Perry Rhodan-Paket 16: Aphilie (Teil 2) -  - E-Book

Perry Rhodan-Paket 16: Aphilie (Teil 2) E-Book

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Beschreibung

Die Strahlung Medaillons löst auf der Erde die Aphilie aus: Die Menschen mutieren zu gefühlsarmen Wesen ohne Nächstenliebe. Von den Aphilikern ausgestoßen, macht sich Perry Rhodan mit dem Fernraumschiff SOL auf die Suche nach der Milchstraße und lernt dabei weitere Konzilsvölker kennen. Als er die Milchstraße erreicht, kommt es zu einem Streit mit Atlan, der mit den Überresten der Menschheit das Neue Einsteinsche Imperium gegründet und sich mit der Larenherrschaft arrangiert hat. Perry Rhodan bricht zum Rückflug zur Erde auf und gelangt in den Machtbereich einer fremden Superintelligenz, der Kaiserin von Therm. Unterdessen stürzt die Erde in einen kosmischen Schlund und wird entvölkert.

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Nr. 750

Ein Freund der Posbis

Perry Rhodan kehrt zurück – ein Mann erwartet ihn

von H. G. FRANCIS

Im Jahre 3581 hat sich eine weitere Phase im Schicksal der Erde vollzogen. Zusammen mit Luna, der Sonne Medaillon und dem Planeten Goshmos Castle ist Terra in der flammenden Öffnung des »Schlundes« verschwunden.

Reginald Bull und die Männer und Frauen der OGN, die sich als einzige von 20 Milliarden Terranern rechtzeitig in den freien Raum des Mahlstroms retten konnten, wissen nicht, was aus ihrer Heimatwelt und deren aphilischen Bewohnern geworden ist – sie können nur vage Spekulationen anstellen.

Perry Rhodan hingegen kann nicht einmal dieses tun, denn er weiß nichts vom Verschwinden der Erde. Er, zusammen mit Tausenden von Getreuen, hat nach jahrzehntelanger Odyssee, die das Raumschiff SOL vom Mahlstrom der Sterne durch kosmische Weiten führte, endlich die Milchstraße erreicht.

Hier, im alten Heimatbereich der Menschheit – der, mit Ausnahme der Dunkelwolke Provcon-Faust, wo Atlan und Julian Tifflor das Neue Einsteinsche Imperium der Menschheit begründet haben, noch immer von den Laren und den Überschweren beherrscht wird –, muss Perry Rhodan sich erst neu zurechtfinden und die allgemeine Lage erkunden.

Er tut dies, indem er das Solsystem anfliegt.

Und dort wird er von Galto Quohlfahrt erwartet, der ein Mensch ist – und zugleich EIN FREUND DER POSBIS ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner kehrt in die Milchstraße zurück.

Galto Quohlfahrt – Perry Rhodans Ein-Mann-Empfangskomitee.

Goliath, Chiro, Prilly und Scim – Quohlfahrts Posbi-Freunde.

Bronjek, Kamak und Silga Veinje – Agenten des NEI im Solsystem.

Atlan – Der Chef des NEI wird über Perry Rhodans Rückkehr informiert.

1.

Aus den Aufzeichnungen von Perry Rhodan (Oberkommandierender der SOL):

2. 9. 3581

»Wir Terraner werden uns schließlich durchsetzen«, sagte der dunkelhaarige Sergeant und hieb mit der flachen Hand auf den Tisch der Messe, so dass die Gläser hüpften. »Davon bin ich fest überzeugt. Im Grunde genommen haben wir das Konzil bereits aufgerollt. Jetzt kommt es darauf an, den Laren hier in der Milchstraße den Rest zu geben, wo sie fraglos die Macht in den Händen haben.«

»Wir Terraner?«, fragte Captain Prestlay. »Wieso wir Terraner?«

»Wollen Sie etwa bestreiten, was jeder hier an Bord der SOL weiß?«

Prestlay schüttelte den Kopf.

»Sie scheinen mich nicht verstehen zu wollen«, erwiderte er. »Junger Mann, ich habe bezweifelt, dass Sie sich Terraner nennen dürfen.«

Ich horchte auf. Die ersten Worte dieses Gesprächs hatte ich nur zufällig gehört, als ich die Messe betreten hatte. Jetzt blieb ich stehen und wandte mich den beiden Männern zu, die mich nicht bemerkt hatten. Der Sergeant war blass geworden. Seine Lippen zuckten.

»Was wollen Sie damit sagen, Sir?«, fragte er scharf, nachdem er einige Sekunden lang nach Worten gesucht hatte. »Wollen Sie etwa behaupten, mit mir sei etwas nicht in Ordnung, ich sei von einem Feind manipuliert und eingeschleust worden – oder so etwas Ähnliches?«

Prestlay lachte und winkte lässig ab.

»Ganz und gar nicht«, sagte er. »Ich habe lediglich bemerkt, dass Sie kein Terraner sind. Das ist alles.«

Der junge Sergeant war sichtlich verwirrt. Er krauste die Stirn und blickte den Captain unsicher an.

»Ich fürchte, jetzt verstehe ich Sie überhaupt nicht, Sir«, sagte er.

»Sie sind kein Terraner, Mann, weil Sie nicht auf der Erde geboren sind. Sie sind nur ein Solaner. Mit Terra haben Sie nichts zu tun. Sie haben diesen schönen Planeten nie gesehen.«

»Das ändert nichts an meiner Loyalität. Die Erde bedeutet mir vielleicht sogar noch mehr als Ihnen, Medaillongeborener. Ich kenne weder die Erde noch die Milchstraße, in die wir jetzt einfliegen, aber beide sind für mich Heimat. Mit beiden identifiziere ich mich, während Sie als Positronenhengst nur den Drill kennen und darauf fiebern, Breitseiten auf die Laren abfeuern zu können.«

Captain Prestlays hochmütig wirkendes Lächeln war wie weggewischt. Er verengte die Augen. Ich verhielt mich weiterhin ruhig. Der junge Mann imponierte mir. Prestlay war dafür bekannt, dass er seine Untergebenen schonungslos antrieb. Und die Ausbildung bei ihm war äußerst hart. Richtig war allerdings auch, dass aus seiner Abteilung eine Reihe von absoluten Könnern hervorgegangen war, deren Leistungen deutlich über dem Durchschnitt lagen.

Ich war Zeuge eines Gesprächs geworden, das die Stimmung an Bord der SOL kennzeichnete. Durch solche und ähnliche Diskussionen kam es immer wieder zu Spannungen unter den Besatzungsmitgliedern, die sich in drei Gruppen teilten.

Zu der ersten Gruppe gehörte ich selbst. Ich war auf der Erde geboren, und das zu einer Zeit, als sie noch dritter Planet im Solsystem gewesen war. Die Vertreter der zweiten Gruppe stammten auch von der Erde, aber sie hatten Sol nie gesehen, sondern kannten nur Medaillon als Muttergestirn. Sie hatten die Milchstraße nie gesehen, und doch verspürten sie Heimweh nach ihr. Es war so stark und hatte alle erfasst, die zu dieser Gruppe gehörten, dass die Psychologen der SOL bereits von einer vererbbaren Sehnsucht nach der Urheimat sprachen.

Das schien noch stärker auf die Menschen der dritten Gruppe zuzutreffen, zu der der junge Sergeant offenbar gehörte. Für sie war die SOL rechtlich und technisch die Heimat. Sie aber litten deutlich unter dem Heimweh nach Terra und der Milchstraße.

Seit einigen Stunden drangen wir in eben diese Galaxis ein. Die Spannung an Bord war schlagartig gestiegen. Man fürchtete jedoch nicht, von den Laren oder einem anderen Konzilsvolk entdeckt zu werden, sondern sah einzig und allein seine Sehnsucht nach dieser Galaxis gestillt.

Ich hatte Männer wie den jungen Sergeanten beobachten können, als sie zum ersten Mal die Sterne der Milchstraße auf den Bildschirmen gesehen hatten. Sie waren nicht enttäuscht gewesen, weil diese Sterne etwa eben so aussahen wie die Sterne anderer Galaxien. Im Gegenteil. Viele von ihnen schienen von einem Glücksrausch erfasst worden zu sein, der an Euphorie grenzte.

»Sie vergessen sich, Sergeant«, sagte Captain Prestlay zornig. »Sie scheinen die Rangordnung und ihre Bedeutung an Bord nicht zu kennen.«

»Sie können mir mal im Dunkeln begegnen«, erwiderte der Sergeant nicht minder erregt. »Immer, wenn Ihnen etwas nicht in den Kram passt, kehren Sie den Captain heraus, sonst aber wollen Sie den leutseligen Kumpel spielen. Mit mir nicht, Medaillongeborener. In meinen Augen sind ohnehin alle geistig leicht angeschlagen, die unter diesem Gestirn auf die Welt gekommen sind. Sie haben ...«

»Mäßigen Sie sich«, befahl Prestlay zornig. »Ihr Verhalten wird Folgen haben, Shrivver. Sie werden ...«

Prestlay bemerkte mich und verstummte. Er erhob sich.

Sergeant Shrivver erbleichte.

»Allerdings«, sagte ich. »So geht's nicht, meine Herren.«

Ich ging an den beiden Kampfhähnen vorbei und zapfte mir ein Erfrischungsgetränk aus einem Servomaten. Shrivver und Prestlay wollten die Messe verlassen. Ich drehte mich zu ihnen um.

»Eines möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben«, erklärte ich.

Sie blieben beunruhigt stehen. Einer war so schuldbewusst wie der andere.

