Perry Rhodan 2328: Mission der SOL - Frank Borsch - E-Book

Perry Rhodan 2328: Mission der SOL E-Book

Frank Borsch

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Beschreibung

Sie reisen nach Hangay - auf der Spur der Negasphäre Über die Welten der Milchstraße bricht im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung - eine Veränderung herein, wie sie sich niemand hat vorstellen können. Die Terminale Kolonne TRAITOR, eine gigantische Raumflotte der Chaosmächte, greift nach der Galaxis. Im unmittelbaren galaktischen Umfeld der Milchstraße soll in der Sterneninsel Hangay eine so genannte Negasphäre entstehen, ein absolut lebensfeindlicher Raum. Die Menschheitsgalaxis soll dieser kosmischen Region als "Ressource" zugeführt werden. Hangay ist eine Riesengalaxis, die vor knapp 1300 Jahren aus dem sterbenden Universum Tarkan in die Lokale Galaxiengruppe transferiert wurde. Hier siedeln alte Völker wie die katzenähnlichen Kartanin oder die menschenähnlichen Hauri. Die SOL, das legendäre Fernraumschiff der Menschheit, brach schon vor Jahren auf, um nach Hangay zu fliegen. Dort soll die Besatzung den Hinweisen auf eine Negasphäre auf den Grund gehen. Der goldene Hantelraumer startet zur MISSION DER SOL...

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Nr. 2328

Mission der SOL

Sie reisen nach Hangay – auf der Spur der Negasphäre

Frank Borsch

Über die Welten der Milchstraße bricht im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung – eine Veränderung herein, wie sie sich niemand hat vorstellen können. Die Terminale Kolonne TRAITOR, eine gigantische Raumflotte der Chaosmächte, greift nach der Galaxis.

Im unmittelbaren galaktischen Umfeld der Milchstraße soll in der Sterneninsel Hangay eine sogenannte Negasphäre entstehen, ein absolut lebensfeindlicher Raum. Die Menschheitsgalaxis soll dieser kosmischen Region als »Ressource« zugeführt werden.

Hangay ist eine Riesengalaxis, die vor knapp 1300 Jahren aus dem sterbenden Universum Tarkan in die Lokale Galaxiengruppe transferiert wurde. Hier siedeln alte Völker wie die katzenähnlichen Kartanin oder die menschenähnlichen Hauri.

Die Hauptpersonen des Romans

Ronald Tekener und Dao-Lin-H'ay – Zwei Liebende auf der Spur einer düsteren Bedrohung.

Gyon-T'an – Der Regent der Vinau-Koalition kämpft um Reich und Rache.

Loan-P'ang – Der Kaiser von Karapon begrüßt die fremden Freunde aus der Milchstraße.

Fee Kellind – Die Kommandantin der SOL hat mit versagender Technologie zu tun.

Blo Rakane –

Prolog

Wir fielen durch die Nacht, dem fernen Boden Vinaus entgegen.

Über uns hing die mächtige, golden glänzende Hantel der SOL, des Schiffs, das uns über die Entfernung von über zwei Millionen Lichtjahren nach Hangay getragen hatte. Heimat von Tausenden Wissenschaftlern, Technikern und Spezialisten, Angehörigen zahlreicher raumfahrender Völker der Milchstraße. Zuflucht der zwergenhaften Mom'Serimer.

Um die SOL ein Kranz aus unzähligen Lichtpunkten – keine Sterne, die am Himmel standen, sondern Schiffe der Kartanin.

Unter uns ein zerklüftetes Relief, das uns in rasendem Tempo entgegensprang: Vinau. Ursprungswelt der Kartanin und nun Machtzentrum der Vinau-Koalition, eines Sternenreichs, dessen Machtfülle in Hangay allenfalls vom Reich der Karaponiden annäherungsweise erreicht wurde. Sitz ihres Herrschers, des Regenten Gyon-T'an.

Und an meiner Seite die Frau, die mir wichtiger war als die SOL und Hangay und seine zahllosen Diadochenreiche und die Drohung einer heraufziehenden Negasphäre, die uns den weiten Weg hierher geführt hatte: Dao-Lin-H'ay.

Sie hatte den Helm geöffnet, ließ den Fahrtwind der in dieser Höhe noch dünnen und eisigen Atmosphäre durch ihr Fell toben. Ein dünner Schlauch, der zwischen ihrem Raubtiergebiss verschwand, versorgte sie mit Atemluft. Ihre Augen waren enge Schlitze, ein Schild, durch den mir ihre Pupillen herausfordernd entgegenfunkelten.

