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Im Krieg zwischen den Galaxien erweisen sich die mysteriösen Meister der Insel als gnadenlose Gegenspieler der Terraner: Mit unerbittlicher Härte regieren sie seit Jahrtausenden die Galaxis Andromeda, und sie betrachten Perry Rhodans Vorstoß in ihren Machtbereich als einen Angriff. Sie setzen eine Waffe ein, mit der kein Mensch rechnen kann: Eine teuflische Falle schleudert die CREST III mit ihrer Besatzung mehr als 50.000 Jahre in die Vergangenheit - ohne Hoffnung auf Rückkehr in die Gegenwart. Der Sprung durch die Zeit führt Perry Rhodan und seine Begleiter zu einer unglaublichen Entdeckung. Sie begegnen der Ersten Menschheit, den sogenannten Lemurern. Vor 50.000 Jahren war die Erde bereits einmal das Zentrum eines blühenden Sternenreiches - bis die Welten der Lemurer im Feuerorkan eines fürchterlichen Vernichtungskriegs untergingen. Im Chaos der blutigen Vergangenheit müssen die Terraner um ihr Überleben kämpfen. Und in den Kämpfen zwischen den Bestien, diesen lebenden Kampfmaschinen, sowie den Lemurern müssen sie erkennen: Auch in dieser längst vergangenen Zeitepoche ziehen die Meister der Insel die Fäden ...
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Seitenzahl: 667
Veröffentlichungsjahr: 2011
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Nr. 28
Lemuria
Im Krieg zwischen den Galaxien erweisen sich die mysteriösen Meister der Insel als gnadenlose Gegenspieler der Terraner: Mit unerbittlicher Härte regieren sie seit Jahrtausenden die Galaxis Andromeda, und sie betrachten Perry Rhodans Vorstoß in ihren Machtbereich als einen Angriff. Sie setzen eine Waffe ein, mit der kein Mensch rechnen kann: Eine teuflische Falle schleudert die CREST III mit ihrer Besatzung mehr als 50.000 Jahre in die Vergangenheit – ohne Hoffnung auf Rückkehr in die Gegenwart.
Der Sprung durch die Zeit führt Perry Rhodan und seine Begleiter zu einer unglaublichen Entdeckung. Sie begegnen der Ersten Menschheit, den so genannten Lemurern. Vor 50.000 Jahren war die Erde bereits einmal das Zentrum eines blühenden Sternenreiches – bis die Welten der Lemurer im Feuerorkan eines fürchterlichen Vernichtungskriegs untergingen.
Dieser 28. Band der PERRY RHODAN-Bibliothek hat nun die unfreiwillige Reise Perry Rhodans und seiner Getreuen in eine Vergangenheit zum Inhalt, die – im Rhodanschen Kosmos – schon eine Reihe von überraschenden, ja bestürzenden Antworten auf die Frage nach der Herkunft des Menschen unserer Zeit zu geben hat. Sie zeigt nicht nur unsere Erde, vor mehr als 50.000 Jahren »Lemuria« genannt, wie sie sich zur Zeit der »Ersten Menschheit« darstellte, sondern eine ganze Galaxis und die Verstrickungen ihrer Völker 50.000 Jahre vor Christi Geburt.
Natürlich sind die Lemurer und ihre Zivilisation von den Autoren ebenso ersonnen wie die vielen Geschichten über Atlantis und die Atlanter. Dies allerdings geschah auf so faszinierende Weise, dass sich der Leser unwillkürlich fragen muss, ob es nicht doch irgendwie so gewesen sein könnte. Er weiß, dass es keine raumfahrende Zivilisation auf der Erde gab (die gibt es selbst heute nicht und wird auch, wenn wir uns nicht bald anstrengen, niemals Wirklichkeit werden).
Für mich bedeutet die Lemurer-Story den Anfang des großen Kreises, den die PERRY-RHODAN-Serie über Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit zu schlagen versucht. Sie ist Dreh- und Angelpunkt der noch viel weitergehenden Enthüllungen späterer Zyklen.
Die zugrunde liegenden Originalromane sind: Der Meisterplan und Sieben Stunden Angst von William Voltz; Die Invasion der Toten von K. H. Scheer; Das Zeitauge und Die Tempel von Darak von H. G. Ewers und Die Rückkehr in die Gegenwart von Kurt Mahr.
Ich bedanke mich, wie stets, bei Franz Dolenc und den vielen Lesern, die nicht mit Anregung und Kritik sparten und uns halfen, so manchen in den Heften enthaltenen Fehler zu eliminieren.
1971 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest.
1972 – Mit Hilfe arkonidischer Technik Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.
1976 – Das Geisteswesen ES gewährt Perry Rhodan die relative Unsterblichkeit.
1984 – Galaktische Großmächte versuchen, die Menschheit zu unterwerfen.
2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der unsterbliche Arkonide Atlan taucht auf.
2102 – Entdeckung der Akonen im Blauen System.
2103 – Perry Rhodan erhält von ES seinen Zellaktivator.
2114 – Bündnis mit den Posbi-Robotern nach Kampf um die Hundertsonnenwelt.
2326 – ES verstreut 25 Zellaktivatoren in der Galaxis.
2327 – Terraner entdecken das Zweite Imperium der Blues.
2328 – Sieg über die Blues und Friedensvertrag zwischen den galaktischen Imperien.
2400 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda und Kampf gegen die Maahks. Perry Rhodan hört erstmals von den geheimnisvollen Herren Andromedas, den Meistern der Insel (MdI).
2401 – Fünf Agenten Terras werden im Andro-Alpha-Nebel dupliziert. Die Invasion der Milchstraße durch die Maahks wird mit Hilfe der Parasprinter abgewehrt.
2402 – Terranischer Vorstoß in den Andromeda vorgelagerten Betanebel und Begegnung mit dem Wächtervolk der Twonoser, die nach ihrem »Versagen« einer grausamen Strafexpedition der MdI zum Opfer fallen. Neutralisierung der Kontrollstation Modul, der letzten Bastion der MdI in Andro-Beta.
2404 – Mit dem neuen Flaggschiff CREST III fliegen Terraner und Verbündete unter Perry Rhodan den Andromedanebel an. Sie entdecken die letzten Kosmischen Ingenieure vom Volk der Paddler, das von den MdI fast völlig ausgelöscht wurde. Die vom Chef der Werft KA-preiswert, Kalak, gegebenen Informationen sind von unschätzbarem Wert für die Expedition.
Seit jenem Tag im Jahr 2400, an dem Icho Tolots vage Hinweise zur Entdeckung des galaktischen Sonnentransmitters aus sechs blauen Riesensternen führten, ist vieles geschehen. Von ungeheuren Gewalten ins Nichts zwischen den Galaxien geschleudert, mussten Perry Rhodan und seine Begleiter mit der CREST II in den Fallensystemen der Unbekannten um ihr Leben kämpfen, die von ihren Hilfsvölkern geheimnisvoll »Meister der Insel« genannt werden.
Genaueres weiß selbst der Grek-1, der zu den Terranern übergelaufene Geheimdienstchef der Maahks, nicht über die Beherrscher Andromedas auszusagen. Die Maahks, wasserstoffatmende Intelligenzen und vor 10.000 Jahren von den Arkoniden aus der Milchstraße vertrieben, leben als unfreiwilliges Hilfsvolk der Meister der Insel im Zwergnebel Andro-Alpha.
Greks Hinweisen ist es zu verdanken, dass die Terraner im Jahr 2402 in einem weiteren intergalaktischen Transmittersystem Fuß gefasst haben. Von dort aus dringt Perry Rhodan mit dem »Geheimsatelliten Troja« in den zweiten Andromeda vorgelagerten Zwergnebel, Andro-Beta ein, um mehr über die Pläne des Gegners zu erfahren. Die Terraner haben alle Hände voll zu tun, um ihre Identität vor dem Wächtervolk der Twonoser zu verbergen, und erleben phantastische Abenteuer mit den planetengroßen Mobys, nach deren Aktivierung durch Hyperimpulse in der Sterneninsel das Chaos ausbricht und fast alle Welten der Twonoser vernichtet werden.
Den Terranern gelingt es nach vorübergehendem Rückzug aus Andro-Beta, den Hypersender zum Schweigen zu bringen. Die Moby-Gefahr ist gebannt, Perry Rhodan macht den Planeten Gleam zum terranischen Stützpunkt in Andro-Beta.
Die Meister der Insel schicken als neue Vernichtungswaffe ihre leuchtenden Sphären aus. Erst als der Beherrscher der Kontrollstation Modul, von wo aus die Sphären gesteuert werden, sich auf die Seite der Terraner schlägt, kann auch diese Gefahr gebannt werden. Baar Lun, der Letzte vom Volk der Moduls, wird zu Perry Rhodans Freund und Verbündetem. Mit der Vernichtung des Andro-Beta-Sonnentransmitters durch die Meister der Insel ist den Beherrschern Andromedas der direkte Zugriff auf die Zwerggalaxis abgeschnitten.
Im Jahr 2404 erfolgt mit dem neuen Flaggschiff CREST III der terranische Vorstoß nach Andromeda, wo inzwischen heftige Auseinandersetzungen zwischen den rebellierenden Maahks und den Hilfsvölkern der MdI im Gange sind. Als weiteren Verbündeten gewinnt Perry Rhodan den Kosmischen Ingenieur Kalak, einen der letzten aus dem uralten und von den Meistern der Insel fast völlig ausgerotteten Volk der Paddler.
Kalaks Informationen über Andromeda erweisen sich als wertvoll. Ein Schock allerdings erwartet die Terraner, als sie den »Sektorenwächtern« begegnen: Die Tefroder als bisher wichtigstes Hilfsvolk der MdI sind auch in ihrer Kultur so absolut menschenähnlich, dass Rhodan nicht an einen Zufall glauben kann. Der zweite Schock ist die Erkenntnis, dass viele tefrodische Raumschiffbesatzungen aus Duplos bestehen, die bei einem Versagen durch Hypersignale getötet werden können.
Das gleichmäßige sanfte Summen des Memoschreibers wurde von einem harten Klack-Klack-Klack unterbrochen. Es hörte sich an, als pochte jemand mit einem Fingerknöchel gegen den Helm.
Ko-Antin schlug die Augen auf und blinzelte verwirrt. Er benötigte einige Sekunden, um sich in der Wirklichkeit zurechtzufinden. Mit einem Ruck zog er den Helm vom Kopf und beugte sich weit in den Sessel zurück.
Arrek war in die Memobox gekommen und stand mit erwartungsvollem Gesicht hinter seinem Kommandanten.
