Nur einen Horizont entfernt - Lori Nelson Spielman - E-Book
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Nur einen Horizont entfernt E-Book

Lori Nelson Spielman

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Beschreibung

Nur einen Horizont entfernt‹ ist nach ›Morgen kommt ein neuer Himmel‹ der zweite große Bestseller von Lori Nelson Spielman. Berührend und ergreifend – ein Roman über das Verzeihen, ein Roman, der Hoffnung macht. Mit zittrigen Fingern öffnet die TV-Moderatorin Hannah Farr einen Brief. Der Absender ist eine ehemalige Schulfreundin, die sie jahrelang gemobbt hat. Die Frau bittet sie nun um Vergebung. Dem Brief beigelegt sind zwei kleine runde Steine und eine Anleitung. Einen Stein soll sie als Zeichen dafür zurücksenden, dass sie ihrer früheren Klassenkameradin vergibt. Den anderen soll sie an jemanden schicken, den sie selbst um Verzeihung bitten möchte. Hannah weiß sofort, wer das sein könnte: ihre Mutter. Aber soll sie wirklich zurück zu den schmerzhaften Ereignissen von damals und die Auseinandersetzung mit dem Menschen suchen, der sie am besten kennt? Denn Hannah hat etwas getan, das das Leben ihrer Mutter für immer verändert hat… Manchmal ist es etwas winzig Kleines, das uns Großes tun lässt.

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Seitenzahl: 489

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Lori Nelson Spielman

Nur einen Horizont entfernt

Roman

Aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer

FISCHER E-Books

Inhalt

Für Bill»Verzeihen heißt, einen Gefangenen [...]123456789101112131415161718192021222324252627282930313233343536373839404142434445DanksagungLeseprobe aus dem neuen [...]1 Erika

Für Bill

»Verzeihen heißt, einen Gefangenen zu befreien und zu entdecken, dass man selbst der Gefangene war.«

Lewis B. Smedes

1

Das Ganze dauerte einhundertdreiundsechzig Tage. Jahre später habe ich noch mal in mein Tagebuch geschaut und nachgezählt. Jetzt hat sie also ein Buch geschrieben. Unfassbar. Die Frau ist auf dem besten Weg, ein Star zu werden. Eine Expertin für Vergebung, Ironie des Schicksals. Ich betrachte ihr Foto. Sie sieht immer noch süß aus mit ihrer Kurzhaarfrisur und der Stupsnase. Das Lächeln wirkt ehrlich, ihr Blick ist nicht mehr so höhnisch wie früher. Dennoch – allein schon ihr Bild lässt mein Herz rasen.

Ich werfe die Zeitung auf den Couchtisch, nur um sie sofort wieder in die Hand zu nehmen.

Mut zur Reue

Von Brian Moss, The Times-Picayune

 

NEW ORLEANS – Kann eine Entschuldigung alte Wunden heilen, oder bleiben manche Geheimnisse besser ungesagt?

Glaubt man Fiona Knowles, 34, Rechtsanwältin aus Royal Oak, Michigan, ist die Wiedergutmachung vergangenen Leids ein unverzichtbarer Schritt zur Erlangung des inneren Friedens.

»Es braucht durchaus Mut, sich seine Reue einzugestehen«, sagt Knowles. »Den meisten von uns ist es unangenehm, sich verletzlich zu zeigen. Lieber verdrängen wir unsere Schuldgefühle und hoffen, dass niemand herausfindet, was wir verbergen. Es ist befreiend, sich seiner Reue zu stellen.«

Und Mrs Knowles muss es wissen. Im Frühjahr 2013 machte sie die Probe aufs Exempel und verfasste fünfunddreißig Entschuldigungen. Jedem Brief legte sie ein Beutelchen mit zwei Steinen bei, die sie Versöhnungssteine nannte. Sie bat den Empfänger um zwei scheinbar leichte Dinge: ihr zu vergeben und selbst jemanden um Verzeihung zu bitten.

»Ich habe gemerkt, dass die Menschen sich geradezu nach einem Grund – einem Anlass – sehnen, um sich zu entschuldigen«, erklärt Knowles. »Wie die Samen des Löwenzahns wurden die Versöhnungssteine vom Wind davongetragen und verbreiteten sich.«

Ob es nun am Wind liegt oder an Mrs Knowles’ geschickter Nutzung der Social Media, sei dahingestellt, aber die Versöhnungssteine treffen offensichtlich einen Nerv. Schätzungsweise sind momentan fast 400000 Steine in Umlauf.

Am Donnerstag, den 24. April, wird Mrs Knowles bei Octavia Books über ihr neues Buch mit dem passenden Titel DIE VERSÖHNUNGSSTEINE sprechen.

Als mein surrendes Handy mich erinnert, dass es Viertel vor fünf ist – Zeit, zur Arbeit zu fahren –, zucke ich zusammen. Mit zitternden Fingern stecke ich die Zeitung in die Tasche, greife zu Schlüsseln und Thermobecher und mache mich auf den Weg.

 

Nachdem ich mir die abgrundtief schlechten Quoten der letzten Woche angesehen und die Infos zum Thema des Tages überflogen habe (die richtige Anwendung von Selbstbräuner), sitze ich drei Stunden später mit Wicklern im Haar und einem Plastikumhang über dem Kleid in meinem Büro, beziehungsweise meiner Garderobe. Man sollte meinen, dass ich nach zehn Jahren vor der Kamera an die Maske gewöhnt bin. Aber geschminkt zu werden setzt voraus, dass ich ungeschminkt herkomme, was für mich dasselbe ist, wie Badeanzüge unter Neonlicht vor Publikum zu präsentieren. Früher entschuldigte ich mich immer bei meiner Maskenbildnerin Jade für die Krater auf meiner Nase, auch bekannt als Poren, oder für die Ringe unter meinen Augen, die aussehen, als hätte ich mich tags zuvor in die erstbeste Schlägerei gestürzt. Einmal habe ich sogar versucht, Jade den Grundierungspinsel aus den Fingern zu reißen, weil ich ihr ersparen wollte, einen Pickel von der Größe eines Hühnereis an meinem Kinn zu kaschieren. Wie mein Vater immer sagte: Wenn Gott gewollt hätte, dass Frauen ungeschminkt herumlaufen, hätte er keine Wimperntusche erschaffen.

Während Jade an mir herumzaubert, gehe ich einen Stapel Post durch und zucke plötzlich zusammen. Das Herz sackt mir in die Hose. In der Mitte steckt ein Brief, von dem ich nur die obere rechte Ecke sehen kann, den großen runden Poststempel von Chicago. Ach, Jackson, es reicht allmählich! Seit seiner letzten Kontaktaufnahme ist über ein Jahr vergangen. Wie oft muss ich ihm noch sagen, dass alles in Ordnung ist, dass ich ihm verziehen habe? Die Sache ist abgehakt. Ich lege den Poststapel auf das Sims vor mir, schiebe die Briefe so zusammen, dass ich den Stempel nicht mehr sehen kann, und klappe meinen Laptop auf.

»Liebe Hannah«, lese ich Jade eine E-Mail vor, um die Gedanken an Jackson Rousseau zu vertreiben, »mein Mann und ich schauen jeden Morgen Ihre Sendung. Er findet Sie umwerfend und meint, Sie wären die neue Katie Couric.«

»Aufgepasst, Mrs Couric!«, mahnt Jade und betupft meinen unteren Lidrand mit einem Kajalstift.

»Genau, die neue Katie Couric, nur ohne deren Millionen und die riesige Fangemeinde.« Hübsche Töchter und einen perfekten Mann kann ich auch nicht vorweisen …

»Das kommt noch, du wirst schon sehen«, sagt Jade mit so großer Überzeugung, dass ich ihr beinahe glaube. Heute sieht sie besonders hübsch aus, sie hat ihre Dreadlocks zu einem lockeren Pferdeschwanz nach hinten gebunden, was ihre dunklen Augen und die makellose braune Haut zur Geltung kommen lässt. Wie immer trägt sie Leggings und einen schwarzen Kittel, dessen Taschen mit Pinseln und Stiften in allen erdenklichen Größen und Stärken vollgestopft sind.

Sie verwischt den Kajal mit einem flachen Pinsel, ich lese weiter. »Ich persönlich halte Katie für überschätzt. Meine Lieblingsmoderatorin ist Hoda Kotb. Das Mädel ist wirklich lustig.«

»Autsch!«, sagt Jade. »Das war eine Ohrfeige.«

Lachend lese ich weiter: »Mein Mann meint, Sie wären geschieden. Ich glaube, Sie waren nie verheiratet. Wer hat recht?«

Ich lege die Finger auf die Tastatur.

»Liebe Mrs Nixon«, lese ich vor, während ich tippe, »es freut mich wirklich sehr, dass Sie sich die Hannah Farr Show ansehen. Ich hoffe, Ihr Ehemann und Sie haben Spaß an den neuen Folgen. (Und übrigens: Sie haben recht, Hoda ist wirklich witzig.) Mit den besten Wünschen, Hannah.«

»Hey, du hast ihre Frage nicht beantwortet«, meint Jade. Ich werfe ihr im Spiegel einen tadelnden Blick zu. Kopfschüttelnd greift sie zu einer Palette mit Lidschatten. »Natürlich nicht.«

»Ich war höflich.«

»Bist du immer. Zu höflich, wenn du mich fragst.«

»Na, klar! War ich etwa höflich, als ich mich über diesen großkotzigen Koch in der Sendung letzte Woche beschwert habe? Wie hieß der noch mal? Mason irgendwas? Der nur einsilbige Antworten gegeben hat? Bin ich vielleicht höflich, wenn ich mich wegen der Quoten aufrege? Und jetzt kommt auch noch Claudia, o Gott!« Ich drehe mich um. »Hab ich dir erzählt, dass Stuart überlegt, sie zu meiner Co-Moderatorin zu machen? Dann bin ich erledigt!«

»Augen zu!«, befiehlt Jade und tupft Farbe auf meine Lider.

