19,99 €
Mehr als drei Jahrtausende greift Werner Fritsch in seinem neuen Stück zurück und gibt der legendären ägyptischen Königin klangvolle Stimme und tragische Gestalt. In der Grabkammer ihres jüngst verstorbenen Königsgemahls Echnaton erinnert sie ein bewegtes und gefährdetes Leben im Bannkreis der Macht. Echnaton, Dichterfürst und Religionsgründer, hatte mit Gewalt den Monotheismus in Ägypten eingeführt. Nun, nach seinem Tode, drohen die Verhältnisse zu kippen und die alte, mafiöse Priesterkaste wieder die Oberhand zu gewinnen. Seine Nofretete, so Werner Fritsch, „soll zwischen den Zeiten pendeln, aus der Gegenwart zurück in die Vergangenheit, die immer mehr zur Metapher der Gegenwart wird“.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 150
Drei Frauen verleiht Werner Fritsch in Das Rad des Glücks und Mutter Sprache und in Nofretete eine Stimme. Alle drei blicken zurück auf ein schmerzvolles Leben, dennoch formulieren sie Hymnen darauf. Die legendäre Königin Nofretete trauert um ihren Gemahl, den altägyptischen König Echnaton, der einst den Monotheismus eingeführt hatte. Nach seinem Tod droht die alte, mafiöse Priesterkaste die Macht zurückzugewinnen. Mit der Roma »Großmutter Courasche« (Das Rad des Glücks) hat Fritsch eine Ausnahmeprotagonistin für die deutsche Dramatik geschaffen: Ihr Leben war vor allem ein Überleben in den Lagern von Auschwitz und Ravensbrück. Mutter Sprache schließlich ist die Erinnerung einer alten Bäuerin an ein Leben, das »ein Gehetz und ein Gewürg« war und das den autobiographischen Kosmos birgt, aus dem Werner Fritsch seit Cherubim (1987) seine Figuren, Konflikte, seine Haltung als Erzähler schöpft.
Werner Fritsch
WernerFritsch
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2016
© Suhrkamp Verlag Berlin 2016
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr.
Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar.
Nofretete
Das Rad des Glücks
Mutter Sprache
Meißelt mit Blut meine Seele
Fernando Pessoa
Nofretete, Frau des Echnaton
Thutmosis, Bildhauer
1330 vor Christus
Echnatons Grabkammer
I. Felsengrab
Im Licht der Fackeln
NOFRETETE
Außer Atem
Im Chaos des Aufruhrs wider Aton
Rotten der Priester im Rücken
Konnte ich mich
Von Versteck zu Versteck gejagt
Gerade noch hierher
In unsre Grabkammer retten
Die letzte Zuflucht
Verschleiert trugen Thutmosis und ich
Deine Mumie als Pestleiche getarnt
Durch die tobende Meute
Deinem Wunsch gemäß
Lag deine Mumie Echnaton aufgebahrt
Im Tempel des Aton
In Achet-Aton unserer Stadt
Tausende Abertausende Menschen
Aus Ober- wie Unterägypten brachten
Ausdruck ihrer Trauer
Weihegaben zuhauf
Für dich Echnaton
Ihren toten Herrscher
Bis am dritten Tag
Aus der Schlange der Menschen
Jählings ein Attentäter
Mit einer Axt
Im Umhang verborgen
Unter Preisgabe seines Lebens versuchte
Deiner Mumie vor aller Augen
Den Kopf abzuschlagen
Ohne Erfolg
Kein Fortleben im Jenseits
Ich jedoch will dein Fortleben im Jenseits
Kraft der Isis-Riten
Auf Geheiß eines Traums
Heut nacht
Seite an Seite stand ich
Mit dir Echnaton
Aus dem Totenreich
Wiedergekehrt
Vor unserem Volk
Um es zurückzuführen
Zum Quell der Maat
Zu Güte zu Gerechtigkeit Echnaton
Mir vor Augen
Durch Thutmosis' Meißel
Im Stein dieser Wand
Dein Sonnengesang
NOFRETETEsingt
Schön erscheinst du
Aton lebendige Sonne
Hoch am Himmel
Aufgegangen im Osten
Erfüllst du jedes Land
Mit deinem Licht
Deine Strahlen umfassen Anfang
Und Ende deiner Schöpfung
Gehst du unter im Westen
Ist die Welt in Finsternis
In der Gewalt des Todes
Kein Auge sieht das andere
Die Menschen sind wie tot
Raubtiere sind rings umher
Und jede Schlange beißt
Die Finsternis ist ein Grab
Am Morgen gehst du auf
Im östlichen Lichtland
Und vertreibst die Finsternis
Mit jedem deiner Strahlen
Alle die leben in deinem Licht
Leben Tag um Tag im Fest
Ihre Arme sind erhoben
Angesichts deines Erscheinens
NOFRETETE
Du bist tot
Und doch ertönt deine Stimme
In der meinen
NOFRETETEsingt
Bäume und Kräuter grünen
Alles Vieh ist zufrieden
Mit seinem Los
Die Vögel sind aufgeflogen
Aus ihren Nestern
Ihre Schwingen preisen dich
Jubel erfüllt alle Münder
Jeder Weg ist offen
Lärm von draußen
NOFRETETE
Haremhab?
