Optische Mikroskopie - Jörg Haus - E-Book

Optische Mikroskopie E-Book

Jörg Haus

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Beschreibung

Selbst 150 Jahre nach Beginn seiner Fertigung im industriellen Maßstab ist das Mikroskop immer noch ein unverzichtbares Werkzeug in Medizin, Biologie und Materialwissenschaft. In diesem Buch werden zunächst die wichtigsten Aspekte der Funktionsweise und des Aufbaus der unterschiedlichen Typen von Lichtmikroskopen erklärt. Es wird dargelegt, welche Funktion die unterschiedlichen Bedienelemente haben und wie sie sich auf das Bildergebnis auswirken. In den weiterführenden Kapiteln finden sich Beschreibungen der wichtigsten Kontrastierverfahren und auch der modernsten Hochauflösungsverfahren, mit denen eine neue Ära der optischen Mikroskopie begonnen hat. Der Text ist leicht verständlich geschrieben mit praktischen Anwendungsbeispielen und vielen mikroskopischen Aufnahmen.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Eine kurze Geschichte der Mikroskopie

Referenzen

Teil I Das Lichtmikroskop als optisches Instrument

1 Optische Vergrößerungen: Von der Lupe zum Mikroskop

1.1 Die Lupe

1.2 Höhere Vergrößerungen: Das zusammengesetzte Mikroskop

1.3 Wichtige mechanische Abmessungen des Mikroskops

Referenzen

2 Das aufrechte Durchlichtmikroskop: Aufbau und Funktionsweise

2.1 Das Mikroskopstativ

2.2 Die Beleuchtung

2.3 Kondensoren

2.4 Fokussierung und Mikroskoptisch

2.5 Objektive

2.6 Okulare

2.7 Beobachtungstuben

2.8 Bilddokumentation

Referenzen

3 Das aufrechte Auflichtmikroskop

3.1 Aufbau und Funktionsweise

3.2 Die Beleuchtung

3.3 Objektive für die Auflichtmikroskopie

3.4 Fokussierung und Mikroskoptisch

Referenzen

4 Das inverse Mikroskop: Aufbau und Funktionsweise

4.1 Das Mikroskopstativ

4.2 Beleuchtung und Optik

4.3 Mikroskoptisch und Fokussierung

Referenzen

5 Das Stereomikroskop: Aufbau und Funktionsweise

5.1 Stereomikroskop – optischer Aufbau

5.2 Stative und Beleuchtung

Referenzen

Teil II Unsichtbares sichtbar machen

6 Kontrastierverfahren in der Mikroskopie

6.1 Hellfeldmikroskopie

6.2 Schiefe Beleuchtung

6.3 Dunkelfeldmikroskopie

6.4 Phasenkontrastmikroskopie

6.5 Polarisationsmikroskopie

6.6 Differenzieller Interferenzkontrast

6.7 Fluoreszenzmikroskopie

6.8 Kontrastierverfahren in der Stereomikroskopie

Referenzen

Teil III Weiterentwicklungen – Über die Weitfeldmikroskopie hinaus

7 Moderne mikroskopische Verfahren

7.1 Modellierung der Punktbildverwaschungsfunktion

7.2 Höchstauflösung durch Eingriffe in die Beleuchtungsgeometrie

7.3 Nahfeldverfahren

7.4 Quantitative mikroskopische Verfahren

7.5 Nichtlineare Effekte: Raman- und Zwei-Photonen-Mikroskopie

Referenzen

Danksagung

Nachweis der mikroskopischen Aufnahmen

Stichwortverzeichnis

Beachten Sie bitte auch weitere interessante Titel zu diesem Thema

Kiefer, J.Strahlen und GesundheitNutzen und Risiken2012Print ISBN: 978-3-527-41099-6. Auch in digitalen Formaten erhältlich.

 

Bäuerle, D.LaserGrundlagen und Anwendungen in Photonik, Technik, Medizin und Kunst2009Print ISBN: 978-3-527-40803-0. Auch in digitalen Formaten erhältlich.

 

Liedtke, S., Popp, J.Laser, Licht und LebenTechniken in der Medizin2006Print ISBN: 978-3-527-40636-4. Auch in digitalen Formaten erhältlich.

