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Die Umstellung eines Unternehmens auf eine neue ERP-Software wie SAP S/4HANA ist nicht nur eine technische Herausforderung. Auch und gerade der »Faktor Mensch« spielt eine zentrale Rolle: Dass die Mitarbeiter, die Führungskräfte, ja, alle beteiligten Stakeholder Verständnis für das Projekt entwickeln und es möglichst aktiv unterstützen, ist eine wichtige Voraussetzung für dessen erfolgreiche Umsetzung. Organizational Change Management (OCM) ist eine wertvolle Hilfe, um diese Herausforderung zu meistern.
In diesem Buch stellt eine erfahrene Organizational Change Managerin für alle, die an verantwortlicher Stelle an einem S/4-HANA-Transformationsprojekt teilnehmen, den Einsatz von OCM in einem derartigen Prozess systematisch dar. Sie erklärt den grundlegenden Ansatz, der hinter diesem Konzept steht, und geht darauf ein, was Sie bei der Umsetzung im konkreten Fall berücksichtigen müssen. Ausführlich widmet sie sich dem Thema Stakeholder: wie Sie mit ihnen kommunizieren und sie so für die Veränderung begeistern. Ebenso gibt es ausführliche Kapitel über Training und Fortbildung sowie zu den Erfolgsfaktoren, die in Ihrem Team den Change-Prozess befördern. Alle Themen veranschaulicht die Autorin anhand von Praxisbeispielen aus eigener Erfahrung. So entwickeln Sie eine klare Vorstellung, wie Sie den »Fahrplan« für Ihr eigenes Transformationsprojekt aufstellen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 206
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Titelseite
Copyright/Impressum
Inhaltsverzeichnis
Willkommen ...
Vorwort
Danksagung
1 Grundlagen des Organizational Change Management
1.1 »Organizational Change Management«?
1.2 Ansätze und Modelle
1.3 Einflussfaktoren
1.4 Nutzen in SAP-Transformationen
1.5 Abgrenzung von verwandten Konzepten
2 Veränderungsarchitektur
2.1 Vision und Ziele der Veränderung
2.2 Menschen in Veränderungsprozessen
2.3 Führung und Kultur
2.4 Überprüfung und Verstetigung
2.5 Das Konzept
3 Stakeholder und Kommunikation
3.1 Die Stakeholderanalyse
3.2 Besonderheiten der Stakeholdergruppen
3.3 Die Change-Impact-Analyse
3.4 Kommunikationsstrategie und -plan
3.5 Unternehmensmedien
3.6 Die Change Story
3.7 Change Agents
3.8 Key User
4 Wissen und Trainings
4.1 Schulungsbedarfsanalyse
4.2 Trainingsformate
4.3 Trainingsmanagement
4.4 Schulungsmaterial von Key Usern
4.5 Trainingskoordination
4.6 Trainingskommunikation
4.7 Wissen erfolgreich vermitteln
4.8 Key User Support nach dem Go-live
4.9 Übersicht Trainings im SAP-Projekt
4.10 Fazit
5 Teaminterne Erfolgsfaktoren
5.1 Fachkompetenzen
5.2 Teamentwicklung und Vertrauen
5.3 Motivation und Verlässlichkeit
5.4 Veränderungsfähigkeit
5.5 Gesundheit
6 Zukunftstrends und Ausblick
6.1 Veränderungen im SAP-Regelbetrieb
6.2 Digitalisierung, Automatisierung und KI
6.3 Personalisierte Inhalte für Mitarbeiter
6.4 Ein persönliches Wort zum Schluss
A Literaturverzeichnis
B Die Autorin
C Disclaimer
Weitere Bücher von Espresso Tutorials
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Copyright-Seite
Inhaltsverzeichnis
Sophia Erfurt
Organizational Change Management für SAP-S/4HANA®-Transformationen
Sophia ErfurtOrganizational Change Management für SAP-S/4HANA®-Transformationen
ISBN:978-3-960124-87-0
Lektorat:Bernhard Edlmann
Korrektorat:Sarah Trenca
Coverdesign:Philip Esch, Olesia Donchenko
Coverfoto:iStockphoto.com | Mathisa_s No. 545645366
Satz & Layout:Johann-Christian Hanke
Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2025
© Espresso Tutorials GmbH, Gleichen 2025
URL:www.espresso-tutorials.de
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Andreas Unkelbach:
SAP S/4HANA
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Migration Cockpit – Datenmigration mit LTMC und LTMOM
Martin Kipka:
SAP
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Activate – Agilität in SAP
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-Implementierungsprojekten
Cihan Kaya:
Datenarchivierung in SAP
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Cihan Kaya:
Praxishandbuch DSGVO und Retention Management mit SAP
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ILM
Manfred Sprenger:
Schnelleinstieg in SAP Fiori
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Nancy Schanda, Alexander Rotter, Christopher-Ulrich Böcker, Martin Weigand:
E-Invoicing und SAP
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Document and Reporting Compliance (DRC)
In diesem Buch geht es um die professionelle Begleitung der Menschen, für die sich in SAP-Implementierungen oder SAP-Transformationsprojekten auf der technischen, aber auch auf der organisatorischen und prozessualen Ebene Veränderungen ergeben.