Stille
NOFRETETEsingt
Die Fische im Wasser
Tummeln sich in deinem Licht
Deine Strahlen sind selbst
Im Innern des Meeres
Samen läßt du reifen in Frauen
Das Kind erweckst du zum Leben
Im Leib seiner Mutter
Bist du aufgegangen
So leben sie
Gehst du unter
So sterben sie
Du bist die Lebenszeit selbst
Man lebt durch dich
Du erhabener Gott
Der sich selbst erschuf
Wenn dein Auge Aton
Nicht mehr da ist
Um zu sehen
Was du geschaffen hast
Auch dann bleibst du
In meinem Herzen
NOFRETETE
Weißt du noch Echnaton
Aton die Sonne
Jenseits der Berge
War kaum gesunken
Als ich dich fragte
– Wo ist Aton nun
Wo ist die Sonne
Im Dunkel der Nacht Echnaton
– In meinem Herzen Nofretete
– Wo aber
So frage ich mich
– Ist die Sonne nun
Da es dunkel ist und
Dein Herz tot Echnaton
Dein Herz
Dunkel herrscht
Rings um uns
Und Dunkel herrscht
Tief in uns
Da Leid Furchen gräbt
In die glatte Haut
Zeichen unserer Furcht
Vor der Finsternis
Die uns umhüllt
Von Zweifeln erfüllt
Ob der Sonne Licht
Nicht auf ewig
Verschluckt wird
In dieser Nacht
Vom Drachen Seth
Osiris-Zerreißer
Im Reich des Westens
Siebenundsiebzig Tage tot
Du schweigst nun hoher Gemahl
Und bist doch im Raum
Als Phantom
Lärm von draußen
NOFRETETE
Merit-Aton?
Merit-Aton warum bist du nicht
An der Seite deiner Mutter?
