Penny - Thomas Brezina - E-Book
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Penny E-Book

Thomas Brezina

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Beschreibung

Penny ist zurück! Und steht vor einer Entscheidung, die ihr Leben für immer verändern könnte. Die lang ersehnte Fortsetzung der beliebten Kultreihe »Sieben Pfoten für Penny«. Denn manche Geschichten enden nie. Penny lebt als Tierärztin in England. Da erreicht sie ein Brief: Sie soll sich um die Tochter ihrer verstorbenen Freundin kümmern. Die Reise nach Salzburg bringt alte Erinnerungen zurück. Und konfrontiert sie mit der Frage, was im Leben wirklich zählt. Ein Roman über Freundschaft, Verantwortung und den Mut, sich selbst neu zu begegnen.

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Seitenzahl: 359

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Thomas Brezina:Penny

Alle Rechte vorbehalten© 2025 edition a, Wienwww.edition-a.at

Cover: Bernd ErtlIllustrationen: Pablo TambuscioSatz: Bastian Welzer

Das Cover wurde mithilfe von KI-Tools bearbeitet.

Gesetzt in der BenneGedruckt in Deutschland

1   2   3   4   5   —   28   27   26   25

ISBN: 978-3-99001-830-9

eISBN: 978-3-99001-831-6

THOMAS BREZINA

Penny

Sieben Pfotenfür ein neues Leben

Ein Buch, das ich denwunderbaren Vierbeinern widme,die mich durchs Leben begleitet habenund begleiten.Ganz besondersPutzi (= Milli)Daffi (= Bello Bond)Joppyund der kleinen Jippy

Happy birthday!

Viel Spaß mit dieser Sofortbild-Kamera.Die hast du dir doch gewünscht.

Alles Gute zum 15. Geburtstag,liebe Penny.

Deine ganze Familie

(Wir sind schonauf die Fotos gespannt!)

Papa im Einsatz.

Mama hat alles im Griff und den Durchblick.

Kolumbus’ neuer Lieblingssport: Dauerduschen. Und Verabredungsmarathon.

Romeo kann das Schlimmste ausfressen und bleibt trotzdem ein Unschuldsengel.

Bester Haushälter aller Zeiten.

Robin hebt gern das Telefon ab. Und hechelt in den Hörer.

Milli kennt 1000 Tricks, um Futter zu klauen.

Elvis ist einfach Elvis. Ich mag ihn sehr …

Ich an einem richtig tollen Tag!

Inhalt

20 JAHRE SPÄTER

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Nachwort

20 JAHRE SPÄTER

Immer wieder hat mein Leben innerhalb von Sekunden eine völlig andere Richtung genommen. Es ist eine große Herausforderung, nicht aus der Kurve zu fliegen …

aus Pennys Tagebuch

1

»Schau mich bitte nicht so an, mein Süßer!« Penny tat sich schwer, den treuherzigen Augen zu widerstehen, aber es musste sein. »Komm, mein Schatz, es ist nur ein wenig Wasser.«

Ihr »Schatz« gab verzweifelte und schrille Laute von sich, die ihr durch Mark und Bein gingen. Ein unbeteiligter Zuhörer hätte meinen können, Penny täte diesem armen Wesen etwas Schreckliches an.

Einer, der so dachte, war Mark, ihr Putzmann. Voller Sorge stürzte er ins Badezimmer. »Ist was passiert?«, fragte er atemlos.

»Nur das übliche Theater meines Helden.« Penny, die auf der Badewannenkante saß, griff nach der Handbrause. Sofort gingen die spitzen Schreie wieder los.

»Bitte, Tuck, ganz ruhig«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Es muss sein. Du stinkst.«

Eine kurze Gitarrenmelodie ertönte, der Rufton eines Handys. »Mark, kannst du bitte nachsehen, wer das ist?« Penny deutete mit dem Kopf zur Ablage.

Mark griff nach dem Handy und wollte das Gespräch annehmen. »Keiner dran«, stellte er verwundert fest und zeigte Penny die dunkle Anzeige.

»Das ist das Praxis-Handy. Mein Privates liegt neben dem Zahnputzbecher.«

Mark fand es und warf einen Blick darauf. »Londoner Nummer.«

»Heb ab.«

Mark zupfte sein Tanktop zurecht, als könnte ihn der Anrufer sehen. Er putzte immer halb nackt und in Shorts. Mit ernster Miene nahm er das Gespräch an und meldete sich betont sachlich. »Guten Tag, hier spricht Mark, Pennys persönlicher Assistent. Was kann ich für Sie tun?«

Penny musste sich das Lachen verkneifen. Sie beobachtete Marks Gesichtsausdruck, der von ernst zu verwundert wechselte. Schließlich bat er den Anrufer, dranzubleiben, und schaltete das Mikrofon stumm. »Ein Anwalt. Er will mit Misses Moosburger sprechen.«

»Moosburger?«, fragte Penny. »Hat er das so gesagt?«

»Ja. Er hat wohl die falsche Nummer gewählt.« Mark schaltete das Mikro wieder ein und setzte an, den Anrufer abzuwimmeln.

»Nicht«, zischte Penny. »Das bin ich.«

Mark legte den Kopf schief. »Seit wann? Du heißt doch Harrington.«

»Halt mir das Handy ans Ohr«, bat Penny, die beide Hände voll hatte.

Aber Mark rührte sich nicht. Stattdessen grinste er schelmisch. »Sag bloß, du verwendest einen Decknamen.«

Penny verdrehte die Augen. »Dir geht die Fantasie durch. Moosburger war mein Name, bevor ich geheiratet habe.«

»Was?« Ungläubig schüttelte Mark den Kopf. »Wer nimmt in dieser Zeit den Namen seines Mannes an?«

»Ich. Und jetzt gib mir das Handy.«

Mit einem Schulterzucken erfüllte Mark ihr den Wunsch. Penny beugte den Kopf zum Handy. »Hallo, können Sie mir bitte noch einmal sagen, wen Sie suchen?«

Die Stimme am anderen Ende klang geschäftlich. »Misses Penelope Moosburger.«

»Das bin ich. Das heißt, das war ich. Heute ist mein Name Penelope Harrington. Aber alle nennen mich Penny.«

Ohne auf ihre Worte einzugehen, fuhr der Anrufer fort. »Mein Name ist Percival Wetherby von Wetherby and Partners. Wir vertreten eine Klientin, die mich gebeten hat, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen.«

In Penny meldete sich Argwohn. Sie sagte erst mal nichts.

»Meine Klientin möchte mit Ihnen ein persönliches Gespräch führen«, fuhr der Anwalt fort. »Sie verlangt, dass Sie vorher in unsere Kanzlei kommen.«

»Wozu?«, fragte Penny skeptisch.

