Perry Rhodan 2400: Zielzeit - Robert Feldhoff - E-Book

Perry Rhodan 2400: Zielzeit E-Book

Robert Feldhoff

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Beschreibung

Rendezvous mit der Vergangenheit - Perry Rhodan startet die Operation Tempus Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte: Mit einer gigantischen Übermacht hat die Terminale Kolonne TRAITOR die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Ihr Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre abzusichern. Diese Negasphäre entsteht in der Galaxis Hangay - einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden. Nur wenige Verstecke in der Milchstraße sind noch "frei", in ihnen hält sich der Widerstand. Dazu gehören die Erde und die anderen Planeten des Solsystems, die sich hinter dem TERRANOVA-Schirm verbergen. Doch Perry Rhodan weiß: Auch in einem Versteck wird Terra untergehen. Die Menschheit kann nur überleben, wenn TRAITOR vertrieben wird. Also startet Rhodan mit seinen Gefährten eine Expedition mit höchstem Risiko - sie führt direkt in die ZIELZEIT...

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Nr. 2400

Zielzeit

Rendezvous mit der Vergangenheit – Perry Rhodan startet die Operation Tempus

Robert Feldhoff

Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte: Mit einer gigantischen Übermacht hat die Terminale Kolonne TRAITOR die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.

Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Ihr Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre abzusichern. Diese Negasphäre entsteht in der Galaxis Hangay – einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden.

Nur wenige Verstecke in der Milchstraße sind noch »frei«, in ihnen hält sich der Widerstand. Dazu gehören die Erde und die anderen Planeten des Solsystems, die sich hinter dem TERRANOVA-Schirm verbergen.

Doch Perry Rhodan weiß: Auch in einem Versteck wird Terra untergehen. Die Menschheit kann nur überleben, wenn TRAITOR vertrieben wird. Also startet Rhodan mit seinen Gefährten eine Expedition mit höchstem Risiko – sie führt direkt in die ZIELZEIT …

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner startet eine wagemutige Expedition.

Mondra Diamond – Die ehemalige TLD-Agentin begleitet Rhodan in die Zielzeit.

Kamuko – Die geheimnisvolle Generalin ist Träger einer Sonnen-Aura.

Gucky – Der sensible Mausbiber ortet geheimnisvolle Wesen.

Pothawk –

1.

Gegenwart: 8. April 1346,

Neue Galaktische Zeitrechnung

»Treffer, Treffer, Treffer! Beim Zentrum der Galaxis, Terraner, heute ist dein Glückstag!«

Perry Rhodan schaute entgeistert von seinem Datentisch auf. Die Konstruktionsunterlagen, die er betrachtet hatte, wurden dunkler und erloschen.

Sein Blick fiel auf den blinkenden Interkom. Das Gerät hatte sich eben aktiviert.

Aus wirbelnden Bildpunkten entstand das Hologramm eines irrwitzig zusammengestoppelten, glitzernden Roboters. Fast wie ein Posbi. »In unserem Preisausschreiben wurde deine Interkom-Durchwahl gezogen, Bürger!«, strahlte der Roboter mit metallischem Lachen. »Wähle jetzt Treffer 1 an deiner Datenkonsole, und dir sind acht Tage Luxus-Ferien in den Marskolonien sicher! Wähle Treffer 2, und du erhältst zum Spottpreis von gerade 99 Galax einen Haushaltshelfer der Marke Whistler offeriert …«

Hydraulikflüssigkeit spritzte aus einem Schlauch, der sich mit einem Mal löste – und formte aus seinem Tropfenregen das Reklamelogo einer Technologie-Kaufhauskette. »Was, du willst beides, Bürger? Den Urlaub und die Haushaltshilfe? Du willst den Kombitreffer? Dann halt deinen Creditchip bereit und wähle die Rufnummer …«

Perry Rhodan zog erzürnt die Brauen hoch. Dies war nicht irgendein Büro, sondern das des Terranischen Residenten. Der Vorgang war ein Ding der Unmöglichkeit. Hatte Rhodan jedenfalls geglaubt – bis eben.

Er berührte nicht die 1, nicht die 2, sondern fror die Verbindung ein. Das Bild des Roboters erstarrte.

»Sekretariat«, sagte er laut. Die Sprechverbindung zum Nebentrakt aktivierte sich. »Rhodan hier. Einer von diesen Positronik-Spammern ist an meinen Arbeitstisch gelangt.«

Die Stimme eines Sekretärs keuchte. »Bitte was?«, kam es durch den Interkom.

»Man bietet mir einen Haushaltsroboter für 99 Galax. Marke Whistler, wohlgemerkt, die kosten allein in der Herstellung sechshundert.«

Es wurde eine Sekunde still.

»Mein Gerät hält gerade die Verbindung«, sagte Rhodan. »Der Sicherheitsdienst soll sich darum kümmern. Seht einfach zu, dass ihr das Leck dicht macht. Ach ja, und wenn ihr die Spammer abmahnt, übermittelt ihnen Grüße: Ich habe leider keine Zeit für Ferien auf dem Mars. Sie sollen sich erst wieder melden, wenn sie Vibratormesser-Sets zu verschenken haben. Oder Zellaktivatoren.«

»Richten wir aus. – Können wir sonst etwas für dich tun?«

Rhodan neigte den Kopf, schon wieder freundlicher. »Schickt mir bitte zwei von diesen mehligen Miniäpfeln ins Büro, die wir im Kühlhaus lagern.«

»Du meinst die europäische Sorte?«

»Genau die. Danke, das wäre alles.«

Rhodan schaltete den Datentisch ab. Den Deckplan der JULES VERNE hatte er nun grob im Kopf. Er konnte sich in dem Raumschiff zurechtfinden, ohne es je betreten zu haben.