»Die Frau ist erst seit sechs Wochen in der Stadt und schon beliebter als ich.«

»Nie im Leben«, widerspricht Jade. »Die Stadt hat dich angenommen und in ihr Herz geschlossen. Aber das wird Claudia Campbell nicht vom Versuch abhalten, dich vom Thron zu stoßen. Die Frau verbreitet schlechte Schwingungen.«

»Finde ich nicht«, gebe ich zurück. »Klar ist sie ehrgeizig, aber sie macht einen echt netten Eindruck. Ich mache mir eher Sorgen wegen Stuart. Bei ihm dreht sich alles um die Quoten, und meine waren in letzter Zeit …«

»… scheiße. Ich weiß. Aber sie werden auch wieder besser. Ich sage nur: Sei vorsichtig! Miss Claudia ist es gewöhnt, im Mittelpunkt zu stehen. Nie im Leben wird sich der neue Star von WNBC New York mit einem lausigen Job bei den Morgennachrichten zufriedengeben.«

Im Fernsehjournalismus gibt es eine Hackordnung. Die meisten beginnen ihre Karriere mit Liveberichterstattungen für die Nachrichten um fünf Uhr morgens, das bedeutet, um drei Uhr früh für zwei Zuschauer aufzustehen. Nach nur neun Monaten mit diesen zermürbenden Arbeitszeiten hatte ich das Glück, zur Wochenend-Moderatorin befördert zu werden, und kurz darauf bekam ich die Mittagsnachrichten, die ich vier Jahre lang mit Freude vorlas. Natürlich ist der Chefsessel bei den Abendnachrichten das ganz große Los, und zufällig war ich gerade zur rechten Zeit bei WNO. Robert Jacobs ging in den Ruhestand beziehungsweise wurde gezwungen, in den Ruhestand zu gehen, und Priscille bot mir seine Stelle an. Die Quoten schossen durch die Decke. Bald war ich von morgens bis abends beschäftigt, moderierte überall in der Stadt Benefizveranstaltungen, gab die Zeremonienmeisterin bei Spendenaktionen und Feiern zum Mardi Gras. Zu meiner Überraschung wurde ich eine lokale Berühmtheit, was ich immer noch nicht richtig begreifen kann. Als Chefin der Abendnachrichten war mein schneller Aufstieg jedoch noch nicht zu Ende. Weil New Orleans sich »in Hannah Farr verliebte«, so hat man es mir zumindest erzählt, bekam ich vor zwei Jahren meine eigene Sendung angeboten – eine Gelegenheit, für die die meisten Journalisten morden würden.

»Ähm, ich sag’s ja nicht gerne, mein Sonnenschein, aber die Hannah Farr Show ist nicht gerade oberste Liga.«

Jade zuckt mit den Schultern. »Die beste Sendung in Louisiana, wenn du mich fragst. Aber Claudia steht in den Startlöchern, denk an meine Worte! Wenn sie schon hier sein muss, gibt es nur eine Stelle, mit der sie sich zufriedengeben wird, und das ist deine.« Jades Handy klingelt, sie späht aufs Display. »Darf ich kurz drangehen?«

»Ja, klar!«, sage ich, dankbar für die Unterbrechung. Ich will nicht über Claudia sprechen, diese umwerfende Blondine, die mit vierundzwanzig ein komplettes – und entscheidendes – Jahrzehnt jünger ist als ich. Warum muss ihr Verlobter ausgerechnet in New Orleans wohnen? Aussehen, Talent, Jugend und ein Verlobter! Sie schlägt mich in jeder Kategorie, sogar beim Beziehungsstatus.

Jades Stimme wird lauter. »Ist das dein Ernst?«, fragt sie den Anrufer. »Dad hat einen Termin im West Jefferson Memorial, ich hab dich gestern noch dran erinnert.«

Mir wird gleich schlecht. Sie spricht mit ihrem zukünftigen Exmann Marcus, Vater ihres zwölfjährigen Sohns oder »Officer Arschloch«, wie sie ihn inzwischen nennt.

Ich klappe meinen Laptop zu und nehme den Poststapel von der Ablage, um Jade zu vermitteln, dass ich nicht lausche. Blättere durch den Stapel, suche nach dem Poststempel von Chicago. Ich werde Jacksons Entschuldigung lesen und eine Antwort verfassen, in der ich ihm versichere, dass ich glücklich bin und er sich um sein eigenes Leben kümmern soll. So langsam ermüdet mich diese Angelegenheit.

Ich finde den Umschlag und reiße ihn auf. Statt der Adresse von Jackson Rousseau steht oben links in der Ecke: WCHI News.

Der Brief ist also nicht von Jackson. Was für eine Erleichterung!

Liebe Hannah,

es war mir eine große Freude, Sie letzten Monat in Dallas kennenzulernen. Ihre Rede bei der Konferenz der Fernsehsender war wirklich fesselnd.

Wie ich damals schon erwähnte, konzipiert WCHI eine neue Talkshow am Morgen: Good Morning, Chicago. Wie bei der Hannah Farr Show richtet sich die Sendung an Frauen. Neben gelegentlichen humoristischen und leichteren Beiträgen wird GMC auch anspruchsvolle Themen in Angriff nehmen, unter anderem Politik, Literatur, Kunst und das Weltgeschehen.

Wir sind auf der Suche nach einer Moderatorin und würden sehr gerne mit Ihnen über diese Aufgabe sprechen. Hätten Sie Interesse? Abgesehen von einem persönlichen Gespräch und einem Demotape möchten wir Sie um ein Exposé für eine Sendung bitten.

Mit herzlichen Grüßen

James Peters

Senior Vice President,

WCHI Chicago

Wow! Er meinte es also ernst, als er mich bei der Konferenz der Fernseh- und Rundfunkanstalten beiseitenahm. Er hatte sich meine Show angesehen. Dass meine Zuschauerzahlen schwinden, wusste er, aber meinte, ich hätte unglaubliches Potential, ich bräuchte nur das richtige Format. Bestimmt hatte er diese Sendung dabei schon im Hinterkopf. Und wie toll, dass sie meine eigenen Ideen zu einer Sendung hören wollen! Stuart ist nicht gerade ein Fan von Eigeninitiative. »Es gibt vier Themen, die die Leute morgens interessieren«, behauptet er gerne. »Prominente, Sex, Abnehmen und Schönheit.« Was würde ich darum geben, eine meinungsstärkere Sendung zu moderieren!

Kurz beginne ich zu träumen, dann werde ich wieder realistisch. Ich will keine Stelle in Chicago, neunhundert Meilen entfernt von hier. Ich bin zu stark an New Orleans gebunden. Ich liebe diese widersprüchliche Stadt, die alte Eleganz und den Dreck, den Jazz, das French Quarter und Gumbo mit Krabben. Wichtiger noch: Ich liebe den Bürgermeister dieser Stadt. Selbst wenn ich mich in Chicago bewerben würde – was nicht der Fall ist –, würde Michael nichts davon hören wollen. Seine Familie lebt in dritter Generation hier, und er zieht gerade die vierte heran, seine Tochter Abby. Dennoch ist es schön, begehrt zu sein.

Jade beendet ihr Telefongespräch, die Ader an ihrer Stirn tritt hervor. »Dieser Vollidiot! Mein Vater darf den Termin im Krankenhaus auf keinen Fall verpassen. Marcus hat mir versprochen, ihn hinzubringen – wollte sich wieder so richtig einschleimen. ›Kein Problem‹, hat er letzte Woche gesagt, ›ich hole ihn auf dem Weg zur Arbeit ab.‹ Ich hätte es wissen sollen!« Im Spiegel blitzen ihre dunklen Augen. Sie dreht sich ab und wählt eine Nummer. »Vielleicht kann Natalie kurz raus.«

Jades Schwester ist Direktorin einer Highschool. Nie im Leben kann sie ihre Arbeit unterbrechen. »Wann ist der Termin?«

»Um neun. Marcus behauptet, er käme nicht weg. Klar kommt der nicht weg. Der ist bestimmt an einen Bettpfosten gefesselt und macht mit seiner Schlampe Morgengymnastik.«

Ich schaue auf die Uhr. Zwanzig nach acht. »Geh!«, sage ich. »Ärzte sind nie pünktlich. Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch.«

Jade sieht mich finster an. »Ich kann nicht gehen. Ich bin noch nicht mit deinem Make-up fertig.«

Ich springe auf. »Glaubst du, ich habe vergessen, wie man sich schminkt?« Ich scheuche sie davon. »Los, verschwinde!«

»Aber Stuart … Wenn er das herausfindet …«

»Keine Sorge. Ich passe schon auf. Du musst nur rechtzeitig zurück sein, um Sheri für die Abendnachrichten fertigzumachen, sonst landen wir beide in der Hölle.« Ich schiebe ihre zierliche Gestalt in Richtung Tür. »Jetzt mach schon!«

Ihr Blick schießt hoch zur Uhr über der Tür. Reglos steht sie da, beißt sich auf die Lippe. Mir wird klar: Jade ist mit der Straßenbahn zur Arbeit gekommen. Ich hole meine Tasche aus dem Spind und fische die Schlüssel heraus. »Nimm mein Auto!«, sage ich und halte ihr den Bund hin.

