Parzival - Wolfram von Eschenbach - E-Book

Parzival E-Book

Wolfram von Eschenbach

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mit einem Nachwort von Dieter Kühn. Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Der Heilige Gral. Wer ihn hütet, genießt göttlichen Segen – und Speis und Trank im Überfluss. Parzival macht sich auf den Weg, doch als Ritter sucht er den Kampf, und mit dem Schwert ist der Gral nicht zu erlangen. Kurz nimmt er an Artus' Tafelrunde Platz, doch Parzival muss seine eigenen Abenteuer bestehen, bis er Gralskönig wird. Wolframs Roman, europäisch vor der Zeit, ist eines der bedeutendsten Werke der deutschen Literatur.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 609

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wolfram von Eschenbach

Parzival

Roman

Roman

Übersetzt von Dieter Kühn

Fischer e-books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.

Wenn das Herz mit Zweifeln lebt,

so wird es höllisch für die Seele.

Häßlich ist es und ist schön,

wo der Sinn des Manns von Kraft

gemischt ist, farblich kontrastiert,

gescheckt wie eine Elster.

Und doch kann er gerettet werden,

denn er hat an beidem teil:

am Himmel wie der Hölle.

Der Freund der Unbeständigkeit:

er ist völlig schwarz gefärbt

und gleicht auch ganz der Finsternis;

dagegen hält sich an das Lichte,

der innerlich beständig ist.

 Der geflügelte Vergleich hier

ist zu schnell für Ignoranten –

ihr Denken kommt hier nicht mehr mit,

denn er schlägt vor ihnen Haken

wie ein Hase auf der Flucht.

Zinn, gestrichen hinter Glas, gefällig,

sowie des Blinden Traum: sie zeigen

nur die Milchhaut der Erscheinung,

doch dieses trübe Leichtgewicht

kann ja nicht beständig sein;

es macht zwar Freude, doch nur kurz.

Wer rupft mich dort, wo mir kein Haar

gewachsen, in der Innenhand?

Der wüßte schon, wie man es packt …

Rief ich »au!« vor lauter Schreck,

es zeigte meinen Geisteszustand.

Find ich feste Bindung dort,

wo sie bald verschwinden muß

wie Feuer in dem Brunnenschacht

und der Tau im Sonnenlicht?

 Und doch: ich kenne keinen Klugen,

der nicht gern wüßte, welchen eignen

Beitrag die Erzählung fordert,

um ihre Botschaft zu ermitteln.

Sie wird in diesem Punkt nicht müde:

mal weicht sie aus, mal setzt sie nach,

zieht sich zurück, greift wieder an,

sie spricht den Tadel aus, das Lob.

Wer all den Würfelwürfen folgt,

der ist schon mit Verstand gesegnet,

sitzt nicht fest und geht nicht fehl,

kommt allenthalben gut zurecht.

Der Sinn, der Falsches, Schlechtes will,

der ist fürs Höllenfeuer reif,

ist Hagelschlag auf Wert und Würde.

So kurz der Kuhschwanz seiner Treue,

daß er den dritten Biß nicht rächt,

flieht er vor Bremsen in den Wald.

 Die Punkte, die ich hier erörtert,

betreffen nicht allein die Männer:

ich setze Ziele auch für Frauen.

Die meinen Rat befolgen will,

die sollte sich schon überlegen,

wen sie rühmen, ehren will

und wem sie daraufhin die Liebe

schenkt und ihren Ruf, die Würde,

damit sie dann nicht klagen muß

um ihre Tugend, Liebe, Treue.

Ich bitt, vor Gott, für edle Frauen,

daß sie das rechte Maß geleite;

Scham und Ehre schützen Tugend.

Mehr Segen brauch ich nicht zu wünschen.

Betrügt die Frau, so trügt ihr Lob.

Wie fest ist noch ein dünnes Eis,

wenn im August die Sonne brennt?

So schmilzt ihr Ruf ganz rasch dahin.

Schöne Frauen rühmt man sehr,

doch ist das Herz bloß imitiert,

so kann ich es nur loben wie

blauen Glasfluß, goldgefaßt.

Ich halt es keineswegs für Talmi,

wenn man in bescheidnes Messing

den Rubin, den noblen, faßt,

mit aller seiner pouvoir –

so seh ich wahre Weiblichkeit.

Bleibt die Frau dem Wesen treu,

bewerte ich nicht nach dem Äußren

und der Brüstung überm Herzen –

ist alles gut in ihrer Brust,

so wird ihr Ruf nicht angekratzt.

Was Mann und Frau sind: wollte ich

das definieren (was ich könnte!),

so würde dies sehr umfangreich.

 Hört zur Methode der histoire:

Von beidem wird sie euch erzählen,

von der Freude wie vom Leid;

Lust und Sorge spielen mit.

Nehmt an, ich einer wäre drei,

und jeder hätte meinen Rang

im Können, und dazu auch noch

Dichtkunst, Virtuosität –

wenn die euch gut erzählen wollten,

was ich allein erzählen will,

sie hätten ihre liebe Not!

 Erzähl euch die Geschichte neu,

die von treuer Liebe handelt,

von echter Weiblichkeit der Frau

und wahrer Männlichkeit des Manns,

die starkem Heeresdruck nie nachgab.

Sein Mut ließ ihn da nicht im Stich:

war Stahl! Wo immer er auch kämpfte,

dort errang er sieggewohnt

viele hohe Ruhmestitel.

War tapfer, wurde langsam weise –

so stelle ich den Helden vor.

In Frauenaugen war er schön,

er machte Frauenherzen krank,

war vor der Schande auf der Flucht.

Der Held, den ich mir auserwählt,

um den es geht in der histoire,

in der Erstaunliches geschieht,

er lebt romangemäß noch nicht.

 

Man hält’s noch so, wie man es hielt,

wo Frankreichs Erbrecht galt und gilt

(man hält es auch in einem Winkel

in Deutschland so, ihr wißt es schon):

Wer immer in dem Lande herrschte,

der verfügte ganz korrekt

(es ist zwar seltsam, doch es stimmt),

daß dem ältesten der Brüder

des Vaters Erbe gänzlich zufiel!

Für die Jüngren war das schlecht;

was sie nutzten, als er lebte,

das nahm der Tod des Vaters weg;

vorher hatten sie gemeinsam,

was jetzt der Älteste besaß.

Dies hat ein kluger Mann erdacht,

denn: das Alter braucht Besitz –

die Jugend lebt voll schöner Kraft,

im Alter klagt und leidet man.

Das Allerschlimmste, was es gibt,

ist Alter und dazu noch Armut.

Ich sag euch ehrlich meine Meinung:

Daß man Herzog, Graf und König

nicht den Grundbesitz vererbt,

sondern stets dem Ältesten –

dies teilt die Rechnung seltsam auf.

 Gahmuret, der große Kämpfer,

beherzt, doch selbstbeherrscht,

verlor so Burgen und das Land,

in dem sein Vater, voller Glanz,

das Zepter und die Krone trug

mit großer königlicher Macht –

bis er fiel, im Ritterkampf.

 Es wurde sehr um ihn getrauert:

bis zu seinem Tode blieb er

pflichtbewußt und hoch geehrt.

Sein erster Sohn ließ alle Fürsten

kommen, aus dem ganzen Reich.

Sie traten dort in Gala auf,

denn sie erwarteten mit Recht

die Vergabe großer Lehen.

 Als sie vor dem Herrscher standen

(Privilegien bestätigt,

Lehen sämtlich übertragen),

hört euch an, was sie da taten!

Sie zeigten, wie loyal sie waren,

baten alle – reich und arm –

bescheiden, mit Entschiedenheit,

der König möge Gahmuret

noch größre Bruderliebe zeigen

und zugleich sich selber ehren,

indem er ihn nicht ganz enterbe,

ihm von seinem Land ein Stammgut

schenke, dies vor aller Welt,

das ihm, als seinem eignen Herrn,

den Namen gebe, Privilegien.

Der König war ganz einverstanden:

»Eure Bitte ist recht maßvoll.

Ich sag hier zu – und noch viel mehr.

Ja, nennt nur meinen Bruder

Gahmuret von Anjou!

Anjou ist mein Land: diesen Namen

werden wir gemeinsam tragen.«

 Der edle König sagte weiter:

»Ich versorge meinen Bruder

weitaus besser (dies auf Dauer!)

als ich es nun, spontan, verspreche.

Er soll mein Hausgenosse sein!

Ja, ich werd euch allen zeigen,

daß wir eine Mutter hatten!

Er hat wenig, ich hab reichlich,

ich teil ihm so viel davon zu,

daß ich nicht mein Heil verpfände

vor Dem, Der gibt und nimmt –

zu beidem hat Er ja das Recht.«

 Als die großen Fürsten merkten,

allesamt, daß ihren Herrscher

Bruderliebe handeln ließ,

war dies für sie ein Jubeltag.

Und sie verbeugten sich vor ihm.

Gahmuret sprach: Einverstanden!,

wie sein Herz es ihm befahl.

Nobel sagte er zum König:

»Herr, mein Bruder, würde ich

in einem Haushalt unterschlüpfen,

bei Euch, bei einem andren Herrn,

so wäre ich bequem versorgt.

Baut dann auch meine Ehre auf

(Ihr seid loyal und klug dazu)

und gebt mir, nach dem Stand der Dinge,

Euren Rat und Eure Hilfe.

Ich hab nur eine Kampfausrüstung –

sollt ich mehr in ihr vollbringen,

das mir weithin Ruhm einbrächte,

so würd dort meiner schon gedacht …«

 Weiter sagte Gahmuret:

»Sechzehn Knappen habe ich –

sechs von ihnen tragen Rüstung;

gebt vier Pagen noch dazu,

gut erzogen, hochgeboren –

ich werde nicht bei ihnen knausern

mit der Beute, die ich mache.