»Terraner sind Sie beide. Wo auch immer Sie geboren sein mögen. Und Terraner erster und zweiter Klasse gibt es nicht.«

»Selbstverständlich nicht, Sir«, entgegnete Prestlay. »Ich hatte auch nur die Absicht, einen Scherz zu machen.«

»Das habe ich bemerkt, Captain. Der Sergeant hat dafür jedoch keine Antenne.«

Ich gab ihnen zu verstehen, dass sie gehen konnten. Kaum hatten sie die Messe verlassen, als Fellmer Lloyd eintrat. Er kam zu mir und bediente sich ebenfalls aus dem Automaten.

»Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen«, sagte er mit rauer Stimme. Er sah noch nicht ganz ausgeschlafen aus.

Ich hob ihm mein Glas mit dem alkoholfreien Getränk entgegen.

»War's so schlimm?«, fragte ich.

»Wie bitte, Sir?« Er blickte mich verständnislos an. Ich lachte.

»Dann lass uns noch einmal anstoßen, Fellmer.«

»Oh, ja, Perry. Das hatte ich vergessen. Die Macht der Gewohnheit«, erwiderte er. Wir hatten beschlossen, nun endlich zum vertraulicheren Du überzugehen, wie es unter Freunden üblich war, die sich bereits so lange kannten. Wer aber über eine so lange Zeit hinweg die förmlichere Anrede benutzt hatte, konnte sich nicht so schnell umstellen.

Ich trank mein Glas aus und gab es in den Müllschlucker.

»Ist die Entscheidung schon gefallen?«, fragte er. »Wohin fliegen wir?«

»Ins Solsystem«, antwortete ich ohne Umschweife.

Er blickte mich überrascht an, als zweifle er an dem, was er gehört hatte.

»Direkt in die Höhle des Löwen? Perry, wie bist du darauf gekommen?«

»Dobrak und SENECA haben mir bei meinen Überlegungen geholfen. Der Kelosker hat vor allem aufgezeigt, nach welchen strategischen Überlegungen die Laren in der Galaxis vorgehen. Für die Laren ist nahezu sicher, dass ich früher oder später wieder in der Milchstraße erscheine. Sie kalkulieren diesen Faktor jedenfalls ein und bereiten sich so lange darauf vor, bis sie einen eindeutigen Beweis dafür haben, dass ich nicht mehr lebe«, erklärte ich.

»Damit haben wir gerechnet«, stimmte er zu.

»Völlig richtig, Fellmer. Wir müssen daher davon ausgehen, dass die Laren in der Milchstraße eine Reihe von Fallen errichtet haben, in denen wir uns fangen sollen. Dazu gehören vor allem die von uns eingerichteten Depotplaneten.«

»Du meinst, dass die Laren sie entdeckt haben und über ihre Funktion informiert sind?«

»Allerdings. Vergiss nicht, dass nahezu anderthalb Jahrhunderte seit dem Verschwinden der Erde aus dem Solsystem vergangen sind. Das war viel Zeit für die Laren. Sie konnten also die Galaxis nach und nach durchforsten und dürften dabei einige unserer Verstecke ausfindig gemacht haben.«

»Hoffentlich ist die SZ-2 nicht in eine Falle gerast«, bemerkte er besorgt. »Sie könnte sich sehr wohl an einen Depotplaneten herangemacht haben.«

»Das wird sich zeigen. Wir jedenfalls wenden uns ans Solsystem. Entweder postieren wir uns außerhalb des Systems, oder wir gehen mitten hinein. Und dann werden wir uns so schnell wie möglich über die politischen Verhältnisse in der Galaxis informieren. Wir müssen wissen, ob unsere Freunde noch leben, was Atlan erreicht hat, oder ob alles verlorengegangen ist.«

»Das glaube ich nicht.«

»Ich auch nicht, Fellmer. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass es Atlan gelungen ist, eine Untergrundbewegung gegen das Konzil aufzubauen. So etwas ist seine Spezialität. Als Chef der USO hat er häufig genug Probleme dieser Art zu bewältigen gehabt. Er wird also den Kampf gegen die Laren weitergeführt haben und hat vielleicht sogar schon beachtliche Erfolge dabei errungen. Auch hier in der Milchstraße ist die Zeit nicht stehengeblieben. Anderthalb Jahrhunderte sind vergangen. In einer solchen Zeitspanne kann ein Mann wie Atlan die Laren bis an den Rand der Verzweiflung bringen.«

»Vielleicht hat der Arkonidenhäuptling sich aber auch mit den rothaarigen Schwarzhäuten geeinigt«, sagte Gucky, der unmittelbar neben mir materialisiert war. »Wäre doch möglich, oder?«

»Ammenmärchen«, erwiderte Fellmer belustigt. »Du glaubst doch nicht im Ernst, Atlan könnte sich mit den Laren arrangiert haben? Solltest du jetzt in die kindliche Phase deiner Entwicklung geraten sein, Gucky?«

»Halt bloß die Luft an, Fellmer«, krähte der Ilt. »Immerhin hatten wir die Provcon-Faust, als wir mit Transmitterpost aus dieser Galaxis heraussausten. Darin könnte Atlan sich verkrochen haben und sich nun einen Teufel drum scheren, was die Laren tun.«

»Spekulationen«, wies ich den Kleinen zurück. »Atlan ist nicht der Typ, der sich versteckt und sich dann um nichts mehr kümmert. Er ist nicht der Mann, der stillhält und dabei hofft, dass man ihn in Ruhe lässt. Atlan hat gekämpft. Davon bin ich überzeugt.«

»Hoffentlich täuschst du dich nicht«, erwiderte Gucky.

Ich schüttelte den Kopf.

»Nein, Kleiner. Ich kenne Atlan. Ich bin davon überzeugt, dass er die Laren bekämpft hat, wo immer es möglich war.«

»In ein paar Tagen werden wir es wissen«, sagte Fellmer. »Bis dahin müssen wir Geduld haben.«

»Wenn's so ist, dann lege ich mich noch ein Weilchen aufs Ohr«, erklärte Gucky und verschwand auf dieselbe Weise, wie er gekommen war.

*

Aus den Aufzeichnungen von Galto Quohlfahrt (Kommandant der BOX-1278):

2. 9. 3581

Ich war auf der Flucht!

Hinter mir hörte ich das Trappeln, Surren und Rumpeln meiner Verfolger. Die Matten-Willys riefen mir zu, ich solle endlich stehenbleiben. Die Posbis sagten gar nichts. Sie rollten oder liefen hinter mir her, wie sie gerade ausgestattet waren. Die einen verfügten über Raupenketten, die anderen über Räder und die dritten über Laufwerkzeuge.

Ich rannte einen schmalen Gang entlang und blickte über die Schulter zurück. Hinter mir entstand ein chaotisches Durcheinander, weil Posbis und Matten-Willys sich nicht einigen konnten, wer die Kolonne der Verfolger anführen sollte. So drängte sich jeder nach vorn und behinderte die anderen dabei.

Ich erreichte einen Antigravschacht, sprang hinein und ließ mich nach oben tragen. Dabei wischte ich mir mit der Hand über die Schläfe. Blut klebte an meinen Fingern. Das war der verdammte Grund dafür, dass die Horde hinter mir her war.

Ich fluchte anhaltend und schnellte mich beim nächsthöheren Deck aus dem Schacht. Mit einem weiten Sprung setzte ich über einen Matten-Willy hinweg, der blitzschnell einen Pseudoarm ausfuhr, eine Hand bildete und mein Bein zu greifen versuchte. Ich entkam ihm. Allerdings landete ich recht unglücklich. Der Matten-Willy hatte entweder Säuberungsarbeiten auf dem Gang durchgeführt, oder er war mit einem Experiment beschäftigt. Auf jeden Fall hatte er den Boden befeuchtet und mit einem Gleitmaterial versehen. Ich rutschte einige Meter weit, wobei ich mit den Armen ruderte und verzweifelt versuchte, die Balance nicht zu verlieren. Dann knallte ich mit voller Wucht gegen einen Eimer. Dieser kippte um, und eine Kaskade übelriechender Tropfen überschüttete mich.

Nun konnte ich mich nicht mehr halten. Ich drehte mich halb zur Seite und stürzte dann nach vorn. Buchstäblich im letzten Moment gelang es mir, den Kopf einzuziehen und mich über die Schulter abzurollen.

Hinter mir ertönte ein wilder Schrei.

Ich rappelte mich auf und setzte meine Flucht fort. Der Matten-Willy tobte hinter mir her. Seine Pseudohände wedelten einige Zentimeter hinter meinen Waden herum, erreichten mich jedoch nicht. Dann sah ich ein dünnes Rohr, das dicht unter der Decke quer über den Gang lief. Ich warf die Arme nach oben und packte es. Gleichzeitig zog ich die Beine an.

Der Matten-Willy schoss mit unglaublichem Tempo unter mir hindurch und landete quietschend in einem nach unten gepolten Antigravschacht.

»Galto!«, rief er jammernd und verschwand. Ich blickte ihm schadenfroh nach.

»Galto, du stirbst«, kreischte er.

»Noch nicht«, brüllte ich nach unten. Dann hörte ich das metallische Schnappen eines Robotwerkzeugs und fuhr herum. Ein Posbi, den ich Goliath getauft hatte, jagte mit ausgestreckten Armen auf mich zu. Ich wandte mich zur Seite und rannte über einen Gang auf ein rotes Querschott zu. Je näher ich dieser Wand kam, desto lauter fluchte ich, denn ich spürte, dass ich in eine Falle geraten war. Goliath war viel schneller als ich erwartet hatte. Dabei kannte ich ihn recht gut und hätte auf ihn vorbereitet sein sollen.

Ich erreichte das Schott und hieb die Faust gegen den Öffnungskontakt. Über die Schulter blickte ich zurück. Goliath stürmte heran. Viel zu langsam öffnete sich das Schott. Ich konnte es nicht mehr schaffen.

Dennoch versuchte ich es.