Stille
NOFRETETE
Bis zu unserer Tochter Tod
War alles gut in Achet-Aton
Echnatons und Nofretetes Stadt
Achet-Aton in wenigen Jahren
Mitten in der Wüste erbaut
Wo Berggipfel
Die Hieroglyphe für Sonne
An den Horizont schreiben
Groß war aller Glück
Unter Atons Strahlenhänden
In Achet-Aton
Und groß war unser Glück Echnaton
Bis Pest auftrat
Tausender und unserer Tochter Tod
Der Pest schwarze Sonne
Hat Atons Strahlen geschluckt
Tod hat Atons Volk gelichtet
Und auch unser Fleisch und Blut
Nicht verschont
Maket-Aton kommt ins Grab
Bestimmt für Merit-Aton
Unsere erste Tochter
Ohne Isis-Riten
Maket-Aton im Alabastersarkophag vor Augen
Versagt dir die Stimme Echnaton
Stille statt Gebete zu Osiris
Um unserer Tochter Auferstehung
Trauer herrscht im Palast
Streit tritt zwischen uns
Ob Aton Osiris duldet
Neben sich
– Aton ist ein Gott Echnaton
– Schweig Frau
In deinen Augen Wut
Sie gilt Nofretete
Und eine ferne Glut
Die nicht mehr gilt Nofretete
Nur mehr Kija Kija Kija
Kija die Nebenfrau
Die sich wie eine Kobra
Schlich in unser Glück
Ja mit Kija hattest du auch ein Kind
Tutench-Aton den ersehnten Sohn
Dein Gesicht plötzlich Stein
Für Nofretete
Die dir nur Töchter gebar
Deine Lippen Marmor
Die sich nur öffnen für Verbote
Verbannung der Isis-Riten
Auslöschung aller Zeichen
Anderer Götter
Auslöschung all ihrer Bilder
Selbst der Glaube ans Totengericht
Wo das Herz gewogen wird
Ist Opfer unseres Streites
Keine Auferstehung mehr
Es leuchtet Aton nicht
Aus deinem Herzen hervor
Nicht erleuchtet Aton dies Verlies
Im Pechhauch der Fackeln
Feuerumzüngelte Zeichen
Des Sonnen-Pharao Körper
Dein Körper Echnaton
Oft und oft von Nofretete geküßt
Lag nun siebenundsiebzig Tage
Tot in der Salzlauge
Dein Hirn Hort der Visionen
Wurd mit einem Eisenhaken
Dir aus dem Schädel gerissen
Deine Pupillen durchstochen
All die Strahlen der Sonne
Dein Herz
Draußen schlagen unsere Feinde
Die Priester
Um das Licht zu töten
Das Ägypten erhellt hat
Zu unserer Zeit
Unsere Zeichen in Stücke
Und auch die Zeichen
Für Maat für Gerechtigkeit für Gleichheit
Nun herrschen wie vorher
Wieder Ungerechtigkeit
Und Ungleichheit
Die von dir Echnaton
Gleich verteilten Güter
Sind nun in der Hand weniger
Reicher als Reiche je
Zu seinem Recht erklärt der Räuber
Sein Unrecht
Zu seinem Gut erklärt er
Seinen Raub
Und so geht Ägypten weiter
Dem Abgrund entgegen
Seit deinem Tod
Unterwegs mit Thutmosis
Und deiner Mumie sah ich
Atons Hymnen und Bilder
Atons Strahlenhände
In Stücke geschlagen
Die Königskartuschen
Echnatons und Nofretetes
Löschen sie aus
Oder überschreiben
Unsere Hieroglyphen
Mit Meißeln
Schlagen sie von Zorn erfüllt
Unseren Statuen die Nasen ab
Daß der Atem
Nicht mehr kommen kann
In dich Echnaton
Noch wohnt Atem in mir
Ist es gelungen
Dich mumifizieren zu lassen
Für die Wiederkehr
Als Herrscher
Die großen Isis-Riten
Werde ich durchführen an dir
Ich will Isis sein
Und du sollst Osiris sein
Erinnerst du dich
An Isis Osiris
Als unser Bruder
Der Drache Seth dich Osiris
In vierzehn Stücke zerrissen
Und in Ägypten verteilt hatte
Suchte die Göttin Isis
Osiris' Schwester und Gattin
Des Gottes Teile zusammen
Setzte sich rittlings auf den toten Gatten
Und rief ihn
Durch diese Riten
Wieder ins Leben
Als Göttin
Gleich Isis
Schwester und Gattin
Des Osiris
Setze ich der Isis Riten
Von dir verbannt
Nach langem Kampf in mir
Wieder in Kraft
Deine Auferstehung zu zeitigen
Sie setzt sich rittlings auf die Mumie.
Merit-Aton und Maket-Aton hast du
In meinen Leib gepflanzt Echnaton
Fäden aus sich selbst heraus
Fäden aus Licht
Ein Netz
Atons Strahlen zu empfangen
Eines zukünftigen Wesens Geweb
Sie schließt die Augen, »sieht«, was sie nun sagt.
