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Mögen Sie Bloody Marys? Die echten? Was wirklich hinter diesem roten Getränk steckt, erzählt Ele Otto in ihrer schauerlich-schönen Kurzgeschichte mit dem verräterischen Namen Bloody Mary. Und wussten Sie schon, dass Vampire auch zu Klassentreffen gehen? Außerdem: Bei Begegnungen auf Friedhöfen sollte man stets vorsichtig sein, es könnte sonst heißen Niemals oder für immer. - Drei vampirische Kurzgeschichten der etwas anderen Art!
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Seitenzahl: 49
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Ele Otto
Niemals oder für immer
Impressum
Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency
© 110th/ Chichili Agency 2014
EPUB ISBN 978-3-95865-155-5
MOBI ISBN 978-3-95865-156-2
Urheberrechtshinweis:
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency” reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Inhalt
Mögen Sie Bloody Marys? Die echten? Was wirklich hinter diesem roten Getränk steckt, erzählt Ele Otto in ihrer schauerlich-schönen Kurzgeschichte mit dem verräterischen Namen Bloody Mary. Und wussten Sie schon, dass Vampire auch zu Klassentreffen gehen? Außerdem: Bei Begegnungen auf Friedhöfen sollte man stets vorsichtig sein, es könnte sonst heißen Niemals oder für immer.
Tim starrte vom Tresen aus mit offenem Mund auf die Tanzfläche. Das, was da wenige Schritte vor ihm im flirrenden Discolicht kreiselte, konnte kein Mensch sein. Nein, dieses Mädchen dort musste eine Elfe sein, ein Engel, eine Märchenfee. Tim schluckte. Hüftlanges mitternachtsschwarzes Haar flog beim wilden Tanz der Schönen um ihren grazilen Körper, und sie gab sich mit geschlossenen Augen völlig diesem uralten ewigen Hit hin ... Born to be wild ...
Es war eng hier wie jeden Freitagabend, und Tim sah verwundert, dass sie sich trotzdem so frei bewegte, als tanze sie auf einer unbewohnten Insel inmitten der wogenden, stampfenden und hüpfenden Menschenmenge.
In diesem Moment stieß ihn Lisa mit dem Ellebogen an. »Hey, Bruderherz, was geht ab? Dir fallen ja gleich die Augen aus dem Kopf!«
Sie folgte Tims Blick und pfiff ganz undamenhaft durch die Zähne. »Wow! Die ist ja echt ein Blickfang, das muss der Neid ihr lassen!«
Neugierig betrachtete sie das Mädchen. Sie und ihr jüngerer Bruder kannten die meisten Leute hier in ihrem stadtweit angesagten Lieblings-Club, und Fremde fielen Lisa gleich auf. Und in diesem Sommer gibt es ‘ne Menge mehr unbekannte Gesichter als letztes Jahr, dachte sie, auch der Barkeeper hatte gewechselt.
Irgendwie besonders sah sie jedenfalls schon aus, diese hübsche Tänzerin, die ihr Bruder da anhimmelte, fand Lisa. Und erstaunlicherweise perlte selbst in der Hitze dieser Hochsommernacht, der rotierenden Disco-Scheinwerfer und der Ekstase des Tanzes kein Schweißtröpfchen auf ihrer Haut. Als sie die Arme hob und schlangengleich ihren Körper wand, war der Stoff ihres zweifelsfrei schweineteuren Oberteils jungfräulich trocken unter den Achseln.
»Fitness-Studio und ‘n Super Deo ...«, murmelte Lisa.
»Was?!«, fragte Tim abwesend, der noch immer das Tanzwunder anstarrte wie Waldi die Fleischwurst. Lisa verdrehte die Augen. Jetzt leckte sich ihr Brüderlein auch noch über die Lippen und kippte dann die Whisky-Cola in einem Zug ‘runter. Männer!
