Oral History 2.0 - Anselm Groth - E-Book

Oral History 2.0 E-Book

Anselm Groth

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Beschreibung

Die Welt verliert ihre Stimmen – täglich sterben Sprachen, mit ihnen Geschichten, Lieder und Identitäten. Doch die Technik, die so oft als Treiber dieser Entwicklung gilt, könnte nun zur Retterin werden. In "Oral History 2.0" zeigt Anselm Groth eindrucksvoll, wie Künstliche Intelligenz das Wissen jahrhundertealter Kulturen vor dem Verschwinden bewahren kann. Am Schnittpunkt von Technologie, Anthropologie und Linguistik untersucht dieses Buch, wie KI mündliche Überlieferungen in indigenen Gemeinschaften und Afrika aufzeichnet, analysiert und digital konserviert. Groth beleuchtet nicht nur die historischen Wurzeln der Oral History, sondern auch die gesellschaftliche Bedeutung des Erzählens, die Herausforderungen beim Spracherhalt und die Chancen einer ethisch verantwortungsvollen Digitalisierung. Anhand konkreter Fallstudien und aktueller Projekte macht er deutlich: Die Stimme der Vergangenheit muss nicht verstummen – sie kann neu gehört werden. Ein aufrüttelndes und zugleich hoffnungsvolles Buch für alle, die sich für kulturelles Erbe, digitale Innovation und die Zukunft der Vielfalt interessieren.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Oral History 2.0

 

Künstliche Intelligenz als Retterin vergessener Sprachen und mündlicher Kulturen

 

 

Anselm Groth

 

 

 

 

Oral History 2.0

 

Künstliche Intelligenz als Retterin vergessener Sprachen und mündlicher Kulturen

 

 

Anselm Groth

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

© Copyright 2025 durch den Autor/die Autorin

Umschlaggestaltung: © 2025 durch den Autor / die Autorin

 

In der Buchentstehung, insbesondere bei der Erstellung des Umschlages, wurden KI-Werkzeuge eingesetzt.

 

Selbst-Verlag durch den Autor / die Autorin:

c/o IP-Management #4348

Ludwig-Erhard-Str. 18

20459 Hamburg

 

Herstellung: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin

 

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Einführung in die Oral History und ihre Bedeutung. 11

Ursprung und Entwicklung der Oral History. 11

Die Entstehung und Entwicklung der Oral History. 11

Die Rolle der mündlichen Überlieferung in indigenen Kulturen   15

Herausforderungen und Chancen der Bewahrung mündlicher Traditionen   17

Vergleich zwischen schriftlicher und mündlicher Geschichtsüberlieferung   21

Die Bedeutung der Oral History in der modernen Forschung   25

Der aktuelle Stand bedrohter Sprachen und mündlicher Kulturen   29

Globale Statistiken und Trends bedrohter Sprachen.. 29

Ursachen des Sprachverlusts in indigenen Gemeinschaften und in Afrika   32

Auswirkungen des Sprachverlusts auf kulturelle Identitäten   35

Dokumentationsinitiativen und ihre Herausforderungen.. 38

Der Einfluss der Digitalisierung auf die Bewahrung mündlicher Kulturen   41

Internationale Bemühungen und Strategien zum Schutz bedrohter Sprachen   44

Künstliche Intelligenz: Grundlagen und Potenziale für die Sprachrettung   48

Einführung in die künstliche Intelligenz: Definitionen und Konzepte  48

Maschinelles Lernen und seine Rolle in der Sprachverarbeitung   51

Natürliche Sprachverarbeitung: Techniken und Anwendungen   55

Potenziale der KI in der Erkennung und Dokumentation mündlicher Traditionen   58

Herausforderungen und ethische Überlegungen bei der KI-Anwendung in indigenen Kontexten   61

Fallstudien: Erfolgreiche KI-Projekte zur Rettung vergessener Sprachen   64

Zukunftsperspektiven: Weiterentwicklungen und Innovationen in der KI-gestützten Sprachrettung   67

Fallstudien: Erfolgreiche KI-Anwendungen in indigenen Gemeinschaften   71

Die Wiederbelebung der Ainu-Sprache in Japan durch KI-Technologien   71

Technologische Unterstützung für die Bewahrung der Khoisan-Sprachen in Südafrika   74