»Was? Nein, das kann ich nicht tun! Was ist, wenn ich …?«

»Das ist ein Auto, Jade. Das kann man ersetzen.« Im Gegensatz zu deinem Vater, denke ich, aber schweige. Ich drücke ihr die Schlüssel in die Hand. »Jetzt verschwinde, bevor Stuart auftaucht und merkt, dass du mich hast sitzenlassen.«

Die Erleichterung steht ihr ins Gesicht geschrieben, sie umarmt mich innig. »Oh, danke! Mach dir keine Sorgen, ich passe gut auf deinen Wagen auf.« Sie wendet sich zur Tür. »Immer locker bleiben«, sagt sie, ihr Lieblingsspruch zum Abschied. Sie ist fast schon am Aufzug, da höre ich sie rufen: »Ich bin dir was schuldig, Hannabelle.«

»Bilde dir nicht ein, dass ich das vergesse! Und drück deinen Vater von mir!«

Ich schließe die Tür und bin allein in meiner Garderobe, noch dreißig Minuten bis zur Pre-Show. Ich suche einen Kompaktpuder und pinsele mir bronzefarbenen Staub auf Stirn und Nasenrücken.

Ich löse die Verschlüsse meines Plastikumhangs und greife noch einmal zu dem Brief, um erneut Mr Peters Worte zu lesen, während ich am Sofa vorbei zu meinem Schreibtisch schlendere. Fraglos ist dieses Angebot eine phantastische Gelegenheit, besonders angesichts meiner momentanen Krise hier. Ich würde vom dreiundfünfzigsten zum drittgrößten Fernsehmarkt des Landes wechseln. Innerhalb weniger Jahre würde ich in den Kandidatenkreis für eine landesweit ausgestrahlte Sendung wie Good Morning, America oder The Today Show aufrücken. Mit Sicherheit würde sich mein Gehalt vervierfachen.

Ich setze mich an meinen Tisch. Offenbar sieht Mr Peters dieselbe Hannah Farr wie alle anderen auch: eine ehrgeizige Karrierefrau ohne Wurzeln und Anhang, eine Opportunistin, die für mehr Geld oder einen größeren Auftrag fröhlich ihre Sachen packt und ans andere Ende des Landes zieht.

Mein Blick fällt auf das Foto von meinem Vater und mir, aufgenommen bei den Critics’ Choice Awards 2012. Bei der Erinnerung an die aufwendige Veranstaltung beiße ich mir in die Wange. Die glasigen Augen und die rote Nase meines Vaters verraten, dass er bereits zu viel getrunken hat. Ich trage ein silbernes Abendkleid und grinse breit. Doch meine Augen wirken leer und stumpf, so wie ich mich an jenem Abend fühlte, als ich allein neben meinem Vater saß. Aber nicht, weil ich keine Auszeichnung bekommen hatte, sondern weil ich mir verloren vorkam. Die anderen Gäste saßen inmitten von Partnern, Kindern und nüchternen Eltern. Sie lachten und jubelten und bildeten später große Kreise auf der Tanzfläche. Ich wollte das, was sie hatten.

Ich nehme ein anderes Foto in die Hand. Es zeigt Michael und mich letzten Sommer beim Segeln auf dem Lake Pontchartrain. Am Rand des Bilderrahmens sieht man Abbys blonde Haare. Sie saß mit dem Rücken zu mir rechts im Bug.

Ich stelle die Aufnahme zurück auf den Tisch. Ich hoffe einfach, dass dort in ein paar Jahren ein anderes Foto steht, eins von Michael und mir vor einem hübschen Haus mit einer lächelnden Abby und vielleicht sogar einem eigenen Kind.

Ich lege Mr Peters’ Brief in eine Aktenmappe mit der Aufschrift Angebote, in der ich schon rund ein Dutzend ähnlicher Schreiben verstaut habe, die ich im Laufe der Jahre erhalten habe. Ich werde die übliche Antwort verfassen: Danke, aber leider kein Interesse. Michael braucht das gar nicht zu erfahren. Auch wenn das klischeehaft und vielleicht sogar rückständig klingt, ist ein angesehener Job in Chicago nichts im Vergleich zu einer eigenen Familie.

Bloß: Wann bekomme ich diese Familie? Am Anfang waren Michael und ich auf einer Wellenlänge. Innerhalb weniger Wochen sprachen wir von unserer gemeinsamen Zukunft. Stundenlang träumten wir miteinander. Wir überlegten uns Namen für unsere Kinder – Zachary, Emma oder Liam –, spekulierten, wie sie aussehen könnten und ob Abby lieber einen Bruder oder eine Schwester hätte. Wir suchten im Internet nach Häusern, schickten uns Links mit Anmerkungen wie: Nett, aber Zachary braucht einen größeren Garten, oder: Stell dir vor, was wir in so einem großen Schlafzimmer anstellen könnten! Das alles scheint inzwischen weit zurückzuliegen. Jetzt träumt Michael nur noch von seiner politischen Laufbahn, jegliche Zukunftspläne wurden verschoben auf »Wenn Abby mit der Schule fertig ist«.

Mir kommt ein Gedanke. Ob die Aussicht, mich verlieren zu können, Michael vielleicht Feuer unter dem Hintern machen würde?

Ich nehme den Brief aus dem Ordner, male mir das Szenario aus. Das ist mehr als ein Stellenangebot. Es ist eine Gelegenheit, meinem Privatleben auf die Sprünge zu helfen. In einem Jahr macht Abby ihren Schulabschluss. Es ist an der Zeit, die Planungsphase einzuläuten. Ich greife nach meinem Handy, zum ersten Mal seit Wochen beschwingt.

Ich wähle Michaels Nummer. Ob ich Glück habe und ihn in einem der seltenen Momente allein erwische? Es wird ihn beeindrucken, dass man mir so ein Angebot macht – besonders da es aus einer Stadt mit einem so großen Fernsehmarkt kommt. Er wird sagen, dass er stolz auf mich ist, dann wird er mich an all die wunderbaren Gründe erinnern, warum ich hierbleiben muss, und der wichtigste Grund von allen ist er selbst. Und später, wenn er Zeit zum Nachdenken gehabt hat, wird ihm klarwerden, dass er nun besser Nägel mit Köpfen macht, bevor ich ihm aus den Händen gerissen werde. Mir wird schwindelig bei der Vorstellung, wie begehrt ich sowohl beruflich wie privat bin. Ich lächele.

»Bürgermeister Payne.« Seine Stimme klingt schwer, dabei hat der Tag gerade erst angefangen.

»Heute ist Mittwoch!«, grüße ich in der Hoffnung, dass die Erinnerung an unseren wöchentlichen gemeinsamen Abend ihn vielleicht aufmuntert. Seit Dezember geht Abby mittwochabends babysitten, so dass Michael von seinen elterlichen Pflichten entbunden ist und wir einen Abend unter der Woche gemeinsam verbringen können.

»Hey, Süße.« Er seufzt. »Ist das ein verrückter Tag! An der Warren Easton High School ist heute ein Bürgerforum, es werden Ideen zur Gewaltprävention an Schulen gesammelt. Bin gerade auf dem Weg dahin. Hoffe, dass ich um zwölf pünktlich für die Kundgebung zurück bin. Du kommst doch auch, oder?«

Er spricht von der Kundgebung von Into the Light, einer Organisation, die über Kindesmissbrauch aufklärt. Ich stütze die Ellenbogen auf den Tisch. »Ich habe Marisa gesagt, dass ich diesmal nicht dabei sein kann. Zwölf Uhr ist zu knapp für mich. Hab ein furchtbar schlechtes Gewissen deswegen.«

»Musst du nicht. Du tust schon so viel für sie. Ich kann selbst nur kurz vorbeischauen. Habe den ganzen Nachmittag Besprechungen über den Anstieg der Armut. Ich nehme an, sie gehen bis in den Abend rein. Wäre es schlimm, wenn wir heute Abend absagen?«

Steigende Armut? Dagegen kann ich nicht argumentieren, selbst wenn heute Mittwoch ist. Wenn ich wirklich die Frau des Bürgermeisters werden will, gewöhne ich mich besser schon mal daran, dass er ein engagierter Mann ist. Das gehört schließlich zu den Eigenschaften, die ich an ihm liebe. »Nein, schon gut. Aber du klingst müde. Versuch mal, heute Nacht ein bisschen mehr Schlaf zu bekommen.«

»Mach ich.« Michael senkt die Stimme. »Auch wenn es mir lieber wäre, etwas anderes als Schlaf zu bekommen.«

Ich lächele, stelle mir vor, wie ich in seinen Armen liege. »Mir auch.«

Ob ich ihm wirklich von dem Brief aus Chicago erzählen soll? Es gibt schon genug, um das er sich sorgen muss, ohne dass ich auch noch mit einer neuen Stelle drohe.

