Perry Rhodan Neo 357: Wächter des Kollektivs - Marlene von Hagen - E-Book

Perry Rhodan Neo 357: Wächter des Kollektivs E-Book

Marlene von Hagen

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Beschreibung

Im 25. Jahrhundert: Die Menschheit strebt eine friedvolle Zusammenarbeit der galaktischen Zivilisationen an, womit sie dem positiven Leitbild des Raumfahrers Perry Rhodan folgt. Doch dann wirft man ihm und seinen Gefährten terroristische Anschläge vor – sie müssen mit dem Raumschiff MAGELLAN fliehen. Hinter dieser Intrige vermutet Rhodan die Hamamesch, die seit einiger Zeit in der Milchstraße aktiv sind. In M 33, der fernen Herkunftsgalaxis der Fremden, will er Informationen über die seltsamen Händler sammeln. Perry Rhodan ahnt, dass seine Erkenntnisse über das Schicksal der Menschheit entscheiden werden. Auf Nansar, der Welt der Nakken, trifft er schließlich auf die seltsamen Wächter des Kollektivs ...

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Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Band 357

Wächter des Kollektivs

Marlene von Hagen / Rüdiger Schäfer

Cover

Vorspann

1. Perry Rhodan

2. Shymlith

3. Perry Rhodan

4. Shymlith

5. Perry Rhodan

6. Zevithar

7. Shymlith

8. Perry Rhodan

9. Shymlith

10. Perry Rhodan

11. Shymlith

12. Thora Rhodan da Zoltral

13. Shymlith

14. Perry Rhodan

15. Perry Rhodan

16. Zevithar

17. Thora Rhodan da Zoltral

18. Shymlith

19. Zevithar

20. Shymlith

21. Perry Rhodan

22. Shymlith

23. Perry Rhodan

24. Shymlith

25. Shymlith

Impressum

Im Jahr 2462: Nach einer langen Zeit des Exils sind die Menschen zur Erde zurückgekehrt und bauen ihr Sternenreich wieder auf. Perry Rhodan und sein Umfeld stellen die Weichen für eine friedvolle Zusammenarbeit mit den Völkern der Milchstraße.

Doch dann wirft man ihm und seinen Gefährten terroristische Anschläge vor. Sie müssen mit dem Fernraumschiff MAGELLAN fliehen. Rhodan glaubt, dass die Hamamesch für diese Intrige verantwortlich sind; sie sind seit einiger Zeit als erfolgreiche Händler aktiv und gewinnen großen Einfluss. Er will in ihrer Heimatgalaxis M 33 mehr über die mysteriösen Schneckenwesen erfahren.

Perry Rhodan ahnt, dass die Erkenntnisse, denen er nachforscht, über das Schicksal der Menschheit entscheiden werden. Auf Nansar, der Welt der Nakken, begegnet er schließlich einem WÄCHTER DES KOLLEKTIVS ...

1.

Perry Rhodan

Das Herz der Galaxis Triangulum, auch M 33 genannt, war ein brodelnder Hexenkessel aus Materie und Energie. Ein Ort, an dem sich sogar die Gesetze der Raum-Zeit dem gewaltigen Druck einer allmächtigen Gravitation fügen mussten.

In diesem Nabel einer Spirale aus Milliarden Sternen standen die Sonnen unglaublich dicht, oft weniger als tausend Astronomische Einheiten voneinander entfernt – das entsprach gerade mal der dreißigfachen Distanz zwischen Sonne und Pluto.

Schon Anfang des 21. Jahrhunderts hatten irdische Astronomen entdeckt, dass M 33 über kein zentrales Schwarzes Loch verfügte – sonst ein häufiges Merkmal von Galaxien dieser Art. Stattdessen war der Kern dieser Sterneninsel ein Hochofen aus Licht, Staub und den Überresten explodierter Sonnen. Glühendes Plasma wand sich in langen Nebelschleiern durchs All. Auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Elektronen durchschossen das wogende Chaos und erfüllten den Raum mit flimmernd hochenergetischer Röntgen- und Gammastrahlung.

Doch das Zentrum von Triangulum war nicht nur ein Ort der Zerstörung, es war auch ein Schmelztiegel der Schöpfung. In den gewaltigen Staubwolken, die sich im Lauf von Jahrmilliarden dort geballt hatten, entzündeten sich in steter Folge neue Sonnen. Kinder des Universums, heiße Blaue Riesen, die nur wenige Millionen Jahre lebten, bevor sie in gewaltigen Supernovae vergingen und erneut zu pulsierenden Nebeln wurden, die in gespenstischen Farben leuchteten. Violett schimmernde Wasserstoffwolken, türkisfarbene Schwaden aus ionisiertem Sauerstoff, gesprenkelt mit den tiefroten Flecken von Staubpartikeln aus Silikaten und Kohlenstoffverbindungen sowie komplexen organischen und anorganischen Molekülen.