Einsatz von KI zur Dokumentation und Erhaltung der mündlichen Traditionen der Aborigines in Australien   77

KI-gestützte Plattformen zur Stärkung der indigenen Sprachen in Kanada   81

Digitale Lösungen für die Erhaltung der mündlichen Überlieferungen der Maya in Mittelamerika   84

Die Rolle von KI bei der Dokumentation und Revitalisierung afrikanischer Sprachen   88

Einführung in die Sprachvielfalt Afrikas. 88

Technologische Ansätze zur Erkennung und Aufzeichnung mündlicher Traditionen   91

KI-gestützte Transkription und Übersetzung indigener Sprachen   94

Erfolgsbeispiele: Projekte zur Wiederbelebung gefährdeter Sprachen   97

Herausforderungen und ethische Überlegungen beim Einsatz von KI in indigenen Gemeinschaften   100

Herausforderungen und ethische Überlegungen beim Einsatz von KI104

Technologische Barrieren und Zugänglichkeit in indigenen Gemeinschaften   104

Datenschutz und Privatsphäre: Die Balance zwischen Schutz und Offenheit  107

Kulturelle Aneignung und Respekt vor traditionellen Wissenssystemen   110

Die Gefahr der Vereinfachung: Verlust von Nuancen und Kontext in KI-gestützten Übersetzungen   114

Verantwortung und Rechenschaftspflicht: Wer trägt die Konsequenzen von KI-Fehlentscheidungen?  117

Ethische Standards und Richtlinien für die Entwicklung von KI-Anwendungen   120

Die Rolle der Gemeinschaften: Partizipation und Mitbestimmung im Entwicklungsprozess  124

Langfristige Auswirkungen und Nachhaltigkeit von KI-Projekten in indigenen Kontexten   127

Technologische Innovationen und ihre Auswirkungen auf die kulturelle Identität  131

Die Rolle der KI bei der Wiederbelebung indigener Sprachen   131

Technologische Werkzeuge zur Dokumentation und Bewahrung mündlicher Traditionen   134

Auswirkungen von KI-gestützten Übersetzungen auf die kulturelle Authentizität  137

Künstliche Intelligenz als Brücke zwischen Generationen in indigenen Gemeinschaften   140

Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung mündlicher Kulturen   143

Die Bedeutung von Datenethik in der Anwendung von KI in indigenen Kontexten   147

Partnerschaften und Zusammenarbeit: Ein gemeinsamer Weg zur Bewahrung   150

Die Rolle von NGOs und Bildungseinrichtungen in der Sprachbewahrung   150

Zusammenarbeit mit indigenen Gemeinschaften: Herausforderungen und Erfolge  153

Partnerschaften mit Technologieunternehmen: Chancen und Risiken   156

Regierungspolitik und internationale Kooperationen zur Unterstützung von KI-Projekten   160

Erfolgsmodelle und Fallstudien erfolgreicher Partnerschaften   163

Kulturelle Sensibilität in der Zusammenarbeit mit indigenen Völkern   167

Finanzierung und Ressourcenmanagement für gemeinschaftliche Projekte  170

Ausblick: Die Zukunft der Oral History in der digitalen Ära. 174

Potenziale der künstlichen Intelligenz für die Erhaltung mündlicher Traditionen   174

Herausforderungen und ethische Überlegungen bei der Digitalisierung indigener Sprachen   177

Die Rolle von KI in der Förderung interkulturellen Austauschs und Verständnisses  180

Perspektiven für die Zusammenarbeit zwischen Technologieentwicklern und indigenen Gemeinschaften   183

Langfristige Auswirkungen von KI-gestützten Projekten auf kulturelle Identität und Erbe  186

Zukünftige Technologien und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Oral History  189

Fallstudien: Erfolgreiche Implementierungen und innovative Ansätze  192

Einführung in die Oral History und ihre Bedeutung

 

Ursprung und Entwicklung der Oral History

 

 

 

Die Entstehung und Entwicklung der Oral History

 

 

Oral History, die Praxis der Aufzeichnung und Bewahrung mündlicher Überlieferungen, hat sich im Laufe der Jahrhunderte erheblich gewandelt. Ursprünglich diente sie als primäre Methode zur Weitergabe von Wissen, Geschichte und Kultur in Gesellschaften ohne Schriftsystem. Ihre Bedeutung erstreckte sich von der Weitergabe von Stammesgeschichten über die Pflege von Traditionen bis hin zur Vermittlung von moralischen Lehren und praktischen Fähigkeiten. Doch wie kam es zur formalen Entwicklung der Oral History, und welche Transformationen hat sie durchlaufen?