»Dann lasse ich dich jetzt in Ruhe«, sagt er. »Es sei denn, du wolltest noch etwas?«

Ja, möchte ich ihm sagen, ich will etwas. Ich will hören, dass ich dir heute Abend fehle, dass ich deine oberste Priorität bin. Ich will die Zusage, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben, dass du mich heiraten willst. Ich hole tief Luft.

»Ich wollte dich nur vorwarnen: Deine Freundin ist heiß begehrt«, sage ich in einem fröhlichen Singsang. »Ich hatte heute einen Liebesbrief in der Post.«

»Wer ist der Konkurrent?«, fragt er. »Ich bringe ihn um!«

Lachend erzähle ich von James Peters’ Brief und der Aussicht auf eine Stelle in Chicago, lege gerade so viel Begeisterung in meine Stimme, dass bei Michael hoffentlich die Alarmglocken klingeln.

»Das ist natürlich noch kein Jobangebot, aber es hört sich an, als hätte man Interesse an mir. Die wollen ein Exposé für eine Themensendung. Cool, nicht?«

»Das ist wirklich prima. Glückwunsch, Superstar! Jetzt weiß ich wieder, dass du in einer ganz anderen Liga spielst als ich.«

Mein Herz macht einen kleinen Sprung. »Danke. Hab mich riesig gefreut.« Ich kneife die Augen zu und rede schnell weiter, bevor ich den Mut verliere. »Die Pilotsendung ist im Herbst. Sie wollen eine schnelle Entscheidung.«

»Das ist nur noch ein halbes Jahr. Beeil dich besser! Hast du schon einen Termin für das Gespräch vereinbart?«

Es verschlägt mir die Sprache. Ich lege die Hand auf die Brust und zwinge mich zu atmen. Zum Glück kann Michael mich nicht sehen.

»Ich … nein, ich … ich habe noch nicht geantwortet.«

»Wenn wir es schaffen, begleite ich dich mit Abby. Machen wir doch einen Kurzurlaub daraus! Ich war seit Jahren nicht mehr in Chicago.«

Sag etwas! Sag ihm, dass du enttäuscht bist, dass du gehofft hast, er würde dich anflehen zu bleiben. Erinnere ihn, dass dein ehemaliger Verlobter in Chicago lebt, Herrgott nochmal!

»Es würde dich also nicht stören, wenn ich wegziehen würde?«

»Na, es würde mir natürlich nicht gefallen. Fernbeziehungen sind ziemlich anstrengend. Aber wir würden es schon schaffen, meinst du nicht?«

»Klar«, pflichte ich bei, aber denke an unsere jetzigen Verpflichtungen, die es uns sogar in derselben Stadt kaum erlauben, Zeit miteinander zu verbringen.

»Hör zu«, sagt Michael. »Ich muss mich beeilen. Ich rufe später noch mal zurück. Und Glückwunsch, Schatz! Ich bin stolz auf dich.«

 

Ich drücke auf die rote Taste und lasse mich auf den Stuhl sinken. Michael ist es egal, ob ich gehe. Ich bin so bescheuert. Plötzlich ist mir alles klar. Er hat keine Hochzeit mehr auf dem Schirm. Und jetzt habe ich keine andere Wahl. Jetzt muss ich Mr Peters meinen Lebenslauf und ein Sendungsexposé schicken. Sonst sieht es noch so aus, als hätte ich Michael manipulieren wollen …

Mein Blick fällt auf die Times-Picayune, die aus meiner Tasche lugt. Ich ziehe sie heraus und lese erneut mit finsterer Miene die Überschrift: Mut zur Reue. Na, klar. Schick Versöhnungssteine herum, und alles wird dir verziehen. Du machst dir etwas vor, Fiona Knowles.

Ich lege die Stirn in Falten. Ich könnte das Jobangebot mit einem hingeschmierten Exposé sabotieren und Michael erzählen, ich sei nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden. Aber nein. Dafür besitze ich zu viel Stolz. Wenn Michael will, dass ich mich für den Job bewerbe, dann tue ich das auch, verdammt nochmal! Und ich bewerbe mich nicht nur, ich werde den Job bekommen! Ich werde nach Chicago ziehen und einen Neuanfang wagen. Meine Sendung wird der Wahnsinn, ich werde die neue Oprah Winfrey von Chicago! Ich lerne einen anderen Mann kennen, der Kinder liebt und sich binden will. Wie gefällt Ihnen das, Michael Payne?

Aber zuerst muss ich dieses Exposé verfassen.

Ich laufe in der Garderobe auf und ab, versuche, mir eine Idee für eine Wahnsinnssendung aus den Fingern zu saugen, irgendetwas nachdenklich Machendes, etwas Frisches, Aktuelles. Ein Thema, das mir diesen Job verschafft und Michael beeindruckt … und ihn vielleicht dazu bringt, es sich anders zu überlegen.

Wieder fällt mein Blick auf die Zeitung. Langsam glättet sich meine Stirn. Ja, das könnte klappen. Aber kann ich das durchziehen?

Ich nehme die Zeitung aus der Tasche und reiße vorsichtig den Artikel über Fiona heraus. Tief durchatmend gehe ich zur Schreibtischschublade. Was mache ich hier bloß? Ich schaue auf die Schublade, als wäre sie die Büchse der Pandora. Schließlich öffne ich sie.

Ich muss Stifte, Büroklammern und Post-its beiseiteschieben, bis ich den Brief in der letzten Ecke entdecke, wo ich ihn vor zwei Jahren verstaut habe.

Eine Entschuldigung von Fiona Knowles. Und ein Samtbeutelchen mit zwei Versöhnungssteinen.

2

Ich ziehe das Beutelchen auf. Zwei stinknormale kleine, runde Kieselsteine purzeln auf meinen Handteller. Ich streiche mit dem Finger darüber, einer ist grau mit schwarzen Adern, der andere beige. Ich ertaste etwas Knisterndes in dem Samtstoff und ziehe ein wie ein Akkordeon gefaltetes Zettelchen heraus. Es gleicht dem Briefchen in einem Glückskeks.

Ein Stein symbolisiert die Last des Zorns.

Der andere steht für die Last der Reue.

Beides kann Dir genommen werden, wenn Du bereit bist, Dich davon zu trennen.

Ob sie immer noch auf meinen Stein wartet? Wurden ihr die anderen vierunddreißig zurückgeschickt? Ich bekomme Schuldgefühle.

Ich klappe das cremefarbene Briefpapier auf und lese noch einmal den Brief.

Liebe Hannah,

mein Name ist Fiona Knowles. Ich hoffe aufrichtig, dass Dir das nicht gleich etwas sagt. Falls Du Dich erinnerst, dann nur weil ich Dich verletzt habe.

Wir waren zusammen auf der Mittelschule, der Bloomfield Hills Academy. Du warst neu in der Klasse, und ich habe Dich als mein Opfer auserkoren. Ich habe Dich nicht nur geärgert, sondern auch die anderen Mädchen gegen Dich aufgehetzt. Einmal ging es so weit, dass Du fast einen Schulverweis bekommen hättest. Ich habe Mrs Maples erzählt, ich hätte gesehen, dass Du die Antworten für die Geschichtsarbeit von ihrem Pult genommen hättest, dabei habe ich das selbst getan.

Wenn ich sage, dass ich mich schäme, kann das nicht auch nur ansatzweise meine Schuldgefühle ausdrücken. Als Erwachsene habe ich versucht zu begreifen, warum ich als Kind anderen Gemeinheiten zugefügt habe. Neid war der Hauptantrieb, Unsicherheit hat auch dazugehört. Aber das ändert nichts daran, dass ich Dich schikaniert habe. Ich will das nicht entschuldigen. Es tut mir aufrichtig und von ganzem Herzen leid.

Es hat mich so gefreut zu sehen, dass Du inzwischen großen Erfolg hast, mit Deiner eigenen Fernsehsendung in New Orleans. Vielleicht hast Du mich, das gemeine Mädchen von damals, längst vergessen. Ich aber werde von meinen Fehlern verfolgt.

Tagsüber bin ich Anwältin, abends Schriftstellerin. Hin und wieder habe ich das große Glück, dass etwas von mir veröffentlicht wird. Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder. Manchmal denke ich, die Einsamkeit ist meine Strafe.

Falls Du meine Entschuldigung annehmen kannst, möchte ich Dich bitten, mir einen der zwei Steine, die ich beigelegt habe, zurückzuschicken. Damit würdest Du sowohl die Last Deines Zorns als auch die Last meiner Reue von uns nehmen. Bitte schicke den anderen Stein, mit einem zweiten, an jemanden, den Du einmal verletzt hast – zusammen mit einer aufrichtigen Entschuldigung. Wenn der Stein zu Dir zurückkommt, so wie ich es mir von meinem erhoffe, schließt sich der Kreis der Versöhnung. Wirf den Stein in einen See oder Fluss, vergrabe ihn im Garten oder lege ihn in ein Blumenbeet, egal was – es symbolisiert, dass Du Dich endlich von Deiner Schuld befreit hast.

Ich hoffe sehr auf ein Zeichen von Dir.

Deine

Fiona Knowles

Ich lasse den Brief sinken. Selbst jetzt, zwei Jahre nachdem er in meinem Briefkasten lag, kommt mein Atem stoßweise. Wie viel hat dieses Mädchen damals kaputtgemacht! Wegen Fiona Knowles brach meine Familie entzwei. Wäre sie nicht gewesen, hätten sich meine Eltern vielleicht niemals scheiden lassen.