Ich werde in die Ferne ziehen –

schließlich war ich viel auf Reisen!

Bleibt Kampfesglück auf meiner Seite,

find ich die Gunst der edlen Frauen.

Wenn ich für sie dienen darf

(und ich dessen würdig bin),

so gibt mir mein Verstand den Rat,

ich solle treue Dienste leisten.

Gott lehre mich den Weg des Glücks.

Wir zogen einst gemeinsam los

(damals herrschte noch Gandin

in Eurem Reiche, unser Vater),

wir haben vieles durchgemacht,

beide, für das Liebesglück!

Ihr wart ein Ritter, wart diskret:

Dienst um Liebe im Verborgnen.

Ah, könnt auch ich jetzt heimlich lieben,

besäße Eure Liebeskunst

und fänd Erhörung bei der Dame!«

 Der König seufzte, sagte dann:

»Ach, hätte ich dich nie gesehn!

Mit deinem Leichtsinn hast du mir

das Herz zerrissen, das noch ganz war.

Und tust es noch mal, wenn du gehst.

Mein Vater hat uns beiden

reichen Fundus hinterlassen:

ich geb dir gleichen Anteil ab –

bin dir von Herzen zugeneigt.

Edelsteine, rotes Gold,

Männer, Waffen, Pferde, Kleider –

von allem geb ich dir so viel,

daß du tun kannst, was du willst,

und stets genug zum Schenken hast.

Dein Mut ist außerordentlich.

Und wär selbst Gylstram dein Geburtsort

oder kämst aus Hromkla her –

du wärst doch stets an meiner Seite,

an der ich dich so gerne sehe.

Denn, wahrhaftig, bist mein Bruder!«

 »Herr, Ihr müßt mich einfach loben,

weil das Eure Haltung fordert.

So helft mir bitte auch entsprechend.

Teilt Ihr und Mutter das Vermögen,

das bewegliche, mit mir,

so steig ich auf und niemals ab.

Mein Herz will ohnedies nach oben –

ich weiß nicht, warum pocht es so,

daß mir, links, die Brust so schwillt?!

Wohin, ach, treibt es mich nur fort?!

Ich wage es, soweit ich’s kann.

Nun steht der Abschiedstag bevor.«

 Der König gab ihm darauf alles –

mehr, als er erbeten hatte:

fünf Rösser, ausgewählt, bekannt,

die besten seiner Länder,

mutig, kräftig, gar nicht lahm,

viele teure Goldgefäße

und so manchen Batzen Gold.

Dem König fiel es gar nicht schwer:

er füllte ihm vier Packpferdkisten,

auch mit vielen Edelsteinen.

Als sie gut gefüllt dort standen,

waren Knechte, hier im Dienst,

gut gekleidet und beritten.

 Trauer war dann unvermeidlich,

als er zu seiner Mutter ging –

sie drückte ihn ganz fest an sich.

»Fils du roi Gandin –

willst du nicht länger bei mir bleiben?«

sprach die Frau, die fraulich war.

»Ach, ich hab dich doch geboren –

bist zugleich der Sohn Gandins.

Ist denn Gott, der Helfer, blind,

oder ist Er taub geworden,

daß Er mich nicht mehr erhört?

Kommt neuer Kummer auf mich zu?

Begraben ist die Kraft des Herzens

und die Sehlust meiner Augen;

will Er mich noch mehr berauben –

Er, als der gerechte Lenker?!

Weil Er bei mir so machtlos ist,

trifft das alles gar nicht zu,

was man von Seiner Hilfe sagt.«

 Da sprach der junge Herr Anjou:

»Gott ersetz Euch meinen Vater –

wir beiden trauern hier mit Recht.

Doch keiner wird von mir berichten,

was Euch Grund zur Trauer gäbe.

Ich ziehe in die Welt hinaus,

such Ritterkämpfe für den Ruhm.

So ist es, Herrin, mir bestimmt …«

 Darauf sprach die Königin:

»Weil du nach Hoher Liebe strebst

mit deinem Herzen, deinem Dienst –

mein lieber Sohn, schätz nicht gering,

was ich dir für die Reise gebe.

Befiehl nun deinen Kämmerern,

daß sie schwere Packpferdkisten

bei mir holen sollen – vier!

In denen liegen breite Bahnen

Seide, noch nicht zugeschnitten,

viel Brokat, der teuer ist.

Liebes Kind, laß mich den Zeitpunkt

wissen, wann du wiederkommst –

du wirst mich damit glücklich machen.«

 »Ich habe keine Ahnung, Herrin,

welche Länder mich noch sehen.

Wohin ich jetzt auch reisen mag –

nobel habt Ihr mich behandelt,

es entspricht der Ritterehre.

Auch der Abschied von dem König

hat mich zu Dank und Dienst verpflichtet.

Ich bin bei Euch drum völlig sicher,

daß Ihr ihn um so höher schätzt –

was immer aus mir werden mag!«

 Wie uns die histoire berichtet,

erhielt der starke Held darauf

ein Liebes-Kleinod (eine Dame

hatte ihn in Dienst genommen);

sein Wert: fünfhundert Silberpfund!

Noch heute: will ein Jude Pfand,

so nähm er das als Sicherheit –

gar kein Grund, hier abzulehnen!

Ihm schickte eine dies, als Freundin.

Ihm brachte Liebesdienst Gewinn:

die Frauen schätzten, liebten ihn –

doch Liebeskummer blieb bei ihm.

 Seinen Abschied nahm der Recke.

Mutter, Bruder und die Herren:

er sah sie nie im Leben wieder.

Damit verlor so mancher viel.

Wer ihn vor seinem Aufbruch

durch Unterstützung förderte,

dies auf irgendeine Weise,

dem dankte er in reichem Maß.

Es schien ihm alles viel zuviel!

Er meinte – höfisch edel – nie,

sie würden ihm nur Ausgleich leisten.

Er dachte ehrlich, gradheraus.

Wenn einer sich gern selber lobt,

so stellt sich leicht die Skepsis ein;

laßt es seine Nachbarn sagen,

auch die Zeugen seiner Taten,

als er in der Fremde war:

da wird man das viel eher glauben.

 

Gahmuret: er lebte so,

wie dies dem rechten Maß entsprach

und nicht in einem coup de chance.

Er gab mit sich nur wenig an,

er ließ sich Ehrungen gefallen,

er verhielt sich ganz passiv.

Doch dachte der geschickte Mann:

Bei keinem, der die Krone trägt,

ob König, Kaiser, Kaiserin,

wird er jemals ein suivant,

nur bei dem, der als der Höchste

über alle Länder herrscht.

Dies war sein Herzenswille.

 Nun hörte er, in Bagdad sei

ein Herrscher von so großer Macht,

daß ihm zwei Drittel dieser Erde

und noch mehr gehorchen müßten.

Sein Name hatte höchsten Klang;

auf arabisch: der Kalif!

Er übte solche Zugkraft aus:

viele Könige, gekrönt,

dienten ihm als seine Vasallen.

Noch heut amtieren die Kalifen;

wie man in Rom, nach unserm Glauben,

die Christen-Ordnung praktiziert,

so herrschen dort die Heidenregeln.

Bagdad übt sein Papstrecht aus –

sie halten das für ganz korrekt –

und der Kalif bestimmt das Maß

der Buße für die Sünden.

 Zwei Brüdern der Stadt Babylon,

Pompeius und Hippomidon,

nahm der Kalif das Ninive,

das ihren Ahnen schon gehörte –

so wehrten sie sich vehement.

Es kam der junge Anjou dorthin,

mit ihm war der Kalif zufrieden.

Gahmuret, der edle Herr,

nahm Sold für gute Dienste an.

Gesteht ihm zu, daß er hier nun

ein andres Wappen braucht, als ihm

Gandin, sein Vater, einst gegeben:

er trug, als Zeichen seiner Wünsche,

auf seinem caparaçon

den Anker, weiß, aus Hermelin;

entsprechend auch die Wappenzeichen

auf dem Schild und an der Kleidung.

Grüner noch als der Smaragd

war sein Zaumzeug, überall,

farblich wie der Achmardi:

Bezeichnung eines Seidenstoffs

(der übertrifft sogar Brokat!),

aus dem er sich den Waffenrock

schneidern ließ und den surtout.

Weiße Anker aufgenäht,

goldne Kordeln drangeknüpft!

 Seine Anker streiften nicht mal

Landesküsten und das Festland –

schon gar nicht faßten sie dort Grund!

Es mußte ihr Besitzer, Herr,

die Wappenlast noch weiter schleppen,

als Fremdling in so manches Land;

er hatte zwar dies Ankerzeichen,

doch hielt sich nirgends länger auf;

geduldig warten lag ihm nicht.

 Wie viele Länder er durchritt,

wie viele er umschiffte –?

Wenn ich das beeiden müßte,

ich sagte euch an Eidesstatt

als Ritter, mit dem Ehrenwort:

soviel, wie die histoire mir nennt;

ein andres Zeugnis hab ich nicht.

Sie sagt: Der Held in seiner Kraft

blieb ruhmvoll in den Heidenländern

Persien sowie Marokko;

er war auch siegreich andernorts:

in Aleppo und Damaskus;

wo immer Ritter sich bekämpften,

vor Arabí und in Arabien –

unbehelligt blieb er dort

von Einzelkämpfern gleichen Rangs –

er hatte solchen Ruf errungen!

Sein Herz war gierig nach dem Ruhm.

Vor ihm verblaßten ihre Taten,

wurden beinah ausgelöscht –

das kriegte jedermann zu spüren,

der mit ihm tjostierte.

In Bagdad sagte man ihm nach,

er zeige Mut, dies ohne Finten.