Seit mehr als einem Jahrzehnt begleite ich SAP-Projekte und habe ein solches Buch gerade zu Beginn meiner Berufslaufbahn als Organizational Change Managerin vermisst. Bis heute gibt es auf dem deutschsprachigen Buchmarkt keine praktische Anleitung für Organizational Change Management (OCM), das in Abgrenzung zum IT Change Management auch schlicht Change Management oder Veränderungsmanagement genannt wird.
Der Einsatz von Organizational Change Managern nimmt in den Projekten erfreulicherweise zu, wenngleich nicht jeder Organizational Change Manager tatsächlich eine entsprechende Ausbildung besitzt. Beides zusammen hat mich dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben, um so dabei zu helfen, einfach und effizient geeignete OCM-Maßnahmen für Ihr Projekt zu entwickeln.
Das vorliegende Buch richtet sich an Projektleitende und Teilprojektleitende sowie an Projektmitglieder, die die Funktion des Organizational Change Managers übernehmen oder bereits übernommen haben. Auch Berater, Change Agents (Veränderungsbegleiter im Projekt) und von der Umstellung betroffene Führungskräfte können für ihren jeweiligen Bereich von dem Buch profitieren.
Die Organizational Change Manager in den Projekten sind in ihrer Vorbildung und in ihren Rollen so divers wie die SAP-Projekte selbst. Mal übernehmen dezidierte externe Organizational Change Manager diese Rolle, mal die Projektleitung selbst, mal kommt für einige Stunden in der Woche jemand aus einer Linienfunktion im Unternehmen in diese Rolle, z.B. aus dem Personalbereich oder aus der Unternehmenskommunikation oder dem Projektmanagement. So kommt es, dass Vorkenntnisse und Kompetenzen in Sachen OCM in den Projekten unterschiedlich groß sind.
Doch SAP-Einführungen und -Transformationen sind äußerst komplex und für die Unternehmen risikobehaftet [1]. Gerade vor diesem Hintergrund kann das Buch die Verantwortlichen optimal durch die Transformation begleiten und dabei helfen, hohe Projektnebenkosten durch Widerstände und unnötige Produktivitätsverluste zu vermeiden.
Um das Buch verstehen und nutzen zu können, sind tatsächlich keine SAP-Systemkenntnisse nötig. Die einzige Voraussetzung ist ein echtes Interesse daran, die Menschen in Ihrer Organisation bestmöglich durch den Veränderungsprozess zu begleiten und so die Organisation effektiv und effizient zu verändern. Vorerfahrung im Managen von Projekten ist hilfreich, aber nicht zwingend notwendig.
Dies ist eine praktische Anleitung für das OCM in SAP-Projekten. Sie orientiert sich an der Veränderungsarchitektur (englisch change architecture), also an klassischen Eckpfeilern des OCM in SAP-Projekten.
Kapitel 1 gibt Ihnen einen Überblick über die Grundlagen des Organizational Change Management. Sie lernen wichtige Ansätze, Modelle und Einflussfaktoren kennen sowie deren Bedeutung in SAP-Transformationsprojekten.