 

Die Wurzeln der Oral History reichen tief in die Anfänge der Menschheitsgeschichte zurück. Lange bevor Schriftsysteme entwickelt wurden, waren es Geschichten, Lieder und mündliche Überlieferungen, die das kollektive Gedächtnis einer Gemeinschaft formten. In vielen indigenen Kulturen war und ist die mündliche Überlieferung nicht nur eine Methode zur historischen Dokumentation, sondern auch ein integraler Bestandteil der kulturellen Identität. So beschreibt der Anthropologe Jan Vansina in seinem Werk "Oral Tradition asHistory" die mündliche Überlieferung als ein lebendiges Medium, das sich kontinuierlich an die Bedürfnisse und Veränderungen innerhalb einer Gemeinschaft anpasst.

 

Mit der Erfindung der Schrift vor etwa fünftausend Jahren begann jedoch ein Wandel. Schriftliche Aufzeichnungen übernahmen nach und nach die Rolle der primären Informationsspeicherung. Dennoch blieb die mündliche Überlieferung, insbesondere in Kulturen, die keinen Zugang zu Schrift hatten oder diese bewusst ablehnten, von zentraler Bedeutung. Historiker wie Paul Thompson in "The Voice ofthePast: Oral History" argumentieren, dass schriftliche Quellen oft von den herrschenden Eliten beeinflusst wurden, während die mündliche Überlieferung die Stimme der einfachen Menschen bewahrte.

 

Der systematische Einsatz der Oral History als wissenschaftliche Methode begann im 20. Jahrhundert. In den 1940er Jahren setzte der Historiker Allan Nevins an der Columbia University erstmals Tonaufnahmen ein, um die Erinnerungen bedeutender Persönlichkeiten festzuhalten. Diese Initiative legte den Grundstein für das, was heute als moderne Oral History bekannt ist. Ziel war es, die subjektiven Erfahrungen und Perspektiven von Individuen zu bewahren, die in traditionellen schriftlichen Quellen häufig übersehen werden. Diese Methode wurde schnell populär und fand sowohl in den Sozialwissenschaften als auch in der Geschichtsschreibung Anwendung.

 

Die Entwicklung der Technologie hat die Praxis der Oral History weiter transformiert. Mit dem Aufkommen digitaler Aufzeichnungsgeräte und des Internets wurde es einfacher, mündliche Überlieferungen in großem Umfang zu sammeln und zu teilen. Dies eröffnete neue Möglichkeiten, insbesondere für bedrohte Sprachen und Kulturen, die Gefahr laufen, im Zuge der Globalisierung und des kulturellen Wandels zu verschwinden. Die Digitalisierung ermöglicht nicht nur die Bewahrung von Informationen, sondern auch deren Zugänglichkeit für ein breiteres Publikum.

 

Ein bemerkenswerter Aspekt der modernen Oral History ist ihre Rolle bei der Bewahrung indigener Sprachen und Kulturen. In vielen Gemeinschaften, insbesondere in Afrika und bei indigenen Völkern weltweit, stellt die Oral History eine unschätzbare Ressource dar, um sprachliche und kulturelle Vielfalt zu bewahren. Projekte wie das "Living Tongues Institute forEndangeredLanguages" setzen sich dafür ein, diese mündlichen Traditionen durch moderne Technologie zu schützen und zu revitalisieren.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entstehung und Entwicklung der Oral History eine Geschichte der Anpassung und Innovation ist. Von ihren alten Ursprüngen als Mittel der Wissensübermittlung in schriftlosen Gesellschaften bis hin zu ihrer modernen Anwendung als Werkzeug zum Schutz und zur Wiederbelebung gefährdeter Kulturen bleibt die Oral History ein dynamisches und unverzichtbares Element unserer kollektiven Vergangenheit und Zukunft. Sie erinnert uns daran, dass die Stimmen der Vergangenheit, ob flüsternd oder laut, in der Lage sind, die Geschichten zu erzählen, die nicht nur unser Verständnis der Geschichte, sondern auch unsere kulturelle Identität prägen.

