Perry Rhodan 2417: Sklave der Maschinen - Horst Hoffmann - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2417: Sklave der Maschinen E-Book und Hörbuch

Horst Hoffmann

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Beschreibung

Alomendris erzählt - Atlan erfährt die Geschichte der Kontaktwälder Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Der unsterbliche Arkonide Atlan begibt sich auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens. Stets bemüht, nicht in einen offenen Konflikt mit den weit überlegenen Flotten TRAITORS zu geraten, sucht Atlan Informationen und Verbündete in einer Galaxis, die sich immer mehr von den gewohnten Raum-Zeit-Strukturen löst. Dabei begegnet er zu seinem Entsetzen einer im Auftrag des Feindes operierenden SOL, aber er findet auch Dao-Lin-H-ay wieder. Gemeinsam begegnet ihnen der SKLAVE DER MASCHINEN...

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Zeit:3 Std. 18 min

Sprecher:Gregor Höppner

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Nr. 2417

Sklave der Maschinen

Alomendris erzählt – Atlan erfährt die Geschichte der Kontaktwälder

Horst Hoffmann

Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.

Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Der unsterbliche Arkonide Atlan begibt sich auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens. Stets bemüht, nicht in einen offenen Konflikt mit den weit überlegenen Flotten TRAITORS zu geraten, sucht Atlan Informationen und Verbündete in einer Galaxis, die sich immer mehr von den gewohnten Raum-Zeit-Strukturen löst. Dabei begegnet er zu seinem Entsetzen einer im Auftrag des Feindes operierenden SOL, aber er findet auch Dao-Lin-H’ay wieder. Gemeinsam begegnet ihnen der SKLAVE DER MASCHINEN …

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide sieht sich in seinen Ahnungen bestätigt.

Dao-Lin-H’ay – Die Kartanin begleitet Atlan ins Herz des Kontaktwaldes.

ESCHER – Die Parapositronik erhofft sich Hilfe durch die Kontaktwälder.

Alomendris – Der Kontaktwald beginnt zu sprechen.

KOLTOROC –

1.

Alomendris

Jetzt

Ja, sie waren wieder da.

Sie waren zurückgekommen. Das, was er gefürchtet hatte wie nichts auf der Welt. Er fand nirgendwo Ruhe. Keinen Frieden. Kein Entkommen.

Sie waren wieder da.

Sie wollten ihn holen, alles sollte von vorne beginnen. All die Qualen, all die Verzweiflung, all dieser Schmerz.

Sie waren wieder da.

Aber er wollte es nicht. Er konnte es nicht. Nicht noch einmal. Es reichte!

Sie waren wieder da.

Diesmal würde er kämpfen, wie sehr er es auch verabscheute. Denn er war Leben, er wollte nichts anderes, nur wachsen und fühlen und sein – und lernen!

Sie waren wieder da.

Sie zerstörten, wann immer sie kamen. Viel zu oft.

Sie waren wieder da.

Weshalb? Warum konnten sie ihn nicht endlich in Frieden lassen? Es musste ein Ende haben. Sie durften nicht weiter zerstören und nehmen anstatt zu geben. Auslöschen, morden, in seinem Namen das Universum ersticken – es war genug!

Sie waren wieder da.

Alomendris sah, hörte und fühlte sie nahen, spürte ihre Ausstrahlungen.

2.

Atlan

31. Juli 1346 NGZ

Na gut, dachte ich, wenn sie es wollte.

Meine Begeisterung, erneut und so schnell wieder einen Kontaktwald zu betreten, hielt sich in Grenzen. Wenn es nicht zu absurd klingen würde, müsste ich sagen, dass wir – der Wald und ich – uns erst aneinander gewöhnen mussten. Mir war es einfach zu früh, und wie es dem Wald erging, konnte ich nicht einmal ansatzweise einschätzen.

Allerdings blieb uns keine Wahl: Wir mussten da beide durch.

