Nofretete/Das Rad des Glücks/Mutter Sprache - Werner Fritsch - E-Book

Nofretete/Das Rad des Glücks/Mutter Sprache E-Book

Werner Fritsch

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Beschreibung

Mehr als drei Jahrtausende greift Werner Fritsch in seinem neuen Stück zurück und gibt der legendären ägyptischen Königin klangvolle Stimme und tragische Gestalt. In der Grabkammer ihres jüngst verstorbenen Königsgemahls Echnaton erinnert sie ein bewegtes und gefährdetes Leben im Bannkreis der Macht. Echnaton, Dichterfürst und Religionsgründer, hatte mit Gewalt den Monotheismus in Ägypten eingeführt. Nun, nach seinem Tode, drohen die Verhältnisse zu kippen und die alte, mafiöse Priesterkaste wieder die Oberhand zu gewinnen. Seine Nofretete, so Werner Fritsch, „soll zwischen den Zeiten pendeln, aus der Gegenwart zurück in die Vergangenheit, die immer mehr zur Metapher der Gegenwart wird“.

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Seitenzahl: 150

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Drei Frauen verleiht Werner Fritsch in Das Rad des Glücks und Mutter Sprache und in Nofretete eine Stimme. Alle drei blicken zurück auf ein schmerzvolles Leben, dennoch formulieren sie Hymnen darauf. Die legendäre Königin Nofretete trauert um ihren Gemahl, den altägyptischen König Echnaton, der einst den Monotheismus eingeführt hatte. Nach seinem Tod droht die alte, mafiöse Priesterkaste die Macht zurückzugewinnen. Mit der Roma »Großmutter Courasche« (Das Rad des Glücks) hat Fritsch eine Ausnahmeprotagonistin für die deutsche Dramatik geschaffen: Ihr Leben war vor allem ein Überleben in den Lagern von Auschwitz und Ravensbrück. Mutter Sprache schließlich ist die Erinnerung einer alten Bäuerin an ein Leben, das »ein Gehetz und ein Gewürg« war und das den autobiographischen Kosmos birgt, aus dem Werner Fritsch seit Cherubim (1987) seine Figuren, Konflikte, seine Haltung als Erzähler schöpft.

