Perry Rhodan-Paket 3: Die Posbis -  - E-Book

Perry Rhodan-Paket 3: Die Posbis E-Book

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Beschreibung

Zu Beginn des 22. Jahrhunderts: Bei einem Flug mit dem neuartigen Linearantrieb erreichen Perry Rhodan und seine Gefährten das Blaue System der Akonen - es sind die "Vorväter" der Arkoniden, die sich seit vielen Jahrtausenden vom Rest der Milchstraße abschirmen. Sowohl die Akonen als auch die sogenannten Antis werden zu neuen, gefährlichen Gegnern der Menschheit. Doch das ist nichts gegen die Bedrohung, die aus den Tiefen des intergalaktischen Leerraums kommt. Von dort dringen übermächtige positronisch-biologische Roboter, die sogenannten Posbis, in die Milchstraße ein und beginnen den Kampf gegen die Terraner und ihre Verbündeten. Die Heimat der Posbis ist die geheimnisvolle Hundertsonnenwelt, und zu dieser muss Perry Rhodan vorstoßen. Nur so kann er den Untergang der Menschheit verhindern ...

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Seitenzahl: 6974

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Cover

Nr. 100 – Der Zielstern

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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8.

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Nr. 101 – Der Weltraum-Tramp

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 102 – Abteilung III greift ein

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 103 – Das Plasma-Ungeheuer

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 104 – Nur ein Greenhorn

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 105 – Die Geisterflotte

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 106 – Der Götze von Passa

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 107 – Das Blaue System

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Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 108 – Die Wüste des Todes

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 109 – Der Blockadering um Lepso

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 110 – Auf den Spuren der Antis

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Epilog

Nr. 111 – Unter falscher Flagge

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 112 – Der Mann mit den zwei Gesichtern

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 113 – Die Wunderblume von Utik

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 114 – Rufer aus der Ewigkeit

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 115 – Der Imperator und das Ungeheuer

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 116 – Duell unter der Doppelsonne

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 117 – Die gestohlene Raumflotte

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 118 – Der Robot-Sergeant

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 119 – Saat des Verderbens

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Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 120 – Der Planet Mechanica

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Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 121 – Das Erbe der Echsen

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 122 – Der Tod des Lordadmirals

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 123 – Saboteure in A-1

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 124 – Das Psycho-Duell

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 125 – Retter des Imperiums

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 126 – Die Schatten greifen an

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 127 – Zwischen den Milchstraßen

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Vorwort

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Nr. 128 – Mörder aus dem Hyperraum

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 129 – Atombrand auf Mechanica

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 130 – Freiwillige für Frago

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 131 – Das Versteck in der Zukunft

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 132 – Die Macht der Unheimlichen

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 133 – Roboter, Bomben und Mutanten

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 134 – Die Kanonen von Everblack

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 135 – Wächter in der Einsamkeit

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 136 – Bestien der Unterwelt

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Schluss

Nr. 137 – Sturm auf die Galaxis

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 138 – Risiko unendlich groß

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 139 – Die Laurins kommen!

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 140 – Ein Toter soll nicht sterben

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 141 – Station der Unsichtbaren

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Die Hauptpersonen des Romans

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Schluss

Nr. 142 – Agenten der Vernichtung

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 143 – Für Menschen verboten

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 144 – Roboter lassen bitten ...

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 145 – Armee der Gespenster

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 146 – Hinter der Zeitmauer

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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Schluss

Nr. 147 – Amoklauf der Maschinen

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Nr. 148 – Sprung in den Interkosmos

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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Nr. 149 – Kampf um die Hundertsonnenwelt

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

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5.

Leseprobe PR 2700 - Andreas Eschbach – Der Technomond

Vorwort

Prolog

1.

2.

3.

Gespannt darauf, wie es weitergeht?

Die Welt des Perry Rhodan

Vorwort

Die Welt des Perry Rhodan

Ein kleines Who's Who des Perry Rhodan-Universums

Häufig gestellte Fragen

Neu im PR-Universum?

Die PR-Produktpalette

Impressum

Impressum

Nr. 100

Der Zielstern

Eine neue Epoche der Weltraumfahrt bricht an – und Forschungskreuzer FANTASY geht auf große Fahrt ...

von K. H. SCHEER

Hallo, liebe PERRY-RHODAN-Freunde!

Anlässlich des zweiten Jubiläumsbandes dieser SF-Reihe, die ja eigentlich keine »Reihe« ist, sondern ein großangelegter Zyklus, der in utopischer Form die Weiterentwicklung der Menschheit zum Inhalt hat, wollen wir ein paar persönliche Worte an Sie richten, die Sie als treue Leser schon längst verdient haben.

Lassen Sie uns danken für das große Interesse, das viele von Ihnen durch Verbesserungsvorschläge, thematische Anregungen und auch Kritiken bezeugten, die in vielen Hunderten von Briefen an den Verlag ihren Niederschlag fanden.

Lassen Sie uns auch versichern, dass das Team der PERRY-RHODAN-Autoren und die Redaktion sich alle Leserbriefe – auch die nichtbeantworteten – sorgfältig zu Gemüte geführt und nach Wegen gesucht haben, um die Reihe noch besser als bisher zu gestalten.