Autor

 

Jörg HausFriedenstr. 3635614 AßlarDeutschland

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

Print ISBN 978-3-527-41127-6ePDF ISBN 978-3-527-41287-7ePub ISBN 978-3-527-41286-0Mobi ISBN 978-3-527-41288-4

Umschlaggestaltung BlueSea Design, Simone Benjamin, McLeese Lake, CanadaSatz le-tex publishing services GmbH, Leipzig, Deutschland

Gedruckt auf säurefreiem Papier

Einleitung

Seit Beginn meiner beruflichen Tätigkeit bei einem der verbliebenen kleinen Mikroskophersteller Deutschlands fasziniert mich die Welt der Mikroskopie jeden Tag aufs Neue. Obwohl der Schwerpunkt meiner täglichen Arbeit unter anderem in der Entwicklung neuer Komponenten und der Zusammenstellung neuer Mikroskopausrüstungen liegt, zeigt sich insbesondere in der Klärung kundenspezifischer Problemstellungen immer wieder die Faszination der Welt im Kleinen. Damit sind nicht nur das Gewusel in der sprichwörtlichen Welt im Wassertropfen, die feinen Strukturen in Schnitten organischen Materials oder die leuchtenden Aufnahmen von Präparatstrukturen im Fluoreszenzlicht gemeint, sondern auch die faszinierenden Bilder von zu Dünnschliffen verarbeiteten Festkörpern oder die Oberflächenstruktur von technischen Werkstoffen, Werkstoffsystemen und Mineralien. Jede dieser Aufgabenstellungen hat „ihr“ Mikroskop, benötigt „ihre“ Beleuchtungsart und -geometrie, erfordert aber auch unter Umständen „ihre“ ganz speziellen Tricks und Kniffe, die erst das gewünschte Beobachtungsergebnis liefern. Hierzu ist eine Fülle an Literatur mit Hinweisen und Anleitungen für die Anfertigung von Präparaten erhältlich, und zwar sowohl kommerziell1) als auch auf verschiedenen Webseiten und in Internetforen2). Im Gegensatz dazu sind Informationen über die Technik des Mikroskops, der verschiedenen Kontrastierverfahren und Komponenten zwar verfügbar, jedoch nicht in geschlossener Form. Dieses Buch soll hier Abhilfe schaffen, ist doch das Lichtmikroskop wie kein anderes Instrument das Symbol für wissenschaftliches Arbeiten. Nicht umsonst ist es selbst heute noch in den Logos wissenschaftlicher Organisationen dargestellt, und sogar Informatiker wählen es als Desktop-Icon für ihre Bildverarbeitungssoftware – meist sogar in einer Form, die heutzutage bei Labor- und Routinegeräten technisch vollkommen überholt ist.

In seiner mehr als vierhundert Jahre währenden Geschichte hat das Mikroskop eine erstaunliche Wandlung durchlaufen – von den filigranen und zeittypisch gestalteten Modellen aus den Pioniertagen der Optik über die technisch wirkenden Geräte aus den Zeiten der Industrialisierung bis hin zu den „mikroskopischen Maschinen“ von heute. Raffinierte Verfahren wurden erdacht, um immer feinere Details sichtbar zu machen, sei es durch optische Ergänzungen des Mikroskops selbst, durch den Einsatz spezieller Methoden zur Einfärbung des Präparats oder durch eine Kombination aus beiden. In jüngster Zeit wurden darüber hinaus Verfahren entwickelt, die die bereits im vorletzten Jahrhundert von Ernst Abbe formulierte Auflösungsgrenze unterlaufen und optisch bislang unerreichbare Details offenbaren.

Das Lichtmikroskop wurde nach und nach um Einrichtungen ergänzt, die ein Dokumentieren der Beobachtungen ermöglichen, sei es durch Projektion und Abzeichnen, später durch die Adaption von Sofort- oder Kleinbildkameras, oder aktuell durch direkte digitale Erfassung mit Flächensensoren spezieller Mikroskopkameras. Motorisierte Tische, Autofokuseinrichtungen, motorisierte Revolver mit kodierten Objektiven und Präparatwechsler ermöglichen eine beinahe vollständige Automatisierung des mikroskopischen Arbeitsablaufs. Die bislang letzte Ausbaustufe stellen sogenannte Slide-Scanner dar, die automatisiert hochauflösende und farbtreue mikroskopische Aufnahmen liefern, in ihrem äußeren Erscheinungsbild jedoch einem klassischen Mikroskop nicht mehr auch nur ansatzweise ähneln.

