Perry Rhodan 1936: Im Para-Bunker - Peter Terrid - E-Book

Perry Rhodan 1936: Im Para-Bunker E-Book

Peter Terrid

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Beschreibung

Gefangen auf dem Saturn-Mond - sie nennen ihn den Todesmutanten Im Sommer 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung scheint sich die Lage in der heimatlichen Milchstraße zu entspannen: Nachdem die Solmothen ihre Friedensmission zu den wichtigsten Mächten der Galaxis erfolgreich hinter sich gebracht haben, tritt das Galaktikum zusammen. In Mirkandol im Zentrum des Kristallimperiums soll ein neuer Anfang für die Galaxis gesucht werden. Die Gefahr eines Krieges zwischen den Machtblöcken ist vorerst gebannt. Es scheint, als seien die Bewohner der Menschheitsgalaxis in absehbarer Zeit wirklich reif, Mitglieder der Koalition Thoregon zu werden. In der Zwischenzeit versucht Perry Rhodan mit einer kleinen Gruppe von Helfern in der fernen Galaxis DaGlausch hinter die Machenschaften des mysteriösen Shabazza zu kommen, dessen einziges Ziel offensichtlich ist, Thoregon zu zerstören. Seine Aktivitäten brachten Tod und Vernichtung über zahlreiche Welten; auch die Zerstörungen in der Milchstraße gingen auf sein Konto. Ebenfalls steckt Shabazza hinter den Aktivitäten in der Galaxis Puydor, in die vier Aktivatorträger verwickelt sind: Michael Rhodan und Julian Tifflor, Gucky und Icho Tolot kämpfen in diesem Bereich des Kosmos, wenngleich auf verschiedenen Seiten. Den Menschen auf der Erde und den über tausend anderen Welten der Liga Freier Terraner sind diese Probleme nicht bekannt. Ihre Interessen konzentrieren sich größtenteils auf aktuelle Probleme und die bevorstehenden Wahlen. Dabei vergessen die meisten von ihnen ein Problem, das sich auf dem Saturnmond Mimas verbirgt - IM PARA-BUNKER …

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Nr. 1936

Im Para-Bunker

Gefangen auf dem Saturn-Mond – sie nennen ihn den Todesmutanten

von Peter Terrid

Im Sommer 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung scheint sich die Lage in der heimatlichen Milchstraße zu entspannen: Nachdem die Solmothen ihre Friedensmission zu den wichtigsten Mächten der Galaxis erfolgreich hinter sich gebracht haben, tritt das Galaktikum zusammen.

In Mirkandol im Zentrum des Kristallimperiums soll ein neuer Anfang für die Galaxis gesucht werden. Die Gefahr eines Krieges zwischen den Machtblöcken ist vorerst gebannt. Es scheint, als seien die Bewohner der Menschheitsgalaxis in absehbarer Zeit wirklich reif, Mitglieder der Koalition Thoregon zu werden.

In der Zwischenzeit versucht Perry Rhodan mit einer kleinen Gruppe von Helfern in der fernen Galaxis DaGlausch hinter die Machenschaften des mysteriösen Shabazza zu kommen, dessen einziges Ziel offensichtlich ist, Thoregon zu zerstören. Seine Aktivitäten brachten Tod und Vernichtung über zahlreiche Welten; auch die Zerstörungen in der Milchstraße gingen auf sein Konto.

Ebenfalls steckt Shabazza hinter den Aktivitäten in der Galaxis Puydor, in die vier Aktivatorträger verwickelt sind: Michael Rhodan und Julian Tifflor, Gucky und Icho Tolot kämpfen in diesem Bereich des Kosmos, wenngleich auf verschiedenen Seiten.

Den Menschen auf der Erde und den über tausend anderen Welten der Liga Freier Terraner sind diese Probleme nicht bekannt. Ihre Interessen konzentrieren sich größtenteils auf aktuelle Probleme und die bevorstehenden Wahlen. Dabei vergessen die meisten von ihnen ein Problem, das sich auf dem Saturnmond Mimas verbirgt – IM PARA-BUNKER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Vincent Garron – »Sag Vince zu mir!«, fordert der Mutant am liebsten.

Tuyula Azyk – Das Bluesmädchen soll Garrons Gefährlichkeit mildern.

Noviel Residor – Der neue Chef des TLD steht vor einer Bewährungsprobe.

Lionella von Zar – Eine Terranerin hat eine unangenehme Aufgabe zu erledigen.