Ein Granatbaum
Spiegelt sich im Wasser
Der Libellen Türkis jetzt
Wind in Tamarisken
Luft meiner Lungen
Lotusblüten sehe ich
Ein Frosch springt ins Wasser
Atemzug um Atemzug
Steigt eine ungeheure Wallung
Aus dem heiligen Bezirk
Woge aus Licht und Wonne
Die mein Herz erreicht
Allem verbunden
Was da atmet
Lotus vor Augen
Lege ich meine Hände auf die Fersen
Alles strömt durch mich
Mein Körper scheint
Alles Leben in mir
Und alles Leben rings
Wie ein Schoß zu umfassen
Atons Strahlen gleich
Echnaton kostet von
Der süßen Frucht
Des Feigenbaums Fasern
Zergehen ihm auf der Zunge
Fest für seinen Gaumen
Zunge an Zunge
Auf der Sonnenbarke
Fliege ich nun
Von Stern zu Stern
Von Insel zu Insel
Des überirdischen Nils
Atons Strahlen
Sind Trost bei Tag
Wo aber
Außer im Herzen Echnatons
Tot jetzt
Sind deine Strahlen Aton
In der Nacht
Wo bist du im Tod Echnaton
Wirst du zurückkommen
Und herrschen
Zusammen mit mir
Oder wirst du mich holen
Zu dir ins Totenreich
Schritte. Sie springt von der Mumie. Dunkel.
II. Thutmosis
Sonnenlicht – über eine Reihe von Spiegeln ins Innere dringend – flutet ins Dunkel der Grabkammer: Thutmosis kommt mit Bildhauerwerkzeug, die unfertige Kopfbüste Nofretetes. Er stellt sie auf, geht, kommt mit der Ganzkörperstatue der alten, nackten Nofretete zurück, die er verhüllt läßt.
THUTMOSIS
hebt die Arme angewinkelt nach oben
Hieroglyphe für Leben
NOFRETETE
Gruß edler Thutmosis
Bildhauer des Echnaton
THUTMOSIS
Bildhauer Nofretetes
Meine Rede ist roh
Vom vergossenen Blut
Schwarz voll Asche
Rot ist die Glut
Meiner Wut
NOFRETETE
So rede
THUTMOSIS
Ungeheurer als je zuvor ist alles
Seit die Priester wieder
Die Macht an sich gerissen haben
Tutench-Aton
Nun Tutench-Amun
Echnatons Sohn
Kind Kijas
Ist nun als Pharao in Memphis
Ihres Goldes Marionette
Ihrer Raffgier Maske
Wo Aton in Stein gemeißelt stand
Steht nun Amun
Wer immer Aton hieß
Heißt nun Amun
Gleich Tutench-Aton
Nun Tutench-Amun
Spielball der Tempel
Opfertier der Totenpriester
Unfähig
Dem Aufruhr zu wehren
Wider die Macht der Priester und Reichen
Stehen nun die Söhne Seths auf
NOFRETETE
Was erfuhrst du
Aus dem Mund des Attentäters?
THUTMOSIS
Sein letztes Wort war
Seth
NOFRETETE
Die Söhne Seths
THUTMOSIS
Seth ist ihr Gott
NOFRETETE
Seth der Drache
Bruder und Zerreißer von Osiris
Bruder und Todfeind von Isis
Pest sein Hauch Krieg
Ihre Religion?
THUTMOSIS
Haß
NOFRETETE
Ihr Gottesdienst?