 

Von dort zog er nach Sasamanc,

in das Reich der Königin.

Jeder klagte: Isenhart

war gefallen, und zwar deshalb,

weil er einer Dame diente.

Er stand im Bann der Belacane,

der Schönen, völlig Makellosen.

Sie schenkte ihm nicht ihre Liebe,

deshalb starb er, voller Sehnsucht.

Das rächten seine Blutsverwandten,

in offnem Kampf, im Hinterhalt;

sie war bedrängt von deren Heer

und wehrte sich energisch, als

Gahmuret ihr Land betrat,

das der Schotte Friedebrand

gebrandschatzt hatte mit der Flotte,

um es darauf zu verlassen.

 Nun hört, wie’s unserm Ritter ging:

das Meer trieb ihn mit Sturm zum Land,

er kam davon mit knapper Not;

sein Segelschiff fuhr in den Hafen,

vor den Palast der Königin –

es schauten viele zu ihm runter.

Er sah sich das Gelände an:

viele Zelte standen um

die Stadt herum, doch nicht am Meer –

dort lagerten zwei große Heere.

Er holte sich die Auskunft ein,

wer die Festungsstadt besitze –

er hatte nie von ihr gehört,

auch keiner von der Schiffsbesatzung.

Man teilte seinen Boten mit,

es sei Patelamunt;

die Auskunft war sehr freundlich.

Sie baten ihn, bei ihren Göttern,

er möge helfen: große Not,

ein Kampf auf Leben und auf Tod.

 Als der junge Herr Anjou

von ihrer schlimmen Lage hörte,

bot er seine Dienste an,

für Sold – noch heute Ritterbrauch –,

mit andren Worten: Was sie böten,

falls er sich den Feinden stelle.

Ob verwundet, nicht verwundet,

sie sagten wie aus einem Mund,

ihr Gold und ihre Edelsteine

sollten ihm gehören, alle,

er könne über sie verfügen,

bei ihnen lebe er als Herr.

Jedoch, er brauchte keinen Sold:

er hatte ja aus Arabí

viel Gold in Barren mitgebracht.

Und so finster wie die Nacht

war das Volk von Sasamanc –

bei denen drohte Langeweile,

doch er befahl, Quartier zu machen.

Dies war ganz in ihrem Sinn,

sie boten ihm das Beste an.

 Die Damen lagen immer noch

in den Fenstern, schauten zu –

sie besahen sich genaustens

seine Knappen, seine Rüstung,

wie sie embelliert war.

 Der Schild des generösen Helden

war mit Hermelin besetzt,

mit wundersvielen Zobelbälgen:

der Marschall ihrer Königin

erkannte darin einen Anker –

das nahm er mit Vergnügen wahr,

denn seine Augen sagten ihm,

er hätte diesen Ritter schon

gesehen – oder sein Pendant,

und zwar bei Alexandria,

das vom Kalif belagert war;

sein Ruhm dort: ohne Konkurrenz!

 So zog er auch sehr selbstbewußt

in die Stadt ein, stilgerecht.

Er ließ zehn Pferde Saumlast tragen,

und sie zogen durch die Gassen;

zwanzig Knappen ritten nach.

Vor ihnen sah man seinen Troß:

valets marschierten vorneweg,

auch die Köche, Küchenjungen.

Es war ein prächtiges Gefolge:

zwölf Pagen, alle hochgeboren,

ritten hinter jenen Knappen –

formvollendet, gut erzogen;

so mancher war ein Sarazene.

Am Zügel führte man, im Treck,

acht Rösser. Seidendecken

waren über sie gelegt;

das neunte, das trug seinen Sattel.

Den bereits erwähnten Schild

trug ein besonders hübscher Knappe

neben ihm. Und ihnen folgten

die üblichen trompettes.

Un tambour schlug sa tambour,

warf sie in die Luft, ganz hoch.

Das war den Herrn noch nicht genug:

flûtistes, sie ritten auch noch mit,

drei gute Fiedler ebenfalls.

Und alles hübsch gemächlich …

Er selber ritt am Schluß des Ganzen

und mit ihm sein Kapitän –

der war erfahren, sehr geschätzt.

 Alle Menschen in der Stadt,

jede Frau und jeder Mann,

waren Mohrinnen und Mohren.

Der junge Herr entdeckte nun

viele arg lädierte Schilde,

von Lanzen durch- und durchgebohrt;

sie waren zahlreich aufgehängt

an den Wänden, an den Türen.

Es gab Gejammer und Geschrei:

in Fensternischen – frische Luft! –

schwer Verwundete auf Betten;

sie alle konnten nicht genesen,

selbst wenn sie ein Arzt versorgte.

Sie hatten vor dem Feind gestanden –

so geht es dem, der nicht gern flieht.

An ihm vorbei zurückgeführt:

Rösser, hieb- und stichverletzt.

Frauen, zahlreich, dunkelhäutig,

sah er rechts und links von sich:

alle glänzten rabenschwarz.

 Sein Wirt empfing ihn freundlich –

das zahlte sich ihm glücklich aus.

Es war ein Mann von großem Mut:

er hatte manchen Hieb und Stich

eigenhändig ausgeteilt,

als Kommandeur an einem Tor.

Bei ihm sah er viele Ritter:

die Arme steckten in den Schlingen,

verbunden waren ihre Köpfe;

die Wunden waren aber so,

daß sie noch weiterkämpfen konnten,

sie hatten nicht die Kraft verloren.

 Der Burggraf dieser Stadt

bat sehr freundlich seinen Gast,

er möge sich zu Hause fühlen,

über alles frei verfügen:

über ihn und den Besitz.

Er führte ihn zu seiner Frau,

sie küßte Gahmuret, zum Gruß –

das machte ihm recht wenig Spaß.

Es folgte eine kleine Mahlzeit.

Sobald sie eingenommen war,

ritt der Marschall unverzüglich

von Gahmuret zur Königin,

verlangte reichen Botenlohn.

Er sagte: »Herrin, unsre Not

hat sich in Freude aufgelöst.

Den wir hier aufgenommen haben,

der ist ein Ritter solchen Schlags,

daß wir den Göttern, die so freundlich

an uns gedacht und ihn geschickt,

für immer Dankgebete schulden.«

 »Sag, bei deiner Treuepflicht,

um welchen Ritter es sich handelt.«

»Madame, er ist ein Held, superbe,

ein Söldner des Kalifen,

von bester Herkunft, ein Anjou.

Mon dieu, der schont sich keineswegs,

wenn der mal losgelassen wird!

Und wie der, nach dem Reglement,

ausweicht und dann attackiert!

Er zeigt dem Feind, wie man verliert.

Ich sah ihn kämpfen, glorios,

als die von Babylon versuchten,

Alexandria zu befreien,

und von dort mit aller Macht

den Kalif vertreiben wollten –

wie viele gingen da zu Boden,

bei dieser défaitage …

Der schöne Mann vollbrachte dort

solche Taten, daß dem Feind

nur eines übrigblieb: die Flucht.

Ich habe außerdem gehört,

man sei sich einig in dem Urteil,

daß er in vielen Ländern ganz

allein den höchsten Ruhm genießt.«

 »Sieh zu, daß du ihn zu mir bringst,

hierher – wann und wie auch immer.

Wir haben heute Waffenstillstand –

da könnte dieser Held zu mir

herreiten. Oder ich zu ihm …?

Seine Farbe ist nicht unsre –

ach, wenn ihn das bloß nicht stört …!

Ich hätte hier gern vorher Klarheit

(falls meine Leute es mir raten,

müßt ich ihn ehrenvoll begrüßen):

ist er bereit, sich mir zu nähern?

Wie soll ich ihn empfangen?

Ist er von gleichem Rang wie ich,

verdient er den Begrüßungskuß?«

 »Sein Geblüt ist königlich,

man weiß es, dafür bürge ich.

Ich werde Euren Fürsten sagen,

sie sollen sich nun festlich kleiden

und dann warten, hier bei Euch,

bis wir zu Euch geritten kommen.

Sagt das gleichfalls Euren Damen.

Denn reite ich jetzt gleich hinab,

so bring ich Euch den edlen Gast,

dem es an Höflichkeit nicht fehlt.«

 Es wurde nichts davon versäumt;

der Marschall führte flink, geschickt

den Willen seiner Herrin aus.

Es wurden Gahmuret denn rasch

Prachtgewänder vorgelegt.

Er zog sie an. Ich hab gehört,

daß sie wirklich kostbar waren.

Die Anker, die schweren,

aus arabischem Golde –

aufgenäht nach seinem Wunsch.

So stieg er, der die Liebe lohnt,

aufs Roß. Ein Babylonier

hatte drauf mit ihm tjostiert –

ward abgeworfen, war sein Schade …

 Ob sein Wirt da mit ihm ritt –?

Ja, und seine Ritter auch.

Und sie tun es wirklich gern!

So ritten sie denn miteinander,

saßen vor dem Palas ab.

Viele Ritter waren droben,

die ihre beste Kleidung trugen.

Vor ihm schritten seine Pagen,

jeweils paarweis, Hand in Hand.

Viele Damen sah ihr Herr,

die wunderschön gekleidet waren.

Die Königin, in ihrer Macht,

sie wurde augen-blick-lich schwach,

als sie ihn sah, den von Anjou,

sein Anblick war so liebesschön;

ob sie es wollte oder nicht,

ihr ging das Herz vor Liebe auf –

das hatte bisher Scham verschlossen.

 Ein Stückchen ging sie ihm entgegen,

bat ihn um den Begrüßungskuß.

Sie nahm ihn selber an die Hand –

vor der Wand zur Feindesseite,

in der weiten Fensternische,

setzten sie sich: courtepointe –

gesteppter Atlas, weiches Polster.