Werner Fritsch

WernerFritsch

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2016

© Suhrkamp Verlag Berlin 2016

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Nofretete

Das Rad des Glücks

Mutter Sprache

NOFRETETE

Meißelt mit Blut meine Seele

Fernando Pessoa

Figuren

Nofretete, Frau des Echnaton

Thutmosis, Bildhauer

Zeit

1330 vor Christus

Ort

Echnatons Grabkammer

I. Felsengrab

Im Licht der Fackeln

NOFRETETE

Außer Atem

Im Chaos des Aufruhrs wider Aton

Rotten der Priester im Rücken

Konnte ich mich

Von Versteck zu Versteck gejagt

Gerade noch hierher

In unsre Grabkammer retten

Die letzte Zuflucht

Verschleiert trugen Thutmosis und ich

Deine Mumie als Pestleiche getarnt

Durch die tobende Meute

Deinem Wunsch gemäß

Lag deine Mumie Echnaton aufgebahrt

Im Tempel des Aton

In Achet-Aton unserer Stadt

Tausende Abertausende Menschen

Aus Ober- wie Unterägypten brachten

Ausdruck ihrer Trauer

Weihegaben zuhauf

Für dich Echnaton

Ihren toten Herrscher

Bis am dritten Tag

Aus der Schlange der Menschen

Jählings ein Attentäter

Mit einer Axt

Im Umhang verborgen

Unter Preisgabe seines Lebens versuchte

Deiner Mumie vor aller Augen

Den Kopf abzuschlagen

Ohne Erfolg

Kein Fortleben im Jenseits

Ich jedoch will dein Fortleben im Jenseits

Kraft der Isis-Riten

Auf Geheiß eines Traums

Heut nacht

Seite an Seite stand ich

Mit dir Echnaton

Aus dem Totenreich

Wiedergekehrt

Vor unserem Volk

Um es zurückzuführen

Zum Quell der Maat

Zu Güte zu Gerechtigkeit Echnaton

Mir vor Augen

Durch Thutmosis' Meißel

Im Stein dieser Wand

Dein Sonnengesang

NOFRETETEsingt

Schön erscheinst du

Aton lebendige Sonne

Hoch am Himmel

Aufgegangen im Osten

Erfüllst du jedes Land

Mit deinem Licht

Deine Strahlen umfassen Anfang

Und Ende deiner Schöpfung

Gehst du unter im Westen

Ist die Welt in Finsternis

In der Gewalt des Todes

Kein Auge sieht das andere

Die Menschen sind wie tot

Raubtiere sind rings umher

Und jede Schlange beißt

Die Finsternis ist ein Grab

Am Morgen gehst du auf

Im östlichen Lichtland

Und vertreibst die Finsternis

Mit jedem deiner Strahlen

Alle die leben in deinem Licht

Leben Tag um Tag im Fest

Ihre Arme sind erhoben

Angesichts deines Erscheinens

NOFRETETE

Du bist tot

Und doch ertönt deine Stimme

In der meinen

NOFRETETEsingt

Bäume und Kräuter grünen

Alles Vieh ist zufrieden

Mit seinem Los

Die Vögel sind aufgeflogen

Aus ihren Nestern

Ihre Schwingen preisen dich

Jubel erfüllt alle Münder

Jeder Weg ist offen

Lärm von draußen

NOFRETETE

Haremhab?

Stille

NOFRETETEsingt

Die Fische im Wasser

Tummeln sich in deinem Licht

Deine Strahlen sind selbst

Im Innern des Meeres

Samen läßt du reifen in Frauen

Das Kind erweckst du zum Leben

Im Leib seiner Mutter

Bist du aufgegangen

So leben sie

Gehst du unter

So sterben sie

Du bist die Lebenszeit selbst

Man lebt durch dich

Du erhabener Gott

Der sich selbst erschuf

Wenn dein Auge Aton

Nicht mehr da ist

Um zu sehen

Was du geschaffen hast

Auch dann bleibst du

In meinem Herzen

NOFRETETE

Weißt du noch Echnaton

Aton die Sonne

Jenseits der Berge

War kaum gesunken

Als ich dich fragte

– Wo ist Aton nun

Wo ist die Sonne

Im Dunkel der Nacht Echnaton

– In meinem Herzen Nofretete

– Wo aber

So frage ich mich

– Ist die Sonne nun

Da es dunkel ist und

Dein Herz tot Echnaton

Dein Herz

Dunkel herrscht

Rings um uns

Und Dunkel herrscht

Tief in uns

Da Leid Furchen gräbt

In die glatte Haut

Zeichen unserer Furcht

Vor der Finsternis

Die uns umhüllt

Von Zweifeln erfüllt

Ob der Sonne Licht

Nicht auf ewig

Verschluckt wird

In dieser Nacht

Vom Drachen Seth

Osiris-Zerreißer

Im Reich des Westens

Siebenundsiebzig Tage tot

Du schweigst nun hoher Gemahl

Und bist doch im Raum

Als Phantom

Lärm von draußen

NOFRETETE

Merit-Aton?

Merit-Aton warum bist du nicht

An der Seite deiner Mutter?