»Ich habe einige Fragen an Sie, die ich Ihnen persönlich stellen muss. Und Sie müssen ein NDA unterschreiben.«

»Ein was?«

»Ein Non-Disclosure-Agreement. Die schriftliche Bestätigung, dass Sie über alles Stillschweigen bewahren, was wir besprechen. Die Vereinbarung ist rechtsverbindlich.«

Penny gefiel der Tonfall des Anwalts nicht. Er redete überheblich. Als hätte er es mit jemandem zu tun, der schwer von Begriff war. Aber sie blieb ruhig. Sie wollte der Sache auf den Grund gehen. »Können Sie nicht andeuten, worum es sich handelt?«

»Nein.«

Was sollte das? Und warum sprach der Anwalt sie mit ihrem alten Namen an? »Wenn Sie nicht wussten, wie ich verheiratet heiße, wie sind Sie zu dieser Telefonnummer gekommen?«, fragte sie.

»Ich hatte einige Anhaltspunkte, wo ich Sie finden könnte, und bei unsere Suche nach Ihnen hat man mir diese Nummer gegeben.«

»Wer hat sie Ihnen gegeben?«, hakte Penny nach.

»Ihre Eltern.«

Das hätten sie ihr auch sagen können, dachte Penny. Schließlich traf sie eine Entscheidung. »Wenn Sie mir nicht verraten wollen, worum es geht, komme ich nicht extra nach London.«

Percival Wetherby brachte nichts aus der Ruhe. »Wir können ein Treffen bei Ihnen vereinbaren, wenn Ihnen das lieber ist.«

»Nur wenn ich die näheren Umstände kenne.« Penny blieb hart.

Eine Pause trat ein. Der Anwalt atmete tief durch. »Ich werde Rücksprache mit meiner Klientin halten.«

»Tun Sie das.« Die Neugier machte Penny unruhig, aber das wollte sie sich unter keinen Umständen anmerken lassen. »Ich muss weitermachen.«

»Sie hören von mir«, sagte Wetherby und legte auf.

Erst jetzt fühlte Penny die Verspannung im Nacken, weil sie das Ohr die ganze Zeit an das Handy in Marks Hand gepresst hatte. Er wedelte damit vor ihrem Gesicht herum. »War’s das? Oder soll ich jemanden für dich anrufen? Du befiehlst, ich befolge.«

Penny lächelte ihn dankbar an. Mark war eine Seele von einem Menschen. »Wenn du schon da bist, hilf mir bitte mit Tuck.«

Begeistert riss sich Mark das Tanktop vom Leib und kniete sich neben Penny. »So, mein tapferer Held«, raunte er Tuck ins Ohr, »jetzt lässt du dich mit dem duftenden Hundeshampoo waschen. Vorher kommst du hier nämlich nicht raus.« Mark holte aus der Tasche seiner Shorts die kleinen Hundekuchen, nach denen Tuck verrückt war. »Die gibt es als Belohnung«, versprach er.

Gehorsam senkte Tuck den Kopf. Er hatte sich auf einer nahen Weide in Schafsmist und etwas klebrig Grünem gewälzt, das atemberaubend stank. Sein lockiges Fell war verdreckt. Da half nur noch eine Dusche.

Als Penny zur Handbrause griff und das Wasser aufdrehte, bäumte sich Tuck auf wie ein scheuendes Pferd. Er war kräftig und groß und machte Anstalten, aus der Wanne zu springen.

Penny verlor die Nerven. »Jetzt halt endlich still!«, schrie sie ihn an. Tuck erstarrte, zog den Schwanz ein und winselte jämmerlich. Sofort tat Penny ihr Ausbruch leid. »War nicht so gemeint«, sagte sie mit sanfter Stimme.

»Lass mich das machen«, bot Mark an.

»Danke.« Penny erhob sich. »Ich bin heute ein bisschen angespannt.«

»Ich weiß«, sagte Mark. »Entspann dich, wir zwei schaffen das schon. Draußen bleiben und nicht reinschauen«, rief er ihr nach.

Damit hatte er Pennys Neugier geweckt. Sie ließ die Badezimmertür einen kleinen Spalt offen, um Mark und Tuck zu beobachten. Typisch Mark. Penny musste schmunzeln. Der Putzmann zog sich splitternackt aus und stieg zu ihrem Hund in die Wanne. »Gemeinsam macht es mehr Spaß«, sang er.

Penny konnte ihrem Bernedoodle nie böse sein. Der Mischling aus Berner Sennenhund und Pudel hatte sie mit seinem treuherzigen Blick fest im Griff. Wenn er sich neben sie setzte und ihr die weiße Vorderpfote aufs Knie legte, unterbrach sie jede Arbeit, um ihn hinter den Ohren zu kraulen, was er besonders liebte.

Von Mark ließ sich der Bernedoodle nass machen, mit dem milden Hundeshampoo einreiben und abbrausen. Als der Putzmann aber nach einem Handtuch griff, schüttelte sich Tuck, bevor er ihn zurückhalten konnte. Ein Sprühregen ging im Badezimmer nieder.

Sie schloss die Tür und lauschte kurz. Von drinnen kam kein Schimpfen, sondern übermütiges Gelächter. Wenn er auch manchmal Sachen zerbrach und das eine oder andere zu putzen vergaß, war Penny jeden Tag für Marks lebensfrohe Art dankbar. Er füllte das Haus mit guter Laune. Die konnte sie besonders jetzt gebrauchen, wo ihr Leben aus vielen Fragezeichen bestand.

Penny holte ihre Schultertasche und wollte das Haus durch den Gartenausgang des Wohnzimmers verlassen. Im Vorbeigehen fiel ihr Blick auf die Fotos in Silberrahmen, die das Kaminsims zierten. Eines zeigte Robin, den wunderbaren Berner Sennenhund, der sie durch ihre Teenager-Jahre begleitet hatte. Er saß vor der Hammerschmiede von Pennys Eltern, aufgeregt hechelnd und mit einem Gesichtsausdruck, als würde er grinsen.

Penny hatte lange gebraucht, bis sie den Abschied von Robin überwunden hatte. Robin war zwölf Jahre alt geworden, ein hohes Alter für seine Rasse.

Ein bisschen von Robin lebte in Tuck weiter. Er war nämlich sein Urenkel, der von Salzburg mit ihr nach England gekommen war. Er hatte viele seiner guten Eigenschaften geerbt und durch die Mischung mit einem Pudel hatte er eine wesentlich höhere Lebenserwartung. Manchmal, wenn er sie ansah, war es, als hätte Robin nie aufgehört, sie zu begleiten.

Penny warf einen Blick auf die Uhr ihres Handys. Sie wollte unter keinen Umständen zu spät kommen.

»Ich muss los!«, rief sie.

Mark, mittlerweile wieder angezogen, kam ins Wohnzimmer und verabschiedete sich von ihr. Tuck, noch immer feucht, rieb sich mit dem ganzen Körper an ihren Hosenbeinen und warf sie dabei fast um. Er fühlte ihre Unruhe und wollte ihr auf seine Art Mut machen.

»Bis bald, mein Süßer«, sagte sie und streichelte ihm über den wuscheligen Kopf. Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr: »In ein paar Stunden wissen wir mehr.«

2

Die Sonne der ersten Maitage schien bereits kräftig, aber der Wind vom Meer blies weiterhin kalt. Penny schloss den Reißverschluss ihrer Windjacke, rückte die Schirmkappe zurecht und setzte sich Sonnenbrillen auf. Sie schob ihr Fahrrad auf die Straße, schwang sich auf den Sattel und trat in die Pedale.