Ko-Antin zwang sich dazu, dreimal tief durchzuatmen, bevor er sprach. Er wusste, dass es vollkommen sinnlos war, Arrek anzubrüllen.
»Die Zeit ist um«, sagte Arrek.
Ko-Antin blickte auf die Uhr und konzentrierte sich sofort wieder auf das rote Gesicht seines Stellvertreters. Dann deutete er auf die offene Tür der Memobox.
»Seit wann ist es üblich, dass man während einer Memoaufzeichnung gestört wird?«, erkundigte sich Ko-Antin bissig. Er war ein großer und hagerer Tefroder, mit schwarzen Haaren und ausgeprägtem Kinn.
Arrek blickte nun ebenfalls auf die Uhr und verkündete ungerührt: »Sie wissen, dass ein zu langer Aufenthalt innerhalb einer Memobox zu gesundheitlichen Schäden führen kann.«
»Ich habe noch nie gehört, dass jemand während einer Memoaufzeichnung den Verstand verloren hätte«, erklärte Ko-Antin. »Allerdings soll es in den Irrenhäusern von Kommandanten wimmeln, die durch pflichtbesessene Stellvertreter dorthin gebracht wurden.«
Arrek grinste.
»Es ist meine Pflicht, mich um Ihre Gesundheit zu kümmern«, sagte er.
»Sie sind ein Gesundheitsapostel!«, schrie Ko-Antin aufgebracht. »Nirgends bin ich vor Ihnen sicher. Lege ich mich zur Ruhe nieder, wollen Sie meine Kissen in die richtige Lage bringen, damit mein Kreislauf einwandfrei zirkuliert. Wache ich auf, sind Sie wieder zur Stelle, um meinen Diätplan aufzustellen.« Er verzog angewidert das Gesicht. »Ich lebe nur noch von Kräutertinkturen und grauen Pülverchen. Ich wage schon nicht mehr, mich zu räuspern, weil Sie mich sofort zum Arzt schleppen wollen.«
»Sie sind ein wichtiger Mann«, wandte Arrek ein. »Wichtige Männer müssen auf ihre Gesundheit achten.«
Ko-Antin warf den Memohelm so heftig hinter das Aufzeichnungsgerät, dass er scheppernd gegen die Wand prallte.
»Eines Tages«, schwor er Arrek, »werde ich mich sinnlos betrinken und drei Nächte hindurch nicht schlafen.«
»Ich befürchte, dass eine solche Handlungsweise Sie die Befehlsgewalt über die SUSAMA kosten würde«, bemerkte Arrek.
Ko-Antin schaltete den Memoschreiber aus. Er hatte gerade einen Bericht über seinen letzten Einsatz gegeben. Das Aufzeichnungsgerät würde alle wichtigen Ergebnisse an die Positroniken weiterleiten. Auf jedem militärischen Raumhafen gab es mindestens hundert Memoboxen. Die Positroniken werteten alle Berichte aus und gaben sie an eine Zentrale weiter. Auf diese Weise wurde dafür gesorgt, dass die Führungsspitze der Tefroder ständig über alles informiert war, was innerhalb des Andromedanebels vorging.
»Sie könnten Ihren Bericht vor unserem Start beenden«, sagte Arrek.
»Wie großzügig!«, fauchte Ko-Antin.
»Ich frage mich immer wieder, warum ich mir keinen anderen Stellvertreter zuteilen lasse.«
»Ich führe Sie immer wieder auf den Pfad der Tugend zurück«, behauptete Arrek lächelnd. »Wer sonst wäre dazu in der Lage?«
»Da haben Sie allerdings recht«, gab der Kommandant der SUSAMA erschüttert zu. »Den Rest meines Berichtes kann ich mir übrigens sparen. Ich glaube nicht, dass für die Positroniken noch irgend etwas dabei ist.«
Arrek umrundete den Memoschreiber und lehnte sich gegen den bequemen Sessel. Er war klein und korpulent. Er sah alles andere als gesund aus, obwohl er ständig für eine gesündere Lebensweise eintrat.
Ko-Antin seufzte. Arrek war ein erfahrener und kaltblütiger Mann von außerordentlicher Intelligenz. Ohne ihn war die SUSAMA nur halb so viel wert. Lieber wollte er Arreks Vorwürfe ertragen, als sich nach einem anderen Stellvertreter umsehen.
Ko-Antin verließ die Memobox. Sein Stellvertreter folgte ihm lautlos. Für Ko-Antin war es ein Rätsel, wie sich ein so schwerfälliger Mann völlig geräuschlos bewegen konnte.
Der Himmel von Tibot III war wolkenverhangen. Große Wasserlachen zeugten von einem gerade verzogenen Gewitter. Tibot III war einer jener unzähligen kleinen Stützpunkte, die die Tefroder überall im Zentrum des Andromedanebels errichtet hatten.
Ko-Antin hörte, wie Arrek genussvoll die Luft einatmete.
»Ah!«, machte der kleine Mann. »Pumpen Sie sich die Lungen voll, Kommandant. Das wird Ihnen gut tun.«
»Der Mief jeder winzigen Kneipe ist mir lieber«, sagte Ko-Antin aufgebracht. »Merken Sie sich das, Arrek!«
Die Memohalle durchmaß etwa fünfzig Meter und war unmittelbar neben dem Verwaltungs- und Kontrollgebäude errichtet worden. Nur wenige Boxen waren im Augenblick besetzt. Ko-Antin wusste, dass außer der SUSAMA zwei weitere Schiffe der Tefroder Flotte auf Tibot III gelandet waren.
»Weichen Sie den Pfützen aus«, drang Arreks Stimme in seine Gedanken. »Sie könnten auf dem schlüpfrigen Boden ausrutschen und sich einen Arm brechen.«
Ko-Antin watete genussvoll durch die größte Wasserlache und trat so heftig auf, dass das schmutzige Wasser bis zu Arrek spritzte. Arrek nahm auch das mit äußerer Gelassenheit hin, wenn er sich auch bemühte, außer Reichweite von Ko-Antins Füßen zu kommen.
Ko-Antin ließ seine Blicke zum nahen Dschungel schweifen.
»Trostlose Welt«, knurrte er. »Noch nicht einmal eine Ansiedlung. Keine Kolonisten, keine Häuser, keine Kneipen.«
»Trösten Sie sich«, meinte Arrek. »Auf neunzig von hundert Welten sieht es noch schlimmer aus. Hier gibt es wenigstens reine und gesunde Luft. Eine Wohltat für meine Lungen.« Er atmete so heftig, dass sein Gesicht noch röter wurde. Gleich darauf zog er eine Schatulle aus seiner Uniformtasche und entnahm ihr zwei rosafarbene Kugeln von wenigen Millimetern Durchmesser.
Ko-Antin beobachtete ihn misstrauisch.
Arrek streckte die Zunge heraus, legte eine der Pillen auf deren Spitze, balancierte sie einen Augenblick mit unglaublicher Geschicklichkeit und schleuderte sie dann mit einem Zungenschnalzer in den Mund. »Die andere«, sagte er, »ist für Sie, Kommandant.«
»Ich habe heute bereits vier Pillen geschluckt«, sagte Ko-Antin abweisend. »Jedes Mal wollten Sie mir weismachen, dass ich dem sicheren Tod ausgeliefert sei, wenn ich die Einnahme dieser Dinger unterließe.«
Arrek drehte das Kügelchen zwischen Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand, als sei es eine ungemein kostbare Perle.
»Keine regelmäßige Verdauung ohne Dubizal«, sagte er streng.
Ko-Antins Augen verengten sich. »Kümmern Sie sich nicht um meine Verdauung!«, schrie er wütend. »Wenn es einer Pille bedarf, um mein Wohlbefinden zu regeln, werde ich mich rechtzeitig bei Ihnen melden.«
»Ihr Blutdruck scheint nicht in Ordnung zu sein«, argwöhnte Arrek. »Darf ich einmal Ihren Puls fühlen?«
Ko-Antin brachte sich fluchend vor den tastenden Händen des kleinen Mannes in Sicherheit. Sie hatten das Verwaltungsgebäude erreicht. Ko-Antin ging geradewegs zur Anmeldung, die von einem jungen Offizier betreut wurde.
»Ich bin Kommandant Ko-Antin von der SUSAMA«, stellte er sich vor. »Ich landete zur Zwischenkontrolle der Multiduplikatoren auf Tibot Drei. Liegen Befehle für mich vor?«
»Ja, Kommandant«, bestätigte der Offizier und griff hinter sich. Er brachte einen versiegelten Umschlag zum Vorschein. »Das wurde per Hyperfunk übermittelt. Die Befehle sind verschlüsselt. Sie gelten auch für siebenhundert andere Schiffe.«
Ko-Antin runzelte die Stirn. »Bedeutet das einen gemeinsamen Einsatz mit siebenhundert anderen Schiffen?«
»Nein«, sagte der junge Tefroder. »Jedes Schiff wird einzeln operieren. Sie werden das alles Ihren Befehlen entnehmen.«
Ko-Antin wandte sich zu Arrek um und wedelte mit dem versiegelten Umschlag vor dessen Gesicht herum.
»Haben Sie gehört? Es gibt Arbeit für uns.«
»Nach dem Umfang des Informationsmaterials zu schließen, wird es ziemlich kompliziert werden«, prophezeite Arrek.
Ko-Antin bestätigte dem jungen Offizier den Empfang der Geheimbefehle. Er legte seine Ausweise vor, die von Kontrollgeräten innerhalb von Sekunden geprüft wurden. Ko-Antin ließ sich durch die Freundlichkeit des jungen Mannes nicht täuschen. Die Anmeldung war außerdem von drei Kampfrobotern besetzt, deren Waffen auf jeden gerichtet waren, der das Gebäude betrat. Jeder Spion würde sofort entlarvt und erschossen werden.
Ko-Antin lächelte. Bisher hatte es noch kein Spion geschafft, ein tefrodisches Gebäude unerkannt zu betreten.
»Wissen Sie, dass Sie in drei Jahren einen Kahlkopf bekommen werden?«, sagte Arrek in diesem Augenblick zu dem Offizier in der Anmeldung.
Der junge Mann schaute ihn irritiert an. Ko-Antin packte Arrek an der Schulter und wollte seinen Stellvertreter wegziehen. Doch Arrek war nicht nur schwer, er war auch standfest.
»Sie fönen Ihre Haare mit einer Dabos-Turbine«, stellte Arrek fest. »Das wird Sie eines Tages Ihre Haarpracht kosten.«
»Das dürfte Sie kaum interessieren«, schnarrte der Tefroder.
