Pandemie - Andreas Dripke - E-Book

Pandemie E-Book

Andreas Dripke

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Beschreibung

Das Buch zur Katastrophe 2020/21 Ein hochansteckendes Virus, das binnen weniger Wochen die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzt und immer mehr Todesopfer fordert. Was wie das Drehbuch für einen Katastrophenfilm aus Hollywood klingt, ist im Jahr 2020 bittere Realität geworden. Mit über zwei Millionen Corona-Toten ist die Welt ins Jahr 2021 eingetreten - trotz Lockdowns und Shutdowns, um die Ausbreitung zu verhindern. Seit Anfang 2021 gibt es endlich Impfstoffe, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Aus dieser Situation heraus geben die Autoren einen Überblick, helfen beim Einordnen der Geschehnisse, decken Hintergründe auf, berichten über wesentliche Erkenntnisse und ziehen kluge Schlussfolgerungen für die vor uns liegenden Monate und Jahre. Ein Faktum, das bei der Recherche zu diesem Buch klar hervorgetreten ist: Die weltweite Katastrophe hätte verhindert werden können. Es gab mehrere, klar erkennbare Entscheidungen und Unterlassungen, die das dramatische Ausmaß der Verbreitung verhindert hätten. Die Verantwortlichen dafür sind in Asien, Europa und Amerika zu finden. Das vorliegende Buch ist zugleich ein Leitfaden zum Überleben. Die Autoren haben die Antworten auf alle wesentlichen Fragen rund um das neuartige Coronavirus kompakt zusammengefasst. Soweit wie möglich stützen sich dabei alle Aussagen in diesem Buch auf Quellen, die von den Autoren als verlässlich eingestuft werden. Dazu gehören etwa die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen (UNO), das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Für bestmögliche Transparenz zitieren die Autoren an vielen Stellen die Originalquellen, weil Falschinformationen in dieser Krise im wahrsten Sinne des Wortes tödlich sein können. Wer in der Corona-Krise mitreden will, sollte sich mit den Hintergründen vertraut machen. Dazu ist dieses Buch bestens geeignet.

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Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Li Wenliang gewidmet

Vorwort

Wie alles begann

Fledermäuse und Schuppentiere

Hätte man die Katastrophe verhindern können?

Zum Schweigen verurteilt

Langsame Bürokratie

Den Tod überlisten

Vorläufer

Sars-Welle

Mers und die Dromedare

Pandemie

„Vorbild“ Pest

Jahrzehnte der Epidemien

Ein eindringlicher Appell

Erklärung des WHO-Generaldirektors

Am 31. Dezember 2019 begann die Katastrophe

Schmusekurs der WHO mit China

Krisenversager Tedros

Fahrlässiges Verhalten zu Anfang der Pandemie

Planungen und Ignoranten

Flugroutenfalle

Notfallplanung

Ignoranten aller Orten

Infektionsschutzgesetz wird nachgebessert

Vernunft statt Hörigkeit

Wer ist schuld am Virus?

China ist verantwortlich

Das US-Militär ist verantwortlich

Bild rechnet vor

Die Bundesregierung fordert Offenheit

Die Ausbreitung

Epizentrum Europa

Italienische Verhältnisse

Urbi et Orbi

Herdenimmunität

Großbritannien und Schweden scheitern

Deutschland reagiert rasch und umfassend

Beschluss der Bundesregierung vom 22. März 2020

USA – höchste Todesrate seit 1918

Die erstaunliche Erholung Chinas

Weltweite Planlosigkeit

Triage – eine Frage von Leben und Tod

Deutschlands Defizite

Lautlose Masern-Impfpflicht

Wissenschaftler als Berater der Regierung

Robert Koch-Institut (RKI)

Das Robert Koch-Institut reagiert spät

Leopoldina – die älteste Gelehrtengesellschaft

Hermann von Helmholtz und Paul Ehrlich

Die Ständige Impfkommission Stiko

Sicherheit von Impfungen

Mehr Gehör für die Wissenschaft

Widerstand

Bundesärztekammer testiert gravierende Mängel

Eingeschränkte Freizügigkeit

Bürgerrechte im Fokus

Aluhüte versus Schlafschafe

Tiefer Impfgraben

Ist Corona wie Grippe?