Stille

NOFRETETE

Bis zu unserer Tochter Tod

War alles gut in Achet-Aton

Echnatons und Nofretetes Stadt

Achet-Aton in wenigen Jahren

Mitten in der Wüste erbaut

Wo Berggipfel

Die Hieroglyphe für Sonne

An den Horizont schreiben

Groß war aller Glück

Unter Atons Strahlenhänden

In Achet-Aton

Und groß war unser Glück Echnaton

Bis Pest auftrat

Tausender und unserer Tochter Tod

Der Pest schwarze Sonne

Hat Atons Strahlen geschluckt

Tod hat Atons Volk gelichtet

Und auch unser Fleisch und Blut

Nicht verschont

Maket-Aton kommt ins Grab

Bestimmt für Merit-Aton

Unsere erste Tochter

Ohne Isis-Riten

Maket-Aton im Alabastersarkophag vor Augen

Versagt dir die Stimme Echnaton

Stille statt Gebete zu Osiris

Um unserer Tochter Auferstehung

Trauer herrscht im Palast

Streit tritt zwischen uns

Ob Aton Osiris duldet

Neben sich

– Aton ist ein Gott Echnaton

– Schweig Frau

In deinen Augen Wut

Sie gilt Nofretete

Und eine ferne Glut

Die nicht mehr gilt Nofretete

Nur mehr Kija Kija Kija

Kija die Nebenfrau

Die sich wie eine Kobra

Schlich in unser Glück

Ja mit Kija hattest du auch ein Kind

Tutench-Aton den ersehnten Sohn

Dein Gesicht plötzlich Stein

Für Nofretete

Die dir nur Töchter gebar

Deine Lippen Marmor

Die sich nur öffnen für Verbote

Verbannung der Isis-Riten

Auslöschung aller Zeichen

Anderer Götter

Auslöschung all ihrer Bilder

Selbst der Glaube ans Totengericht

Wo das Herz gewogen wird

Ist Opfer unseres Streites

Keine Auferstehung mehr

Es leuchtet Aton nicht

Aus deinem Herzen hervor

Nicht erleuchtet Aton dies Verlies

Im Pechhauch der Fackeln

Feuerumzüngelte Zeichen

Des Sonnen-Pharao Körper

Dein Körper Echnaton

Oft und oft von Nofretete geküßt

Lag nun siebenundsiebzig Tage

Tot in der Salzlauge

Dein Hirn Hort der Visionen

Wurd mit einem Eisenhaken

Dir aus dem Schädel gerissen

Deine Pupillen durchstochen

All die Strahlen der Sonne

Dein Herz

Draußen schlagen unsere Feinde

Die Priester

Um das Licht zu töten

Das Ägypten erhellt hat

Zu unserer Zeit

Unsere Zeichen in Stücke

Und auch die Zeichen

Für Maat für Gerechtigkeit für Gleichheit

Nun herrschen wie vorher

Wieder Ungerechtigkeit

Und Ungleichheit

Die von dir Echnaton

Gleich verteilten Güter

Sind nun in der Hand weniger

Reicher als Reiche je

Zu seinem Recht erklärt der Räuber

Sein Unrecht

Zu seinem Gut erklärt er

Seinen Raub

Und so geht Ägypten weiter

Dem Abgrund entgegen

Seit deinem Tod

Unterwegs mit Thutmosis

Und deiner Mumie sah ich

Atons Hymnen und Bilder

Atons Strahlenhände

In Stücke geschlagen

Die Königskartuschen

Echnatons und Nofretetes

Löschen sie aus

Oder überschreiben

Unsere Hieroglyphen

Mit Meißeln

Schlagen sie von Zorn erfüllt

Unseren Statuen die Nasen ab

Daß der Atem

Nicht mehr kommen kann

In dich Echnaton

Noch wohnt Atem in mir

Ist es gelungen

Dich mumifizieren zu lassen

Für die Wiederkehr

Als Herrscher

Die großen Isis-Riten

Werde ich durchführen an dir

Ich will Isis sein

Und du sollst Osiris sein

Erinnerst du dich

An Isis Osiris

Als unser Bruder

Der Drache Seth dich Osiris

In vierzehn Stücke zerrissen

Und in Ägypten verteilt hatte

Suchte die Göttin Isis

Osiris' Schwester und Gattin

Des Gottes Teile zusammen

Setzte sich rittlings auf den toten Gatten

Und rief ihn

Durch diese Riten

Wieder ins Leben

Als Göttin

Gleich Isis

Schwester und Gattin

Des Osiris

Setze ich der Isis Riten

Von dir verbannt

Nach langem Kampf in mir

Wieder in Kraft

Deine Auferstehung zu zeitigen

Sie setzt sich rittlings auf die Mumie.

Merit-Aton und Maket-Aton hast du

In meinen Leib gepflanzt Echnaton

Fäden aus sich selbst heraus

Fäden aus Licht

Ein Netz

Atons Strahlen zu empfangen

Eines zukünftigen Wesens Geweb

Sie schließt die Augen, »sieht«, was sie nun sagt.