In Kapitel 2 erfahren Sie, wie Sie –zunächst analytisch und dann strategisch – eine Veränderungsarchitektur für Ihr Projekt ableiten und die nachhaltige Veränderung planen.
Das dritte Kapitel beschreibt, wie Sie die Anspruchsgruppen (Stakeholder) des Projekts analysieren, die Auswirkungen des Projekts auf diese Gruppen geordnet erfassen und wie Veränderungskommunikation unter Ausnutzung aller bereits vorhandenen Unternehmensmedien gelingt. Sie können hier außerdem nachlesen, welche Medien und Formate sich für welchen Kommunikationszweck eignen.
Ziel des vierten Kapitels ist, Ihnen einen Überblick über die nötigen Tätigkeiten im Trainingsmanagement des Projekts zu geben. Das Trainingsmanagement ist zwar häufig ein eigenständiges Teilprojekt, doch selbst in diesem Fall sollte der Organizational Change Manager ein Grundverständnis von möglichen Formaten, Schulungsmaterial, Trainingskoordination und vom Support der Anwender im laufenden Betrieb haben, denn die Zusammenarbeit zwischen beiden Bereichen ist idealerweise eng und die Veränderungs- und die Trainingskommunikation perfekt aufeinander abgestimmt.
Kapitel 5 zeigt Ihnen wichtige teaminterne Erfolgsfaktoren des Projekts. Der Organizational Change Manager kann als Impulsgeber oder aktiver Anbieter zu Teamentwicklung, Motivation, Veränderungsfähigkeit und Vertrauen beitragen und dafür sorgen, dass regelmäßige gemeinsame Reflexionsschleifen Konflikte im Team gar nicht erst entstehen lassen.
Das letzte Kapitel gibt einen Ausblick auf mögliche Zukunftstrends für SAP-Projekte, die sich z.B. durch weitere Automatisierungen und den Einsatz von KI abzeichnen.
Das Buch soll Leserinnen und Leser auch ohne große Vorbildung in Sachen OCM in Form einer kurzen Einführung, vor allem aber durch Übersichten, Fragenkataloge und Handlungsanleitungen schnell in die Umsetzung bringen. Es wird mit Beispielen aus bisherigen Projekten angereichert sein.
OCM beginnt idealerweise in der Vorphase des Projekts und endet mit den Überlegungen, die anzustellen sind, wenn die SAP-Nutzung von der Hypercare-Phase in den laufenden Betrieb nach dem Projekt übergeht. Doch wie mir auch Kollegen immer wieder berichten, kommt vielen Projektverantwortlichen die Notwendigkeit von OCM-Ressourcen, -Kompetenzen und -Tools erst dann ernsthaft in den Sinn, wenn das Projekt am »Faktor Mensch« zu scheitern droht. Doch auch in diesem Fall bietet das Buch Hilfe – der Leser kann in jeder Projektphase damit starten, sein OCM aufzusetzen oder zu optimieren.
Als Erstes möchte ich mich bei der SAP-Beraterin und -Trainerin Theresia Albrecht bedanken, die meine Idee von Anfang an unterstützte und mich ermutigt hat, dieses Buch tatsächlich zu schreiben. Danke, dass du mir darüber hinaus mit deinen mehr als zwanzig Jahren Technik- und Trainingserfahrung und mit Tatkraft bei der Entstehung dieses Buches zur Seite gestanden hast.
Ganz besonders gilt mein Dank Martin Munzel und dem Team von Espresso Tutorials für die Möglichkeit, meine Erfahrungen in diesem Buch für andere zu veröffentlichen.
Ein weiteres Dankeschön geht an Bernhard Edlmann, der als Lektor für den Feinschliff am Text gesorgt hat.
Ich möchte mich außerdem herzlich bei allen bedanken, die dieses Buch mit ihrer direkten Unterstützung ermöglicht haben, und bei dem, der mir dafür den Rücken freigehalten hat: meinem Mann Christoph Erfurt.
In den Text sind Kästen eingefügt, um wichtige Informationen besonders hervorzuheben. Jeder Kasten ist zusätzlich mit einem Piktogramm versehen, das diesen genauer klassifiziert:
Hinweis
Hinweise bieten praktische Tipps zum Umgang mit dem jeweiligen Thema.