Trotz des mittlerweile sehr hohen Entwicklungsstandes der Lichtmikroskopie sind allerdings auch noch „normale“ Mikroskope in Gebrauch – und etwa aus Ausbildung, Arztpraxis und klinischem Labor nicht wegzudenken. Aber auch in forensischen oder Industrielaboren, in Werkstätten bei der Analyse von Werkstoffen oder bei der Montage kleiner Bauteile wird noch weitestgehend manuell mikroskopiert – nicht zu vergessen die große Gruppe von Hobbymikroskopikern, die teilweise hochspezialisiert, mit fundierten Kenntnissen mikroskopischer Verfahren und mit durchaus hohem Erfindungsreichtum beeindruckende Bildergebnisse erzielen.

Da es immer noch wichtig ist, dass jeder, der ein Mikroskop bedient, seine wesentlichen Baugruppen und Komponenten kennen und wissen sollte, auf welche Weise sich die vielen Knöpfe, Triebe und Schrauben auf das Bildergebnis auswirken, erklärt das vorliegende Buch in seinem ersten Teil die Funktionsweise und die verschiedenen Baugruppen eines zusammengesetzten Durchlicht-Hellfeldmikroskops sowie wesentliche Erweiterungsmöglichkeiten und Zubehörkomponenten. In seinem zweiten Teil geht es auf weitere Kontrastierverfahren ein, mit denen die Darstellung kontrastschwacher Objekte verbessert oder gar erst ermöglicht wird. Dort wird darüber hinaus auf spezielle mikroskopische Bauformen eingegangen: das inverse Mikroskop, mit dem etwa Zellkulturen beobachtet werden können, und das Stereomikroskop, das bei niedrigeren Vergrößerungen die räumliche Betrachtung ermöglicht. Die Darstellung wird abgerundet durch einen kurzen Streifzug durch die modernsten mikroskopischen Verfahren, die die Tür zu nie gekannten Beobachtungsmöglichkeiten aufgestoßen haben.

Dieses Buch hat zum Ziel, alle an der Mikroskopie Interessierten über die Funktionsweise eines Lichtmikroskops zu informieren. Hierzu gehören etwa Schüler und Auszubildende medizinischer Assistenzberufe, Studenten biologischer, medizinischer und weiterer Fächer, in denen Mikroskope Teil der täglichen Arbeit sind, aber auch solche Personen, die in den oben genannten Disziplinen bereits beruflich tätig sind und sich über die beschriebenen Themen informieren möchten. Dieses Ziel kann leider nicht ganz ohne Zuhilfenahme physikalischer Formalismen erreicht werden, gleichsam als Entschädigung sollen aber mit „Aus der Praxis“ überschriebene Ergänzungen einen Einblick in den mikroskopischen Alltag eines Geräteherstellers und der Anwender bieten.

Die in diesem Manuskript genannten Marken- oder Produktnamen gehören selbstverständlich ihren jeweiligen Eigentümern. Es sei bemerkt, dass die Nennung eines bestimmten Marken- oder Produktnamens im Zusammenhang mit einem mikroskopischen Verfahren oder mit einzelnen Komponenten keinerlei Empfehlung für einen bestimmten Hersteller oder ein bestimmtes Produkt darstellt, sondern rein illustrativen Zwecken dienen soll.

1) Zum Beispiel Kremer, B.K. (2010) Das große Kosmos-Buch der Mikroskopie, Franckh-Kosmos, Stuttgart.

2) Zum Beispiel www.mikroskopie-forum.de, abgerufen am 21.12.2013.

Eine kurze Geschichte der Mikroskopie

Kein Buch über die Lichtmikroskopie ist vollständig ohne einen zumindest kurzen Abriss seiner Entwicklungsgeschichte, wobei hier allerdings nur einige wenige, jedoch wichtige Meilensteine Erwähnung finden können – der geschichtliche Überblick wird also in jedem Fall unvollständig sein. Interessierten Lesern sei daher für eine detaillierte Darstellung das Werk von D. Gerlach [1] empfohlen.