 Was ist »heller als der Tag«?

Nein, nicht diese Königin!

In ihrem Wesen war sie fraulich,

als Erscheinung eher stattlich –

glich nicht der »Rose, frisch betaut«,

hier zeigte sich ein tiefes Schwarz.

Die Krone aus Rubin, luzid –

man sah durch ihn sehr schön ihr Haupt.

Die Herrin sagte ihrem Gast,

daß er hier sei, freue sie.

»Herr, ich habe viel gehört

von Euren großen Rittertaten –

bewahrt Geduld und so die Form,

wenn ich Euch meine Not beklage,

die mir sehr zu Herzen geht.«

 »Meine Hilfe ist Euch sicher;

was Euch bedrängte und bedrängt –

kann ich Euch davon befreien,

stehe ich Euch gern zu Diensten;

wer Euch was antut oder tat,

dem halt ich meinen Schild entgegen.

Doch bin ich nur ein einzelner –

so wird’s den Feind nicht weiter stören …«

 Höflich sagte drauf ein Fürst:

»Wär bei uns ein Kommandeur,

so schonten wir die Feinde nicht,

denn Friedebrand ist abgesegelt,

befreit zu Haus sein eignes Land.

Einen König namens Hernand

erschlug er wegen Herlinde;

dessen Verwandte greifen ihn an,

sie stecken dabei nicht zurück.

Er hat hier Helden hinterlassen –

den Herzog Hüteger und sein

Gefolge: dessen Rittertaten

fügten uns Verluste zu;

sie sind im Kampf geschickt und stark.

Außerdem hat der Normanne

Gauchier – ein Held, erfahren, klug –

noch viele Söldner mitgebracht;

Kaylet aus Hoscurast

verfügt noch über sehr viel mehr.

Fremde, zahlreich, kampfentschlossen,

sie alle brachte Friedebrand,

der Schottenkönig, in dies Land;

mit ihm noch vier von gleichem Rang,

die alle reichlich Söldner hatten.

Im Westen, drüben an der Küste,

liegt das Heer von Isenhart,

und alle Augen fließen über;

seit ihr Herr im Kampf gefallen,

gab es nur noch dies bei allen,

ob heimlich oder öffentlich:

sie jammern außer Rand und Band,

ihr Herzens-Regen überschwemmt sie.«

 Der Gast sprach zu der Königin,

und zwar in ritterlicher Art:

»Wenn’s Euch recht ist, sagt mir doch,

aus welchem Grund man Euch bekämpft,

so voller Zorn, mit Heeresmacht.

Ihr habt so viele kühne Kämpfer –

mich bedrückt, daß sie der Feind

mit Haß verfolgt und ihnen schadet.«

 »Ich sag es Euch, weil Ihr es wünscht.

Ein edler Ritter diente mir:

ein Zweig, an dem Vollendung reift.

Der Held war mutig, dazu klug,

die wahre Wurzelfrucht der Liebe!

In seiner Haltung höchst beherrscht,

war er noch reiner als ein Weib.

Kühnheit, Kampflust wuchsen in ihm.

Es gab noch keine Ritterhand,

nirgendwo, die so gern schenkte.

(Was nach uns kommt, das weiß ich nicht,

da mögen sich dann andre äußern …)

War ungeschult in Perfidie.

Er war so schwarz wie ich, ein Mohr.

Sein Vater, der hieß Tankanis,

ein König, gleichfalls hochberühmt.

Isenhart, so hieß mein Liebster.

Als Frau war ich nicht gut beraten:

die Liebesdienste nahm ich an,

das führte ihn dann nicht zum Glück.

Dies werd ich stets beklagen müssen.

Es heißt, ich trieb ihn in den Tod –

Betrug ist meinem Wesen fremd,

doch werfen mir’s die Seinen vor!

Ich hab ihn mehr geliebt als sie.

Ich bin hier nicht ganz ohne Zeugen,

mit denen werd ich’s bald beweisen:

Die volle Wahrheit wissen

meine Götter und die seinen.

Er ließ mich leiden, an der Liebe.

Weil ich als Frau so schamhaft war:

sein Lohn zu spät, mein Leid zu lang!

Ich trieb ihn, weil ich Jungfrau blieb,

zu großem Ruhm durch Rittertaten.

Ich prüfte, ob er wirklich liebt –

das hat sich rasch herausgestellt:

gab seine Kampfausrüstung weg,

nur wegen mir. – Was dort wie ein

Palast ragt, ist ein Prunkzelt,

das brachten Schotten auf dies Feld. –

Nachdem der Held dies abgelegt,

schonte er sich keineswegs:

er wurde beinah lebensmüde,

er suchte häufig aventures –

ohne Rüstung. In dieser Lage

ritt ein Fürst, als mein suivant

(Prothisilas war sein Name

und er kannte keine Schwäche),

ritt los und suchte aventures –

Unheil wich ihm da nicht aus!

Tjost im forêt von Asagouc,

und dabei log der Tod nichts vor:

mit einem Helden kämpfte er,

der fand dort ebenfalls den Tod –

es war mein Liebster, Isenhart!

Lanzen drangen in sie ein –

durch den Schild und durch den Leib.

Darüber klag ich Allerärmste –

der Tod der beiden quält mich ständig;

aus meiner Liebe wächst mein Leid.

Ich hab noch keinem Mann gehört.«

 Da erschien es Gahmuret –

obwohl sie eine Heidin war –,

als wäre schönre Fraulichkeit

sonst nie ins Frauenherz geschlüpft.

Sie war getauft: durch ihre Reinheit

und durch den Regen, der sie näßte,

die Flut, die aus den Augen lief,

auf ihren Zobel, ihre Brust.

Trauern war ihr ganzes Glück,

die Hohe Schule großen Leids.

 Belacane sagte weiter:

»Da kamen zu mir übers Meer

der Schottenkönig und sein Heer;

es war der Vetter Isenharts.

Die konnten mir nicht schlimmres Leid

antun – kann es nur so sagen –,

als ich’s mit Isenhart erlitt.«

Die Herrin seufzte wiederholt.

Und durch die Tränen schaute sie

oft zu Gahmuret: verschämt

wie unter Fremden. Doch nun sagten

ihre Augen ihrem Herzen,

daß er wirklich gut aussehe.

Sie kannte sich im Weißen aus,

schließlich hatte sie zuvor

weiße Heiden oft gesehen.

So entstand denn zwischen beiden

ein Verlangen voller Liebe –

sie schaute hin, er schaute her.

 Den Abschiedstrunk, sie ließ ihn reichen –

und hätte lieber drauf verzichtet.

Sie war verstimmt, weil man gehorchte –

so was trieb stets Ritter fort,

die gerne mit den Frauen sprachen.

Ihr Leben war nun seins geworden –

er hatte diesen Wunsch geweckt,

sein Leben war damit auch ihres.

 Doch stand er auf und sagte ihr:

»Ich falle Euch jetzt lästig, Herrin,

ich sitze wieder mal zu lang,

ich bin wohl nicht mehr ganz bei Trost.

Es tut mir, Eurem Diener, leid,

daß Ihr so große Sorgen habt.

Verfügt nur, Herrin, über mich!

Ich räche Euch, wo Ihr das wollt,

ich leiste Dienst, den ich Euch schulde.«

Sie sprach: »Das glaube ich Euch gern.«

 

Das Abendessen stand bereit.

Ich muß euch was zur Mahlzeit sagen:

sie wurde höfisch aufgetragen,

Bedienung nach dem Ritterbrauch.

Die Königin, in ihrem Glanz,

trat selbstbewußt an seinen Tisch –

hier gab’s Reiher, dort gab’s Fisch.

Sie kniete hin – es war ihm peinlich;

eigenhändig schnitt sie ihm

einen Teil der Speisen vor.

War glücklich über ihren Gast …

Sie reichte ihm auch seinen Trunk,

verwöhnte ihn. Er paßte auf:

wie waren ihre Worte, Gesten?

Am untren Ende dieser Tafel

saßen seine Musiker –

und gegenüber sein Kaplan.

 Er sah verschämt die Herrin an

und sagte sehr verlegen:

»Ich bin das keineswegs gewöhnt,

wie Ihr mich, Herrin, hier verwöhnt:

Ehren wie noch nie zuvor!

Falls ich Euch darum bitten darf:

laßt mir die Bescheidenheit –

Ihr habt mich viel zu sehr geehrt.«

 Doch sie ließ es sich nicht nehmen:

ging zu seinen Pagen, bat sie,

beim Essen tüchtig zuzulangen;

das tat sie ihrem Gast zu Ehren.

Alle Edelknaben waren

dieser Königin sehr dankbar.

Und die Herrin tat noch dies:

sie ging zum Hausherrn an den Tisch,

zu seiner Frau, der Burggräfin –

die Königin erhob den Becher,

sagte: »Nimm dich unsres Gastes

an, du ehrst dich selbst damit.

Ich bitt Euch beide sehr darum.«

Sie nahm Abschied, ging noch mal

zu ihrem Gast hinüber:

sein Herz war schwer, er liebte sie,

bei ihr das gleiche, er war’s schuld –

das zeigten bei ihr Herz und Augen,

beide eng mit ihr im Bunde.

Formvollendet sprach die Herrin:

»Befehlt nur, Herr. Was Ihr auch wünscht,

das laß ich tun. Ihr seid es wert!

Nun laßt mich von Euch Abschied nehmen.

Wenn Ihr hier gut behandelt werdet,

freuen wir uns sehr darüber.«

Golden waren ihre Leuchter –

vier Kerzen trug man vor ihr her.

Wo sie hinritt, gab’s noch mehr!

 Das Essen war damit beendet.

Glücklich, traurig war der Held.