Ovelo Kerren – Der Mann vom Para-Bunker ist einer von der »harten« Sorte.

Lancelot Barnigg

1.

Mimas, Juni 1290 NGZ

»Muss das wirklich sein?«

Sowohl der leisen, fast flüsternden Stimme als auch der Körperhaltung war zu entnehmen, dass sich Tuyula Azyk fürchtete. Tuyula hatte den Hals verkürzt, so dass der typische Tellerkopf der Blue dicht über dem zierlichen Rumpf mit den feinen blauen Haaren zu schweben schien. Das machte Tuyula Azyk noch kürzer, als sie ohnehin schon war. Zwölf Jahre alt, nur rund 152 Zentimeter groß – die meisten erwachsenen Blues waren hoch aufgerichtet weit über zwei Meter groß –, erweckte sie bei Lionella von Zar ein Gefühl von Mitleid und fast schon mütterlicher Besorgnis.

»Es wird bestimmt nicht lange dauern, Tuyula«, ließ sich Ovelo Kerren rau vernehmen. »Nur ein paar Minuten. Fürs erste sollst du ihn dir nur einmal ansehen. Und keine Angst, er schläft tief und fest.«

Kerren und Lionella wechselten einen raschen Blick. Ovelo Kerrens Aussage war eine glatte Lüge. Vincent Garron schlief nicht, jedenfalls nicht derart, wie ein normaler Mensch schlief. Garron lag in einem apallischen Koma; bei ihm waren keinerlei Hirnaktivitäten mehr wahrnehmbar, nicht mit den modernen Instrumenten, die auf Mimas zur Verfügung standen. Dennoch war er in einer gewissen, nicht genau beschreibbaren Art und Weise am Leben – und damit eine Gefahr für seine Umwelt und seine Mitgeschöpfe.

Lionella von Zar legte Tuyula eine Hand auf die schmale Schulter.

»Wir sind ja beide bei dir, Tuyula!«, versuchte sie das kleine Bluesmädchen zu beruhigen.

Lionellas Job wurde ihr selbst von Jahr zu Jahr unsympathischer, und in Augenblicken wie diesem empfand sie ihn als geradezu widerwärtig. Ovelo Kerrens raue und poltrige Art war ebenso wenig dazu angetan, Lionellas Stimmung oder die der jungen Blue zu heben.

Tuyula Azyk starrte auf die große steinerne Kugel, die von zahlreichen Strahlern von außen grell beleuchtet wurde.

Die Kugel durchmaß fast einen Kilometer und war als perfektes Rund aus dem Felsgestein des Mimas geschnitten worden, mitten im Zentrum des Kraters Herschel. Antigravprojektoren hielten den Felsenball in der Schwebe, hoch genug über dem Boden des Saturnmonds, um ihn in einen undurchdringlichen Paratronschirm hüllen zu können. Es war die spezifische Eigenart dieses Schirmfelds, auftreffende Energie, aber auch Materie in den Hyperraum abzulenken; damit war der Paratronschirm eines der wirkungsvollsten Abwehrmittel, über welche die LFT verfügte. Um zusätzliche Sicherheit zu gewähren, wurde die Steinkugel von Antigravfeldern in der Schwebe gehalten.

Selbst einem absoluten Laien in technischen Dingen musste schon bei diesem Anblick klar sein, dass der Inhalt der Steinkugel von ganz besonderer Bedeutung und Wichtigkeit sein musste – für nebensächliche Kleinigkeiten betrieb man keinen solchen Aufwand.

Trotz der Beleuchtung wirkte die Szenerie gespenstisch, zumal zu dieser Jahres- und Tageszeit. Am Himmel war der Saturn mit seinen Ringen zu sehen. Mimas lag fast auf gleicher Höhe mit diesen Ringen, ein Stück unterhalb und ein wenig außerhalb der Ringe A bis D, die als erste von irdischen Astronomen gesichtet worden waren. In diesem Augenblick schienen sie für den Betrachter zum Greifen nahe zu sein, und die gewaltige Scheibe des Saturn füllte einen beträchtlichen Teil des Himmels aus.

Tuyula Azyk schauderte.

Das schwarze Gestein des Herschel-Kraters, die Schwärze des Himmels darüber, dann der ebenfalls schwarze, aber grell angestrahlte runde Steinklotz, darüber die Saturnringe und der Saturn selbst – auch sehr erfahrene Raumfahrer zeigten sich von diesem Anblick beeindruckt.