THUTMOSIS
Zerstörung
Fanatischer noch als Echnaton
Ihrer Natur nach
Köpfen sie all jene
Die nicht auf Seth schwören
Auf offener Straße
NOFRETETE
Es wird das Herz gewogen
Beim Totengericht
THUTMOSIS
Sie aber glauben
Je mehr Andersgläubige sie enthaupten
Um so größer wird ihr Rang
Im Totenreich
NOFRETETE
Ha
THUTMOSIS
Zeichen aber des Aufruhrs
Im Aufruhr der Priester
Durch die Söhne Seths
Stunde um Stunde
Nimmt ihre Zahl zu
Stimme um Stimme
Erhebt sich zum Sturm
Aus Zorn und Zerstörung
Tore der Aton-Tempel Säulen
Häuser zuhauf sind
Asche in Achet-Aton
Opfer der Winde
Umzüngelt von Flammen
Ist Atons Stadt
Im Anhauch der Pest
Von Plünderern voll
Ratten in Atons Tempel
Echnatons Königspalast
Nutznießer der Pest
Feister als je zuvor
Sind nach Echnatons Tod Amuns Priester
Todfeinde Atons Todfeinde Echnatons
Todfeinde Nofretetes seit jeher
Und jetzt Todfeinde der Söhne Seths
Wieder im Amt
NOFRETETE
Unsere Todfeinde haben
Sich in zwei Lager gespalten
Vielleicht löschen sie sich gegenseitig aus
THUTMOSIS
Reiche bestechen Priester
Bestechen Beamte Richter
Bestechen Generäle
So ungeheuer reich sind sie jetzt
Das Volk aber darbt
Ins Sklavenjoch gezwungen
Klauben sie Brotkrumen
Von den Teppichen auf
Unter den Tischen
Und reißen den Hunden der Reichen
Die Knochen aus dem Rachen
Vor Hunger
Alle diese Armen schließen sich
Den Söhnen Seths an
NOFRETETE
Unser Volk hat sich abgewandt
Von Aton
Und Aton hat sich abgewandt
Von unserem Volk
THUTMOSIS
Seinen alten Göttern
Huldigte unser Volk wieder
Ihre alten Götter aber
Erhörten sie nicht
Jetzt rufen sie Seth an
NOFRETETE
Unser Volk aufgewiegelt
Gegen Echnaton und Nofretete
Die wir immer
Für das Volk waren
Und gegen die Priester
THUTMOSIS
Der Priester Reichtümer
Von Euch gerecht verteilt
Unter den Armen
Haben wenige
An sich gerissen
NOFRETETE
Unfähig Ägypten zu führen
Zurück zu Gerechtigkeit Güte
Und Gleichheit der Güter
Das Land fällt
Durch der Leute Herzen
In Finsternis
THUTMOSIS
Öffentliche Prozesse
Gegen unsere Getreuen
Als Urheber all des über Ägypten
Herabgekommenen Übels
Vorher in Gefängnissen gefoltert
Zu falschem Zeugnis gezwungen
Wider Euch und Echnaton
Vor ungerechten Richtern
Geben sie nichts preis
So werden sie von Krokodilen
In Stücke gerissen
Belustigung für die blinde Masse
Sich bereichernde Banden
Bilden dreist die Regierung
In Memphis
NOFRETETE
Nichts gibt von seinen Gütern
Der Reiche mehr dem Armen ab
Ungeheuer wird sein Reichtum
Und ungeheurer zugleich
Wird die Armut
THUTMOSIS
Immer weniger Leute
Haben immer mehr
Immer mehr Leute
Haben immer weniger
Fette Bäuche werden fetter
Arme Familien tauschen
Ihre kleinen Kinder aus
Um nicht ihr eigenes Fleisch und Blut
Fressen zu müssen
NOFRETETE
In Achet-Aton?
THUTMOSIS
In Achet-Aton wüten
Schlimmer als die Pest
Die Söhne Seths
Wer von den Armen
Sich zu Seth ihrem Gott bekehrt
Den speisen sie
Die Jungen die Männer
Bekommen ein Schwert
NOFRETETE
Und ihre Frauen?
THUTMOSIS
Sie sind nicht zu sehen
Sowie die Söhne Seths nicht töten
Zeugen sie
Mit mehr Grimm noch
Als im Kampf
Seth Söhne
Ihre Frauen
Geringer als Dienerinnen
Sind nur Fleischquellen für sie
NOFRETETE
Gleichberechtigt stand Nofretete
Seite an Seite mit Echnaton
Im Tempel
Warum kämpft Haremhab
Unser General
Nicht gegen die Seth-Plage?
So wie er gegen die Priester
Und gegen die Reichen kämpft
THUTMOSIS
Wider Häupter einer Hydra?
Haremhab Echnatons General
Führte die gesunden Reichen
Und ihr Raubgut
Nach Memphis
Unter ihnen Eure Tochter
Merit-Aton
NOFRETETE
Merit-Aton?
THUTMOSIS
Hier ein Sendschreiben von Haremhab
Aus Memphis
Aus der alten
Aus der neuen Hauptstadt
NOFRETETE
Haremhabs Botschaft?