„Covid20“ sorgt für Entsetzen

Britisches Gesundheitssystem bricht zusammen

Angemessen oder übertrieben?

Wirtschaftskatastrophe

Totalstopp für das öffentliche Leben

Bazooka-Hilfe

Zu Tode prüfen

Fehlschlag Zweite Welle

Symptome und Schutzmaßnahmen

Unbemerkte Infektion

Wie man sich schützt

Es liegt was in der Luft

Resilienz

Triage – Entscheidung über Leben und Tod

Streit um Impfstoffe

Eine Menschheitsleistung

Menschenversuche leicht gemacht

Impfstoffe gegen Corona

Das Versagen der EU und der EMA

Die EU verzockt sich

Falsch verstandene Sparsamkeit

Fairness und „Politica Correctness“

Fazit und Ausblick

Die Pandemie hätte verhindert werden können

Dramatische Strategie

Beim nächsten Mal wird alles besser

Wachsames Auge nach der Krise

Über die Autoren

Bücher im DC Verlag

Über das Diplomatic Council

Quellenangaben und Anmerkungen

Li Wenliang gewidmet

Dieses Buch haben die beiden Autoren dem chinesischen Arzt Li Wenliang gewidmet.

Hätte man auf ihn gehört, wäre der Menschheit die Pandemie 2020/21 erspart geblieben. Doch Politik wurde wichtiger als die Wissenschaft genommen. Das hat mehr als zwei Millionen Menschen das Leben gekostet.

Li Wenliang steht als Mahnung dafür, dass wissenschaftliche Fakten immer das Primat vor politischen Erwägungen haben sollten – immer!

Vorwort

Das Vorwort zur ersten Auflage im Frühjahr 2020 war mit den Worten „Es eilt!“ überschrieben. „Pandemie“ gehörte zu den ersten deutschsprachigen Büchern über die Katastrophe. Es war damals keine Retrospektive mit einer umfassenden Analyse, sondern ein schnelles Werk, das mitten in der Krise entstanden war. Es gab einen Überblick über die wohl größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, und – wie es im damaligen Vorwort hieß „je nach weiterer Entwicklung sogar seit Menschengedenken“.

Das Werk stellte 2020 eine erste Orientierungshilfe in einer Pandemie dar, von der kaum jemand gedacht hätte, dass sie jemals Realität werden würde. Im Vorwort hieß es: „Szenen aus Katastrophenfilmen, die in Hollywood-Studios entstanden sind, wurden auf grausame Weise Wirklichkeit. Es gibt Warner, die schon vor Jahren auf die Möglichkeit hingewiesen haben, doch sie wurden offensichtlich nicht ernst genug genommen. Machen wir uns nichts vor: Was immer uns die Politik weismachen will, kein Land dieser Erde war ausreichend auf eine solche Katastrophe vorbereitet.“

Die Erstauflage erhob keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Doch sie vermittelte Faktenwissen zur Lage und fasste die wichtigsten Ratschläge, wie man sich selbst am besten schützen und seinen Mitmenschen helfen kann, prägnant zusammen.

Beim Erscheinen der hier vorliegenden zweiten Auflage im Frühjahr 2021 hat sich vieles geklärt. Die Faktenlage hat sich deutlich gebessert, viele Hintergründe sind bekannt und die Bekämpfung der Pandemie insbesondere durch Impfstoffe hat sich glücklicherweise dramatisch verbessert. Diesem aktuellen Informationsstand trägt die aktuelle zweite Auflage Rechnung. Beinahe die Hälfte des Manuskripts ist neu oder überarbeitet.