Obwohl bereits in der Antike Kenntnisse in der Anwendung optischer Elemente vorhanden waren und auch das Mittelalter bereits – wenn auch primitive – Sehhilfen kannte, sollte es noch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts dauern, bis optisch weiterentwickelte Instrumente den frühen Forschern den Blick in die Dimensionen jenseits unserer unmittelbaren Wahrnehmung ermöglichten. Es war das Zeitalter, in dem nicht nur das Teleskop der Menschheit etwa den Blick auf Jupiter und seine Monde öffnete, sondern auch das Mikroskop das Tor zur Welt kleinster Teilchen und Lebewesen aufstieß. Neben der Fähigkeit, Linsen in ausreichender Qualität herstellen zu können, war hierfür auch die Erkenntnis entscheidend, wie es durch die Führung des Lichts durch Einzellinsen und Linsenkombinationen hindurch zur Entstehung eines optischen Bildes eines Objekts kommt.

Das erste Mikroskop wurde wohl gegen 1595 von Zacharias Janssen (1588–1631) und seinem Vater Hans gebaut, beide in den Niederlanden tätige Brillenmacher [2]. Das Mikroskop der Janssens wurde beschrieben als eine etwa 75 cm (zweieinhalb Fuß) lange Anordnung von insgesamt drei ineinander gesteckten Tuben mit einem Durchmesser von wenigen Zentimetern. Die Optik bestand aus zwei Linsen, sodass dieses Modell bereits ein zusammengesetztes Mikroskop darstellt. Der erreichbare Abbildungsmaßstab lag zwischen 3 : 1 und 9 : 1, je nach eingestellter Tubuslänge. Es war dazu gedacht, in der Hand gehalten zu werden und verfügte daher über kein Stativ im heutigen Sinne.

Neben Zacharias Janssen reiht sich mit Cornelis Jacobszoon Drebbel (1572–1633) ein weiterer Holländer in die Riege potenzieller Erfinder des Mikroskops ein, sein Instrument ist allerdings auf das Jahr 1621 datiert [3]. Wer ein wenig nachforscht, wird noch weitere Namen von optischen Pionieren zu Beginn des 17. Jahrhunderts finden, und wir können festhalten, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt erstaunlich viel Erfindungsreichtum und Erfahrung in diesem damals noch jungen Zweig der Optik vorhanden war. 1625 prägte schließlich Johannes Faber aus Bamberg (1574–1629) den Begriff „Mikroskop“ aus den griechischen Begriffen für „klein“ (micros) und „beobachten“ (skopein).

Robert Hooke (1635–1703), der englische Universalgelehrte des späten 17. Jahrhunderts, verwendete ein von Christopher White in London konstruiertes, zusammengesetztes Mikroskop. Mit diesem Instrument nahm er umfangreiche mikroskopische Beobachtungen vor, die er im Jahre 1665 in seinem Werk Micrographia ausführlich beschrieb. Eine darin enthaltene Illustration machte Hookes Mikroskop weithin bekannt: Es war aus Messing gefertigt, mit zeittypischen Gestaltungs-details aus Leder und Gold. In diesem ersten großen Werk über mikroskopische Techniken sind bereits erstaunlich viele Anleitungen für die Beobachtung von Mikrostrukturen biologischen und technischen Ursprungs enthalten, auch wenn die Beschreibungen darauf hindeuten, dass die Mikroskopie damals einen noch sehr experimentellen Charakter hatte. Darüber hinaus enthält Hookes Werk zahlreiche detaillierte Abbildungen, die der Autor nach seinen visuellen Beobachtungen zeichnete. Interessierte Leser können den Originaltext mittlerweile online einsehen [4].

Etwa um die gleiche Zeit, im Jahre 1670, erfand Christiaan Huygens (1629–1695) das nach ihm benannte zweilinsige Okular, mit dem die bei Einzellinsen allgegenwärtigen Farbfehler zumindest für achsennahe Strahlen kompensiert werden konnten. 1672 stellte Johann Christoph Sturm (1635–1703) eine entsprechende Lösung für Objektive vor.