Über ihr kreisten zwei Möwen mit lautem Gekreisch. Ein vertrautes Geräusch am Meer. Das Schutzblech ihres Fahrrads klapperte, wie immer, wenn Penny über das Kopfsteinpflaster der Church Lane fuhr. Aus der Dorfbäckerei zu ihrer Linken strömte der Duft von Zimt, aus dem Pub mit dem klingenden Namen Hope and Glory dröhnte Gelächter, obwohl es erst zehn Uhr vormittags war.

Als sie auf den Marktplatz einbog, sah sie Gertrud Fenwick, die Käse einkaufte. Sie stand an einem Anhänger mit offener Verkaufsklappe und gustierte unter den vielen verschiedenen Sorten. Da Penny noch ein wenig Zeit hatte, hielt sie an und schob das Rad zu ihr.

»Hallo, Gertrud, lange nicht gesehen.«

Gertrud Fenwick war so alt wie Penny und trug den Spitznamen Püppchen. Sie wirkte zart und setzte gern ihren mädchenhaften Augenaufschlag ein. Gertrud leitete ein Heim für Katzen und Hunde, das die Harringtons tierärztlich betreuten.

»Ach, Penny.« Gertrud nickte ihr kurz zu und widmete sich wieder den Käsen. »Das einzige Vergnügen, das ich mir gönne«, sagte sie zum Käsehändler.

»Oui, oui, Madame.« Der französische Akzent des Mannes klang in Pennys Ohren aufgesetzt. Wahrscheinlich wollte er damit seine Käse-Kompetenz unterstreichen.

»Wie geht’s dir, Gertrud?«, erkundigte sich Penny.

Umständlich kramte die Frau in ihrem Portemonnaie und zählte Münzen auf den Münzteller. Hatte sie Pennys Frage nicht gehört?

»Zwei Kostproben bekommen Sie heute noch«, verkündete der Käsehändler großzügig. Gertrud studierte jedes Schild einzeln. Penny hatte das Gefühl, sie wolle Zeit schinden. Endlich nahm sie den Papiersack entgegen, der ihr über die Theke gereicht wurde. Sie drehte sich von Penny weg und ging los.

Etwas stimmte nicht, das war unübersehbar. Penny lehnte ihr Fahrrad an den Käsewagen und lief ihr nach. »Gertrud, warte.«

Widerwillig blieb die Leiterin des Tierheims stehen und wandte sich um. Ihr Gesichtsausdruck erinnerte an ein Mädchen, dem ihre Eltern auf die Nerven gingen.

Penny hob fragend beide Hände. »Kann es sein, dass du mir ausweichst? Ist etwas zwischen uns?«

Langsam schüttelte Gertrud den Kopf. »Nein, nein. Ich bin nur in Eile. Ich erwarte in einer halben Stunde ein Ehepaar, das hoffentlich einen Hund nimmt.«

»Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«, hakte Penny nach.

»Jetzt ist aber genug.« Gertrud verzog gequält das Gesicht. »Oder soll das ein Verhör werden?«

»Natürlich nicht. Vielleicht schaffe ich es in den nächsten Tagen, bei dir vorbeizukommen. Wir haben schon so lange nicht mehr miteinander gesprochen. Ich möchte gern deine Schützlinge sehen. Vielleicht kann ich einen Hund oder eine Katze in der Praxis vermitteln.«

»Ich habe wenig Zeit«, wehrte Gertrud Pennys Selbsteinladung ab. »Komm unter keinen Umständen unangemeldet. Das kann ich nicht leiden.«

»Ich melde mich vorher«, versprach Penny. Gertrud schenkte ihr ein gekünsteltes Lächeln und ging davon.

Penny sah ihr nach. Gertrud verheimlichte ihr etwas, aber Penny hatte keine Idee, was das sein könnte. Die Begegnung hatte sie so abgelenkt, dass sie bei dem Blick auf ihre Uhr zusammenzuckte. Sie musste sich beeilen! Unter keinen Umständen durfte sie ihren Zug versäumen.

Die Straße zum Bahnhofsgebäude stieg leicht an. Zu beiden Seiten reihten sich alte viktorianische Fischerhäuser, weiß gekalkt oder in verblassten Pastelltönen gestrichen – salbeigrün, taubenblau, ziegelrosa. Über den Haustüren hingen Schilder aus Holz oder Emaille mit Namen wie Rosemary Rooms, Seabreeze Stay oder The Gull’s Nest. Es waren alles B&Bs, Frühstückspensionen für Touristen, die in den Sommermonaten hier Erholung suchten.

Nachdem sie ihr Fahrrad mit dem Sicherheitsring am Fahrradständer festgemacht hatte, drehte sich Penny um. Auch nach fünf Jahren liebte sie den Blick zum Meer noch so sehr wie am ersten Tag.

Sie hatte sich ihr Ticket per App besorgt und sah nach, von welchem Bahnsteig ihr Zug abfuhr. Die Auswahl bestand nur zwischen Bahnsteig eins und zwei. Es war zwei. Der Zug war, fast wie erwartet, acht Minuten verspätet.

Ihr Handy spielte die Melodie von Edelweiß. In England liebten alle das Musical, besonders den Edelweiß-Song, der aber nur erklang, wenn jemand aus ihrer Familie anrief. Diesmal war es ihre Mutter.

»Hallo, Mama«, meldete sich Penny. »Ich wollte dich heute auch schon anrufen.«

»Aus einem bestimmten Grund?«, fragte ihre Mutter besorgt.

»Ein Londoner Anwalt hat sich bei euch gemeldet und ihr habt ihm meine Handynummer gegeben. Erinnerst du dich?«

»Ja, das war gestern. Matthias hat mir davon erzählt. Hätte er ihm die Nummer nicht geben sollen? Matthias meinte, er klang seriös und hat von einer wichtigen Angelegenheit gesprochen, bei der jemand deine Hilfe braucht.«

Das klang noch mysteriöser als das Gespräch, das Penny mit Wetherby geführt hatte. »Hat er sonst noch was gesagt?«

»Da musst du Matthias fragen. Hat er dich also erreicht?« Der besorgte mütterliche Unterton wuchs mit jedem Wort.

»Ja, ich soll in seine Kanzlei nach London kommen. Aber das tue ich nur, wenn er mir Näheres sagt. Offenbar darf er nicht verraten, worum es geht.«

»Eigenartig.« Frau Moosburger wechselte das Thema. »Penny, ich rufe dich an wegen dem Samstag in zwei Wochen. Kannst du nach Hause kommen? Bitte, sag Ja.«

»Was gibt es so Wichtiges?«, wollte Penny wissen.