Ein Faktum, das bereits im Laufe der Recherche zur ersten Auflage klar hervorgetreten war, sei betont: Die weltweite Katastrophe hätte verhindert werden können. Es gab mehrere, klar erkennbare Entscheidungen und Unterlassungen, die das dramatische Ausmaß der Verbreitung verhindert hätten. Die Verantwortlichen dafür sind in Asien, Europa und Amerika zu finden.

Die Menschheit wird diese Pandemie überleben, aber nicht jeder Mensch. Umso wichtiger war und ist es, in der akuten Not die Menschlichkeit als den obersten Maßstab unseres Handelns anzusetzen. Die Freiheit, Wirtschaftlichkeit und weitere Aspekte müssen zurücktreten, wenn es darum geht, Menschenleben zu retten.

Unsere Gesellschaft, unsere Politik und unsere Wirtschaft werden nach der Pandemie eine andere sein als vorher. Das Virus hat uns in der Krise vieler Gestaltungsräume beraubt. Wir können nur versuchen, so gut wie möglich mit der Notlage umzugehen. Erst nach der Pandemie werden wir unsere Gestaltungsfreiheit zurückerhalten, die wir dann hoffentlich gut nutzen, um unsere Gesellschaft, unsere Sicherheit und unsere Freiheit stärker zu entwickeln als zuvor.

Bleiben Sie gesund!

Andreas Dripke, Markus Miksch

Wie alles begann

Am 31. Dezember 2019 wurde die World Health Organisation (WHO), also die Weltgesundheitsorganisation, über Fälle von Lungenentzündung mit unbekanntem Ursprung in der chinesischen Stadt Wuhan informiert. Daraufhin identifizierten die chinesischen Behörden am 7. Januar 2020 als Ursache ein neuartiges Coronavirus, das vorläufig als „2019-nCoV“ bezeichnet wurde. Die Weltgesundheitsorganisation ist die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen – United Nations Organisation, kurz UNO – für das internationale öffentliche Gesundheitswesen. Die UNO-Sonder-organisation mit Sitz in Genf zählt 194 Mitgliedsstaaten.

Fledermäuse und Schuppentiere

Die WHO gab dem neuartigen Coronavirus den Namen Sars-CoV-2 („Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus-2“). Dieser Name bezeichnet das Virus, unabhängig davon, ob es Symptome verursacht oder nicht. Die durch Sars-CoV-2 ausgelöste Atemwegskrankheit wird Covid19 („Coronavirus-Disease-2019“) genannt. Im Folgenden wird häufig das landläufige Wort Coronavirus als Sammelbegriff für die verschiedenen Auslegungen verwendet. Eine Differenzierung erfolgt nur in Fällen, in denen die Unterscheidung eine Rolle spielt. Man nahm zunächst an, dass das neuartige Coronavirus von Fledermäusen stammt. Seit dem Frühjahr 2020 herrscht die Meinung vor, dass es vom Schuppentier kommt. Schuppentiere bilden eine Säu-getierfamilie, die ausschließlich in Ost-, Süd- und Südostasien sowie in Afrika südlich der Sahara lebt. Sie werden aufgrund ihrer ähnlichen Erscheinungsform häufig mit Gürteltieren verwechselt.

Chinesischen Regierungsunterlagen zufolge könnte sich der erste Patient, dessen Proben nachträglich Covid19 zuzuordnen sind, am 17. November 2019 infiziert haben. Ab da sollen täglich zwischen einem und fünf Fälle registriert worden sein, jedoch wird keiner der frühen Erkrankungsfälle als Patient null erfasst. Bis zum 15. Dezember 2019 wären demzufolge 27 Personen infiziert worden, am 17. Dezember wären erstmals zweistellige Neuinfektionen aufgetreten, am 27. Dezember seien mehr als 180 Menschen angesteckt worden, bis Jahresende 2019 mindestens 266 Personen, und zum Jahresbeginn 2020 gab es augenscheinlich 381 Infektionen, ohne dass diese – zum damaligen Zeitpunkt unklaren Fälle – an die Öffentlichkeit weitergegeben wurden.1

Hätte man die Katastrophe verhindern können?