Nach langem und nervenaufreibendem Flug standen wir im Kos-System. Die Besonderheit des »neuen« Hangay, jene erratischen Beeinflussungen des Raumschifffluges, die ein exaktes Navigieren unmöglich machten, sickerte allmählich in die Erfahrung der Crew ein. Ich interpretierte es als gutes Zeichen, wie zunehmend souveräner sie damit umging.

In einfacheren Worten beschrieben, konnten wir in Hangay nicht mehr geradeaus fliegen. Die gewohnte Raum-Zeit-Struktur löste sich auf, wurde überlagert, ersetzt oder was weiß ich. Ein Standardsatz, den ich bald nicht mehr hören konnte, weil er eigentlich nur unser Unwissen verschleierte, lautete: »Das GESETZ hat hier nicht mehr seine volle Gültigkeit.« Er avancierte allmählich zum meist ge- und missbrauchten Satz unserer Reise. Immer wenn wir etwas nicht verstanden, lief es unweigerlich darauf hinaus, dass irgendjemand ihn absonderte. Wir sprachen darüber wie Barbaren, die einen hochtechnisierten Planeten erreichten und sich über nichts anderes wunderten, als dass dort ihre normalen Verkehrsregeln nichts galten.

Dabei konnte man mit einigem Recht vermuten, dass das GESETZ etwas weitaus Umfassenderes darstellte. Nicht umsonst lautete die für uns ungelöste dritte und letzte der Ultimaten Fragen: Wer hat DAS GESETZ initiiert und was bewirkt es?

Manchmal ertappte ich mich dabei, wie ich den Moment herbeisehnte, indem wir es endlich erführen und wie ich ihn zugleich fürchtete. Es konnte sowohl ein Augenblick der Erkenntnis sein, der uns das Begreifen von kosmisch bedeutsamen Zusammenhängen eröffnete, als auch einer, der all unser Forschen zerschmetterte. Soweit wir wussten, hatte sich die Lösung erst ein einziges Mal einem einzigen Lebewesen eröffnet – in exakt jenem Moment, da sich das Kosmonukleotid TRIICLE-9 wieder an seinem angestammten Platz in der Doppelhelix des Moralischen Kodes verankerte, war die Information verfügbar gewesen. Und Perry Rhodan, derjenige, der sie hätte begreifen dürfen, hatte sich ihr verschlossen.

Niemand wusste, ob er damit richtig oder falsch gehandelt hatte. Er selbst behauptete, die Wahrheit sei nicht für uns gedacht, ihr Wissen triebe uns in den Wahnsinn. Die Kosmokraten, die ihn an diesen Ort gebracht hatten, Taurec und Vishna, hingegen zürnten ihm. Er hatte in ihren Augen versagt. Ich neigte – und neige – stets dazu, meinem alten Barbaren die Stange zu halten, wenn es gegen die Hohen Mächte geht, aber in den letzten Tagen und Wochen ertappte ich mich dabei, wie ich ein ums andere Mal zu zweifeln begann.

Was, wenn Taurec und Vishna damals recht gehabt hatten? Wenn sich Perry geirrt hatte und wir eine wichtige Information nicht besaßen, die uns in der Gegenwart helfen würde?

Du bist und bleibst ein Narr!, rief mich der Logiksektor zur Ordnung. Du heulst über verschüttete Milch, die aller Wahrscheinlichkeit nach sowieso sauer war! Konzentrier dich gefälligst auf die Gegenwart!

Recht hatte er. Wir befanden uns in Hangay, im Kern einer entstehenden Negasphäre, und wir wussten, dass diese Negasphäre unsere eigene Galaxis, unser Leben und unseren freien Willen beeinflussen und schließlich zerstören würde. Und das war der eigentliche Grund dafür, dass wir kämpften, Chaos hin, Ordnung her.

