Nightclubbing - Sissi Kaipurgay - E-Book

Nightclubbing E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Johannes ist Lehrer, Mathe und Latein und mit verständnisvollen Eltern gesegnet. Als seine Mutter der Meinung ist, er sollte endlich einen Partner finden, drängt sie ihn, in einem einschlägigen Club danach zu suchen. Notfalls würde sie sogar mitkommen, wenn er sich allein nicht traut. Es bleibt ihm also nichts anderes übrig, als sich in die Höhle des Löwen zu wagen. Dass er im Sugar Shack das Objekt einer Wette wird, hätte er sich dabei niemals träumen lassen. Und dann ist da noch der Barkeeper Marek, der zum Lächeln in den Keller geht ...

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Inhaltsverzeichnis

Nightclubbing Band 2

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11. Hendrik

12.

13.

14.

15.

Epilog – einige Wochen später

Nightclubbing Band 2

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Korrekturen: Aschure, Dankeschön!

Bilder:shutterstock_1794590842, Discolichter mit Silhouette: Sissis Werk

Cover: Lars Rogmann

Kontakt:

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Nightclubbing Band 2

Johannes ist Lehrer, Mathe und Latein und mit verständnisvollen Eltern gesegnet. Als seine Mutter der Meinung ist, er sollte endlich einen Partner finden, drängt sie ihn, in einem einschlägigen Club danach zu suchen. Notfalls würde sie sogar mitkommen, wenn er sich allein nicht traut. Es bleibt ihm also nichts anderes übrig, als sich in die Höhle des Löwen zu wagen. Dass er im Sugar Shack das Objekt einer Wette wird, hätte er sich dabei niemals träumen lassen.

Und dann ist da noch der Barkeeper Marek, der zum Lächeln in den Keller geht ...

1.

Nach einem Blick auf den schlafenden Kleinen, den er letzte Nacht abgeschleppt hatte, schwang Guido die Beine aus dem Bett und begab sich ins Bad.

Schon oft hatte er sich vorgenommen, nur noch auswärts Sex zu haben, weil sich dann erübrigte, den jeweiligen Gespielen am Morgen danach rauszuwerfen. Was ihn davon abhielt war die Erfahrung, dass so manche Bude nicht mal den geringsten hygienischen Anforderungen entsprach. Wenn’s nach Pisse stank, alles voller Katzen- oder Hundehaare war oder man über dreckige Klamotten stolperte, dann verging ihm die Lust. Gegen Tierhaare war er allergisch, gegen den Rest auch.

Besonders in seiner Erinnerung haften geblieben war ein One-Night-Stand mit einem Typen, der in einer WG hauste. Das Zimmer des Mannes ging ja noch, aber der Rest ... Im Bad wuchsen Pilze an den Wänden. Das Klo war schwarz, genau wie die Duschtasse. Aus Neugier hatte er einen Blick in die Küche geworfen. In der Spüle stapelte sich schmutziges Geschirr, dem Geruch zufolge bereits seit einer Weile.

Nachdem er seine Blase erleichtert hatte, stellte er sich unter die Dusche. Gerade shampoonierte er seine Haare, da gesellte sich sein Bettgefährte der letzten Nacht – wie hieß er noch gleich? Sven? Sascha? Irgendwas mit S – zu ihm. Ein süßes Bürschchen, zweifelsohne, aber es reichte, ihn einmal zu vögeln, um genug von ihm zu haben. Ach, eigentlich war selbst das überflüssig gewesen. Bei Stefan, gerade war ihm der Name wieder eingefallen, handelte es sich um Fickfleisch, das willig die Beine breitmachte, wie man es zu Dutzenden im Club fand.

Stefan machte Anstalten, auf die Knie zu gehen, was er verhinderte. „Du, sorry, aber ich hab gleich einen Termin. Dafür ist keine Zeit.“ Einen Termin mit seiner Kaffeemaschine.

Die Unterlippe schmollend vorgeschoben verließ Stefan die Duschkabine. Durch die gläserne Abtrennung sah Guido, wie sich das Kerlchen nachlässig mit einem der Handtücher abtrocknete, es auf den Boden fallen ließ und aus dem Bad stolzierte.

Als er seine Morgentoilette beendet hatte, war Stefan bereits gegangen. Er stellte fest, dass mit dem Burschen auch eine Flasche Champagner aus seinem Kühlschrank verschwunden war. Wichtige Dinge, wie Geld, Kreditkarten und Papiere, verwahrte er an einem sicheren Ort. Der Rest war ihm ziemlich egal. Wenn sich Stefan dadurch, ihm das Edelgesöff entwendet zu haben, besser fühlte, war’s ihm recht.