 

 

Die Rolle der mündlichen Überlieferung in indigenen Kulturen

 

 

Die mündliche Überlieferung spielt eine zentrale Rolle in den indigenen Kulturen weltweit. Sie fungiert nicht nur als Mittel zur Weitergabe von Wissen, sondern auch als wesentliche Komponente der kulturellen Identität. In vielen indigenen Gemeinschaften, insbesondere in Afrika, sind mündliche Traditionen das Hauptmedium, durch das Geschichte, Werte, Glaubenssysteme und soziale Normen über Generationen hinweg transportiert werden.

Traditionelle Geschichtenerzähler, auch bekannt als Griots in Westafrika, sind die Hüter des Wissens ihrer Gemeinschaften. Diese Geschichtenerzähler bewahren nicht nur historische Ereignisse, sondern auch Mythen, Legenden und Lieder, die die sozialen und moralischen Werte der Gemeinschaft widerspiegeln. Laut einer Studie von Ruth Finnegan (2012) ist die Funktion des Geschichtenerzählens in diesen Kulturen vielschichtig: Es dient der Unterhaltung, der Erziehung, der kulturellen Erhaltung und der sozialen Kohäsion.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Rolle der mündlichen Überlieferung bei den Maori in Neuseeland. Hier sind die whakapapa, genealogische Erzählungen, von entscheidender Bedeutung für das Verständnis der eigenen Herkunft und Identität. Diese Erzählungen sind nicht nur historische Berichte, sondern integrieren auch spirituelle und kosmologische Elemente, die die Beziehung der Maori zu ihrer Umwelt und ihren Vorfahren definieren (Smith, 1999).

In indigenen Kulturen fungiert die mündliche Überlieferung oft als lebende Bibliothek, die dynamisch und anpassungsfähig ist. Da viele dieser Kulturen keine schriftliche Tradition entwickelt haben, wird das gesamte Spektrum ihres kulturellen Erbes durch mündliche Kommunikation bewahrt. Diese Traditionen sind nicht statisch; sie entwickeln sich weiter und integrieren neue Erfahrungen und Perspektiven, während sie gleichzeitig Resilienz und Kontinuität bewahren.

Die Bedeutung der mündlichen Überlieferung wird auch in der Art und Weise deutlich, wie sie Gemeinschaften befähigt, ihre Identität und Geschichte selbst zu definieren. In einer Welt, in der die Dominanz schriftlicher Überlieferungen und westlicher Geschichtsschreibung oft die Perspektiven indigener Völker marginalisiert, erweist sich die mündliche Überlieferung als ein kraftvolles Werkzeug zur Erhaltung und Stärkung kultureller Identität.

Trotz ihrer Bedeutung stehen mündliche Traditionen vor erheblichen Herausforderungen. Der Einfluss globaler Medien, die Verdrängung indigener Sprachen durch dominantere Sprachen und die Migration in städtische Zentren tragen allesamt zum Verlust dieser Traditionen bei. Dennoch bieten sich auch neue Chancen, insbesondere durch den Einsatz moderner Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (KI). Diese Technologien haben das Potenzial, mündliche Überlieferungen zu dokumentieren, zu analysieren und zu bewahren, wie in späteren Kapiteln dieses Buches ausführlich behandelt wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Rolle der mündlichen Überlieferung in indigenen Kulturen von herausragender Bedeutung ist. Sie ist nicht nur ein Mittel zur Geschichtsbewahrung, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil der Identität und der sozialen Struktur indigener Gemeinschaften. Angesichts der Bedrohungen, denen diese Traditionen ausgesetzt sind, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir sowohl traditionelle Ansätze als auch moderne Technologien einsetzen, um dieses wertvolle kulturelle Erbe zu schützen und zu erhalten.

 

 

Herausforderungen und Chancen der Bewahrung mündlicher Traditionen

 

 

Die Bewahrung mündlicher Traditionen ist eine Aufgabe von enormer Tragweite, nicht nur für die betroffenen Gemeinschaften, sondern für die gesamte Menschheit. Diese Traditionen sind mehr als nur Geschichten oder Erzählungen; sie sind lebende Archive des Wissens, die kulturelle Identitäten formen und erhalten. Die Herausforderungen bei der Bewahrung dieser Traditionen sind vielfältig, doch bieten sich auch zahlreiche Chancen, insbesondere durch den Einsatz moderner Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (KI).