Sollten uns künftig kleine Unzulänglichkeiten unterlaufen, so möchten wir Sie, liebe PERRY-RHODAN-Freunde, schon im voraus bitten, uns dies unter dem Motto: Errare humanum est! oder: selbst Roboter sind nicht perfekt! zu verzeihen.

Herzliche Grüße!

die PERRY-RHODAN-Autoren und die

SF-Redaktion des Moewig-Verlages

I. A. Günter M. Schelwokat

(Original-Vorwort von 1963)

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Administrator des Solaren Imperiums.

Leutnant Brazo Alkher – Er lässt sich seine Koffer tragen.

Dr. Arno Kalup – Ein fähiger Hyperphysiker – und ein Choleriker.

Oberst Jefe Claudrin – Kommandant des Forschungskreuzers FANTASY.

Reginald Bull – Perry Rhodans Freund und Vertrauter.

Gucky – Der Allround-Mutant ist ihre letzte Starthilfe.

Auris von Las-Toór

1.

»Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun, Mister!«

Alfo Zartus fuhr zusammen. In verkrampfter Haltung blieb er stehen. Seine Hand umklammerte die Zahnprothese, als handle es sich um das Griffstück einer gefährlichen Waffe.

»Umdrehen, Hände über den Kopf erheben und das Gebiss fallen lassen«, ordnete die gleiche, unpersönlich klingende Stimme an, die Zartus aus seiner heimlichen Tätigkeit aufgeschreckt hatte.

Er lauschte den Worten nach und versuchte dabei, den Standort des Sprechers ausfindig zu machen.

Dicht vor Zartus glitt das breite Förderband der vollautomatischen Zubringerstation XVIII lärmend über die spiegelblanken Laufrollen. Die auf dem Band liegenden Aggregate waren Teilprodukte eines ferngesteuerten Waffenschwenkarms der geheimen Einbauserie LA-185-GEZO-III, bestimmt für die Außen-Drehkranzkuppeln von Schweren Kreuzern der Terraklasse.

Das Besondere an den Konstruktionen waren die neuartigen Feldgleitlager, mit denen die im absoluten Vakuum ständig auftretenden Schmierprobleme endgültig überwunden worden waren.

Alfo Zartus blickte sich wie gehetzt um. Es war niemand zu sehen. Der schmale, langgestreckte Gang bot keine Versteckmöglichkeiten. Lediglich die stabilen Tragfüße des Laufrollengerüstes wären eventuell dazu geeignet gewesen, einem Mann Deckung zu bieten.

Zartus folgte seinem Instinkt. Mit einer raschen Handbewegung schob er die Oberkieferprothese in den Mund. Für einen Augenblick fühlte er den schmerzhaften Druck des Mikrofilmbehälters, der sich bei dem hastigen Einsetzen verschoben hatte. Verzweifelt begann Zartus mit der Zunge zu arbeiten, bis die ausgehöhlte Saugplatte in die charakteristischen Linien seines Gaumens hineinglitt und dort Halt fand. Das Druckgefühl verschwand.

Aufatmend, in unbewusster Reaktion unsicher lächelnd, richtete sich der kleingewachsene Mann auf. Langsam erhob er die Hände.

»Tüchtig, Mister«, sagte jemand spöttisch. »Wie Sie das können! Sie sollten im Zirkus auftreten.«

Zartus wusste, dass er verloren war, wenn man ihn in diesem Sektor der automatischen Bandstraße erwischte. Der irdische Mond hatte sich im Laufe der letzten 57 Jahre erheblich verändert, besser gesagt: er war verändert worden!

Genau betrachtet, war der Trabant zu einer einzigen, ineinander verschachtelten Raumschiffswerft nach arkonidischem Vorbild geworden. Die größte Bauleistung der Menschheit war erst wenige Monate zuvor vollendet worden. Seitdem liefen auf dem Mond die Fertigungsbänder, die von relativ wenigen Steuerstationen beherrscht wurden.

Zartus glaubte zu wissen, dass er von einem Fernsehauge entdeckt worden war. Hier gab es überall Überwachungseinrichtungen. Wenn es aber so war – und eine andere Möglichkeit gab es nicht, wie es sich Zartus selbst einzuhämmern versuchte! –, so konnte man kaum bemerkt haben, was er in einer Zahnprothese verborgen hatte. Dazu kam die Tatsache, dass er nirgends eine Fernbildkamera sehen konnte. Wieso aber war man so genau über seine Maßnahmen informiert?

Er blickte sich nochmals um. Er dachte an seine Aufgabe, die Mikrokamera unter der Bodenplatte seiner Armbanduhr und außerdem an den Lunaren Sicherheitsdienst, einer Nebenabteilung der Solaren Abwehr.

Wenn er mit Kamera und Film gefasst wurde, war seine Laufbahn als Planungsingenieur für robotgesteuerte Zubringerstraßen beendet!

Dann drohten Verhöre, Gerichtsverhandlung, Degradierung und eine sicherlich langjährige Zuchthausstrafe oder gar Zwangsarbeit auf einem entfernten, luftleeren Satelliten.

Perry Rhodan, Erster Administrator des Solaren Imperiums, hatte sich vorbehalten, bei staatsgefährdenden Spionagefällen persönlich den Vorsitz zu übernehmen.

Der Gedanke an das Kriegsgericht – denn er stand unter Kriegsrecht! – ließ Alfo Zartus die klare Überlegung verlieren. Nochmals sah er sich um. Den warnenden Ruf überhörte er.