Ich warf mich auf den sich allmählich verbreiternden Spalt zu, duckte mich ab und wirbelte dann daran vorbei. Goliath fiel auf das Täuschungsmanöver herein. Da er angenommen hatte, dass ich meine Flucht fortsetzen wollte, bremste er nicht ab, sondern sauste mit voller Geschwindigkeit durch den Spalt hindurch, der nun breit genug war. Ich kehrte in fliegender Eile zum Kontakt zurück und drückte meine flache Hand auf die Platte. Wie erwartet, schloss sich der Spalt wieder.

Goliath streckte noch einen seiner Metallarme hindurch, zog ihn jedoch eilig zurück, um ihn vor Schaden zu bewahren.

Ich stellte mich vor den Spalt und grinste den Posbi an.

Dann hetzte ich den Gang zurück bis zum Antigravschacht. Ich war allein, und ich nutzte meine Chance. Durch eine schmale Seitentür verschwand ich in ein vollautomatisches Laboratorium. Hier lehnte ich mich an einen Tisch und blickte in einen Metallspiegel. Ich erschrak.

Dass ich mich verletzt hatte, wusste ich. Dass es aber so schlimm aussah, damit hatte ich nicht gerechnet. Die Schramme zog sich von meiner Schläfe hoch bis weit auf den Schädel.

Ich konnte noch von Glück reden. Es hätte mich auch so hart treffen können, dass alles vorbei gewesen wäre.

In einem Beiboot hatte ich eine Reparatur ausgeführt. Mit dem größten Widerwillen hatte ich mich dazu gezwungen, mich dem Schmutz einer Ölpumpe auszusetzen. Ich hatte auch nicht verhindern können, dass ich mit der übelriechenden Flüssigkeit in Berührung gekommen war. Sie hatte sich über meine Hände ergossen und meine Kombination verschmiert. Ein Teil des Öls war auf den Boden gekommen. Und das war die Ursache allen Übels gewesen.

Als ich einen unbedachten Schritt gemacht hatte, war ich ausgeglitten. Ich hatte mit einer Körperwendung versucht, mich noch rechtzeitig abzufangen, aber das war genau verkehrt gewesen, denn nun war ich auch mit dem zweiten Fuß ins Öl geraten. Die Folgen waren verheerend gewesen. Kopfüber war ich gegen eine Maschine geknallt. Für einige Sekunden war ich in der Dimension der Engel gewesen und hatte Sterne gesehen, obwohl ich von einer ganzen Menge hochverdichtetem Plastikstahl umgeben war. Gerade als sich ein besonders hübscher Engel um mich hatte kümmern wollen, war ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgekommen, und der war in diesem Fall mit einer Schicht stinkenden Öls bedeckt.

Völlig arglos hatte ich das Beiboot verlassen, um mich in der nächsten Hygienekabine zu reinigen. Als ich aus der Schleuse herausgetreten war, hatte ich einen Schrei des Entsetzens gehört.

Ein Matten-Willy hatte in meiner Nähe platt auf dem Boden gelegen. Er hatte eine Reihe von Pseudofüßen gebildet und war auf mich zugerannt. Ich glaubte, seine Rufe noch immer in den Ohren zu hören. Er hatte aus Leibeskräften um Hilfe geschrien und damit ein gutes Dutzend Posbis alarmiert, die sich im Nebenhangar befunden hatten. Das war der Anfang einer wilden Verfolgungsjagd gewesen.

Meine Freunde hatten mich durchs Schiff gehetzt!

Ich zapfte mir einen Becher Wasser ab und trank ihn auf einen Zug aus. Dabei musste zum Schluss wohl etwas Öl in den Becher gekommen sein. Jedenfalls ließ ich den Becher fallen und versuchte, den Rest Wasser auszuspucken, den ich noch im Mund hatte. Voller Abscheu blickte ich auf meine Hände, die noch immer voller Öl waren. Ich wischte sie am Hosenboden ab. Der Reinigungseffekt blieb jedoch gering, da auch dieser nicht sauber war.

Wieder blickte ich in den Spiegel.

Ich musste irgend etwas unternehmen. Die Wunde musste versorgt werden, denn meine schwarzen Haare waren blutverklebt. Die Wunde musste desinfiziert werden. Sie konnte nicht so bleiben, wie sie war. Also musste ich einen Weg finden, sie zu reinigen und zu behandeln, ohne dabei gleich meinen Kopf zu riskieren.

Das war das Problem.

Ich durchsuchte das Labor nach einer Medizinbox, obwohl ich hätte wissen müssen, dass es hier so etwas nicht gab. Als ich endlich einsichtig wurde, öffnete sich die Tür. Ich fuhr herum. Goliath schob sich heran. Er wedelte mit den Armen und musterte mich streng, wie mir schien, mit seinen vier Linsen. Hinter ihm standen zwei weitere Posbis und drei Matten-Willys. Einer von ihnen verflüssigte sich nahezu und floss zwischen den Beinen Goliaths hindurch zu mir heran. Er stieg an einer Tischkante hoch und formte sich hier zu einem Gebilde, das wohl ein Kopf sein sollte.

Ich blickte mich um und erkannte, dass ich in der Falle saß. Ich hatte viel zu lange gewartet. Längst hätte ich aus diesem Labor fliehen müssen. Es hatte nur einen Ausgang. Daher hätte mir von Anfang an klar sein müssen, dass ich nicht aus ihm entkommen konnte, wenn ich erst einmal entdeckt war.

Langsam wich ich vor meinen Freunden zurück und streckte dabei abwehrend die Hände aus.

»Zum Teufel, nein«, sagte ich mit heiserer Stimme. »Es ist alles in Ordnung.«

Ich tippte mir gegen den Schädel, wobei ich besonders heftig vorging, um zu demonstrieren, dass ich keinerlei Schmerzen hatte. Dummerweise geriet ich dabei gerade an die Wunde.

Ich hätte schreien mögen. So weh tat das.

»Seht ihr?«, fragte ich mühsam. »Es ist nur ein bisschen rote Farbe, sonst gar nichts.«

Weder Goliath noch die anderen ließen mit sich reden. Die Posbis rückten unbarmherzig auf mich zu und umzingelten mich.

»Wir werden das Problem endgültig lösen«, verkündete der Matten-Willy, der sich zu einem Kopf umgeformt hatte.

Mir standen die Haare plötzlich zu Berge. Ich erriet, warum er gerade diese Form gewählt hatte.

»Nein«, rief ich jammernd und kam mir dabei ziemlich kläglich vor. »Das ist doch Wahnsinn.«

»Es muss sein«, erklärte Goliath. »Wie sollen wir deine Gesundheit und dein Leben erhalten, wenn wir uns mit Halbheiten zufrieden geben?«

Ich stieß Prilly von mir. Ich hatte diesen Posbi mit einem weiblichen Namen versehen, weil sich auf der Vorderseite seines bizarren Körpers eine busenähnliche Vertiefung zwischen zwei Höckern befand. Gleichzeitig versuchte ich, an Goliath vorbeizukommen. Aber ich hatte die Rechnung ohne ihn gemacht.

Eine seiner Klauen fuhr auf mich zu und packte mich am Arm. Sie legte sich sanft und behutsam um das Handgelenk, war aber gleichzeitig auch so fest, dass ich mich nicht mehr befreien konnte.

»Vorsicht, Galto«, kreischte einer der Matten-Willys. »Du darfst dich nicht so wild bewegen, sonst verletzt du dich!«

»Das ist mir egal«, antwortete ich wütend. »Was spielt das noch für eine Rolle?«

»Wie kannst du so reden?«, fragte der Matten-Willy vorwurfsvoll.

2.

Aufzeichnung Rhodan:

2. 9. 3581

Unbemerkt passierte die SOL das Wega-System und näherte sich nun unserer Heimatsonne.

Ich befand mich in der Hauptleitzentrale. Mentro Kosum, der Emotionaut, lenkte das Raumschiff. Er saß unter der SERT-Haube, so dass seine Befehle direkt und ohne Zeitverlust von der Positronik aufgenommen werden konnten.

Seltsame Gefühle beschlichen mich, wie ich sie eigentlich nicht erwartet hatte. Schon oft war ich in die Milchstraße aus anderen Galaxien zurückgekehrt, aber noch niemals nach so langer Zeit. Noch häufiger hatte ich das Solsystem nach Expeditionen und militärischen sowie kosmopolitischen Exkursionen angesteuert. Aber das war etwas anderes gewesen. Wir waren nicht mehr Herren unserer Heimat, und der Planet, auf dem ich geboren war, befand sich nicht mehr dort, wo er hätte sein sollen. Kobold hatte seine Stelle eingenommen.

Was war mittlerweile aus dem Solsystem geworden? War es wirklich die Höhle des Löwen, wie ich glaubte? Oder hatten die Laren das System längst verlassen?

Ich konnte es nicht sagen, denn ich wusste praktisch nichts über die Zustände in der Milchstraße. Ich wusste nur, dass die Verbindung der Laren zum Kern des Konzils, zu den Zgmahkonen, abgerissen war. Fraglos waren auch keine strategischen Berechnungen und Pläne der Kelosker mehr eingetroffen, denn die Galaxis Balayndagar existierte nicht mehr.

Hatten die Laren bereits bemerkt, was geschehen war?

Fragen über Fragen, von denen ich keine einzige beantworten konnte.

Ich musste an Atlan denken. Würde der Arkonide ebenso handeln wie ich? Oder würde er vorsichtiger vorgehen und eine Erkundungsflotte aussenden?

Ich hoffte auf möglichst baldigen Kontakt mit Atlan, denn er würde mir erschöpfend Auskunft geben. Darüber hinaus war ich mir absolut sicher, dass er die Ankunft der SOL begrüßen würde. Das Schiff war eine nicht zu unterschätzende Unterstützung für ihn. Die Nachrichten, die ich vom Herzen des Konzils mitbrachte, mussten bei den unterdrückten Völkern Jubel, und bei den Laren, den Hyptons und den Mastibekks nacktes Entsetzen auslösen.

