbeitsformen zum Erfolg führen? Diesen Fragen wollen wir in diesem Buch nachgehen.

Unser Handbuch ist praxisorientiert und folgt dem Arbeitsprozess einer Organisationsentwicklung. Viele Schritte können von Teams alleine, auch ohne äußere Unterstützung, gegangen werden. Für einige weitere Entwicklungen, insbesondere wenn es darum geht, Spannungsfelder zu identifizieren und zu bearbeiten, erscheint uns eine externe Begleitung in Form eines Coaches notwendig. Aber auch hier ist das Handbuch nützlich, da es dem Leser einen Leitfaden liefert, um die Qualität des Coaches oder Organisationsentwicklers einzuschätzen. In unserer Erfahrung kursieren nämlich viele Konzepte und Werkzeuge, die zu pauschal und oberflächlich sind. In der Folge scheitern Change-Prozesse und lassen Führung und Teams frustriert zurück.

Ein maßgeblicher Grund für das Scheitern von Organisationsentwicklungen steht im Zentrum unseres Interesses: Fast alle Change-Prozesse konzentrieren sich auf die äußere, sichtbare Dimension des Wandels. Aber jede äußere Veränderung von Strukturen und Prozessen muss notwendigerweise von einer inneren Transformation begleitet werden. Deshalb widmen wir dieses Buch insbesondere der „inneren Innovation“ von Teams. Darunter verstehen wie die Art und Weise, wie Mitarbeiter und Teams reifen und wachsen können, sodass sie ihre komplexe, flexible Außenwelt kompetenter, sicherer und glücklicher gestalten können. Wie der Titel sagt: New Work needs Inner Work.

VIAus der Startup-Welt kommend, sehen wir dieses Buch als ein MVP (Minimum Viable Product), also ein Produkt, mit dem wir unsere eigenen Erkenntnisse aus fünf Jahren New Work und Selbstorganisation möglichst zeitnah und leicht zugänglich mit Menschen teilen wollen, die gerade ihre eigenen Erfahrungen mit neuen Arbeits- und Führungsformen machen. Deshalb ist dieses Buch auch eine Einladung, sich mit uns auszutauschen und co-kreativ das Thema New Work voranzutreiben. Wir sind auf Euer Wissen neugierig. Schon alleine deshalb, weil unsere eigenen Erfahrungen auf der Arbeit mit kleinen und mittelgroßen Unternehmungen (zwischen 12 – 120 Mitarbeitern) in Deutschland und Europa basieren und wir nicht wissen, ob diese auch auf viel größere transnationale Konzerne übertragbar sind. Ein kollaborativer Ansatz ist notwendig, wenn wir die Potenziale und Grenzen von neuen Arbeitsformen besser verstehen wollen. Unser Erkenntnisinteresse ist nicht allein auf die Arbeitswelt beschränkt: Wir sind davon überzeugt, dass neue, flexiblere Organisationsformen und die damit einhergehenden Prinzipien und Kompetenzen eine wichtige Rolle in der nächsten Phase der Menschheitsentwicklung spielen. Wie Peter F. Drucker schrieb: „Nur wenige Veränderungen beeinflussen die Zivilisation derart nachhaltig wie eine Änderung des Prinzips, auf dem die Organisation der Arbeit beruht“ (Drucker 2002). Die in diesem Buch beschriebenen Fähigkeiten sind notwendig, um die großen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern.

Wie Du schon gemerkt hast, duzen wir unsere Leser und Leserinnen. Das entspricht unserem Verständnis von der Beziehung, die wir im Buch aufbauen wollen: Wir möchten den Dialog nahbar und auf Augenhöhe führen. Wenn wir die (Arbeits-)Welt verbessern wollen, geht das nur, wenn wir uns füreinander öffnen und echte Beziehungen aufbauen. Um der besseren Lesbarkeit willen haben wir uns zudem gegen eine strenge geschlechtsneutrale Form entschieden und schreiben stattdessen abwechselnd in der weiblichen, männlichen und neutralen Form. Gemeint sind immer alle, die lesen.