Kosichi trat soeben hinter der kleinen roten Sonne Kos hervor, seine beiden Nachbarn trieben weit entfernt auf der gegenüberliegenden Seite durchs All. Derzeit strömten die Flüchtlinge Quamotos an diesen Ort, um Sicherheit vor den Truppen der Terminalen Kolonne zu suchen. Denn der kleine Planet Kosichi – oder Kos II – zählte wie Quamoto zu den Segmentplaneten der »Neuen Kansahariyya Hangay«. Er war eines von mehreren Zentren des Widerstands gegen TRAITOR in Hangay. Was ihn für uns bedeutsam machte, war, dass es hier ebenfalls einen Kontaktwald gab.

Einen Kontaktwald oder den Kontaktwald, das war mir nicht recht klar. Es handelte sich zweifellos um andere Bäume als jene auf Quamoto, doch schien es mir, als stünden alle Kontaktwälder untereinander derart in Kontakt, dass man ebensogut von einem, wenn auch dezentralisierten Gesamt-Wald sprechen konnte.

Der Wald von Quamoto war fort, als der Planet zum Ziel TRAITORS geworden war – er hatte Quamoto aufgegeben und sich wie ein Raumschiff ins All erhoben, verschwand mit unbekanntem Ziel in den Hyperraum. Uns blieb nichts anderes übrig, als eine neue Welt der »NK Hangay« aufzusuchen.

»Denkst du gerade an all die Probleme, die uns erwarten?«, fragte mich eine leise, raue Stimme. Ich drehte mich um.

»Um ehrlich zu sein – fast«, gab ich Dao-Lin-H’ay zur Antwort. »Ich dachte eigentlich gerade an Afa-Hem-F’ur. Erinnerst du dich an sie?«

Die Kartanin starrte mich rätselhaft an. »Sie ist fort«, sagte sie dann. »Erzähl mir von ihr, wie sie war an ihrem letzten Tag.«

»Sie hatte ein schweres Erbe angetreten. Deines, das du unter dem Namen Ar-Dus-Taar schufst.«

Sie drehte sich weg von mir, sodass ich ihr Profil sehen konnte, ohne ihren Blick analysieren zu können. »Es musste sein, und ich war mir sicher, dass sie der Aufgabe gewachsen war. Ich durfte nicht bleiben, verstehst du?«

Ich war mir nicht sicher, ob ich sie verstand, aber ich begriff zumindest ihre Intention. Nachdem ich ein paar Atemzüge lang die Stille gekostet hatte, sprach ich wieder, erzählte ihr von Afa-Hem. Die Kartanin hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie das Amt der Chefin des Regionalen Sternenrats von Quamoto nur kommissarisch ausübte, bis die eigentliche Anführerin, Ar-Dus-Taar, zurückkehrte.

»Sie hat nie daran geglaubt, du könntest tot sein. Du warst für sie alles, ihre Freundin, ihr Idol. Sie hat dich geliebt, wusstest du das?«

»Es gibt so viele Formen der Liebe«, sagte Dao-Lin-H’ay, »und so viele entwickeln sich tragisch. Ich trauere um meine Freundin, und ich freue mich für sie.«

Zumindest in Afa-Hems Fall war diese Aussage richtig. Womöglich war es ihre beste Entscheidung gewesen, im Kontaktwald aufzugehen. Dieses eine Mal hatte sie selbst wählen können, und an uns war es, dies zu akzeptieren.

Ihre Ar-Dus-Taar würde sie nie mehr sehen, obwohl das ihr größter Wunsch und sie bis zuletzt überzeugt gewesen war, diese würde zurückkommen.

Tatsächlich war die NK-Führerin weder verschollen noch tot, sondern höchst lebendig. Ar-Dus-Taar freilich war Vergangenheit, denn drei Galaxien, in denen sie ihre Heimat sah, kannten sie unter einem anderen Namen: In der Milchstraße, dem Triangulum-Nebel und Hangay war sie als Dao-Lin-H’ay eine Berühmtheit.