 

Herausforderungen der Bewahrung

Eine der größten Herausforderungen ist die fortschreitende Globalisierung, die indigenen und abgelegenen Gemeinschaften ihre sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit raubt. Die Dominanz globaler Sprachen wie Englisch, Spanisch oder Chinesisch führt dazu, dass indigene Sprachen und die damit verbundenen mündlichen Traditionen zunehmend verdrängt werden. Laut einem Bericht der UNESCO sind aktuell mehr als 40 % der weltweit gesprochenen Sprachen vom Aussterben bedroht.

Ein weiteres Problem stellt der demografische Wandel dar. Viele indigene Gemeinschaften sind durch Migration und Urbanisierung fragmentiert, wodurch traditionelle mündliche Netzwerke unterbrochen werden. Darüber hinaus sterben ältere Generationen aus, die oftmals die letzten Hüter dieser Traditionen sind, ohne dass das Wissen an die Jüngeren weitergegeben wurde.

Technologische Barrieren und der Mangel an Infrastruktur in abgelegenen Regionen erschweren zudem die Dokumentation und Archivierung mündlicher Traditionen. Der Zugang zu notwendigen Aufzeichnungsgeräten und digitalen Plattformen ist oft beschränkt, was die Erhaltung und Verbreitung dieser Traditionen zusätzlich erschwert.

 

Chancen durch moderne Technologien

Trotz dieser Herausforderungen bieten moderne Technologien neue Möglichkeiten zur Bewahrung und Revitalisierung mündlicher Traditionen. Künstliche Intelligenz kann dabei eine Schlüsselrolle spielen. Durch den Einsatz von Algorithmen zur Spracherkennung und -synthese können auch seltene und komplexe Sprachstrukturen effektiv dokumentiert werden. Ein Beispiel ist das "EndangeredLanguages Project", das Technologien einsetzt, um bedrohte Sprachen zu analysieren und zu archivieren.

Darüber hinaus ermöglichen digitale Plattformen wie mobile Apps, Podcasts und soziale Medien eine breitere und interaktive Verbreitung mündlicher Traditionen. Diese Plattformen bieten nicht nur eine Möglichkeit zur Dokumentation, sondern fördern auch die aktive Teilnahme jüngerer Generationen an der Erhaltung ihres kulturellen Erbes. So bietet etwa die App "Mother Tongue", die von der gemeinnützigen Organisation Wikitongues entwickelt wurde, eine Plattform für Nutzer, um ihre Sprachen aufzuzeichnen und zu teilen.

Ein weiterer Vorteil moderner Technologien ist die Möglichkeit der Vernetzung und Zusammenarbeit über geografische Grenzen hinweg. Digitale Netzwerke ermöglichen es Gemeinschaften, sich zu organisieren und Ressourcen zu teilen, um ihre mündlichen Traditionen gemeinsam zu bewahren. Die Zusammenarbeit mit Universitäten, Museen und kulturellen Organisationen kann zudem den Zugang zu technischen und finanziellen Ressourcen verbessern, was die Chancen der Bewahrung weiter erhöht.

 

Ein integrativer Ansatz zur Bewahrung

Die Bewahrung mündlicher Traditionen erfordert einen integrativen Ansatz, der sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen berücksichtigt. Dabei ist es wichtig, die betroffenen Gemeinschaften aktiv in den Prozess der Dokumentation und Revitalisierung einzubeziehen. Nur durch ihre Beteiligung kann sichergestellt werden, dass die bewahrten Traditionen authentisch und für die jeweilige Gemeinschaft relevant bleiben.

Bildungsprogramme, die auf die Bedeutung und den Wert mündlicher Traditionen hinweisen, können junge Menschen motivieren, sich mit ihrem kulturellen Erbe auseinanderzusetzen. Durch die Kombination traditioneller Methoden mit modernen Technologien können innovative Ansätze zur Bewahrung entwickelt werden, die sowohl das kulturelle Erbe respektieren als auch die Vorteile der digitalen Welt nutzen.

Insgesamt bietet die Bewahrung mündlicher Traditionen durch den Einsatz von KI und anderen Technologien eine einzigartige Gelegenheit, nicht nur kulturelles Erbe zu bewahren, sondern auch neue Formen der kulturellen Ausdrucksweise zu fördern, die sowohl lokal als auch global bedeutend sind.