Auch das Hologramm des Roboters erlosch wenige Sekunden später – als der Sicherheitsdienst die Leitung kappte.

Perry Rhodan desaktivierte seinen Apparat.

Er legte stumm die Füße hoch, die Stirn gerunzelt, atmete ruhig durch und genoss das Großstadt-Panorama. Vielleicht zum letzten Mal für lange Zeit.

Regentropfen peitschten gegen die Fensterfront seines Büros, das in einem Kilometer Höhe über der Stadt schwebte. Die Tropfen perlten von dem Strukturglas ab und flossen senkrecht nach unten.

Bis zum Horizont ragten Wohnanlagen aus dem Häusermeer, hunderttausend blinzelnde Lichter, Morgengrau schimmerte durch den Schleier einer Regenfront. Im Nordosten wogten Gischt und Brecher über den Goshun-See, weit dahinter stiegen gewaltige Frachtraumschiffe auf, vom Crest Lake Space Port, und drängten hinauf in die tief hängenden Gewitterwolken.

Der Morgen war nicht der schlechteste, trotz Spam-Reklame, Wolkenbruch und Frühjahrssturm.

Nicht, dass die Feinde der Erde über Nacht die Strahlkanonen ausrangiert hätten. Das Sonnensystem stand nach wie vor unter Belagerung der Terminalen Kolonne TRAITOR. Ein winziger Fehler im TERRANOVA-Schirm, der sie schützte, und die Erde konnte schon Geschichte sein.

Doch der 8. April des Jahres 1346 NGZ markierte einen Wendepunkt im Krieg: den Übergang von Verteidigung zu Offensive. Nur dass dies niemand außer Rhodan wusste. Er hatte über Wochen den engsten Freundeskreis belogen, hatte geschwiegen und Tatsachen verdreht.

Dies war nun zu Ende. Operation Tempus stand vor dem Vollzug.

Der Terminplan sah vor, dass exakt an diesem Tag ein Konvoi aus der Charon-Wolke das Solsystem erreichen sollte.

Mit Eintreffen des Konvois begann das Spiel. Exakt in einer Stunde.

Ein Servoroboter brachte zwei Äpfel, nicht größer als Walnüsse, und legte sie vor Rhodan auf dem Schreibtisch ab.

Er wickelte die Früchte in ein Tuch und schob beide in die Tasche seiner Regenkombi. Nicht, dass er sie später im Büro liegen ließ.

Rhodan aktivierte wiederum den Interkom. Aus der Adressdatei wählte er drei Namen: Bully, Mondra, Homer.

Die Positronik stellte automatisch die Verbindungen her. Nebeneinander entstanden die Abbildungen dreier Gesichter zur Holokonferenz.

Das müde Grinsen des Rotschopfes, am linken Rand der dreigeteilten Holo-Galerie, gehörte Reginald Bull, seinem engsten und ältesten Freund. Bull hatte schon den Mondflug der STARDUST mitgemacht, vor fast dreitausend Jahren. Derzeit war Bull Verteidigungsminister der Liga Freier Terraner – ein hartes Brot, wie Rhodan sehen konnte: Bull hatte die Nacht durchgearbeitet, nach Rhodans Wissen das dritte Mal hintereinander.

»Was gibt’s, Perry? – Wieder mal Probleme? Soll ich dir ein Schlachtschiff schicken, oder reicht ein TARA-Kampfroboter?«

Gesicht Nummer zwei gehörte Mondra Diamond, seiner Ex. Rhodans ehemalige Gefährtin, die er nach der Trennung häufiger zu Gesicht bekam als vorher. Mondra trug einen engen Pyjama. Das Grün ihrer Augen strahlte, obwohl er sie offensichtlich geweckt hatte, sie schüttelte den Kopf, und ihr schwarzes, vom Liegen wirres Haar ordnete sich wie von Zauberhand berührt. Vermutlich durch eine Nano-Beschichtung.

»Perry! Wenn du frühstücken willst, gib mir eine halbe Stunde! Oder zehn Minuten, wenn du heute noch die Erde retten musst!«

Gesicht Nummer drei gehörte einem kleinen Mann mit schütterem Haarkranz: Homer G. Adams, Finanz- und Wirtschaftsgenie. Adams war wie Rhodan und Bull potenziell unsterblich, durch den Zellaktivator in seiner Schulter. Allein Adams war es zu verdanken, dass die Wirtschaft des Solsystems nicht zusammengebrochen war, nach zwei Jahren Belagerung durch die Terminale Kolonne TRAITOR.

»Perry«, meinte Adams indigniert und mit einer Spur Vorwurf in der Stimme. Er hob für eine Sekunde die Datenbrille, die er trug, und blinzelte ins Bild. »Wir stecken im Monatstreff der Konsumgüterproduktion Vorderasien. Vergiss nicht den Terminkalender! – Ich rufe gegen acht zurück. Mein positronischer Sekretär gibt dir ansonsten gerne …«

Perry Rhodan blickte alle drei an, bis die Stimmen synchron verstummten.