»Die Hitze einer Dabos-Turbine ist nicht nur unangenehm, sie ist auch gefährlich«, fuhr Arrek unbeirrbar fort. »Trotzdem ist Ihr Haar noch zu retten, wenn Sie die Behandlung mit diesem primitiven Fön sofort einstellen.«
Ko-Antin war froh, als Arrek endlich schwieg und ihn zum Ausgang begleitete.
»Was sollte der Unsinn?«, erkundigte sich der Kommandant, als sie die Halle verließen. »Müssen Sie unbedingt überall Ihre guten Ratschläge loswerden?«
»Ich habe ihm nicht die Wahrheit gesagt«, erklärte Arrek lächelnd. »Die Gefahr, durch eine Dabos-Turbine die Haare zu verlieren, ist viel größer, als Sie vielleicht glauben. Ab und zu entsteht innerhalb der Turbine ein Sog. Man kann nie vorausberechnen, wann es soweit ist.« Arreks Lächeln verflüchtigte sich. »Ich habe Männer gesehen, die sich mit einer Dabos skalpiert hatten.«
»Warum haben Sie ihm das nicht gesagt?«, erkundigte sich Ko-Antin verwundert.
»Er hätte mir nicht geglaubt«, sagte Arrek achselzuckend. »Es war besser, seine Eitelkeit anzusprechen. Die Angst vor einem Kahlkopf wird größer sein als die Bedenken wegen einer schlechten Funktion des ungeeigneten Föns.«
Ko-Antin blickte seinen Stellvertreter von der Seite her an. »Wie oft haben Sie sich bei mir schon mit dieser psychologischen Tour durchgesetzt?«
»Öfter als sie glauben«, sagte Arrek ungerührt.
Am Horizont zuckte ein Blitz auf. Hinter dem Energieschirm, der das Landefeld umgab, brüllte ein Saurier. Ko-Antin hob den Umschlag, den er vor wenigen Augenblicken erhalten hatte.
»Scheint eine größere Sache zu sein«, vermutete er. »Der junge Bursche wusste bestimmt nicht viel, sonst hätte ihn wahrscheinlich nichts davon abhalten können, uns mit seinem Wissen zu imponieren.«
»Die SUSAMA und ihre Besatzung haben sich oft genug für schwierige Aufträge qualifiziert«, sagte Arrek ruhig.
»Sie sind aber bescheiden«, staunte Ko-Antin. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass an meiner Seite jemand so viel Selbstbewusstsein in sich heranzüchten könnte.«
»Man lernt eben nie aus«, versetzte Arrek.
Sie bestiegen einen der Personenwagen vor dem Verwaltungsgebäude. Arrek übernahm das Steuer. Die SUSAMA stand am anderen Ende des Landefeldes. Das Duplikatorschiff durchmaß 650 Meter. Die Besatzung bestand zum größten Teil aus Wissenschaftlern. Die SUSAMA war mit drei Multiduplikatoren ausgerüstet.
Plötzlich hatte Ko-Antin das Verlangen, wieder an Bord seines Schiffes zu sein.
»Können Sie nicht schneller fahren?«, fragte er Arrek.
Arrek beschleunigte, dass Ko-Antin in seinen Sitz gepresst wurde. Wenige Minuten später hielten sie unterhalb des Landesteges an. Arrek schaltete die Robotsteuerung ein, und der Robotwagen glitt zum Verwaltungsgebäude zurück. Zwei Mechaniker in blauen Uniformen kamen auf Ko-Antin zu und grüßten.
»Alles in Ordnung, Kommandant«, sagte einer der Männer. »Der geringfügige Schaden an der dritten Landestütze wurde behoben.«
»Danke!«
Mit langen Schritten ging Ko-Antin den Landesteg hinauf. Arrek hatte Mühe, ihm zu folgen.
Als sie die Schleusenkammer betraten, begann es wieder zu regnen. Es war ein wolkenbruchartiger Regen. Ko-Antin blickte zum Landefeld hinab. Die beiden Mechaniker trugen jetzt Plastiküberzüge und bestiegen gerade ihren Montagewagen.
Die Außenfläche der SUSAMA glänzte vor Nässe. Ko-Antin hörte das Rumoren des Donners. Tibot III war eine überaus unfreundliche Welt. Der Kommandant beneidete die Männer nicht, die hier ihren Dienst versehen mussten. Bestimmt wurden sie nicht oft abgelöst.
»Schade«, sagte er. »Ich wäre gern noch einmal auf Saurierjagd gegangen.«
»Viel zu gefährlich«, meinte Arrek prompt. »Abgesehen von den Verwundungen, die Sie dabei erleiden könnten, sind diese Tiere Bakterienträger von beachtlicher Größe.«
»Sie öden mich an«, knurrte Ko-Antin und stürmte in die Schleusenkammer.
Arrek war immer noch an seiner Seite, als er kurz darauf die Kommandozentrale betrat. Er wich den erwartungsvollen Blicken seiner Offiziere aus, sorgte jedoch dafür, dass jeder den Umschlag mit dem Geheimsiegel sehen konnte.
Er ließ sich in den Kommandositz sinken. Arrek erschien und überprüfte die Kontrollen. Es war eine Marotte von ihm, dass er die Luftfeuchtigkeit innerhalb des Schiffes ständig überprüfte, ebenso die Zusammensetzung der Luft und die Temperatur.
Ko-Antin öffnete den Umschlag und zog die Folien hervor. Dann entnahm er dem Kuvert den Codeschlüssel. Die Positroniken würden die Befehle in wenigen Minuten entschlüsselt haben.
Ko-Antin schwang sich mit seinem Sitz zum Eingabeschlitz der Hauptpositronik hinüber. Er programmierte den Codeschlüssel und schob die Folien in den Eingabeschlitz. Dann schaltete er den Lautsprecher ein.
»Vieles spricht dafür, dass das geheimnisvolle Riesenschiff, das sich seit einiger Zeit in der Zentrumszone aufhält, von Halutern kommandiert wird. Nach den vorliegenden Informationen dürfte sich eine größere Zahl dieser riesenhaften Wesen an Bord des fremden Schiffes befinden.«
Ko-Antin schloss die Augen, um sich auf die mechanische Stimme konzentrieren zu können.
»Die Konstruktion ist für Haluter zwar ungewöhnlich, aber es ist anzunehmen, dass sie aus Tarnungsgründen ein derartiges Schiff gewählt haben. Die zahlenmäßige Stärke der nichthalutischen Besatzung, von der einige Mitglieder parapsychische Fähigkeiten besitzen dürften, ist nicht bekannt. Es darf jedoch als gesichert angenommen werden, dass diese nichthalutische Besatzung im Dienst der Haluter steht und mit großer Wahrscheinlichkeit nur Beobachtungsaufgaben durchzuführen hat. Zu diesem Schluss führte die Erkenntnis, dass Haluter überall, wo sie auftreten, in führenden Positionen zu finden sind. Es ist außerdem unvorstellbar, dass Haluter sich irgendwelchen anderen Wesen untergeordnet haben könnten.
Es ist von großer Wichtigkeit, den einen oder anderen Haluter oder auch einfache Besatzungsmitglieder des fremden Schiffes gefangen zu nehmen, zu duplizieren und dadurch in den Besitz aller wichtigen Informationen zu gelangen. Mit jedem Tag, den das zweitausendfünfhundert Meter durchmessende Schiff länger in der verbotenen Zone herumfliegen kann, wächst die Gefahr, die von ihm ausgeht. Wir dürfen diesen Gegner nicht unterschätzen. Deshalb wurde ein Plan ausgedacht, um das fremde Schiff in eine perfekte Falle zu locken.«
Ko-Antin nickte, als wüsste er bereits, wie die nächsten Worte lauten würden.
»Es gilt als sicher, dass die Haluter an unseren Auseinandersetzungen mit den ständig angreifenden Maahk-Flotten interessiert sind. Das bedeutet, dass das unbekannte Riesenschiff sich ständig in unmittelbarer Nähe einer Raumschlacht aufhalten wird, um ungehindert seiner Beobachtungsaufgabe nachzugehen. Diese Aufgabe muss den Eindringlingen scheinbar erleichtert werden. Das heißt, den Halutern muss die Möglichkeit gegeben werden, ein tefrodisches Schiff gründlich zu untersuchen, denn genau das scheint ihre Absicht zu sein.
Ab sofort wird jedem Flottenverband, der in Kämpfe mit Maahk-Schiffen verwickelt werden könnte, ein Duplikatorschiff zugeteilt. Das Schiff ist im Ernstfall von den eigenen Einheiten unter Feuer zu nehmen. Es darf jedoch nur geringer Schaden entstehen. Das Duplikatorschiff wird sich zurückziehen und über Hyperfunk unverschlüsselte Hilferufe ausstrahlen. Eine solche Gelegenheit werden sich die Haluter nicht entgehen lassen, wenn sie mit ihrem Schiff in der Nähe sind. Dann kommt es darauf an ...«
Je länger Ko-Antin zuhörte, desto überzeugter war er, dass der Plan funktionieren würde. Die Fremden würden die Falle erst erkennen, wenn es zu spät war.
Als er den Lautsprecher der Hauptpositronik ausschaltete, war es innerhalb der Kommandozentrale still. Ko-Antin brach das Schweigen und sagte:
»Da außer uns noch siebenhundert andere Duplikatorschiffe gleichzeitig in den Einsatz fliegen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass ausgerechnet wir mit den Halutern zusammenstoßen werden. Wir werden jedoch alles daransetzen, um für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Zu diesem Zweck werden wir, sobald wir zu dem Flottenverband stoßen, dem man uns zugeteilt hat, eine Spezialausrüstung an Bord nehmen.«
Die Maahks, dessen war Ko-Antin sicher, waren kein ernst zu nehmender Gegner, wenn sie auch immer wieder voller Verbissenheit angriffen. Was aber war mit den Halutern? Warum hatten sie plötzlich ein Beobachtungsschiff geschickt?
»Für uns alle wird es viel Arbeit geben«, unterbrach Arreks Stimme seine Gedanken. »Das bedeutet, dass die Besatzung wenig Schlaf haben wird.«
»Allerdings«, pflichtete Ko-Antin grimmig bei. »Und ich werde zu verhindern wissen, dass jemand durch die Gänge und Räume schleicht und heimlich Schlafmittel verteilt.«
Arrek faltete die Hände über seinem Bauch und schüttelte den Kopf.
»Was haben Sie nur gegen eine gesunde Lebensweise, Kommandant?«, fragte er.