Die große Ehrung freute ihn,

er fühlte sich zugleich bedrückt –

es war die Macht der Liebe:

sie holt Verstand aus seiner Höhe.

 Die Burggräfin zog sich zurück.

Dies geschah nun äußerst flink:

dem Helden machte man sogleich

das Bett, und zwar mit aller Sorgfalt.

Der Hausherr sagte seinem Gast:

»Nun schlaft Euch bitte tüchtig aus

heut nacht – Ihr werdet es noch brauchen.«

Der Wirt wies seine Leute an,

das Zimmer zu verlassen.

Die Matratzen seiner Pagen

in Kreisform um sein Bett herum –

die Köpfe zu ihm hin, wie üblich.

Da standen schwere, hohe Kerzen,

brannten hell. Es quälte sich

der Held in allzu langer Nacht;

die Königin des Landes,

die schwarze Mohrin, brachte ihn

ganz und gar um den Verstand;

er bog sich wie ein Flechtrohr,

daß ihm die Gelenke knackten.

Kampf und Liebe wollte er:

so wünscht ihm, daß sich dies erfüllt.

Sein Herz, es schlug ganz hart und laut,

es wurde weit vor Kampfbegierde,

und dem Helden straffte sich

die Brust auf beiden Seiten

wie, beim Sehnenzug, die Armbrust.

Sein Verlangen war zu groß …!

 So lag er ohne jeden Schlaf,

bis er das Morgengrauen sah.

Es war noch nicht recht hell geworden,

da mußte sein Kaplan bereits

die Messe vorbereitet haben,

die er für Gott sang und für ihn.

Dann brachte man ihm die armure;

er ritt dorthin, wo man tjostierte.

 Da wurde auch gleich umgesattelt

auf ein Streitroß, gut in beidem:

in der äußerst raschen Gangart

seines Anritts zur attaque;

im Parieren leicht zu wenden.

Seinen Anker hoch am Helm

sah man nun in Richtung Tor.

Bei Frauen, Männern, hieß es da:

Der schönste Held, den man je sah,

ihm würden ihre Götter gleichen.

Schwere Lanzen nahm man mit.

 Welchen Waffenschmuck er zeigte

Sein Roß trug eine Panzerdecke,

die schützte es vor Schwerterhieben;

darüber eine zweite Decke,

leicht, sie hatte kaum Gewicht –

sie bestand aus grünem Atlas.

Sein Waffenhemd und sein surtout:

ganz aus grünem Achmardi,

gewebt im fernen Arabí –

ich sage hier die reine Wahrheit!

Die Riemen seines Schildes,

mit allem ihrem Drum und Dran,

sie waren farbenfrohe Borten,

kostbar durch die Edelsteine.

Die Beschläge seines Schildes:

rotgold, im Feuer geläutert.

Er kämpfte nur um Liebeslohn;

ein harter Kampf war keine Last.

 Die Königin, sie saß im Fenster,

viele Damen neben ihr.

Nun seht: dort stand schon Hüteger

auf der Stätte seiner Siege.

Als der sah, wie dieser Ritter

auf ihn losritt, galoppierend,

da fragte er sich: »Wann und wie

kam der Franzose in dies Land?

Wer hat den Helden hergeschickt?

Hielt ich ihn für einen Mohren,

so hätt ich den Verstand verloren!«

 So spornten beide ihre Rösser,

die sich ohnehin nicht bremsten,

vom Galopp zum Renngalopp.

Sie zeigten wahren Rittermut,

es gab bei dieser Tjost kein Mogeln:

von der Lanze Hütegers

flogen Splitter in die Luft,

und der Gegner dieses Stechens

stieß ihn hinters Pferd, ins Gras –

völlig neu für Hüteger …!

Und der andre ritt ihn nieder.

Mehrfach raffte er sich auf,

zeigte, daß er kämpfen wollte,

doch in seinem Arme steckte

die Lanzenspitze Gahmurets:

der wollte die parole d’honneur.

Hüteger fand seinen Meister!

»Wer hat mich überwunden?«

fragte dieser tapfre Kämpfer,

und der Sieger gab zur Antwort:

»Ich bin Gahmuret von Anjou.«

»Ich unterwerf mich, Ehrenwort.«

 Das nahm er an und schickte ihn

in die Stadt – voll des Lobes

alle Damen, die das sahen.

Von drüben preschte nun Gauchier

heran, der Mann der Normandie,

der stolze Held in seiner Kraft,

der mächtige Tjosteur.

Und hier der schöne Gahmuret,

bereit zum zweiten Waffengang.

Die Schneide seiner Lanze breit,

und stämmig war der Schaft.

Die Fremden kämpften miteinander

ungleich waren die Gewichte!

Im Zusammenprall der Tjost

ging Gauchier zu Boden

mit  samt  dem  Roß –

er mußte sich ergeben,

ob er wollte oder nicht.

 Der reckenhafte Gahmuret:

»Unterwerft Euch! Reicht die Hand –

sie hat sich ehrenvoll geschlagen!

Nun reitet zu dem Schottenheer

und richtet aus, sie sollen jetzt

bitte diesen Krieg beenden.

Und folgt mir in die Stadt.«

Was er befahl, worum er bat,

es ward genauso ausgeführt:

die Schotten hörten auf zu kämpfen.

 Kaylet kam angeritten:

Gahmuret wich vor ihm aus,

denn der andre war sein Vetter:

er hätte ihm nichts antun dürfen.

Der Spanier schrie ihm fordernd nach.

Es war ein Strauß auf seinem Helm,

und das Waffenhemd des Mannes

(ich muß auch diesen Punkt erwähnen)

war aus Prunkstoff, weit und lang.

Fernhin war der Held zu hören

mit den Klängen seiner Glöckchen.

Die Blüte aller Männlichkeit!

Seine Schönheit: konkurrenzlos,

bis auf zwei, die nach ihm lebten:

Beaucorps, der Sohn des Lot,

und Parzival – sie gibt’s noch nicht,

die beiden sind noch nicht geboren;

ihre Schönheit wird berühmt.

 Gauchier packte seinen Zügel:

»Euer Mütchen wird noch kühl –

fühl mich verpflichtet, das zu sagen –

wenn Ihr mit dem Anjou da kämpft;

ich habe mich ihm unterworfen.

Hört unbedingt auf meinen Rat

und auch auf meine Bitte, Herr –

ich habe Gahmuret versprochen,

daß ich Euch vom Kampfplatz schicke;

er hat darauf mein Ehrenwort.

Gebt den Kampf auf, tut’s für mich!

Er ist Euch weitaus überlegen.«

 Da sagte König Kaylet:

»Ist dies mein Vetter Gahmuret,

fils du roi Gandin,

verzicht ich auf den Kampf mit ihm.

Nun laßt den Zügel los.« »Nein,

das tu ich erst, sobald ich seh,

Ihr nehmt den Helm vom Kopf.

Der meine ist noch ganz betäubt.«

Und er band sich seinen Helm ab.

 Für Gahmuret gab’s weitre Kämpfe –

der Morgen war erst halb vorbei.

Die Städter, die den Kampf gesehen,

waren alle froh darüber,

und sie zogen eilig los

zum Vorwerk der Befestigungen.

Sie sahen ihn als Vogelnetz:

was drunterkam, ward eingefangen.

Ein andres Streitroß, wie ich höre,

auf dem saß dieser Edle auf.

Das flog, berührte doch den Boden,

in beider Hinsicht sehr geschickt:

mutig, wenn’s zum Angriff ging,

leicht parierbar, schnell im Anlauf.

 Was er auf dem Roß vollbrachte –?

Ich kann es nur als Mut bezeichnen:

er ritt, bis ihn die Mohren sahen –

sie lagen draußen mit dem Heer,

westwärts, drüben an dem Meer.

 Da war ein Fürst, hieß Rasalic;

der Mächtigste von Asagouc

versäumte hierin keinen Tag –

und darin zeigte sich sein Adel,

er hatte königliches Blut –

er ritt von dort aus jedesmal

vor die Stadt, zur Tjost bereit.

Der Held aus dem Hause Anjou

setzte seine Kräfte matt –

und eine schwarze Dame klagte

(sie hatte ihn dorthin geschickt),

weil ihn dort einer überwand.

Unaufgefordert gab ein Knappe

seinem Herren Gahmuret

die Lanze mit dem Bambusschaft,

und mit ihr stach er den Mohren

hinters Roß in den Sand.

Dort ließ er ihn nicht lange liegen,

erzwang von ihm die Unterwerfung –

damit lief die Fehde fest.

Und bei ihm war großer Ruhm.

 Gahmuret sah nun acht Fahnen

flattern, Richtung Stadt, befahl

dem Mann, der mutig unterlegen,

sie zur Umkehr zu bewegen.

Und befahl auch, daß er ihm

dann folge, in die Stadt zurück.

Das tat er, denn es mußte sein.

 Gauchier muß gleichfalls kommen.

Über ihn erfuhr der Burgherr,

daß sein Gast dort draußen war –

daß er nicht nach Straußenart

Eisen, harte Kiesel fraß,

lag nur daran: er fand sie nicht …

Sein Zorn begann zu knirschen

und brüllte wie ein Löwe;

er riß sich an den Haaren,

rief: »Mit allen meinen Jahren

bin ich immer noch nicht schlau!

Mir hatten meine Götter

einen kühnen Gast geschickt –

liegt alle Last des Kampfs auf ihm,

so erlang ich nie mehr Ruhm.

Was nützen mir noch Schild und Schwert?

Wer dran erinnert, muß mich tadeln!«

Er verließ sofort die Seinen,

galoppierte Richtung Tor.

Ein Knappe trug ihm einen Schild

entgegen (außen, innendrin

bemalt: ein Schemen-Mann, durchbohrt),

gemacht im Lande Isenharts.