Mit einem Becher Kaffee setzte er sich auf den Balkon. Ein Gärtner hatte den Freisitz in eine grüne Oase verwandelt. Buchsbäume säumten das Geländer. Bunte Rankpflanzen wuchsen an Gittern die beiden Seitenwände hoch. Hier konnte man vergessen, mitten in der Stadt zu wohnen.

Guido war stolz darauf, was er mit Mitte dreißig erreicht hatte: Anteilseigner eines Nachtclubs und Eigentümer einer Wohnung. Letztere lag idealerweise nur zehn Minuten Fußweg vom Sugar Shack entfernt.

Zugegeben: bei beidem hatte ihm Dennis, sein Freund seit Schultagen, unter die Arme gegriffen. Sein Kumpel war mit dem goldenen Löffel im Mund geboren. Das Haus, in dem Guido wohnte, gehörte Dennis. Die Wohnung hatte er zu einem Vorzugspreis erworben und den Club hätte er allein nicht übernehmen können. Nur weil Dennis die Hälfte dazugezahlt hatte, war das möglich gewesen.

Vor seiner Karriere als Nachtclubbesitzer hatte Guido viele Jahre in einer Bank gearbeitet. Seine Tätigkeit in der Kreditabteilung war einerseits langweilig, andererseits lukrativ gewesen. So mancher Darlehensnehmer hatte ihm eine Provision gezahlt, um eine Unterschrift unter den Kreditvertrag zu bekommen. Das war natürlich illegal, aber so lange man sich nicht erwischen ließ, ein einträgliches Geschäft. Auf diese Weise hatte er genug Geld angesammelt, um sich selbständig zu machen.

Im Großen und Ganzen war er mit seinem luxuriösen Leben sehr zufrieden, doch ab und zu fühlte er sich ein bisschen einsam. Daran änderten seine zahlreichen Bekanntschaften, die er dank des Clubs hatte, auch nichts. Das war alles nur oberflächlich. Den wahren Guido kannte nur Dennis.

Als hätte er seinen Freund gedanklich angestupst, schlenderte jener, ebenfalls einen Becher in der Hand, auf den Balkon. Dennis besaß einen Schlüssel zu seiner Wohnung, genau wie umgekehrt.

„Ist die Luft rein?“ Dennis ließ sich ihm gegenüber nieder.

Guido nickte.

„Was hältst du von einer Motto-Party?“

„Nichts.“ Bei der letzten Veranstaltung dieser Art, Motto Fluch der Karibik, waren siebzig Prozent der Gäste als Pirat verkleidet aufgetaucht. Ein Duell mit Plastiksäbeln, das als Spaß begonnen hatte, war ausgeartet. Der entstandene Schaden – etliche zerstörte Gläser, Inventar und Flaschen mit Hochprozentigem – überstieg die Einnahmen des Abends.

„Ich dachte an eine Beachparty.“

Das klang allerdings harmlos. „Okay. Wie genau stellst du dir das vor?“

„Eine LKW-Ladung Sand, zwei-drei Planschbecken, Plastikpalmen.“

„Sand? Nein, vergiss es!“ Der würde noch Wochen oder sogar Monate in irgendwelchen Ritzen zu finden sein.

„Und wie soll das ohne Strand gehen?“

„Gar nicht.“ Guido nippte an seinem Kaffee. „Oder wir machen eine Winter-Beachparty. Dann können wir Styropor-Schneeflocken verwenden.“

„Ich denk mal drüber nach“, brummelte Dennis, sichtlich wenig angetan von der Idee. „Morgen erwarten uns meine Eltern zum Kaffee.“

Seit zwischen Guido und seinen Eltern Funkstille herrschte – sie kamen weder mit seiner sexuellen Orientierung noch seiner beruflichen Veränderung zurecht - kümmerten sich Sarah und Michael Lichterfeld um ihn. Das fand er nach wie vor rührend; auch, dass sie aufgegeben hatten, sie zum Mittagessen einzuladen. Nach einer Nacht im Club brauchten Dennis und er eine längere Erholungsphase.

„Sehen wir uns in einer Stunde im Gym?“, fragte Dennis und erhob sich.

Er nickte.

Das Trainingscenter befand sich im Erdgeschoss und Keller des Gebäudes. Ersteres beherbergte die Ausdauer- und Kraftstationen, letzteres einen Swimmingpool. Die Kundschaft bestand vorwiegend aus Männern, die auch das Sugar Shack besuchten.

Kabinen oder andere abgeschlossene Bereiche, um sexuellen Freuden zu frönen, suchte man vergeblich. Dennis wollte das Gym sauber halten, wie er es auszudrücken pflegte. Außerdem gab es unter den Kunden auch Frauen. Die hätte man mit sowas vergrault.