Mit einem halberstickten Schrei schwang er sich unter Aufbietung all seiner Kräfte auf das Förderband, wo er sofort zu Fall kam. Mit hoher Geschwindigkeit wurde er auf den schmalen Durchlass im Fels zugetragen.

Dahinter begann Montagehalle 136, in der die aus allen Richtungen ankommenden Teilprodukte zu einem Großaggregat zusammengebaut wurden.

»Sind Sie wahnsinnig geworden!«, hörte er die Stimme des unbekannten Sprechers. »Springen Sie ab, so hören Sie doch – Sie sollen abspringen! Lebensgefahr! Mann, springen Sie doch!«

Zartus lachte gegen seinen Willen. Er krallte seine Fingernägel in den griffigen Rillenbelag des Kunststoffbandes, ertrug das Holpern der Gleitrollen mit einem unterdrückten, schmerzhaften Stöhnen und versuchte überdies, darüber nachzudenken, wie er aus Halle 136 entkommen konnte.

Der Unbekannte rief immer noch, aber die Worte waren schon nicht mehr verständlich.

Alfo Zartus kam eben zu der Erkenntnis, die belastenden Unterlagen irgendwie vernichten zu müssen, als er von den stählernen Greifern einer robotgesteuerten Schwenkvorrichtung erfasst und nach oben gerissen wurde.

Zartus schrie in höchster Not. Plötzlich erkannte er, dass die Warnrufe des Unbekannten kein Trick gewesen waren.

Der kleine Mann wurde durch die Felsöffnung gezerrt und durch die Luft gewirbelt. Nur schemenhaft bemerkte er die aufgleitende Öffnung der Spritzisolationsmaschine, in der größere Halbfertigteile mit einem säure- und temperaturunempfindlichen Kunststoffbelag überzogen wurden.

Hinter den Stahltoren flammte es in heller Rotglut. Das Thermoplast wurde in flüssigem Zustand und unter 1256 Grad Celsius von zahlreichen Hochdruckdüsen aufgesprüht.

Der Robotgreifer war erbarmungslos. Er konnte nicht zwischen totem Material und einem menschlichen Körper unterscheiden.

*

Oberst Hildrun, Chef des Lunaren Sicherheitsdienstes im Sektor F-81, legte die Personalakten des Planungsingenieurs Alfo Zartus, geboren am 22. Juni 2062 in Lowman, Idaho, zur Seite.

Düster betrachtete er den vor seinem Schreibtisch stehenden Sergeanten von oben bis unten. Als sein Blick auf die Schock-Waffe im offenen Gürtelhalfter des Wachmannes fiel, runzelte sich seine Stirn noch stärker. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger deutete er auf den Strahler. Hildruns Stimme klang scharf: »Und das – was ist das? Hatten Sie etwa angenommen, wir hätten Ihnen eine Mausefalle oder sonst etwas mitgegeben? Warum haben Sie Zartus nicht mit einem Schockschuss betäubt? Er war doch nahe genug vor Ihnen, oder?«

Der junge Sergeant war blass. Steif stand er vor seinem Vorgesetzten. Die anwesenden Offiziere des Wachsektors F-81 sagten nichts. Der Fall war durchaus nicht so klar, wie ihn Hildrun zu sehen schien.

»Jawohl, Sir, das schon«, stammelte der Soldat des Sicherheitsdienstes. »Ich hatte meinen Deflektorschirm eingeschaltet, und Zartus konnte mich nicht sehen. Ich wollte ihn nicht betäuben. Die Dienstvorschriften verbieten die Anwendung von Schockstrahlern, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Mir aber schien es nicht erforderlich zu sein. Der Spion war klein und schwach gebaut. Ich hätte ihn mühelos überwältigen können. Warum hätte ich den Mann verletzen sollen?«

Oberst Hildrun erhob sich. Polternd glitt der Schreibsessel nach hinten. Mit auf dem Rücken verschränkten Händen schritt der Kommandeur zum Getränkeautomaten hinüber.

»Ach, Sie wollten ihn nicht verletzen! Dafür aber haben Sie ihn in den sicheren Tod geschickt, nicht wahr?«

»Sir, ich hatte mit dem Sprung nicht gerechnet. Es geschah zu schnell. Als Zartus erst einmal auf dem Band lag, wollte ich nicht mehr schießen.«

»Warum nicht?«

»Weil die Förderanlage schneller läuft als ich rennen kann, Sir. Hätte ich den Techniker betäubt, wäre es ihm unmöglich gewesen, im letzten Augenblick abzuspringen. Es war seine letzte Chance. Ich habe ihm zugerufen, dass hinter der Maueröffnung die Isolationsmaschine steht. Er hörte nicht auf mich. Was hätte ich tun sollen, Sir?«

Oberst Hildrun drehte sich um. In der Hand hielt er einen Becher mit dampfendem Kaffee.

»Können Sie beweisen, dass Sie ihm eine Warnung nachgerufen haben?«

Der Sergeant des Wachkommandos sah sich hilfesuchend um. Ein Leutnant der Überwachungstruppe meinte dazu: »Die Tonbandaufnahmen liegen vor, Sir. Wir haben die Fernüberwachung eingeschaltet, als Sergeant Rodzyn mit seinem Helmsender das Alarmzeichen gab. Er hat tatsächlich gerufen, sehr laut sogar.«

Wortlos stapfte Hildrun zu seinem Schreibtisch zurück. Den Becher setzte er so heftig ab, dass das Getränk überschwappte.