»Das habe ich Ihnen schon hundertmal gesagt: Sie ist langweilig!«, rief Ko-Antin erregt.
Arrek beobachtete den Kommandanten aufmerksam.
»Tief durchatmen!«, empfahl er. »Das ist immer das beste bei solchen Aufregungen.«
Seit dem überstandenen Abenteuer der CREST III im Wracksystem waren knapp drei Wochen vergangen. Perry Rhodan hatte sich dazu entschlossen, weiterhin im Zentrumsbereich Andromedas zu operieren und vorerst noch nicht zum Stützpunkt KA-preiswert zurückzukehren.
So kam es, dass das terranische Flaggschiff seit vielen Tagen im Bereich der 20.000 Lichtjahre durchmessenden Sperrzone, die den eigentlichen Zentrumskern Andromedas umschloss, kreuzte und Informationen sammelte. Erst vor wenigen Tagen war es gelungen, ein weiteres Rätsel der Tefroder zu entschleiern. Bei der Kreuzfahrt durch die Sperrzone, ständig auf der Flucht vor Tefrodereinheiten, entdeckte man zufällig ein aus zwei Sternen bestehendes Sonnensystem, das von fünf Planeten umkreist wurde. Der dritte Planet entpuppte sich dabei als eine gigantische Fabrikationswelt.
Während die CREST, ohne entdeckt zu werden, sich in den Ortungsschutz der Sonnen zurückzog, wurde ein Einsatzkommando losgeschickt, dem es gelang, auf der scheinbar unbewohnten Welt zu landen. Diese Männer entdeckten in einer subplanetaren Station eine vollautomatische Anlage, deren Sinn vorerst niemand ergründen konnte. Viel Zeit blieb dem Kommando allerdings nicht, die rätselhaften Maschinen zu studieren, denn es wurde kurz nach dem Eindringen in die Fabrikationshalle ausgemacht und musste sich fluchtartig zurückziehen. Eine Entdeckung von weitreichender Bedeutung wurde dabei dennoch gemacht. Die scheinbar desaktivierten Maschinen begannen plötzlich zu arbeiten, und kurz darauf wimmelte es in der Halle von Tefrodern, die aus den käfigartigen, um die Maschinen gruppierten Geräten stiegen und einander wie ein Ei dem anderen glichen.
Dem Kommando gelang es, unbeschadet den Planeten zu verlassen und zur CREST zurückzukehren – keinen Augenblick zu früh, denn inzwischen waren einige Dutzend Tefroderschiffe in dem Zweisonnen-System aufgetaucht, um sich um die Eindringlinge zu kümmern. Doch die Tefroder kamen zu spät. Die CREST konnte entkommen und an die Auswertung der vom Einsatzteam gemachten Beobachtungen gehen.
Dabei erwies sich der Paddler Kalak als große Hilfe, denn als er mit den Tatsachen konfrontiert wurde, war es, als fiele ein unsichtbarer Schleier, der sich um sein Erinnerungsvermögen gelegt hatte, von ihm ab. Eine durch einen ihm selbst unbekannten Effekt hervorgerufene Erinnerungslücke schloss sich, und er wusste mit einemmal, was das Einsatzteam da entdeckt hatte. Er erklärte den Terranern, dass es sich bei den Maschinen um nichts anderes als um Multiduplikatoren handelte, die von den Meistern der Insel schon seit Jahrtausenden verwendet wurden. Mit Hilfe dieser Duplikatoren erschufen die Meister Duplos und sicherten sich dadurch ganze Armeen von treu ergebenen Gefolgsleuten.
Durch diese Entdeckung erhielten auch die Geschehnisse um das Tefroderschiff ASKAHA, das von den Terranern aufgebracht worden war und mit dem man schließlich im Wracksystem strandete, eine tiefere Bedeutung.
Das Rätsel um die Reizwellenempfänger war gelöst. Jeder tefrodische Duplo erhielt bei seiner Erschaffung ein derartiges Gerät in sein Gehirn gepflanzt. Die Meister der Insel waren auf diese Weise in der Lage, die von ihnen erschaffenen Wesen jederzeit wieder durch Hyperimpulse zu töten, falls es sich als notwendig erweisen sollte.
Perry Rhodan und seine Freunde waren entsetzt, als sie die ganze Tragweite dieser eiskalten Logik der Meister erkannten. An Bord der tefrodischen Raumschiffe mochten viele Millionen Duplos ihren Dienst versehen, alle mit Reizwellenempfängern ausgestattet und damit ihren Herren auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ohne jede Chance, sich gegen ihr Schicksal zur Wehr zu setzen. Es dauerte einige Zeit, bis man an Bord der CREST diese Erfahrung verarbeitet hatte, doch schließlich musste man sich wieder um andere, wichtigere Probleme kümmern.
Die vor etwa einem Monat angelaufene Maahk-Invasion war nach wie vor in vollem Gange und schien an Heftigkeit zuzunehmen. Überall kam es zu erbitterten Aufeinandertreffen zwischen Tefrodern und Maahks.
Inzwischen schrieb man den 23. 4. 2404. Perry Rhodan war fest entschlossen, die Geheimnisse, die diese Galaxis den Terranern bisher aufgegeben hatte – und die trotz einiger bisher erzielter Fortschritte nach wie vor vorhanden waren –, zu lösen und auch die Suche nach dem Zentrumstransmitter Andromedas fortzusetzen. Dies war kein leichtes Unterfangen, da die CREST ständig Gefahr lief, an der feindlichen Umgebung dieser Galaxis zu scheitern. Außerdem fehlte seit einigen Tagen ein wichtiger Helfer, der den Terranern bereits im Wracksystem Rettung im letzten Augenblick gebracht hatte: Lucky Log. Der Psi-Roboter war spurlos verschwunden, und alles Suchen nach ihm war ergebnislos geblieben. Gucky, der zu dem seltsamen Roboter eine innige Beziehung aufgebaut hatte, blieb nichts anderes übrig, als sich mit der Hoffnung zu trösten, seinem rätselhaften Freund eines Tages wieder zu begegnen.
In der verbotenen Zone der fremden Galaxis herrschte ein so starker Schiffsverkehr, dass die CREST III bei einiger Vorsicht nur durch einen Zufall entdeckt werden konnte. Die Maahks hatten inzwischen die militärische Überlegenheit der Tefroder erkannt. Ihre Kommandanten beschränkten sich auf blitzschnelle Kleinoffensiven. Die CREST III ortete ständig jählings auftauchende Flottenverbände.
Aber die Tefroder hatten sich schnell auf die neue Taktik des Gegners eingestellt. Ihre Kugelschiffe griffen ebenfalls nur noch in kleinen Verbänden an, so dass es oft genug vorkam, dass innerhalb eines begrenzten Raumsektors drei oder mehr Raumschlachten tobten.
So war es für die Besatzung der CREST III verhältnismäßig einfach, ihr riesiges Schiff vor den gegnerischen Flotten zu verbergen, zumal die dicht geballten Sterne im Zentrumsbereich des Andromedanebels ausreichenden Ortungsschutz gewährten.
Andererseits wurde die Suche der Terraner nach dem Sechsecktransmitter durch die gegnerischen Schiffe erheblich gestört und verlangsamt. Rhodan konnte mit dem Flaggschiff der Solaren Flotte nur mit äußerster Vorsicht operieren. Er wollte und durfte sich nicht in ein Raumgefecht verwickeln lassen.
Als Rhodan die Zentrale betrat, hatte sich die CREST III einem Maahkverband bis auf wenige Lichtjahre genähert. Der Verband war für die von den Maahks neuerdings ausgewählte Kampftaktik ungewöhnlich groß, denn er bestand aus über zweitausend Einheiten, deren Echopunkte ständig auf den Tasterschirmen geortet wurden.
»Die Methans greifen ein Doppelsonnensystem an«, erklärte Atlan, als Rhodan sich auf seinem Platz niederließ. »Dort scheint sich eine kleinere Station der Tefroder zu befinden.«
Rhodan nickte, und seine Blicke überflogen die Kontrollen. Die CREST III stand im Ortungsschutz einer blauen Riesensonne.
»Sind bereits tefrodische Schiffe aufgetaucht?«, erkundigte er sich.
»Nur einige Wachschiffe, die offenbar dort stationiert waren«, berichtete Oberst Rudo. »Sie wurden von den Maahks vernichtet. Gegenüber einer solchen Übermacht waren auch die Tefroder machtlos.«
Rhodan vermutete, dass es nur noch eine Frage von Minuten war, bis ein größerer Verband der Tefroder auftauchen würde. Obwohl die Tefroder sich äußerlich nicht von den Terranern unterschieden, gelang es Rhodan nicht, seine Sympathie für die Maahks zu unterdrücken. Das lag nicht allein daran, dass die Tefroder auch potentielle Gegner der Terraner waren.
Die Tefroder kämpften mit kaltblütiger Grausamkeit. Sie kannten kein Erbarmen. Man konnte ihre Kampfweise fast unmenschlich nennen. Das war es, was Perry Rhodan abstieß.
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Panoramabildschirm und die Kontrollgeräte.
»Wir riskieren noch ein Linearmanöver«, entschied er. »Gehen Sie noch etwas näher heran, Oberst.«
Oberst Cart Rudo, der Kommandant des Flaggschiffs, verzog sein hartes Gesicht. »Das ist gefährlich, Sir. Die Sonnen stehen hier so dicht, dass jeder Linearflug eine komplizierte Navigation erfordert.«
»Navigieren Sie kompliziert«, empfahl ihm Rhodan trocken.
Der Epsaler lachte dröhnend, und das Ultraschlachtschiff begann zu beschleunigen. Rhodan wollte die Schlacht aus unmittelbarer Nähe beobachten, um weitere Aufschlüsse über die Kampfstärke der beiden gegnerischen Parteien zu erlangen.
Jemand berührte Rhodans linken Arm. Er blickte zur Seite und sah Gucky neben sich stehen.
»Wir könnten vielleicht noch mehr über die Tefroder erfahren, wenn du mir gestatten würdest, einen Teleportersprung auf eines ihrer Schiffe zu wagen«, sagte er.
»Die Genehmigung für ein solches Unternehmen kann ich nicht geben, Kleiner«, erwiderte Rhodan. »Das Risiko ist mir ganz einfach zu groß.«
»Es ist zum Verzweifeln«, piepste der Mausbiber mit Leidensmiene. »Du lässt wirklich nichts unversucht, deinen besten Kämpfer lahmzulegen.« Die Art, wie er seine Brust hervorstreckte, ließ keinen Zweifel aufkommen, wer mit dem »besten Kämpfer« gemeint war.
