Niemals Frieden? - Moshe Zimmermann - E-Book

Niemals Frieden? E-Book

Moshe Zimmermann

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Beschreibung

Der immerwährende Krieg – und wie er enden könnte Von Generation zu Generation wird der Krieg in Palästina weitergetragen. Nach der jüngsten und schlimmsten Eskalation durch den Terrorangriff der Hamas macht sich Hoffnungslosigkeit breit: Wird das immer so weitergehen? Nein, sagt Moshe Zimmermann, der große liberale Historiker.  Schonungslos – und nicht ohne Bitterkeit – benennt er zunächst die Schuldigen an der Katastrophe: Da ist die Hamas, die Gewalt als einziges Mittel der Politik sieht und Israel auslöschen will. Da sind aber auch die jüdischen Siedler, die alle Israelis in Mithaftung nehmen für ihre radikale Politik, die Land und Leben der arabischen Palästinenser bedroht. Und da ist die rechte Regierung in Israel, die den Konflikt schürt, statt ihn zu dämpfen. Daraus folgt, so Zimmermann, der Weg zur Lösung: Abkehr von der Siedlungspolitik, Abkehr von der bisherigen Politik in Gaza, Abkehr vom Islamismus, Hinwendung zur Zweistaatenlösung, verstärkte Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. Juden und Araber müssen Palästina, diesen kleinen Streifen Land, untereinander aufteilen und miteinander leben – oder sie werden miteinander sterben.

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Niemals Frieden?

MOSHE ZIMMERMANN, geb. 1943 in Jerusalem, ist Professor emeritus für moderne Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u. a. Antisemitismus und Nationalismus. Bis 2012 leitete er das Koebner Zentrum für deutsche Geschichte an der Hebräischen Universität. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter Wende in Israel (1996) und Die Angst vor dem Frieden (2010), in denen er sich leidenschaftlich für die Zweistaatenlösung einsetzt.

Von Generation zu Generation wird der Krieg in Palästina weitergetragen. Nach der jüngsten und schlimmsten Eskalation durch den Terrorangriff der Hamas macht sich Hoffnungslosigkeit breit: Wird das immer so weitergehen? Nein, sagt Moshe Zimmermann, der große liberale Historiker. Schonungslos – und nicht ohne Bitterkeit – benennt er zunächst die Schuldigen an der Katastrophe: Da ist die Hamas, die Gewalt als einziges Mittel der Politik sieht und Israel auslöschen will. Da sind aber auch die jüdischen Siedler, die alle Israelis in Mithaftung nehmen für ihre radikale Politik, die Land und Leben der arabischen Palästinenser bedroht. Und da ist die rechte Regierung in Israel, die den Konflikt schürt, statt ihn zu dämpfen.Daraus folgt, so Zimmermann, der Weg zur Lösung: Abkehr von der Siedlungspolitik, Abkehr von der bisherigen Politik in Gaza, Abkehr vom Islamismus, Hinwendung zur Zweistaatenlösung, verstärkte Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. Ein hellsichtiges Buch, das trotz allem Hoffnung gibt.

Moshe Zimmermann

Niemals Frieden?

Israel am Scheideweg

Ullstein

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Propyläen ist ein Verlag derUllstein Buchverlage GmbHwww.propylaeen-verlag.de

ISBN 978‑3‑549‑10083‑7© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024Umschlaggestaltung: Brian BarthAutorenfoto: © Moshe ZimmermannE-Book powered by PepyrusAlle Rechte vorbehalten.Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.ISBN 978-3-8437-3214-7

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Vorwort: Pessimistisch, aber konstruktiv

1. Das Versagen des Zionismus: der 7. Oktober 2023

2. Die Zweistaatenlösung und ihre Gegner

3.Macht und Ohnmacht: Krieg ohne Ende

4. Israel als deutsche Staatsräson – wohin mit dem Antisemitismus?

5.Europäische Wurzeln, postkoloniale Rückschau

6. Israel – Staat ohne Grenzen

7.Von der Säkularisierung zum Fundamentalismus

8. Jüdischer Staat oder Staat aller Bürger

9. Kulturvielfalt versus Kulturkampf

10. Siedler als Geiselnehmer

11. Die Kakistokratie

12. Braucht die Wirtschaft zwei Staaten?

13. Israel und die Großmächte

14. Zweistaatenlösung, etwas anders

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Cover

Titelseite

Inhalt

Vorwort: Pessimistisch, aber konstruktiv

Motto

Denk ich an meine Enkel in der Nacht …

Vorwort: Pessimistisch, aber konstruktiv

Der Garten hat geblüht, die Sonne hat geleuchtet.Und der Schächter hat geschächtet.

Diese Zeilen aus dem Gedicht des israelischen Nationaldichters Chaim Nachman Bialik »In der Stadt des Schlachtens« (1903) kennt jeder Schüler in Israel, wie auch die Fortsetzung des Gedichts:

Und weiter noch, viel furchtbare Geschichten,Die löchern deinen Kopf, verbrennen dir den SinnUnd töten dir auf ewig deine Seele.Und du erstickst im Hals dein wildes Brüllen.