Insofern glich die SOL einer gigantischen Bombe, die wie ein Schemen, lautlos und unbemerkt, in die Milchstraße eindrang. Wenn sie zündete, dann musste sie die Laren und die anderen Konzilsvölker geradezu hinwegfegen.

Fellmer Lloyd kam zusammen mit Ribald Corello in die Zentrale. Beide Mutanten blickten zum Hauptbildschirm hinüber. Die SOL verließ in diesen Sekunden den Linearraum und kehrte ins Normalkontinuum zurück.

Ich hörte, wie die wichtigsten Daten von den Offizieren am Ortungsleitstand durchgegeben wurden.

Die Entfernung zur Sonne betrug noch ein Lichtjahr.

Vorläufig war Sol nur ein kleiner Lichtpunkt unter vielen. Mentro Kosum kennzeichnete das Gestirn mit einem grünen Lichtpfeil.

In der Zentrale wurde es ruhig.

Fellmer Lloyd räusperte sich. Offenbar hatte er Mühe, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten.

Ich musste an Männer wie Captain Prestlay und Sergeant Shrivver denken. Was mochte jetzt in ihnen vorgehen? Was empfanden sie? Gab es wirklich jene Sehnsucht nach der Urheimat?

Ich blickte zu den Ortungsschirmen hinüber. Kein Blinkzeichen. Keine akustische Warnung. Es war also kein feindliches Raumschiff im Ortungsbereich.

»Keine Struktur-Variablen-Energiezellen-Raumer«, meldete der verantwortliche Ortungsoffizier. »Kein SVE-Raumer in der Nähe.«

Seine Stimme schwankte. Auch er hatte Mühe, ruhig und sachlich zu bleiben.

Die Geschwindigkeit der SOL verringerte sich.

»Sir?«, fragte der Erste Offizier. »Neue Befehle?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Es bleibt dabei. Zunächst sammeln wir Informationen. Erst wenn wir mehr wissen, gehen wir dichter an das Solsystem heran.«

Die Spannung löste sich etwas. Die Offiziere sprachen in gedämpftem Ton miteinander, während die hochentwickelten positronischen Einrichtungen der SOL das heimatliche Sonnensystem durchsuchten.

Ich bemerkte erst jetzt, dass sich alle Zellaktivatorträger, Mutanten und Extraterrestrier in der Zentrale eingefunden hatten. Dadurch wurde es ein wenig eng, zumal auch noch einige Offiziere da waren, die auf der Erde im Mahlstrom, und zwei Offiziere, die auf der SOL geboren waren. Doch der Dienstbetrieb wurde dadurch nicht beeinträchtigt.

Ich zweifelte nicht daran, dass zur Zeit jedermann an Bord vor den Videogeräten saß oder stand. Selbst die Kinder würden den Stern sehen wollen, der das wirkliche Heimatgestirn der Menschheit war. In zahllosen Informations- und Unterhaltungsfilmen war die Besatzung auf diese Stunde vorbereitet worden.

Dobrak, der Kelosker, stand einige Schritte hinter mir. Er arbeitete an einem stabförmigen Gerät, das er mit seinen plumpen Greifarmen hielt. Ich hörte ihn mit sich selbst sprechen. Plötzlich trat er an mich heran.

»Hören Sie, Rhodan«, sagte er leise. »Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen.«

»Sprechen Sie«, bat ich.

»Haben Sie Geduld«, erwiderte er. »Wir sollten uns in Ruhe unterhalten und dazu die Zentrale verlassen. Das hat noch etwas Zeit.«

Ich erhob mich. Ich war viel zu unruhig und zu neugierig. Wenn Dobrak mir etwas mitzuteilen hatte, dann war das von höchster Bedeutung. Der Kelosker würde mich nicht wegen Kleinigkeiten ansprechen. Wenn er sich meldete, dann ging es um ein kosmopolitisches Problem.

*

Aufzeichnung Quohlfahrt:

2. 9. 3581

»Den Kopf abschneiden!«, rief Goliath. »Niemand von uns würde auf einen solch absurden Gedanken kommen. Dabei könnte ja dein Gehirn beschädigt werden. Das Risiko wäre uns viel zu hoch.«

Der Posbi schien tatsächlich entsetzt über meine Vermutung zu sein.

Ich war erleichtert über seine Antwort. Ich war Kummer gewohnt und durchaus bereit, allerlei mitzumachen, aber irgendwo musste eine Grenze sein. Schließlich ist der Kopf eines der wichtigsten Körperteile. Und so etwas opfert man nicht gern.

»Also gut«, willigte ich seufzend ein. »Ich füge mich freiwillig. Ihr braucht mich nicht festzuhalten. Ich gehe in den Operationssaal.«

Meine Freunde ließen mich los und wichen zur Seite aus. Ich schritt durch die Gasse, die sie gebildet hatten, auf den Gang hinaus. Für einen kurzen Moment war ich versucht, erneut die Flucht zu ergreifen, aber dann siegte die Vernunft. Die Wunde musste versorgt werden. Mit solchen Sachen durfte ich nicht spaßen.

Ich war zudem gespannt, was sie mit mir machen würden. Eigentlich war ich erstaunt, dass sie mir noch keine Konzentratnahrung in den Hals gewürgt hatten, um damit den Energieverschleiß auszugleichen, der durch die Flucht entstanden war.

»Wie fühlst du dich?«, fragte Prilly.

»Ausgezeichnet«, schwindelte ich. Die Wunde tat weh. Ich hatte das Gefühl, dass mir der Kopf platzen würde.

»Vorsicht, fall nicht«, rief Goliath voller Sorge, als ich über eine Werkzeugtasche hinwegstieg, die von einem der Posbis oder Matten-Willys abgestellt worden war. Vorsorglich stützte mich einer der Posbis.

Die Matten-Willys schnatterten wie die Hühner. Jeder hatte etwas zu fragen. Einer erkundigte sich, ob ich ein gewisses Flimmern vor den Augen habe, was zweifelsohne ein Zeichen der Schwäche sei. Ich verneinte. Ein anderer wollte wissen, ob die Wunde brenne. Sie tat es. Ich schwindelte ihm vor, dass ich sie kaum noch spürte. So ging es weiter, bis wir den Medotrakt erreicht hatten. Jetzt behandelten sie mich wie ein unmündiges Kind, stützten mich wie einen Zweihundertjährigen und schnitten mir die Kleidung vom Leib. Dabei benutzten sie Scheren mit stumpfen Spitzen, um ja meine Haut nicht zu ritzen.

Zwei Posbis tauchten meine Hände in eine grünliche Flüssigkeit, die sich augenblicklich braun verfärbte. Sie zogen meine plötzlich wieder sauberen Hände aus der Brühe heraus, übergossen sie mit einem duftenden Desinfektionsmittel und versahen sie mit einer Creme, die die Haut weich und geschmeidig machte.

Splitternackt stand ich inmitten der Horde und ließ mit mir geschehen, was sie als unabdingbar ansahen. Schließlich hoben sie mich behutsam mit Hilfe eines Antigravfelds auf und legten mich auf den Operationstisch. Dabei stützten sie Kopf und Schultern mit einem Energiefeld ab, das ausschließlich auf organische Materie ansprach. So konnten die Posbi-Operateure meinen Kopf unbehindert und von allen Seiten her bequem bearbeiten.

»Er hat einhundertzweiundzwanzig Gramm abgenommen«, stellte ein Matten-Willy quietschend vor Entsetzen fest.

»Das hat Zeit bis später«, antwortete Goliath. Er legte mir Energiefesseln an, die mich zur Unbeweglichkeit verdammten, und dann hörte ich, wie sie die Narkose vorbereiteten.

Das kann ja heiter werden, dachte ich.

Medo-Migg setzte mir die Hochdruckspritze an den Arm. In diesem Moment setzte meine Erinnerung ein.

*

Als ich den Sessel herumschwenkte, geschah es. Irgend etwas traf das Schiff. Ich wurde aus dem Sessel geschleudert und flog etwa sieben Meter weit durch die Luft. Mit ausgestreckten Armen und Beinen versuchte ich, mich abzufangen. Aber das half nicht viel. Ich prallte mit voller Wucht gegen den Stapel Fellballen, mit denen ein großer Teil dieses Transportraums gefüllt war. Obwohl das Material weich war, hatte ich das Gefühl, gegen eine Steinwand gerannt zu sein.

Die Ballen stürzten auf mich herab und begruben mich unter sich, so dass ich mich wie in einem Polsternest befand. Als nun der nächste Aufschlag gegen das Schiff erfolgte, wurde ich zwar wiederum wie ein Spielball durch den Raum geschleudert, aber ich war rundherum so geschützt, dass mir nichts passieren konnte.

Ich fragte mich, was geschehen sein mochte. Ich befand mich auf einem Handelsraumer, der von den Laren kontrolliert wurde. Vor noch nicht einmal achtundvierzig Stunden hatte ich das Schiff betreten. Man hatte mich gefragt, ob ich in der Lage wäre, einen auf einem fernen Planeten abgestürzten Fragmentraumer der Posbis zu untersuchen.

Selbstverständlich war ich das. Schließlich war ich Robotologe, dessen Spezialgebiet Posbi-Forschung war. Ich arbeitete für die Laren und war von ihnen ausgebildet worden, soweit sie dazu in der Lage gewesen waren. Das wichtigste Wissen hatte ich mir auf einer Hochschule für Robotologie angeeignet.

Roboter hatten mich schon immer fasziniert. Deshalb hatte ich auch keinerlei Skrupel, als man mir eines Tages vorschlug, mein Leben den Robotern zu widmen. Die Laren spielten für mich zunächst keine Rolle dabei. Sie waren mir damals noch gleichgültig. Heute hasse ich sie.