Im gleichen Zeitraum experimentierte in Delft Antoni van Leeuwenhoek (1632–1723) mit einlinsigen Mikroskopen und erreichte damit bereits etwa 300-fache Vergrößerungen. Sein Mikroskop funktionierte nach Art eines Vergrößerungsglases und wurde wie das Instrument von Janssen in der Hand gehalten. Zur Konstruktion gehörte neben einem Präparathalter eine einfache Fokussiereinrichtung in Gestalt einer Einstellschraube. Mit diesem Mikroskop konnte Leeuwenhoek 1668 erstmals rote Blutkörperchen und deren Bewegung durch die Kapillaren von Versuchstieren beobachten. Ebenso untersuchte er damit Kleinstlebewesen in Wasserproben und konnte etwa nachweisen, dass sich Insekten aus Eiern entwickeln und nicht spontan aus Weizenkörnern oder Sand. Leeuwenhoek veröffentlichte seine Beobachtungen etwa ab 1680 in den „Philosophical Transactions of the Royal Society“ und 1695 in seinem Werk Arcana Naturae Detecta [5]. Da er wahrscheinlich als erster Naturforscher auf die Idee kam, nicht nur kleine, noch mit dem bloßen Auge erkennbare Objekte zu untersuchen, sondern sich auf die Suche nach eben nicht mehr erkennbaren Details begab und in der Folge erstmals Bakterien beobachten konnte, gilt er als Begründer der Mikrobiologie.

Im 18. Jahrhundert erlebte das Mikroskop eine gewisse technische Reifung, allerdings noch bevor die optische Bildgebung theoretisch umfassend durchdrungen war – die dafür notwendigen Kenntnisse in Physik und Optik waren zu dieser Zeit einfach noch nicht vorhanden. 1725 stellte Edmund Culpeper (1660–1740) das sogenannte Double Reflecting Microscope vor. Es hatte nicht nur erstmals einen federnden Präparathalter, sondern auch eine Auflichteinrichtung über eine dicke Linse sowie, ebenfalls eine Neuerung, eine Durchlichtbeleuchtung über einen schwenkbaren Spiegel. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Technik so weit, dass Joseph Jackson Lister (1786–1869) durch Ausprobieren achromatische Objektive unter Verwendung von Gläsern unterschiedlicher optischer Dispersionen herstellen konnte. Ebenso gelang es ihm, die sphärische Aberration durch geeignete Linsenkombinationen weitgehend zu eliminieren. Ein erstes Mikroskop mit diesen Objektiven stellte er 1826 vor.

1846 gründete der aus Weimar stammende Mechaniker Carl Zeiss (1816–1888) in Jena eine Werkstatt für Feinmechanik und Optik, in der er ab 1847 auch Mikroskope herstellte. Während die Erfolge der frühen Jahre noch auf intelligentes Herumprobieren zurückzuführen waren, konnte ab 1866 unter der wissenschaftlichen Führung des Jenaer Physikers und Privatdozenten Ernst Abbe (1840–1905) die Qualität der Objektive durch rechnerische Methoden signifikant verbessert werden. Hierzu führte Abbe 1873 in seiner wegweisenden Publikation über die Theorie der Auflösungsgrenze den Begriff der numerischen Apertur (NA) ein, mit der er aus der Lichtwellenlänge, der Brechzahl des Mediums zwischen Objektiv und Präparat und aus dem halben Öffnungswinkel des vom Objektiv aufgenommenen Lichts das Auflösungsvermögen eines Mikroskops bestimmen konnte. Es war diese wissenschaftliche Erkenntnis, die erst die reproduzierbare Fertigung hochqualitativer Mikroskopoptiken im industriellen Maßstab ermöglichte. 1886 wurden erstmals von Abbe berechnete Apochromate hergestellt, also Objektive, deren chromatische Aberration für drei Wellenlängen auskorrigiert ist. Für solch hoch korrigierte Objektive ist nicht nur eine gleichbleibend hohe Qualität der verwendeten Gläser unabdingbar, sondern auch die Entwicklung neuartiger Glassorten. Hierbei arbeitete Abbe eng mit dem Chemiker Otto Schott zusammen, der zusammen mit Carl Zeiss und Ernst Abbe ein glastechnisches Laboratorium gründete, aus dem später das Jenaer Glaswerk Schott & Genossen hervorgehen sollte.