Ich reibe mir die Schläfen. Ich muss das rational angehen, nicht emotional. Fiona Knowles ist inzwischen total angesagt, und ich bin einer der fünfunddreißig ursprünglichen Adressaten. Was habe ich da für eine Story, direkt vor meiner Nase! Genau die Art von Idee, die Mr Peters und seine Kollegen bei WCHI beeindrucken wird. Ich könnte vorschlagen, dass wir Fiona live senden, sie und ich könnten gemeinsam unsere Geschichte von Schuld, Reue und Versöhnung erzählen.

Das einzige Problem ist: Ich habe ihr nicht verziehen. Habe es auch nicht vor. Ich beiße mir auf die Lippe. Muss ich das jetzt tun? Kann ich das möglicherweise überspielen? Schließlich erwartet die WCHI ja nur einen Vorschlag. Die Sendung müsste nie gedreht werden. Nein, ich mache das besser gründlich, nur für den Fall.

Ich lege mir einen Bogen Briefpapier zurecht, da klopft es an der Tür.

»Noch zehn Minuten bis zur Sendung«, ruft Stuart.

»Komme sofort!«

Ich greife zu meinem Füller, ein Geschenk von Michael, als meine Sendung bei den Louisiana Broadcast Awards den zweiten Platz belegte, und schreibe schnell:

Liebe Fiona,

beiliegend findest Du Deinen Stein, das Symbol für die Last Deiner Reue und den Verlust meines Zorns.

Freundliche Grüße

Hannah Farr

Sicher, das ist halbherzig. Aber besser als nichts. Ich stecke den Brief und einen der beiden Steine in einen Umschlag und klebe ihn zu. Auf dem Heimweg werde ich ihn in den Briefkasten werfen. Jetzt kann ich ehrlich behaupten, dass ich den Stein zurückgegeben habe.

3

Ich ziehe das Kleid und die Pumps aus, um in Leggings und Ballerinas zu schlüpfen. Mit frisch gebackenem Brot und einem Strauß dicker weißer Magnolien gehe ich zum Garden District, um meine Freundin Dorothy Rousseau zu besuchen. Bevor Dorothy vor vier Monaten ins Garden Home zog, war sie meine Nachbarin im Evangeline gewesen, einem sechsstöckigen Haus mit Eigentumswohnungen.

Ich eile über die Jefferson Street, komme an Gärten mit weißem Fingerhut, orangerotem Hibiskus und rubinroten Cannas vorbei. Doch selbst inmitten der Schönheit des Frühlings springen meine Gedanken von Michael und seiner Unverbindlichkeit zu dem Stellenangebot, das ich nun nicht mehr unter den Tisch kehren kann, und zu Fiona Knowles und dem gerade verschickten Versöhnungsstein.

Es ist nach drei Uhr, als ich das alte Backsteingebäude erreiche. Ich gehe die Metallrampe hinauf und begrüße Martha und Anne, die auf der Veranda sitzen.

»Hallo, die Damen!«, sage ich und reiche jeder von ihnen eine Magnolienblüte.

Als die Makuladegeneration Dorothy ihres Augenlichts und somit ihrer Unabhängigkeit beraubte, zog sie in das Pflegeheim Garden Home. Da ihr einziger Sohn neunhundert Meilen entfernt lebt, war ich diejenige, die ihr half, ein neues Zuhause zu finden, wo dreimal täglich Mahlzeiten serviert werden und man mit einer Klingel Hilfe rufen kann. Mit ihren sechsundsiebzig Jahren bewältigte Dorothy den Umzug wie eine junge Studentin.

Ich betrete das große Foyer und lasse das Gästebuch links liegen. Ich bin so oft hier, dass mich inzwischen jeder kennt. Ich begebe mich in den hinteren Teil des Hauses und entdecke Dorothy allein im Garten. Sie sitzt in einem Korbstuhl und hat altmodische Kopfhörer auf den Ohren. Ihr Kinn ruht auf der Brust, ihre Augen sind geschlossen. Sie erschrickt, als ich ihre Schulter berühre.

»Hallo, Dorothy, ich bin’s.«

Sie nimmt den Kopfhörer ab, stellt den CD-Player aus und erhebt sich. Dorothy ist groß und schlank, sie trägt einen flotten weißen Bob, der einen schönen Kontrast zu ihrer olivbraunen Haut bildet. Auch wenn sie blind ist, schminkt sie sich jeden Tag – um den Sehenden den furchtbaren Anblick zu ersparen, scherzt sie immer. Geschminkt oder ungeschminkt ist Dorothy eine der schönsten Frauen, die ich kenne.

»Hannah, Schätzchen!« Ihr Südstaatenakzent ist weich und warm, wie Karamell. Sie tastet nach meinem Arm, und als sie ihn findet, zieht sie mich an sich. Wie immer sticht es mir in der Brust. Ich atme den Geruch ihres Chanel-Parfüms ein, ihre Hand reibt über meinen Rücken. Es ist die Begrüßung zwischen einer tochterlosen Mutter und einer mutterlosen Tochter – ich bekomme nie genug davon.

Sie schnuppert. »Rieche ich Magnolien?«

»Gutes Näschen!«, lobe ich und hole den Strauß aus meiner Tasche. »Und ich habe ein frisch gebackenes Zimtbrot mitgebracht.«

Sie klatscht in die Hände. »Oh, lecker! Den Zimt habe ich auch gerochen. Du verwöhnst mich, Hannah Marie.«

Ich lächele. Hannah Marie – so würde mich vielleicht auch meine Mutter nennen.

Dorothy legt den Kopf schräg. »Was führt dich an einem Mittwoch zu mir? Musst du dich nicht schick machen für deine Verabredung heute Abend?«

»Michael hat keine Zeit.«

»Nicht? Dann setz dich hin und erzähl, was los ist!«

Ich lächele über ihre typische Aufforderung, es mir gemütlich zu machen, und lasse mich auf die Ottomane ihr gegenüber sinken. Sie streckt die Hand aus und legt sie mir auf den Arm. »Erzähl!«

Welch ein Geschenk, eine Freundin zu haben, die weiß, dass man etwas loswerden will. Ich erzähle ihr von dem Brief aus Chicago und von Michaels begeisterter Reaktion.

»Mach niemanden zu deiner ersten Wahl, wenn du für ihn nur eine Möglichkeit bist, hat Maya Angelou einmal gesagt.« Dorothy hebt entschuldigend die Schultern. »Du findest natürlich, dass ich mich um meinen eigenen Kram kümmern soll.«

»Nein, ich höre dir zu. Ich komme mir so dumm vor. Zwei Jahre habe ich damit verschwendet zu glauben, dass er derjenige ist, den ich einmal heirate. Jetzt zweifele ich sogar daran, dass er es nur ansatzweise auf dem Schirm hat.«

»Weißt du«, erwidert Dorothy, »ich habe vor langer Zeit gelernt, dass ich aussprechen muss, was ich haben will. Es ist nicht besonders romantisch, aber Männer können wirklich so ein dickes Brett vor dem Kopf haben, wenn es um Anspielungen geht. Hast du ihm gesagt, dass seine Reaktion dich enttäuscht hat?«

Ich schüttele den Kopf. »Nein. Ich saß in der Falle. Deshalb habe ich eine E-Mail an Mr Peters geschrieben und ihm mitgeteilt, dass ich Interesse habe. Was hatte ich schon für eine Wahl?«

»Du hast immer eine Wahl, Hannah. Vergiss das nie! Verschiedene Möglichkeiten zu haben, verleiht uns große Macht.«

»Gut, ich könnte Michael sagen, dass ich den Job meines Lebens sausen lassen, weil ich an der Hoffnung festhalte, dass wir eines Tages eine Familie sind. Yep. Die Möglichkeit würde mir allerdings Macht verleihen. Die Macht, Michael in die Flucht zu schlagen.«

Um die Stimmung ein wenig zu heben, beugt sich Dorothy vor. »Bist du stolz auf mich? Ich habe meinen lieben Sohn noch gar nicht erwähnt.«

Ich lache. »Bis jetzt.«

»Noch mehr Grund für Michael, sich cool zu geben. Die Vorstellung, dass du in dieselbe Stadt ziehst wie dein ehemaliger Verlobter, muss ihn furchtbar beunruhigen.«

Ich zucke mit den Schultern. »Wenn ja, zeigt er es nicht. Er hat kein Wort von Jackson gesagt.«

»Wirst du ihn treffen?«

»Jackson? Nein. Nein, natürlich nicht.« Ich nehme den Samtbeutel mit den Steinen in die Hand, um das Thema zu wechseln. Es ist zu verfänglich, mit der Mutter meines fremdgehenden Exverlobten über ihn zu sprechen. Sie hat uns damals einander vorgestellt, war der Ansicht, wir würden ein nettes Pärchen abgeben …

»Ich habe dir noch etwas mitgebracht.« Ich lege ihr das Beutelchen in die Hände. »Das sind sogenannte Versöhnungssteine. Hast du schon davon gehört?«

Ihr Gesicht erhellt sich. »Natürlich! Fiona Knowles hat sie erfunden. Sie war letzte Woche auf NPR. Wusstest du, dass sie ein Buch geschrieben hat? Irgendwann im April kommt sie hier nach New Orleans.«

»Ja, habe ich gehört. Ich bin mit Fiona Knowles zur Mittelschule gegangen.«

»Was du nicht sagst!«

Ich erzähle Dorothy von Fionas Entschuldigung und den Steinen, die ich bekommen habe.