Diese Verse senden dem israelischen Schüler wie jedem anderen Leser eine klare Botschaft: So sieht das Schicksal der Diaspora-Juden aus, wenn sie sich nicht nach Palästina retten. Seit dem 7. Oktober 2023 kommen diese Verse jedem Israeli in den Sinn, jetzt allerdings mit Bezug auf das, was sich in seiner unmittelbaren Nähe, nur etwa eine Stunde entfernt von Tel Aviv oder Jerusalem, ereignete.

Was an diesem 7. Oktober entlang der Grenze zwischen dem Gazastreifen und dem benachbarten Gebiet auf israelischem Territorium geschah, ähnelte einem Vulkanausbruch: Der angeblich schlafende Vulkan Gaza explodierte, was zu einem regionalen Erdbeben führte. Zwar war es seit 2006, seit die islamistische Terrororganisation Hamas die Macht im palästinensischen Gazastreifen übernommen und den Raketenbeschuss auf Israel systematisch vorangetrieben hatte, immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas gekommen. Etwa alle zwei Jahre kam es zu Militäroperationen, die einige Wochen andauerten, worauf wieder eine relative Ruhephase folgte. Doch der Überfall vom 7. Oktober 2023 war nicht lediglich eine weitere gegen Israel gerichtete Provokation, auch nicht nur ein präzedenzlos brutaler und grausamer Angriff auf israelischem Territorium – das Massaker entfesselte einen Krieg, an dem die gesamte Region direkt oder indirekt beteiligt ist. Sogar die Großmächte, allen voran die Vereinigten Staaten, konnten nicht untätig bleiben. Iran zieht die Drähte, die bis nach Libanon oder Jemen reichen, Amerika muss also im Mittelmeer wie im Roten Meer Präsenz zeigen. Nicht ohne Grund wurde im Zusammenhang mit der Katastrophe des 7. Oktober 2023 die Erinnerung an die Terroranschläge vom 11. 9. 2001 in den USA oder sogar an Pearl Harbor 1941 wachgerüttelt. Diese Vergleiche und Assoziationen zeigen, wie tief der Schock nicht nur in Israel sitzt und wie stark dieses Erdbeben auf der weltpolitischen Richterskala wirkt.

Schaut man auf die wütende Reaktion Israels, so stellt sich sofort die Frage nach der Alternative: Musste es wirklich so weit kommen? Gab es keinen Weg, den Konflikt anders und weniger gewaltsam auszutragen? Hätte es vielleicht sogar eine Chance gegeben, ihn zu beenden? Um diese entscheidende Frage zu beantworten, reicht es nicht aus, über kurzfristige Alternativen zu sprechen, auch nicht über das, was sich unmittelbar vor dem Angriff ereignete. Ein historischer Rückblick weit in die Vergangenheit, eine Art Zoom-out, ist vielmehr erforderlich. Das Erdbeben darf nicht isoliert betrachtet werden. Man muss den Weg in die Katastrophe beschreiben und die Vorgeschichte verstehen, um einen möglichen Ausweg aus dem Dilemma skizzieren zu können.

Dabei werde ich nicht auf eine »Von Plato zur Nato«-Erzählweise zurückgreifen. Vielmehr werde ich mich auf die 75-jährige Geschichte des Staates Israel konzentrieren, und zwar mit dem Schwerpunkt auf der Zeit seit dem Sechstagekrieg 1967. Je näher die Wendepunkte an unsere Gegenwart heranreichen – Oslo-Abkommen 1993, Al-Aksa-Intifada 2000, die Verwandlung des Gazastreifens in ein »Hamastan« 2006/07, das Ende der Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern 2014 –, desto relevanter werden sie für die gegenwärtige Entwicklung.

Und doch sollen die Wurzeln des Konflikts, die in der Zeit seit der Entstehung der zionistischen Bewegung, aber noch vor der Gründung des Staates Israel 1948 liegen, nicht außer Acht gelassen werden. Auch sie gehören in den großen »Frame« – also zu dem, was in der Filmsprache Supertotale oder Weitwinkel-Ansicht genannt wird. Leider gibt es zu viele Erklärungsversuche, die durch ideologische Scheuklappen eingeengt sind und nur einen Schmalfilm erkennen lassen oder auch ein verzerrtes Bild des Konflikts anbieten. Und nicht zu vergessen: Die Arbeit des Historikers unterscheidet sich grundlegend von dem, was der Fernsehberichterstatter für die Krönung seiner Arbeit hält – es ist die Struktur, nicht »der letzte Stand der Dinge« oder die Sensation, die für den Historiker zählt. Vieles kann sich ab dem Zeitpunkt, an dem das Buch in Druck geht, bis zu seinem Erscheinen noch ändern. Der Kontext und nicht die Nachricht, »die uns soeben erreicht hat«, steht im Vordergrund.