Um das Buch so nützlich wie möglich zu machen, haben wir am Ende des Buches eine Auswahl praktischer Übungen integriert, die Dir und Deiner Unternehmung dazu dienen sollen, das Gelesene möglichst einfach in der Praxis auszutesten. Die Übungen stammen alle aus Bettinas Arbeitsrepertoire und können à la Creative Commons frei übernommen und adaptiert werden.

VIIDanksagung

Dieses Handbuch ruht auf starken Schultern und wir möchten uns bei vielen Menschen bedanken. Allen voran den Unternehmungen, die wir in unseren verschiedenen Funktionen begleiten und von denen wir lernen durften. Für diejenigen, die meinen, sich darin wiederzuerkennen: Die Schilderungen basieren auf unseren subjektiven Wahrnehmungen und erheben keinen Anspruch auf Objektivität.

Joana dankt allen ehemaligen und heutigen Mitarbeitern des betterplace lab für ihren Enthusiasmus und Mut, ihr Durchhaltevermögen und ihren stetigen Einsatz, immer wieder neue Wege der Arbeit zu gehen. Ohne euch – Nadine Brömme, Dennis Buchmann, Barbara Djassi, Moritz Eckert, Isabel Gahren, Hanna Gleiss, Nora Hauptmann, Katja Jäger, Franziska Kreische, Yannick Lebert, Gesa Lüdecke, Ben Mason, Stephan Peters, Medje Prahm, Sebastian Schwiecker, Carolin Silbernagl, Lavinia Schwerdersky, Michael Tuchen, Angela Ullrich, Kathleen Ziemann sowie unseren Werkstudenten und -studentinnen – würde es dieses Buch nicht geben! Dabei gilt ein besonderes Dankeschön Dennis, der Joana 2014 zum ersten Mal von Reinventing Organizations erzählte und damit den Impuls für den betterplace lab-Entwicklungsprozess, intern „Team Transformer“ genannt, setzte.

Bettina dankt ebenfalls dem betterplace lab für den Pioniergeist. Ihr weiterer Dank gilt allen anderen Unternehmen, die ihr vertraut und sich auf einen experimentellen Entwicklungsprozess eingelassen haben. Dazu zählen insbesondere die Teams von Ashoka Deutschland und Ashoka Europa rund um Rainer Hoell, Oda Heister, Marie Ringler und Matthias Scheffelmeier sowie das European Forum. Unsere gemeinsamen Erfahrungen rund um New Work sind maßgeblich in dieses Buch eingeflossen. Ein besonderes Dankeschön gilt auch Nadjeschda Taranczewski, die Bettina mit vielen der hier beschriebenen Werkzeuge und Übungen bekannt gemacht hat.

Unsere Herangehensweise, New Work in Form von bestimmten Prinzipien zu beschreiben und diese für Organisationsentwicklung fruchtbar zu machen, verdanken wir Thomas Hübl. Thomas ist ein spiritueller Lehrer, dessen Arbeit sich mit mystischen Prinzipien, also den grundlegenden Wirkungsweisen von Leben und Schöpfung, Innovation und Entwicklung, beschäftigt. Vieles, was wir VIIIüber Inner Work schreiben, haben wir in seinen Gruppen gelernt und erfahren. Das Buch setzt aber nicht voraus, diese mystische Weltsicht zu teilen; es soll Jede und Jeden ansprechen.

Schlussendlich bedanken wir uns bei einander. Ohne Joana hätte Bettina dieses Buch nie geschrieben und Joana hätte ihrerseits ohne Bettina nie New Work und Selbstorganisation so gründlich erforscht und verstanden.

IXInhaltsverzeichnis

Vorwort

Danksagung

Kapitel 1 Von Hierarchie zur ­Potentialentfaltung

Organisationsentwicklung im ­digitalen Zeitalter

Wieso Inner Work?

Bettinas Reise

Joanas Ausgangspunkt

Wie wird man zu einer selbst­organisierten, ganzheitlichen ­Unternehmung?

Für wen ist dieses Buch?

Prinzipien als Anker der Navigation

Beliebte Missverständnisse

Kapitel 2 Außen und Innen

Erst die Standortanalyse, dann die Veränderung

Woraus besteht eine Organisation?