Während die Natur in dieser optischen Komposition einen Eindruck von ruhiger Erhabenheit vermittelte, wirkte der Steinball in der Mitte um so künstlicher und bedrohlicher. Es war eindeutig – bei diesem Gebilde handelte es sich um Menschenwerk, und ganz bestimmt diente es keinem sehr erfreulichen Zweck.

Die drei Personen standen auf einer Brücke aus Formenergie, die vom Rand des Kraters aus ins Zentrum hinein ausgefahren werden konnte. Wo sie den Paratronschirm berühren konnte, waren Strukturlücken in den Schirm geschaltet worden. Nur auf diesem einzigen Weg war es möglich, das eigentliche Herz und Zentrum von PAKS zu betreten.

PAKS war die Abkürzung von »para-abnorme kritische Straftäter« und bezeichnete die wohl am besten bewachte und gesicherte Strafanstalt der Liga Freier Terraner. PAKS nahm das Zentrum des Kraters Herschel ein, dazu einen Teil des Kraterrings; der Steinklotz, der solcherart gesichert wurde, hatte den knappen und derben Namen Para-Bunker.

Hier wurden solche Straftäter verwahrt, die dank ihrer paranormalen Fähigkeiten eine ganz besondere, mit normalen Sicherheitsvorkehrungen nicht einzuschränkende Gefahr für die Öffentlichkeit darstellten. Wer hier verwahrt wurde, war eine solche Bedrohung für seine Umwelt, dass er unter allen Umständen an einer Flucht oder einem Ausbruch gehindert werden musste. Und das wirksamste technische Mittel für diesen Zweck war nach jahrhundertealter Erfahrung der LFT ein Paratronschirm.

»Gehen wir, Tuyula?«

Die zierliche Blue machte zaghaft eine Geste der Zustimmung.

Ovelo Kerren ging voran, Tuyula Azyk folgte, und Lionella von Zar bildete die Nachhut. Ovelo und Lionella trugen Kodegeber bei sich, die auf ihre Individualschwingungen abgestimmt waren. Nur mit diesen Gerätschaften waren die beiden Personen imstande, die Strukturlücken im Paratronschirm zu schalten und den Formenergiesteg auf volle Länge zu bringen, bis er ins Innere des Para-Bunkers reichte. Beide mussten ihren Kodegeber gleichzeitig oder kurz nacheinander betätigen, um die Strukturlücken jeweils zu öffnen und wieder zu schließen.

Die Zahl derjenigen Personen, die Zugang zum Para-Bunker hatten, war sehr beschränkt, und es gehörte zum tiefgestaffelten System der Sicherheitsvorkehrungen, dass deren Zahl geheim gehalten wurde und sich die zutrittsberechtigten Personen nur äußerst selten – wenn überhaupt – kennenlernten.

Lionella von Zar sah, wie sich vor ihr das Strukturfeld des Paratronschirms veränderte. Sofort betätigte sie ihren Kodegeber, und unmittelbar danach war der Weg für die drei Galaktiker frei. Sobald sie den Paratronschirm passiert hatten, wurde die Strukturlücke wieder geschlossen – und dann erst konnte mit dem gleichen Kodegeber auch das zweite, innere Schirmfeld auf gleiche Weise geöffnet werden.

Tuyula Azyk war sichtlich beeindruckt. Sie zitterte ein bisschen und suchte die Nähe von Lionella. Ovelo Kerren und dessen grimmige Miene schienen ihr nur sehr wenig zu gefallen.

Es war Lionellas Aufgabe, die Häftlinge, Patienten, Insassen des Para-Bunkers – die Bezeichnung wechselte je nach Sprecher und Geisteshaltung – zu »pflegen«, jedenfalls nannte Ovelo Kerren das so. Er hielt nicht viel davon, sich um die Häftlinge zu kümmern – für ihn waren sie nichts weiter als durchgeknallte Verbrecher, die eine besondere Gabe, die ihnen die Natur verliehen hatte und um die sie sogar von vielen LFT-Bewohnern beneidet wurden, ausschließlich für persönliche und kriminelle Zwecke einsetzten. Lionella hatte den starken Eindruck, dass Ovelo Kerren die ihm anvertrauten Personen verabscheute, wenn nicht sogar offen hasste.

»Da sind wir!«, sagte Kerren laut und hielt an. »Nun, ist es so schlimm gewesen, Kleines?«

Lionella sah, wie Tuyula Azyk zusammenzuckte.