Ein Granatbaum

Spiegelt sich im Wasser

Der Libellen Türkis jetzt

Wind in Tamarisken

Luft meiner Lungen

Lotusblüten sehe ich

Ein Frosch springt ins Wasser

Atemzug um Atemzug

Steigt eine ungeheure Wallung

Aus dem heiligen Bezirk

Woge aus Licht und Wonne

Die mein Herz erreicht

Allem verbunden

Was da atmet

Lotus vor Augen

Lege ich meine Hände auf die Fersen

Alles strömt durch mich

Mein Körper scheint

Alles Leben in mir

Und alles Leben rings

Wie ein Schoß zu umfassen

Atons Strahlen gleich

Echnaton kostet von

Der süßen Frucht

Des Feigenbaums Fasern

Zergehen ihm auf der Zunge

Fest für seinen Gaumen

Zunge an Zunge

Auf der Sonnenbarke

Fliege ich nun

Von Stern zu Stern

Von Insel zu Insel

Des überirdischen Nils

Atons Strahlen

Sind Trost bei Tag

Wo aber

Außer im Herzen Echnatons

Tot jetzt

Sind deine Strahlen Aton

In der Nacht

Wo bist du im Tod Echnaton

Wirst du zurückkommen

Und herrschen

Zusammen mit mir

Oder wirst du mich holen

Zu dir ins Totenreich

Schritte. Sie springt von der Mumie. Dunkel.

II. Thutmosis

Sonnenlicht – über eine Reihe von Spiegeln ins Innere dringend – flutet ins Dunkel der Grabkammer: Thutmosis kommt mit Bildhauerwerkzeug, die unfertige Kopfbüste Nofretetes. Er stellt sie auf, geht, kommt mit der Ganzkörperstatue der alten, nackten Nofretete zurück, die er verhüllt läßt.

THUTMOSIS

hebt die Arme angewinkelt nach oben

Hieroglyphe für Leben

NOFRETETE

Gruß edler Thutmosis

Bildhauer des Echnaton

THUTMOSIS

Bildhauer Nofretetes

Meine Rede ist roh

Vom vergossenen Blut

Schwarz voll Asche

Rot ist die Glut

Meiner Wut

NOFRETETE

So rede

THUTMOSIS

Ungeheurer als je zuvor ist alles

Seit die Priester wieder

Die Macht an sich gerissen haben

Tutench-Aton

Nun Tutench-Amun

Echnatons Sohn

Kind Kijas

Ist nun als Pharao in Memphis

Ihres Goldes Marionette

Ihrer Raffgier Maske

Wo Aton in Stein gemeißelt stand

Steht nun Amun

Wer immer Aton hieß

Heißt nun Amun

Gleich Tutench-Aton

Nun Tutench-Amun

Spielball der Tempel

Opfertier der Totenpriester

Unfähig

Dem Aufruhr zu wehren

Wider die Macht der Priester und Reichen

Stehen nun die Söhne Seths auf

NOFRETETE

Was erfuhrst du

Aus dem Mund des Attentäters?

THUTMOSIS

Sein letztes Wort war

Seth

NOFRETETE

Die Söhne Seths

THUTMOSIS

Seth ist ihr Gott

NOFRETETE

Seth der Drache

Bruder und Zerreißer von Osiris

Bruder und Todfeind von Isis

Pest sein Hauch Krieg

Ihre Religion?

THUTMOSIS

Haß

NOFRETETE

Ihr Gottesdienst?