Veränderung in Organisationen

Kapitel 3 Instrumente für die ­innere Navigation

Die individuelle innere Dimension

Erfahrungen und Erleben

Bedürfnisse, Werte und Interessen

Lernen in der Inspirationszone

Die kollektive innere Dimension

Wie werden Organisationsstrukturen flüssiger?

Kapitel 4 Standortbestimmung: ­Führung und ­Zusammenarbeit

Grundelemente guter Führung

Wie entsteht psychologische ­Sicherheit?

Führung in verschiedenen ­Wertesystemen

Kapitel 5 New Work als ­Vermeidung

Herausforderungen bei der ­Machtübergabe

Kapitel 6 Flucht oder ­Inspiration?

Verankerung im Arbeitsalltag

Woher stammt die Motivation?

XSpannungen bewusst konfrontieren

Innen und Außen bei Push-Effekten

Inspiration für den nächsten Schritt – Pull-Effekte

Kompetenzen kennen

Kapitel 7 Innere Klarheit und das große Ganze

Gute Sensoren als Grundlage für Selbstorganisation

Als ganzer Mensch erscheinen

Selbstreflexion und Selbstkontakt

Ich kann das. Du kannst das nicht.

Empathie, Co-Kreation, Feedback und Konflikt

Metareflexion, Multiperspektivität und das große Ganze

Warum ist Metareflexion so wichtig?

Negative Folgen fehlender ­Multiperspektivität

Kapitel 8 Die Balance ­zwischen ­Reflexion und Umsetzung

Reflexion ist kein Selbstzweck

Manifestationskompetenz

Temporäre Kompetenzhierarchien

Selbstverantwortung

Kapitel 9 Die Organisation neu ­gestalten

Wie sich die Organisation bis hier verändert hat

Die nächsten Schritte

Rahmenbedingungen und Produkt: Anforderungen klären

Team: Leitwerte definieren

Team: Kompetenzen definieren

Neue Strukturen und Prozesse

Leitfragen und Prinzipien für ein neues Führungs- und Zusammenarbeitsmodell

Übergabe von Macht und ­Verantwortung

Ausklang

Literatur

Prozess-Fragenkatalog zur ­Selbstorganisation

Übungen

1

Kapitel 1 Von Hierarchie zur ­Potentialentfaltung

2Ground Control to Major TomTake your protein pills and put your helmet on

David Bowie, Space Oddity

Stell Dir vor, es ist Dein erster Arbeitstag in einem neuen Unternehmen. Du wirst freundlich begrüßt und aufgefordert, die nächsten Wochen damit zu verbringen, das Unternehmen richtig gut kennenzulernen. „Schau Dir an, was Deine Kollegen machen. Wenn Du ein Projekt interessant findest, kannst Du dort direkt einsteigen. Und wenn Du eine eigene Idee hast, versuche, Deine neuen Kollegen dafür zu begeistern, und gründe ein eigenes Team.“ Alle Tische in diesem Büro haben Rollen, sodass Mitarbeiter sich höchst flexibel von einem Projektteam zum anderen bewegen können. Das Unternehmen, das so arbeitet, heißt Valve und ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Hersteller von Computerspielen. Gegründet in Seattle im Jahr 1996, beschäftigt es heute um die 400 Mitarbeiter. Es gibt kein Management, und selbst der Gründer und Präsident kann Mitarbeitern nicht vorschreiben, wie und an was sie arbeiten.

Auf der anderen Seite der Welt, in Berlin, arbeitet das betterplace lab ebenfalls ohne Chefs und Manager. Der gemeinnützige Think-and-Do-Tank erforscht, wie Digitalisierung für das Gemeinwohl eingesetzt werden kann. Die Mitarbeiterinnen planen das neue Geschäftsjahr jeden Herbst gemeinsam. Zum gleichen Zeitpunkt verhandeln sie auch ihre Gehälter untereinander. Neue Kolleginnen und Kollegen werden von den Mitarbeitern selbst eingestellt. Statt eines statischen Organigramms haben sie eine kompetenzbasierte Hierarchie entwickelt, bei der jeweils die Mitarbeiter mit der höchsten Kompetenz in unterschiedlichen Themenbereichen selbstständig Entscheidungen treffen können.