Ihre Mutter seufzte. »Nur den dreißigsten Geburtstag deines Bruders Romeo, den wir verschwitzt haben. Du weißt, Papa und ich, wir sind so schlecht, wenn es um Geburtstage und Jubiläen geht.«

Ja, das wusste Penny. Ihre Eltern waren aus allen Wolken gefallen, als ihnen von ihren Trauzeugen zu ihrem vierzigsten Hochzeitstag, ihrer Rubinhochzeit, gratuliert wurde. Sie hatten sowohl das Datum ihres Hochzeitstags vergessen als auch die Anzahl ihrer Ehejahre.

»Warte, ich schau in den Kalender, ob ich Bereitschaftsdienst habe«, sagte sie und tippte auf dem Smartphone. »Nein, ich wäre frei, aber ich weiß nicht, was Alex vorhat.«

»Wenn er keine Zeit hat, komm trotzdem, bitte«, sagte ihre Mutter. »Romeo wünscht sich nur, dass wir ihn alle bei diesem Poetry … wie heißt das? Du weißt es sicher.«

»Meinst du Poetry Slam?«

»Richtig, das ist es. Er tritt auf und will uns im Publikum, als Unterstützung.« Ihre Mutter holte hörbar Luft und sprach dann langsam weiter. »Ich flehe dich an, komm. Romeo will dich unbedingt dabeihaben. Kolumbus hat schon zugesagt. Alle sechs kommen. Kolumbus, Caroline, Ben und Emily, Patrizia und Lorena auch.«

Ben und Emily waren Pennys Neffe und Nichte, Patrizia und Lorena waren ehemalige Freundinnen ihres großen Bruders, mit denen er immer noch freundschaftlich verbunden war. Seine Frau Caroline schien nichts dagegen zu haben. Sie gingen bei der Familie ein und aus.

»Ich tu mein Bestes, Mama«, versprach Penny. Sie hatte heute andere Sorgen.

»Ach, und Penny …« Ihre Mutter zögerte.

Penny horchte auf. Sie kannte ihre Mutter gut und spürte sofort, wenn sie etwas auf dem Herzen hatte. »Ja, Mama?«, fragte sie vorsichtig, damit ihre Mutter weitersprach.

»Jetzt ist es mir entfallen.«

Das glaubte Penny ihr nicht. Sie machte einen Rückzieher. Dabei hatte sie geklungen, als wäre es wichtig.

»Mama, was wolltest du sagen?«, forschte Penny nach. Sie kannte ihre Mutter. Normalerweise zögerte sie nicht. Was wollte sie Penny nicht verraten?

»Nicht heute, es hat Zeit«, wich ihre Mutter aus. »Ich muss jetzt los. Ich habe an der Uni einen Vortrag. Umarmung, Penny.«

»Grüß Papa«, trug ihr Penny noch auf, ehe sie auflegte.

3

Der Zug fuhr ein und die Türen öffneten sich zischend. Penny wählte den vordersten Waggon.

»Sechs Minuten Aufenthalt«, meldete eine Stimme aus dem Lautsprecher am Bahnsteig.

Sie setzte sich ans Fenster und sah hinaus. Auf dem Bahnsteig waren Plakate angebracht, die für die neuesten Musicals in London warben. The Great Gatsby, las Penny. War das nicht ein Buch? Eine vage Erinnerung aus der Schulzeit stieg in ihr auf.

Ihre Gedanken kreisten an diesem Tag immer wieder um dieselbe Frage: Würde Alex den Termin einhalten? Zweimal schon war er nicht erschienen, jedes Mal mit fadenscheinigen Ausreden. Einmal war sein Auto aus unerklärlichen Gründen stehen geblieben, das andere Mal hatte er seine Arzttasche auf einer Farm vergessen und musste umdrehen, um sie zu holen. Er hatte ihr geschworen, diesmal wirklich zu kommen.

Aus Pennys Tasche drangen Gitarrenklänge. Sie kramte ihr Handy heraus und warf einen Blick auf die Anzeige. Als sie den Namen sah, hob sie sofort ab. »Jeremy?«

»Penny, du musst bitte sofort kommen.« Der Anrufer japste beim Sprechen, als bekäme er nicht genug Luft.

»Ich kann jetzt nicht. Ich sitze im Zug. Was ist geschehen?«

Jeremy war außer Atem. »Ich habe sie am Strand gefunden. Bei Barrel Cove. Sie ist verletzt. Sie blutet. Und sie ist völlig erschöpft.«

Penny wusste sofort, von wem Jeremy sprach. »Wie hat sie sich verletzt?«

»Sie hat sich in einem Netz verfangen. Die Plastikschnüre haben sich tief eingeschnitten. Ich trau mich nicht, etwas zu tun. Sie soll nicht noch mehr Schmerzen leiden.«

Penny sprang auf. Keine Frage. Sie musste zurück. Mit großen Schritten eilte sie auf den Ausgang zu.

»Achtung, Gleis zwei, Zug fährt ab«, hörte sie hinter sich die Lautsprecherdurchsage.

»Ich muss in die Klinik und mir meine Sachen holen, dann komme ich sofort«, versprach sie.

»Was soll ich tun, bis du da bist?«

Das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, öffnete Penny den Absperrreifen ihres Fahrrades. »Hast du irgendetwas, mit dem du ihren Kopf zudecken kannst? Nur den Kopf.«

Nach kurzem Nachdenken sagte Jeremy: »Ich kann ein Handtuch holen, reicht das?«

»Sehr gut. Bleib in der Nähe und pass auf, dass niemand zu ihr geht. Sie hat Angst und kann beißen. Es darf unter keinen Umständen ein Hund an ihr schnuppern. Das könnte blutig enden.«

»Du weißt, du kannst dich auf mich verlassen.«

Ja, das wusste Penny. Jeremy, ein ehemaliger Seemann, der auf Transportschiffen die Welt bereist hatte, war selbst ernannter Küstenwächter und Tierschützer und hatte schon einige Tiere gerettet. Mit seinen mehr als achtzig Jahren war er fitter und energievoller als viele Menschen, die halb so alt waren wie er.

Bergab ging die Fahrt schneller. Die Praxis, die Penny mit ihrem Mann betrieb, lag am Rand von Porthgarren, einem Küstendorf in der britischen Grafschaft Cornwall im Südwesten Englands. Es war ein ehemaliges Fischerhaus, gebaut aus groben, graublauen Natursteinen, die der Salzluft seit mehr als hundert Jahren trotzten.

Penny legte ihr Fahrrad einfach auf den Boden. Während sie auf die grün gestrichene Holztür zueilte, kramte sie in ihrer Tasche nach den Schlüsseln.

»Frau Doktor?«

Mit einem erschrockenen Aufschrei blieb Penny stehen. Sie hatte die Frau nicht bemerkt, die auf der Bank neben dem Haus gewartet hatte. Penny erkannte die zarte alte Dame mit dem rosigen Teint und dem dicken grauen Zopf. Es war die Besitzerin von William, dem ältesten Graupapagei, der ihr jemals begegnet war.

»Misses Penrose, wir haben heute erst am Nachmittag geöffnet.«

»Dot, nennen Sie mich bitte Dot.« Misses Penrose wirkte ängstlich, als könnte jeden Moment etwas auf sie herabfallen.