Rhodan lächelte und machte sich darauf gefasst, dass Gucky weiternörgeln würde.
»Ich lobe mir unsere heimatliche Galaxis«, erklärte der Mausbiber. »Dort war es nicht so langweilig wie hier. Abenteuer brachten Abwechslung in mein Leben. Aber hier? Ultus-Pultus würde nicht mit einer Wimper zucken beim Anblick dieser kümmerlichen Schiffe, die hier herumschwirren.«
»Wer«, fragte Rhodan, ohne seine Blicke von den Kontrollen zu lösen, »ist Ultus-Pultus?«
»Pah!«, schrillte Gucky empört. »Jeder gebildete Mensch kennt ihn. Aber du hast ja nie Zeit, ein Buch zu lesen.«
»Atlan gilt als sehr gebildet, aber er weiß bestimmt auch nicht, wer dieser geheimnisvolle Ultus-Pultus ist«, verteidigte sich Rhodan.
Gucky watschelte zu dem Arkoniden hinüber und stemmte erwartungsvoll beide Ärmchen in die Hüften.
»Ich wette zehn Karotten gegen einen Dragonersattel, dass du Ultus-Pultus kennst«, sagte er zu Atlan.
»Dann wird es Zeit, dass du dich um einen Dragonersattel kümmerst«, meinte Atlan. »Ich kenne diesen Herrn ebenfalls nicht.«
»Das ist ein Komplott gegen mich!«, schrie Gucky erbost. »Ihr wollt mich um die verdienten zehn Karotten bringen.«
»Ich wette, Ultus-Pultus ist das Gegenstück von Humpty-Dumpty«, warf Leutnant Drav Hegmar ein, der die Positronik neben den Kontrollen bediente.
»Humpty-Dumpty sat on the wall«, zitierte Major Sven Henderson. »Auch er hätte nicht mit einer Wimper gezuckt, denn meines Wissens besaß er keine Wimpern.«
»Das war auch nur symbolisch gemeint«, erklärte Gucky mürrisch. »Bei Humpty-Dumpty konnte man sagen, dass er nicht mit einer Zehe gewackelt hätte, oder so ähnlich.«
»Bei Gucky könnte man sagen, er hätte nicht mit dem Schwanz gewedelt, oder so ähnlich!«, rief Captain Eyseman, der keine Gelegenheit verstreichen ließ, um den Mausbiber zu verspotten.
»Hört euch diesen ungebildeten Höhlenbewohner an!«, schrie Gucky empört. »Unfähig, ein Hühnerei von einem Hering zu unterscheiden, glaubt er doch, er könnte den Genius von Tramp verspotten.«
»Wer ist der Genius von Tramp?«, fragte Rhodan.
»Ultus-Pultus!«, schrie Gucky. Er watschelte zu seinem Sitz und ließ sich mit einem Seufzer niedersinken.
»Ende des Linearfluges!«, rief Oberst Cart Rudo.
Die Gesichter der Männer spannten sich. In den Feuerleitzentralen kauerten die Kanoniere hinter den Abschusskontrollen der Transformkanonen, von denen die CREST III nicht weniger als sechzig Exemplare besaß. Die Besatzung des Riesenschiffes musste immer damit rechnen, in ein Gefecht verwickelt zu werden.
Der Anblick des Weltraums auf den Bildschirmen veränderte sich. Die Doppelsonne wirkte jetzt wie eine überdimensionale, feurige Acht, so dicht standen die Sterne beieinander. Trotzdem blieben die Maahkschiffe im Ortungsbereich der terranischen Geräte. Im Augenblick wurden keine neu eintreffenden Maahkschiffe registriert. Das konnte nur bedeuten, dass die Maahks das Manöver vorläufig abgeschlossen hatten und möglichst schnell den Stützpunkt der Tefroder vernichten wollten.
Die Doppelsonne besaß drei Planeten, von denen der mittlere das Ziel der Methanatmer zu sein schien. Die Tefroder, die auf dieser Welt lebten, hatten keine Überlebenschance, wenn sie nicht einen Transmitter besaßen, mit dessen Hilfe sie den Bomben der Maahks entkommen konnten. Rhodan ahnte, dass unterhalb der dichten Wolkendecke des unbekannten Planeten der Atombrand bereits begonnen hatte.
»Starke Ortung im Sektor drei-c-achtzehn!«, rief Oberst Rudo.
Rhodan nahm einige blitzschnelle Schaltungen vor. Der betreffende Sektor auf dem Panoramabildschirm wurde auf die Kontrollschirme übertragen und dort verstärkt wiedergegeben.
»Ein Situationstransmitter!«, rief Atlan, der zuerst begriff, was der rote Feuerring, der mitten im Raum stand, zu bedeuten hatte.
»Die Tefroder greifen ein«, stellte Rhodan fest. »Es wird nicht lange dauern, bis die ersten Kugelschiffe auftauchen.«
Der Situationstransmitter, den die Tefroder errichtet hatten, stand nicht im System der Doppelsonne, sondern in unmittelbarer Nähe eines grünen Sternes. Obwohl der Anblick für Rhodan nicht ungewohnt war, erschien es ihm doch unfassbar, dass dieses Gebilde von Gehirnen lebender Wesen ausgedacht und erschaffen worden war.
Den roten Feuerring umgab undurchdringliche Finsternis, die in regelmäßigen Abständen von einem violetten Fluten und Wallen abgelöst wurde. Es sah aus, als bewegte sich innerhalb des Ringes eine gigantische Masse. Der Ring war leicht oval und durchmaß an seiner größten Stelle mindestens eine Million Kilometer.
Rhodan sah, wie die violette Flut plötzlich wieder erstarb. Dann schoss ein Pulk tefrodischer Kampfschiffe aus dem Situationstransmitter. Es war ein phantastischer Anblick, diese Schiffe, die scheinbar aus dem Nichts entstanden, auf das System der Doppelsonne zurasen zu sehen.
»Die Vernichtung der Bodenstation wird den Maahks teuer zu stehen kommen«, bemerkte Kalak.
Rhodan warf einen kurzen Blick auf den Kosmischen Ingenieur, der schräg hinter ihm saß. Kalaks blütenweißer Kunststoffoverall leuchtete.
Rhodan musste unwillkürlich lächeln, als er an ihre erste Zusammenkunft mit dem Kosmischen Ingenieur zurückdachte. Es war ihm unvergesslich, wie sie auf der Reparaturwerft mit Melodien von Glenn Miller begrüßt worden waren. Schon damals hatte er geahnt, dass er wertvolle Verbündete finden würde.
Er konzentrierte sich wieder auf die Vorgänge im Weltraum. Der Situationstransmitter spie ununterbrochen tefrodische Schiffe in den Leerraum, deren Kommandanten sofort zu wissen schienen, wo sich der Gegner befand. Inzwischen hatten die Maahks die Gefahr erkannt und formierten sich innerhalb des Doppelsonnensystems. Der Planet, den die Methans angegriffen hatten, glühte jetzt bereits durch seine Atmosphäre hindurch. Sein Anblick musste die Tefroder geradezu zur Rache anstacheln. Rhodan vermutete, dass sich eine verbissen geführte Schlacht entwickeln würde.
»Es sind wieder achtzehnhundert Meter durchmessende Kugelraumschiffe unter den tefrodischen Einheiten«, sagte Oberst Rudo.
Obwohl ihre Bodenstation verloren war, ließen die Tefroder nichts unversucht, den Angreifer abzufangen. Die Geschwindigkeit, mit der die Tefroder aufgetaucht waren, ließ Rhodan die Gefährlichkeit eines solchen Gegners erkennen. Die geniale Technik der Tefroder kam hier erneut zum Zuge. Nur wenige Minuten nach dem Angriff der starken Maahk-Flotte hatten die zuständigen Sektorentechniker der Tefroder einen Situationstransmitter aufgebaut, um den auf verschiedenen Abflugbasen stehenden Schiffen ein unverhofftes und blitzschnelles Erscheinen am Kampfort zu ermöglichen.
Noch war der Zusammenstoß der beiden Flotten nicht erfolgt. In drei mächtigen Pulks rasten die Tefroder ins System der Doppelsonne hinein. Die Formation der Maahks erschien Rhodan wenig durchdacht zu sein. Aber, so sagte er sich im stillen, die Maahk-Kommandanten waren nicht weniger überrascht als er.
Nach einer kurzen Unterbrechung schossen abermals tefrodische Schiffe aus dem Situationstransmitter. Diese zweite Welle würde das Ende der Angreifer bedeuten, wenn diese sich nicht schnell zurückzogen. Rhodan bezweifelte jedoch, dass die Wasserstoff-Methan-Atmer an einen Rückzug dachten. Sie betrachteten es als einen Erfolg, ein paar Feindschiffe zu vernichten, auch wenn sie dabei, wie es in den meisten Fällen geschah, hohe Verluste erlitten.
Die Maahks begannen das Feuer aus ihren Konverterkanonen zu eröffnen, obwohl sie inzwischen wissen mussten, dass sie damit gegen die tiefroten Schutzschirme der Tefroder nichts ausrichten konnten. Die Halbraumfelder machten die Konverterkanonen nahezu unwirksam. Lediglich ein konzentrierter Beschuss von mehreren Maahkraumern konnte ein Halbraumfeld durchschlagen. Auch die anfängliche Taktik der Maahks, als sie erkannt hatten, dass die Halbraumfelder der Tefroder bei konventionellen Energiewaffen versagten, diese mit normalenergetischen Waffen zu schlagen, war inzwischen von den Tefrodern vereitelt worden. In zunehmendem Maße setzten sie Schiffe ein, die sowohl durch Halbraumfelder gegen Konverterkanonen als auch durch andere Schutzschirme gegen normalenergetische Waffen wirkungsvoll geschützt waren.
Dagegen wirkten die Gegenpolkanonen der Tefroder verheerend. Die grünen Schutzschirme der Maahks brachen schon nach wenigen Schüssen zusammen, und die beschossenen Schiffe explodierten.
Bereits der erste Feuerwechsel überzeugte Rhodan, dass er hier ein ähnliches Schauspiel erleben würde wie bei den meisten Raumgefechten, die sie beobachtet hatten. Die Verluste der Maahks übertrafen die der Tefroder um das Zehnfache.
Der von den Maahks bombardierte Planet zerbarst und stand als glühender Feuerball im Weltraum. Er bildete einen schrecklichen Hintergrund zu der tobenden Raumschlacht. Die Tefroder flogen ihre Einsätze wie immer mit großer Besonnenheit und geringem Risiko. Vergeblich versuchten die Maahks, keilförmige Formationen zu schaffen, um mit ihnen den Ring der Tefroderschiffe zu durchbrechen. Die tefrodischen Kommandanten durchschauten diese Absicht und beorderten sofort die 1800-Meter-Riesen an alle Stellen, wo der Gegner einen Durchbruch versuchte.