Fast um die gleiche Zeit wie Carl Zeiss in Jena gründete Carl Kellner (1826–1855) zusammen mit Moritz Hensoldt (1821–1903) in Wetzlar sein optisches Institut. Im gleichen Jahr, 1849, beschrieb er das heute nach ihm benannte Okular in seiner Veröffentlichung Das orthoskopische Ocular. Es sollte aber noch bis 1851 dauern, bis das erste Mikroskop ausgeliefert werden und damit in Wetzlar ein zweites Zentrum für den Bau dieser Instrumente in Deutschland entstehen sollte. Nach dem frühen Tod Carl Kellners wurde das Unternehmen ab 1856 von Friedrich Belthle weitergeführt, dann ab 1857 zusammen mit Heinrich Friedrich Rexroth unter dem Firmennamen „Belthle & Rexroth (Carl Kellners Nachfolger)“. Nachdem diese Kooperation bereits 1861 wieder beendet war, trat im Jahre 1864 Ernst Leitz (1843–1920) in die Firma ein und wurde 1865 Teilhaber. Er übernahm nach Belthles Tod 1869 die alleinige Geschäftsführung des Unternehmens, das er fortan unter seinem Namen weiterführte. Die spätere Ernst Leitz GmbH erweiterte, wie auch die Carl Zeiss AG, ihr Produktspektrum um eine Vielzahl weiterer optischer Geräte. Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ging das einstige Großunternehmen in einer Reihe von Nachfolgegesellschaften auf, von denen die Leica Microsystems GmbH in Wetzlar die mikroskopische Tradition von Ernst Leitz bis heute fortführt. Die optische Industrie in Wetzlar profitierte von Leitz auch in der Weise, dass von Zeit zu Zeit Mitarbeiter des Unternehmens den Weg in die Selbstständigkeit wagten und eigene kleine Mikroskopunternehmen gründeten. So war Heinrich Seibert bei dem Leitz-Vorgängerunternehmen Belthle & Rexroth beschäftigt, bevor er Mitbegründer von „W. & H. Seibert, Wetzlar“ wurde, ein Unternehmen, das 1911 das erste kommerzielle Vergleichsmikroskop vorstellen sollte. Ebenso schied im Jahre 1923 Johann Friedrich Wilhelm Will (1898–1959) bei Leitz aus, um seine eigene Werkstätte für Mikroskop- und Feldstecheroptiken zu gründen. Später folgte die Produktion von Projektionsobjektiven, ehe 1950 die ersten Mikroskope unter dem Firmennamen „Will“ gefertigt wurden. Die Will Wetzlar KG ist 1988 von der Helmut Hund GmbH übernommen worden, die bis heute als einer der verbliebenen kleinen Mikroskophersteller in Deutschland Routine- und Labormikroskope herstellt.

In Japan entstand erst 1917 durch den Zusammenschluss mehrerer kleinerer Optikunternehmen die Nippon Kogaku K. K. („Japanische Optische Technik AG“), kurz: Nikon, die im darauffolgenden Jahr mit eigenen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten begann sowie eine eigene Glasproduktion aufnahm. Unterstützung fand dieses neue Unternehmen durch deutsche Optiker und Techniker, die in Folge der schlechten Wirtschaftslage in ihrer Heimat 1921 nach Japan übergesiedelt waren und mit Hilfe japanischer Arbeitskräfte die Produktion von Ferngläsern, Entfernungsmessern und Mikroskopen (ab 1925) aufnahmen.

1914 stellte ein weiterer japanischer Unternehmer, Shintaro Terada, ein eigenes Mikroskop auf der Taishi Expo vor und erhielt dafür eine Auszeichnung. Aus der daraus folgenden Kooperation mit weiteren Medizintechnikunternehmen gingen mit „M & Katera“ gemarkte Mikroskope hervor. Die weitere Kooperation mit Takeshi Yamashita, einem Hersteller von Thermometern, führte zur Gründung von „Takachiho Seisakusho“. 1920 wurde der Markenname „Olympus“ eingetragen, unter dem im gleichen Jahr das bis zu 600-fach vergrößernde Mikroskop „Asahi“ in den Markt kam. 1923 wurde die Thermometerproduktion abgetrennt, sodass sich das Unternehmen mit den dadurch gewonnen Mitteln verstärkt auf die Mikroskopie konzentrieren konnte. Ab 1927 wurde dann das Mikroskopmodell „Seika GE“ produziert, das bereits über ein Ölimmersionsobjektiv verfügte und bis zu 1400-fach vergrößern konnte.