»Bully, Mondra, Homer: Es ist so weit.«

Bull begriff als Erster: »Operation Tempus?«

»Du sagst es, Dicker.«

*

Ein Schwapp Regen peitschte Rhodan ins Gesicht, als er am Rand des Terrania Space Port aus dem Gleiter stieg. Sein Haar klebte in Sekunden nass am Kopf, doch er genoss das Gefühl, weil es für Natur und für Heimat stand. Dinge, die ein Raumfahrer wie Perry Rhodan zu schätzen wusste.

Aus dem Dunst ragten die Silhouetten gebirgsgleicher Kugelraumer: Terras neue Ultraschlachtschiffe der JUPITER-Klasse, mit zweieinhalb Kilometern Durchmesser. Nur die unteren Teile der Polrundungen waren sichtbar, bis knapp unter die monströsen Triebwerkswulste, der Rest verschwamm im Regen.

»Perry!«, hörte er eine Stimme durch das Wetter. »Willst du ewig deine Raumschiffe anstarren?«

Er sah Mondra Diamond, die ihm von einem Unterstand aus zuwinkte. Sie trug eine schwarze Regenkombi, das Haar war zu einem Knoten gebunden. Der kniehohe, dunkelhäutige Klonelefant, der neben ihr wasserscheu nur den Rüssel in den Regen reckte, Rhodan entgegen, war Norman. Mondras Haustier und Freund.

Auf einer Bank hinter Mondra hockte der schmächtige Homer G. Adams. Er trug dieselbe Datenbrille wie vorhin. Adams bewegte ohne Mienenspiel die Lippen, wie autistisch, vermutlich sprach er in ein Mikrofon. In den Händen hielt er Federhalter und einen Block Papier. Adams war Jahrgang 1918, alter Zeitrechnung, ein Zellaktivatorträger der ersten Stunde – und beherrschte noch die altertümliche Stenografie. Auf den Zettel kritzelte er geheimnisvolle Zeichen.

Hinter ihm lehnte Reginald Bull an der Wand, in den Händen eine Warmhaltekanne. »Kaffee, Perry?«, brüllte Bull durch den Regen. »Hol dir einen Becher ab, wenn du mit Duschen fertig bist. Ich will nicht, dass der Regen das Aroma versaut!«

Rhodan ging durch den Regen. Er nahm Mondra in den Arm, nass, wie er war, und drückte sie kurz.

»Ich habe Norman mitgebracht. Du hast doch nichts dagegen?«

»Ach was. Dann ist der Kleine ab sofort Geheimnisträger.«

Rhodan öffnete eine Tasche seiner Jacke und förderte die Äpfel aus der Residenz zutage. »Überraschung, Kleiner! Als Schweigegeld.« Norman griff mit dem Rüssel zu. Den ersten Apfel verspeiste er sofort, den zweiten bunkerte der kleine Elefant zwischen seinen Vorderbeinen.

Mondras Augen blitzten, sie fühlte sich wunderbar an, und er wünschte sich, mit ihr durch den Regen zu bummeln, bis sie beide durchnässt bis auf die Haut waren.

Stattdessen ließ er Mondra los und begrüßte mit Handschlag Reginald Bull. Seinen Verteidigungsminister und besten Freund.

»Sauwetter«, stellte Bull neutral fest. Er tat, als interessiere ihn der Hintergrund von Operation Tempus nicht im Mindesten. »Wir müssen mal mit den Leuten von der Wetterkontrolle sprechen. Falls sich das nicht NATHAN ausgedacht hat.« Er hob fragend die Kanne hoch, doch Rhodan schüttelte den Kopf.

Von der Bank tönte ein indigniertes Räuspern: »Ich hoffe, du hast gute Gründe, Perry!« Adams zog die Datenbrille ab, schlug auf seinen Block Papier und blickte Rhodan direkt an. »Jede Minute, die ich hier nutzlos sitze, kostet den Staatshaushalt eine Million Galax.«

»Die Gründe habe ich in der Tat, Homer. Von nutzlos kann keine Rede sein.«

Rhodan blickte auf sein Kombiarmband, prüfte die Zeitanzeige – und deutete im selben Moment mit dem Arm schräg nach oben Richtung Himmel.

Ein fernes Grollen tönte, das mit jeder Sekunde näher rückte.

Aus dem Grau der Regenfront senkte sich eine scheibenförmige Kontur, ein Plattform-Werftmodul mit angekoppelter Kugelzelle. »Ein GANYMED-Tender?«, fragte Bull. »Ist das alles? Hast du uns deswegen herbestellt?«

Von der Ladefläche der Scheibe lösten sich vier Container. Zwei waren dicke Brocken, gut ein halber Kilometer Kantenlänge, die beiden anderen schienen für das Auge kleiner. Schleppkreuzer der Flotte nahmen sie in Empfang, mit Traktorstrahlen, und setzten die Container auf einem Sperrgebiet des Raumhafens zu Boden.

Über dem Areal flackerten HÜ-Schirme auf.