Die Methans waren ihren Widersachern rettungslos unterlegen. Die Tefroder kannten inzwischen alle Tricks des Gegners und richteten danach ihre Kampfweise aus.
Als das Raumgefecht seinen Höhepunkt erreichte, empfingen die Hyperfunkgeräte der CREST III plötzlich ein Notsignal in offenem Tefroda.
»Was bedeutet das?«, erkundigte sich Oberst Rudo verwirrt. »Die Schlacht ist praktisch entschieden. Warum funken die Tefroder jetzt noch um Hilfe?«
»Es muss sich um ein einzelnes Schiff handeln«, vermutete Major Kagato.
»Wahrscheinlich wurde es angeschossen und kam von seinem Kurs ab.«
»Anpeilen!«, rief Rhodan dazwischen.
»Ich verstehe«, sagte Atlan. »Du hoffst, dass es uns wieder gelingt, ein tefrodisches Schiff zu erobern.«
Rhodan nickte. »Wenn wir schnell genug sind, können wir früher bei den Schiffbrüchigen ankommen als die Hilfsschiffe der Tefroder.«
»Wir sind schnell!«, rief Oberst Rudo.
Wenige Sekunden später waren die Peilzeichen ausgewertet.
»Sektor D-siebzehn, Sir!«, sagte Rudo. »Dort befindet sich nur ein kleineres tefrodisches Schiff. Ungefährer Durchmesser beträgt sechshundertfünfzig Meter. Seine Triebwerke scheinen defekt zu sein, denn es bewegt sich im freien Fall durch den Weltraum.«
Rhodan überlegte einen Augenblick. Da es sich nur um ein einzelnes Schiff handelte, bedeutete es keine Gefahr für die CREST III. Außerdem befand sich das Ultraschlachtschiff viel näher an dem Wrack als jede Einheit der Tefroder-Flotte.
»Diese Burschen schnappen wir uns!«, sagte Rhodan.
Genau vier Sekunden später begann die CREST III auf die ausgeklügelte Falle zuzufliegen, die ein Teil eines unglaublichen Planes jener Wesen war, die sich die
Natürlich waren die Kopfschmerzen nur Einbildung. Es war unmöglich, dass der Reizempfänger einen schmerzhaften Druck auf die Paradrüse oder das Kleinhirn ausübte. Das Mikrogerät musste längst von natürlichem Gewebe überwuchert und verschlossen worden sein.
Ko-Antin presste beide Hände gegen seine Schläfen. Er glaubte nicht, dass eine Reizimpulssendung bevorstand, denn im Augenblick waren keine feindlichen Schiffe in der Nähe. Die SUSAMA gehörte jetzt zu einem Verband von fünfzehnhundert Schiffen. Ko-Antin schätzte die Zahl der 1800 Meter durchmessenden Schlachtschiffe auf sechshundert. Das Duplikatorschiff flog also mit einer ungewöhnlich kampfstarken Flotte.
Inzwischen waren die Arbeiten an Bord der SUSAMA abgeschlossen worden. Perfekte Verstecke für die achthundert Mann starke Besatzung waren geschaffen worden. Jedes Besatzungsmitglied war mit einem Antiparahelm ausgerüstet, um eine Entdeckung durch parapsychische Fähigkeiten auszuschließen. Die Zentrale hatte an alles gedacht.
Außer der SUSAMA waren noch siebenhundert weitere Schiffe auf diese Weise präpariert worden. Sie alle flogen mit kampfstarken Verbänden in den Einsatz. Ko-Antin wunderte sich über den Aufwand, den die Zentrale machte, um das Schiff der Haluter in eine Falle zu locken.
Von den siebenhundert Duplikatorschiffen konnte nur eines das Glück haben, mit den Halutern Kontakt aufzunehmen – und selbst das war mehr als ungewiss.
Ko-Antin warf einen Blick zu Arrek hinüber, der im Pilotensitz saß. Solange der Stellvertretende Kommandant der SUSAMA mit den Steuerkontrollen beschäftigt war, kam er nicht auf den Gedanken, Ko-Antin zu belästigen. Innerhalb der Kommandozentrale war es still. Die Offiziere der SUSAMA dachten an den bevorstehenden Einsatz. Wenn das Duplikatorschiff in einen Kampf verwickelt wurde, würden die Reizwellenempfänger in Tätigkeit treten. Ko-Antin kannte die Scheu, die jeder Duplo vor diesen Geräten empfand.
Der Kommandant schüttelte den Kopf. Er durfte sich jetzt nicht mit solchen Problemen beschäftigen. Er wusste nicht, wie viele Duplikate seines Körpers in der tefrodischen Flotte dienten, aber sein eventueller Tod würde nicht das Ende von Ko-Antin bedeuten. Der Gedanke an die anderen Ko-Antins war ebenso verwirrend wie tröstlich.
Der Originalkörper Ko-Antins musste auf jeden Fall über ungewöhnliche Qualitäten verfügen, sonst hätte man nicht eines seiner Duplikate zum Kommandanten eines wichtigen Schiffes gemacht.
Arrek schaltete die automatische Steuerung ein und blickte zu Ko-Antin hinüber.
»Kopfschmerzen, Kommandant?«, erkundigte er sich besorgt.
Ko-Antin kratzte seine schwarzen Haare, um den Verdacht des Stellvertreters von der eigentlichen Ursache seiner Armhaltung abzulenken.
»Kopfjucken«, erwiderte er.
»Nervosität«, stellte Arrek fest. »Das wird sich vor jedem Einsatzbefehl wiederholen.«
Ko-Antin nickte mürrisch. In solchen Augenblicken bedeutete Arrek eine Last. Zum Glück beschränkte sich sein Gesundheitsbedürfnis nicht allein auf Ko-Antin. Arrek wurde nicht müde, alle erreichbaren Besatzungsmitglieder der SUSAMA mit Vorschlägen für eine gesündere Lebensweise zu überhäufen. Ko-Antin hatte das sichere Gefühl, dass nur der Respekt vor Arreks militärischem Rang die Soldaten manchmal davon abhielt, dem Stellvertretenden Kommandanten Prügel zu verabreichen.
Dieser Gedanke heiterte Ko-Antin etwas auf. Seine Blicke überflogen noch einmal die Kontrollen, dann nickte er Arrek zu.
»Übernehmen Sie weiterhin«, sagte er. »Ich werde noch einmal die einzelnen Verstecke überprüfen.«
»Ja, Kommandant«, stimmte Arrek zu.
Ko-Antin war froh, dass keine Einwände kamen. Er verließ den Kommandoraum und trat auf einen Hauptgang hinaus.
Fast alle Besatzungsmitglieder befanden sich bereits innerhalb der Verstecke, denn die SUSAMA konnte von einer Minute zur anderen in einen Sektor beordert werden, wo gegen die Maahks gekämpft wurde. Lediglich vierzig Männer hielten sich noch in den normalen Räumen des Schiffes auf. Sie genügten, um alle wichtigen Arbeiten auszuführen.
An Ko-Antins Gürtel pendelte der Antiparahelm. Er konnte ihn in Sekundenschnelle auf den Kopf setzen, wenn es darauf ankam.
Ko-Antin hatte nicht vor, die Verstecke nochmals zu überprüfen. Er wusste genau, dass sie in Ordnung waren. Er wollte sich nur für kurze Zeit in seine Kabine zurückziehen. Das hatte er Arrek nicht sagen können, denn sein Stellvertreter hätte sofort irgendeine Unpässlichkeit geargwöhnt.
Durch den Hauptantigravschacht schwebte der Kommandant zu den Mannschaftsräumen hinauf. Seit er die Kommandozentrale verlassen hatte, fühlte er sich etwas besser. Die Kopfschmerzen ließen nach. Ko-Antin kannte diese Symptome von früheren Einsätzen. Es musste irgend etwas mit seinem Unterbewusstsein zu tun haben. Auch wenn er es nicht eingestand, machte ihm der Gedanke an die anderen Duplikate des Ko-Antin zu schaffen.
Er verließ den Antigravschacht und ging durch einen schmalen Gang an einer Reihe von Kabinen vorüber, bis er vor seiner eigenen stand. Zu seiner Überraschung fand er sie unverschlossen.
Als er öffnete, sah er einen Mann am Tisch sitzen.
Der Mann war groß und hager. Er hatte schwarze Haare und ein ausgeprägtes Kinn. Er blickte auf und lächelte Ko-Antin zu.
Da wusste der Kommandant, dass er einem Duplikat des gleichen Originalkörpers gegenüberstand, nach dessen atomarer Zellstruktur man auch ihn geschaffen hatte.
»Dieses Zusammentreffen war nicht geplant«, sagte der Mann am Tisch. Er sagte es mit Ko-Antins Stimme und unterstrich den Satz mit der gleichen Geste, die Ko-Antin gemacht haben würde.
Ein wilder Gedanke durchzuckte Ko-Antins Gehirn.
»Sind Sie das Original?«, fragte er.
»Nein«, sagte der Mann am Tisch. »Ich bin das sechsunddreißigste Duplikat, falls es Sie interessiert. Ich habe eine Spezialausbildung erhalten. Meine Aufgabe ist es, im Falle Ihres Versagens die Befehlsgewalt über die SUSAMA zu übernehmen.«
»Meines Versagens?«, stammelte Ko-Antin verwirrt. »Was heißt das?«
»Das heißt, dass die Zentrale kein Risiko eingeht«, erwiderte Ko-Antin Sechsunddreißig. »Die Aufgabe der Duplikatorschiffe ist so wichtig, dass man sich entschloss, zwei Kommandanten für jeden Einsatz zu bestimmen.«
»Wann kamen Sie an Bord? Und wie?«
»Nennen Sie mich einfach Sechsunddreißig«, schlug der Mann am Tisch vor, dem es überhaupt nichts auszumachen schien, seinem Ebenbild gegenüberzustehen. »Als die Spezialausrüstung übergeben wurde, war ich dabei. Ich rechnete allerdings nicht damit, dass wir uns begegnen würden.«
»Das ist meine Kabine«, erklärte Ko-Antin.
»Ich weiß«, sagte Sechsunddreißig. »Unter normalen Umständen wären Sie jedoch nicht mehr hierhergekommen, stimmt's?« Er musterte Ko-Antin mit prüfenden Blicken. »Welche Nummer in unserer Ahnenreihe tragen eigentlich Sie?«
»Zweihunderteins«, sagte Ko-Antin.