Zur Geschichte der Mikroskophersteller ließe sich noch sehr viel mehr schreiben, so etwa über die Geschichte von Zeiss über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, die Trennung in zwei Unternehmen und ihre Wiedervereinigung nach dem Fall der Mauer. Da hier aber nur die Anfänge der mikroskopischen Technik beschrieben werden sollen, sei dem interessierten Leser die eingangs erwähnte Referenz empfohlen. Ebenso sei auch nur am Rande erwähnt, dass aktuell neben den sogenannten Big Four (Zeiss, Leica, Olympus und Nikon) nur noch wenige kleine Unternehmen am Markt sind, die tatsächlich noch als Mikroskophersteller bezeichnet werden können. Sie sehen sich einem immer größer werdendem Druck fernöstlicher Produzenten ausgesetzt, die den Markt mit in Europa nicht mehr zu realisierenden Herstellkosten gerade im Bereich der Ausbildungs- und Routinemikroskope beherrschen und komplette Geräte zu einem Preis anbieten, zu dem man bei den „Großen Vier“ kaum mehr ein höherwertiges Objektiv bekommt.

Bereits als das Mikroskop als technisches Gerät noch nicht fundiert verstanden war und seine Abbildungseigenschaften noch nicht theoretisch beschrieben werden konnten, wurden Methoden entwickelt, wie weitere Materialeigenschaften zur Bildgebung herangezogen und damit Informationen gewonnen werden können, die durch reines Durchleuchten nicht erreichbar sind. So hat bereits Étienne-Louis Malus (1775–1812) im Jahre 1809 die Polarisierbarkeit des Lichts entdeckt und damit die Grundlage für die Polarisationsmikroskopie geschaffen. George Gabriel Stokes (1819–1903) beschrieb 1852 als Erster das Phänomen der Fluoreszenz, die erst 1911 durch Carl Friedrich Wilhelm Reichert (1851–1922), einem ehemaligen Mitarbeiter von Ernst Leitz, in der Lumineszenzmikroskopie Anwendung in den Biowissenschaften fand. Weitere entscheidende Schritte auf dem Weg zur Fluoreszenzmikroskopie wurden von August Köhler (1866–1948) beschritten. Mit seinem 1908 bei Zeiss entwickelten Ultraviolettmikroskop konnte erstmals die ebenfalls von ihm entdeckte Primärfluoreszenz beobachtet werden. Köhler wurde allerdings eher dadurch bekannt, dass er für die Mikrofotografie ein nach ihm benanntes Beleuchtungsverfahren entwickelte, mit dem mikroskopische Präparate gleichmäßig ausgeleuchtet werden können und mit dem auch das größtmögliche Auflösungsvermögen sichergestellt wird. Noch heute gehört es zum Handwerkszeug jedes Mikroskopikers, ein Mikroskop vor seiner Verwendung zu „köhlern“.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin lernten die Mikrobiologen, bestimmte Chemikalien zum Anfärben von im Hellfeld nicht oder nur schlecht sichtbaren Objekten, z. B. Bakterien, einzusetzen. So entwickelte Hans Christian Gram (1853–1938) im Jahre 1884 eine noch heute gebräuchliche Methode, die Erreger der Lungenentzündung verschieden anzufärben. Sein Name lebt in den daraus entstandenen Begriffen „grampositiv“ (für dunkelviolett gefärbte Bakterien) und „gramnegativ“ (für ungefärbte bzw. rot gegengefärbte Bakterien) weiter.

Da Färbungen stets toxisch auf die zu untersuchenden Präparate wirken, blieb die Mikroskopie immer an Methoden interessiert, die auf rein optischem Wege zu einer Kontraststeigerung bei beinahe transparenten Objekten führen. Den Durchbruch zu einem heute noch allgemein gebräuchlichen Kontrastierverfahren schaffte 1930 der niederländische Physiker Frederik Zernike (1888–1966) mit der Methode des Phasenkontrasts, die nach anfänglicher Nichtbeachtung durch die damals wie heute führenden Mikroskophersteller erst während der Zeit des Zweiten Weltkrieges kommerzielle Verwendung fand. Als späte Anerkennung für seine Erfindung erhielt „Frits“ Zernike 1953 den Nobelpreis für Physik.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich die weitere Entwicklung der Mikroskopie auf Verfahren, mit denen das erreichbare Auflösungsvermögen und der Bildkontrast noch weiter gesteigert werden können. So entwickelte etwa Marvin Minsky (geb. 1927) im Jahre 1957 ein Messprinzip, das allerdings erst nach Erfindung des Lasers zu seinem wirklichen Stellenwert kam: das Konfokalmikroskop, das heute zu den Standardwerkzeugen in der mikrobiologischen Forschung gehört. Sein höheres (laterales) Auflösungsvermögen wird allerdings durch die Notwendigkeit zum Abscannen des Präparats erkauft, es ist kein Weitfeldmikroskop mehr. In die gleiche Richtung gehen viele der modernsten mikroskopischen Techniken, die zudem ausnahmslos auf fluoreszenzmikroskopischen Methoden beruhen. Einer der aktuell herausragenden Forscher auf diesem Gebiet ist Stefan W. Hell (geb. 1962), der Anfang der neunziger Jahre zunächst das sogenannte 4Pi-Mikroskop entwickelte, bevor er 1994 das STED-Verfahren beschrieb. Mit dieser Technik wird der Fokus des Anregungslasers so weit verkleinert, dass die Auflösungsgrenze des dazugehörigen Mikroskops auf weniger als 10 nm verringert werden kann.