»Du meine Güte! Du gehörst zu den ersten fünfunddreißig! Hast du mir nie erzählt.«

Mein Blick schweift über das Gelände. Mr Wiltshire sitzt im Schatten einer Lebenseiche in seinem Rollstuhl, während Lizzy, Dorothys Lieblingspflegerin, ihm etwas vorliest. »Ich wollte eigentlich nicht darauf antworten. Ich meine, kann ein Versöhnungsstein wirklich zwei Jahre Schikane in der Schule wiedergutmachen?«

Dorothy sagt nichts, wahrscheinlich hält sie es für möglich.

»Egal, ich muss jedenfalls ein Exposé für WCHI verfassen. Dafür habe ich Fionas Geschichte ausgesucht. Sie ist momentan sehr gefragt, und da ich zu den ursprünglichen Adressaten gehöre, bekommt das Ganze eine persönliche Note. Das ist die perfekte Geschichte mitten aus dem Leben.«

Dorothy nickt. »Und deshalb hast du ihr den Stein zurückgeschickt.«

Ich senke den Blick auf meine Hände. »Ja, gebe ich zu. Ich hatte Hintergedanken.«

»Und wird die Sendung zu deinem Exposé wirklich gedreht?«, fragt Dorothy.

»Nein, das glaube ich nicht. Damit wollen sie eher meine Kreativität testen. Aber ich will die Leute trotzdem beeindrucken. Und wenn ich den Job nicht bekomme, kann ich die Idee immer noch in meiner Sendung hier verwenden, falls Stuart es erlaubt …« Zögernd halte ich inne. »So, nach Fionas Regeln soll ich den Kreis vollenden, indem ich einen zweiten Stein in den Beutel lege und ihn jemandem schicke, den ich verletzt habe.« Ich hole den elfenbeinfarbenen Stein von Fiona heraus und lasse den anderen drin. »Und genau das tue ich jetzt mit diesem Stein und meiner aufrichtigen Entschuldigung an dich.«

»An mich? Wofür?«

»Ja, an dich.« Ich drücke Dorothy den Stein in die Hand. »Ich weiß, wie gerne du im Evangeline gewohnt hast. Es tut mir leid, dass ich mich nicht besser um dich kümmern konnte, denn dann hättest du dort bleiben können. Vielleicht hätten wir eine Pflegerin für dich einstellen können …«

»Sei nicht albern, Schätzchen! Die Wohnung war viel zu klein für zwei Personen. Hier gefällt es mir gut, hier bin ich glücklich. Das weißt du.«

»Trotzdem möchte ich, dass du diesen Versöhnungsstein bekommst.«

Dorothy hebt den Kopf, ihr blinder Blick fällt auf mich wie ein Scheinwerfer. »Das ist eine faule Ausrede. Du suchst nur nach einer schnellen Möglichkeit, um den Kreis zu vollenden, damit du dein Exposé für WCHI verfassen kannst. Was stellst du dir vor? Fiona Knowles und ich zusammen am Set, und gemeinsam bilden wir den perfekten Kreis der Versöhnung?«

Ertappt schaue ich sie an. »Wäre das so schlimm?«

»Ja, weil du die falsche Person gewählt hast.« Sie tastet nach meiner Hand und gibt mir den Stein zurück. »Ich kann diesen Stein nicht annehmen. Es gibt jemanden, der deine Vergebung viel mehr verdient hat.«

Ich muss an Jacksons Beichte denken, und mir wird übel. Es tut mir leid, Hannah. Ich habe mit Amy geschlafen. Nur einmal. Es wird nie wieder geschehen, das schwöre ich dir.

Ich schließe die Augen. »Bitte, Dorothy, ich weiß, dass du denkst, ich hätte das Leben deines Sohnes zerstört, als ich unsere Verlobung gelöst habe. Aber wir können die Vergangenheit nicht immer wieder aufwärmen.«

»Ich rede nicht von Jackson«, sagt sie, jedes Wort mit Bedacht wählend. »Ich spreche von deiner Mutter.«

4

Ich werfe den Stein in ihren Schoß, als würde schon die bloße Berührung brennen. »Nein! Dafür ist es zu spät. Manche Dinge lässt man besser ruhen.«

Wenn mein Vater noch lebte, würde er mir zustimmen. Du kannst kein Feld mähen, wenn es schon gepflügt wurde, hat er immer gesagt. Es sei denn, du möchtest im Schlamm steckenbleiben.

Dorothy holt tief Luft. »Ich kenne dich, seitdem du nach New Orleans gezogen bist, Hannah, ein Mädchen mit großen Träumen und einem großen Herzen. Du hast immer viel von deinem Vater erzählt, der allein für dich gesorgt hat, seit du dreizehn warst. Aber von deiner Mutter hast du nur sehr wenig gesprochen. Erzählt hast du nur, dass sie ihren Freund dir vorgezogen hätte.«

»Ich will nichts mit ihr zu tun haben.« Mein Herz schlägt schneller. Es ärgert mich, dass die Frau, die ich seit über fünfzehn Jahren weder gesehen noch gesprochen habe, immer noch so große Macht über mich hat. Die Last des Zorns, würde Fiona wohl sagen. »Meine Mutter hat damals eine eindeutige Entscheidung getroffen.«

»Kann sein. Aber ich habe schon lange das Gefühl, dass mehr dahinterstecken muss.« Dorothy sieht zur Seite und schüttelt den Kopf. »Es tut mir leid, das hätte ich dir schon vor Jahren sagen sollen. Es hat mich immer beschäftigt. Vielleicht habe ich versucht, dich für mich allein zu haben.« Sie tastet nach meiner Hand und legt den Stein wieder hinein. »Du musst dich mit deiner Mutter versöhnen, Hannah. Es ist an der Zeit.«

»Du verwechselst das. Ich habe Fiona Knowles vergeben. Mit dem zweiten Stein soll ich jemanden um Verzeihung bitten, nicht selbst verzeihen.«

Dorothy zuckt mit den Schultern. »Verzeihen oder um Vergebung bitten – ich glaube nicht, dass man es mit diesen Versöhnungssteinen so genau nehmen soll. Das Ziel ist doch wohl, inneren Frieden zu finden, oder?«

»Hör mal, Dorothy, es tut mir leid, aber du kennst nicht die ganze Geschichte.«

»Aber du ja vielleicht auch nicht«, gibt sie zurück.

Ich starre sie an. »Wie kommst du darauf?«

»Erinnerst du dich an das letzte Mal, als dein Vater hier war? Da habe ich noch im Evangeline gewohnt, und ihr beiden wart zum Essen da.«

Es war der letzte Besuch meines Vaters, auch wenn wir das damals nie gedacht hätten. Er war glücklich und gebräunt, stand wie immer im Mittelpunkt. Wir saßen auf Dorothys Balkon, tranken Wein und erzählten uns Geschichten.

»Ja, weiß ich noch.«

»Ich glaube, er wusste, dass er diese Welt verlassen würde.«

Bei ihrem Ton und dem fast mystischen Blick in ihren umwölkten Augen stellen sich die Härchen auf meinen Armen auf.

»Dein Vater und ich haben kurz allein miteinander gesprochen, als du mit Michael noch eine Flasche Wein holen warst. Wir hatten ein bisschen zu viel getrunken, das gebe ich zu. Aber ich glaube, dass er diese Geschichte loswerden wollte.«

Mein Herz klopft laut. »Was hat er denn gesagt?«

»Dass deine Mutter dir immer noch Briefe schreiben würde.«

Ich bekomme kaum Luft. Briefe? Von meiner Mutter? »Nein. Das lag dann wohl wirklich am Alkohol. Sie hat mir seit fast zwanzig Jahren keinen Brief mehr geschrieben.«

»Bist du dir sicher? Ich habe es so verstanden, als hätte deine Mutter jahrelang versucht, dich zu erreichen.«

»Das hätte er mir erzählt. Nein. Meine Mutter will nichts mit mir zu tun haben.«

»Aber du hast selbst gesagt, dass du diejenige warst, die den Kontakt abgebrochen hat.«

Eine Erinnerung an meinen sechzehnten Geburtstag steht mir plötzlich vor Augen: Mein Vater sitzt mir gegenüber im Restaurant. Ich sehe ihn grinsen, breit und arglos, sehe, wie er die Ellenbogen auf das weiße Tischtuch stützt, um sich vorzubeugen und zu beobachten, wie ich mein Geschenk auspacke: einen Kettenanhänger aus einem Diamanten und einem Saphir. Viel zu ausgefallen für einen Teenager. »Die Edelsteine stammen aus Suzannes Ring«, erklärt er. »Ich habe sie für dich neu fassen lassen.«

Ich starre auf die riesigen Juwelen und sehe plötzlich alles vor mir: der Tag seines Auszugs, wie er mit seinen großen Händen das Schmuckkästchen meiner Mutter durchwühlte und behauptete, der Ring gehöre rechtmäßig ihm – und damit auch mir.

»Danke, Daddy«, zwinge ich mich zu sagen.

»Ich habe noch ein Geschenk für dich.« Er nimmt meine Hand und zwinkert mir zu. »Du musst sie nie wieder sehen, Spätzchen.«

Es dauerte einen Moment, bis ich begreife, dass er von meiner Mutter spricht.