»Ihr Glück, Rodzyn, Ihr Glück! Wieso kamen Sie überhaupt auf die Idee, dem Spion allein in den Transportraum zu folgen?«

»Ich hatte Zartus schon einige Zeit beobachtet, Sir. Ich wollte ihn auf frischer Tat ertappen, weshalb ich ihm auch im Schutze des Deflektorfeldes nachging. Er machte wieder Aufnahmen mit seiner Uhrkamera. Ich stand dicht dabei und wartete ab. Anschließend nahm er den Mikrofilm heraus, löste seine Zahnprothese und versteckte die winzige Spule in einer genau passenden Öffnung der Gaumenplatte. Da sprach ich ihn an. Er war wie erstarrt, und außerdem wirkte er völlig hilflos. Sir, mit dem Sprung auf das Transportband hatte ich einfach nicht gerechnet. Ich konnte ihn nicht mehr festhalten.«

Hildrun sah zu den Offizieren seines Stabes hinüber. Sergeant Rodzyn wartete atemlos.

»Schön, geben Sie Ihre Aussagen zu Protokoll. Sie sind vorerst vom Dienst beurlaubt. Sind Sie sich darüber klar, dass ich den Fall dem Abwehrchef melden muss?«

Rodzyn nickte unsicher. Augenblicke später verließ er das Chefzimmer. Im Vorraum suchte er sich eine Sitzgelegenheit und ließ sich erschöpft darauf niedersinken.

Vergeblich versuchte er, die schreckliche Szene aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Das verzerrte Gesicht des kleinen Mannes tauchte immer wieder vor seinem geistigen Auge auf.

»Es war ein Unfall, Rodzyn«, sagte ein vorübergehender Offizier. »Gehen Sie in Ihr Quartier und bereiten Sie sich auf das Protokoll vor. Sie sehen erbärmlich aus.«

»Ich komme mir auch erbärmlich vor, Sir«, entgegnete der S-Mann mit trockenen Lippen. »Sir, darf ich etwas fragen?«

»Bitte!«

»Wie soll das nun weitergehen? Ich konnte doch nichts dafür.«

»Das wissen wir. Wenn Sie Pech haben, zieht die Geschichte weite Kreise. Es existiert eine Dienstvorschrift, wonach solche Fälle dem Administrator persönlich zu melden sind. Sie wissen doch, dass er die Mondwerften wie seinen Augapfel hütet.«

Sergeant Rodzyn hielt den Atem an. Entsetzt sah er den Offizier an.

»Sie ... Sie meinen Perry Rhodan, Sir?«

»Kennen Sie einen anderen Administrator? Wenn Sie vor ihm erscheinen müssen, dann schildern Sie den Fall in aller Offenheit. Ein Vergehen kann man Ihnen kaum zur Last legen. Es war ein Unfall, wie gesagt. Gehen Sie nun und legen Sie endlich den Kampfanzug ab.«

2.

Brazo Alkher starrte mit fiebrig glänzenden Augen auf den unscheinbar wirkenden Einwurfschlitz der Kontrollautomatik.

Das Gerät zur Überprüfung der auf schmalen Kunststofffolien verankerten Individualdaten wirkte in seiner Massigkeit beängstigend. Brazo Alkher, Leutnant der Solaren Flotte, durch einen geheimnisvollen Befehl abkommandiert zur Lunabasis, fühlte sich seit einigen Stunden ununterbrochen bedroht.

Nach seiner Landung auf dem Mond war er elfmal von Soldaten des Sicherheitsdienstes nach dem Woher und Wohin befragt worden.

Man hatte sich nach seinem Werdegang erkundigt, sich für Eltern und Großeltern interessiert und anschließend zu wissen verlangt, was er, Brazo, künftig zu tun gedenke.

Brazo war somit von einem Erregungszustand in den anderen geglitten, wie er bei sich selbst dachte.

Bei der Gelegenheit hatte er zum ersten Male die Chance erhalten, die gewaltigste Flottenbasis der Menschheit zu bewundern. Er wusste, dass der Mond im Laufe der letzten 57 Jahre zu einem Himmelskörper der Raumschiffswerften und Waffenfabriken geworden war. Praktisch gesehen, war der Erdtrabant nach und nach ausgehöhlt worden. Auf der Oberfläche selbst war kaum etwas von jener Mammutindustrie zu bemerken, die man mit modernsten Mitteln und unter riesigen Kosten unter der toten Kruste errichtet hatte.

Nur die großen Raumhäfen lagen oben – und die Panzerkuppeln der kosmischen Abwehrfestungen.

Es hatte dreizehn Stunden gedauert, bis Brazo endlich an seinem Ziel angekommen war, doch dann hatte sich ein neues Hindernis in seinen Weg gestellt.

Brazo Alkher, ein hochgewachsener, schlaksiger Mann von dreiundzwanzig Jahren, umkrampfte seine wenigen Gepäckstücke noch fester, als sich eine silbrig glänzende Haube auf seinen Schädel niedersenkte.