Die MAGELLAN hatte ihren letzten Orientierungsstopp in der Nähe von zwei Magnetaren eingelegt – hyperaktiven Neutronensternen mit unfassbar starken Magnetfeldern, die eng beieinander durch die milchige Schwärze des Alls taumelten. In regelmäßigen Intervallen erzeugten sie in ihrem ewigen Ringen um Dominanz Schockwellen, die lokale Gaswolken zerrissen und stakkatoartige Serien von Röntgenblitzen auslösten. Ein stummer, aber Ehrfurcht gebietender Kampf zwischen zwei Giganten des Kosmos.

Die Außenbeobachtungsinstrumente des Expeditionsraumschiffs zeigten, wie sehr die deformierte Raum-Zeit dieser galaktischen Urgewalt die für Menschen erfahrbare Wirklichkeit verbog. Die Ortungssensoren empfingen verzerrte Spiegelungen naher und ferner Sonnen. Zeit wurde träge, Photonen ordneten sich neu und bildeten reißende Kaskaden aus irisierenden Farben.

Und dennoch ... Selbst in dieser interstellaren Hölle, diesem Reißwolf der Evolution, existierte Leben. Tief verborgen in den Schatten ihrer Planeten, die in chaotischen Bahnen um flammende Sterne kreisten, gediehen Kreaturen, die sich an die extreme Umgebung angepasst hatten. Ihre Körper bestanden aus exotischer Materie, ihre Sinne waren auf die mörderische Strahlung und Gravitation ausgerichtet. Vielleicht beobachteten sie sogar in diesem Moment die im All tobenden Stürme mit einer Mischung aus Achtung und Angst – oder mit einer Weisheit, die Menschen niemals erlangen würden.

Die Mitte von M 33 war ein Ort der Gegensätze: Geburt und Tod, Feuer und Dunkelheit, Chaos und Ordnung. Und doch nur ein einzelner Pulsschlag des Kosmos, ein sich ewig wandelndes Durcheinander aus Schöpfung, Zerstörung und Wiedergeburt. Wer sich hierherwagte, blickte direkt ins Herz des Universums – und in seinen eigenen Abgrund.

»Beeindruckend, nicht wahr? Jedes Mal wieder ...«

Thora Rhodan da Zoltrals Stimme ließ Perry Rhodan zusammenzucken. Er war so intensiv in die Betrachtung des Holodoms und seine eigenen Gedanken versunken gewesen, dass er beinahe vergessen hatte, wo er sich befand: im Leitstand des Fernraumschiffs MAGELLAN, die soeben eine Reise über grob drei Millionen Lichtjahre von der Milchstraße ins Zentrum von M 33 beendet hatte. Die Heimatgalaxis war in einem der Zusatzhologramme nur noch als verwaschener Lichtfleck erkennbar – und das überhaupt nur deshalb, weil die Positronik sie aus dem Meer der aus glitzernden Punkten geformten Sternenflut von Triangulum eigens herausfilterte.

»Man vergisst viel zu oft, wie unglaublich schön und unermesslich groß das Universum ist«, gab Rhodan zurück. »Jeder dieser Punkte da draußen könnte eine Welt beherbergen, auf der gerade intelligente Wesen in den Himmel blicken und sich die Frage stellen, ob sie allein sind.«

»Du bist und bleibst ein Romantiker.« Die Arkonidin lächelte. »Dir ist schon klar, dass das Weltall zu 99,99 Prozent aus kaltem, dunklem Vakuum besteht, oder? Ein riesiger, einsamer und tödlicher Ozean der Stille, in dem ein paar vereinzelte Inseln aus Licht und Leben schwimmen.«

»Wer sagt das?«, fragte Rhodan. »Du oder dein Extrasinn?«

»Macht das einen Unterschied?«

»Für mich schon. Ich habe mich vor langer Zeit in eine warmherzige, großzügige und kluge Frau verliebt, nicht in einen eingebildeten Klugscheißer mit Überheblichkeitskomplexen.«

Thoras Lächeln wurde ein Stück breiter. »Ich soll dir von meinem Extrasinn herzliche Grüße bestellen. Er hat dich auch gern!«