Der GANYMED-Tender nahm Fahrt auf, ohne für eine Sekunde den Boden berührt zu haben, wurde wieder kleiner – und verschwand in der Wolkendecke über Terrania.

»Also schön«, schnarrte Adams. »Von wo kam der Tender? Was hat er geladen?«

Rhodan lächelte fein. »Das Schiff kommt soeben aus der Charon-Wolke. Von unserem Experimentalplaneten Jonathon. Und die Ladung besteht aus einem Algorrianischen Kontextwandler plus Bedienungsmannschaft.«

Es wurde mit einem Mal still.

Bull verschluckte sich und spuckte einen halben Mund voll Kaffee aus. »Diese verdammte Zeitmaschine?«, fragte er rau.

*

Der Aufruhr der Natur, der in den frühen Morgenstunden des 8. April tobte, trog komplett: Über der Erde lag ansonsten Stille.

Knapp 260.000 Traitanks, die mächtigen Schlachtschiffe der Gegenseite, belagerten nach wie vor den Kristallschirm des Solsystems. Die Belagerung verlief erfolglos, denn die TERRANOVA-Flotte ließ keine Sekunde in ihrer Wachsamkeit nach. Dass Terra noch existierte, war ein Produkt guter Zusammenarbeit: Der Nukleus der Monochrom-Mutanten, Lebensversicherung der Menschheit, wuchs und gedieh auf den Galapagos-Inseln; seine mentale Kraft speiste den Kristallschirm. 200 Millionen Terraner taten jede Sekunde in den TANKSTELLEN des Systems Dienst – in Bereitschaft, für den jederzeit denkbaren Fall eines Großangriffs. Als Helfer für den Nukleus.

Technologie plus Mutantenkräfte plus menschliche Mitarbeit: So lautete die Formel für das Überleben.

Doch Defensive allein, wusste Rhodan, schob das Ende nur auf.

Die RICHARD BURTON war längst auf dem Weg Richtung Negasphäre, zur Galaxis Hangay, unter dem Kommando des Arkoniden Atlan. Damit bestand zum ersten Mal Hoffnung, der Gegenseite einen echten Schlag zu versetzen.

Fehlte noch der entscheidende Vorstoß. Die Grundlage dafür wollte Rhodan persönlich legen – mit dem bevorstehenden Himmelfahrtskommando, das den Kodenamen Operation Tempus trug.

»Habt ihr eure Regenschirme dabei?«, fragte er seine Freunde.

Er deutete auf eine Schwebeplattform, die sich aus dem Sperrgebiet näherte. Das Gefährt hatte kein Dach. Stattdessen standen im strömenden Regen vier Terraner in SERUN-Kampfanzügen, gesichtslos, mit geschlossenen Helmen.

Die Terraner luden sie auf. Perry Rhodan, Reginald Bull, Homer G. Adams und Mondra Diamond wurden in Richtung Sperrgebiet transportiert.

Rhodan und Mondra schlossen ihre Regenkombis. Reginald Bull brachte lachend einen Mikroprojektor zum Vorschein, der über seinem Kopf ein Prallfeld entstehen ließ. An den unsichtbaren Rändern perlten Tropfen hinab. Norman drängte sich an Bulls Beine, den einzig trockenen Platz im Gleiter.

Allein Adams stand im Regen. »Ich wundere mich in höchstem Maß über dein Vorgehen, Perry. Was sollen diese … Witze?«

Rhodan wurde übergangslos ernst: »Kein Mensch im Solsystem kann mit Bestimmtheit sagen, welche Geheimnisse bei uns sicher sind und welche nicht. Die Terminale Kolonne spioniert uns mit Koda Ariel aus, mit diesen Gestaltwandlern. Und wer weiß, mit welchen Mitteln noch. Operation Tempus wird deswegen mit ungewöhnlichen Mitteln verschleiert.«

»Dieser Regentransfer«, fragte Adams mit ätzendem Spott, »ist ein solches Mittel?«

»Ja«, antwortete Rhodan ernsthaft. »Niemand außer euch weiß, was in den Containern steckt. Niemand konnte also erwarten, dass die Führungsspitze der Erde auf diese Weise Terrania Space Port überquert.«

»Eine Menge Vorsicht.«

»Weil buchstäblich alles auf dem Spiel steht, Homer.« Rhodan entblößte die Zähne: ein Versuch zu lächeln, der gründlich fehlschlug. »Wenn Operation Tempus nicht zum Erfolg führt, gibt es in fünf Jahren diesen Raumhafen nicht mehr. Dann gibt es in fünf Jahren keine Erde und keine Menschheit. Der Schutzschirm ums Sonnensystem kann uns nicht ewig retten.«

Adams sah ihn unbehaglich an. »Du meinst das ernst.«

»Bitterernst.« Rhodan wischte sich Regen aus dem Gesicht.

»Und du willst noch immer nicht sagen, was dahintersteckt?«

»Nein.«

Der Gleiter verhielt für Sekunden vor dem HÜ-Schirm, der das Sperrgebiet isolierte, bis sich eine Strukturlücke öffnete und sie ins Innere passieren ließ.

Unter der Schirmfeldglocke fiel kein Regen. Bull schaltete seinen Projektor ab.