Beispiel
Beispiele dienen dazu, ein Thema besser zu illustrieren.
Achtung
Warnungen weisen auf mögliche Fehlerquellen oder Stolpersteine im Zusammenhang mit einem Thema hin.
Übungsaufgabe
Übungsaufgaben helfen Ihnen, Ihr Wissen zu festigen und zu vertiefen.
Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, verwenden wir im vorliegenden Buch bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen zwar nur die gewohnte männliche Sprachform, meinen aber gleichermaßen Personen weiblichen und diversen Geschlechts.
Die in diesem Werk abgedruckten Bildschirmabzüge aus SAP-Produkten unterliegen dem Copyright der SAP SE. Die Rechte an den Screenshots hält die SAP SE. Der Einfachheit halber haben wir im Rest des Buches darauf verzichtet, dies unter jedem Screenshot gesondert auszuweisen.
In diesem Kapitel erfahren Sie, was wir unter dem Begriff OCM verstehen, welche Ziele damit verfolgt werden und wozu genau das Organizational Change Management in SAP-Einführungen oder SAP-Transformationsprojekten eingesetzt wird. Wir beleuchten außerdem, warum Mitarbeiter in den Veränderungsprozess einbezogen werden sollen und welche Phasen Veränderungsprozesse typischerweise durchlaufen.
Beispiele in diesem Buch
Die im Buch gegebenen Beispiele sind nicht fiktiv. Sie haben sich so ereignet. Auf eine Nennung des entsprechenden Projekts verzichten wir dabei aus Gründen des Datenschutzes und der Diskretion.
Organizational Change Management (OCM) ist ein Fachbereich der Organisationsentwicklung. Unter OCM verstehen wir den systematischen Ansatz, Veränderungen in Organisationen und Unternehmen strukturiert und effizient zu gestalten. Gleichzeitig berücksichtigen gute OCM-Konzepte, dass Veränderungsprojekte ebenso komplex sind wie Menschen und Teams. Sie lassen sich deshalb auch nicht von vornherein minutiös planen und terminieren, sondern setzen auch Methoden aus dem agilen Projektmanagement ein, wie die regelmäßige (iterative) Anpassung des Change-Management-Plans an die tatsächlichen aktuellen Gegebenheiten im Projekt.
Das OCM fokussiert auf den für die Veränderungen nötigen Faktor Mensch. Es begleitet alle beteiligten Stakeholder, also die Anspruchsgruppen des Projekts, von den Mitarbeitern bis zum Lieferanten. Es stellt sicher, dass die Veränderungen möglichst optimal von allen mitgetragen und umgesetzt werden. Ziel ist es, die Veränderungsabsicht verständlich zu machen und alle Beteiligten in ihrer Rolle so gut wie möglich auf die Veränderungen vorzubereiten, sodass die Einbuße an Produktivität während der Umstellung so gering wie möglich ausfällt. OCM trägt dem Umstand Rechnung, dass wir die Menschen nicht auf Knopfdruck verändern können, sondern in einem begleiteten Prozess auch Widerständen und Ängsten begegnen und dem neu zu Lernenden Zeit und Raum geben müssen. Außerdem achten wir auf die eventuell notwendige Gestaltung neuer Zusammenarbeitsprozesse. OCM ist insofern von Unternehmen zu Unternehmen und von Projekt zu Projekt unterschiedlich und sehr individuell aufzusetzen. Daher können wir diese spezielle Form von Prozessbegleitung auch nicht lernen wie das Bedienen einer Maschine, aber wir können lernen, eine Atmosphäre im Unternehmen zu schaffen, die all das ermöglicht: den Abbau von Widerständen und Ängsten, Luft zum Lernen und Mut, dabei anfänglich auch Fehler zu machen, sowie den Willen, die Veränderungen gemeinsam zu bewerkstelligen.