Hätte man zu dieser Zeit das neuartige Virus erkannt und stoppen können, wäre der Welt eine Pandemie erspart geblieben. Immerhin verfügte China damals bereits über ein Seuchenfrühwarnsystem. Hinzu kommt, dass tatsächlich Mitarbeiter in mehreren Testlabors und Ärzte in Wuhan Ende Dezember 2019 erkannten, dass es sich dabei um einen Sars-ähnlichen Erreger handelte. Die Mediziner waren also alarmiert, denn das Schwere Akute Atemwegssyndrom (Sars) kostete 2002 und 2003 fast 800 Menschen das Leben und für viele chinesische Ärzte war diese damalige Epidemie ein prägendes Ereignis. Doch statt sofort zu handeln, verpflichteten die chinesischen Gesundheitsbehörden die Ärzte und Labormitarbeiter zum Stillschweigen.

Zum Schweigen verurteilt

So warnte der chinesische Arzt Li Wenliang schon am 30. Dezember 2019, innerhalb einer WeChat-Gruppe mit Kollegen, angesichts einer Serie von Lungenent-zündungen (Pneumonien) im örtlichen Krankenhaus in Wuhan vor einem Virus, von dem er zu dieser Zeit annahm, es verursache Sars. Nachdem sich diese Warnung im Internet immer weiter verbreitete, lud die Polizei Li Wenliang und mindestens sieben weitere Kollegen vor. Sie wurden beschuldigt, „unwahre Behauptungen gemacht“ zu haben, die die „gesellschaftliche Ordnung ernsthaft gestört“ hätten und mussten unter Androhung harter Strafen Schweigepflichtserklärungen unterschreiben, gegen die Li Wenliang später allerdings verstieß. Am 1. Januar 2020 berichtete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua-über die angeblichen „Falschmeldungen“ der Ärzte und bekräftigte, dass es keine Anzeichen für eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung der neuen Erkrankung gebe. 2 Li Wenliang starb am 7. Februar 2020 mit 33 Jahren an der Krankheit, vor der er gewarnt hatte. Die Ärzte gingen sogar den höchst riskanten Weg und schickten aus eigener Initiative weiterhin Patientenproben an Analyselabors, während sie dabei gleichzeitig die offiziellen Kanäle umgingen. Sie verfolgten den Grund der Erkrankung auf eigene Faust weiter und wurden dabei schließlich erwischt. Erst Ende Januar 2020 erfolgte ihre Rehabilitierung vom Obersten Volksgerichtshof Chinas.

Langsame Bürokratie

Der Fischmarkt in Wuhan wurde am 1. Januar 2020 durch die örtlichen Behörden geschlossen und desinfiziert. Am 5. Januar 2020 schloss das Chinese Center for Disease Control aufgrund von Untersuchungsergebnissen Mers-CoV und Sars-CoV als Erreger aus. Am 7. Januar 2020 wurde von chinesischer Seite die Identifizierung eines neuartigen Coronavirus bei mehreren Erkrankten bekanntgegeben. Das Virus erhielt die provisorische Bezeichnung 2019-nCoV (2019 neuartiges Corona-virus). Am 13. Januar 2020 gab das Gesundheitsministerium Thailands bekannt, dass das neue Virus bei einer Reisenden aus Wuhan in Thailand nach-gewiesen wurde. Am 15. Januar wurde ein analoger Fall aus Japan bekannt und am 20. Januar ein Fall aus Südkorea. Das neuartige Virus trat seinen verheerenden Vernichtungszug rund um den Globus an.