Organisationsentwicklung im ­digitalen Zeitalter

Unsere Arbeitswelt ist in einem fundamentalen Umbruch begriffen. Herkömmliche Führungs- und Kontrollfunktionen, entwickelt im Zeitalter der ersten und zweiten Industrialisierung, erweisen sich im Zuge der Digitalisierung zunehmend als überholt.

3Neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten sowie eine rasch voranschreitende Automatisierung üben einen enormen Druck auf die Wirtschaftswelt aus. Unternehmen sind gezwungen, sich viel schneller und radikaler auf Veränderungen einzustellen. Sie müssen innovativer und risikofreudiger werden, fähig, in einem zunehmend komplexeren Umfeld zu handeln. Je komplexer die Welt wird, desto ungeeigneter erscheinen die herkömmlichen Hierarchien, da Wissen und Kreativität oft nicht zentral an der Spitze, sondern im Unternehmen verteilt liegen. Gefragt sind daher dezentrale Organisationsformen, „Startup Thinking“ und „Digital Mindsets“. Solche Modelle fordern die Fähigkeit, eigenverantwortlich zu handeln, mit anderen zusammenzuarbeiten, flexibel zu sein, Unsicherheiten auszuhalten, mit Verschiedenheit umzugehen und Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Ein weiterer Faktor kommt hinzu: Viele Menschen spüren, dass die Kluft zwischen ihren eigenen Bedürfnissen und Interessen und dem, was sie in ihrer Arbeitswelt erfahren, immer größer wird. Dies betrifft Mitarbeiter ebenso wie Vorgesetzte. Arbeitnehmern kommt es vor, als müssten sie menschlich „schrumpfen“, um durch die Bürotür zu passen. Chefs langweilen sich, wenn sie Urlaubstage freigeben oder Zwist in Abteilungen beilegen müssen, statt Innovationen voranzutreiben und neue Geschäftsfelder zu erforschen. Diese Spannungen führen zu den kontinuierlich steigenden Burn-out- und Fehlzeiten-Statistiken mit den damit einhergehenden menschlichen Dramen und wirtschaftlichen Verlusten. Damit verbunden ist der schärfer werdende Wettbewerb um Nachwuchstalente, die ihre eigenen Vorstellungen von einem guten Arbeitsplatz mitbringen.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, machen sich viele Unternehmen auf den Weg der Veränderung. Hierfür wurden Begriffe geprägt, die Innovation, Veränderungsbereitschaft und Transparenz ausdrücken. Unter den Schlagwörtern New Work, Holokratie, agile Unternehmen oder „türkise“ Organisationen werden neue Formate, Strukturen und Prozesse entwickelt. Dabei reichen die Maßnahmen von kosmetisch über verzagt bis radikal. Manch einer verpasst schon dem monatlichen Kulturabend in der Kantine, dem Bürohund oder dem neu gestalteten Intranet das Etikett „New Work“. Andere versuchen, sich materiell zu verjüngen, reißen Wände ein und stellen Kicker- und Tischtennisplatten, kostenlose Getränkekühlschränke und Sitzsäcke auf. Viele jagen Change-Coaches 4durchs Unternehmen, die mit Design-Thinking-Methoden, flexiblen Arbeitszeiten und kreativen Titeln auf den Visitenkarten die Innovationsfähigkeit der Belegschaft steigern sollen. Digitale Kollaborationstools werden eingeführt: Man kommuniziert über Slack, Google Drive oder Trello. Die Vorstandsetagen öffnen sich – bis hin zum Duzen auch des Vorstands – und C-Level Manager suchen den Austausch mit Mitarbeitern. Das wirkt zunächst oft gut, dringt aber nicht zum Kern der Herausforderung vor.