Rhodan grinste, wurde jedoch schnell wieder ernst. »Ich glaube nun mal, dass Weite nicht nur eine Frage der Entfernungen, sondern auch der Möglichkeiten ist. Vielleicht ist das Universum gar kein so unnahbarer Ort, wie wir glauben, sondern in Wahrheit eine Einladung. Eine Aufforderung, zu träumen, zu forschen – und unseren Platz in dieser wunderbaren Welt zu finden.«

Thora schwieg und richtete ihren Blick wieder auf die Außenbeobachtungs- und anderen Informationshologramme. Eingeblendete Linien und Kurven markierten im Primärholo den gewählten Anflugkorridor. Die astrophysikalischen Bedingungen in dieser Raumregion waren extrem. Die Sonne Charif, die in der Mitte der Bilderfassung stand, war ein starker Hyperstrahler. Solche Sterne zählten zu den mächtigsten Leuchtobjekten im Universum. Ohne die automatischen optischen Filter wären die in der Zentrale anwesenden Besatzungsmitglieder auf der Stelle erblindet.

Charif gehörte zu den Blau-weißen Überriesen des Spektraltyps O2. Das waren Sterne, deren Leuchtkraft die der irdischen Sonne um das Millionen- bis Milliardenfache überstiegen. Rhodan musste an Sher 25 denken, jenen Sonnentransmitter, über den die Hamamesch in die Milchstraße gekommen waren und den auch die MAGELLAN vor mehr als einem Monat benutzt hatte – wenngleich in Gegenrichtung. Dort hatten es die Raumfahrer ebenfalls mit einem kosmischen Schwergewicht dieses Typs zu tun gehabt.

»Charifs Masse übersteigt die von Sol etwa um den Faktor zweihundert«, sagte Zyrana da Othar. Der Oberkörper der Ortungschefin steckte in einer Holowolke, in der sie mit beiden Armen wie eine Dirigentin herumrührte. »Ihr Licht ist so intensiv, dass es sogar durch dichte interstellare Staubwolken dringt.«

Und da sollen die Nakken leben?, grübelte Rhodan. Jene geheimnisvolle Spezies, die angeblich hinter der Aussendung der Kosmischen Kontore und der Ankunft der Hamamesch in der Milchstraße steckt? Zumindest darf man das nach den spärlichen Auskünften des Postillons Jamels und seiner Leute annehmen.

»Die Oberflächentemperatur liegt bei grob fünfzigtausend Kelvin – rund neunzigmal heißer als Sol«, fuhr da Othar fort. »Der Durchmesser beträgt achtzig Millionen Kilometer ... Sol durchmisst gerade mal eins Komma vier Millionen Kilometer. Der enorme Druck, der dadurch im Innern von Charif entsteht, erzeugt unvorstellbare Energien.«

»Der Preis dafür ist eine vergleichsweise kurze Lebensspanne«, meldete sich nun auch Karm da Gonozal, der Erste Offizier der MAGELLAN. »Wenn sich DIDEROT nicht verrechnet hat, wird Charif in etwa fünf bis sechs Millionen Jahren in einem ziemlich spektakulären Feuerwerk zur Supernova.«

»Ich versichere Ihnen, dass meine Rechenergebnisse und Simulationen jeder Überprüfung standhalten, Sir.«

Die angenehme Stimme der Bordpositronik klang tatsächlich leicht pikiert, was Rhodan kurz schmunzeln ließ.

Karm da Gonozals Miene hingegen blieb unbewegt. Als Arkonide hegte er Künstlichen Intelligenzen wie DIDEROT gegenüber eine natürliche Abneigung.

»Wegen seiner immensen Masse verbrennt der Überriese den Wasserstoff in seinem Kern rasend schnell«, erläuterte er weiter. »Charifs galaktische Umgebung ist von gewaltigen Nebeln geprägt, die vom Strahlungsdruck ständig durcheinandergewirbelt werden. Dabei ionisiert der Stern das reichlich vorhandene interstellare Gas und erzeugt riesige H-Zwei-Gebiete. So etwas ist für die Geburtsstätten von Sternen typisch.«

Rhodan nickte. H-II-Gebiete waren Regionen im interstellaren Raum, in denen Wasserstoffgas ... nun, ionisiert war, was hieß, dass die entsprechenden Wasserstoffatome ihr einziges Elektron verloren hatten und somit hochreaktiv geworden waren.

»Aufgrund seiner Masse könnte Charif sogar eines Tages als gigantisches Schwarzes Loch enden«, übernahm wieder die Ortungschefin. »Zwar hat M Dreiunddreißig im Gegensatz zu vielen anderen Spiralgalaxien keine zentrale Gravitationssingularität, aber es könnte durchaus sein, dass hier gerade so ein kosmisches Objekt entsteht.«

»Das bedeutet, dass sich die Nakken nicht auf Nansar entwickelt haben«, stellte Thora fest.