Ich wurde im Jahre 3544 auf dem von ehemaligen Sol-Bürgern besiedelten Planeten Olliwyn IV geboren. Der Planet befand sich fest in der Hand der Laren, die den Bewohnern jedoch gewisse Freiheiten ließen. Dazu gehörte, dass gewisse Teile der Bevölkerung eine wirklich gute Ausbildung erhalten konnten. Entscheidend für die Auswahl war ihr Wohlverhalten gegenüber den Laren und ihre Intelligenz gewesen.

Ich hatte mich den Laren gegenüber immer unauffällig benommen. Damals hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, wie die Zukunft aussehen würde, wenn die Macht der Laren sich weiter verfestigte. Ich hatte nur meine Roboter im Sinn.

Erst als ich damit begonnen hatte, die Posbis und ihre Besonderheiten genauer zu erforschen, hatte ich Kontakt mit der Gruppe L bekommen. Diese wagte zwar nicht, offen gegen die Laren zu kämpfen. Sie mühte sich aber unter großen Opfern ab, den Menschen das freiheitliche Denken zu bewahren. Damals war mir klar geworden, dass das nicht genügte. Man musste etwas gegen die Laren unternehmen. Passiv zu bleiben, das bedeutete Resignation. Ich aber war nie gewillt gewesen, aufzugeben.

Je mehr ich mich mit den Posbis beschäftigt hatte, desto mehr war meine Achtung vor ihnen gestiegen. Schließlich hatte sich diese Achtung gar in Liebe und Verehrung verwandelt. Meine große Sehnsucht war es gewesen, die Posbis aus nächster Nähe zu erleben.

Deshalb hatte ich sofort zugegriffen, als die Laren an mich herangetreten waren. Als ich von dem abgestürzten Fragmentraumer gehört hatte, hatte ich keine Sekunde gezögert. Auf eine solche Chance hatte ich seit Jahren gewartet. Immer wieder hatte ich mir gesagt, dass ich meine Hoffnungen nicht zu hoch schrauben durfte, weil die Aussichten auf engen Kontakt mit den Posbis minimal waren.

Doch jetzt schienen sich alle meine Hoffnungen wieder zu zerschlagen.

Wurde der Handelsraumer von einem anderen Raumschiff angegriffen? Hatte er schwere Treffer erhalten?

Ich lag zwischen den Fellballen und strampelte mit den Beinen, um mir etwas Luft zu verschaffen. Es wurde still im Schiff. Ich spürte das Vibrieren des Bodens nicht mehr. Es stammte vom Antrieb. Die Hochleistungsmaschinen erschütterten die Schiffszelle bis in die Peripherie hinein. Wenn es jetzt fehlte, so konnte das nur bedeuten, dass der Antrieb ausgefallen war. Die Antigravaggregate aber liefen noch, denn ich fühlte mich nicht schwerelos.

Ich ruderte mit den Armen, bis ich die über mir liegenden Ballen endlich zur Seite stoßen konnte. Mühsam richtete ich mich auf und kroch aus den Fellen hervor. Das Licht brannte noch. Die beiden Roboter, an denen ich gearbeitet hatte, waren wie ich durch den Raum geschleudert worden, hatten jedoch weniger Glück als ich gehabt. Sie waren an der Wand zerschellt und hatten nur noch Schrottwert.

Ich verließ den Raum und eilte durch den Zentralgang auf den nächsten Antigravschacht zu. Noch bevor ich ihn erreicht hatte, kam der Navigator von oben herab. Sein Gesicht war blutverschmiert, und sein rechter Arm baumelte kraftlos an seiner Seite.

»Galto, Sie haben es überstanden?«, fragte er und wischte sich mit dem linken Ärmel über die Stirn.

»Offensichtlich«, entgegnete ich. »Sie sind verletzt.«

»Nicht schlimm.«

»Was war denn los?«, fragte ich. Hinter dem Navigator kamen der Kommandant und die Offiziere aus dem Schacht.

»Es müssen Raumminen gewesen sein. Sie haben die Schutzschirme aufgerissen. Das Schiff ist hin. Wir müssen in die Beiboote.«

Er ging weiter. Ich folgte ihm, ohne nachzudenken. Erst als wir bereits im Hangar waren, fiel mir ein, dass ich meine Sachen noch in der Kabine hatte.

»Ich muss noch etwas aus meiner Kabine holen«, sagte ich.

»Sie bleiben hier«, befahl der Kommandant. »Wir werden nicht auf Sie warten.«

Ich fügte mich zähneknirschend und stieg zu den Offizieren ins Beiboot. Minuten später schleusten wir uns aus. Wir waren kaum zehntausend Kilometer von dem havarierten Raumschiff entfernt, als dieses explodierte. Wir vermuteten, dass es auf eine weitere Raummine gestoßen war.

Wir wagten kaum noch, unseren Flug fortzusetzen. Langsam tasteten wir uns voran. Dabei entdeckten wir zwei weitere Minen und konnten ihnen ausweichen. Niemand wusste, von wem diese gefährlichen Waffen stammten.

Der Kommandant wollte ein sieben Lichtjahre entferntes Sonnensystem ansteuern. Wir brauchten diese strapaziöse Reise jedoch nicht anzutreten, denn der Navigator entdeckte ein Raumschiff, das wesentlich näher an uns vorbeiflog. Er setzte einen Notruf ab. Der Kommandant des Raumschiffs reagierte sofort. Er änderte den Kurs.

Mir stockte der Atem, als ich erkannte, dass sich uns ein Posbiraumer näherte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war darauf vorbereitet, ein Wrack zu untersuchen, nicht aber lebenden Posbis zu begegnen. Für mich sind Posbis lebende Geschöpfe.

Mir wurde heiß und kalt zugleich, als das riesenhafte Gebilde des Fragmentraumers vor mir aufwuchs. Ich hatte nie zuvor ein Raumschiff dieser Art gesehen. Irgendwo an der unübersichtlichen Außenseite des Raumers öffnete sich ein Schott. Wir schwebten hinein und befanden uns in einem geräumigen Hangar. Wenig später erschienen die ersten Posbis vor dem Beiboot. Sie forderten uns über Funk auf, auszusteigen.

Meine Hände waren feucht und meine Kehle trocken, als ich ihnen gegenüberstand. Es waren bizarre Gebilde völlig unterschiedlicher Art, die mit sinnlos erscheinenden Zusätzen versehen waren. Selbstverständlich war nichts an ihnen überflüssig oder nutzlos. Das sah nur so aus.

»Da sind noch mehr Besatzungsmitglieder«, sagte der Kommandant. »Sie haben sich in andere Beiboote gerettet.«

Ein Posbi rollte auf schweren Raupenketten auf uns zu und fuhr zwei Teleskopaugen aus, mit denen er uns eingehend musterte.

»Wir haben sie bereits geborgen«, antwortete er, ruckte dann herum und schwenkte einen Arm nach oben. »Gehen Sie!«

Fieberhaft suchte ich nach Worten, fand jedoch keine. Ich wollte nichts als Kontakt mit den Posbis haben. Ich kannte mich in ihrer Mentalität und Denkungsart aus, aber das alles nützte nichts, wenn mir nichts einfiel, was ich hätte sagen können. Ich war viel zu aufgeregt.

Wir marschierten vor den Posbis her. Aus Seitengängen tauchten einige Matten-Willys auf. Sie bildeten Pseudoaugen, mit denen sie uns neugierig betrachteten.

Als das Schott eines großen Raumes krachend hinter mir einrastete, hätte ich vor Wut und Enttäuschung heulen können. Kein Wort war über meine Lippen gekommen. Die Chance war vertan.

Der Raum enthielt absolut nichts. Es waren keine Sessel vorhanden, keine Liegen, keine Tische, keine Nahrungsmittel. Die Posbis gingen nicht auf unsere Bedürfnisse ein. Die Offiziere fluchten verärgert. Ich blieb still. Allmählich fing ich mich. Ich war der einzige, der nicht überrascht war. Es hätte mich vielmehr verunsichert, wenn die Posbis uns mit allem versorgt hätten, was wir benötigten.

Ich setzte mich auf den blanken Boden und lehnte mich mit dem Rücken an eine Wand. Die Offiziere blieben stehen. Wenig später trafen die anderen Besatzungsmitglieder ein. Erst jetzt erfuhr ich, dass sie das Handelsraumschiff schon vor den Offizieren verlassen hatten. Sie waren jedoch erst später von den Posbis entdeckt worden. In meiner Aufregung hatte ich nicht einmal bemerkt, dass der Funker sie über die Anwesenheit der Posbis benachrichtigt hatte.

Niemand kümmerte sich um mich. Das war nicht verwunderlich, denn ich war nur Passagier und kannte niemanden. Ich legte auch keinen Wert auf ein Gespräch mit einem dieser Männer.

Ich war immer schon ein Einzelgänger gewesen. Menschen interessierten mich nur dann, wenn sie weiblichen Geschlechts waren.

Unter den Schiffbrüchigen war keine Frau, die so reizvoll war, dass sie mich von meinen Gedanken an die Posbis hätte ablenken können. Ich überlegte, was ich tun konnte.

Von Anfang war mir vollkommen klar, was zunächst geschehen würde. Die Posbis würden uns zu einem Sauerstoffplaneten bringen und uns dort absetzen. Unser weiteres Schicksal würde ihnen dann egal sein.

Für mich stand fest, dass ich mich von den anderen trennen musste. Ich durfte das Schiff nicht verlassen. Nur so konnte ich hoffen, meine wissenschaftlichen Arbeiten unmittelbar fortsetzen zu können.