Eine kleine, aber wachsende Anzahl an Unternehmen nimmt sich des Themas grundsätzlicher an. Sie verflachen Hierarchien oder schaffen diese, inklusive der Chefs, ganz ab. Sie lassen sich auf einen Perspektivwechsel ein, beispielsweise indem Auszubildende für einen Monat die Geschäftsführung übernehmen. Sie machen Managemententscheidungen transparent und legen Gehälter offen. Sie übergeben Teams die Verantwortung für die Personaleinstellung (Recruiting), sodass diese ihre eigenen Kollegen einstellen. Sie ermächtigen Mitarbeiter, frei zu entscheiden, wie viel Urlaub sie nehmen, von wo, wann und an was sie arbeiten. Und manche Teams verhandeln sogar ihre Gehälter untereinander und entwickeln zusammen die Strategie des Unternehmens.

Viele dieser radikaleren Ansätze basieren auf der Überzeugung, dass Unternehmen modellhaft zukünftige Lebensformen testen und vorleben sollten. Gründer und Mitarbeiter spüren, dass wir im frühen 21. Jahrhundert am Ende einer Ära angekommen sind und vor der Aufgabe stehen, nachhaltigere, gerechtere und gesündere gesamtgesellschaftliche Strukturen aufzubauen. Doch wie können wir für die Gesellschaft neue Werte und Formen fordern, wenn wir im Kleinen – in unserem eigenen Arbeitsumfeld – immer noch in alten, oft nicht funktionierenden Strukturen gefangen sind? Dies ist insbesondere für sogenannte Impact-Unternehmen, also solche, die sich ausdrücklich dem gesellschaftlichen und ökologischen Wandel verschrieben haben, eine brennende Frage. Immer mehr von ihnen werden zu Vorreitern der New Work-Bewegung und entwickeln im Rahmen ihrer eigenen Unternehmen modellhaft die Zukunft der Arbeit.

Wieso Inner Work?

Doch fast alle Maßnahmen, die heutzutage unter New Work laufen, greifen zu kurz und sind zum Scheitern verurteilt. So wie neue 5Arbeitsformen umgesetzt werden, können sie die erhoffte systemverändernde Wirkung nicht erzielen.

Denn der Wandel findet nur im Außen statt. Die meisten Unternehmen tun so, als müsste man nur ein paar Rollen und Regeln verändern und schon würden Menschen kreativer, verantwortungsvoller und selbstbestimmter. Dieses Herangehen übersieht, dass jede maßgebliche Veränderung in der Außenwelt eine entsprechende Veränderung im Innenleben der einzelnen Menschen braucht. Nur wenn wir Wandel ganzheitlich angehen und die innere Transformation aktiv mit einbeziehen, kann er gelingen. Wir müssen die subjektiven Empfindungen und Wahrnehmungen der New Worker ins Zentrum der Veränderung stellen. Wenn Unternehmen den Spielraum für Individuen vergrößern – ihnen mehr Freiraum und Verantwortung geben –, bedarf es eines Kompetenzaufbaus, einer menschlichen Reifung, im Zuge derer Mitarbeiter innerlich stärker und selbstbewusster werden. Um New Work richtig umzusetzen und das Potential dieser großen Veränderungswelle in der Arbeitswelt zu schöpfen, müssen wir beides, Außen und Innen, objektive Strukturen und subjektive Erfahrungen ins Blickfeld nehmen.

Dass New Work nicht funktioniert, wenn Teams nur ihre äußeren Arbeitsweisen und Organisationsstrukturen verändern, zeigt sich darin, dass immer mehr Unternehmen, die transparente (holokratische) und veränderungsbereite (agile) Strukturen eingeführt haben, bei der Umsetzung straucheln. Selbst mancher New Work-Pionier ist mittlerweile desillusioniert und berichtet von sinkenden Umsätzen und Kündigungen. Der erhoffte Innovationsschub bleibt oft aus. Vorgesetzte suchen die Schuld bei den Mitarbeitern, die so viel Freiheit angeblich nicht vertragen und offenbar einen direktiven Führungsstil brauchen. Mitarbeiter ihrerseits erzählen von gesteigertem Leistungsdruck, unklaren Strukturen und allgemeiner Verunsicherung. Nach diesen Erfahrungen kehrt manches Unternehmen wieder zur althergebrachten Hierarchie zurück.