OCM ist im deutschsprachigen Raum in den letzten zehn Jahren zunehmend häufiger eingesetzt worden. Es etabliert sich die Erkenntnis, dass OCM hilfreich ist – in einem wirtschaftlichen Umfeld der Globalisierung und Digitalisierung, der plötzlichen und umfassenden Veränderungen und einer Geschwindigkeit, die es oftmals nötig macht, mehrere Veränderungsnotwendigkeiten gleichzeitig anzuerkennen. OCM hilft Unternehmen, sich an Marktveränderungen und neue Technologien anzupassen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
Auch der demografische Wandel stellt eine Herausforderung dar. Aktuell arbeiten z.B. bis zu fünf Generationen in den Unternehmen, mit unterschiedlichen Vorstellungen vom Führen und Geführtwerden sowie vom Lernen. Organizational Change Manager können auf diese Unterschiede eingehen, indem sie versuchen, die Menschen in den Unternehmen dort abzuholen, wo sie stehen, sie mit attraktiven Zukunftsbildern und adressatengerechten Lernmethoden zu motivieren und ihnen während des ganzen Veränderungsprojekts neutrale und unterstützende Ansprechpartner zu sein.
Es gibt verschiedene Ansätze und Modelle zur Begleitung von Veränderungsprozessen. Ich möchte Ihnen hier diejenigen skizzieren, die relevant sind bzw. mit denen ich erfolgreich arbeite. Sie bekommen in diesem Abschnitt ein hinreichendes Grundverständnis für die Haltungen, die nötig sind, um SAP S/4HANA-Projekte gewinnbringend zu begleiten. Und Sie erfahren hier und in den nächsten Kapiteln, welche Bedeutung verschiedene Aspekte der Modelle für SAP-S/4HANA-OCM haben.
Es ist eine Art Urmodell für OCM: Auftauen, bewegen, einfrieren – auf diese bildliche Kurzformel lässt sich das Drei-Phasen-Modell für organisationale Veränderungen nach Kurt Lewin [2] verknappen, um es sich leicht merken zu können. Im Grunde genommen macht das Modell aus den 1940er-Jahren damit eine der wichtigsten Aussagen über Veränderungsprozesse: Schaffe erst einmal die nötigen Voraussetzungen, damit sich überhaupt etwas bewegen lässt, bringe dann in Bewegung, was bewegt werden soll, und sorge anschließend dafür, dass die Veränderungen sich nachhaltig verfestigen, anstatt sich unkontrolliert weiterzuentwickeln. Die Vision von konkreten Ergebnissen und nicht der Zufall sollte deshalb den Endzustand eines Projekts bestimmen.
Zunächst müssen also die »auftauenden« Kräfte im Unternehmen gefunden werden: der Leidensdruck oder die Notwendigkeit, die eine Veränderung nötig macht. Sie zu benennen ist wichtig, damit die Mitarbeiter der Veränderung positiv gegenüberstehen und sie mittragen wollen.
Diejenigen im Unternehmen, die die Veränderung vorantreiben, zumeist eine Gruppe aus involvierten Führungskräften, leiten in der zweiten Phase (»Bewegung«), der Phase der eigentlichen Veränderung, die nötigen Schritte ein. Sie sind es, die Maßnahmen umsetzen, neue Lösungen und Verhaltensweisen ausprobieren und damit den bisherigen Zustand verlassen. Sie ziehen nach und nach andere mit und bewegen die Organisation in die gewünschte Richtung. Allen voran sind das die oberen Führungsebenen sowie das Projektleitungsteam.
Ziel von Kurt Lewins letzter Phase ist die Verstetigung der Veränderung. Es geht darum, dass die neuen Ansätze und Lösungen dauerhaft etabliert und korrekt angewandt werden.
Aber es gibt auch kritische Stimmen, die sagen, dass Lewin gewisse Dimensionen von Veränderungen nicht berücksichtige. Deswegen wird heute zum Teil von zusätzlichen Phasen gesprochen, die das Modell erweitern könnten. Ungeachtet dessen bleibt sein Modell, insbesondere für Neueinsteiger im Change Management, eine wertvolle und leicht zu merkende Kurzformel für die Phasen und den Kern von Veränderungsprozessbegleitung: das bewusste Anregen, gezielte Steuern und zweckgemäße Verstetigen von Veränderungen in Unternehmen.