THUTMOSIS

Zerstörung

Fanatischer noch als Echnaton

Ihrer Natur nach

Köpfen sie all jene

Die nicht auf Seth schwören

Auf offener Straße

NOFRETETE

Es wird das Herz gewogen

Beim Totengericht

THUTMOSIS

Sie aber glauben

Je mehr Andersgläubige sie enthaupten

Um so größer wird ihr Rang

Im Totenreich

NOFRETETE

Ha

THUTMOSIS

Zeichen aber des Aufruhrs

Im Aufruhr der Priester

Durch die Söhne Seths

Stunde um Stunde

Nimmt ihre Zahl zu

Stimme um Stimme

Erhebt sich zum Sturm

Aus Zorn und Zerstörung

Tore der Aton-Tempel Säulen

Häuser zuhauf sind

Asche in Achet-Aton

Opfer der Winde

Umzüngelt von Flammen

Ist Atons Stadt

Im Anhauch der Pest

Von Plünderern voll

Ratten in Atons Tempel

Echnatons Königspalast

Nutznießer der Pest

Feister als je zuvor

Sind nach Echnatons Tod Amuns Priester

Todfeinde Atons Todfeinde Echnatons

Todfeinde Nofretetes seit jeher

Und jetzt Todfeinde der Söhne Seths

Wieder im Amt

NOFRETETE

Unsere Todfeinde haben

Sich in zwei Lager gespalten

Vielleicht löschen sie sich gegenseitig aus

THUTMOSIS

Reiche bestechen Priester

Bestechen Beamte Richter

Bestechen Generäle

So ungeheuer reich sind sie jetzt

Das Volk aber darbt

Ins Sklavenjoch gezwungen

Klauben sie Brotkrumen

Von den Teppichen auf

Unter den Tischen

Und reißen den Hunden der Reichen

Die Knochen aus dem Rachen

Vor Hunger

Alle diese Armen schließen sich

Den Söhnen Seths an

NOFRETETE

Unser Volk hat sich abgewandt

Von Aton

Und Aton hat sich abgewandt

Von unserem Volk

THUTMOSIS

Seinen alten Göttern

Huldigte unser Volk wieder

Ihre alten Götter aber

Erhörten sie nicht

Jetzt rufen sie Seth an

NOFRETETE

Unser Volk aufgewiegelt

Gegen Echnaton und Nofretete

Die wir immer

Für das Volk waren

Und gegen die Priester

THUTMOSIS

Der Priester Reichtümer

Von Euch gerecht verteilt

Unter den Armen

Haben wenige

An sich gerissen

NOFRETETE

Unfähig Ägypten zu führen

Zurück zu Gerechtigkeit Güte

Und Gleichheit der Güter

Das Land fällt

Durch der Leute Herzen

In Finsternis

THUTMOSIS

Öffentliche Prozesse

Gegen unsere Getreuen

Als Urheber all des über Ägypten

Herabgekommenen Übels

Vorher in Gefängnissen gefoltert

Zu falschem Zeugnis gezwungen

Wider Euch und Echnaton

Vor ungerechten Richtern

Geben sie nichts preis

So werden sie von Krokodilen

In Stücke gerissen

Belustigung für die blinde Masse

Sich bereichernde Banden

Bilden dreist die Regierung

In Memphis

NOFRETETE

Nichts gibt von seinen Gütern

Der Reiche mehr dem Armen ab

Ungeheuer wird sein Reichtum

Und ungeheurer zugleich

Wird die Armut

THUTMOSIS

Immer weniger Leute

Haben immer mehr

Immer mehr Leute

Haben immer weniger

Fette Bäuche werden fetter

Arme Familien tauschen

Ihre kleinen Kinder aus

Um nicht ihr eigenes Fleisch und Blut

Fressen zu müssen

NOFRETETE

In Achet-Aton?

THUTMOSIS

In Achet-Aton wüten

Schlimmer als die Pest

Die Söhne Seths

Wer von den Armen

Sich zu Seth ihrem Gott bekehrt

Den speisen sie

Die Jungen die Männer

Bekommen ein Schwert

NOFRETETE

Und ihre Frauen?

THUTMOSIS

Sie sind nicht zu sehen

Sowie die Söhne Seths nicht töten

Zeugen sie

Mit mehr Grimm noch

Als im Kampf

Seth Söhne

Ihre Frauen

Geringer als Dienerinnen

Sind nur Fleischquellen für sie

NOFRETETE

Gleichberechtigt stand Nofretete

Seite an Seite mit Echnaton

Im Tempel

Warum kämpft Haremhab

Unser General

Nicht gegen die Seth-Plage?

So wie er gegen die Priester

Und gegen die Reichen kämpft

THUTMOSIS

Wider Häupter einer Hydra?

Haremhab Echnatons General

Führte die gesunden Reichen

Und ihr Raubgut

Nach Memphis

Unter ihnen Eure Tochter

Merit-Aton

NOFRETETE

Merit-Aton?