In seiner Hand ein Helm, ein Schwert –

das hatte Rasalic zum Kampf

mitgebracht, der Mutige.

Er hat sich davon trennen müssen,

dieser kühne, schwarze Heide.

Sein Ruhm war groß und reichte weit.

Stirbt er später, ungetauft,

erbarme sich des Helden Der,

Dem alle Wunder möglich sind.

 Als der Burggraf dies erblickte,

war seine Freude groß wie nie:

die Wappen waren ihm bekannt.

Er galoppierte aus dem Tor

und sah dort, wartend, seinen Gast

(der war so jung, noch längst nicht alt!)

voller Lust auf scharfe Tjost,

jedoch sein Wirt, Lac, fils du Rost,

zog ihn energisch mit herein:

der stach nun keinen mehr vom Pferd!

 Lac, fils du Rost, le castelcomte,

sagte: »Herr, berichtet mir:

habt Ihr Rasalic besiegt?

Dann wäre unserm Land der Frieden

sicher, für den Rest der Zeit:

er ist der Herrscher aller Mohren,

die dem Isenhart gedient

und uns so sehr geschadet haben.

Doch jetzt ist unsre Not zu Ende.

Ein Gott befahl in Seinem Zorn,

daß uns dies Heer hier überfalle –

défaitiert ist ihre Kriegsmacht!«

 Er führte ihn hinein – Protest!

Die Königin ritt ihm entgegen,

nahm seinen Zügel in die Hand,

löste am ventail die Riemen.

Sie übernahm vom comte den Gast.

Seine Knappen blieben ihm

dicht auf seinen Fersen.

Man sah die kluge Königin

den Gast geleiten, durch die Stadt,

ihn, der Siegesruhm errungen.

Als es soweit war, stieg sie ab.

»Ah, ihr pflichtbewußten Knappen,

glaubt ihr, daß ihr ihn verliert?

Ihm wird es gutgehn – ohne euch.

Nehmt sein Pferd und führt es weg –

ich werd hier die Begleitung sein.«

 Viele Damen sah er droben.

Die Königin half ihm mit schwarzer

Hand aus seinem Kettenpanzer.

Und ein schön verziertes Bett –

seine Decke war aus Zobel –

hier wurde er noch sehr viel mehr

geehrt, auch wenn es heimlich war.

Es war sonst niemand mehr im Raum:

die jungen Damen waren draußen,

die Tür war hinter ihnen zu.

Da gaben sich die Königin

und Gahmuret, ihr Herzensliebster,

der hohen, süßen Liebe hin.

Verschieden war nur ihre Haut.

 

Nach dem Schlafen, einem Imbiß

wurde er, der Landesherr,

festlich embelliert,

mit Kleidern gut versorgt.

Die früher Jungfrau, war nun Frau;

sie führte ihn an ihrer Hand

hinaus und sprach: »Ich und mein Reich

sind diesem Ritter Untertan.

Hat der Feind noch was dagegen?!«

 Gahmuret erbat, ganz höfisch,

was man gleich darauf erfüllte:

»Tretet näher, Monsieur Rasalic,

gebt meiner Gattin einen Kuß.

Ihr ebenfalls, Monsieur Gauchier.«

Auch Hüteger, den stolzen Schotten

(er war noch von der Tjost verletzt),

bat er, ihren Mund zu küssen.

 Nun drängten die von Sasamanc

heran, mit wahrhaft großem Pomp,

empfingen, nach dem Wunsch der Herrin,

von ihm die Länder und Erträge,

jeder nach dem Rechtsanspruch –

ihr Herr war jetzt nicht länger arm.

Auch wenn sein Land verwüstet war –

Gahmuret warf eigenhändig

derart mit Geschenken um sich,

als wüchs auf allen Bäumen Gold;

er schenkte wahrhaft opulent.

Die Vasallen, die Verwandten

empfingen von ihm reiche Gaben –

das war der Wunsch der Königin.

 Am Morgen zogen alle Fremden

fort, vom Festungsring der Stadt –

die Wege führten auseinander;

man trug sehr viele Bahren mit.

Kein Zelt mehr auf der Ebene,

bis auf eins – das war sehr groß.

Gahmuret: Aufs Schiff damit!

Er ließ darauf den Leuten sagen,

er bringe es nach Asagouc –

und damit legte er sie rein.

 So blieb der stolze, kühne Mann,

bis in ihm das Fernweh wuchs.

Daß er nicht als Ritter kämpfte:

Trauerpfand der Lebenslust.

Doch war ihm diese schwarze Frau

lieber als sein eignes Leben.

Kein Weib war je so wohlgeformt.

Und immer war bei ihrem Herzen

ein Gefolge noblen Stiles:

reine, edle Weiblichkeit.

 Er stammte aus der Stadt Sevilla,

der Mann, dem er nach einer Weile

befahl, mit ihm davonzusegeln;

der hatte ihn schon viele Meilen

navigiert – und hergebracht;

der zeigte nicht die Mohrenfarbe.

Der lebenskluge Seemann sagte:

»Haltet das sehr streng geheim

vor denen mit der schwarzen Haut.

Meine Koggen sind so schnell,

die holen uns dann nicht mehr ein.

Wir segeln schleunigst von hier weg.«

 Er ließ das Gold zur Kogge bringen.

Vom Aufbruch muß ich euch berichten:

der edle Held fuhr nachts davon,

das ward klammheimlich ausgeführt.

Als er sein Eheweib verließ,

da regte sich in ihrem Leibe

zwölf Wochen schon ein Kind.

Mächtig schob der Wind ihn fort …

 Die Herrin fand in ihrem Täschchen

einen Brief von seiner Hand.

En français – das sie ja sprach –

hieß es in dem Brief wie folgt:

»Ein Liebesgruß an die Geliebte!

Ich bin mit dieser Fahrt ein Dieb,

mir blieb nur übrig, sie zu stehlen:

Fernweh … Und ich sag Dir offen:

Wenn Du meinen Glauben hättest,

so käm ich nie mehr von Dir los –

ich sehn mich schon genug nach Dir!

Wenn das Kindchen von uns beiden

in seinem Aussehn männlich wird,

so wird es ganz besonders tapfer –

als ein gebürtiger Anjou!

Wenn er der Liebe dienen muß,

wird er im Kampf ein Hagelschlag,

harter Nachbar seiner Feinde.

Herrin, ließest Du dich taufen,

so könntest Du mich noch gewinnen.«

 Sie wollte es auch gar nicht anders:

»Ach, das kann sehr bald geschehn!

Wenn er mir nur wiederkommt,

werde ich das rasch vollziehn.

Wem hat denn dieser edle Mann

die Frucht der Liebe anvertraut?

Ach, die Zweisamkeit der Liebe …!

Soll mich die volle Wucht der Trauer

jetzt, in alle Zukunft beugen?«

Sie sagte: »Seinem Gott zu Ehren

würd ich mich gern taufen lassen

und so leben, wie er’s wünscht.«

Der Kummer rang mit ihrem Herzen,

die Freude »fand den dürren Zweig« –

die Turteltaube macht es so,

noch heut. Es liegt in ihrem Wesen:

sie sucht, wenn ihr der Liebste fehlt,

aus Treue einen dürren Ast.

 Zur rechten Zeit gebar die Edle

einen zwiegefärbten Sohn.

Gott vollbrachte hier ein Wunder:

er war schwarz und weiß zugleich!

Sofort und immer wieder küßte

die Königin die weißen Stellen.

Die Mutter nannte dieses Kindchen

Fairefis von Anjou.

Ein Wald-Abholzer wurde der:

er zerbrach bei seinen Tjosten

eine große Zahl von Lanzen,

bohrte Löcher in die Schilde.

Die ganze Haut und seine Haare

waren scheckig wie die Elster.

In jenem Land, in Spanien,

kannte Gahmuret den König:

es war sein Vetter Kaylet.

Er reiste ihm bis Toledo nach,

doch der war unterwegs: Kämpfe

mit sehr großem Schildverschleiß …!

Da ließ auch er sich Waffen bringen,

so versichert die histoire:

schön bemalte Lanzen,

an jeder war ein grüner Wimpel

aus Zindeltaft; drei Anker drauf

aus Hermelin und groß genug,

daß dies für seinen Reichtum sprach.

Die Wimpel waren lang und breit,

sie reichten gut bis an die Hand –

eine Spanne unterhalb

der Eisenspitze festgebunden.

Es wurden für den kühnen Helden

von den Leuten seines Vetters

hundert Lanzen vorbereitet,

in schöner Ordnung nachgetragen.

Mit Respekt und Freundlichkeit

wurde er behandelt, nobel –

der König hatte nichts dagegen!

 Dem folgte er (weiß nicht, wie lange),

bis er zuletzt im Lande Wales

ein Lager sah, mit fremden Rittern:

auf der plaine vor Kanvolais

waren tentes pompeuses errichtet –

ich phantasiere wirklich nicht,

wenn ihr es wünscht, so ist es wahr!

Er ließ gleich sein Gefolge halten

und schickte seinen sehr gewandten

Meisterknappen in die Stadt:

Gahmuret befahl, er solle

dort schon mal Quartiere machen.

 Der beeilte sich auch sehr –

man führte Lastenpferde nach.

Bei jedem Haus sah er das gleiche:

Schilde stets als zweite Front,

die Seitenwände waren sämtlich

bedeckt von aufgehängten Lanzen.

Zum Turnier von Kanvolais

hatte die Königin von Wales

geladen, dies zu Konditionen,

daß heute noch ein Schwächling scheut,

wenn er Entsprechendes erblickt,

der nimmt an so was niemals teil!

Sie war noch Jungfrau, keine Frau

und bot zwei Länder und sich selber

dem an, der den Sieg erränge.