Ich sah auf den Höhenmesser, das einzige Instrument meines Schutzanzugs, das ich aktiviert hatte. Wir näherten uns der Zehntausend-Meter-Marke. Tief genug für einen schwächlichen Menschen wie mich, um einer Kartanin nachzueifern. Ich angelte mit dem Mund nach dem Sauerstoffschlauch und klappte den Helm zurück. Die Kälte traf mich wie ein Schlag, verwandelte meine Brauen augenblicklich zu horizontalen Streifen aus Eis. Tränen rannen mir aus den zusammengekniffenen Augen und gefroren. In das Heulen des Fahrtwinds mischte sich ein Schrei. Ich verdrehte den Kopf, wagte es, die gefrorenen Lider einen Spalt weit zu öffnen, und sah Dao.

Sie tollte durch die Luft.

Es war, als hätte man eine terranische Katze zu einem endlosen Flug in die Luft geworfen. Dao räkelte sich, als wäre der Fahrtwind eine Hand, die sie lustvoll massierte, zog sich zu einem Knäuel zusammen, das wie die Kugel einer Projektilwaffe in gerader Linie dem Planeten entgegenraste und mir enteilte. Dann, gerade als sie aus meinem Sichtfeld zu entfliehen drohte, reckte Dao die Glieder in einer einzigen, explosiven Bewegung, bremste ihren Fall ab, passierte mich.

»Tek! Mach mit!«, rief sie, als wir aneinander vorbeiglitten. Dao zog die Gliedmaßen ein wenig an, sank wieder auf meine Höhe und winkte mir auffordernd zu. »Komm, tanz mit mir!« Ich hechtete ihr entgegen, packte ihre behandschuhte Krallenhand, und zusammen fielen wir weiter, uns überschlagend, ineinander geklammert, eine perfekte Einheit in unserem Tanz im freien Fall. Hunderte von Gleitern umschwärmten uns jetzt, folgten unserem Sturz. Ratlos, planlos.

Wir straften sie mit Missachtung.

Es gab nur uns beide.

Und Vinau.

Das Relief wurde zu einer Landschaft. Endloses, dunkles Meer zu einer Seite, darin eingebettet ein Glitzern wie von einem gigantischen Kronleuchter. Die Zickzacklinie der Felsenküste. Dann schälte sich ein Halbkreis von Hügeln heraus, zwanzig an der Zahl, wie ich von früheren Besuchen auf Vinau wusste. Wie bleiche Knochen zogen sich die weiß getünchten Häuser Vin-Maraus, der uralten Hauptstadt, über ihre Flanken, flossen hinab. Auf der dem Meer abgewandten Seite wurde ihr Strom von einem Damm aus Wolkenkratzern gestoppt. Und jenseits der Wolkenkratzer die in das Licht Tausender Scheinwerfer getauchte Ebene des Raumhafens, wo man Dao und mich, die Delegation der SOL, mit allem Pomp, der in intergalaktischen Beziehungen üblich war, erwartete.

Wo man vergeblich auf uns warten würde.

Fünfhundert Meter über dem Boden, als die Spitzen der höchsten Wolkenkratzer bereits an uns vorbeigezogen waren und die engen Straßen der Altstadt Vin-Marau uns wie die Linien einer geöffneten Hand entgegensprangen, löste sich Dao von mir.

»Wer zuerst mit dem Finger zuckt, hat verloren!«, rief sie und überschlug sich übermütig.

»Abgemacht!«, rief ich zurück.

Was folgte, dauerte kaum mehr als einen Herzschlag. Ich nahm einzelne Häuser wahr, dann einzelne Fahrzeuge, schließlich einzelne Kartanin. Als ich das Weiß in den Augen einer Kartanin sah, die mit offenem Mund zu Dao und mir heraufsah, löste ich das Triebwerk des Schutzanzugs aus.

Ein Ruck, als es einsetzte, dann ein Schlag. Ich knallte auf das Pflaster Vin-Maraus und rollte mich ab. Als ich mich benommen wieder aufrichtete, blickte ich in Daos Katzenaugen.

1.

Mein Name ist Ronald Tekener. Ich bin ein Unsterblicher. Seit über zweieinhalb Jahrtausenden, einer Zeit, in der ich mehrere Generationen gewöhnlicher Sterblicher habe kommen und gehen sehen. Einer Zeit, die dennoch nicht dazu ausgereicht hat, mich an den Gedanken zu gewöhnen: Ausgerechnet ich, Ronald Tekener, unsterblich?