Rhodan warf seiner Frau einen verstohlenen Blick zu. Wie so oft hatte sie die wesentliche Erkenntnis aus den Messdaten sofort herausgefiltert. Sie war bereits früher eine brillante Denkerin gewesen; seit der Aktivierung ihres zerebralen Logiksektors hatten sich ihre entsprechenden Fähigkeiten potenziert.

»Richtig«, bestätigte Karm da Gonozal. »Normalerweise müssten Planeten in der Nähe von Charif unbewohnbar sein, da die mörderische lokale Strahlungsmischung kein Leben zulässt. Haben uns die Hamamesch falsche Koordinaten gegeben?«

»Ich halte das für nicht unwahrscheinlich«, äußerte Tekkon da Quertamagin, der Pilot der MAGELLAN. »Das System ist so gut wie nicht abgesichert. Keine Wachflotte, keine Raumforts, keine erkennbare Verteidigung. Nur ein paar dieser Haselnussschiffe im Orbit des dritten Planeten ...«

Im primären Fernbeobachtungsholo rückte eine blaugrüne Kugel ins Zentrum der Drei-D-Darstellung. Die unzähligen Messgeräte, Ortungssensoren und Detektoren der MAGELLAN lieferten in jeder Sekunde Unmengen an Daten, die von DIDEROT unablässig ausgewertet, zusammengefasst und in passende Bilder verwandelt wurden. Auf der Oberfläche der Kugel wurden gewaltige Ozeane und mehrere Kontinente sichtbar. Anzeichen von Besiedlung gab es keine.

»Da unten gibt es Pflanzen ...« Die Verwunderung in da Othars Stimme war nicht zu überhören. »Und den Vitalimpulsen zufolge auch Tiere. Wie ist das möglich?«

Anstelle einer Antwort erklang plötzlich ein durchdringender Alarmton. Im selben Augenblick erhielt die MAGELLAN einen heftigen Schlag. Rhodan spürte, wie ihn Prallfelder in seinen Sessel drückten. Andernfalls wäre er wohl quer durch die Zentrale geschleudert worden.

»Schwere Schockwellenfront!«, rief die Ortungschefin. »Transdimensionale Hyperfluktuationen. Dazu kommen nichtlineare Schwerkraftausbrüche mit wellenförmigen Raum-Zeit-Verzerrungen.«

»Unser Schutzschirm hält!« Vor Karm da Gonozal flammten etliche neue Hologramme auf. »Wir korrigieren den Kurs.« Zwei Sekunden später verstummte der Alarm.

»Das war knapp.« Da Quertamagin lehnte sich in seinem Sessel zurück und stieß hörbar die Luft aus. »Unser Navigator hat schnell reagiert und mir aktualisierte astrogatorische Berechnungen überspielt.«

»Gute Arbeit, Mister Zol«, lobte Thora. »Aber hatten uns die Hamamesch zum Abschied nicht einen Speicherkristall mit Anflugkorridoren, Positions- und Vektordaten überreicht?«

»Sehen Sie nach draußen, Ma'am«, gab Zol mürrisch zurück. »Die Daten, die wir bekommen haben, sind zwar durchaus hilfreich, aber bei dem herrschenden Chaos nicht wirklich akkurat. Können sie gar nicht sein, denn das Wetter in diesem Raumgebiet lässt sich unmöglich voraussagen. Ich habe es versucht. Wir werden improvisieren müssen.«

»Ich habe hier etwas!«, rief der Erste Offizier. »Bezüglich Nansar ... Es sieht so aus, als sei der Planet – ebenso wie die meisten anderen Welten des Charifsystems – einst in einer Zone entstanden, die von dichten Gas- und Staubwolken umgeben war. Die haben wohl einen Großteil der tödlichen Sonnenstrahlung absorbiert und die Oberfläche geschützt, bis sich eine stabile Kruste formen konnte.«

»Das kann ich bestätigen«, pflichtete ihm DIDEROT bei. »Außerdem ist Nansar durch ein ungewöhnlich starkes Magnetfeld sowie eine dichte Atmosphäre abgeschirmt. Letztere ist reich an schweren Elementen und molekularem Wasserstoff. Diese Bestandteile absorbieren den größten Teil der Strahlung, bevor sie die Oberfläche erreicht. Dazu kommt eine Gesteinsschicht aus hochreflektierenden Mineralien und kristallinen Strukturen, die zusätzliche Strahlung ins All zurückleitet.«

»Kein Sauerstoff?«, fragte Reginald Bull. Er saß ebenfalls vor einer Positronikkonsole, hatte sie jedoch nicht aktiviert, sondern folgte dem Geschehen mit vor der Brust verschränkten Armen. »Soweit ich weiß, atmen Nakken und Hamamesch dasselbe Zeug wie wir.«

»Das stimmt, Sir«, bejahte DIDEROT.