»Denkst du oft an Tek?«, fragte ich und hätte mir gleich darauf am liebsten die Zunge abgebissen, als der Kopf herumfuhr und ich den Ausdruck in ihrem Blick sah.

Der berühmte Takt des Arkonidenprinzen, wisperte der Extrasinn. Exquisit, mein Bester.

Dao-Lin-H’ay produzierte ein Lächeln, das dem Tekeners erschreckend glich. Die beiden waren so lange ein Paar gewesen …

»Sooft wie du, möchte ich meinen. Wo Liebe schwindet, bleibt Vertrauen, sagen die Planta, wusstest du das? Ich habe das nie verstanden … Ich beginne es erst jetzt zu begreifen. Das könnte dir auch nicht schaden, es würde womöglich deinen Verschleiß eindämmen.«

Ich lächelte schmallippiger, als ich es wollte. Die Krallen der Kartanin waren scharf.

»Eine gute Idee. Im Augenblick muss ich allerdings den Schritt der Liebe überspringen und der exotischen Botanik direkt vertrauen. Ich bin schließlich kein Planta.«

Sie lachte tief aus der Kehle.

»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hast Angst«, sagte sie spöttisch. »Oder irre ich mich und du fürchtest dich wirklich vor ein paar Bäumen?«

Angst? Wohl kaum. Und selbst wenn, hätte ich nichts ändern können.

Dao wollte zum Wald, und dafür gab es gute Gründe: Als sie am 10. Januar 1344 NGZ die SOL verlassen hatte, befand sich ein Speicherkristall mit sämtlichen Erkenntnissen der Station Sonnenlicht-18 in ihrem Besitz.

Nachdem sie zur Noquaa-Kansahariyya Hangay gestoßen war – dem »Neuen Bund der Zweiundzwanzig von Hangay« –, hatte sie den verwertbaren Teil dieser Daten an die Widerstandsorganisation weitergeleitet. Ein gewisser Anteil des Materials, das die Sonnenlicht-Stationen gesammelt hatten, war allerdings von vornherein rätselhaft und nicht zu verstehen gewesen, auch in der SOL.

Dao-Lin hatte diesen Datenteil damals verschlüsselt und in einer Geheimdatei abgelegt. Auf Kosichi bestand zu dieser Datei Zugang. Sie konnten uns dabei helfen, die Proto-Negasphäre Hangay besser verstehen zu können.

Dao gab sich überzeugt, der Kontaktwald würde uns dabei helfen können. Nicht umsonst gab es über Hangay verteilt viele solcher Wälder, die untereinander in Verbindung standen. Die Wälder tauschten miteinander Nachrichten aus und ließen sie den Völkern des Widerstands zukommen. Sie bildeten ein phantastisches, rein mentales Kommunikationsnetz quer durch diese Galaxis.

Dass Dao von dem Gedanken fasziniert war, sich dieser unglaublichen Wälder im Kampf gegen TRAITOR zu »bedienen«, konnte insofern nicht verwundern. Sie hatte ja recht, wir mussten alles nehmen, was wir an Unterstützung bekommen konnten.

Auch ESCHER, die Parapositronik, pflichtete ihr bei; zudem lechzte sie förmlich nach den Geheimdaten und nach einer direkten Verbindung mit einem der Kontaktwälder, und nicht über eine zwischengeschaltete Vermittlungsperson wie den Kontaktwaldsprecher.

Trotzdem blieb ein Restunbehagen bei mir. Der Kontaktwald von Quamoto war ebenso magisch wie unverständlich für mich. Sosehr ich es versuchte, er blieb mir fremd … anders … und doch seltsam vertraut.