Dies muss nicht sein. Wenn wir äußere Veränderung mit inneren Transformationsprozessen verbinden, können wir neue Arbeitsformen erfolgreich umsetzen und machen damit einen großen Schritt hin zu einer besseren Wirtschaft, in der Menschen ihre Potentiale völlig neu entfalten können. Diese Überzeugung prägt unsere Arbeit und dieses Buch.

6Bettinas Reise

Bettinas Forschungsreise zu New Work begann fast ein wenig unfreiwillig. 2014, nach vier Jahren als Prozessberaterin in einem großen Automobilkonzern, war sie an einem kritischen Punkt ihres Karrierewegs angekommen: Ausgestattet mit einem Master in Betriebswirtschaftslehre und einer gestalttherapeutischen Ausbildung war Bettina angetreten, die technische Entwicklung und Zusammenarbeit im Konzern ganzheitlicher zu gestalten. Dafür wollte sie die Strukturen und Prozesse mit den Werten und Bedürfnissen der Mitarbeiter in Einklang bringen. Doch genau an diesem Punkt endete ihre Konzernkarriere. Denn, so viel wurde trotz beidseitiger Bemühungen sehr schnell klar, eine solch ganzheitliche Perspektive auf Arbeitsprozesse würde hier nicht jetzt und sicher auch nicht in den nächsten Jahren Platz finden.

Bettina kündigte und plante eine Auszeit, um ihre nächsten beruflichen Schritte zu planen. Genau in diesem Moment trat New Work in ihr Leben. Und zwar in der Form von Joana Breidenbach und des betterplace lab.

Joanas Ausgangspunkt

2007 hatte Joana die Spendenplattform betterplace.org mitgegründet. 2010 folgte das betterplace lab, ein Think-and-Do-Tank, der erforschte, wie digitale Medien für das Gemeinwohl eingesetzt werden können. 2014 wollte Joana ihre Führungsposition abgeben, um sich neuen Themen zu widmen. Doch wie sollte sie ihre Nachfolge organisieren? Sozialunternehmen wie betterplace sind oft sehr auf ihre Gründer fixiert und es erschien schwierig, eine „neue Joana“ zu finden. Ein Kollege erzählte ihr damals von dem neuen Buch Reinventing Organizations von Frederic Laloux (2014), in dem ein ungewöhnliches Unternehmens- und Führungsmodell beschrieben wurde. Joana las es und war elektrisiert. Statt festen Hierarchien basierte die Zusammenarbeit in den von Laloux beschriebenen Unternehmen auf Selbstorganisation. Klassische Vorgesetzten- und Managerpositionen existierten nicht und Mitarbeiter konnten aus ihren vorgefertigten Rollen aussteigen, um Aufgaben zu übernehmen, die ihren Interessen und Potentialen entsprachen. Laloux beschrieb, wie Mitarbeiter in diesen Unternehmen als „ganze 7Menschen“ erschienen und gemeinsam die notwendigen Strukturen und Prozesse gestalteten. Strategien wurden ebenfalls nicht von oben nach unten, top-down, verordnet, sondern entstanden, indem Mitarbeiter sich von der „evolutionären Bestimmung“ (engl.: evolutionary purpose) des Unternehmens leiten ließen.

Die Prinzipien der Selbstorganisation, Ganzheitlichkeit und intuitiven Strategieplanung faszinierten nicht nur Joana, sondern das gesamte zwölfköpfige betterplace lab-Team. Sie hatten Lust, etwas ganz Neues auszuprobieren: nicht nur ihr Wissen zu digital-sozialen Innovationen zu verbreiten, sondern mit dem eigenen Arbeitsumfeld zu experimentieren. In der Trendforschung beschrieben sie, wie Digitalisierung weit mehr als nur eine Technologie war, sondern mit neuen kulturellen Dynamiken wie Dezentralisierung, Co-Kreation, Kollaboration und Agilität einherging. Nun konnten sie am eigenen Leibe erforschen, was das bedeutete.