Ich sah mich um. Die Wände des Raumes, in dem ich mich befand, waren kahl. Vereinzelte Belüftungsgitter waren vorhanden, aber sie waren zu klein. Durch sie konnte ich nicht entkommen.

Beunruhigt erhob ich mich. Der Boden bebte leicht unter meinen Füßen. Der Fragmentraumer flog mit hoher Geschwindigkeit weiter. Viel Zeit hatte ich nicht. Es musste etwas geschehen.

Ich ging an den Wänden entlang, bis ich wieder an die Stelle kam, an der ich auf dem Boden gehockt hatte. Enttäuscht musste ich feststellen, dass es keine Möglichkeit gab, auszubrechen. Ich musste warten und auf eine spätere Chance hoffen.

Ich setzte mich wieder. Das Warten machte mich müde. Ich schlief ein und erwachte erst, als die ersten Besatzungsmitglieder den Raum bereits verließen. Der Navigator hatte mir die Hand auf die Schulter gelegt und mich wachgerüttelt.

Ich eilte zum Ausgangsschott und schob mich zwischen die anderen. Über die genaue Zahl der Besatzungsmitglieder war ich nicht informiert. Ich schätzte, dass es etwa einhundertzwanzig Personen waren. Über den Gang, den wir bereits kannten, ging es zur Schleuse zurück. Ich dachte angestrengt nach, und dann erinnerte ich mich plötzlich daran, dass an einer Stelle ein schmaler Gang abzweigte. Voller Spannung wartete ich ab. Dann war es soweit. Ich schlüpfte zur Seite und hastete den Nebengang bis zu einer Tür entlang. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass mir einer der Offiziere entgeistert nachblickte.

Ich legte den Zeigefinger gegen die Lippen, öffnete die Tür und betrat einen winzigen Raum, der mit mir unbekannten Geräten so dicht gefüllt war, dass für mich kaum noch Platz blieb. Ich zwängte mich hinein und schloss die Tür.

Dann wartete ich.

Das Herz klopfte mir bis zum Halse. Ich hörte einen Posbi auf Raupen heranrollen. Unmittelbar vor der Tür verstummte das Geräusch. War ich entdeckt worden? Hatte man die Schiffbrüchigen gezählt? Ich hielt den Atem an. Mein Herz pochte so laut, dass ich fürchtete, der Posbi mit seinen außerordentlich leistungsfähigen Sensoren müsse es hören.

Doch dann rumpelte der Posbi weiter. Ich atmete auf.

Eine halbe Stunde verstrich. Dann schüttelte sich das Raumschiff, als wolle es unsichtbare Fesseln abwerfen. Es startete.

Ich hatte erreicht, was ich angestrebt hatte. Alle Spannung fiel von mir ab. Ich wurde ganz ruhig. Jetzt hatte ich Zeit. Alles weitere musste sich von selbst ergeben.

Ich wartete eine halbe Stunde ab. Dann verließ ich mein Versteck.

Der Gang vor der Tür war leer. Ich wandte mich nach rechts und kehrte zum Hauptgang zurück. Kurz bevor ich ihn erreichte, bog ein Matten-Willy um die Ecke. Das quallenförmige Wesen lief auf einem Dutzend Pseudofüßen. Als es mich bemerkte, fuhr es zurück und gab quietschende Laute von sich.

»Was treibst du denn hier?«, fragte es.

»Wieso?«

»Wieso? Wieso?«, äffte es mich nach. »Die anderen sind doch alle auf dem Planeten abgesetzt worden.«

»Die anderen? Welche anderen?«

Nun war es vollends verwirrt und wusste nichts mehr mit mir anzufangen. Es eilte davon, wobei es mal einige armförmige Auswüchse bildete, mal menschliche Formen nachzuahmen versuchte, was allerdings nicht ganz glückte. Ich ging hinterher, bis es ein grobes Bodengitter erreichte und einfach hindurchfloss. Ich blickte nach unten, konnte aber nichts erkennen, da unter mir alles dunkel war.

Sekunden später hörte ich stampfende Schritte hinter mir. Gelassen drehte ich mich um. Ein Posbi mit entfernt humanoider Gestalt näherte sich mir.

Etwa fünf Meter von mir entfernt blieb er stehen und musterte mich eingehend. Ich hob grüßend die rechte Hand.

»Wer bist du?«, fragte er schließlich.

»Galto Quohlfahrt«, antwortete ich wahrheitsgemäß.

»Warum bist du nicht bei den anderen?«

»Weil ich nichts mit ihnen zu tun habe.«

»Du bist mit ihnen zusammen ins Schiff gekommen.«

»Das ist richtig«, bestätigte ich.

Sieben weitere Posbis von unterschiedlicher Gestalt rückten heran. Einige von ihnen blieben hinter dem ersten stehen, andere umrundeten mich. Keiner von den neu angekommenen griff ins Gespräch ein. Auch die Posbis, die noch später eintrafen, verhielten sich weitgehend ruhig.

»Du solltest zusammen mit den anderen das Schiff verlassen.«

»Das entspricht eurer Planung, ein diesbezüglicher Befehlskode ist jedoch niemals übermittelt worden.«

»Das entspricht den Tatsachen«, bestätigte diesmal der Posbi.

»Also lag für mich auch kein Grund vor, mich den anderen anzuschließen.«

»Das wäre eine menschliche Reaktion gewesen, wie sie deiner Mentalität und deinem organisch-biologischen Wesen konform gewesen wäre.«

»Das ist ein Trugschluss, der auf falschen Voraussetzungen aufbaut«, erklärte ich. »Deine Annahme geht davon aus, dass ich alles mit den anderen Schiffbrüchigen gemeinsam habe. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil. Gleich ist nur die äußere Erscheinungsform. Alles andere ist anders. Ich gehöre nicht zu ihnen.«

»Nicht? Zu wem dann?«

»Zu den Posbis, denn ich bin selbst ein Posbi.«

Meine Eröffnung überraschte meine unfreiwilligen Gastgeber derart, dass sie für einige Zeit keine Worte fanden und mich schweigend anstarrten. Dann aber ging ein Schwall von Fragen auf mich nieder.

Ich antwortete konzentriert und ruhig, wobei ich jedes Wort genau überdachte. Was bis jetzt kaum mehr als graue Theorie gewesen war, das konnte ich endlich unter realen Bedingungen anwenden. Dies waren keine Sandkastenspiele mehr, sondern hier ging es buchstäblich um alles.

Ich wollte, dass die Posbis mich als einen der ihren akzeptierten. Aus diesem Grunde musste ich die Sprache sprechen, die sie verstanden. Ich musste in den gleichen Bahnen denken wie sie, und ich musste ihre eigenen, logisch begründeten Argumente gegen sie selbst wenden.

Ein hartes und kräfteverzehrendes Duell begann. Die Posbis wollten es wissen. Sie wurden von einem außerordentlichen Forscherdrang gepackt und deckten mich mit einer Reihe von Problemfragen ein, die nur beantworten konnte, wer sich so lange und so intensiv mit Posbiforschung beschäftigt hatte wie ich. Sie boten mir die harte Zerreißprobe, die ich gewollt, und auf die ich mich auch vorbereitet hatte. Nur verlief sie anders, als ich mir ausgemalt hatte. Alles war ungleich schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte.

Stunden mussten vergangen sein, bis einer der Posbis schließlich ausrief: »Es ist nicht zu leugnen, er ist einer von uns!«

Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich glaubte, es geschafft zu haben.

»Zumindest geistig«, bemerkte da ein anderer.

Ich blickte ihn bestürzt an, denn ich begann zu ahnen, was er damit hatte ausdrücken wollen.

3.

Aufzeichnung Quohlfahrt:

2. 9. 3581

Der Kopf war noch dran!

Das spürte ich, obwohl meine Hände noch in Energiefesseln lagen, so dass ich sie nicht heben konnte.

Noch von der Narkose benommen blickte ich um mich. Vier Chiro-Posbis umgaben mich. Sie musterten mich mit weit ausgefahrenen Linsen, in denen ich tiefe Sorge um mich zu erkennen glaubte. Das mag seltsam klingen für jemanden, der keinen so innigen Kontakt mit Robotern und bio-positronischen Wesen hat wie ich. Ich war längst zu der für mich gültigen Erkenntnis gekommen, dass Roboter und viel mehr noch die Posbis auch eine Körpersprache haben, die aus ihrem positronischen oder bio-positronischen Bewusstsein herrührt. Meistens waren die Bewegungen der metallischen Glieder noch geringfügig, oft kaum wahrnehmbar. Sie wurden von 99,9 Prozent aller Menschen völlig übersehen. Die meisten Menschen waren ja noch nicht einmal in der Lage, die Körpersprache der Menschen zu verstehen. Sie konnten sich zudem auch gar nicht vorstellen, dass ein Geschöpf wie ein Posbi über derartige Ausdrucksmöglichkeiten verfügt. Für mich waren sie eine beweisbare Tatsache.

»Alles in Ordnung, Galto?«, fragte einer der Posbis.

»Das kann ich erst sagen, wenn ich mich gesehen habe«, antwortete ich mühsam.

Sie zogen sich rücksichtsvoll zurück und ließen mich in Ruhe. Ich hatte Zeit, mich zu erholen, und über mich nachzudenken. Ich fragte mich, was sie denn nun wirklich mit mir gemacht hatten. Der Kopf war noch dran. Damit hatte ich auch gerechnet. Die Posbis waren hervorragende Chirurgen und Prothesenbauer, aber sie wagen sich nicht an die inneren Organe und schon gar nicht an das Gehirn heran. Und das war auch gut so.

Wie war eigentlich alles gekommen?

Ich erinnerte mich wieder an meine ersten Stunden mit den Posbis auf dem Fragmentraumer:

*

»Der Körper ist unvollkommen«, sagte einer der Posbis und rückte an mich heran. Er tastete mich mit vorsichtigen Griffen ab.