THUTMOSIS
imitiert den militärischen Tonfall Haremhabs
Hohe Frau
Mußte den Kampf für Euch
Mit List führen
Bin nun General Tutench-Amuns
Kommt nach Memphis
Wie Eure Tochter Merit-Aton
Kommt zu mir edle Nofretete
Die Macht mit mir teilen
Tutench-Amun ist Wachs
In unseren Händen
In Kürze werden wir ihn
Vom Thron stürzen
Die Macht an uns reißen
Die Massen begeistern
NOFRETETE
Tarantel!
Haremhab hat mir
Wie dem wiedererweckten Echnaton
Seine Dienste zugesagt
THUTMOSIS
Jeder kämpft gegen jeden
NOFRETETE
Um sein Unglück
THUTMOSIS
Wüste ist die Welt
NOFRETETE
Habgier ist Herr im Herzen
THUTMOSIS
Schlimmer als Habgier
Ist Verrat
Wer jemanden verrät
Bekommt einen Teil
Von dessen Besitz
Kinder liefern ihre eigenen Eltern
Ans Messer
Brüder Brüder
Reiche Reiche
Es gibt sogar Reiche
Die insgeheim die Söhne Seths unterstützen
Im Glauben …
NOFRETETE
… durch die Söhne Seths
An anderer Reichtum zu kommen
Und die Fremdländer?
THUTMOSIS
Unterstützen die Söhne Seths ebenfalls
NOFRETETE
Damit Ägypten zerfällt
THUTMOSIS
Viele sprechen mit zwei Zungen
Nimmt aber ein zu den Söhnen Seths Bekehrter
Eines anderen Gottes
Oder gar Göttin Namen
Auch nur in den Mund
So wird ihm vor aller Augen
Die Zunge abgeschnitten
NOFRETETE
Schweig
THUTMOSIS
Ich muß leben
Um dies Bild
Von Euch zu schaffen
Für eine bessere Zeit
NOFRETETE
Gepriesen sei die Zeit
Gepriesen sei Echnaton
Der Steuern erhob
Von den Reichen
Nicht von den Armen
Echnaton wies der Priester Prunksucht
In Schranken
Und verteilte ihr Tempelgold
Gerecht
Es füllten die Hütten der Armen
Sich mit Gütern
Hunger war fremd in Achet-Aton
Unserer Stadt
Krankheit war fern
Echnaton und ich
Sonne der Gerechtigkeit Gleichheit Güte
Sonne der Maat
THUTMOSIS
Allzu besessen war Echnaton von Aton
Und nur von Aton allein
Daß man nun unsere Zeichen auslöscht
Daß der Zwang herrscht
Nur einem Gott zu huldigen
Ist Folge von Echnatons Politik
Auch er Echnaton
Ließ in Trümmer schlagen
Tausender Götter Statuen
Tempel ließ er schließen
Und Altäre schleifen
Auch hieß er uns
Papyri verbrennen
Und Königskartuschen auslöschen
Mit dem Meißel
Mit diesem Meißel
Es gab nur Aton
Echnatons alleinigen Gott
Und Echnaton war
Atons alleiniger Prophet
NOFRETETE
Echnaton war anders
Als all die Pharaonen vor ihm Thutmosis
Hat dein Meißel Echnaton je verewigt
Eine Kriegskeule in der Faust
Beim Niederschlagen seiner Feinde
Immer durftest du Echnaton
Zeigen im Kreis seiner Familie
Seite an Seite mit mir seiner Königin
Im Schutz der Strahlenpyramide
THUTMOSIS
Die Söhne Seths sind
Echnatons Meisterschüler
Noch unerbittlicher
Andersgläubigen gegenüber
NOFRETETE
Blinde Horden
Bar jeder göttlichen Vision
Im Vergleich zu Echnaton
THUTMOSIS
Ihr liebt ihn noch immer
NOFRETETE
Ich liebe unseren Traum
Gestalt geworden in Achet-Aton
Gestalt auch in Töchtern
Noch immer
Unsere Weisen
Suchten sogar Wege