Rhodan und Thora wechselten einen kurzen Blick.

»Bekommen wir Antwort auf unsere Funkanrufe?«, erkundigte sich die Arkonidin.

»Bislang nicht, Vere'atha«, sagte Atlan da Gonozal und grinste. Vere'atha war der Ehrentitel einer Kommandantin erster Klasse der arkonidischen Raumflotte. Normalerweise benutzte nur Karm da Gonozal diese Anrede. Der Erste Offizier trauerte dem alten Imperium nach, obwohl er noch relativ jung und in der neuen Republik aufgewachsen war.

»Na schön«, ignorierte Thora die kleine Spitze und wandte sich wieder an Zol. »Würde es helfen, wenn wir unsere Riesenkugel parken und nur mit einer Korvette oder einer Space-Disk nach Nansar vorstoßen?«

»Es wäre auf jeden Fall weniger riskant, als mit der großen und im Vergleich schwerfälligen MAGELLAN weiterzufliegen«, antwortete der Navigator.

»Obwohl wir einen Flaschengarten an Bord haben?«

Zol verzog das Gesicht. »Dessen Fünf-Vegetation hilft uns vielleicht gegen die Hyperraumgranulation, Ma'am. Aber nicht gegen den Sturm, der da draußen tobt.«

Thora nickte nachdenklich. »Umsehen müssen wir uns trotzdem. Und da man uns ignoriert, fliegen wir eben mit kleiner Delegation und in einer Space-Disk. Perry ... Atlan ... und ...«

»... der Retter des Universums!«, piepste Gucky laut. Der Mausbiber hatte es sich bisher auf der Couch in der Mutantenlounge gemütlich gemacht und materialisierte nun direkt auf dem Schoß der Arkonidin. »Ich dachte schon, du fragst nie!«

Einen Moment lang wirkte Thora Rhodan da Zoltral verärgert, doch dann stahl sich ein Lächeln in ihre Züge. Perry Rhodan war diese Reaktion vertraut. Der Ilt war nicht nur der Retter, sondern manchmal auch die größte Nervensäge des Universums. Aber zugleich der loyalste Freund, den man sich vorstellen konnte.

2.

Shymlith

»Hier steckst du also!«

Shymlith zuckte mit seinen Grieden erschrocken durch den höherdimensionalen Raum. Das grelle Infrarot absoluter Autorität überrumpelte ihn, als er den Regulator seiner empfindlichen Sinnesorgane auf Normalfunktion stellte. Mehr noch. Er fühlte sich ertappt. Sein Mentor Zevithar hatte ihn gefunden. Der Ältere saß in seiner mobilen Ruheschale in der sonst nakkenleeren botanischen Anlage nur wenige Nakros von ihm entfernt.

Die Idylle war schlagartig vorbei. Dabei hatte sich Shymlith in der vom restlichen Habitat abgetrennten Plantage wohlgefühlt. An diesem Ort fand er stets die Ruhe, nach der er sich sehnte. Das Gyps wucherte üppig in der von den Hamamesch betreuten Umgebung und ermöglichte es, sich darin zu verstecken. Es schimmerte in fluoreszierenden Farben und verströmte einen intensiven, süßlichen Duft, der Shymlith an seine Geburt erinnerte. An den Moment, als er die weiche Eierschale durchbrochen und seine Grieden das erste Mal ausgestreckt hatte. Er war mit neuen Sinneseindrücken konfrontiert, von einigen fast erdrückt worden. Aber der Geburtsschleim hatte ihm weiterhin Wärme, Zuversicht und Vertrautheit vermittelt. Es war ein angstfreier, lebensbejahender Augenblick gewesen. Verzweifelt haftete er sich an diese Erinnerung und hoffte, dass sie seine Schuldgefühle überdeckte.

Sein Mentor sollte nicht erfahren, dass Shymlith den Griedenregulator schon wieder eingesetzt hatte, obwohl man ihm ständig vorwarf, dass er inzwischen zu alt dafür sei. Für Schlüpflinge war es von enormer Wichtigkeit, dass die Regulatoren sie vor den vielen Sinneseindrücken bewahrten, die gleichzeitig auf sie einprasselten. Nakken nahmen lebendige Wesen nicht als feste Gestalt wahr, sondern als Geflecht aus Energien, Emotionen, Gedanken und Rhythmen. Dieses Sammelsurium von Reizen zu verarbeiten, setzte jahrelange Übung unter der Leitung von Mentoren voraus.