»Er kann verändert werden«, bemerkte ein anderer tiefsinnig.

»Die Verfassung ist unglaublich schlecht«, stellte ein dritter Posbi betrübt fest. »Aber sie lässt sich vielleicht verbessern.«

»Meine Verfassung ist schlecht?«, fragte ich beleidigt. »Nun wollen wir doch nicht zu weit gehen. Ich bin 1,93 Meter groß und wurde wegen meiner Schulterbreite von meinen Freunden als Kleiderschrank bezeichnet. Fett habe ich überhaupt nicht auf den Rippen. Ich trinke nur mäßig Alkohol und rauche keine Zigaretten. Als Floppgatter war ich bis vor wenigen Tagen Olliwyn-Meister.«

Das war geschwindelt. Über den zwanzigsten Platz war ich nicht hinausgekommen. Aber das spielte keine Rolle. Ein bisschen Übertreibung konnte kaum schaden.

»Nun?«, fragte ich und wartete auf eine Antwort, in der sich die Bewunderung der Posbis spiegeln musste. Sie kam nicht.

»Er hat zu wenig Energiereserven«, behauptete einer der Posbis. »Die Ernährung ist falsch.«

»Der Bewegungsapparat lässt noch viele Wünsche offen«, teilte wiederum ein anderer Posbi mit. An einem seiner vier Arme hatte er ein kreisförmiges Sägeblatt, an einem anderen ein Skalpell. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er diese Dinge auch zu chirurgischen Zwecken verwenden konnte.

Mir sträubten sich die Nackenhaare. Unwillkürlich hüpfte ich einige Male auf der Stelle und schwang die Arme hin und her, so dass die Gelenke knackten.

»Das ist alles in bester Ordnung«, behauptete ich.

»Die Gelenke scheinen brüchig und wenig belastbar zu sein«, sagte der Chiro-Posbi nüchtern. »Bei Gelegenheit sollten sie durch Hochleistungsgelenkwellen ersetzt werden. Das zellsympathische Bio-Stahlplastikmaterial dazu ist in ausreichender Menge vorhanden.«

Ich schluckte.

Ich sah mich bereits auf dem Operationstisch, von Posbis umgeben, die mit ihren Skalpellen meinen Körper auseinandernahmen und alle Teile austauschten, wie bei einem Roboter, der eine Generalüberholung nötig hatte.

»Darüber können wir in Ruhe sprechen«, sagte ich heiser. »Das muss doch nicht jetzt sein. Jetzt gibt es wichtigere Dinge zu erforschen. Ich meine damit geistige Dinge, die bewältigt werden müssen.«

Meine Stimme klang vor Sorge und Erregung heiser.

»Die Stimme ist auch nicht in Ordnung«, rief einer der Posbis, der weiter hinten stand. »Ich schlage vor, die Mund-Hals-Region durch eine Biopon-Spiralbandpositronik zu ersetzen.«

»Nein«, rief ich entsetzt. »Versteht ihr denn nicht?«

Ich legte unwillkürlich die Hand an die Kehle.

»Es geht ja gar nicht um die Stimme. Die ist schon in Ordnung. Hört ihr?« Ich räusperte mich kräftig. Danach klang meine Stimme in der Tat angenehmer. »Ich verfüge über eine Selbstschmiereinrichtung, die solche Kleinigkeiten automatisch ausgleicht. Hier oben darf nichts verändert werden. Der Apparat ist viel zu kompliziert. Immerhin gibt es hier auch Geschmacksnerven, und ich esse verdammt gerne Steaks. Ich will mir doch den Gaumengenuss nicht nehmen lassen.«

»Gewisse geistige Absonderlichkeiten sind vorhanden«, sagte der Chiro-Posbi. »Sie können jedoch akzeptiert werden.«

»Fein. Ich bin erleichtert«, entgegnete ich.

»Dennoch werden wir ein Vollkommenheitsprogramm ausarbeiten«, erklärte der Chiro-Posbi.

Ein kugelförmiger Posbi mit antennenartigen Aufbauten rückte an mich heran und tastete mich mit einer metallischen Bürste ab.

»Ich vermute«, verkündete er danach, »dass Galto Quohlfahrt zu viele Energien verbraucht. Er muss sich stets vorsichtig bewegen. Sein gesamter Energiehaushalt ist unrationell und unposbisch. Verbrauchte Energien müssen auf biologische Weise ersetzt werden. Ich empfehle, Galto Quohlfahrt ständig durch einen Spezialisten begleiten zu lassen, der ihm jederzeit ein flüssiges Nahrungskonzentrat verabreichen kann, sobald dazu die Notwendigkeit besteht.«

»Ist das wirklich notwendig?«, fragte ich verstört.

»Absolut!«

»Dann werde ich bei der Entwicklung des Nahrungsbreis mitarbeiten. Ich möchte schließlich, dass mir das Zeug schmeckt.«

»Wir werden darüber nachdenken«, antwortete die Kugel mir.

Ich ahnte Schlimmes.

Eigentlich hatte ich mir vorgestellt, dass ich mir als Posbi-Spezialist bei den Posbis ein angenehmes und sorgenfreies Leben machen konnte. Der Gedanke war verführerisch gewesen, sich um alltägliche Dinge nicht mehr kümmern zu müssen. Sollte ich mich gründlich getäuscht haben?

»Festzuhalten ist jedenfalls, dass er geistig vollkommen in Ordnung ist«, sagte der Chiro-Posbi. »Er ist es wert, erhalten zu werden. Deshalb müssen wir uns weitere Gedanken darüber machen, wie er trotz seines gefährlich unvollkommenen Körpers am Leben erhalten werden kann.«

Ich wollte protestieren, hielt mich dann jedoch zurück. Warum übertreiben? Ich hatte mein Ziel erreicht. Ich war bei den Posbis, und ich war von ihnen akzeptiert worden. Mehr hatte ich nicht gewollt.

Ich konnte mir Zeit lassen, weitere Ziele anzusteuern. Ich brauchte nichts zu überstürzen. In aller Ruhe konnte ich mir nun überlegen, was ich gegen die Laren tun konnte. Dass ich etwas unternehmen würde, das stand für mich fest. Immerhin war ich jetzt kein Niemand in einer amorphen Masse mehr. Ich hatte Freunde und durch sie ein kampfstarkes Raumschiff. Wichtig war für mich, dass ich das Kommando über den Fragmentraumer an mich bringen konnte. Ich war überzeugt, dass ich es schaffen konnte, mich zum Befehlshaber über die Posbis aufzuschwingen. Wenn diese glaubten, meinen Körper hier und da verbessern zu müssen, dann sollte mir das egal sein.

Was spielte es schon für eine Rolle, ob ich natürlich gewachsene Finger oder Prothesen hatte. Natürlich gab es gewisse Körperteile, auf die ich auf gar keinen Fall verzichten würde. Aber sonst sollten sie ruhig schalten und walten, wie sie meinten, es tun zu müssen. Ihr Verhalten war für mich als Wissenschaftler sogar von höchstem Interesse.

Außerdem war ich mir dessen sicher, dass sie mich nicht verschandeln würden. Immerhin verfügt auch ein Posbi über ein gewisses ästhetisches Empfinden.

*

Ich hatte die Nachwirkungen der Narkose weitgehend überwunden. Jetzt wollte ich wissen, was meine Freunde mit mir gemacht hatten. Abwartend standen einige Posbis in meiner Nähe, als ich zu einem wandhohen Spiegel im Nebenraum ging. Ich hatte ein eigenartiges Gefühl am Kopf. Irgend etwas war entscheidend verändert worden. Ich trug offenbar eine Art Helm.

Bewusst hob ich die Hände noch nicht zum Kopf. Ich wollte erst sehen was los war.

Dann erreichte ich den Spiegel.

»Oh, Vater«, entfuhr es mir.

Mein tiefschwarzes Haar, auf das ich so stolz war, war verschwunden. Ich trug einen Helm aus einem rötlich-blau leuchtenden Verdichtungsstahl. Der Helm bedeckte nur die Schädeldecke und die Stirn. Schläfen und Ohren lagen frei. Vom Mittelpunkt meines Schädels erhob sich eine etwa zehn Zentimeter hohe, dreikantige Spitze.

»Was ... was habt ihr gemacht?«, fragte ich stammelnd.

Chiro rückte schnarrend an mich heran.

»Wir sahen uns genötigt, die Haut über dem Schädel gegen ein synthetisches, hochfestes Material auszuwechseln. Auf schädliche und biologisch gefahrvolle Hautpartien, wie die von Bakterien durchsetzte Kopfhaut mitsamt den Haarwurzeln mussten wir aus tiefer Sorge um dein Leben verzichten«, erklärte er mir.

»Gut und schön«, sagte ich stöhnend. »Alles akzeptiert, aber was soll dieser Helm?«

Ich betastete ihn mit den Fingerspitzen.

»Zugegeben, man spürt ihn kaum. Aber was soll das?«

»Er ist zu deinem Schutz da«, erläuterte Chiro. »Er macht Verletzungen deines Gehirns fast unmöglich. Es müssten schon Gewalten in den Qualifikationsgraden Delta ...«

»Schon gut«, unterbrach ich ihn. Ich wollte gar nicht wissen, wann dieses Ding platzte. Wenn ich im Weltraum mit einem Raumschiff kollidieren sollte, dann half der Helm ohnehin nichts mehr. »Was soll diese Spitze darauf? Wie sieht das denn überhaupt aus!«

»Es ist eine Antenne«, antwortete Goliath, der unvermittelt in meiner Nähe auftauchte. Seine Stimme zitterte vor Stolz. »Im Helm ist eine Visiphonanlage eingebaut. Sie arbeitet zwar nur einfach lichtschnell, stellt aber doch eine außerordentliche Erleichterung für dich dar. So bist du für uns jederzeit und überall schnell erreichbar und auch ansprechbar. Umgekehrt kannst du auch jeden von uns schnell benachrichtigen, falls etwas Wichtiges passiert ist. Du kannst um Hilfe rufen, falls deine Gesundheit gefährdet ist. Du kannst aber auch mit rein biologischen Wesen über deren Visiphonanlagen sprechen. Es soll ein Kommunikationsgeschenk für dich sein.«

Mein Groll schwand.