Prof. John P. Kotters berühmtes Acht-Stufen-Modell [3] beschreibt die nötigen Grundbedingungen oder allgemeinen Maßnahmen für Veränderungsprozessbegleitung. Sie sind im Change-Management-Alltag relevant und treten sowohl nacheinander als auch parallel zueinander auf. Sie sind aktuelleren Studien zufolge alle beinahe gleichermaßen valide wie wirksam. Wer sich die Titel der acht Stufen merkt, wird immer das grundsätzliche Rüstzeug für die eigenen Veränderungsprojekte zu organisieren wissen.
Diese acht Stufen heißen sinngemäß:
1. Ein Gefühl der Dringlichkeit vermitteln
2. Eine Führungskoalition aufbauen
3. Eine Vision entwickeln
4. Die Vision kommunizieren
5. Hindernisse aus dem Weg räumen
6. Kurzfristige Erfolge sichtbar machen
7. Die Veränderung weiter antreiben
8. Die Veränderung verankern
Projektphasenunabhängig und größtenteils chronologisch könnte man das Vorgehen nach John P. Kotter für SAP-Projekte wie folgt beschreiben: Zunächst muss bei betroffenen Führungskräften ein Gefühl der Dringlichkeit des SAP-Projekts erzeugt werden – bei den einen, damit Projektmitglieder aus ihren Bereichen rekrutiert werden können, bei den anderen, um sicherzustellen, dass sie sich frühzeitig für das Projekt und seine Auswirkungen interessieren und das Projekt nach Kräften kommunikativ unterstützen.
Eine erste Führungskoalition kann dadurch erreicht werden, dass das Projekt einer Vision folgt, für die Führungskräfte sich begeistern können oder die sie zumindest für strategisch sinnvoll halten. Hierfür bringt man den Nutzen des Projekts ins Spiel (Beispiel: Modernisierung der Systeme, Optimierung von Prozessen, besseres Controlling über alle Geschäftsbereiche hinweg).
Die Vision wird zum ständigen Teil der Veränderungskommunikation, sodass Führungskräfte einerseits selbst gut abgeholt sind, sie andererseits die Ziele des Projekts weitervermitteln und »mit einer Stimme« in die Organisation sprechen. Damit erzeugen sie im Wortsinn ein Vorbild für die Mitarbeiter.
Im Projektverlauf gilt es dann, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Diese sind häufig technischer Natur. Für den Organizational Change Manager und die Führungskräfte sind aber vor allem auch Rollenkonflikte, Widerstände oder ein Mangel an Interesse oder Unterstützung für die Change-Aktivitäten Dinge, die er zu beeinflussen bzw. zu eliminieren versucht.
Parallel dazu kann der Organizational Change Manager die Veränderungsbereitschaft erhöhen, wenn er es schafft, erste positive Auswirkungen des Projekts auf das Unternehmen zu kommunizieren. Auch andere sogenannte »low hanging fruits«, also leicht zu erreichende kleine Projekterfolge, oder neue Erkenntnisse zu Einsparungspotentialen durch das Projekt dienen diesem Ziel.
Wie ein Detektiv wird der professionelle Organizational Change Manager im Projektverlauf nicht nachlassen, nach Möglichkeiten zu suchen, immer wieder die Vision des Projekts zu kommunizieren, Menschen zu motivieren und zu trainieren, Zusammenarbeit zu fördern und Widrigkeiten zu verhindern. Hierzu bleibt er mit allen Stakeholdern im Kontakt und stimmt sich eng mit der Projektleitung ab, um die Veränderung voranzutreiben, und zwar genau so, wie es für die Umsetzung der Vision am günstigsten erscheint. Dazu kann auch gehören, bewusst »alte Zöpfe abzuschneiden«, etwa nicht mehr zeitgemäße und vielleicht sogar datenschutzrechtlich relevante Befugnisse zu entziehen. Oder der Change Manager stößt eine kritische Diskussion über technische Lösungen an, die zwar bequem erscheinen, aber z.B. nicht auf die erwünschte, möglichst umfassende Nutzung der neuen Möglichkeiten in SAP einzahlen würden. Dies ist gerade dann relevant, wenn man möglichst nah am SAP-Standard arbeiten möchte.