»Dot, ist es dringend?«

»Können Sie am Heimweg bei mir vorbeikommen? Bitte. William ist depressiv. Ich mache mir Sorgen.«

Dot Penrose und William wurden von Alex betreut, der sich bei Papageien besser auskannte. Deshalb überraschte es Penny, dass Dot einen Besuch von ihr wünschte. Entschuldigend sagte sie: »Ich bin im Augenblick sehr in Eile. Eine verletzte Robbe ist am Strand gefunden worden.«

»Aber später, am Abend, können Sie da zu mir kommen?«

Penny kämpfte mit dem Türschloss, das wieder einmal klemmte. »Ich werde es Alex ausrichten.«

»Nein, bitte, Sie müssen selbst kommen.«

»Aber Alex ist wirklich der Experte«, versicherte ihr Penny, die es endlich schaffte, die Tür zu öffnen. Der Raum dahinter war weiß gekalkt und mit verschiedenen Sitzgelegenheiten eingerichtet. Kein Stuhl glich dem anderen.

Auf der linken Seite führte eine Tür in den Ordinationsraum von Alex, Pennys Behandlungsraum lag rechts. Sie lief hinein und holte ihre Notfalltasche aus dem Schrank. Es war ein altes Stück, aus gewachstem Leinen mit Ledergriff, das schon ihr Vater benutzt hatte. Von ihm hatte sie die Tasche vor fünf Jahren zur Einweihung der Praxis geschenkt bekommen. Sie holte eine Metallhakenzange zum Entfernen der Netzreste aus einer Lade und Ampullen aus einer anderen.

Als sie den Raum verlassen wollte, wäre sie fast mit Dot Penrose zusammengestoßen, die in der Tür stand und ihr den Weg verstellte. Penny ermahnte sich, geduldig und freundlich zu bleiben. »Ich muss jetzt zum Strand. Ich bitte um Ihr Verständnis.«

Dot sah sie flehend an. »Aber am Abend …?«

Um sie zu beruhigen und loszuwerden, versprach Penny, bei ihr vorbeizuschauen. Dot atmete erleichtert durch.

Penny hängte sich den Tragriemen der Tasche quer über die Brust und radelte los. Die schmale Straße führte in mehreren Serpentinen hinunter zum Meer. Ein Schranken versperrte am Ende die Weiterfahrt.

Der Wind hatte aufgefrischt. Der Geruch von Fisch und Salz lag in der Luft. Die Wellen rollten wuchtig über den Strand und zogen sich schäumend und gluckernd wieder zurück.

Das Gehen im Sand war mühsam, da Penny bei jedem Schritt einsank. Sie konnte Jeremy schon von Weitem sehen. Er winkte mit beiden Armen und sie winkte zurück.

Zum Glück war sonst niemand um diese Zeit hier unterwegs. Penny konnte kein Publikum gebrauchen, das Kommentare zu ihrer Arbeit abgab.

Der Wind hatte Jeremys grauen Haarschopf zerzaust. Den Kragen seiner wasserfesten Jacke hatte er aufgestellt, die Hände in die Taschen gesteckt.

»In der nächsten Bucht liegt sie«, rief er Penny entgegen. »Soll ich mitkommen?«

»Ja, wäre gut«, sagte Penny, die Mühe hatte, gegen den Wind anzukämpfen. Die Böen wurden immer heftiger.

Nach vorne gebeugt, das Gesicht zu Boden gerichtet, damit ihr kein Sand in die Augen wehte, folgte sie Jeremy zum Fundort, der hinter einem Felsvorsprung lag. Über ihnen ragten die graugelben Felsen auf.

Die Robbe war, der Größe nach zu urteilen, recht jung. Sie bewegte sich nicht, das alte graue Handtuch bedeckte ihren Kopf. Jeremy hatte es auf beiden Seiten mit Steinen beschwert, damit der Wind es nicht forttragen konnte.

»Gut gemacht, Jeremy.« Penny nickte ihm zu und näherte sich langsam dem Tier. Die Robbe lag halb auf der Seite, der Hals und ein Teil des Körpers eingeschnürt von einem graublauen Kunststoffnetz. Blut rann aus Schnitten, die ihr die Schnüre zugefügt hatten. Die Flanken der Robbe hoben sich stoßweise.

»Schau auf die Uhr und sag mir, wann dreißig Sekunden vorbei sind«, trug Penny Jeremy auf. Sie zählte die Atemzüge der Robbe. Es waren sieben in einer halben Minute, normal wären zwei bis drei gewesen. Die Robbe stand unter großem Stress.

Penny ging in die Hocke und rückte noch näher an das verletzte Tier heran. Behutsam legte sie ihre Tasche ab, holte ein Paar Arbeitshandschuhe heraus und zog sie an. Als Nächstes hob sie vorsichtig eine Seite des Handtuchs.

Sie sah in zwei matte, dunkle Augen. Das dritte Augenlid, die Nickhaut, war geschlossen, ein Zeichen von Erschöpfung. Penny schätzte das Alter der Robbe auf zwei Jahre.

»Kannst du sie retten?«, wollte Jeremy wissen.

»Sie hat Glück gehabt. Sie hat sich im Netz nicht zu stark gedreht. Dabei hätte sie sich erwürgen können. Die Wunden sehen schlimm aus, scheinen aber nicht zu tief.«

Aus einem Fach ihrer Arzttasche nahm Penny eine kleine Ampulle, deren Inhalt sie mit einer Spritze aufzog. »Ein leichtes Beruhigungsmittel, damit sie nicht weiterkämpft, wenn ich das Netz löse«, erklärte sie Jeremy.

Sie injizierte das Mittel in die Vorderflosse und wartete eine Minute. Mit einer Schere mit abgerundeten Spitzen schnitt sie das Netz an einigen Stellen auf. Die Kunststoffschnüre waren wie Draht. Einige Teile ließen sich mit der Zange entfernen, aber andere waren bereits eingewachsen. Die Robbe trug das Netz schon längere Zeit mit sich.

Vorsichtig erhob sich Penny. »Sie muss in die Klinik, dort kann der Rest entfernt werden.«

»Kannst du das bei euch tun?«, fragte Jeremy.

Penny erschrak bei dem Wort »euch«.

»Wie spät ist es?«

»12.20 Uhr.«

Um 13 Uhr war der Termin, den Penny unter keinen Umständen absagen konnte. Sie musste es schaffen. Mit dem Zug war es unmöglich, sie würde ein Taxi nehmen, von denen es nur zwei in Porthgarren gab. Hoffentlich waren sie an diesem Nachmittag nicht besetzt …

»Am besten kann die Robbe im Wildlife Center betreut werden«, erklärte Penny.

»Soll ich dort anrufen?«, bot Jeremy an.