Die Container lagerten mitten in dem Sperrgebiet. Entlang der Ränder verhielten Kampfgleiter, Kampfroboter, Schwebelafetten mit Transformkanonen, als habe man den Angriff einer Armee abzuwehren. Kein Mensch, kein Roboter näherte sich weiter als bis auf einen halben Kilometer den Behältern. Das Aufgebot wirkte, als belagerten die Einheiten sich gegenseitig.

Rhodan bat die Terraner in den SERUNS, von ihrem Gleiter abzusteigen. Er übernahm das Steuer und manövrierte ihr Gefährt zu den Containern.

Nichts regte sich im Inneren der grauen Blöcke.

Reginald Bull räusperte sich. »Noch mal die Sache mit der Zeitmaschine, Perry …«

»Ja, Dicker?«

»Also: Wir haben gehört, dass der Algorriansche Kontextwandler in der Charon-Wolke gebaut und getestet wurde. Es hieß, man habe dabei temporale Phänomene beobachtet, und es hieß dann weiter, die Leute auf Jonathon bauen eine Zeitmaschine.«

»Das habe ich ebenfalls gehört.« Rhodan starrte auf den Container.

Bull ließ sich nicht entmutigen. »Wir wissen, dass Atlan das Kommando über die RICHARD BURTON übernommen hat. Das wäre dein Job gewesen, Perry! Aber du bist nicht an Bord, und du hast dich geweigert, irgendwem zu erklären, wieso. Wir wissen, dass du kurz vorher auf Galapagos warst und dass du mit dem Nukleus der Monochrom-Mutanten geredet hast.«

Bull schnaubte wütend. »Seit dem Tag bist du verschlossen wie eine sprichwörtliche Auster. Ich bin dein Freund, ich bin nicht blöd. Der Nukleus hat dir irgendwas gesagt, was mit diesen Containern zusammenhängt … Und mit dem Algorrianschen Kontextwandler. Ich frage jetzt einfach mal geradeheraus: Ist in den Containern eine Zeitmaschine drin oder nicht?«

Rhodan biss sich auf die Lippen.

»Wenn du uns gar nichts hättest sagen wollen«, sagte Bull sauer, »hättest du uns nicht erst hierher gerufen.«

»Das ist richtig. Ich will, dass ihr in gewissem Umfang Bescheid wisst. Welcher Umfang das ist, darüber denke ich noch nach.«

»Bei allem Vertrauen in dich: Wenn ich nicht jetzt gleich explodieren soll wie eine Nova, dann …«

Bull stampfte mit dem Fuß auf. Er packte seine Warmhaltekanne und schleuderte sie über den Beton. Die Kanne schepperte, rutschte ein paar Meter und blieb liegen, mit aufgesprungenem Verschluss. Rhodan sah dampfenden Kaffee auf den Boden rinnen.

»Also gut. Der Algorriansche Kontextwandler ist eine Art Zeitmaschine. Hiermit bestätigt. Der Kontextwandler verändert für das Raumschiff, das als Trägereinheit vorgesehen ist, den umgebenden Kontext. Was in der Tat gleichbedeutend ist mit einer Zeitreise. Alles ein bisschen umständlich ausgedrückt, ich bin der Erste, der das zugibt, Dicker. – Aber das sind die Erklärungen, die ich selbst erhalten habe …«

»Und von wem?«

»Vom Nukleus.«

»Du willst auf Zeitreise gehen?«

Rhodan öffnete den Mund, wollte antworten … als ein metallisches Klacken aus Bodenhöhe tönte, aus dem Container. Eine Rampe senkte sich aus dem Rahmen herab, und dahinter stand der Zugang zu einer Schleuse offen.

Aus dem Dunkel der Schleuse glitt schwerelos ein Gebilde ins Licht, das auf den ersten Blick an einen gläsernen Sarg erinnerte. In dem halb transparenten Material eingeschlossen schwamm eine Substanz, wie ein Klumpen Matsch. Rhodan wusste, dass es sich um die Reste eines Menschen handelte: Malcolm Scott Daellian, bis vor kurzer Zeit Chefwissenschaftler der Menschheit. Dann aber hatte der Nukleus Daellian nach Jonathon geschickt – um den Algorrianschen Kontextwandler zu konstruieren. Erhalten war das Gehirn des Wissenschaftlers; alle Versuche jedoch, einen Körper nachzubilden, waren am instinktiven Widerstand des Patienten gescheitert, der sich unbewusst für tot hielt.

Rhodan stieg von der Plattform und trat dem schwebenden Sarg entgegen.

»Rhodan«, tönte eine künstliche Stimme. Mit kalter, maschinenhafter Modulation. »Dieser Zwischenstopp ist nicht vorgesehen. Welche Gründe gibt es dafür?«

»Die Pläne wurden geändert, Daellian. Der Transport wurde aus Gründen der Geheimhaltung zunächst nach Terra umgeleitet.«

»Ist das Trägerschiff des Kontextwandlers bereit?«

»In Kürze abflugfertig. Allerdings an einem völlig anderen Ort des Solsystems. Zunächst werden die Container entladen und umdeklariert, danach erfolgt der Weitertransport an den Bestimmungsort. Laut Zeitplan um 8 Uhr 25 Ortszeit. Das Rendezvous von Trägerschiff und K-Wandler ist für den Abend geplant.«

Daellian machte kehrt, ohne Rhodan weitere Aufmerksamkeit zu widmen, und glitt in den Container zurück.