Ich passe nicht in das Bild, das man sich von einem Unsterblichen macht. Unsterbliche sind Übermenschen, edel im Charakter, edel im Aussehen. Wie Perry Rhodan oder Atlan. Doch edles Aussehen kann ich beim besten Willen nicht für mich in Anspruch nehmen. Mein Gesicht ist entstellt, die Lashat-Pocken haben ihre Narben darauf hinterlassen. Der Preis, den ich dafür zahlte und zahle, um dem handverlesenen Club derjenigen anzugehören, die dieser Krankheit getrotzt haben. Und was meinen Charakter angeht: Ich habe gesoffen und gehurt, gezocktund gemordet – im Auftrag der USO, der LFT oder anderer, aber stets im Dienst der Menschheit –, betrogen und gelogen und viele andere Dinge getan, die einen Menschen früher oder später die Freiheit, die Gesundheit oder sogar das Leben kosten.

Mich nicht. Ich wurde unsterblich.

7. Januar 1330 NGZ

Tek: 47,32 Meter. Dao: 42,11 Meter.

Über fünf Meter. Dao hatte mich nicht geschlagen, sie hatte mich deklassiert, geradezu öffentlich gedemütigt. Andere wären vielleicht beleidigt gewesen. Für mich war es nur ein Grund mehr, Dao zu lieben. Ich weiß, was ich kann. Ich weiß, was ich nicht kann. Und was ich an ihr habe: eine echte Partnerin. Mir ebenbürtig. Und hin und wieder mir über. Es hat mir mehrmals das Leben gerettet. Und in der übrigen Zeit hat mir diese Eigenschaft Daos das Leben versüßt.

Abgesehen davon war es heute ihre Show. Auf einstimmige Empfehlung des Teams aus Fremdvölkerpsychologen, das unseren ersten Kontakt in Hangay vorbereitet hatte.

Kartanin umringten uns, gewöhnliche Bürger. Sie bestaunten uns, wie wir es verdient hatten: wie Wesen, die ohne Vorzeichen in einer klaren Nacht vom Himmel gefallen waren. Die Kartanin waren aufgeregt und neugierig, aber ohne eine Spur von Angst. Furcht war eine Vokabel, die es nur auf die hinteren Ränge des kartanischen Vokabulars brachte. Ganz im Gegensatz zu Respekt – und ein Blick in die katzenartigen Gesichter genügte mir, um sicher zu sein, dass wir uns den Respekt wenigstens dieser Kartanin verdient hatten.

Dao strich über ihren Anzug und betrachtete den Straßenschmutz, der an ihren Fingern kleben blieb, wie eine Reliquie. »Es ist gut, dich endlich wieder zu spüren, du Staub des ehrwürdigen Vin-Marau!«

Respekt gegen Respekt. Eine gewinnende Mischung, insbesondere wenn sie mit Schmeichelei vermischt war. Und deshalb waren wir nach Hangay gekommen: um die Kartanin für unsere Sache zu gewinnen. »Wir wollen dem Regenten unsere Aufwartung machen!«, rief Dao. »Wo finden wir ihn?«

Wortlos öffnete sich der Kreis der Kartanin, wies uns auf diese Weise den Weg. Wir marschierten los. Dao mit ihrer üblichen Nicht-von-dieser-Welt-Katzeneleganz, ich mit der rohen Wuchtigkeit eines Menschen und in der Hoffnung, dass niemand bemerkte, wie ich das linke Bein nachzog. Mein Knöchel hatte das ehrwürdige Pflaster Vin-Maraus etwas zu leidenschaftlich geküsst. Eine Tatsache, die ich besser für mich behielt. Vom Himmel zu fallen und aufzustehen, als habe man sich nur eben nach einer Münze gebückt, garantierte Respekt; dasselbe zu tun und anschließend humpelnd nach einem Arzt zu rufen garantierte Spott.

Einige Minuten lang folgten wir der sich windenden, engen Straße. Ein Spalier aus neugierigen Kartanin wies uns den Weg. Die Nachricht von dem Menschen und der Kartanin, die vom Himmel gefallen waren, musste sich rasch verbreiten. Vom offiziellen Vin-Marau war nichts zu sehen, dafür aber umso mehr zu hören. Das Dröhnen und Heulen von Gleitertriebwerken erfüllte die Luft, machte jede Unterhaltung unmöglich. Es war wie ein nicht endender Gewitterdonner. Oder vielmehr ein Theaterdonner, wie ich vermutete.

Als wir aus der Straße auf die freie Fläche des Hafens traten, brach der Lärm wie auf Kommando ab.

Ein hoch gewachsener Kartanin sprang uns in den Weg, federte elastisch ab und rief: »Willkommen auf Vinau! Der Regent erwartet euch – folgt mir bitte!«

Seine Kleidung war ebenso pompös wie sein Auftreten. Er wandte sich um, ohne unsere Antwort abzuwarten.