Zu guter Letzt sorgt der Organizational Change Manager dafür, dass Schulungen stattfinden, Zusammenarbeit geplant oder über Prozesse informiert wird, bis das Neue in der Organisation wirklich heimisch geworden ist. Er sichert im besten Fall ab, dass OCM-Aktivitäten auch nach dem Projekt noch stattfinden, soweit das in Bezug auf SAP sinnvoll und nötig ist. Ganz besonders gilt das für die fortlaufende Aktualisierung von Schulungsunterlagen, z.B. bei Änderungen im System oder um neue Mitarbeiter anzulernen.
OCM in SAP-Projekten nutzt dem Unternehmen vor allem in Form einer agilen Organisationsentwicklung. Wir beginnen dabei allerdings mit einem groben Plan für unser OCM, der sich an Projektphasen und Meilensteinen wie der Testphase und dem Go-live-Termin orientiert.
Für die agile Form des OCM werden in einem PDCA-Zyklus (PDCA steht für Plan Do Check Act) die Pläne ständig evaluiert und verfeinert. Maßnahmen werden umgesetzt und auf ihre Wirksamkeit überprüft, um dann erneut zu handeln bzw. die nächsten stimmigen Maßnahmen zu planen, die das Erreichen der Projektziele durch die beteiligten Menschen sicherstellen.
Diese Konzeption widerspricht nicht den Ideen Kotters. Auch er würde sicherlich »Hindernisse aus dem Weg räumen« nicht als Phase im eigentlichen Sinn betrachten, sondern als eine wiederkehrende Aufgabe in allen Projektphasen.
Wie auch im Modell von Kurt Lewin beziehen sich Kotters acht Stufen also auf die Notwendigkeit, die Dringlichkeit der Veränderung erst einmal zu erkennen, zu vermitteln und die Veränderung anzuregen. Im nächsten Schritt müssen auch hier alle Stakeholder mit Informationen dazu versorgt und in den Prozess eingebunden werden. Und auch hier geht es zu guter Letzt darum, das Erreichte auch bewusst abzusichern, z.B. gegen den Rückfall in alte Verhaltensmuster oder in unserem Fall gegen ein Verharren in angenehmeren Arbeitsweisen (Workarounds), die aber die gewünschte Nutzung der neuen Systeme und Arbeitsweisen negieren.
Kotter selbst hat mit der Aktualisierung seines Modells 2014 darauf Bezug genommen, dass insbesondere Digitalisierungsprojekte nicht nacheinander durch die einzelnen Stufen gehen, sondern dass diese Stufen immer wieder und in verschiedenen Aspekten des Veränderungsprozesses relevant werden.
John P. Kotters Ideen sind für die meisten Maßnahmen, die dieses Buch behandelt, grundlegend. Das gilt z.B. für den Fokus auf die Rolle der Führungskräfte von Beginn an genauso wie für die ständige Anpassung des Plans, um ggf. auftauchende Hindernisse zu beseitigen.
Eine Roadmap ist die Übersichtsdarstellung eines strategischen Plans. Mit ihr werden Ziele, Meilensteine und wichtige Schritte über einen bestimmten Zeitraum visualisiert. Seit Mai 2024 bietet SAP eine OCM Roadmap in ihrem Roadmap Viewer an. Auch SAP benennt Kategorien von Aktivitäten, die wir für gelingendes OCM brauchen.
Leider ist die OCM Roadmap nur auf Englisch verfügbar, weswegen ich sie in Abbildung 1.1 in deutscher Sprache und leicht vereinfacht darstelle.
Abbildung 1.1: SAP OCM Roadmap (eigene Darstellung, 2025)
Die Phasenbezeichnungen habe ich im Original belassen, da sie in dieser Form häufig auch in den Projekten verwendet werden.
Die Kategorien lassen sich wie folgt kurz beschreiben:
In der Kategorie
Veränderungsstrategie
wird die Richtung aufgezeigt, in die die Änderungen durch das SAP-Projekt gehen sollen. Auch werden hier die notwendigen Maßnahmen genannt, die die organisatorischen Änderungen effektiv begleiten sollen.
Führung für den Wandel
meint, dass wir alle relevanten Stakeholder des Projekts so begleiten, dass eine positive Einstellung dem Projekt gegenüber entsteht. Es bedeutet für mich aber auch, dass wir ganz bewusst die Führungskräfte einbeziehen. Sie sind die eigentlichen Organizational Change Manager ihrer Teams und brauchen dafür Unterstützung aus dem Projektteam.