Der UN-Generalsekretär António Guterres erntete harsche Kritik für seine Äußerung, der Terroranschlag der Hamas habe »nicht im luftleeren Raum« stattgefunden. Zu Unrecht, denn kein Ereignis steht im luftleeren, kontextlosen Raum, egal ob es sich um einen gelungenen Torschuss im Fußball oder um den Schuss handelt, den Gavrilo Princip auf den habsburgischen Thronfolger in Sarajevo am 28. Juni 1914 abgefeuert hat. Geschichte ereignet sich im Kontext und ist darüber hinaus nicht monokausal zu verstehen. So auch in unserem Fall. Die folgende Abhandlung bemüht sich darum, Zusammenhänge zu beschreiben, Komplexitäten zu schildern und schließlich auch alternative Prognosen zu wagen.

Dabei sollte Kontextualisieren aber nicht mit Relativieren verwechselt werden, denn wenn die Kontextualisierung die Relativierung zum Ziel hat, ist das mit Recht zu kritisieren. Im Fall des Terrorangriffs vom 7. Oktober 2023 käme die Relativierung einer Umkehr der Täter-Opfer-Beziehung gleich, ist also moralisch verwerflich. Vorsicht ist auch dann geboten, wenn man damit rechnen muss, dass Rezipienten die Kontextualisierung als Aufforderung zur Relativierung auslegen. Der Historiker kontextualisiert auch, indem er zum Vergleich greift. Der Vergleich ist eine unumgängliche Methode, ein Instrument im Dienst des historischen Verstehens. Ist aber die Absicht oder das beabsichtigte Ergebnis eines Vergleichs die moralische Relativierung, hat der Historiker seine Rolle als Interpret, als Analytiker bereits aufgegeben. Wie heikel der historische Vergleich werden kann, zeigte der deutsche Historikerstreit 1985 um die These von Ernst Nolte und der Historikerstreit 2.0 im Jahr 2020 um die Thesen von Achille Mbembe. Die Vergleichbarkeit des Holocausts ist beim Thema Vergleich der Ernstfall.

Ich bin Historiker, ein israelischer Historiker, der aus seiner Perspektive um eine historische Rückschau wie auch um Prognosen bemüht ist. Ich versuche, handwerklich sauber zu arbeiten und so unvoreingenommen zu schreiben wie möglich. Meine Hoffnung ist, dass dieses Buch noch lange Bestand haben wird, auch nachdem der jetzige Gaza-Krieg zu Ende gegangen ist. Vieles ist darin eingeflossen, was ich bereits während der vergangenen drei Jahrzehnte geschrieben habe. Die Grundstruktur des Konflikts hat sich seit damals nicht verändert, meine Überzeugung ist immer noch dieselbe. Doch bin ich pessimistischer, was die Zukunft anbelangt. Denn das, was sich seit dreißig Jahren ereignete, und erst recht das, was seit dem 7. Oktober 2023 geschah, trug dazu bei, dass die Fronten auf beiden Seiten sich weiter verhärteten und der gegenseitige Hass sich weiter hochschaukeln konnte. Meine Bilanz fällt sehr kritisch aus, doch versuche ich, meinem Pessimismus zum Trotz konstruktiv zu denken.

Als Historiker befasse ich mich in der Regel mit der deutschen und der deutsch-jüdischen Geschichte, auch mit den deutsch-israelischen Beziehungen. Entsprechend wurde auch dieses Buch konzipiert: Die Analyse bezieht sich auf die von mir gewählte Perspektive. Deshalb werden Vergleiche zwischen der deutschen und der israelischen Geschichte vorgenommen, und es wird auch die Frage der Einstellung der Bundesrepublik und der Bürger dieser Republik zum Thema Israel und zum Konflikt im Nahen Osten behandelt.

Geschrieben habe ich das Buch nicht, um das zionistische Unternehmen zu diskreditieren oder zu delegitimieren, sondern um auf mögliche Auswege aus der Sackgasse bzw. aus dem Teufelskreis der Gewalt und Gegengewalt aufmerksam zu machen. Ich finde noch immer den Spruch des früheren israelischen Außenministers Abba Eban zutreffend: »Die Palästinenser haben nie eine Chance verpasst, eine Chance zu verpassen«, nie ließen ihre offiziellen Vertreter eine Zukunftsvision erkennen, die auch Israelis ansprechen könnte. Die Hoffnung auf das Verschwinden Israels kann ja wohl kaum Kooperationsbereitschaft auf israelischer Seite hervorrufen. Ich erinnere mich oft an einen Witz aus früheren Zeiten: Zwei deutsche Juden schlichen sich in eine Hitler-Wahlveranstaltung, um zu verstehen, was dieser Partei so viel Erfolg bringt. Als die Rede zu Ende war, sprangen die beiden auf und riefen: »Raus mit uns!« Raus mit uns – das kann, bei aller Bereitschaft zur Selbstkritik, nicht meine Devise sein. Die eigene Nase abzuschneiden, um das Gesicht zu ärgern (so ein englischer Spruch) – das ist nicht mein »Ding«. Und auch nicht, bei verkappten Antisemiten Genugtuung zu verbreiten.

Tel Aviv, 15. Januar 2024