»Du bist jetzt alt genug, um selbst zu entscheiden. Der Richter hat das in der Sorgerechtsvereinbarung ausdrücklich erwähnt.« In seinem Gesicht steht pure Freude, als wäre sein zweites »Geschenk« das große Ding. Mit offenem Mund sehe ich ihn an.

»Also gar keinen Kontakt mehr? Nie wieder?«

»Hängt von dir ab. Deine Mutter ist einverstanden. Ach, wahrscheinlich ist sie genauso froh wie du, die lästige Pflicht los zu sein.«

Ich setzte ein zögerndes Lächeln auf. »Hm, gut. Dann ist es wohl so. Wenn du … wenn sie das so will.«

Ich schüttele meine Erinnerung ab und wende mich an Dorothy. »Ich war damals erst sechzehn. Sie hätte darauf bestehen sollen, Kontakt zu halten. Sie hätte um mich kämpfen müssen! Sie ist meine Mutter.« Meine Stimme bricht, ich muss kurz innehalten, bevor ich weitersprechen kann. »Mein Vater rief bei ihr an. Es kam mir vor, als hätte sie nur auf diese Entscheidung von mir gewartet. Als Dad aus seinem Arbeitszimmer kam, hat er nur gesagt: ›Es ist vorbei, Spätzchen. Du bist aus dem Schneider‹.«

Ich habe einen Kloß im Hals, versuche zu schlucken, ausnahmsweise froh, dass Dorothy mich nicht sehen kann. »Zwei Jahre später kam sie zur Abschlussfeier der Highschool und behauptete, sie wäre so stolz auf mich. Da war ich achtzehn und so verletzt, dass ich kaum mit ihr sprechen konnte. Was erwartete sie auch nach zwei Jahren ohne Kontakt? Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen.«

»Hannah, ich weiß, dass dein Vater dir unheimlich viel bedeutet hat, aber …« Sie hält inne, als suchte sie nach den passenden Worten. »Ist es möglich, dass er dich von deiner Mutter ferngehalten hat?«

»Natürlich! Er wollte mich schützen. Sie hat mir so oft weh getan.«

»Das ist deine Geschichte, deine Wahrheit. Du glaubst daran, das verstehe ich. Aber das heißt trotzdem nicht, dass es die einzige Wahrheit ist.«

Obwohl Dorothy Rousseau blind ist, könnte ich schwören, dass sie mir bis tief in die Seele blicken kann. Ich wische mir die Augen trocken. »Ich will nicht darüber reden.« Ich stehe auf, die Beine der Ottomane kratzen über den Betonboden.

»Setz dich«, befiehlt sie. Ihre Stimme ist streng, ich gehorche.

»Agatha Christie sagte einmal, dass es in jedem von uns eine Falltür gibt.« Sie tastet nach meinem Arm und drückt ihn. Ihre spröden Nägel graben sich in meine Haut. »Hinter dieser Tür sind unsere dunkelsten Geheimnisse verborgen. Wir lassen sie immer fest verschlossen, versuchen verzweifelt, uns vorzumachen, dass diese Geheimnisse nicht existieren. Die Glücklichen glauben es vielleicht tatsächlich irgendwann. Aber ich befürchte, dass du, meine Liebe, nicht zu den Glücklichen gehörst.«

Sie befühlt meine Hände und nimmt mir den Stein wieder ab, legt ihn zurück in das Samtbeutelchen und zieht die Schnüre zu. Mit ausgestreckten Händen sucht sie umher, bis sie meine Tasche findet, in die sie das Beutelchen stopft.

»Du wirst nie eine Zukunft haben, wenn du dich nicht mit der Vergangenheit versöhnst. Geh! Schließ Frieden mit deiner Mutter!«

 

Barfuß stehe ich vor meiner Kücheninsel aus Granit. Es ist kurz vor drei am Samstag, um sechs kommt Michael. Ich lege das Backen zeitlich gerne so, dass meine Wohnung vom Duft frisch gebackenen Brots erfüllt ist, wenn Michael eintrifft. Mein durchschaubarer Versuch, ihn mit Hausfrauentätigkeiten zu verführen. Aber heute Abend brauche ich alle Unterstützung, die ich bekommen kann. Ich habe beschlossen, auf Dorothys Rat zu hören und Michael ins Gesicht zu sagen, dass ich New Orleans beziehungsweise ihn nicht verlassen will. Schon bei dem Gedanken daran habe ich Herzklopfen.

Ich nehme die klebrige Teigkugel aus der Rührschüssel und lege sie auf das bemehlte Schneidebrett. Mit den Handballen knete ich den Teig, schiebe ihn von mir, drücke ihn wieder zusammen. Im Schrank unter der Kücheninsel, keine dreißig Zentimeter entfernt, steht eine glänzende Küchenmaschine von Bosch. Vor drei Jahren hat sie mir mein Vater zu Weihnachten geschenkt. Ich hatte nicht das Herz, ihm zu sagen, dass ich ein haptischer Mensch bin, dass ich den Teig lieber selbst knete, ein Ritual, das tausende Jahre alt ist, entstanden, als die alten Ägypter die Hefe entdeckten. Ich überlege, ob es eine langweilige Pflicht für die Ägypterinnen war oder ob sie es auch so entspannend fanden wie ich heute. Für mich ist das Kneten beruhigend, dieses monotone Quetschen und Drücken des Teigs, die kaum sichtbare chemische Reaktion, wenn Mehl, Wasser und Hefe sich zu einem seidigen, zähflüssigen Gemisch verbinden.

Meine Mutter hat mir mal erzählt, das Wort Lady sei aus dem mittelalterlichen Wort für Brotlaib entstanden. Wie bei mir war Backen auch ihre Leidenschaft. Doch woher wusste sie solche Dinge? Ich habe sie nie lesen sehen, und ihre Mutter war nicht mal auf eine höhere Schule gegangen.

Mit dem Handrücken schiebe ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Seitdem Dorothy mir vor drei Tagen auftrug, Frieden mit meiner Mutter zu schließen, muss ich unablässig an sie denken. Kann es sein, dass sie wirklich versucht hat, mich zu erreichen?

Es gibt nur einen Menschen, der das wissen kann. Ohne weiter zu überlegen, wasche ich meine Hände und greife zum Handy.

Es ist ein Uhr in Kalifornien. Das Telefon klingelt, ich stelle mir Julia draußen auf der Veranda vor, wo sie einen Liebesroman liest oder sich vielleicht die Fingernägel lackiert.

»Hannah Banana! Wie geht es dir?«

Die Freude in ihrer Stimme weckt meine Schuldgefühle. Im ersten Monat nach dem Tod meines Vaters rief ich Julia täglich an. Doch schnell meldete ich mich nur noch einmal wöchentlich, dann einmal im Monat. Weihnachten habe ich zum letzten Mal mit ihr gesprochen.

Ich komme ihren Fragen nach Michael und meinem Job zuvor. »Alles super«, sage ich. »Und wie geht’s dir?«

»Der Salon schickt mich zu einer Fortbildung nach Vegas, momentan dreht sich alles um Haarteile und Extensions. Musst du auch mal ausprobieren. Ist wirklich praktisch.«

»Ja, vielleicht«, sage ich und komme dann zur Sache. »Julia, ich möchte dich etwas fragen.«

»Ich weiß, die Wohnung. Ich muss sie zum Verkauf anbieten.«

»Nein. Ich habe dir doch schon gesagt, dass du sie behalten sollst. Ich rufe noch diese Woche bei Mrs Seibold an und erkundige mich, warum das mit der Eigentumsübertragung so lange dauert.«

Sie seufzt. »Du bist ein Schatz, Hannah.«

Julia und mein Vater kamen in dem Jahr zusammen, als ich aufs College wechselte. Er ging in den vorzeitigen Ruhestand und war der Meinung, wenn ich zur University of Southern California ginge, könnte er auch nach L.A. ziehen. Er lernte Julia im Fitnessstudio kennen. Sie war damals Mitte dreißig, zehn Jahre jünger als mein Vater. Ich mochte sie sofort, eine gutmütige Schönheit mit einer Schwäche für roten Lippenstift und Elvis. Einmal gestand sie mir, dass sie sich Kinder gewünscht hätte, aber sich stattdessen für meinen Vater entschieden hatte, der selbst zeit seines Lebens ein großes Kind war. Es macht mich traurig, dass ihr Traum von Kindern siebzehn Jahre später dahin ist. Ihr die Eigentumswohnung meines Vaters zu schenken, ist ein armseliger Ersatz für all das, was Julia geopfert hat.

»Julia, eine Freundin hat mir etwas erzählt, das ich einfach nicht vergessen kann.«

»Was denn?«

»Sie …« Ich ziehe an einer Locke. »Sie glaubt, dass meine Mutter Kontakt zu mir aufnehmen wollte, dass sie mir einen Brief geschickt hat, vielleicht sogar mehrere. Aber ich weiß nicht, wann.« Ich halte inne, besorgt, dass das, was ich sage, vorwurfsvoll klingt. »Sie meint, Dad hätte davon gewusst.«

»Keine Ahnung. Ich habe schon ein Dutzend Müllsäcke weggebracht. Der Mann hat wirklich nichts weggeworfen.« Sie lacht liebevoll, es bricht mir das Herz. Ich hätte diejenige sein sollen, die seine Schränke ausräumt. Stattdessen überlasse ich Julia die unangenehmen Aufgaben, genau wie mein Vater es tat.