»Ich werde Sie Eins nennen«, sagte Sechsunddreißig. »Das ist unkomplizierter.«
»Weiß jemand von der Besatzung, dass Sie an Bord sind?«, erkundigte sich Ko-Antin.
»Nur Arrek«, erklärte Sechsunddreißig. »Er weiß sogar, wie er uns unterscheiden kann.« Sechsunddreißig verstellte seine Stimme, so dass sie wie die Arreks klang, und sagte: »Das ist nur psychologisches Einfühlungsvermögen, verstehen Sie?«
»Welche Aufgaben haben Sie, solange ... solange ich die Befehlsgewalt in den Händen habe?«
Sechsunddreißig lachte aufreizend und schob seine langen Beine unter den Tisch. Er lehnte sich weit zurück, so dass die Rückenlehne des Stuhles krachte. Ko-Antin fragte sich, ob er unter normalen Umständen auch so aufreizend selbstbewusst war wie dieser Mann. Arrogant, dachte er. Aber wie, fragte er sich gleichzeitig, konnte man sich selbst arrogant finden? Er verfolgte diesen Gedanken nicht weiter, weil er spürte, dass er gefährlich war.
»Ich habe keinerlei Aufgaben, solange alles in Ordnung ist«, sagte Ko-Antins sechsunddreißigstes Duplikat. »Ich warte nur, dass bei Ihnen irgend etwas passiert, Eins.«
»Sie müssen ein Versteck aufsuchen«, forderte Ko-Antin.
Sechsunddreißig erhob sich, durchquerte die kleine Kabine und öffnete den Wandschrank. Er nahm die Rückwand heraus, und eine flache Aushöhlung wurde sichtbar. An der Wand hing ein Antiparahelm.
»Nicht gerade bequem, aber ausreichend«, sagte Sechsunddreißig. »Sie brauchen also nicht zu befürchten, dass ich den Halutern oder ihren Helfern in die Hände falle, wenn sie jemals hier auftauchen sollten.«
Ko-Antin hatte sich so weit von seiner Überraschung erholt, dass er die Tür hinter sich zudrücken konnte. Sechsunddreißig verschloss sorgfältig sein Versteck und kehrte zum Tisch zurück.
»Sie müssen sich offenbar erst an meinen Anblick – der immerhin Ihr eigener ist – gewöhnen«, stellte er fest.
»Allerdings«, stimmte Ko-Antin zu.
»Ich bin es gewöhnt«, sagte Sechsunddreißig. »Ich bin sozusagen der ständige Verbindungsmann zwischen allen Duplikaten des Originals.«
»Haben Sie das Original jemals gesehen?«
»Ja«, sagte Sechsunddreißig. Zum ersten Mal erlosch das spöttische Lächeln um seine Mundwinkel völlig. »Ein gebrochener Mann.«
Plötzlich hatte Ko-Antin das Gefühl, innerhalb des kleinen Raumes ersticken zu müssen. Die Nähe eines Duplikats, das nach der gleichen Schablone wie er geschaffen war, erschien ihm unerträglich. Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg.
»Was werden Sie nach diesem Einsatz unternehmen?«, fragte er mühsam.
Sechsunddreißig hob die Schultern. »Ich wünschte, ich wüsste es. Die Zentrale hat viele Aufgaben für mich. Vielleicht werde ich sogar getötet.«
Ko-Antin zuckte zusammen.
»Wie können Sie so darüber reden, als wäre ... als wäre es nichts?«
»Seien Sie nicht naiv«, sagte Sechsunddreißig. »Ich bin ein Homunkulus, genau wie Sie und alle anderen Duplikate des Originalkörpers. Unser Leben ist wie ein Nebel, der sich blitzschnell verflüchtigen kann. Warum darüber nachdenken und sich Sorgen machen? Sie müssen lernen, jede Sekunde dieses unwirklichen Lebens zu genießen. Solange Sie das nicht können, werden Sie sich immer der Tatsache bewusst bleiben, dass Sie ein Abklatsch sind.«
»Halten Sie den Mund«, schrie Ko-Antin.
Sechsunddreißig lachte, dass seine schimmernden Zähne sichtbar wurden.
»Angst vor der Wahrheit? Mir scheint, Arrek ist nicht der richtige Stellvertreter für Sie. Er sorgt dafür, dass Ihre Gedanken sich im Kreis drehen.«
»Lassen Sie Arrek aus dem Spiel.« Ko-Antin drehte sich abrupt um und riss die Tür auf.
»Immer mit der Ruhe, Eins!«, rief der Mann in der Kabine. »Sie flüchten jetzt vor sich selbst – im wahrsten Sinne des Wortes.«
Ko-Antin biss die Zähne aufeinander. Bevor er die Tür schloss, wandte er sich noch einmal um.
»Wenn Sie mir noch einmal begegnen, werde ich versuchen, Sie zu töten«, sagte er tonlos.
Sechsunddreißig hieb vor Vergnügen mit beiden Händen auf den Tisch, dass es krachte. Ko-Antin warf die Tür hinter sich zu. Er musste sich gegen die Wand lehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ein Traum? Nein, er brauchte nur die Kabine zu betreten, um sich davon zu überzeugen, dass dieses Scheusal mit seinem Körper und seinem Gesicht tatsächlich existierte. Einen Augenblick stand er wie gelähmt. Die Kälte der Metallwand übte eine beruhigende Wirkung auf ihn aus. Als er sich von der Wand löste, ging er sehr langsam. Er war noch zu erregt, um in die Kommandozentrale zurückkehren zu können. Es fiel ihm ein, dass er das Zusammentreffen mit Sechsunddreißig nach seiner Rückkehr von diesem Einsatz irgendeinem Memoschreiber schildern würde. Einschließlich der Morddrohung.
In einer Vision, die niemals Wirklichkeit werden konnte, sah Ko-Antin alle Memoboxen des Tefroder-Reiches in einer gigantischen Explosion zu atomarem Staub werden.
Ein revolutionärer Gedanke. Ein gefährlicher Gedanke für einen Mann, der durch einen einzigen Hyperwellenimpuls getötet werden konnte.
Das plötzliche Aufheulen der Alarmsirenen der SUSAMA traf ihn wie ein Guss eiskalten Wassers.
Es geht los, dachte er, während er auf den Antigravschacht zustürmte.
Mit einem Schlag vergaß er alles, was seinen Verstand belastet hatte.
Er wurde zu einer kühlen Kampfmaschine, die es gewohnt war, überlegte Befehle zu erteilen.
Zusammen mit dem zweiten Pulk schoss die SUSAMA aus dem Situationstransmitter und raste auf das System der Doppelsonne R-345678C-C-4 zu. Die Katalognummer dieses Doppelsterns erschien Ko-Antin völlig bedeutungslos. Viel wichtiger waren die über zweitausend Schiffe der Maahks, die sich in diesem Sonnensystem aufhielten und den Planeten Ruargh bombardiert hatten.
Ruargh war verloren. Ko-Antin hoffte, dass die Besatzung der Bodenstation trotz des Überraschungsangriffes der Wasserstoff-Methan-Atmer rechtzeitig durch den Transmitter geflüchtet war. Die Wachschiffe waren von den Maahks restlos vernichtet worden.
Die Kommandanten der tefrodischen Schiffe wussten genau, welche Rolle die SUSAMA spielen sollte. Es war überflüssig, jetzt noch einmal mit ihnen in Funkverbindung zu treten.
Der Situationstransmitter lag bereits Tausende von Meilen hinter der SUSAMA. Der erste Verband der Tefroder wurde von den Maahks mit wütendem Abwehrfeuer empfangen.
»Es entwickelte sich alles sehr günstig«, sagte Arrek. »Wenn wir in der Gefechtszone ankommen, wird bereits ein heilloses Durcheinander herrschen. Für einen hypothetischen Beobachter wird es unmöglich sein, festzustellen, von welchen Schiffen die SUSAMA unter Feuer genommen wird.«
»Hoffentlich zielen die Kanoniere unserer Begleitschiffe gut«, sagte Ko-Antin. »Ich möchte nicht, dass die SUSAMA tatsächlich zu einem Wrack wird.«
Er schaltete den Interkom ein.
»Alle Verstecke schließen!«, befahl er. »Antiparahelme aufsetzen!«
Die SUSAMA flog ohne das schützende Halbraumfeld. Ko-Antin musste so manövrieren, dass das Duplikatorschiff nicht in die Nähe maahkscher Einheiten kam, denn ein Zufallstreffer aus einer Konverterkanone konnte das ungeschützte Spezialschiff vernichten.
Der zweite Verband erreichte den Gefechtssektor. Ko-Antin beobachtete angespannt die Kontrollen. Die Verwirrung unter den Maahks amüsierte ihn. Die Manöver der gegnerischen Kommandanten waren leicht zu durchschauen. Die Methans bildeten überall Keilformationen. Das genügte Ko-Antin als Beweis, dass die Maahks mit dem schnellen Eintreffen der Tefroder nicht gerechnet hatten und jetzt einen Durchbruch versuchten.
Ko-Antin hatte die Steuerung des 650 Meter durchmessenden Duplikatorschiffes übernommen. Er achtete darauf, dass er stets im Schutz einiger tefrodischer Großschiffe flog. Die Formation der Tefroder zerschlug den Widerstand der Maahks, die sich den Angreifern entgegenwarfen. Mit ihren Gegenpolkanonen brachten die Tefroder den Methans schwere Verluste bei.
In diesem Augenblick sendete das Flaggschiff des tefrodischen Verbandes den ausgemachten Kurzimpuls. Ko-Antin presste sich in den Sitz und umklammerte die Steuerung. Es war ein unangenehmes Gefühl, die Kanonen der eigenen Schiffe auf die SUSAMA gerichtet zu wissen.
Zweimal wurde die SUSAMA getroffen und aus ihrer Bahn geschleudert. Die Vibration genügte, um innerhalb der Zentrale geringfügigen Schaden anzurichten. Ko-Antin atmete erleichtert auf. Die Kontrollen zeigten ihm, dass keines der Überlichttriebwerke beschädigt war. Die SUSAMA war nach wie vor voll einsatzbereit. Doch das durfte der Beobachter, an dessen Existenz Ko-Antin nicht zweifelte, nicht merken.
Die SUSAMA löste sich aus dem tefrodischen Verband und zog sich von den feuernden Schiffen zurück. Ko-Antin verhielt sich so, wie er es auch getan hätte, wenn das Duplikatorschiff tatsächlich schwere Treffer erhalten hätte.