Das Sugar Shack öffnete offiziell um neun. Guido war stets zwei Stunden eher da. Er überzeugte sich gern mit eigenen Augen vom einwandfreien Zustand der Toiletten und des Darkrooms. Die Putzkolonne war zwar zuverlässig, aber nicht für die Instandhaltung zuständig. Defektes Inventar meldete die Chefin des Trupps, sofern ihr welches auffiel, den Rest musste er erledigen.

Wer glaubte, dass ein Nachtclubbesitzer lediglich mit Geldzählen beschäftigt war, irrte sich. Der Laden lief nur rund, wenn man selbst Einsatz zeigte. Dennis und er standen daher regelmäßig hinter einem der drei Tresen und sprangen ein, wenn vom Türpersonal jemand ausfiel. Zusätzlich gab es haufenweise Bürokram zu erledigen.

Nachdem die Inspektion zu seiner Zufriedenheit ausgefallen war, ließ er sich im Büro hinterm Schreibtisch nieder. Am Vortag hatte Marek, Barkeeper und Dienstältester, einen Stapel Rechnungen für Getränkelieferungen darauf abgelegt. Jede Position war säuberlich abgehakt. An Marek war echt ein Buchhalter verlorengegangen.

Da keine Reparaturen anstanden, – vieles erledigte Guido, mit zwei rechten Händen gesegnet, selbst – begann er, die Belege per Online-Banking zu bezahlen. Einige der Lieferanten boten Skonto, was er stets ausnutzte. Dennis neckte ihn daher oft als Pfennigfuchser, aber hey – so war auch Dagobert Duck zu Reichtum gekommen.

Um halb neun trafen Marek und Pedro ein, dicht gefolgt von Yannik, Bobo und Bent. Kurz darauf erschien Dennis, der an diesem Abend mit Bent hinter dem Tresen rechts vom Eingang stehen würde. Guido unterstützte Marek und Bobo an der hinteren, umsatzstärksten Bar. Pedro und Yannik übernahmen die links vom Eingang.

Marek, fast vierzig, hatte bereits unter ihrem Vorgänger gedient. Der Mann redete nicht viel, was eine nette Umschreibung für Maulfaul war. Bobo, ein Student, plapperte hingegen wie ein Wasserfall. Gutmütig ließ Guido den Wortschwall, während sie alles vorbereiteten, über sich ergehen.

„... wollte einen vierfachen Whisky. Marek hat ihm stattdessen ein großes Glas Wasser hingestellt und den Rat gegeben, lieber nicht in den Laden zu kotzen. Der Typ würde sonst Hausverbot kriegen“, erzählte Bobo. „Der Gast hat gemault, aber letztendlich auf den Tipp gehört.“

Natürlich gab es kein Hausverbot für Leute, die ihren Mageninhalt im Club entleerten, so lange sie es auf den Toiletten - vorzugsweise ins Klobecken – taten. Die Gästezahl wäre sonst schon erheblich dezimiert.

„Und dann hat ein Typ von Kirk verlangt, Britney Spears zu spielen. Er würde sonst den Schwan mitnehmen“, laberte Bobo weiter. Bei dem Schwan handelte es sich um ein Porzellantier, das die Theke neben dem DJ-Pult, hinter dem gestern Kirk tätig war, schmückte. Es stammte, genau wie Marek, vom Vorgänger und war grottenhässlich – letzteres galt nicht für Marek. Der war ziemlich ansehnlich.

„Kirk hat sich geweigert. Da hat der Typ sich doch echt den Schwan gegriffen und ist damit losgestiefelt. Kurt hat ihn am Ausgang abgefangen und den Schwan gerettet“, fuhr Bobo fort.

Schade. Guido nahm sich vor, Kurt sowie Sergej, den zweiten Türsteher, zu instruieren, den nächsten Gast, der den ollen Schwan mitnehmen wollte, durchzulassen. Dennis stand auf das Teil, sonst hätte er es schon längst entfernt.

Als letzte tauchten Sergej, Kurt, Lasse und Ole, die Gogo-Tänzer und Moshila, der heutige DJ, auf. Fünf Minuten später öffneten sie die Pforten.

Gegen halb zwölf verordnete Marek ihm eine Pause. Zugleich nahm Dennis, an dessen Tresen am wenigsten los war, so dass Bent es locker allein schaffte, eine Auszeit. Gemeinsam begaben sie sich in den 1. Stock, der aus einem rund um den Raum laufenden Balkon bestand. Polstermöbel luden zum Chillen ein. Auf zwei einander gegenüberstehenden Sesseln ließen sie sich nieder, jeder eine Flasche Bier in der Hand.

„Was hältst du von einer kleinen Wette?“, fragte Dennis.