Das Bluesmädchen hatte eine wenig erfreuliche Kindheit noch nicht ganz hinter sich. Geboren worden war sie am 13. Juni 1278 NGZ auf Nyveloe als letztes von sieben Kindern. Nyveloe war eine extrem unbedeutende Randwelt in einem der vernachlässigten Außenbezirke des gatasischen Imperiums. Über ihre Eltern, Mutter Myar und Vater Ryzus, war wenig bekannt; sie waren so unbedeutend wie die Welt, auf der sie lebten. Immerhin waren alle Geschwister von Tuyula künstlerisch mehr oder weniger begabt und hatten schon in jungen Jahren damit begonnen, diese Talente auch wirtschaftlich auszunutzen, um die Finanzlage der Familie recht erfolgreich zu verbessern. Vielleicht hatte es daran gelegen, nicht nur an ihrem geringen Wuchs, dass Tuyula zu einem sehr scheuen, stillen, bescheidenen und sehr introvertierten Mädchen herangewachsen war.

Erst als – der Zufall spielte dabei eine besondere Rolle – die linguidische Friedensstifterin Ario Vabigo nach Nyveloe gekommen war, war das besondere Talent der kleinen Blue entdeckt worden, jene Gabe, der sie auch zu verdanken hatte, dass sie an diesem Tag zur Para-Burg gebracht wurde.

Aber sie liebte es überhaupt nicht, als »Kleine« oder ähnlich bezeichnet zu werden; sie hätte es bei weitem vorgezogen, hätte man sie einfach in Ruhe gelassen. Aber offenbar war das nicht möglich.

Ovelo Kerren marschierte weiter voran.

Das Innere von PAKS war so beschaffen, dass es nicht nur Tuyula Albträume bereiten konnte.

PAKS stellte sich dar als ein Labyrinth aus Gängen, Stollen, Schächten, Kammern, die man in das Innere des Felsbrockens gebohrt hatte, undurchschaubar in seiner Komplexität. Gewiss, die Wände bestanden aus massivem Felsgestein, ab und zu durch Stahlkonstruktionen und Betoneinsprengsel verstärkt. Zusammenbrechen konnte hier nichts, aber der Eindruck, sich tief im Inneren der Erde, in einem Bergwerk, zu bewegen, war nicht zu vermeiden – sowenig wie die natürliche Furcht, der Berg könne einem auf den Kopf fallen und einen zerquetschen.

Es schien, als habe Ovelo Kerren bei der Konstruktion des Para-Bunkers mitgewirkt – oder umgekehrt, als hätte dessen Anblick Kerrens Einstellung maßgeblich beeinflusst.

Dies war kein Ort, an dem Menschen oder andere Galaktiker leben sollten. Es war offensichtlich, dass niemand sich die Mühe gegeben hatte, diese »Unterkunft« auch nur im geringsten bequem oder gemütlich zu gestalten. Wer hier, zumal als Gefangener, hineingeführt wurde, sah es auf den ersten Blick – man wies ihm keine Unterkunft oder Behausung zu, sondern sperrte ihn in einen steinernen Käfig. Lionella von Zar hatte schon sehr bald bemerkt, dass nahezu alle, die sich im Inneren des Para-Bunkers aufhielten, unwillkürlich die Köpfe einzogen und langsamer und geduckter ausschritten.

Eigentümlich waren auch die Lichtverhältnisse. Die Gänge waren nur recht spärlich mit Leuchtkörpern versehen, ganze Streckenabschnitte lagen in einem diffusen Halbdunkel. Außerdem war dieses Licht eigentümlich kalt; es hatte einen leichten Blaustich und schmerzte in den Augen, wenn man unmittelbar auf die Leuchtkörper blickte. In einem Kühlhaus konnte es nicht abweisender aussehen.

Zu diesem buchstäblich bedrückenden Bild passten die übrigen, eher technisch orientierten Details.

Immer wieder waren Sperren zu passieren, mussten Kodes eingegeben werden. Und alle paar Schritte tauchte irgendwo ein Kampfroboter vom Typ TARA-V-UH auf, der fürchterlich gefährlich und bedrohlich aussah mit seinen Waffen, den aktivierten Schirmfeldern und seiner robotischen Schweigsamkeit.