Geduldig ertrug er die Tortur der Hirnschwingungsmessung, die natürlich ein wesentlicher Bestandteil der Robotüberprüfung war. Wenn den menschlichen Wächtern noch etwas entgangen sein sollte: der Robot würde es herausfinden.

»Gepäck absetzen«, knarrte es aus einem Lautsprecher.

Brazo blieb in steifer Haltung stehen. Verwirrt öffnete er beide Hände, und die Tragtaschen fielen polternd zu Boden.

Alkher lief rot an. Verlegen schaute er sich um.

»Entschuldigen Sie bitte«, meinte er hastig. Unsicher lächelte er die seelenlose Maschine an, die auf seine Worte aber nicht reagierte.

Er atmete tief auf, als der Robot Grünwert zeigte und der ID-Streifen aus einem anderen Schlitz hervorglitt.

»Eintritt genehmigt, Sir«, klang es aus dem Lautsprecher. »Sie werden erwartet.«

»Vielen Dank«, flüsterte Brazo.

Sich hastig nach seinem Gepäck bückend, stieß er mit dem Schädel an einen rotmarkierten Hebel. In dem Gerät begann es zu klingeln, und Brazo hielt die Luft an.

Schließlich entschloss er sich, die runde Metallplattform mittels einiger wildverwegener Sätze zu verlassen.

Brazo Alkher, schon auf der Raumakademie bekanntgeworden als chronischer Pechvogel, hatte seinem knochigen Körper etwas zuviel zugemutet. Dem Zug der Schwerkraft folgend, fiel er mit elegant gespreizten Armen und umherschlagenden Füßen zu Boden, wobei sein helmbedeckter Schädel versehentlich mit dem Schienbein eines im Wege stehenden Mannes kollidierte.

Brazo, normalerweise so sanftmütig wie ein alternder Bernhardiner – wie seine Freunde behaupteten –, stieß einige schauerliche Flüche aus. Es dauerte eine Weile, bis seine umhertastenden Hände sowohl den verrutschten Helm an Ort und Stelle, als auch die verknoteten Riemen der Taschen, in Ordnung gebracht hatten.

Schnaufend richtete er sich auf. Sein Gemüt erhielt die nächste seelische Erschütterung, als er dicht über sich das grinsende, ölverschmierte Gesicht eines hochgewachsenen Mannes in der schmucklosen Kombination des Wartungspersonals bemerkte.

Der Mann trug eine zerknautschte, völlig unkenntlich gewordene Schirmmütze auf den dunkelblonden Haaren. Rangabzeichen waren auch keine zu sehen, weshalb Brazo – trotz seines begreiflichen Zorns noch immer höflich bleibend! – schockiert ächzte: »Konnten Sie nicht zur Seite springen, Sie ... Sie steifkreuziger Ölpeilstab, Sie! Himmel, wie sehen Sie überhaupt aus?«

Verwundert stierte Brazo nach oben. Schließlich meinte er verlegen: »Entschuldigen Sie, Freund, es war nicht so gemeint. Natürlich bin ich schuld. Würden Sie mir einmal helfen?«

»Sicher«, nickte der hochgewachsene, schlanke Mann mit den eisgrauen Augen. »Sie haben Sätze gemacht wie ein dreibeiniger Pavian!«

»Gibt es so etwas?«, wunderte sich Brazo.

Der Fremde lachte schallend. Betont sanft klopfte er Brazos beschmutzte Uniform ab.

»Immer korrekt, Herr Leutnant, nicht wahr? Darf man fragen, wohin Sie wollen?«

Alkher begann sofort mit der verzweifelten Suche nach den Papieren, die man ihm überall aufgedrängt hatte. Der Hagere wartete geduldig, bis der immer nervöser werdende Leutnant den Marschbefehl in der Knietasche seiner Kombi entdeckt hatte.

Brazo wusste nicht, ob er bei dem schallenden Gelächter die Fassung verlieren oder geduldig bleiben sollte. Er entschloss sich zum letzteren. Außerdem war sein sachverständiger Blick mittlerweile von der schimmernden Kugelwandung eines offenbar nagelneuen Schweren Kreuzers der Terraklasse gefesselt worden.

Das zweihundert Meter durchmessende Raumschiff stand in einer riesigen Halle. Überall waren bewaffnete Posten und feuerbereite Kampfroboter zu sehen. Brazo wusste bereits, dass er sich in den geheimnisvollsten Bezirken der neuen Mondwerften befand. Was hier geschah, wussten nur wenige Eingeweihte.

Es dauerte nur einige Augenblicke, bis Brazo festgestellt hatte, dass der äquatoriale Ringwulst des 200-Meter-Kreuzers ungewöhnlich geformt war.

Der Triebwerksring war größer und am Rande aufgewölbt. Das war aber auch alles, was auf den ersten Blick befremdend erschien.

Der grauäugige Mann hatte zu lachen aufgehört. Aufmerksam musterte er den jungen Leutnant, dessen Papiere er flüchtig durchgeblättert hatte. Brazos weiches, verträumtes Jungengesicht hatte sich gespannt. Es wirkte plötzlich härter, entschlossener und männlicher.

Der Techniker lächelte unmerklich. Wortlos bückte er sich und nahm die großen Tragetaschen auf.