An dieser Stelle soll dieser – wie zu Beginn schon angedeutet – recht unvollständige Gang durch die Geschichte der Mikroskopie enden. Er zeigt jedoch, dass sich das Mikroskop nach ersten einfachen und tastenden Vorwärtsschritten über mehrere Entwicklungsstufen und unter Beteiligung vieler naturwissenschaftlicher Einzeldisziplinen zu einem Hightechgerät entwickelt hat. Auf der anderen Seite ist es jedoch immer noch als Routineinstrument in Arztpraxen, in medizinischen und klinischen, aber auch in materialwissenschaftlichen Laboren im Einsatz, und immer noch vertrauen viele Anwender mehr auf den visuellen Eindruck beim Blick durch das Okular als auf das durch eine Kamera aufgenommene Bild. Immer noch ist es wichtig, dass ein Anwender zur korrekten Einstellung des mikroskopischen Bildes wissen muss, welche Komponenten ein Mikroskop hat und wie sie richtig bedient werden müssen. Auf diese Aspekte wird in den nun folgenden Kapiteln eingegangen.

Referenzen

1 Gerlach, D. (2008) Geschichte der Mikroskopie, Verlag Harri Deutsch, Frankfurt/Main.

2 Davidson, M.W. (2003) Molecular Expressions, Optical Microscopy Primer Museum of Microscopy, Janssen’s Microscope, http://micro.magnet.fsu.edu/primer/museum/janssen.html, abgerufen am 20.09.2011.

3 Wikipedia (2011) Eintrag „Cornelis Drebbel“, http://en.wikipedia.org/wiki/Cornelis_Drebbel, abgerufen am 21.09.2011.

4 Projekt Gutenberg (2005) The Project Gutenberg eBook, Micrographia, by Robert Hooke, http://www.gutenberg.org/files/15491/15491-h/15491-h.htm, abgerufen am 21.09.2011.

5 International Research Center for Japanese Studies, Noma Collection (2011) Antoni van Leeuwenhoek: Arcana Naturae Detecta, http://shinku.nichibun.ac.jp/NOMA/new/books/14/suema000000003wx.html, abgerufen am 26.09.2011.

Teil I

Das Lichtmikroskop als optisches Instrument

1

Optische Vergrößerungen: Von der Lupe zum Mikroskop

Kleine Objekte vergrößert darzustellen war stets eine Hauptanwendung optischer Instrumente. Selbst heute noch lernt der Mensch bereits im Kindergartenalter, dass eine einfache Linse aus Glas bereits vergrößernde Wirkung hat und erste Schritte in die Mikrowelt erlaubt. Wir starten deshalb mit der Beschreibung gerade dieses sehr rudimentären optischen Instruments.

1.1 Die Lupe

Aus der alltäglichen Erfahrung wissen wir, dass Objekte umso größer erscheinen, je näher sie dem Auge des Betrachters kommen. Allerdings kann das Auge ein Objekt durch Akkomodation nur bis zu einem minimalen Abstand scharf erkennen. Dieser sogenannte Nahpunkt liegt bei jüngeren Menschen weniger als 10 cm, bei älteren Menschen deutlich mehr als einen Meter vom Auge entfernt. Um das Objekt also noch größer betrachten zu können, muss ein optisches Instrument verwendet werden, mit dem das Bild des Objekts unter einem weiter vergrößerten Sehwinkel erscheint. Das Verhältnis der Sehwinkel mit und ohne Instrument definiert dann die (Lateral-) Vergrößerung des verwendeten Instruments ():

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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