Das Lied war zu Ende und die Fremde öffnete die Augen. Ihr Blick traf Tim wie ein Pfeil – ein Pfeil aus dem blausten Blau, tief wie das Meer, direkt ins Herz. Das gleich stehenbleiben würde, da war er sicher, denn nun steuerte sie direkt auf ihn zu, verzog den sündenroten Herzmund zu einem liebreizenden Lächeln und schob sich neben ihn auf den freien Barhocker.
»Hallo!«, sagte sie und schob mit einer schlanken weißen Hand die dunkle Haarflut aus dem Gesicht. »Ist das hier immer so voll um diese Zeit?«
»He-ha-hallo ...«, stotterte Tim und rückte ein Stückchen zur Seite, obwohl er viel lieber in die andere Richtung gerutscht wäre, direkt in ihre Arme. »Ne-nein, äh, ich meine – ja! Ja, freitags immer ...«
Lisa verdrehte erneut die Augen, diesmal über das geistreiche Anbaggergespräch, und schaltete sich ein. »Hey, ich bin Lisa, und der Trottel hier ist mein Bruder Tim!«
Sie gab ihm eine zärtliche Kopfnuss und Tim fauchte peinlich berührt:»Ey, was soll’n das?!«
Das fremde Mädchen grinste, was Lisa sympathisch fand, während Tim tomatenrot anlief. Seine blöde, verdammte Schwester!
Die schwätzte jetzt einfach drauflos: »Bist du neu in der Stadt? Wir sind oft hier und haben dich bisher noch nie gesehen!«
Die Fremde schüttelte den Kopf. »Nö, neu in der Stadt – das kann man nicht so wirklich sagen. Ich komme im Sommer immer wieder mal her. Aber in diesem Viertel hier war ich schon seit, naja ...«, sie lächelte amüsiert, »... seit Ewigkeiten nicht mehr.«
»Willst du was trinken?«, fiel Tim jetzt eifrig ein und konnte seinen Blick noch immer keine Sekunde von ihr losreißen.
Sie schürzte nachdenklich die anbetungswürdigen Lippen, und Tim wurde ganz schwach in den Knien. »Was Rotes.«
»Was Rotes?«, echote Tim.
»Bloody Mary.«
»Bloody Mary ... gut, klar: Bloody Mary!« Er wedelte eifrig mit der Hand in der Luft herum, um den Typen am Ausschank aufmerksam zu machen. »Eine Bloody Mary!«
Der trendy gestylte Barmann nickte, ohne aufzusehen, und griff nach der Wodkaflasche.
»Aber die echte!«, rief das fremde Mädchen ihm zu, worauf er den Kopf hob und sie prüfend musterte. Dann nickte er erneut und beide, er und sie, lächelten sich einvernehmlich zu.
»Wie –«, fragte Lisa neugierig. »Ich trink’ so was ja nicht, aber was ist denn eine echte Bloody Mary, was is‘n da anders als sonst?!«
Das Mädchen winkte ab. »Ach, da ist der rote Saft speziell – ihr könnt‘s ja gleich mal probieren.« Sie lächelte wieder und entblößte einen Schimmer ihrer schneeweißen Zähne.
Hat wahrscheinlich ‘nen superteuren Star-Zahnarzt, dachte Lisa unwillkürlich.
Tim überlegte krampfhaft, über was er sich mit der schönen Tänzerin unterhalten könnte, ohne dass ihn seine blöde Schwester wieder blamierte. Das Mädchen wandte gerade den Kopf und seidiges, duftendes Haar streifte seine Hand. Eine Gänsehaut überlief ihn und das Bedürfnis, sein Gesicht in dieser Haarpracht zu baden. Grade so eben konnte er sich noch beherrschen, zum Glück ... Dann sah er auf und versank erneut wehrlos in ihrem ozeanblauen Blick.
»Und – was macht ihr so, deine Schwester und du?«, fragte das Mädchen und beugte sich noch ein wenig näher zu ihm hin, wobei er ihren Schwanenhals und das perfekt geschwungene Dekolleté bewundern konnte. Er schluckte und räusperte sich.