Das Angebot warf manchen um:

hinters Pferd, auf den Boden …!

Wer auf diese Weise strauchelt:

coup de chance mit wenig Punkten …

Helden nahmen daran teil,

die demonstrierten Ritterkraft:

zu wuchtigen attaques par force

ließ man Pferde vorwärtspreschen,

und man ließ die Schwerter klingen.

 Ein Pontonsteg führte über

einen Fluß, zu einer Wiese;

der Brückenkopf vom Tor verschlossen.

Der Knappe, unbekümmert, stieß

es auf, weil ihm das richtig schien;

oberhalb stand der Palast.

Und in seinen Fenstern saßen

die Königin von Wales und viele

Edeldamen. Sie begannen

sich gemeinsam anzuschauen,

was die Knappen taten.

Die hatten alles Nötige,

um ein Zelt dort aufzuschlagen.

Aus Liebe (ohne Gegenliebe)

war Isenhart es losgeworden –

von Belacane so gewollt.

 Mit großer Mühe schlug man auf,

was dreißig Pferde tragen mußten –

es war ein sichtlich teures Zelt.

Die plaine war grade groß genug,

daß sich die Schnüre spannen ließen.

Indes nahm Gahmuret, der edle,

ein wenig zu sich, vor der Stadt;

danach die planerische Planung

seines hofgerechten Einzugs.

Es ward nicht lang gefackelt:

seine Knappen bündelten

unverzüglich seine Lanzen –

jeweils fünf, vom Gurt umschlungen,

die sechste trug man separat,

mit einem Wimpel.

So ritt er ein, der stolze Mann.

 

Mit der Königin erfuhr man,

ein Fremder sei im Kommen –

aus einem derart fernen Lande,

daß ihn keiner kenne.

»Sein Gefolge ist courtois,

teils arabisch, teils français;

manche könnten nach der Sprache

aus Anjou sein, durchaus denkbar …

Sind selbstbewußt und gut gekleidet:

bester Zuschnitt, zweifellos …

Ich hielt mich bei den Knappen auf:

tadellos ist ihr Benehmen.

Sie meinen, wer Probleme habe,

sich an ihren Herren wende,

dem helfe er in seiner Not.

Ich habe mich nach ihm erkundigt,

und sie sagten gradheraus,

er sei der König von Sasamanc.«

 Dies sagte ihr ein écuyer.

»Olala, quelle tente pompeuse!

Eure Krone, Euer Land –

kaum die Hälfte davon wert!«

 »Nun übertreib dein Lob nicht so!

Doch immerhin, ich räum dir ein:

das könnt ein edler Mann besitzen,

der nicht weiß, was Armut ist.«

So sprach die Königin. »Doch ach,

wann kommt er selber denn herein?«

Sie schickte ihn zum Fragen los.

 Da begann der Held mit Pomp,

in die Stadt hineinzutrecken

und die Schlafenden zu wecken!

Viele Schilde sah er glänzen.

Die lautklingenden trompettes

zogen schmetternd vor ihm her,

und – hoch geworfen, hart geschlagen –

machten zwei tambours noch Krach;

die ganze Stadt erdröhnte.

Diese Klänge mischten sich

beim Einzug mit dem Spiel der flûtes;

sie bliesen einen Marsch.

 Wir sollten hier nicht übersehen,

wie ihr Herr sich präsentierte,

berittne Fiedler neben ihm:

es hatte dieser Held ein Bein

vor seinem Sattel aufgelegt,

Stiefelchen an nackten Beinen.

Seine Lippen wie Rubin –

so rot, als wären sie entflammt;

die Lippen voll und gar nicht schmal.

Er war in jeder Hinsicht schön.

Sein Haar war blond gelockt –

soweit es nicht der Hut bedeckte;

die Kopfbedeckung war sehr teuer.

Sein Umhang ganz aus grünem Atlas –

Besatz von Zobel, schimmernd schwarz;

sein Hemd darunter war sehr weiß.

Und alle Gaffer drängten sich!

 Man wollte wissen, überall:

Wer sei der Ritter ohne Bart,

der solche Prachtentfaltung zeige?

Das sprach sich äußerst rasch herum –

sie teilten ihnen Wahrheit mit.

Man rückte auf die Brücke zu –

sein Gefolge und die Menge.

Angesichts des hellen Glanzes,

der von der Königin ausging,

zuckte ihm das Bein herunter –

hochgereckt der edle Held

wie ein Falke, beutegierig!

Das Quartier erschien ihm gut –

so war die Stimmung dieses Helden.

Und sie ließ es sich gefallen,

die Königin des Landes Wales.

 

Der König von Spanien hörte nun,

auf der Leo-plaine

stehe das Zelt, das Gahmuret

auf Wunsch des Königs Rasalic

seit Patelamunt gehörte.

Dies berichtete ein Ritter –

schon schnellte er hoch wie ein Hirsch

Er war nun ein Soldat im Glück!

Und der Ritter sagte weiter:

»Ich sah den Einzug Eures Vetters –

mit einem Pomp wie eh und je!

Hundert Wimpel sind vor seinem

hohen Zelt, bei einem Schild,

in das Wiesengrün gerammt –

und auch sie sind alle grün!

Auch zeigt der Held, so kühn,

drei Anker, weiß, aus Hermelin,

und zwar auf jedem seiner Wimpel.«

 »So ist er hier en grande tenue?!

Voilà, da wird man sehn,

wie der beim Anritt, der attaque

alles durcheinanderwirbelt!

Hardice, der stolze König,

hat mir lang schon zugesetzt

mit seiner Kampflust, seiner Wut –

der wird von Gahmuret persönlich

in der Tjost zu Fall gebracht!

Mein Glück: nicht das der Schwachen …!«

 Und er schickte einen Boten

dorthin, wo der Normanne lag,

Gauchier, mit zahlreichen suivants,

und der schöne Killiriacac –

er hatte beide eingeladen.

Als Begleitung ritten sie

mit Kaylet zur tente pompeuse,

und sie begrüßten hocherfreut

den edlen König von Sasamanc.

Die Zeit schien ihnen viel zu lang,

seit sie ihn zuletzt gesehn –

sie meinten das ganz ehrlich so.

Nun wollte er von ihnen wissen,

wer alles dort an Rittern sei.

 Und sein Vetter sagte:

»Hier sind, aus fernen Ländern,

Ritter, die nur Liebe treibt –

lauter Helden voller Kraft.

Hier ist, mit etlichen Britannen,

König Uther Pendragon;

ein Vorfall plagt ihn wie ein Dorn:

ihn hat sein Eheweib verlassen –

des Königs Artus Mutter.

Ein clericus (Magie studiert!),

durch ihn ward sie entführt;

ihm folgte Artus im Galopp.

Es ist nun schon das dritte Jahr,

seit er Frau und Sohn verlor.

 Weiter ist hier König Lot

aus Norwegen, sein Schwiegersohn:

auch er versteht sich auf den Kampf!

Der kühne und der kluge Held

ist faul in puncto Lug und Trug,

ist fleißig, was den Ruhm betrifft.

 Außerdem ist hier noch Gawan,

dessen Sohn – er ist zu klein,

um an Turnieren teilzunehmen.

Er war bei mir, der hübsche Bub,

er meint, er würde gerne wie

ein Ritter kämpfen – wäre er

stark genug zum Lanzenbrechen!

So klein und schon so scharf darauf …

 Hier hat der König von Patrigalt

einen ganzen Lanzenwald.

Doch wie der auftritt, zählt nicht weiter,

denn die aus Portugal sind hier!

Wir nennen sie die ›heißen Sporen‹:

wollen durch die Schilde bohren!

Und die Männer der Provence

haben schön bemalte Schilde.

 Die aus Wales sind gleichfalls hier:

die halten stur geradeaus

in die Reiterpulk-Attacken –

das macht: sie sind in großer Zahl.

Hier gibt’s noch viele Damenritter,

die ich nicht persönlich kenne.

Alle, die ich aufgezählt –

wir wohnen (und das ist die Wahrheit)

mit großer Pracht in dieser Stadt

als Gäste ihrer Königin.

 Ich nenn die Gegner vor der Stadt,

die unsre Kampfkraft kaum beeindruckt.

Der edle König von Ascaloun

und der stolze König von Aragon,

Cidegast von Logrois,

der König von Pont Tortois,

namens Brandelidelin.

Und auch der kühne Llewelyn.

Auch ist Morold hier, aus Irland:

er nimmt uns gute Geiseln weg.

Auch lagern auf der plaine

die stolzen Allemands:

der Herzog von Brabant

ist in dieses Land gekommen,

und zwar für König Hardice.

Seine Schwester, die Alice,

gab ihm der König der Gascogne:

vorausbezahlter Liebesdienst …

Die sind gegen mich, verbissen!

Doch bau ich ganz und gar auf dich.

Bedenk, daß wir Verwandte sind,

und steh mir bei, weil du mich liebst.«

 Da sprach der König von Sasamanc:

»Ich will hier gar nicht deinen Dank,

sofern mein Dienst dir Ehre bringt.

Wir ziehen hier an einem Strang.

Ist dein Strauß noch ohne Nest?

Führe den serpent à tête

gegen seinen halben Greifen.

Ich werfe meinen Anker aus,

find festen Grund bei der attaque,

und er muß hinter seinem Roß

im Wasser eine Sandbank suchen.

Wenn man uns erst kämpfen läßt –

ich werf ihn ab, falls er’s nicht tut!

Dies erklär ich eidesstattlich!«

 Kaylet ritt zum Quartier,

gut gelaunt, nicht schlecht gestimmt.