Shymlith vermisste sofort die Stille, die ihn umgeben hatte, als er das Kollektiv mit seinem Griedenregulator ausgeblendet hatte. Sich auf das Geräusch eines einzelnen Insekts zu konzentrieren, das über die Gypsblätter tapste, erinnerte ihn daran, wie einsam er sich inmitten der anderen Nakken fühlte. In jüngster Zeit wollte er immer mehr dieser Momente auskosten. Aber die Erhabenen Denker auf der Schule verlangten von ihm, dass er lernte, ohne Regulator mit seinen Grieden zu kommunizieren. Das war aber gar nicht so einfach. Die Grieden schwangen mit der Umgebung mit, empfingen Impulse und sendeten gleichzeitig selbst welche aus. Oft fiel es Shymlith schwer, sich in diesem Wirrwarr zurechtzufinden. Außerdem konfrontierte ihn seine Wahrnehmung zusätzlich mit Umrissen, Geräuschen und Gerüchen, die den meisten Nakken verborgen blieben. Er war anders. Das wusste er.

Zevithar durfte keinen Verdacht schöpfen. War es bereits zu spät? Hatte sich Shymlith verraten? Zevithars psionische Kräfte waren durch sein langes Leben perfektioniert. Bestimmt waren ihm Shymliths Gedanken nicht entgangen!

Er versuchte krampfhaft, seine nach Panik riechenden Ausdünstungen hinter einem purpurfarbenen Schleier der Unterwürfigkeit zu verbergen. Sein Mentor war ein hochgeschätzter Wächter des Kollektivs. Nur wenige Nakken bekleideten dieses Amt.

Eine gefühlte Ewigkeit lang sagte Zevithar nichts. Erst ein leises Rauschen kündigte seine nächsten Worte an. »Komm, es wird Zeit!« Sein Mentor strahlte dabei eine Ruhe aus, die Shymlith überraschte.

»Wofür?« Shymlith versuchte, sich in der kollektiven Masse der anderen Nakkenpräsenzen auf die Worte, Gedanken und Gefühle seines Lehrmeisters zu konzentrieren. Am liebsten hätte er abermals den Regulator benutzt, um die Hintergrundgeräusche sowie unzähligen Gerüche und Farben zu dämpfen, die er über seine paraaffinen Fühler registrierte.

»Der Test. Er ist heute.«

Der Test!

Der Gräuel seiner Jugend. Shymlith setzte erneut ungewollt einige Pheromone frei, die auf ein schlechtes Gewissen hindeuteten. Natürlich nahm Zevithar sie wahr, er sprach ihn aber nicht darauf an. Seit seiner dritten Häutung musste sich Shymlith jedes Jahr dieser demütigenden Situation aussetzen. Er wurde mit mehreren Hundert gleichaltrigen Nakken in das große Becken der Erkenntnis gebracht, um dort die Prüfung der fünf Axiome zu absolvieren.

Die Prüfer wurden von Jahr zu Jahr strenger, je älter er wurde. Sie brachten den Sumpf aus mit konzentrationsförderndem Silizium und Gyps angereichertem Nährschleim mit ihren Fragen zum Kochen. Shymlith registrierte jedes Mal einen Anstieg seiner Körpertemperatur, obwohl er seine Gliedmaßen während des Tests kaum spürte. Zu intensiv war der Strom an Gedanken, der ihn unreguliert traf. Die Emotionen der Aufregung, die sich nach feuchten, klebrigen Berührungen anfühlten; die Angst des Versagens, die als modriger Nebel seine Grieden zum Erzittern brachte; die Neugier auf die Reaktionen der Prüfer, die in mannigfaltigen Brauntönen ihre Zufriedenheit oder Ärger äußerten. Das alles und noch mehr prasselte bei der Befragung von seinen Mitschülern auf ihn ein.

Voriges Jahr hatte er die Prüfung nur geschafft, weil er geschummelt hatte. Ohne seinen engsten Freund Orrivex, an dessen Gedanken und Emotionen er sich orientiert hatte, wäre Shymlith sicher durchgefallen. Dieses Jahr wollte er es anders machen! Er wollte nicht wieder betrügen!

Er musste es aus eigener Kraft schaffen. Ja, das wollte er sich und den Prüfern beweisen.