»Hast du nie einen Brief oder etwas anderes von meiner Mutter gefunden?«

»Ich weiß, dass sie unsere Adresse hier in L.A. hatte. Hin und wieder schickte sie ihm Steuerunterlagen oder so. Aber nichts für dich, Hannah, tut mir leid.«

Ich nicke, bringe kein Wort heraus. Bis jetzt war mir nicht klar, wie sehr ich auf eine andere Antwort gehofft habe.

»Dein Vater hat dich geliebt, Hannah. Trotz all seiner Fehler hat er dich sehr geliebt.«

Das weiß ich. Warum bloß reicht mir das nicht?

 

Am Abend mache ich mich besonders sorgfältig zurecht. Nachdem ich in meinem Lieblings-Badeöl von Jo Malone gebadet habe, stehe ich in einem apricotfarbenen Spitzen-BH und passendem Slip vor dem Spiegel und glätte mir die Haare. Von Natur aus habe ich schulterlange Locken, aber Michael mag meine Haare lieber glatt. Ich biege die Wimpern mit der Zange, trage Mascara auf, verstaue die Schminksachen in meiner Tasche. Vorsichtig, um es nicht zu zerknittern, schlüpfe ich ein kurzes kupferfarbenes Etuikleid, das ich nur für Michael gekauft habe. In letzter Minute hole ich mein Geburtstagsgeschenk zum Sechzehnten hervor, die Kette mit dem Diamanten und dem Saphir. Die Edelsteine, die aus dem Verlobungsring meiner Mutter gerissen wurden, funkeln mich fragend an, als könnten auch sie sich immer noch nicht an die neue Fassung gewöhnen. Die ganzen Jahre habe ich die Kette im Kästchen gelassen, hatte weder den Wunsch noch den Mut, sie zu tragen. Als ich die Kette in meinem Nacken schließe, überfällt mich Traurigkeit. Mein lieber Vater! Er hatte keine Ahnung. Ihm war nicht klar, dass sein Geschenk für mich ein Symbol der Zerstörung und des Verlustes war, nicht das von ihm beabsichtigte Präsent zum Übergang ins Erwachsenenalter.

Um 18:37 Uhr betritt Michael meine Wohnung. Seit einer Woche habe ich ihn nicht gesehen, er müsste dringend zum Friseur. Doch anders als meine Haare, wenn sie zu lang sind, fallen seine rötlichblonden Locken zu einem perfekt zerzausten Wuschelkopf und verleihen ihm einen jugendlichen Surfer-Look. Ich necke Michael gerne damit, dass er eher wie ein Model von Ralph Lauren aussieht als wie ein Bürgermeister. Seine kornblumenblauen Augen und der helle Teint machen ihn zum Inbegriff des Erfolgs, er könnte ohne weiteres am Ruder einer Yacht über den Atlantik vor Cape Cod segeln.

»Hey, meine Schöne!«, sagt er.

Ohne seine Jacke auszuziehen, nimmt er mich in seine Arme und trägt mich ins Schlafzimmer. Mein Kleid schiebt sich hoch. Pfeif auf die Falten.

 

Wir liegen nebeneinander und schauen an die Decke. »Mein Gott«, unterbricht er das Schweigen. »Das habe ich jetzt gebraucht.«

Ich drehe mich auf die Seite und fahre mit dem Finger an seinem kantigen Kinn entlang. »Du hast mir gefehlt.«

»Du mir auch.« Er schaut mich an und nimmt meine Fingerkuppe in den Mund. »Du bist unglaublich, weißt du das?«

Ruhig verharre ich in seiner Armbeuge und warte, bis er wieder zu Atem kommt, bereit für die zweite Runde. Ich liebe diese Zwischenspiele, wenn ich in Michaels Armen liege, der Rest der Welt weit weg ist und ich nichts anderes höre als unser beider Atem.

»Willst du was trinken?«, flüstere ich.

Als er nicht antwortet, hebe ich den Kopf. Er hat die Augen geschlossen, der Mund ist geöffnet. Leise beginnt er zu schnarchen.

Ich werfe einen Blick auf die Uhr. 18:55 – achtzehn Minuten vom Eintreten bis zum Einnicken.

 

Mit einem Schreck fährt er hoch, die Augen weit aufgerissen, das Haar zerzaust. »Wie spät ist es?«, fragt er und sucht blinzelnd seine Uhr.

»Zwanzig vor acht«, erwidere ich und streiche über seine glatte Brust. »Du warst müde.«

Er springt auf, sucht hektisch nach seinem Handy. »Herrje, ich habe Abby gesagt, wir würden sie um acht Uhr abholen. Wir müssen los.«

»Abby kommt mit?«, frage ich und hoffe, dass man meine Enttäuschung nicht hört.

»Yep.« Er hebt sein Hemd vom Boden auf. »Sie hat eine Verabredung abgesagt, um mit uns essen gehen zu können.«

Ich steige aus dem Bett. Ich weiß, dass ich egoistisch bin, aber ich möchte heute Abend mit ihm über Chicago sprechen. Und diesmal werde ich mich nicht zurückhalten.

Während ich in meine Unterwäsche schlüpfe, rufe ich mir in Erinnerung, dass Michael ein alleinerziehender Vater ist – und zwar ein sehr guter. Er ist nur zu stark eingespannt mit seinem anspruchsvollen Bürgermeisteramt. Ich sollte ihn nicht zwingen, sich zu entscheiden, ob er lieber Zeit mit mir oder seiner Tochter verbringt. Er versucht, uns beide zufriedenzustellen.

»Ich habe eine Idee«, sage ich, während er eine SMS an Abby schreibt. »Geh du heute allein mit Abby aus, nur ihr zwei. Vielleicht können wir uns dann morgen sehen.«

Er wirkt getroffen. »Nein, bitte, ich möchte, dass du dabei bist.«

»Aber Abby«, wende ich ein, »möchte bestimmt mal mit dir allein sein. Außerdem brauche ich Zeit, um mit dir unter vier Augen zu sprechen. Wegen dieses Jobs in Chicago, von dem ich schon erzählt habe. Das könnten wir morgen machen.«

»Ich möchte diesen Abend gerne mit den beiden Frauen in meinem Leben verbringen.« Michael kommt zu mir und streift meinen Hals mit seinen Lippen. »Ich liebe dich, Hannah. Und je besser Abby dich kennenlernt, desto mehr wird sie dich mögen. Sie muss uns zu dritt erleben, als Familie. Findest du nicht?«

Ich knicke ein. Schließlich denkt er an unsere Zukunft, und genau das wünsche ich mir ja die ganze Zeit.

 

Wir fahren auf der Saint Charles nach Osten und erreichen sein Haus in Carrolton mit zehn Minuten Verspätung. Michael springt zur Tür, um Abby zu holen, ich bleibe in seinem SUV sitzen und betrachte das riesige cremeweiße Haus von außen, wo einst eine dreiköpfige Familie lebte.

Als ich Michael auf einer Auktion für Into the Light kennenlernte, erfuhr ich noch am selben Abend, dass er eine Tochter hat. Mich beeindruckte das; er zog sein Kind allein auf, so wie mein Vater. Als wir begannen, zusammen auszugehen, sah ich in Abby nie etwas anderes als einen positiven Faktor. Ich mag Kinder. Sie war ein zusätzlicher Pluspunkt. So dachte ich – bevor ich sie kennenlernte.

Das Eisentor schwingt auf, Abby und Michael kommen aus dem Haus. Sie ist fast so groß wie ihr Vater. Heute hat sie ihre langen blonden Haare auf dem Hinterkopf zusammengebunden, so dass ihre wunderschönen grünen Augen zur Geltung kommen. Sie steigt hinten ein.

»Hey, Abby!«, begrüße ich sie. »Du siehst toll aus.«

»Hey«, erwidert sie und kramt in ihrer pinkfarbenen Kate-Spade-Tasche nach ihrem Handy.

Michael fährt zur Tchoupitoulas Street, ich versuche, mich mit Abby zu unterhalten. Doch wie immer antwortet sie nur einsilbig und weicht meinem Blick aus. Wenn sie etwas sagen will, richtet sie sich ausdrücklich an ihren Vater und beginnt jeden Satz mit »Dad«, als würden ihre nonverbalen Signale mir nicht schon erfolgreich vermitteln, dass ich nur Luft für sie bin. Dad, ich hab die Ergebnisse im SAT-Test bekommen. Dad, ich hab einen tollen Film gesehen, er würde dir gefallen.

 

Wir fahren zu Broussard’s Restaurant im French Quarter – Abbys Wahl –, wo uns eine gertenschlanke Brünette zum Tisch führt. Vorbei an flackernden Gaslaternen durchqueren wir den Hof zum kerzenbeleuchteten Speisesaal. Ein gutgekleidetes älteres Ehepaar sieht mich an, als ich an seinem Tisch vorbeigehe. Ich lächele den beiden zu.

»Ich bin so ein großer Fan von Ihnen, Hannah«, sagt die Frau und greift nach meinem Arm. »Sie bringen mich jeden Morgen zum Lächeln.«

»Oh, danke«, erwidere ich und tätschele ihre Hand. »Sie glauben gar nicht, wie sehr mich das freut.«

Wir drei nehmen Platz, und Abby dreht sich zu Michael um: »Muss das nerven«, sagt sie, »du bist ständig unterwegs, um die Stadt zu retten, und sie bekommt die ganze Aufmerksamkeit. Die Leute sind so dämlich.«