Wenn im weiteren Verlauf des Jahres 2020 China, ob seiner strikten Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung des Virus, immer wieder gelobt wird, sollte man eines nicht vergessen: Die chinesischen Behörden waren es, die am Anfang der Katastrophe die Pandemie vermutlich hätten verhindern können, wenn sie zügig eingegriffen statt vertuscht hätten. Es vergingen mehrere Wochen, in denen sich das Virus ungehindert ausbreiten konnte, bevor sich China der Epidemie ernsthaft entgegenstellte. Die verzögerte Reaktion zeigte verheerenden Folgen: Laut einer Studie unter Leitung des renommierten Epidemiologen Zhong Nanshan wäre die Zahl der Infektionen in China vermutlich um zwei Drittel niedriger ausgefallen, wenn die Eindämmungsmaßnahmen nur fünf Tage früher erfolgt wären. Noch am 18. Januar versammelten sich knapp 40.000 Familien in Wuhan ungehindert für Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahrsfest. Wenn die WHO später in einem Bericht konstatieren wird, China habe „die womöglich ambitionierteste, agilste und aggressivste Anstrengung zur Krankheitseindämmung in der Menschheitsgeschichte“ unternommen, so trifft das möglicherweise auf die späteren Wochen zu, aber sicher nicht auf die Anfänge.

Nirgendwo gilt der alte Grundsatz „Wehret den Anfängen“ so deutlich wie bei einer Epidemie. Indes: Zunächst in Europa und später in Amerika wurde derselbe Fehler – viel zu spätes Eingreifen der staatlichen Behörden – wiederholt. Hätte man früher und konsequenter eingegriffen, wäre der Tod zu überlisten gewesen.

Den Tod überlisten

In beinahe allen Religionen galt der Tod seit Menschengedenken als ein unausweichliches Schicksal. Das Epos von Gilgamesch, die Bibel, der Koran, die Veden der Hindus – überall steht geschrieben, dass wir sterben, weil Gott oder der Kosmos oder Mutter Natur es so wollen. Wir Menschen haben demütig zu akzeptieren, dass jeder von uns eines Tages die irdische Welt verlassen muss und es gibt nichts, was wir dagegen tun können.

Doch dann kam die wissenschaftliche Revolution und mit ihr die Gewissheit, dass der Tod kein göttliches Dekret ist, sondern ein technisches Problem. Wir sterben nicht, weil uns ein göttliches Wesen abberuft, sondern weil unser Herz aufhört zu schlagen, Krebszellen unsere Organe zerstören oder ein Virus unsere Lunge auffrisst. Aber technische Probleme in den Griff zu bekommen, das ist das Wesen unserer modernen wissenschaftsbasierten Gesellschaft. Unsere moderne Welt gibt sich fest davon überzeugt, dass wir für jedes technische Problem über kurz oder lang eine technische Lösung finden. Zu Ende gedacht heißt das nichts anderes, als dass wir uns auf dem Weg befinden, ewig zu leben.

Tatsächlich ist die Lebenserwartung in den vergangenen zwei Jahrhunderten von unter 40 Jahren auf 72 in der ganzen Welt und auf über 80 in den Industrieländern gestiegen.3 Nicht zuletzt dieser Erfolg hat unser Weltbild grundlegend verändert. Während für traditionelle Religionen das Leben nach dem Tod der eigentliche Sinn der Existenz war, hat unsere Gesellschaft spätestens seit dem 18. Jahrhundert jegliches Interesse am Leben nach dem Tod verloren. Wir wollen jetzt und auf ewiglich leben.