»Gehen wir, Sir. Sie werden erwartet.«

Brazo Alkher nickte geistesabwesend. Sekunden später wunderte er sich über den vorbildlichen Gruß der anwesenden Soldaten und Techniker. Als sogar die Wachroboter zu salutieren begannen und scharfe »Achtung«-Rufe den Lärm der Ausrüstungsstation durchdrangen, wurde ihm schon wieder unheimlich.

Er blieb stehen, drehte den Kopf und flüsterte seinem freundlichen Begleiter hastig zu: »Mensch, sagen Sie mal – wird hier jeder kleine Leutnant mit solchen Ehren empfangen? Die Leute sind ja aus dem Häuschen.«

»Die verstellen sich nur«, sagte der Hochgewachsene gemütlich.

Brazo lachte unsicher. Ein vorübergehender Oberst der Flotte legte die Hand an den Mützenschirm und drückte die Brust heraus.

Brazo war dem Weinen nahe.

»Der hat mich aber vernichtend angesehen«, sagte er zu seinem Begleiter. »Hören Sie, Freundchen, wollen Sie mir nicht endlich verraten, was das für ein Irrenhaus ist? Mann, Sie sehen aber wirklich scheußlich aus. Warum waschen Sie sich nicht das Gesicht? Also wenn Sie unter meinem Kommando stünden, dann würde ich Ihnen etwas erzählen.«

Kopfschüttelnd sah er den gleichgroßen Fremden an, und schließlich erhob Brazo die Hand, um mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den Wangen des Blonden herumzukratzen.

»Fast meterdick«, sagte er vorwurfsvoll. »Muss das sein, Sie Ferkel?« Der Gepäckträger salutierte: »Nein, Sir!«

Ein furchtbares Brüllen ließ Brazo Alkher erst in die Knie sinken und dann entsetzt herumfahren. Die grausigen Töne drangen fraglos aus der offenstehenden Luftschleuse des seltsamen Schweren Kreuzers hervor.

Die Töne endeten in einem tiefen Röhren, das wie das Gurgeln eines ertrinkenden Sauriers klang.

»Guter Gott, was war das?«, ächzte Brazo.

»Der Kommandant hat gesungen«, wurde er belehrt. »Haben Sie noch nie einen Epsalgeborenen singen hören?«

Brazo gab auf! Er fühlte sich wie gerädert und erschlagen. Hier schien niemand mehr normal zu sein; weder der Sicherheitsdienst noch die Roboter noch der Kommandant.

Hilflos wankte er neben seinem Gepäckträger her, bis die hünenhafte, fettleibige Gestalt eines kahlköpfigen Mannes in seinem Blickfeld auftauchte.

Der bedrohlich schnaufende Zivilist besaß blaugeäderte Hängebacken und einen so stechenden Blick, dass Brazo ein neues Unheil befürchtete. Der Koloss kümmerte sich jedoch nicht um ihn.

»Ach, sieht man Sie auch einmal«, sagte er mit einer Stimme, die kaum weniger lautstark war als die des so genannten Epsalgeborenen.

Ausgesprochen höhnisch blickend, die mächtigen Arme in die fettgepolsterten Hüften gestemmt, blieb der Kahlköpfige vor dem Ölverschmierten stehen.

»Guten Tag, Professor«, sagte der Blonde. Bedächtig nahm er die Mütze ab und fuhr sich mit fünf Fingern durch die verschwitzten Haare.

Brazo wurde blass. Nachdem die Kopfbedeckung entfernt war, dauerte es nur noch Sekunden, bis er in seinem Gepäckträger Perry Rhodan, den Ersten Administrator des Solaren Imperiums und seinen höchsten Vorgesetzten, erkannte.

Vor Brazos weit aufgerissenen Augen begannen Feuerräder zu kreisen. Dazu fühlte er seine Beine jämmerlich schwach werden.

So geschah es, dass er nach einem geröchelten »Verzeihung, Sir!«, in die Arme des sprachlosen Hyperphysikers Professor Dr. Arno Kalup sank: in die Arme eines als cholerisch bekannten Wissenschaftlers, dessen Name mit der umwälzenden Erfindung des so genannten Hyper-Lineartriebwerks unlösbar verbunden war.

Wenn die Testpiloten und Spezialisten des »Linearkommandos« von dem neuartigen Kompensationskonverter zur Errichtung eines aus sechsdimensional übergeordneten Feldlinien bestehenden Kompensatorfeldes sprachen, dann gab sich niemand mehr die Mühe, die zungenbrecherischen Begriffe exakt auszusprechen.

Die Maschine war einfach ein »Kalup«. Damit war fast alles gesagt.

Arno Kalup, der bedeutendste lebende Wissenschaftler der Menschheit, sah verblüfft auf das leichenblasse Gesicht des Leutnants nieder, bis er erbost schrie: »Na, na, was soll das! Benehmen Sie sich gefälligst.«

Unsanft ließ er Brazo Alkher zu Boden gleiten, wo dem jungen Mann noch übler wurde.

Rhodans Wink war von zwei nahestehenden Offizieren beobachtet worden. Sie bauten sich vor dem Administrator auf, der sie durchbohrend musterte. Man rühmte Rhodans eigenartigen Humor, doch diesmal schien er über sich selbst hinausgewachsen zu sein.

Die zwei Leutnants der Wache waren von unterschiedlichem Temperament und Körperwuchs; aber ihre Lippen zuckten gleichermaßen verdächtig. Der Kleinere von ihnen hatte feuchtschimmernde Augen.