Dao wackelte mir frech mit ihren Katzenohren zu. »Der Zeremonienmeister«, hauchte sie.

Der Mann, dem wir die Empfangssuppe gründlich versalzen hatten. Und ein Mann, den ich bereits nach dieser kurzen Begegnung, ohne zu zögern, für die SOL abgeworben hätte. Der Zeremonienmeister hatte sich nicht damit aufgehalten, sich über unsere kleine Extravaganz zu ärgern, sondern hatte die Zeit genutzt, seine Leute neu aufzustellen. Er hatte in aller Eile den Empfang, der uns am Raumhafen zugedacht gewesen war, in den Hafen verlegt. Er fiel nun um einige Größenordnungen kleiner aus, aber das machte das romantische Setting mehr als wett.

Die Hafenlichter tänzelten auf den Wellen, brachen sich in allen Regenbogenfarben in dem Schiff aus Glas, das für uns bereitstand. Es konnte kein anderes Gefährt sein als die Yacht des Regenten. Und damit nicht genug: Eine Flottille aus Booten und Schiffen und Hunderten von Gleitern geleitete uns, als wir den Hafen verließen.

Es war eine kurze Reise. Die Hügel Vin-Maraus waren eben hinter dem Horizont versunken, als der Palast des Regenten sich aus dem Horizont schälte. Er glitzerte wie ein Juwel, in dessen Innerem ein Feuer brannte, Symbol der Macht der aufstrebenden Koalition von Vinau und zugleich, unfreiwillig, einer fundamentalen Verunsicherung. Der Palast war, wie wir feststellten, als unser gläsernes Schiff durch eine Strukturlücke glitt, von nicht weniger als zehn gestaffelten Schutzschirmen umgeben.

Wieso? Die SOL kam in Frieden, niemand zweifelte daran. Zugegeben, der Kontakt zwischen Hangay und der Milchstraße war nach den ereignisreichen Jahrzehnten, die Dao und ich hier verbracht hatten, etwas eingeschlafen, vor allem nach der Vernichtung des Humanidroms im Jahre 1289 NGZ, aber das änderte nichts an den Grundfesten der Beziehungen zwischen Kartanin und Menschen. Unsere Völker verband gegenseitige Achtung, und was potenzielle Konflikte anging, stellte die Entfernung zwischen Hangay und der Milchstraße ein gewichtiges Hindernis dar.

Dennoch – der Palast des Regenten hüllte sich in Energie verschlingende Schirme, als stünde ein Angriff unmittelbar bevor.

Unser Glasschiff legte an. Der Zeremonienmeister verneigte sich tief vor uns. »Entschuldigt bitte. Ich wünschte, ich könnte auf diese Umstände verzichten, doch auch den Helden Hangays zuliebe, denen eigentlich jede protokollarische Ehre zusteht, können wir nicht alle Vorsichtsmaßnahmen aussetzen.«

Er verschwand, ehe wir ihn fragen konnten, was er mit seiner Bemerkung über Vorsichtsmaßnahmen meinte. Es machte nichts. Wir fanden es im Verlauf der nächsten zwei Stunden mehr als erschöpfend heraus. Soldaten erschienen und begannen die Sicherheitschecks. Man trennte Dao und mich, zog uns aus, nahm uns Blut und Gewebeproben ab, durchleuchtete uns mit so ziemlich jedem denkbaren Verfahren, tastete uns zum Abschluss von Hand ab und händigte uns schließlich neue Kleidung aus. Einfache einfarbige Hemden und Hosen, die Dao unverschämt gut standen und mir eher schlecht als recht am Körper hingen. Die Kartanin-Schneider arbeiteten offenbar nicht oft für Menschen.

Als der Zeremonienmeister von neuem erschien, blieb sein Blick an mir hängen, als er sich ein zweites Mal für die Umstände entschuldigte. Dann seufzte er: »Aber nun gut, so sind die Zeiten – der Regent erwartet euch!«

*

Gyon-T'an erinnerte mich an ein altes Schlachtross, einen Veteranen zahlloser Kämpfe.

Er empfing uns in einer kleinen Kammer, die bis auf die auf dem Boden verstreuten Sitzkissen bar jeder Einrichtung war. Er war allein. Nirgends war auch nur ein Hauch von dem Pomp zu finden, der uns auf dem Weg zu ihm begleitet hatte, nicht einmal im Ansatz der Versuch, uns mit der Fülle seiner Macht und seinem Wohlstand zu beeindrucken.