»Nein, du rufst bei Taxi-Ruth an. Ich brauche ein Taxi. Dringend. Sie soll mich am besten beim Schranken abholen.«

Jeremy sah Penny entgeistert an. »Du lässt die Robbe allein?«

»Ich versorge sie so weit, dass sie transportfähig ist. Ich gebe ihr ein Schmerzmittel. Und ein Antibiotikum, zur Sicherheit. Die leeren Ampullen gibst du denen mit, die vom Center kommen, damit man dort weiß, was die Robbe von mir bekommen hat. Und jetzt ruf bitte Ruth an.«

Während Penny sich um die Robbe kümmerte, hörte sie Jeremy hinter sich telefonieren. Der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören, als er Ruth erklärte, dass Penny ihn mit einer verletzten Robbe allein ließ, weil sie irgendwohin musste. Allerdings war Penny nicht gewillt, ihm den Grund für ihren dringenden Termin zu nennen. In Porthgarren wurde viel getratscht und darauf konnte Penny verzichten.

»Ruth kommt selbst. In zehn Minuten ist sie da.« Jeremy deutete auf das Tier im Sand, das sich mittlerweile etwas beruhigt hatte. »Und du meinst, sie kann wirklich so hier liegen bleiben?«

Penny überlegte fieberhaft, ob sie auch sicher nichts vergessen hatte. Ihr fiel beim besten Willen nichts mehr ein, was sie im Augenblick hätte tun können. »Natürlich musst du sie weiter bewachen«, trug sie Jeremy auf. »Ich sage im Wildlife Center, dass sie mindestens zu zweit kommen sollen. Ich schätze, die Robbe wiegt sechzig Kilogramm. Mit einem Tragetuch kann sie zum Wagen getragen werden.«

Der alte Mann fuhr sich mit der Hand über die weißen Bartstoppeln. »Dann lauf jetzt los. Es scheint etwas Wichtiges zu sein, wenn du es so eilig hast.«

»Halte mich auf dem Laufenden«, bat ihn Penny.

»Du kannst dich auf mich verlassen!«

Wer darf ich sein?

Darf ich die Frau sein, die ich tief drinnen bin? Darf ich helfen, so wie ich das immer wollte? Darf ich mich danach tief zufrieden fühlen? Darf ich gern für Tiere und Menschen da sein? Darf ich Freude haben, wenn ich etwas für sie, ihr Leben, ihre Gesundheit, tun kann? Darf ich zu meiner Verantwortung stehen?

Bin ich nicht fähig, eine tiefe Beziehung mit meinem Mann zu leben, weil ich mir die Erlaubnis gebe, ich selbst zu sein?

aus Pennys Tagebuch

4

Auf der Fahrt telefonierte Penny mit Moira Penn, der ehrenamtlichen Leiterin des Wildlife Centers. Die ehemalige Tierpflegerin arbeitete seit vielen Jahren im Center, das ausschließlich durch Spendengelder finanziert wurde.

»Ich verstehe«, war Moiras stehende Phrase. Sie übertrieb nicht, sie schien wirklich so ziemlich alles zu verstehen. »Ich habe derzeit einen fertigen Tierarzt hier als Praktikant. Der kann fortsetzen, was du begonnen hast. Im Zweifelsfall ruft er dich an.«

»Selbstverständlich. Ich bin nur von 13 bis 14 Uhr nicht erreichbar.«

Ruth hatte das Zeug zur Rennfahrerin, stellte Penny fest. Sie leitete das einzige Taxiunternehmen in Porthgarren, das über zwei Fahrzeuge verfügte. Eines davon lenkte sie selbst.

Penny vermied es, auf das Tachometer oder die Straße zu schauen, und hielt die meiste Zeit die Augen geschlossen. Das hatte nichts mit der halsbrecherischen Geschwindigkeit zu tun. Sie wollte ihre Gedanken und Gefühle sammeln. Sie durfte keine Fehler machen oder die Nerven verlieren.

Tredavon war eine Kleinstadt, in der alle so taten, als wäre es eine Großstadt. Trotzdem wirkte sie verschlafen und provinziell.

Mit einer energischen Bremsung hielt Ruth an der Adresse, die Penny ihr gegeben hatte. Es war ein dreistöckiges weißes Haus in einer ruhigen Seitengasse mit Kirschenbäumen. Das schmiedeeiserne Tor wurde von zwei Backsteinsäulen flankiert. Auf einer prangte ein Messingschild, das auf Hochglanz poliert war.

Dr. Margaret Baird – Paar- & Einzeltherapie

»Hier wollen Sie her?«, fragte Ruth ungläubig.

»Ja. Eine alte Freundin«, log Penny.

Ruth schluckte das nicht. »Eine gemeinsame Freundin«, hakte sie nach.

»Wieso gemeinsam?«, wollte Penny wissen.

»Weil Ihr Mann gerade die Straße hochkommt.«

Eigentlich hätte sich Penny freuen sollen, dass Alex sein Versprechen hielt. Allerdings ließ sie das wissende Lächeln der Taxifahrerin Übles befürchten. Sie konnte nicht auf Ruths Verschwiegenheit zählen.

»Ich zahle, wenn ich zurück in Porthgarren bin«, versprach sie beim Aussteigen.

»Kein Problem.« Beim Abfahren drückte Ruth kurz auf die Hupe, um Alex zu grüßen.

Penny wartete am Gittertor. Er runzelte die Stirn, als er vor ihr stand. »Hast du dich im Sand gewälzt?«

Sie sah an sich herab. An der Jeans klebte noch Sand, den sie hastig abklopfte.

»Ist das hier Paartherapie oder versorgst du ein Tier?«, lautete Alex’ nächste Frage. Er deutete auf die Notfalltasche, die Penny unter dem Arm trug.

»Eine Robbe am Strand«, sagte sie ausweichend.

Alex ging nicht darauf ein. »In einer Minute ist es 13 Uhr, wir wollen pünktlich sein«, sagte er kühl. Er drückte den Messingklingelknopf, der ebenso auf Hochglanz poliert war wie das Schild.

Während sie warteten, sah ihn Penny aus den Augenwinkeln an. Wieso meldete sich hartnäckig immer wieder die Frage, ob sie ihn noch liebte? Was war aus dem Mann geworden, in den sie sich vor sieben Jahren verliebt hatte?

Es ist nicht fair, dass du alles nur auf Alex schiebst, ermahnte sie sich im Stillen. Sollte die Frage nicht viel mehr lauten: Was ist aus uns geworden? Auch sie hatte sich verändert. Wie groß ihr Anteil an der Entfremdung zwischen ihnen war, wollte sie im Zuge der gemeinsamen Therapie herausfinden. Außerdem lag ihr viel daran, ihre Ehe zu retten, wenn es irgendwie ging. Derzeit war es oft anstrengend, vor den Menschen von Porthgarren den Schein zu wahren.

Der Öffner summte. Sie betraten einen kleinen Vorgarten und gingen auf das Haus zu. Margaret Baird öffnete ihnen persönlich die Haustür. Die Hand, die sie ihnen zur Begrüßung reichte, war trocken und kühl.

Im Haus roch es nach Kamille. Die Therapeutin führte sie in ein Zimmer, von dem aus sie in den Garten blicken konnten. Sie deutete auf ein Sofa und bat Alex und Penny, sich zu setzen. Alex sah sich nach einer Alternative um und steuerte den Lehnsessel an, der dem Sofa gegenüberstand.