Etwas mutiger bediente er die Positronik seiner Ruheschale und befahl ihr, sich dem Mentor zu nähern. Ein Gedanke genügte, um die Verbindung zu den Gerätschaften herzustellen. Seit er nicht mehr von Hamamesch als Neugeschlüpfter umhergetragen wurde, verfügte er über ein Syrial. Das Implantat gewährte ihm mentalen Zugriff auf die Positroniken von Ruheschalen, Assistenzrobotern und dem allgemeinen Habitatsteuernetz, dem Enthayl, was so viel wie »Geflecht der Gedanken« bedeutete.

Die Syrials ermöglichten es den Nakken, ihr Kollektiv auf die Nutzung Künstlicher Intelligenzen auszuweiten. Sie wurden in das bestehende Kollektiv integriert, um das große Ziel der Nakken zu erreichen: die mentale Verschmelzung aller Individuen zu einem großen, denkenden Verband, dem Nak'xara. Dazu musste aber erst ein entsprechender Trägerkörper ausgebildet werden, der Evolytherax.

Die Nakken forschten seit Jahrhunderten daran. Shymlith war mit diesem Wissen aufgewachsen und hatte es viele Jahre nicht hinterfragt. Seit ihn jedoch seine Geschlechtsdrüsen allmählich auf sein erstes Nak'haram vorbereiteten, die Vereinigung zur Fortpflanzung, hatte sich sein Denken verändert. Er hinterfragte vieles, das war normal für einen Nakk, denn sie waren alle philosophisch veranlagt. Manche seiner Gedankengänge allerdings irritierten seine Schlupfbrüder. Deshalb behielt er sie lieber für sich.

»Du bist seit einigen Jahren mein Schüler«, sagte Zevithar, als Shymlith mit seiner schwebenden Ruheschale vor ihm stehen blieb. »Ich kenne dich. Besser, als du glaubst. Mir war klar, dass du die Prüfung vergessen würdest. In deinem Alter gerät der Hormonhaushalt manchmal durcheinander. Deshalb werdet ihr Jungen einem Mentor wie mir zugeteilt.«

»Ja, Erhabener Denker.« Shymlith war fest entschlossen, seinen Lehrmeister nicht zu enttäuschen. Mit einer goldglänzenden Wolke drückte er seine Zuversicht aus. Er würde den Test mit Bravour bestehen, um ein fest integrierter Bestandteil des Kollektivs zu werden.

»Wir müssen uns beeilen, sonst fangen sie ohne dich an«, ermahnte ihn Zevithar.

Mit einer Mischung aus Zustimmung und Scham neigte Shymlith seine Grieden. Er schwebte neben Zevithar her, der die botanische Anlage zielstrebig verließ.

Draußen vor dem prismenähnlichen Gebäude erreichten sie das Röhrensystem, das im Vastara von Nansar, dem von einer riesigen Energiekuppel überwölbten Habitat der Nakken, der Fortbewegung diente.

Dieses Verkehrsnetz funktionierte völlig ohne Antigravtechnik. Denn als psionisch empfindsame Wesen vermochten Nakken auch Hyperenergien wahrzunehmen. Und Antigravaggregate waren letztlich nichts anderes als – wenngleich niederfrequente – intensitätsvariable Hyperenergieprojektoren. Für ein Massenverkehrsmittel hätten stärkere Apparate zum Einsatz gebracht werden müssen als bei den besser abschirmbaren Mikrogeräten der Ruheschalen. Die Emissionen von Antigravtransportröhren hätten die Nakken deshalb im Innern unvermeidlich mit einem unangenehmen Brummen belastet.

Da die Ruheschalen der Nakken außen alle mit Superteflon beschichtet waren, das eine Reibungsreduktion auf fast null bewirkte, genügte stattdessen ein leichter Luftstrom, um sich in dem öffentlichen Transportnetz rein mechanisch fortzubewegen.

Die Kanäle waren als Parallelröhren konstruiert, immer vier bis sechs waren zu einem Strang gebündelt. Rampen, Gabelungen und Weichen erlaubten das Wechseln zwischen den Strängen, und die Nakken konnten mithilfe der Syrials ihre Ruheschalen beliebig durch das weitverzweigte Röhrensystem lenken. Unfälle waren dabei nicht möglich. Notfalls griff das zentrale Steuernetzwerk Enthayl mit Prallschirmen ein, um Kollisionen zu vermeiden.

Der Hauptstrang führte Shymlith und Zevithar zügig in die Mitte des Vastaras. Dort wechselten sie an einer Gabelung in eine dünnere Röhre in eine andere Richtung.