Brazo richtete sich stöhnend auf, als Rhodan dozierend sagte: »Nehmen Sie Ihren Kollegen mit, meine Herren, und flößen Sie ihm ein möglichst scharfes Getränk ein. Dieser Jüngling ist – nach seinen Papieren zu urteilen – identisch mit dem verrückten Feuerleitoffizier Brazo Alkher, der es im Orionsektor fertigbrachte, mit den fast ausgefallenen Waffen des Leichten Kreuzers FORMOSA zwei Springerschiffe lahmzuschießen. Wie er das machte, ist mir rätselhaft; aber einen besseren Kanonier hat der Flottenstab augenblicklich nicht finden können. Der Erste Offizier soll die Vereidigungszeremonie vorbereiten. Wir starten in zwei Stunden.«

»Kommt man hier auch noch einmal zu Worte?«, fragte Professor Kalup gefährlich sanftmütig.

»Noch eine Sekunde«, beschwichtigte Rhodan, um anschließend einem Major des Sicherheitsdienstes zuzuhören.

»Sergeant Rodzyn ist in der Wachstation, Sir. Wollen Sie ihn noch sprechen?«

»Ich komme sofort. Dieser Unglücksvogel lief mir über den Weg.« Rhodan deutete auf Brazo, der mit wankenden Beinen zwischen den beiden Leutnants auf die Luftschleuse des Schweren Kreuzers zuschritt.

Rhodan schmunzelte. Mit dem Handrücken fuhr er sich über das Gesicht.

»Sehe ich wirklich so furchtbar aus? Er nannte mich ein Ferkel.«

Kalup lachte schallend. Sein Gesicht lief blau an, und auf dem gewaltigen Kahlkopf zeichneten sich feine Schweißperlen ab.

»Der beste Witz der Woche«, sagte er hustend, »der wahrhaftig beste Witz! Schön, ich erwarte Sie im Schiff. Was ist mit diesem Sergeanten los?«

»Hoffentlich nichts. Er entdeckte einen Spion in der Nachbarhalle.«

Kalups Gesicht wurde kantig.

»Ach! Nehmen Sie etwa an, er hätte es auf unser Forschungsschiff abgesehen?«

»Bestenfalls abgesehen gehabt. Der Mann ist tödlich verunglückt. Dennoch möchte ich erfahren, ob seine Tätigkeit in unmittelbarer Nähe der Linearstation nur rein zufällig war oder ob ein tieferer Sinn dahintersteckte. Ich hoffe, von dem Sergeanten des S-Dienstes nähere Auskünfte zu erhalten. Entschuldigen Sie mich bitte, Professor. Ich bin in einer halben Stunde zurück.«

»Fallen Sie nicht wieder in eine Ölwanne«, meinte der große Wissenschaftler spöttisch. »Sie sehen in der Tat wie ein Ferkel aus. Diesem Leutnant sollte man ob seiner offenherzigen Kundgebung die Füße küssen.«

Perry Rhodan schritt lachend davon. Die Zeiger der Werftuhr ruckten um eine weitere Minute nach vorn. Es war 13.22 Uhr Standardzeit am 4. März 2102.

Kalups mächtiger Körper verschwand im Schatten unter der Kugelwandung des seltsamen Schiffes. Als er nach oben blickte, gewahrte er die verfärbten Schlünde der Impulsdüsen?

Kalup blieb für einen Augenblick stehen. Nachdenklich dachte er an seine Entwicklungsarbeiten an dem neuartigen Lineartriebwerk zurück, das vor etwa achtundfünfzig Jahren erstmals von Fachwissenschaftlern des Planeten Erde erwähnt worden war.

Zu dieser Zeit hatte Arno Kalup soeben das Licht der Welt erblickt, und eine gewaltige, von nichtmenschlichen Intelligenzen gesteuerte Raumflotte war in das Sonnensystem eingebrochen.

Druuf hatte man die Riesen aus einer anderen Zeitebene genannt. Sie hatten das Lineartriebwerk besessen, und von ihnen hatte es die Menschheit übernommen.

Nur hatte man fast 57 Jahre benötigt, um das Geheimnis des linearen Hyperantriebes zu lösen. Kalups Forschungen hatten den Ausschlag gegeben.

Als er die kleine Bodenschleuse in der unteren Polkuppel des großen Kreuzers erreichte, war er sich darüber klar geworden, dass es außer der Menschheit keine humanoiden Intelligenzen gab, die mit dem Erbe der bereits vergessenen Druuf etwas anzufangen gewusst hatten.

*

»Brüderchen – du hast Nerven wie ein Roboter, demnach also überhaupt keine«, stellte Leutnant Stana Nolinow fest. Neugierig betrachtete er Brazo Alkher, der völlig erschöpft und dem seelischen Zusammenbruch nahe auf dem Rand seines Lagers hockte.

»Hören Sie nur auf«, bat er weinerlich. »Wie hätte ich wissen sollen, dass ich ausgerechnet ...«

»Schon gut«, unterbrach Nolinow, eine untersetzte Erscheinung mit dunkelblonden Stachelhaaren. »Ich werde mir demnächst vom Alten das Essen bringen lassen.«

Mahaud Sikhra lachte unterdrückt. Klein, dünn und unscheinbar wirkend, lehnte er mit dem Rücken an der Kabinenwand.