»Hier sitze ich«, erklärte Misses Baird ruhig. »Es ist wichtig, dass Sie nebeneinandersitzen.«

Kommentarlos ließ sich Alex am Ende des Sofas nieder, das am weitesten von Penny entfernt war.

»Ich heiße Sie herzlich willkommen«, begrüßte sie die Therapeutin. »Ich würde heute Sie, Alex, gern ein wenig näher kennenlernen. Mit Penny konnte ich bereits zweimal reden und mir ihre Sicht anhören.«

Alex sah sich um, sein Blick war wachsam. »Ist das eine Verschwörung?«

Penny war irritiert. »Wieso fragst du so etwas?«

»Ich habe mich kaum gesetzt, da bekomme ich schon Vorwürfe.«

Margaret Baird legte den Kopf leicht schief. »Alex, ich habe Sie nur gebeten, über sich zu erzählen. Anschließend würde ich gern auf Themen eingehen, die Sie beide in Ihrer Ehe zu bewältigen haben.«

Alex Harrington rutschte vor und ließ sich wie ein trotziger Junge nach hinten sinken, was Penny als Ausdruck seines Widerwillens gegen die Therapie auslegte.

Geduldig wartete die Therapeutin. Alex zuckte schließlich mit den Schultern. »Sie kennen meinen Namen, Sie wissen, wie alt ich bin.«

»35«, warf Margaret Baird ein.

»Richtig. Ich bin Tierarzt. Mein Spezialgebiet ist die Reproduktionsmedizin. Ich berate Züchter, bestimme Fruchtbarkeitstage, begleite Trächtigkeit und helfe bei Geburten.«

»Sind Sie zufrieden mit Ihrer beruflichen Tätigkeit?«

Alex lachte kurz auf. »Zufrieden? Die Klinik läuft recht gut. Bei Züchtern bin ich anerkannt. Aber …« Er brach ab.

Eine Pause trat ein, die die Therapeutin nicht zu füllen gedachte. Unruhig rieb Alex seine Handflächen an den Oberschenkeln. »Das hat Penny sicherlich alles schon erzählt.«

Das Lächeln der Therapeutin war weder mütterlich noch herablassend. Es machte Mut zur Wahrheit, dachte Penny.

»Ich will nun Ihre Sicht hören. Bitte fahren Sie fort.«

Penny schätzte Margaret Baird auf Anfang sechzig, also etwas jünger als ihre Mutter. Sie war eine gepflegte Frau, die pastellfarbene Kaschmirpullover trug und immer eine weiße Perlenkette.

»Es gibt auch ein anderes Leben«, sagte Alex. »Aber dazu ist Penny nicht bereit.«

Sofort spannten sich bei Penny alle Muskeln an. »Du sagst das immer so. Was willst du tun? Erklär es mir.«

Die Therapeutin deutete ihr mit einer Geste, sich zu beruhigen. »Wir kommen später zu diesem Thema. Zuerst würde ich Sie beide bitten, mir zu erzählen, wie Sie sich kennengelernt haben.«

»Mach du das.« Alex deutete mit der Hand auf Penny.

»Es war auf einer Weiterbildung für Wildtiermedizin und Tierverhalten in Dartmoor, also nicht weit von hier.« Penny erinnerte sich heute noch an den Geruch von Leder und Rauch aus dem offenen Kamin in dem alten Landhotel, wo sie gewohnt hatten.

»Klären Sie mich bitte auf, was Wildtiermedizin ist«, bat Misses Baird.

Da Alex nichts sagte, antwortete schließlich Penny. »Es ging um das richtige Verhalten und den Beziehungsaufbau zu verletzten und verängstigten Tieren, die auf Wiesen, an Straßen, im Wald oder auch an der Küste gefunden werden. Zum Beispiel Füchse oder Seevögel, verwilderte Hunde und Dachse. Das medizinische Thema war die richtige Notfallversorgung.«

Misses Baird machte sich keine Notizen, nickte aber immer wieder, als speichere sie alles in ihrem Kopf ab.

Penny wandte sich ihrem Mann zu. »Erinnerst du dich an die Nacht-Exkursion?«

Für einen Moment huschte ein Lächeln über sein Gesicht. »Es war unmenschlich kalt und wir hatten uns verlaufen.«

»Alex hat mir heldenhaft seine Jacke angeboten und war dafür am nächsten Tag so verkühlt, dass er den Vorrat an Taschentüchern im Hotel aufgebraucht hat«, fuhr Penny fort. »Ich habe ihn als Wiedergutmachung zum Abendessen in London eingeladen, wo wir beide am nächsten Tag hinfuhren. Ich bin von dort zurück nach Salzburg geflogen, Alex ist mit dem Zug nach Bristol.«

»Ist das Ihre Heimatstadt?«, wollte Misses Baird wissen.

Alex nickte. »Ich bin ein City-Boy.«

Penny konnte sich wieder nicht zurückhalten. »Aber du hast immer betont, wie sehr du dir wünschst, am Meer zu leben. Wir haben Porthgarren deshalb gemeinsam ausgesucht. Außerdem gibt es in der Umgebung zahlreiche Gestüte und Hundezuchten.«

»Und jetzt ist es mir zu eng«, antwortete Alex sofort. »Du hast jede Menge Zeit für alle Tiere und ihre Besitzer, aber wenn ich ein Wochenende mit dir woanders verbringen oder gar eine längere Reise unternehmen will, dann hast du tausend Ausreden.«

Die Therapeutin wandte sich Penny zu. »Was sagen Sie zu Alex’ Empfinden?«

»Es ist eine Verantwortung, was wir tun«, sagte Penny. »Wir können nicht einfach fortfahren. Wir bekommen so schwer eine Vertretung, spontan schon gar nicht. Wir haben da auch schlechte Erfahrungen gemacht. Und …«

Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Alex hatte ihr mehrfach an den Kopf geworfen, was Pennys wahrer Antrieb sei. Sie wolle sich mit ihrer Arbeit über etwas hinwegtäuschen.

Margaret Baird stand auf und holte eine Schachtel Taschentücher, die sie Penny reichte. Penny zog gleich einige heraus und wischte sich die Tränen weg.

»Penny, was bewegt Sie so?«, fragte die Therapeutin.

Es dauerte, bis Penny mit leiser Stimme antwortete. »Wir wollten Kinder. Aber es hat nie geklappt.«

Alex blickte sie lange an, bevor er sagte: »Ich wollte ein Kind. Aber wolltest du wirklich auch eins?«

Als sich Penny ihm zuwandte, hatte sein Gesicht wieder einen steinernen Ausdruck angenommen. »Ja«, antwortete sie leise.

»Die Ärzte haben keinen Grund gefunden, wieso du nie schwanger geworden bist.«

Da war er wieder. Der Vorwurf, in dem viele ihrer Auseinandersetzungen endeten. Den Penny wie einen Schlag empfand.