Shymlith fragte nicht, wie Zevithar es geschafft hatte, ihn fernab des Ausbildungszentrums zu finden. Dem Erhabenen Denker unterstanden zwar mehrere Hundert Schüler. Er vermochte aber zweifellos zu jeder Zeit festzustellen, wo sie sich aufhielten, insbesondere wenn er sich auf sie konzentrierte. Diese Kontrolle bescherte Shymlith einerseits eine gewisse wohlige Sicherheit, andererseits gruselte es ihn auch, dass er niemals richtig unbeobachtet war. Dazu hätte er sich vollkommen vom Kollektiv abschotten müssen. Ob das überhaupt möglich war?

Das Prüfungszentrum lag im nördlichen Teil des Vastaras und war von einem Prallschirm umhüllt. In den höheren Stockwerken lagen die Unterrichtsräume, die an diesem Tag jedoch allesamt leer blieben. Denn während des Tests war es wichtig, keinen Ablenkungen zu unterliegen. Hierfür wurde das Gebäude sogar vom Rest des Kollektivs abgeschirmt. Die Schüler sollten keine Chance haben, gegen die Regeln zu verstoßen.

Eine Flut aus Gedanken und Gefühlen stürzte auf Shymlith ein, als er hinter dem Sperrfeld das Innere des Ausbildungszentrums erreichte. Das unterste seiner zwölf Armpaare juckte, ein Zeichen für seine große Anspannung. Gehorsam begleitete er seinen Mentor in die tiefer gelegenen Ebenen der Lehranstalt. Sie war wie eine riesige Kugel geformt, deren untere Hälfte in den Boden versenkt war. Dort lag das Becken der Erkenntnis, wo der alljährliche Test stattfand. Es hatte einen Durchmesser von hundert Nakros und konnte tausend Nakken beherbergen.

Sie folgten einem spiralförmig abwärts verlaufenden Weg, bis sie in die weite Prüfungshalle gelangten. Dort verabschiedete sich Zevithar von ihm und suchte das Podest der Prüfer auf. Es lag über dem Becken, auf das Shymlith nun zuschwebte. Die vielen Eindrücke bereiteten ihm Schwindel und Übelkeit. Hunderte junge Nakken waren bereits anwesend. Sie hatten ihre Ruheschalen am Rand der Halle abgestellt.

Eine Welle aus grauer Vorsicht, quietschgelber Nervosität und neonpinkem Ehrgeiz rollte über ihn hinweg, als er von einem Hamamesch gepackt und in das Becken zu den anderen jungen Nakken gelegt wurde. Im Prüfungsnährschleim suchte er vergeblich nach Halt, er wollte nicht untergehen. Immer wieder rutschte er an den anderen Körpern ab. Bis die speziellen Substanzen der Mischung aus fermentiertem Gyps und Silizium Shymliths Kreislauf für den Test vorbereitet hatten, würde es noch etwas dauern. Für gewöhnlich suchte er bei solchen Gelegenheiten nach Nakken, die er kannte, aber diesmal blieb er, wo er lag. Ein wenig glitt er tiefer, verschwand unter den Gliedmaßen eines anderen. Es störte ihn nicht länger. Das Gyps stabilisierte ihn.

Kurz darauf kündigte ein Ultraschallgong den Prüfungsbeginn an. Vionkrya, der leitende Mentor der Schule, trat vor, setzte zu einer Begrüßungsrede an und erläuterte den Testvorgang. Das war vor allem für diejenigen wichtig, die das erste Mal die Prüfung absolvierten. Shymlith indes hörte nicht viel Neues. Er kannte bereits alle Fragen, die im Anschluss gestellt wurden, denn es waren jedes Jahr die gleichen. Trotzdem wusste niemand die richtige Antwort darauf. Gab es dafür überhaupt welche?

Noch zwei weitere Jahre, dann wäre er ein vollwertiges Mitglied des Kollektivs und musste sich den Prüfungsfragen nicht mehr stellen. Sofern er einen positiven Abschlussbescheid von seinem Mentor erhielt. Bis dahin galt er bloß als Kind des Kollektivs, das bei entscheidenden Fragen nicht stimmberechtigt war und nur eingeschränkten Zugang zu höheren Denkprozessen erhielt.

»Wir beginnen mit dem Axiom der Existenz«, verkündete Mentor Vionkrya. »Warum gibt es etwas und nicht nichts?«

Die Antworten der anderen Nakken prasselten wie eine Nährschleimdusche auf Shymlith ein. Mühsam verdrängte er ihre Überlegungen, die seinen Geist blendeten. Er wollte sich dieses Mal ohne fremde Beeinflussung auf die fünf kosmischen Axiome konzentrieren, die das Kollektiv ins Zentrum ihres philosophischen Daseins stellte.



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