„Kommt drauf an.“

„Siehst du das Mauerblümchen da?“ Dennis wies mit der Bierflasche in die Richtung von Bents Tresen, an dem zwei Leute hockten. Der eine war Marco, ein Stammgast, der andere ein Unbekannter. Sehr wahrscheinlich meinte Dennis letzteren, denn Marco war häufig im Darkroom anzutreffen. „Ich wette um fünfhundert Mäuse, dass du den nicht ins Bett kriegst.“

Guido beäugte den Typen. Der Mann trug ein gestreiftes Hemd zu Jeans. Soweit er erkennen konnte, war der Typ sehr schlank. Sonderlich hässlich sah der Mann nicht aus. Es wäre also kein großes Opfer, ihn zu vögeln.

„Leicht verdientes Geld.“ Er trank einen Schluck, wobei er den Typen weiter betrachtete. „Der ist so reif wie Fallobst.“

„Der hat in den letzten anderthalb Stunden etliche Angebote abgelehnt.“

Guido zuckte mit den Achseln. „Vielleicht ist er bloß wählerisch.“

„Sogar Schwanzus Longus hat einen Korb bekommen.“

Das war ihr Spitzname für Mustapha, wegen seiner extremen Schwanzgröße. Der Typ war heiß begehrt.

„Vielleicht steht er weniger auf Quantität als auf Qualität“, mutmaßte Guido.

„Dann solltest du ja leichtes Spiel haben.“ Grinsend prostete Dennis ihm zu.

2.

Seufzend guckte Johannes zu, wie die Schüler aus dem Klassenzimmer stürmten. Schon vor zehn Minuten hatten die meisten angefangen, ihre Sachen zu packen. Er verstand durchaus, dass die Kinder ins Wochenende wollten. Ihm ging’s ja genauso. Trotzdem wäre es ihm gegenüber höflich, zumindest bis zum Ende der Stunde Aufmerksamkeit zu heucheln.

Nicht zum ersten Mal in seinem Leben bedauerte er den Entschluss, Pädagoge zu werden. Man kam sich vor wie ein Sklaventreiber, wenn man versuchte, den Schülern Wissen nahezubringen. Schuld an der Lernunlust gab er der allgemeinen Medienverseuchung. Etliche Teenager glaubten, auch ohne Bildung Millionäre werden zu können, weil es einige, die sich im Internet mit Werbung prostituierten, geschafft hatten. Dass es sich dabei um einen geringen Prozentsatz der Leute, die sowas versuchten, handelte, wurde stoisch ignoriert.

Er begab sich ins Lehrerzimmer, wo ebenfalls Aufbruchstimmung herrschte. Während er die Klassenarbeiten, die er am Wochenende korrigieren wollte, in seine Tasche packte, lauschte er den Gesprächen.

„... endlich mal wieder Angeln“, erzählte Andreas, Sport und Biologie. „Nichts als Ruhe und ab und zu das Summen einer Mücke. Herrlich!“

„Wäre mir zu langweilig“, erwiderte Martina, Deutsch und Philosophie. „Ich fahre mit den Kindern in den Heidepark.“

Und ich plane, in einen Schwulenclub zu gehen, würde sein Beitrag lauten. Wohlweislich behielt er das für sich. Die Schulleitung predigte zwar Toleranz, doch wenn man genauer hinschaute, handelte es sich bloß um ein Lippenbekenntnis. Erst neulich hatte der Kollege Harald, Religion und Englisch, einen schwulenfeindlichen Witz gerissen und damit allgemeine Heiterkeit geerntet. Dieses Arschloch! Nach Johannes‘ Meinung gehörte der Typ überallhin, bloß nicht in eine Schule. Okay, auch nicht in ein Krankenhaus oder Altenheim. Am besten versauerten solche Arschgeigen in irgendeinem Büro ohne Kundenkontakt.

Am Fahrradständer erwartete ihn eine böse Überraschung: Sein Hinterreifen war platt. Nicht zu übersehen: Die Heftzwecke, die im Mantel steckte. Es war nicht der erste Anschlag auf seinen Drahtesel. Pro Halbjahr wurde sein armes Fahrrad mindestens einmal das Opfer irgendeines Schülers. Vielleicht sollte er es gegen ein weniger auffälliges Modell eintauschen. Er hing jedoch an seinem Hollandrad mit dem Korb, den er mit einer Girlande aus Plastikgemüse geschmückt hatte. Ein Statement, das allen seinen Status als Vegetarier demonstrieren sollte. Wenigstens diesbezüglich brauchte er sich nicht zu verstecken.

Seufzend – an seinem Arbeitsplatz neigte er dazu, ständig zu seufzen – zückte er sein Handy. Seine Mutter nahm das Gespräch sofort an: „Hallo Schatz.“

„Kann Papa mich abholen? Mein Fahrrad hat eine Panne.

---ENDE DER LESEPROBE---