Sie sah zu Misses Baird. »Alex meint, ich könne nur Tiere lieben, aber keine Menschen.«

5

Als sie wieder auf die Straße traten, war die Distanz zwischen ihnen noch größer geworden. Schweigend gingen sie zu Alex’ Wagen, den er ganz in der Nähe abgestellt hatte.

»Fährst du zur Klinik?«, fragte sie ihn.

»Ich habe noch ein paar Hausbesuche. Aber ich bring dich hin.«

Die ganze Fahrt lang sprachen sie kein Wort miteinander. In einer Woche hatten sie den nächsten Termin vereinbart. Als »Hausaufgabe« hatte Misses Baird ihnen aufgetragen, sie sollten beide jeweils drei Wünsche formulieren, die sie an den anderen hatten.

Alex nahm die Autobahn. Penny telefonierte mit Moira im Wildlife Center. Die Robbe war mittlerweile eingetroffen und alle Reste des Netzes entfernt worden. Sie musste nun mehrere Wochen in Quarantäne bleiben und beobachtet werden. Da sie untergewichtig war, würde ihr der Aufenthalt guttun.

»Unser Salzwasserbecken ist frisch gefüllt«, sagte Moira. »Dein Schützling ist in besten Händen.«

»Das weiß ich.« Penny versprach, so bald wie möglich zu kommen und selbst nach der Robbe zu sehen.

»Falls dir irgendein reicher Mensch begegnet, der zufälligerweise ein paar tausend Pfund für uns übrig hat, dann schicke ihn so schnell wie möglich.« Moira seufzte tief. »Wir haben derzeit so viele Tiere wie nie zuvor.«

Das Wildlife Center war spezialisiert auf die Rettung und Pflege von verletzten oder verwaisten Wildtieren. Egal ob Möwe, Kormoran, Otter, Wildkaninchen, Singvogel oder Robbe, alle fanden Aufnahme. Bei mehr als drei Viertel gelang eine erfolgreiche Auswilderung.

Alex hielt vor dem Steinbau der Klinik. Penny legte ihre Hand auf seine, die das Lenkrad hielt. »Dann bis später.«

Er nickte, ohne sie anzusehen. »Ja, bis später.«

Kein warmes Lächeln. Kein Kuss. Die Traurigkeit, die Penny schon seit langem in sich trug, meldete sich zurück. Als sie auf das Haus zuging, schüttelte sie sich, als könnte sie das Gefühl auf diese Weise loswerden, so wie Tuck das Wasser nach dem Bad. Sie setzte ein Lächeln auf und betrat schwungvoll den Vorraum, wo sie bereits von ihrer Assistentin Jade und mehreren Tieren samt ihren Besitzerinnen und Besitzern erwartet wurde.

Penny reichte Jade das Praxis-Handy. »Molly hat sich angemeldet mit ihrem Kater. So gegen fünf. Und zwei Impfungen danach. Ich habe es nicht geschafft, die Termine in den Kalender einzutragen.«

Jade hatte immer acht Dinge gleichzeitig in der Hand. Manchmal erinnerte sie Penny an einen Oktopus. Sie war die beste Multi-Taskerin, die ihr jemals begegnet war, und ein Segen für die Praxis. Während sie mit Penny sprach, tippte sie gleichzeitig auf dem Handy, aktualisierte den Anmeldungskalender und warf einen Blick auf die Tür, durch die ein Herr trat, den Penny hier noch nie gesehen hatte.

»Wir haben alles unter Kontrolle, meine Liebe«, versicherte sie Penny. »Und danke, dass du das Handy übernommen hast, aber beim Zahnarzt kann ich beim besten Willen nicht rangehen.«

»Alle Zähne wieder in Ordnung?«, erkundigte sich Penny.

»Ein Gebiss wie ein Tiger, hat der Zahnarzt gesagt.« Sie lächelte verlegen. »Wie ein Tiger, der zu gern Schokolade und Kekse isst und deshalb Karies hat.«

Seit Penny sie kannte, kämpfte Jade mit ihrem Heißhunger auf Süßigkeiten und den Auswirkungen, die diese Leidenschaft auf ihr Gewicht hatte. Sie war einen Kopf kleiner als Penny, mütterlich um alles und alle bemüht, flink wie ein Wiesel und stark wie ein Bär, wenn es darum ging, größere Tiere bei der Untersuchung festzuhalten.

»Fangen wir an«, schlug Penny vor.

»Drako, bitte«, rief Jade in den Warteraum. Sie nannte immer nur die Namen der Tiere, nie die der Besitzer. »Junge mit Bartagame und mit Vater«, raunte sie Penny zu. »Der Vater ist … sagen wir mal … direkt.«

Der Junge, höchstens elf, trug behutsam eine durchsichtige Plastikbox, die in seinen Armen viel größer erschien, als sie war. Er reichte sie Penny. Sie stellte die Box auf den Behandlungstisch und öffnete den Deckel. Darin saß regungslos ein sandfarbenes Tier auf einer Korkplatte, mit starr wirkenden Augen und grauen Hautfetzen, die wie Pergament von den Flanken hingen.

»Ich bin Leon und das ist Drako«, sagte der Junge.

»Ich bin Penny und ahne, wieso du deine Bartagame zu mir bringst.«

Der Vater war hinter seinem Sohn stehen geblieben und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Er bewegt sich kaum noch. Ich habe Leon gesagt, dass das kein Spielzeug ist, so ein Viech. Aber er wollte ihn ja unbedingt.« Leon sah zu Boden.

»Wir wollen dich einmal ansehen.« Penny griff behutsam nach dem Tier und hob es heraus. Bartagamen waren nicht für besondere Dynamik bekannt, Drako aber wirkte tatsächlich ein wenig apathisch. An Flanken und Schwanz hingen Hautreste, grau und schuppig, teils eingerissen.

»Sieht schlimm aus, oder?«, flüsterte Leon. »Ist es meine Schuld?«

Penny lächelte ihn an. »Leon, Drako häutet sich. Das sieht manchmal wilder aus, als es ist. Es tut nicht weh. Nur wenn die Haut nicht von selbst abgeht, kann es problematisch werden. Und das ist nicht deine Schuld.«

Der Vater schnaubte. »Ich habe ihm gleich gesagt, dass das nichts für ihn ist. Mit einem Goldhamster wär’s auch getan gewesen.«

Penny wandte sich zu ihm um. »Goldhamster können ziemlich anspruchsvoll sein. Und Drako wird ganz wunderbar gepflegt. Die Krallen sind in Ordnung, er hat keine Druckstellen, keine Dehydrierung.« Sie sah wieder zu Leon. »Du besprühst ihn mit Wasser, nicht wahr?«

»Jeden Tag«, sagte der Junge eifrig. »Mindestens einmal. Drako mag das. Er verdreht dann die Augen und den Kopf.«

»Du kannst das Terrarium jetzt alle paar Stunden nebeln. Je öfter, desto besser.«

»Mache ich!«, versprach Leon.

»Und gib Drako raue Flächen zum Reiben. Rinde zum Beispiel. Einen dickeren Ast.«

»Kriegt er.« Leons Augen leuchteten wieder.