Für eine Sekunde erschien im Dunkel hinter ihm eine Gestalt, ein Vierbeiner, ähnlich wie ein Zentaur. Es war ein Algorrian. Einer jener legendären Techniker aus tiefer Vergangenheit, die aufseiten der Menschheit standen. In gewisser Weise.

Rhodan fühlte sich von dem Algorrian finster gemustert. Dann fuhr die Rampe wieder hoch, und die Schleuse schloss sich.

Auf dem Landefeld kehrte Ruhe ein.

Wiederum fasste Bull Rhodan ins Auge. »Also noch mal die Frage von eben, Perry. Wir wurden unterbrochen. – Du willst auf Zeitreise gehen?«

Rhodan sagte: »Ja.«

»Und du willst Daellian mitnehmen. Die Algorrian ebenfalls?«

»Ja.«

»Deshalb bist du nicht an Bord der RICHARD BURTON.«

»Richtig.«

»Deshalb hast du Atlan nach Hangay vorgeschickt, statt selbst zu fliegen. Weil Operation Tempus dir noch wichtiger ist als die Mission der BURTON.«

Rhodan gab darauf keine Antwort.

Stattdessen deutete er zum Himmel hinauf, wo eben in dem HÜ-Schirmfeld eine Strukturlücke entstand. Eine Wolke von Gleitern und Flottenschleppern regnete ins Innere.

Die Schlepper umringten die Container. Traktorstrahlen zerrten mit gewaltiger Kraft, die äußeren Wände glitten von den Container-Körpern, und darunter kamen Innenwände von silbriger Farbe zum Vorschein. Roboter schwebten heran und brannten mit Thermoprintern neue, gefälschte Frachtsiegel an die Schotten.

Die Gleiter – es waren vier – landeten bei Rhodan und seinen Begleitern. Keiner trug eine Bezeichnung. Sie waren optisch neutral gestaltet, keiner der vier vom anderen zu unterscheiden.

»Weiter geht’s!«, verkündete Rhodan. »Jeder nimmt seine eigene Maschine, die Piloten haben entsprechend Order. Wir haben noch eine kleine Reise vor uns.«

*

Rhodan bekam seinen Piloten nicht zu Gesicht.

Der Gleiter zog vom Raumhafen nordöstlich Richtung Stadtgebiet, über den Zoo Terrania hinweg zum Goshun-See. Von dort bog der Kurs südöstlich ab, zum Atlan Village. Perry Rhodan wechselte den Gleiter, an einer vom Geheimdienst präparierten Örtlichkeit, stieg in eine kleine, mit Vurguzz-Kisten beladene Frachtmaschine um und setzte die Reise nach Norden fort.

Am Handelshafen Point Surfat traf er wieder mit Bull und Adams zusammen – an Bord eines Shuttles, das die Strecke Erde-Mond im stündlichen Pendelverkehr flog. Mondra Diamond und Norman stießen als Letzte hinzu.

Das Shuttle hob vom Handelshafen ab.

Rhodan richtete durch ein Seitenfenster den Blick nach unten; wo früher dicht an dicht Handelsfrachter aus allen Systemen der Galaxis gestanden hatten, zwecks Be- und Entladung von Gütern, herrschte heute kilometerweit gähnende Leere. Die Blockade der Kolonne verhinderte jeglichen Warenverkehr mit der Galaxis.

Der Flug zum Mond kostete sie eine halbe Stunde.

Adams wisperte wieder in sein Mikrofon, die Datenbrille vor den Augen.

Bull bedachte Rhodan mit einem finsteren Blick.

»Ich frage mich, was dieser Kontextwandler bewirken soll, Mondra«, überlegte er. Und blieb mit den Augen weiterhin bei Rhodan. »Wollen wir die Invasion TRAITORS ungeschehen machen? Das wäre doch mal ein Schachzug! Wir steigen in dieses Trägerschiff – was immer unser Perry da vorbereitet hat – und bewirken eine Zeitkorrektur. Perfekt! So simpel ist das!«

Mondra Diamond schüttelte den Kopf. »Wir kennen nicht einen verbürgten Fall, dass eine Zeitreise wirklich in großem Stil Zeitabläufe geändert hätte.«

Adams riss die Brille hoch. »Eine große Sache wie die Invasion der Milchstraße kannst du nicht ungeschehen machen. Sei kein Narr, Bully. Gebt es einfach auf, Perry wird schon reden, wenn er so weit ist. Er plant etwas völlig anderes.«

»Und was?«

Adams schob demonstrativ die Brille vor die Augen zurück.

Mondra öffnete den Knoten in ihrem Haar, warf die Frisur nach vorn, nach hinten – und sah aus wie frisch frisiert. Sie nippte aus einem Glas Orangensaft.

»Ich stelle mir vor«, sagte sie, »dass der Kontextwandler uns in etwa hundert Jahre in die Vergangenheit bringt. In eine Zeit, als der Einflug nach Hangay ungehindert möglich war! Ich denke, dass Perry mit dem Kontextwandler Atlan helfen will. Atlan kommt von außen – wir schleichen uns quasi durch die Hintertür hinein. Mit einer Zeitreise. Wir bauen in der Vergangenheit eine Reihe von Stützpunkten auf, die für die Expedition der BURTON wichtig sind. Wenn wir das erledigt haben, kehren wir in die Gegenwart zurück … und nehmen mit Atlan den Kampf auf!«

Rhodan kannte seine Freunde. Die Spekulationen dienten dazu, ihn zu einer Antwort zu verleiten.