*

Der Segmentplanet Kosichi war eine rohstoffarme Sauerstoffwelt von 10.215 Kilometern Durchmesser, einer Schwerkraft von 1,08 Gravos und einem Tag von 22,8 Stunden. Achtzig Prozent seiner Oberfläche nahm Wasser ein, der Rest entfiel auf teils paradiesische Inselarchipele und Kleinkontinente.

Aber wir waren nicht hier, um die Schönheiten dieser Welt zu bewundern.

Da Kosichi ein Regionales Zentrum der NK Hangay im Aufbau war, herrschte reger Betrieb: Im Orbit kreisten etwa zweihundert Raumschiffe sämtlicher in Hangay gebräuchlicher Typen. Weitere standen im Ortungsschatten der Sonne.

Etwa in der Mitte der südlichen Küstenlinie des größten Kleinkontinents, des rund 44,4 Millionen Quadratkilometer großen, grob quadratisch geformten Tofutto, herrschte hektische Aktivität. An der Küste war aus Containern und Strebeverbindungen die Stadt Makeshi II provisorisch zusammengewürfelt worden. Dort sollten bald mehrere Millionen Wesen sämtlicher wichtiger Völker dieser Galaxis leben. Dies würde ein zuweilen durchaus explosives, auf reiner Zweckbasis entstandenes Gemenge ergeben wie auf Quamoto.

Kartanin, Karaponiden, Hauri, Coupellaren, Peergateter, Gryolen, Mamositu, Planta, Vennok, Attavennok … und wie sie alle hießen.

Die Anführerin der hiesigen NK Hangay war eine noch relativ junge Kartanin mit Namen Elo-Dar-S’oon. Dao-Lin kannte sie flüchtig, konnte aber nur Gutes über sie mitteilen. Ihre hervorstechenden Charaktereigenschaften waren Ehrgeiz und Mut, sodass ihr wahrscheinlich eine große Karriere in der Widerstandsorganisation bevorstand.

Elo-Dar übte auch das Amt der Kontaktwaldsprecherin aus, vom Wald selbst in diese Position berufen. Mit ihr würden wir es also zu tun haben, und ich hoffte, dass Dao recht hatte und unser Besuch etwas »unkomplizierter« verlaufen würde als mit Afa-Hem-F’ur. Zumal Dao-Lin mit Sicherheit ebenfalls vom Kontaktwald vorgelassen würde, auch ohne Begleitung der Sprecherin.

Wir landeten mit der RICHARD BURTON und den drei LFT-Boxen ATHOS, PORTHOS und ARAMIS im felsigen Hinterland der Küste, wo bereits an die dreihundert NK-Schiffe standen. Von hier wurden Güter aller Art entladen und zur Stadt transportiert, im Moment natürlich alles, was man von dem aufgelassenen Stützpunkt Quamoto hatte hierher transportieren können.

Wir leisteten ebenfalls unseren Beitrag: Die Besatzungsmitglieder stellten ihr technisches Know-how, ihre Arbeitskraft und ihre Werkstätten der NK Hangay zur Verfügung.

In einem ersten Schritt lieferten sie die abgebaute Reparaturwerft von Quamoto nach Makeshi II und bauten sie gemeinsam mit Kartanin- und Hauri-Technikern wieder auf.

Dao-Lin und ich verließen das Schiff, zusammen mit dem Haluter Domo Sokrat, in einem Gleiter, der uns ohne Umweg zum provisorisch eingerichteten Regierungssitz des Regionalen Sternenrats brachte.

Elo-Dar-S’oon und andere Vertreter der Völker erwarteten und empfingen uns. Dao-Lin schlug eine beinahe peinliche Bewunderung entgegen, und sogar ich wurde hofiert. Wir waren Legenden in Hangay, sie weitaus mehr zu Recht als ich, schließlich hatte sie viele Jahre in dieser Galaxis verbracht und dazu beigetragen, sie zum anerkannten Bestandteil der Lokalen Gruppe zu machen. Dao-Lins Präsenz öffnete uns ohne viel Worte alle Türen.