 

 

Vergleich zwischen schriftlicher und mündlicher Geschichtsüberlieferung

 

 

Die Geschichtsüberlieferung ist ein fundamentales Element jeder Kultur, das sowohl durch mündliche als auch schriftliche Traditionen geprägt wird. Dieser Abschnitt beleuchtet die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Methoden und untersucht, wie sie zur Erhaltung und Weitergabe von Wissen in indigenen Gemeinschaften, insbesondere in Afrika, beitragen.

Mündliche Geschichtsüberlieferung ist eine der ältesten Formen der Wissensweitergabe und war lange Zeit die dominierende Methode, bevor die Schrift entwickelt wurde. In indigenen Kulturen hat die mündliche Überlieferung eine zentrale Rolle inne, da sie nicht nur historische Fakten, sondern auch kulturelle Werte, Traditionen und gemeinschaftliche Identitäten transportiert. Diese Form der Überlieferung beruht auf Erzählungen, Liedern, Tänzen und Ritualen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Im Gegensatz dazu bietet die schriftliche Geschichtsüberlieferung die Möglichkeit, Informationen dauerhaft zu archivieren und in einer unveränderlichen Form zu bewahren. Sie ermöglicht eine präzise Dokumentation von Ereignissen und die Verbreitung von Informationen über große Distanzen und Zeiträume hinweg. Die Schriftlichkeit hat zweifellos zur Vermehrung des Wissens und zur Erhaltung komplexer Informationen beigetragen, doch sie ist nicht ohne Einschränkungen.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Formen der Überlieferung liegt in der Dynamik der Anpassung und Interpretation. Mündliche Traditionen sind lebendig und flexibel; sie erlauben es den Erzählenden, Geschichten an die jeweiligen Zuhörer anzupassen und auf Veränderungen in der Umwelt oder Gesellschaft zu reagieren. Diese Flexibilität kann jedoch auch zu Veränderungen oder Verlusten von Informationen führen. Schriftliche Überlieferungen hingegen bieten eine statische Darstellung der Informationen, die weniger anfällig für Veränderungen ist, aber auch weniger Raum für kulturelle Anpassungen und Interpretationen lässt.

Die Bedeutung der mündlichen Geschichtsüberlieferung wird oft unterschätzt, insbesondere in westlichen Gesellschaften, die eine starke Schriftkultur entwickelt haben. Dennoch spielt die mündliche Überlieferung eine entscheidende Rolle in Gemeinschaften, in denen die Schriftkultur nicht dominierend ist. In diesen Kontexten fungiert die mündliche Tradition nicht nur als Mittel zur Wissensbewahrung, sondern auch als Instrument der Identitätsbildung und sozialen Kohäsion.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Zugänglichkeit der Informationen. Mündliche Überlieferungen sind in der Regel frei zugänglich für alle Mitglieder einer Gemeinschaft, während schriftliche Dokumente oft in Archiven oder Bibliotheken aufbewahrt werden und nicht immer der breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Dies kann insbesondere in Regionen mit eingeschränktem Zugang zu Bildungseinrichtungen ein bedeutendes Hindernis darstellen.

In der modernen Forschung wird zunehmend anerkannt, dass sowohl mündliche als auch schriftliche Überlieferungen wertvolle Beiträge zur Geschichtsschreibung leisten. Die Integration beider Methoden kann zu einem umfassenderen Verständnis historischer Ereignisse und kultureller Entwicklungen führen. Forschungen haben gezeigt, dass die Berücksichtigung mündlicher Traditionen, insbesondere in Bezug auf indigene Gemeinschaften, neue Perspektiven und Einsichten bietet, die in schriftlichen Quellen oft fehlen.

Die Herausforderung besteht darin, beide Formen der Überlieferung in einem harmonischen Verhältnis zu nutzen, um die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und Erinnerungen zu bewahren. Künstliche Intelligenz bietet hier neue Möglichkeiten, indem sie Techniken bereitstellt, die zur Sammlung, Analyse und Archivierung mündlicher Traditionen genutzt werden können. Diese Technologien eröffnen neue Wege zur Bewahrung und Revitalisierung bedrohter Sprachen und kultureller Überlieferungen, was im weiteren Verlauf dieses Buches ausführlicher behandelt wird.