Die
Veränderungskommunikation
verfolgt das Ziel, zur richtigen Zeit und im richtigen Format die richtige Botschaft an die richtigen Menschen zu übermitteln. Und sie sorgt für ausreichend Wiederholung, damit Botschaften, Termine und wichtige Informationen nicht untergehen.
Mit
Umsetzung der Veränderungen
sind die System- und Prozessänderungen gemeint, die sich aus dem Projekt ergeben und die neuen Befähigungen bei den Mitarbeitern sowie organisatorische Anpassungen der Funktionen, Verantwortlichkeiten und Arbeitsweisen nötig machen.
Die letzte Kategorie
Wirksamkeit der Veränderungen
steht für die nötige Definition von Erfolgskriterien für das OCM und für das Messen dieser Kriterien. So lässt sich die Bereitschaft sich zu verändern z.B. ebenso erheben wie die Teilnahme der Nutzer an den Trainingsmaßnahmen.
In der originalen SAP OCM Roadmap gibt es darüber hinaus eine nicht befüllte Zeile für das Thema Befähigung zum Wandel (Change Enablement). Sie zeigt einerseits, dass das Thema Befähigung zur Veränderung, also Lernen und Training, einer der Pfeiler von gelungenem OCM ist. Andererseits ist das Thema komplex genug, ihm eine eigene Rolle, einen eigenen Workstream in SAP-S/4HANA-Projekten zuzuweisen.
Unter Befähigung zum Wandel versteht man alle Aktivitäten, die zur Wissensvermittlung und zum Aufbau der neuen Kompetenzen nötig sind – für das Projektteam wie für Endanwender. Parallel zur Systementwicklung werden beispielsweise rollenbasierte Benutzerschulungen aufgebaut.
In manchen Projekten verantwortet ein und dieselbe Person sowohl das OCM als auch das Trainingsmanagement. In anderen, gerade in Projekten mit vielen Modulen bzw. vielen Endanwendern, gibt es mehrere Verantwortliche. Immer aber werden diese eng zusammenarbeiten.
In diesem Buch werden wir auch das Thema Training in Grundzügen besprechen, für diejenigen Leser, die sowohl das Thema OCM als auch das Thema Befähigung verantworten.
Eine OCM Roadmap dient vor allem der Übersicht und der übergeordneten Kommunikation. Mit den eben beschriebenen Kategorien und Namen können auch Sie eine sinnvolle OCM Roadmap aufbauen. Hierfür gibt es jedoch kein Patentrezept. Wichtiger ist, dass Aufbau und Benennungen in Ihrer OCM Roadmap den Arbeits- und Sprach- sowie den Visualisierungsgewohnheiten Ihrer Organisation entsprechen, damit sie verständlich ist.
Für mehr Details und für Hinweise zum Status einer Maßnahme benötigen Sie darüber hinaus einen ausführlichen OCM-Plan.
Ich werde im Folgenden die möglichen Maßnahmen nicht in bestimmte Kategorien einordnen. Die meisten Maßnahmen berühren ohnehin mehrere Kategorien gleichzeitig. Oder können Sie sich Führung für den Wandel ohne Kommunikation vorstellen oder effektive Veränderung ohne vorherige Befähigung zum Wandel?
Auch werde ich meistens darauf verzichten, Maßnahmen konkreten Projektphasen zuzuordnen. Ein Grund liegt darin, dass in einigen Projekten die Phasen ganz anders heißen und teilweise auch unterschiedlich lang dauern oder feiner untergliedert sind. Dann nämlich verwirrt die Logik der Phasen aus der SAP OCM Roadmap eher, als dass sie nützt. Ein anderer Grund liegt darin, dass ich Sie animieren möchte, so viele der hier aufgezeigten Maßnahmen wie möglich in Ihrem Projekt umzusetzen – selbst dann, wenn Sie OCM im Projekt erst sehr spät etablieren und die Projektphase, in der man die jeweiligen Maßnahmen typischerweise umsetzt, längst hinter sich gelassen haben.