Vier Millionen Kilometer von der Gefechtszone entfernt, gab Ko-Antin dem Funker den Auftrag, den Notruf zu senden.
Das tefrodische Schiff bewegte sich nur langsam. In einem unverschlüsselten Funkspruch hatte der tefrodische Kommandant seinem Verband mitgeteilt, dass sein Überlichttriebwerk ausgefallen sei. Er würde nun versuchen, den Situationstransmitter zu erreichen.
»Was halten Sie davon?«, wandte sich Perry Rhodan an Kalak. »Kommt Ihnen der unverschlüsselte Hilferuf nicht verdächtig vor?«
»Keineswegs«, erwiderte der Paddler. »Man kann der Funksendung entnehmen, dass es sich bei dem Wrack um ein Spezialschiff der Tefroder handelt. Vermutlich ist es sogar ein Duplikatorschiff.«
»Was heißt das?«
»Diese Schiffe dienen dazu, bei extremen Notfällen an Ort und Stelle Tefroder-Duplos herzustellen«, informierte Kalak den Großadministrator. »Wahrscheinlich hat dieses Schiff drei Multiduplikatoren und eine geschulte Besatzung an Bord. Der unverschlüsselte Notruf lässt die Kommandanten der anderen Schiffe erkennen, dass eine überaus wichtige Einheit in Gefahr ist. Es erspart ihnen die Arbeit des Entschlüsselns.«
Rhodan ließ es sich nicht anmerken, wie sehr ihn diese Information erregte. Die Multiduplikatoren waren eines der größten Geheimnisse der Meister der Insel. Vor rund drei Jahren, im April 2401, wurden die Terraner zum ersten Mal mit Duplos konfrontiert. Jene fünf an Zentrumspest erkrankten Agenten unter dem Kommando von Major Halgor Sörlund, die nach Andro-Alpha verschlagen worden waren, kamen in Form von Duplos in die Milchstraße zurück. Kurze Zeit später wurde auch Tronar Woolver dupliziert. Hinter diesen beiden Ereignissen stand der Geheimdienst der Maahks, dessen führender Vertreter Grek-1 war, der später zu einem Freund der Menschheit wurde. Doch selbst Grek-1 war nicht in der Lage gewesen, den Terranern Detailinformationen über die Multiduplikatoren anzuvertrauen.
Man wusste lediglich, dass diese Geräte in der Lage waren, von jedem Wesen eine Atomschablone anzufertigen, nach deren Muster dann identische Duplikate produziert wurden. Die Identität war sowohl auf physischer als auch auf psychischer Basis vollkommen. Nur eines konnten die von den Maahks verwendeten Duplikatoren nicht: hyperphysikalische Phänomene kopieren. Sowohl bei den fünf Agenten als auch bei Tronar Woolver gingen die hyperphysikalischen Eigenschaften der Originale nicht auf die Duplikate über. Nicht nur das, auch das Wissen um diese Fähigkeiten ihrer Originale ging den Duplos bei ihrer Produktion verloren. Die Atomschablonen waren nicht in der Lage gewesen, derartige Phänomene zu registrieren und an die Kopien weiterzugeben.
Dies alles schoss Rhodan durch den Kopf, während er sich auch an die jüngsten Erklärungen Kalaks erinnerte, wonach die Duplikatoren, die die Meister der Insel den Tefrodern zur Verfügung gestellt hatten, wohl in der Lage waren, auch parapsychische Fähigkeiten zu registrieren und kopieren.
Wieder einmal erwies es sich, dass die »Meister« ihre Hilfsvölker nicht mit dem identischen technischen Gerät ausstatteten. Während die Maahks mit vergleichsweise »primitiven« Ausgaben der Multiduplikatoren ausgerüstet wurden – vermutlich sogar mit nur einigen wenigen Geräten dieser Art, die inzwischen wahrscheinlich durch Hyperimpulse vernichtet worden waren –, waren die Tefroder im Besitz von qualitativ höherrangigen Duplikatoren, die in der Lage waren, auch hyperphysikalische und parapsychische Phänomene zu kopieren.
Und nun bot sich den Terranern die einmalige Chance, ein Schiff zu kapern, das mit drei Geräten dieser Art ausgerüstet war.
»Sie scheinen misstrauisch zu sein«, meinte Kalak, der Rhodans Schweigen falsch deutete.
»Habe ich Grund dazu?«, wollte Rhodan wissen.
Kalak strich glättend über seinen roten Bart. »Das ist schwer zu sagen. Tefroder sind unberechenbar. Das Duplikatorschiff steht jedoch im Augenblick weitab von seinem Verband. Es sieht nicht so aus, als sollte es eine Falle sein.«
»Je länger wir diskutieren, desto geringer werden unsere Aussichten, dieses Schiff zu erobern«, drängte Atlan.
Der sonst so vorsichtige Arkonide schien keine Bedenken zu haben, die CREST III noch näher an das tefrodische Kugelschiff heranzufliegen.
»Ich befürchtete schon, du würdest vorschlagen, das fremde Schiff anzugreifen und zu vernichten«, sagte Rhodan ironisch.
»Das können wir immer noch tun, wenn es gefährlich wird«, meinte Atlan. »Die ständigen Angriffe der Maahks führen dazu, dass auch die Meister der Insel und ihre Helfer, die Tefroder, Fehler begehen. Hier haben wir den Beweis dafür.«
Rhodans anfängliche Begeisterung wurde allmählich von einem unerklärlichen Unbehagen gedämpft. Sein Misstrauen war erwacht. Wahrscheinlich hätte eine Warnung Kalaks genügt, um ihn das Unternehmen abbrechen zu lassen. Doch solange der Paddler, der die Tefroder relativ gut kannte und ihre Kriegslist fürchtete, das Manöver für ungefährlich hielt, konnte dem Ultraschlachtschiff nichts geschehen. Bei jedem unerwarteten Zwischenfall konnte sich die CREST III in den Linearraum zurückziehen.
»Ich hoffe, dass du diesmal nicht wieder den Fehler begehst und die wichtigsten Kommandanten zum Einsatz schickst«, drang Atlans Stimme in seine Gedanken.
Auf Rhodans Stirn erschien eine steile Falte. »Was soll das heißen?«, erkundigte er sich.
»Wir beide«, sagte Atlan, »sollten vorläufig an Bord der CREST bleiben. Ich schlage vor, dass wir eine Korvette ausschleusen, sobald wir uns dem Duplikatorschiff so weit genähert haben, dass wir es jederzeit angreifen können. Die Korvettenbesatzung kann das angeschossene Feindschiff aus unmittelbarer Nähe untersuchen. Erst dann werden wir entscheiden, was geschehen soll. Vielleicht können einige Mutanten und Icho Tolot mit an Bord der Korvette gehen.«
Rhodan überlegte einen Augenblick. Er fand keine Einwände gegen Atlans Vorschläge, zumal er sowieso nicht vorhatte, die CREST III persönlich zu verlassen. Er scheute sich nicht, an jedem Risikoeinsatz teilzunehmen, aber die Vernunft gebot jetzt, dass er von der Zentrale des Ultraschlachtschiffes aus die einzelnen Operationen leitete.
»Major Don Redhorse wäre der richtige Mann«, fuhr Atlan fort. »Er ist der Chef des Landungskommandos und der Ersten Korvetten-Flottille der CREST.«
»Ausgerechnet Redhorse«, sagte Rhodan. »Du kennst seine Vorliebe für Extratouren.« Noch während er sprach, wusste er schon, dass Redhorse den Auftrag erhalten würde. Gewiss, der Cheyenne war tollkühn und richtete sich nicht immer genau nach den erhaltenen Befehlen, aber er hatte in schwierigen Situationen oft genug bewiesen, dass er zuverlässig war.
»Nun gut«, sagte Rhodan und beugte sich über das Mikrophon des Interkoms. »Nehmen wir Redhorse. Zum Glück hat er diesmal keine Zeit, sich eine Mannschaft zusammenzustellen, die nur aus Strolchen besteht. Er wird wohl oder übel auf jene Männer zurückgreifen müssen, die im Augenblick für die einzelnen Korvetten eingeteilt sind.«
»Das Reinigen einer Waffe«, erklärte Sergeant Brazos Surfat seinem staunenden Zuhörer, »ist eine gefahrvolle Tätigkeit, bei der innerhalb der Solaren Flotte bereits vierzehn Männer umgekommen sind.« Er seufzte niedergeschlagen. »Deshalb reinige ich meine Waffe nicht.«
Sergeant Brazos Surfat war nicht ununterbrochen Sergeant. Oft genug wurde er zum Korporal degradiert. Ein Gerücht besagte, dass er seinen Dienstgrad häufiger wechselte als seine Hemden.
»Aber wie können Sie wissen, dass Ihre Waffe einsatzbereit ist, wenn Sie sie nicht reinigen und überprüfen?«, erkundigte sich McClelland, der mit Surfat eine Kabine bewohnte.
»Darin«, sagte Brazos Surfat feierlich, »unterscheide ich mich eben von dem Gros der Raumfahrer. Ein inneres Gefühl sagt mir, dass ich nur diesen kleinen Abzughebel zu betätigen brauche, und das bisschen Schmutz, das sich im Lauf angesammelt hat, wird hinausgeblasen.«
McClelland hörte andächtig zu. Er wusste, dass die einzige Methode, mit Surfat in Frieden zu leben, die war, ihn andächtig anzuhören.
»Was tun Sie bei einer Kontrolle?«, wollte McClelland wissen, der seinen Kombistrahler in vier Einzelteile zerlegt vor sich auf dem Tisch liegen hatte. Jedes Waffenteil glänzte vor Sauberkeit.
Surfat tätschelte wohlgefällig seinen gewaltigen Bauch. »Die Zahl der Offiziere, die eine Waffenkontrolle bei mir durchgeführt haben, ist Legion«, sagte er lächelnd. Er stand auf, nahm seine Waffe und hielt sie gegen das Deckenlicht. Dann bohrte er mit seinem fleischigen Zeigefinger in den Lauf und zog ihn wieder heraus. Auf seiner Fingerkuppe war ein Schmutzrand zu sehen.
»Was ist das, Sergeant Surfat?«, fragte er mit verstellter Stimme.
»Schmutz, Sir«, sagte er zerknirscht.
»Sergeant, ab sofort sind Sie wieder Korporal«, schrie Surfat mit einer Stentorstimme, die fast das Summen der Interkomanlage übertönte.
»An alle Mannschaftsmitglieder der KC-Eins«, klang eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Sofort in den Hangar kommen.«