»Ihr lasst mich doch ganz sicher wieder von hier weg, nicht wahr?«

Tuyulas halblaute Frage machte überdeutlich, wie sehr die junge Blue von dieser Umgebung psychisch unter Druck gesetzt wurde.

»Tuyula«, antwortete Lionella sanft. »Du bist hier zu Besuch, unser Gast, weil wir dich und deine Gabe vielleicht – hoffentlich – zu etwas Gutem einsetzen können. Nein, du brauchst keine Angst zu haben, wir nehmen dich nachher wieder mit nach draußen, wo es viel schöner aussieht. Glaubst du mir das?«

Tuyula blickte sie an und machte dann eine schwache Geste der Zustimmung. Ovelo Kerren grinste zynisch.

»Ganz offensichtlich kannst du sehr gut mit Kindern umgehen«, verspottete er Lionella.

»Nicht nur mit Kindern!«, antwortete Lionella, etwas schärfer als beabsichtigt.

Ovelo Kerren hielt sich für nahezu unwiderstehlich als Mann und hatte schon einige Male auf ziemlich alberne Art versucht, sie anzumachen. Dass er dabei keinerlei Aussicht auf Erfolg hatte, schien er nicht begreifen zu können.

Ario Vabigo hatte seinerzeit den Eltern dringend angeraten, Tuyulas Gabe zu verschweigen, um das scheue, fast schon verstörte Kind keiner zu großen seelischen Belastung auszusetzen. Aber das hatte die Eltern nicht gehindert, auch diese Tochter gewissermaßen zu vermarkten – mit schrecklichen Folgen für Tuyula.

Was genau damals geschehen war, wussten nur wenige Eingeweihte, zu denen Lionella nicht gehörte. Ihr war nur bekannt, dass Tuyula von Gatasern, die man nur als Sklavenhändler bezeichnen konnte, gefangen, entführt und geradezu verschachert worden war. Die letzten »Käufer« hatten zufällig zum Terranischen Liga-Dienst gehört, und so war Tuyula nach Mimas gebracht worden, in die Talentschmiede für Para-Begabte.

Lionella wusste nicht, ob man Tuyula jemals darüber informiert hatte, dass die TLD Tuyulas Weg zurückverfolgt und die Eltern aufgesucht hatte. Und dass diese Eltern nur zu gerne bereit gewesen waren, für eine großzügig bemessene »Abfindung« Tuyula in den Händen des TLD zu belassen ...

»Und hier leben Menschen?«, fragte Tuyula scheu.

Wahrscheinlich machte der Para-Bunker den gleichen Eindruck auf sie, den er auch bei Lionella von Zar bei deren erstem Besuch hinterlassen hatte. Wer ihn betrat, hatte unweigerlich den Eindruck, bei lebendigem Leib begraben zu werden. Lionella von Zar hatte Aufnahmen aus dem Inneren der großen Pyramide von Gizeh gesehen – sie hatten auf sie den gleichen Eindruck gemacht.

»Menschen?«, ließ sich Ovelo Kerren zynisch vernehmen.

Lionella bedachte ihn mit einem verweisenden Blick.

»Menschen und andere Galaktiker«, bestätigte Lionella die Frage der jungen Blue. »Diese Leute sind gewissermaßen krank, sie wissen mit sich und ihren besonderen Fähigkeiten nicht richtig umzugehen.«

»Ach was, es sind einfach nur Verbrecher!«, sagte Kerren. »Monströse Verbrecher, die man am besten ...«

»Deine Ansichten interessieren niemanden, Ovelo Kerren!«, sagte Lionella scharf und wandte sich wieder an Tuyula.

»Sie müssen behandelt werden, damit sie wieder ein ganz normales Leben als gute Galaktiker führen können«, versuchte sie Tuyula zu erklären. »Und deswegen sind sie vorübergehend hier untergebracht worden.«

Sie kannte Kerrens Standpunkt zu dieser Frage. Ovelo Kerren gehörte zu einem Typus, der auf der Erde und den anderen galaktischen Welten sehr oft anzutreffen war. Nach fast allen Kriterien, nach denen man Menschen beurteilte und einstufte, gehörten sie – bestenfalls – zum Durchschnitt, und es zerriss sie fast vor Neid und Eifersucht, dass andere Geschöpfe von der Natur mit besonderen Gaben und Vorzügen ausgestattet worden waren. Für Kerren und seinesgleichen gehörten Mutanten oder Para-Begabte jeglicher Art in die Kategorie Monster, die man nicht frei herumlaufen lassen durfte.