»Ich bin gerührt«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Ihr beschämt mich durch eure Fürsorge. Aber jetzt, verdammt, lasst mich endlich in Ruhe. Ich habe keine Lust, die Hälfte meines Lebens auf dem Operationstisch zu verbringen. Verstanden?«

Meine Stimme hatte sich bis zum Gebrüll gesteigert.

»Verstanden«, antworteten sie im Chor.

Geliebte, verfluchte Bande, dachte ich. Den Teufel werdet ihr euch darum scheren, ob ich einverstanden bin oder nicht. Wenn ich mir jetzt einen Fuß verstauchen würde, läge ich schon eine Minute später wieder auf dem Operationstisch.

Ich fuhr mir mit der flachen Hand über den Schädel.

Irgendwie fühlte sich die Stahlhülle recht gut an. Vielleicht war sie wirklich besser als mein Haar.

Wie aber würde ich damit auf Frauen wirken?

Das war ein ungeheuer wichtiger Punkt für mich. Mit Männern konnte ich nichts anfangen. Die Unterhaltung mit ihnen langweilte mich meistens schon nach kurzer Zeit. Es mussten schon ungewöhnliche Persönlichkeiten sein, wenn sie mich länger als einige Minuten fesseln wollten. Tatsächlich gab es nur wenige Männer, mit denen ich mich einigermaßen verstand.

Darunter waren einige NEI-Agenten.

Ich erinnerte mich daran, wie ich Solp Bronjek, Araf Kamak und die reizende Silga Veinje kennengelernt hatte. Das war vor fast einem Jahr auf dem Planeten Stigan IV gewesen ...

*

Das Beiboot glitt über die Wipfel der Bäume hinweg. Ich hatte mich gegen meine Posbi-Freunde und die Matten-Willys durchgesetzt. Aller Widerstand hatte ihnen nichts geholfen. Ich wollte etwas gegen die Laren unternehmen. Das war mein Ziel. Und auf Stigan IV glaubte ich, einige Informationen bekommen zu können.

Ein Ortungslicht leuchtete vor mir auf.

»Da«, meldete Goliath, der hinter mir stand. »Da ist etwas.«

Ich verzögerte so stark, dass der Kleinstraumer nur noch schrittweise vorankam. Unter mir lag eine Sumpflandschaft mit vereinzelten inselartigen Erhebungen. Zwischen einigen etwa fünfzig Meter hohen schachtelhalmartigen Bäumen erkannte ich etwas.

Mir war klar, dass man mich auch entdeckt haben musste. Ich entschloss mich zu einem offenen Vorgehen, lenkte das Beiboot dorthin und ließ es auf die Insel zutreiben. Sie hatte eine Breite von etwa fünfzig und eine Länge von wenigstens zweihundert Metern. Kurz bevor ich sie erreichte, sah ich eine Lücke zwischen den Bäumen. Und dort stand ein Raumgleiter, wie er im interplanetarischen Bereich häufig benutzt wurde.

Ich zögerte nicht länger, sondern landete direkt hinter der tropfenförmigen Maschine. Dann blickte ich durch die Panzerplastscheiben nach draußen. Der Urwald dampfte. Unter den Bäumen war es heiß und feucht. Die Sicht reichte keine zwanzig Meter weit, weil die Vegetation zu dicht war.

»Wir steigen aus und sondieren das Gelände«, verkündete Goliath. »Danach werden wir dir erlauben, das Beiboot ebenfalls zu verlassen, vorausgesetzt, dass die Verseuchung der Umgebung durch Mikroben sich in erträglichen Grenzen hält.«

»Das warten wir erst einmal ab«, sagte ich und leitete die üblichen Untersuchungen ein, die von der Positronik erledigt wurden. In der Schiffswand öffneten sich Kleinschotte, Teleskoparme griffen heraus und nahmen Boden- und Pflanzenproben auf. Die Werte der Atmosphäre lagen mir bereits vor. Sie war gut atembar. Sekunden später erschienen die Auswertungen auf den Bildschirmen. Ich konnte demnach das Beiboot verlassen, ohne gesundheitliche Schäden befürchten zu müssen.

Meine Posbi-Freunde waren da sicherlich anderer Ansicht, aber ich hatte wenig Lust, mir alles nur durch die Panzerplastscheiben hindurch anzusehen. Dennoch legte ich einen leichten Schutzanzug an. Goliath bestand darauf, dass ich auch eine Atemschutzmaske mit Mikrobenfilter aufsetzte. Ich fügte mich.

Danach drängte ich mich an fünf Posbis und drei Matten-Willys vorbei, kümmerte mich nicht um ihren lautstarken Protest und schob mich durch die Schleusenkammer nach draußen.

Schon nach den ersten Schritten begann ich zu schwitzen. Die Luft war schwül, und ein klebriger Film legte sich über meine Haut. Goliath und einige andere folgten mir eilfertig und versuchten mich zu umzingeln, um mich gegen mögliche Gefahren abzuschirmen.

Doch das reichte nicht.

»Bleiben Sie stehen«, befahl eine männliche Stimme neben mir.

Ich gehorchte und blickte zur Seite.

Auf einem Ast in drei Meter Höhe stand ein dunkelhaariger Mann. Er hielt einen Energiestrahler in der Armbeuge und zielte damit auf mich.

»Hallo«, sagte ich ohne jedes Gefühl des Unbehagens. »Ich wusste doch, dass ich hier Terraner antreffen würde.«

Er blickte mich verblüfft an.

»Wer sind Sie?«, fragte er barsch.

»Man nennt mich Galto Posbi Quohlfahrt«, erwiderte ich.

»Und was wollen Sie hier?«, forschte er.

»Ich suche Freunde«, erklärte ich. »Aus meinen Unterlagen wurde ersichtlich, dass Stigan IV ein Planet ist, der von den Laren mit Hilfe von terranischen Arbeitskräften ausgebeutet wird.«

»Mit terranischen Sklaven«, bestätigte er verbittert.

»Dann sind meine Informationen richtig«, entgegnete ich ruhig. »Ich wollte mir ansehen, was die Laren hier treiben, und ihnen eins auf die Finger geben, falls sich die Gelegenheit dazu bieten sollte.«

»Das geben Sie in aller Offenheit zu?«, fragte er mich überrascht.

»Warum nicht? Sie verstecken sich hier auf der Insel, also werden Sie nicht gerade Freunde der Laren sein, denn dann hätten Sie das nicht nötig.«

»Das ist richtig«, erklärte ein anderer Mann hinter mir.

Ich drehte mich um. Hinter einem Baum kam ein kleinwüchsiger Mann mit schmalem Gesicht und großen, ausdrucksvollen Augen hervor. Er trug seine Waffe im Halfter.

»Sie scheinen mir ein bisschen naiv zu sein«, sagte er und streckte mir die Hand entgegen, »aber ein Larenspitzel sind Sie bestimmt nicht.«

»Schicken Sie Ihre Posbis ins Schiff zurück. Danach können wir miteinander reden«, forderte der andere.

»Ihr habt es gehört«, sagte ich zu meinen Freunden. »Lasst mich allein.«

Sie fügten sich jedoch nicht so ohne weiteres. Sie sträubten sich dagegen, mich in einer möglichen Gefahr unbeschützt zu lassen. Geduldig setzte ich ihnen auseinander, dass es sein musste. Die beiden Fremden verfolgten die Szene mit sichtlichem Erstaunen. Ich merkte, dass sie sich ab und zu Blicke zuwarfen, mit denen sie sich darüber verständigten, wie sie mein Verhalten beurteilten. Das war wohl nicht sehr schmeichelhaft für mich, aber mich störte das nicht. Im Gegenteil. Als die Posbis abzogen, vertrauten die beiden Fremden mir. Sie fühlten sich mir überlegen.

»Mein Name ist Solp Bronjek«, sagte der Dunkelhaarige, der auf dem Baum gestanden hatte.

»Ich heiße Araf Kamak«, erklärte der andere. »Und das ist Silga Veinje.«

Er deutete auf ein weißblondes Mädchen, das aus dem Gebüsch hervorkam. Von diesem Moment an nahm ich Bronjek und Kamak kaum noch wahr. Ich sah nur noch Silga, die eine olivgrüne, hautenge Kombination trug. Als sie ihre Hand in die meine legte, spürte ich, dass der Funke übersprang. Wir blickten uns in die Augen, bis Solp Bronjek sich lautstark räusperte.

»He, Fremder«, sagte er und stieß mich freundschaftlich an. »Bringen Sie uns unsere kleine Silga nicht durcheinander.«

»Warum nicht?«, fragte ich lächelnd. »Das ist ein durchaus angenehmer Zustand.«

Bronjek lachte.

»Kommen Sie mit, Galto. Da hinten ist unser Lager.«

Sie führten mich in ihr Versteck. Ich wusste, dass sie Vertrauen zu mir gefasst hatten. Was sollten sie auch tun? Sie hatten keine Möglichkeit, mich abzuschieben. Sie hätten mich höchstens töten können. Das Vertrauen ging jedoch noch nicht soweit, dass sie mir alles eröffneten, was sie planten. Das kam erst nach und nach. Erst vier Tage später waren wir uns so nahegekommen, dass sie mir die Wahrheit sagten. Das war, nachdem ich ihnen erklärt hatte, in welcher Weise ich gegen die Laren vorgehen wollte.