Schon hörte man den cri de guerre

für zwei Helden voller Stolz:

Giolarce von Poitou

und Gournemans von Graharce –

sie tjostierten auf der plaine,

das Turnier-Vorspiel begann!

Hier ritten sechs auf, drüben drei

und ein peloton schloß auf.

Das Kampfspiel war damit eröffnet,

sie konnten gar nicht anders!

 

Dies alles war zur Mittagszeit –

Gahmuret lag noch im Zelt.

Der König von Sasamanc erfuhr:

Die attaques auf freiem Felde

fanden in jeder Richtung statt –

nach dem Reglement der Ritter.

Da machte er sich dorthin auf,

mit vielen hellen Lanzenwimpeln.

Er nahm nicht teil an Galoppaden,

wollte erst in Ruhe schauen,

was auf beiden Seiten lief.

Sein Teppich wurde ausgebreitet,

wo sich die Reiterpulks verkeilten –

Sporen ließen Pferde wiehern!

Er war umringt von seinen Knappen –

Schwerterkling und Schwerterklang!

Wie die kämpften, um den Ruhm,

deren Klingen so erklangen …!

Dazu ein großes Lanzenkrachen –

er brauchte nicht zu fragen, wo.

Die Reit-Attacken: Flechtwerk-Wände,

die Ritterfäuste um ihn bauten!

 Dieses Kampfspiel war so nah –

die Damen sahen vom Palast,

wie sich die Helden müde machten.

Doch war die Königin enttäuscht,

weil sich der König von Sasamanc

nicht in dies Getümmel warf.

Sie fragte: »Ach, wo bleibt der nur,

von dem ich soviel Großes hörte?«

 Viele Ritter ohne Land

setzten sich dort restlos ein

und kämpften doch nicht um das Höchste,

das die Königin versprochen:

sich selbst und ihre Länder –

sie wollten lieber Beute machen.

 Inzwischen war auch Gahmuret

in der armure – ein Geschenk

an seine Frau: Versöhnungszeichen,

das ihr der Schotte Friedebrand

als Ausgleich für Verlust geschickt:

er hatte ihr Kriegslast aufgebürdet.

Die schönste Rüstung hier auf Erden!

Er musterte den Diamanten:

er war ein Helm! Ein Anker war

auf ihm befestigt: Edelsteine

(große, keineswegs zu kleine)

waren in ihm eingefaßt;

der hatte ziemliches Gewicht!

So sah der Helmschmuck bei ihm aus.

 Wie sein Schild beschaffen war –?

Aus Gold (arabisch) und sehr kostbar

die aufgenagelten Beschläge –

er hatte schwer daran zu schleppen.

Das rote Gold, es glänzte so,

daß man sich darin spiegeln konnte.

Darunter war der Zobel-Anker.

Das, was er zu tragen wünschte,

das hätt ich mir mit Recht gegönnt,

es war ein hübsches Sümmchen wert.

 Sein Waffenrock war weit und lang

(ich glaube, niemand trug seither

solche Qualität im Kampf),

und er reichte bis zum Teppich.

Falls ich darin kompetent bin:

er sah so aus, als brenne hier

ein quickes Feuer in der Nacht.

Gedämpfte Farben gab’s da nicht.

Sein Glanz ließ Blitze zucken, hell,

die schnitten ein in kranke Augen.

Er war bebildert, dies mit Gold,

das in der Hindukusch-Montagne

Greifenkrallen aus den Felsen

schlugen. Sie bewachten es,

bewachen es auch heute noch.

Leute kommen aus Arabi,

die rauben listig dieses Gold

(es ist von höchstem Reinheitsgrad)

und bringen es nach Arabi,

der Stadt, wo man den Achmardi,

den grünen, webt, und den Brokat.

Nichts gleicht diesem Waffenrock …

 Er hat den Schild sich umgehängt.

Da stand ein äußerst schönes Roß,

die Panzerdecke bis zum Huf –

er war bereit, er sprang hinauf.

Die valets mit Schreien, Feldgeschrei!

Bei den attaques zerbrach der Held

eine große Zahl von Lanzen,

ritt in Reiterpulks hinein

und mittendurch und hinten raus.

Dem Anker folgte stets der Strauß.

 Gahmuret stieß hinters Roß

Baudouin de Prend-la-Cour

und viele renommierte Männer:

Unterwerfung, Ehrenwort!

Die Ritter mit den Wallfahrt-Kreuzen

gewannen mit des Helden Kämpfen,

erhielten seine Beutepferde,

kamen so durch ihn an Mittel.

 Vier Wimpel mit dem selben Zeichen

führte man nun gegen ihn –

es folgten kühne formations,

ihr Herr im Kämpfen sehr versiert.

Auf jedem Wimpel der Greifenschweif,

und was ihm folgte (seine Leute!),

war im Kampf ein Hagelschlag.

Den Vorderteil des Greifen trug

der König der Gascogne

auf dem Schild; ein wahrer Könner.

Und sein décor war so,

wie Frauen guten Schmuck erzeugen.

Als er den Strauß sah, hoch am Helm,

preschte er dem Trupp voraus –

doch vorher war der Anker dort!

Der edle König von Sasamanc

warf ihn ab, von seinem Roß,

nahm ihn gefangen. Kampfgetümmel!

Ackerfurchen glattgetennt!

Schwerter zogen viele Scheitel!

Wälder wurden abgeholzt!

Viele Ritter abgeworfen!

Ich hör, sie machten sich davon,

nach hinten, ab zur Schwächlings-Stellung

 Die Kämpfe waren jetzt so nah –

die Frauen sahen ganz genau,

wer dort preisverdächtig wurde.

Von der Lanze Riwalins

aus Lohnois, im Liebesdienst,

schneiten Splitter in frischer Spur.

Wenn der angriff, gab es Krach!

Morold riß sich einen Ritter

aus dem Sattel, nahm ihn vor sich –

nicht die allerfeinste Art …!

Das Opfer hieß Killiriacac;

der hatte vorher König Lac

ausgezahlt, und zwar mit Sold,

den man im Sturz vom Boden holt;

er kam dabei ganz groß heraus!

Der starke Morold hatte Lust,

ihn ohne Schwertstreich zu besiegen,

so fing er diesen Helden ein.

 Den Herzog von Brabant

stieß Kaylet vom Pferd herab –

der Fürst hieß Klein-Lambertus.

 Was darauf seine Leute taten –?

Sie deckten ihn mit ihren Schwertern.

Die Helden waren scharf auf Kampf.

 Nun stieß der König von Aragon

den alten Uther Pendragon,

den König der Britannen,

hinters Streitroß auf die plaine:

viele Blumen rings um ihn …

Ach, wie bin ich zart besaitet,

daß ich den Edlen der Britannie

vor Kanvolais so lieblich bette,

wo nie ein Bauernfuß getrampelt

(falls ich dies recht erzählen kann),

wo dies auch künftig nicht geschieht!

Das Roß, das er zuvor be-saß,

das durfte er nicht mehr besitzen.

Man ließ ihn dort nicht lang im Stich,

die aufrecht kämpften, schützten ihn –

es fehlte nicht an scharfen attaques.

 Nun kam der König von Pont Tortois

und wurde hier vor Kanvolais

vom Pferd gestoßen, auf die Hufspur –

so, daß er dort liegenblieb.

Die Tat des stolzen Gahmuret!

»Pack ihn, Herr, so pack ihn, pack!«

Sie waren ganz vom Kampf gepackt …

Nun schnappten die von Pont Tortois

seinen Vetter Kaylet –

die Gangart wurde sehr viel rauher.

Als Brandelidelin, der König,

geschnappt war, aus dem Trupp heraus,

da fing der einen andren König.

Edle Ritter gingen, liefen

dort in ihrem Eisenzeug:

Ihr Fell, das ward alaunisiert

mit Hufen und mit Keulen –

das gab denn blaue Beulen.

Und die Blüte dieser Ritter

erhielt hier contusions.

 Ich sag es nicht, um auszuschmücken:

Ruhe war dort nicht gefragt,

die Edlen trieb die Liebe an.

Und viele bunte Schilde

und viele schön geschmückte Helme

wurden da von Staub bedeckt.

Die Ebene war teils beblümt,

teils gab es hier ganz kurzes Gras –

die hohen Herren fielen drauf,

mit allem Recht auf diese Ehre.

Ich kann die Fallsucht gut verstehn –

solang ich auf dem Fohlen sitz …!

 

Die in der Stadt vertrieben kraftvoll

die draußen, in das offne Feld.

In diesem Vorspiel: Kampf genug!

Es ließ sich als Turnier bewerten:

Lanzen-Kleinholz gab es reichlich!

Nun packte Llewelyn die Wut:

»Sind wir wirklich so blamiert?!

Der mit dem Anker ist dran schuld!

Noch heute: einer von uns wird

den andren betten, wo’s nicht weich ist.

Die haben uns ja fast besiegt!«

Sie griffen an und schufen Raum –

vorbei war’s mit dem Kinderspiel!

Sie hantierten wild drauflos,

das kostete den Wald viel Holz!

Und beiden wurde eines knapp:

»Ihr Herren, hier sind Lanzen, Lanzen!«

Jedoch erlebte Llewelyn

eine böse Niederlage;

ihn stieß der König von Sasamanc

hinters Roß, im Abstand einer Lanze –

mit Spitze, Tülle, Bambusschaft;

sein Ehrenwort, das las er auf …

Ich fände Birnensammeln leichter

als, vor ihm, dies Ritterplumpsen …!

Die in seiner Angriffsrichtung

zahlreich standen, riefen aus:

»Der Anker kommt, o Schreck, o Graus!«

 Ein Fürst aus dem Hause Anjou

galoppierte auf ihn zu;

seine Herrin war der Schmerz.

Herumgekehrt trug er den Schild –

er mußte das aus Trauer tun.