THUTMOSIS

Hier ein Sendschreiben von Haremhab

Aus Memphis

Aus der alten

Aus der neuen Hauptstadt

NOFRETETE

Haremhabs Botschaft?

THUTMOSIS

imitiert den militärischen Tonfall Haremhabs

Hohe Frau

Mußte den Kampf für Euch

Mit List führen

Bin nun General Tutench-Amuns

Kommt nach Memphis

Wie Eure Tochter Merit-Aton

Kommt zu mir edle Nofretete

Die Macht mit mir teilen

Tutench-Amun ist Wachs

In unseren Händen

In Kürze werden wir ihn

Vom Thron stürzen

Die Macht an uns reißen

Die Massen begeistern

NOFRETETE

Tarantel!

Haremhab hat mir

Wie dem wiedererweckten Echnaton

Seine Dienste zugesagt

THUTMOSIS

Jeder kämpft gegen jeden

NOFRETETE

Um sein Unglück

THUTMOSIS

Wüste ist die Welt

NOFRETETE

Habgier ist Herr im Herzen

THUTMOSIS

Schlimmer als Habgier

Ist Verrat

Wer jemanden verrät

Bekommt einen Teil

Von dessen Besitz

Kinder liefern ihre eigenen Eltern

Ans Messer

Brüder Brüder

Reiche Reiche

Es gibt sogar Reiche

Die insgeheim die Söhne Seths unterstützen

Im Glauben …

NOFRETETE

… durch die Söhne Seths

An anderer Reichtum zu kommen

Und die Fremdländer?

THUTMOSIS

Unterstützen die Söhne Seths ebenfalls

NOFRETETE

Damit Ägypten zerfällt

THUTMOSIS

Viele sprechen mit zwei Zungen

Nimmt aber ein zu den Söhnen Seths Bekehrter

Eines anderen Gottes

Oder gar Göttin Namen

Auch nur in den Mund

So wird ihm vor aller Augen

Die Zunge abgeschnitten

NOFRETETE

Schweig

THUTMOSIS

Ich muß leben

Um dies Bild

Von Euch zu schaffen

Für eine bessere Zeit

NOFRETETE

Gepriesen sei die Zeit

Gepriesen sei Echnaton

Der Steuern erhob

Von den Reichen

Nicht von den Armen

Echnaton wies der Priester Prunksucht

In Schranken

Und verteilte ihr Tempelgold

Gerecht

Es füllten die Hütten der Armen

Sich mit Gütern

Hunger war fremd in Achet-Aton

Unserer Stadt

Krankheit war fern

Echnaton und ich

Sonne der Gerechtigkeit Gleichheit Güte

Sonne der Maat

THUTMOSIS

Allzu besessen war Echnaton von Aton

Und nur von Aton allein

Daß man nun unsere Zeichen auslöscht

Daß der Zwang herrscht

Nur einem Gott zu huldigen

Ist Folge von Echnatons Politik

Auch er Echnaton

Ließ in Trümmer schlagen

Tausender Götter Statuen

Tempel ließ er schließen

Und Altäre schleifen

Auch hieß er uns

Papyri verbrennen

Und Königskartuschen auslöschen

Mit dem Meißel

Mit diesem Meißel

Es gab nur Aton

Echnatons alleinigen Gott

Und Echnaton war

Atons alleiniger Prophet

NOFRETETE

Echnaton war anders

Als all die Pharaonen vor ihm Thutmosis

Hat dein Meißel Echnaton je verewigt

Eine Kriegskeule in der Faust

Beim Niederschlagen seiner Feinde

Immer durftest du Echnaton

Zeigen im Kreis seiner Familie

Seite an Seite mit mir seiner Königin

Im Schutz der Strahlenpyramide

THUTMOSIS

Die Söhne Seths sind

Echnatons Meisterschüler

Noch unerbittlicher

Andersgläubigen gegenüber

NOFRETETE

Blinde Horden

Bar jeder göttlichen Vision

Im Vergleich zu Echnaton

THUTMOSIS

Ihr liebt ihn noch immer

NOFRETETE

Ich liebe unseren Traum

Gestalt geworden in Achet-Aton

Gestalt auch in Töchtern

Noch immer

Unsere Weisen

Suchten sogar Wege