Elo-Dar, tatsächlich ein junges, ehrgeiziges Energiebündel, katzenhaft geschmeidig und trotz ihrer Jugend bereits mit viel natürlicher Ausstrahlung versehen, bot ihr sogar an, auf der Stelle ihr Amt zu übernehmen und die hiesige Kansahariyya zu führen. Dao lehnte dankend, aber bestimmt ab. Ihr Platz, versicherte sie, war auf der RICHARD BURTON und bei uns, ihren Freunden aus der Milchstraße. Von dort aus konnte sie ihren Kampf gegen TRAITOR am effizientesten führen.

Aus genau diesem Grund sollte ihre nach Kosichi gebrachte Space-Jet HANGAY an die RICHARD BURTON überstellt werden. Dabei handelte es sich um die zunächst nur X-1 genannte Hypertakt-Solonium-Jet.

Elo-Dar-S’oon musste Daos Entscheidung akzeptieren, schien damit allerdings leben zu können. Ich war sicher, noch einiges von ihr zu hören. Aber sie konnte doch etwas für uns tun – abgesehen davon, dass sie uns zum Kontaktwald bringen sollte.

Dao-Lin beauftragte die Anführerin des Sternenrats damit, die seinerzeit von ihr gesicherten Geheimdateien an die BURTON zur Auswertung zu übermitteln. Die Rebellin gab unverzüglich entsprechende Anweisungen an ihre Leute.

Dass Dao und ich den Kontaktwald allein betreten wollten, nahm sie ebenfalls kommentarlos hin. Wenn ich befürchtet hatte, sie könnte sich in ihrem Stolz verletzt fühlen, sah ich mich angenehm getäuscht. Elo-Dar erwies sich in jeder Beziehung als kooperativ und bewirtete uns an diesem Abend. Dao musste über ihre Gefangenschaft im Segarenis-Sternhaufen erzählen, und ich berichtete aus der Milchstraße.

Wir übernachteten in der Stadt und brachen gleich früh am anderen Morgen auf.

*

Der Kontaktwald von Kosichi erstreckte sich zwanzig Kilometer westlich der aktuellen Grenzen von Makeshi II, direkt am Strand der Küstenlinie. Die spärliche Vegetation ging fast abrupt in das Gebiet des üppigen, kreisrunden, geheimnisvollen Gehölzes und Geflechtes über, das aus der Luft wie ein Juwel aus überquellendem, berstendem Blau und Grün schimmerte. So hatte er sich auch auf Quamoto präsentiert.

Wir landeten vor dem Wald. Viele Meter hoch türmte er sich vor uns auf, ein blaugrün schimmerndes Dickicht aus hohen und dicken Stämmen, geschmeidigen oder knorrigen Ästen, dichten Zweigen, fleischigen und hauchzarten Blättern, gewundenen Ranken und sinnesbetäubenden Blüten. Eine lebende Mauer, die kein Wesen hereinließ, das dem Wald nicht genehm war. Ihm oder dem, was ihn ausmachte, was er war …

Der Anblick schlug mich augenblicklich wieder in seinen Bann. Ich fühlte etwas von der Erhabenheit einer Lebensgemeinschaft, in der aus dem Uralten lebhaft und kraftvoll das Neue spross.

Das Sonnenlicht des neuen Tages wurde von den Wipfeln regelrecht aufgesogen, eingefangen und verarbeitet zu uns unbegreiflichen Energien. Es schien darin weiterzuleben, in eine andere Form, eine andere Stufe des Seins transformiert zu werden. Mir war, als könnte ich den Wald leise seufzen hören, sich in Freude und Wonne ergießen unter dem Bad in den kosmischen Wellen. Die Pflanzen wisperten sich geheime Botschaften zu – oder vielleicht uns?

Begrüßten sie uns? Oder raunten sie uns eine Warnung zu?