»Nichts dergleichen«, sagte er schließlich mit einem fast nicht sichtbaren Lächeln. »Es ist keinerlei Zeitkorrektur geplant. Auch kein Flug nach Hangay.«

»Aber wo liegt dann der Sinn?«, brach es aus Bull heraus. »Die Konstruktion auf Jonathon hat Milliarden Galax gekostet! – Jawohl, Perry, ich habe mir erlaubt, über NATHAN die Unterlagen zu checken! Wir haben über Monate unseren besten Wissenschaftler abgestellt, und wir haben diverse Raumschiffe wegen dieses … dieses Kontextwandlers hin und her geschickt. – Welchen Sinn hat eine hoch aufwendige Zeitreise in unserer verzweifelten Lage, wenn man nichts verändern will?«

Schnaufend vor Ärger beendete Bull seine Rede.

Rhodan gab keine Antwort. Noch nicht.

Mondra Diamond kraulte Norman hinter den Ohren. Der kleine Elefant schnorchelte wie paralysiert.

Das Shuttle drehte im Raum seine Position, und in den Fenstern kam die halb beschienene Sichel des Mondes in Sicht.

*

Die Aaron-Quippo-Werft, ein Distrikt aus Montagestätten mitten in der Kraterwüste, schimmerte unter einem Energiedach. Die Anlage lag 700 Kilometer von Luna City entfernt, der Hauptstadt des Mondes, und war für die Sondermontage von Kugelraumschiffen bis tausend Meter ausgelegt. Wer genau hinsah – und das tat Rhodan –, bemerkte Anzeichen für eine Großaktion des TLD. Der Geheimdienst kontrollierte sogar den kleinsten Hügel in weitem Umkreis. Die Werft war der am gründlichsten abgeriegelte Ort auf Luna.

Bull kniff die Augen zusammen. »Ich erinnere mich düster … In der Aaron-Quippo-Werft werden Schulschiffe montiert. Das JULES-VERNE-Projekt, stimmt’s?«

»Glückwunsch, Dicker! Allerdings ist das eher die offizielle Version. Die Wahrheit sieht ein bisschen anders aus: Genauer gesagt, die Belegschaft in dem Betrieb wusste selbst nicht, was sie da in den letzten Monaten gebaut hat.«

»Das Trägerschiff«, erriet Bull.

Rhodan zuckte die Achseln. »Wart’s ab.«

Ein Areal nahe bei der Werft war von einem kombinierten Prallfeld- und Deflektorschirm abgeriegelt. Die Ortersysteme des Shuttles zeigten an, dass die Sonderfläche existierte, erlaubten jedoch keinen Blick auf das Innere. Das Shuttle verhielt vor einer Feldschleuse. Kampf-Shifts der Flotte verhielten links, rechts, über und hinter ihnen in Gefechtsbereitschaft. Von jenseits der Schleuse schwebte ein Passagierbus heran: Sie wechselten durch eine Schleuse in die Buskabine, Sonden prüften ihre Identitäten, selbst Norman wurde abgetastet und durchleuchtet.

Rhodan spürte, dass der Bus sich in Bewegung setzte. Doch die Fenster waren abgedunkelt.

Nach zwei Minuten Flug setzte das Gefährt mit einem fühlbaren Ruck auf. Rhodan öffnete die Schleuse.

»Aussteigen alle Mann!« – Bull atmete auf.

Von draußen drang metallisch riechende Luft herein, Geräusche wie von gewaltigen Industrieanlagen, aus weiter Entfernung tönten die Stimmen von Menschen.

Unter dem Dach aus Energie herrschte künstliche Erdschwerkraft. Das Licht war nicht gleißend hell, sondern entsprach irdischem Tageslicht. An Hunderten Stellen lagerten Paletten und Behälter voller Material. Tausende Gestalten wimmelten durch den nicht überschaubaren, dennoch straff organisierten Ablauf.

Im Mittelpunkt des Areals flimmerte eine weitere Glocke aus Energie, ein dunkelgrün leuchtender HÜ-Schirm in Form eines Schildkrötenpanzers. Rhodan sah den Strom von Gleitern, Montageeinheiten und Material, der ins Innere der Glocke gelangte. Heraus gelangte dagegen nichts. Das typische Szenario, das sich bot, wenn ein Raumschiff frisch aus der Werft für den Einsatz bestückt wurde.

»Sehen wir uns das Gelände mal an!«

Ein Adjutant hielt einen Schweber bereit.

Rhodan winkte freundlich, bestieg den Pilotensitz und ließ Bull, Adams, Mondra und Norman zusteigen.

Auf gewaltigen Montageschlitten lagerten jene Container, die sie auf Terrania Space Port das letzte Mal gesehen hatten. Montagegleiter lösten die Verschlüsse zwischen Wänden und Boden, und Transportschlepper hoben in einem Stück die silbrigen Decken und Wände ab. Darunter kam die Fracht zum Vorschein.