Umso gravierender war es, als im Jahr 2020 ein todbringendes Virus die Menschen aller Religionen und aller Ideologien den Spiegel vor Augen hielt: die eigene Sterblichkeit. Wird es unsere Gesellschaft lehren, künftig dem Tod demütiger gegenüber zu stehen? Sicherlich nicht! Ganz im Gegenteil war die Reaktion auf das Coronavirus weder Demut noch Resignation, sondern ein weltweiter Wettlauf der Wissenschaft, so rasch wie möglich die Lösung für das überraschend aufgetauchte Problem zu finden. Die Jagd nach dem Impfstoff nahm ihren Lauf. Kaum einer ließ sich damit trösten, dass das Virus vielleicht eine göttliche Vergeltung für die Sünden der Menschheit sei, und hoffte auf ein besseres Leben im Jenseits. Die katholische Kirche wies die Christen an, sich von Gottesdiensten fernzuhalten. In Israel schlossen die Synagogen. Die Islamische Republik Iran bestrafte Gläubige, die Moscheen aufsuchten. Mit anderen Worten: Selbst die ältesten Religionen der Welt vertrauten eher den Erkenntnissen der Wissenschaft – Abstand halten hilft gegen Ansteckung – als ihren eigenen religiösen Grundfesten.

Die Demut der Menschen vor dem Tod wird nicht zurückkehren, sicherlich nicht in den nächsten Jahrzehnten, vermutlich auch nicht in den nächsten Jahrhunderten, möglichweise nie mehr. Der Glaube an das Leben nach dem Tod ist überwiegend dem Glauben an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt gewichen. Die Gewissheit, dass es „irgendwann“ gelingen wird, die Menschen „ewig“ im Diesseits leben zu lassen, ist höher als die Gewissheit auf ein Leben nach dem Tod. Die Pandemie 2020/21 hat daran gewiss nichts geändert.

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Menschen künftig noch viel älter als heute werden. Die bisher älteste Person, die Französin Jeanne Calment, starb 1997 im Alter von 122 Jahren.4 Einige Forscher legen eine Obergrenze für das menschliche Leben von maximal 125 Jahre nahe. Andere meinen, dass Menschen in Zukunft bis zu 140 Jahre alt werden könnten.5 Versuche mit Tieren haben in der Kombination aus gesunder Ernährung, gentechnischen Eingriffen und medikamentöser Behandlung bereits eine Verlängerung der Lebensspanne um bis zu 30 Prozent bewirkt. Bis zum „ewigen Leben“ wird es auf jeden Fall noch lange dauern.

Vorläufer

Coronaviren (CoV) wurden erstmals Mitte der 1960er Jahre identifiziert. Sie bilden eine große Familie von Viren, die Erkrankungen von einer normalen Erkältung bis zu schweren Krankheitsverläufen verursachen können. Sie können sowohl Menschen als auch verschiedene Tiere infizieren, darunter Vögel und Säugetiere. Coronaviren verursachen beim Menschen diverse Krankheiten, von gewöhnlichen Erkältungen bis hin zu gefährlichen oder sogar potenziell tödlich verlaufenden Krankheiten wie dem Middle East Respiratory Syndrome (Mers) oder dem Severe Acute Respiratory Syndrome (Sars), also dem Schweren Akuten Atemwegssyndrom, das im November 2002 begann.

Sars-Welle

Die Sars-Welle 2002 / 2003 war die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts. Von Südchina ausgehend verbreitete sie sich binnen weniger Wochen über nahezu alle Kontinente und forderte innerhalb eines halben Jahres 774 Menschenleben.6 Die Ausbreitung wurde von den Medien weltweit intensiv begleitet und diente als ein warnendes Beispiel für die rasche Verbreitung einer Krankheit in unserer modernen, vernetzten, globalisierten Welt. Außerhalb Asiens starben indes „nur“ 45 Menschen an Sars. Das ist vermutlich der Grund, weshalb die Gefahr einer Pandemie rund um den Globus nicht ernst genug genommen wurde. Sars wäre die große Chance für alle Staaten gewesen, sich entsprechend vorzubereiten, um das Horrorszenario 2020/21 zu verhindern. Die Sars-Welle wurde jedoch in durchaus vielen Ländern zum Anlass genommen, Pandemie-Notfallpläne zu erstellen. Glücklicherweise, denn ansonsten würde die Situation 2020/21 noch dramatischer ausfallen. Doch das Ausmaß einer globalen Seuche, wie wir sie 2020/21 erlebten, konnte sich auch nach 2002/2003 wohl niemand vorstellen.