Der Regent setzte auf eine andere, persönlichere Karte: seinen Körper. Gyon-T'an trug Kleidung, die aus demselben Stoff gewebt schien wie unsere, nur knapper. Seine derben Arme und Beine waren entblößt und mit ihnen die Insignien des langen Weges, den er zurückgelegt hatte: eine endlos scheinende Narbe, die schräg über den rechten Oberschenkel lief, ein tiefer Einschnitt, wie eine Schlucht in der Landschaft seines Körpers, ein Ohr, von dem nur noch ein unregelmäßiger Stumpf geblieben war und dessen Fetzen, wenn er den Kopf herumwarf, wie eine zerschossene Fahne trotzig im Wind flatterten, und überall Stellen, an denen der Flaum seines Fells sich der gummiartigen Sekundärhaut hatte geschlagen geben müssen, die im Chaos der Schlacht unzureichend versorgte Strahlerwunden hinterließen.

Gyon-T'an war ein Mann des Krieges. Als Sohn eines Söldners, der sich in den zahllosen lokalen Diadochenkriegen der Kartanin verdingt hatte, war er dem Vorbild seines Vaters gefolgt. Nicht freiwillig, wie ich glaubte, auch wenn seine offizielle Biographie es anders darstellte. Gyon-T'an hatte seine Kriegerlaufbahn als Kindersoldat begonnen; billiges, ebenso leicht zu beschaffendes wie zu ersetzendes Kanonenfutter; ein Einwegsoldat, dem man einredete, es sei eine Ehre, für »die Sache« zu sterben, um ihm anschließend eine Nuklearmine umzuschnallen und ihn in die Reihen der Gegner zu schicken.

Irgendwie hatte Gyon-T'an diese Zeit überlebt. Er hatte sich buchstäblich hochgekämpft, sich stets darauf verstanden, auf der Seite der Sieger zu stehen, bis er schließlich als Kriegsherr seine eigene Privatarmee befehligte. Ein gefürchteter Mann, dem aber noch immer das Stigma des Emporkömmlings anhaftete, der seinen Aufstieg ungeschminkter Gewalt zu verdanken hatte.

Vor drei terranischen Jahren war ihm schließlich der Sprung in die Legitimität gelungen. Eine Heirat hatte aus dem Kriegsherrn, dessen einziger Anspruch auf die Macht aus den Läufen seiner Geschütze kam, den hoch geschätzten und ehrwürdigen Regenten von Vinau gemacht. Kluges Taktieren und gezielte Einschüchterung hatten zwei benachbarte kleinere Reiche wie reife Früchte in seinen Korb fallen lassen, und nun, im Januar des Jahres 1330 NGZ, saß Gyon-T'an fest im Sattel und herrschte über mehr als eintausend Sonnensysteme – ohne dass ein Anzeichen in Sicht gewesen wäre, er hätte damit seinen Appetit auch nur annähernd gestillt.

Und dieser Krieger verkroch sich in seinem Palast wie ein greiser Herrscher, den mit jedem Tag, da seine Kräfte weiter nachließen, die Furcht härter bedrängte? Etwas passte hier nicht. Etwas, das die Nachrichtenspezialisten der SOL übersehen hatten. Oder man vor ihnen verborgen hatte.

»Ronald Tekener.« Der Regent stand auf, ging auf mich zu. »Der Mensch, der die Kartanin reitet.«

Er blieb unmittelbar vor mir stehen, seine Nasenflügel blähten sich auf, als beschnüffelte er mich.

Seine Worte waren derb, aber keine Beleidigung. Gyon-T'an zollte mir Respekt, wie es in der Natur des Kriegers lag: mit der Offenheit dessen, der weder Zeit noch Energie auf überflüssige Höflichkeitsgesten zu verschwenden hatte.

Der Regent wandte sich Dao zu, saugte wieder tief die Luft ein. »Dao-Lin-H'ay«, sagte er. »Die Frau, die den Menschen reitet.«

Ihm musste gefallen haben, was er »erschnuppert« hatte. Gyon-T'an trat zurück, bedeutete uns, dass wir es uns bequem machen sollten.

»Ihr beide seid eine Legende in Hangay, wisst ihr das? Nicht nur, weil ihr … ein Paar seid, sondern auch aufgrund eurer zahlreichen diplomatischen Verdienste in Zeiten der Not. Ihr seid unsterbliche Schutzpatrone unserer Sterneninsel, sagen viele, genau wie ESTARTU und ES es einst waren.«

»Wir sind wie ihr Wesen aus Fleisch und Blut«, sagte Dao. Sie mochte es nicht, wenn um sie ein solches Aufheben gemacht wurde.