Nummer eins war ein Chassis von zwanzig Metern Durchmesser, ein technischer Funktionsblock, in einem Stück gefertigt: der Leitstand des Kontextwandlers. Rhodan kannte die Abbildungen aus dem Datenblatt.

Der zweite Container entpuppte sich als Standard-Container der LFT – zur Beförderung von Personengruppen in Raumschiffen ohne ausreichende Kabinenzahl. An Bord befand sich die Bedienungsmannschaft des K-Wandlers, die vom Planeten Jonathon kam. Im Wesentlichen war das Malcolm S. Daellians Team.

Ein Dutzend Gestalten traten ins Freie. Rhodan kniff die Augen zusammen; tatsächlich, mit den Terranern kamen zwei Algorrian, Le Anyante und Curcaryen Varantir, die »Alten«.

Nur Daellian selbst ließ sich nicht sehen.

Als eigentliche Sensation entpuppten sich ohnehin die zwei Container weiter hinten, die dicken Brocken: Rhodan erkannte deren Bilder wieder. Beide Zylinder-Blöcke schienen wie aus einem Stück gefertigt, sie erreichten gewaltige 300 Meter Höhe, und ihre Seitenwände waren an den ebenen Abschnitten auf Interkosmo beschriftet: Meiler-1 und Meiler-2. Sie erinnerten ihn an die archaischen Türme einer Ölraffinerie. Ein Wust aus Röhren, Leitungen und Kabelbäumen überzog sie; Projektorkugeln aus rubinrotem Material, vermutlich Ynkelonium, zogen sich um die Meilerkerne.

Auf halbem Weg gesellte sich ein fliegendes Objekt zu ihnen: Daellians Sarg.

»Auf ein Wort, Daellian!«, brüllte Bull aus dem fliegenden Gleiter. »Was für Meiler sind das? Eckdaten bitte!«

Bull war ausgebildeter Ingenieur – lange vor seiner Tätigkeit als Verteidigungsminister –, sein Interesse also nachvollziehbar.

Daellian rückte im Vorbeiflug neben sie. »Ist Minister Bull zur Kenntnisnahme autorisiert?«, fragte er.

Rhodan nickte.

»Herzstücke der Meiler, Minister Bull«, rief Daellian gegen den Flugwind, »sind die zwei Ultra-Injektoren, in die wir je knapp 56 Kilogramm Salkrit verbaut haben! Zusammen mit den Hypersexta-Halbspur-Beschleunigern liefern sie den temporalen Schub. Die Nullfeldprojektoren erstellen das absolute Nullfeld. Zu einem großen Teil ist das Algorrian-Technik, für Menschen nicht nachvollziehbar. Ich weiß grob theoretisch, was da bewirkt wird. Aber ich bin offen gestanden außerstande, alles zu verstehen. – Dafür alles andere: In die Boden- und Dachplatte integriert sind je sechs Daellian-Meiler, von den Algorrian verbessert. Die Apparate werfen jetzt 3,38 mal 10 hoch 15 Watt Leistung aus – pro Aggregat. Und wir betreiben 24 Stück davon! Wir haben insgesamt 32 Zyklotraf-Speicher im K-Wandler, nutzbare Nettospeicherkapazität 2,448 mal zehn hoch 22 Joule. Mit der vollen Ladung beschicken wir die Quintadim-Umformer der Eingangsstufe, die mit den Nullfeldprojektoren verbunden sind.«

»Und damit«, schrie Bull, »kann man durch die Zeit reisen?«

»Wir sprechen von einem Kontextsprung, Minister Bull«, korrigierte Daellian. »Ja, damit wird ein Kontextsprung eingeleitet. Aber da, was … Ich bitte um Entschuldigung.«

Daellian drehte mit einem Mal ab, und der halb transparente Sarg schoss auf eine Formation Arbeitsroboter zu, die sich von hinten dem Meiler-1 näherten – offenbar unautorisiert und unbemerkt von allen anderen, außer von Malcolm Scott Daellian.

Rhodan lachte. »Lassen wir Daellian seine Arbeit tun. Er wird noch Gelegenheit genug haben, uns den K-Wandler zu erklären. Jedenfalls den Teil, den er selbst versteht.«

Rhodan steuerte auf direktem Weg zu der dunkelgrünen HÜ-Glocke, die sich im Zentrum des Areals erhob.

TLD-Agenten in SERUNS patrouillierten paarweise im Umfeld des Schirmfeldes. Dutzende Staffeln schwerster TARA-Kampfroboter hielten Wache, so als seien der Sicherheitsvorkehrungen nicht genug.

Rhodan mied die Strukturlücken, die für den Warenverkehr geschaltet waren – er hielt stattdessen auf eine Personenschleuse am Fuß der Glocke zu.

Norman reckte den Rüssel ins Freie und sog Luft ein, als wittere er die Aufgeregtheit seiner Begleiter. Selbst Adams schob die Datenbrille hoch und blickte nach vorn.

Mondra legte für eine Sekunde eine Hand auf Rhodans Schulter und lachte ihn an. »Es wird Zeit, Perry, ich halte die Spannung bald nicht mehr aus!«

Die Berührung elektrisierte ihn mehr, als er zeigen wollte. Rhodan zog rasch die Schulter weg.

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