Mit einer geschmeidigen Bewegung stieß er sich ab und schritt zu Brazo hinüber.

»Sik nennt man mich unter Freunden«, stellte er sich vor. »Ich fungiere hier als Führer des Einsatzkommandos für Sonderaufgaben. Stana ist Kommandant der Robottruppen. Wenn ich mich nicht irre, wirst du die Feuerleitzentrale übernehmen.«

Brazo schüttelte verlegen die Hände der jungen Männer.

»Angenehm«, murmelte er. »Moment, wieso soll ich die Feuerleitzentrale bekommen? Das macht gewöhnlich ein Major, mindestens aber ein Captain.«

Mahaud Sikhra zuckte mit den Schultern. Sein Blick erschien Brazo rätselhaft.

»An Bord der FANTASY ist alles ungewöhnlich. Das ist kein normales Kampfschiff, sondern ein Forschungsfahrzeug.«

Brazos Aufmerksamkeit erwachte. Bedächtig musterte er die jungen Offiziere, die allem Anschein nach besondere Qualitäten besaßen.

»Ein Forschungsschiff?«, meinte er gedehnt. »Hm, ich habe mich bereits über den anomal starken Ringwulst gewundert.«

»Kluges Kind«, spöttelte Nolinow. »Du hast dich nur gewundert? Wir haben bereits das Staunen erlernt. An Bord der FANTASY befindet sich die politische, militärische und technisch-wissenschaftliche Prominenz des Solaren Imperiums. All die sagenhaft gewordenen Männer, die – den Gerüchten nach zu urteilen – eine auf biomedizinischer Basis beruhende, relative Unsterblichkeit besitzen, haben sich hier ein Stelldichein gegeben.«

»Höre auf. Mir wird schon wieder schwach im Magen.«

Stana schob die Hände in die Außentaschen seiner kleidsamen Uniformkombi und ließ sich gähnend neben Brazo auf das schmale Hydropneumatik-Lager fallen. Seufzend streckte er die Beine aus.

»Das ist aber noch nicht alles, Bruderherz. Jeder Mann der Besatzung ist auf seinem Gebiet ein As. Demnach musst du auch eins sein, oder man hätte dich nicht abkommandiert. Geht dir eine Leuchte auf, weshalb du auf Herz und Nieren getestet worden bist?«

Brazo nickte erregt. Seine braunen Augen glänzten fiebrig. Stana nickte gönnerhaft. Der schlanke Nepalese Mahaud Sikhra führte ein kurzes Visiphongespräch mit der Zentrale des Schiffes.

»In einer knappen Stunde findet deine Vereidigung statt. Sehr feierlich, kann ich dir sagen.«

»Vereidigung?«

»Sicher. Wir haben die geheimsten Sächelchen der neueren Menschheitsgeschichte an Bord. Die FANTASY sieht nur äußerlich wie ein Schwerer Kreuzer der Terraklasse aus. Wenn du in die Maschinensektoren kommst, dürftest du blass werden.«

»Bin ich schon lange geworden«, behauptete Brazo etwas kläglich. Nolinow lachte vergnügt.

»Das legt sich, Kollege. Wir haben bereits einige Raumflüge hinter uns, zu denen Perry Rhodan in seiner bescheidenen Art ›Kurzstreckenerprobung‹ sagte. Die so genannten Kurzstrecken schwankten zwischen drei- und zehntausend Lichtjahren. Eine charmante Untertreibung, wie? Dabei hat sich das neue Triebwerk bestens bewährt. Kalup strahlte vor Freude, unser verehrter Kommandant, den du noch kennenlernen wirst, lachte so laut, dass sich beinahe die Panzerschotts bogen, und unser höchster Chef, genannt Perry Rhodan, zeigte ein so seltsames Lächeln, dass ich unwillkürlich an die Eroberung der gesamten Milchstraße denken musste. Wenn der Alte in dieser Art die Leute anschaut, liegt etwas in der Luft.«

Stana nickte bekräftigend, und Brazo wischte sich die schweißfeuchten Handflächen an den Hosenbeinen ab.

»Nur weiter so, wir haben eine Wäscherei an Bord«, meinte Sikhra launig. Brazo entschuldigte sich hastig.

»Oh – bitte sehr, nur keine Hemmungen«, sagte Stana erneut gähnend. »Wir sind hier, um dich mit den wichtigsten Dingen vertraut zu machen.«

»Ach so!«

»Kundendienst, mein Lieber. Du bist der erste Leutnant der Solaren Flotte, dem Rhodan das Gepäck getragen hat. Ich fühle mich peinlich berührt, einem so bedeutenden Mann Belehrungen erteilen zu müssen.«

»Halunken«, sagte Brazo mit einem schnellen Lächeln.

Nolinow blinzelte dem Nepalesen zu.

»Ich glaube, wir werden uns vertragen. Um es kurz zu machen, Brüderchen: die Menschheit hat im Sinne des Wortes siebenundfünfzig Jahre lang geschuftet, um das Geheimnis des Lineartriebwerks zu enträtseln. Vor etwa achtundfünfzig Jahren tauchten die so genannten Druuf auf. Das waren jene Monsterwesen, die infolge eigenartiger physikalischer Vorgänge aus einer anderen Zeitebene hervorbrachen, um das Einsteinuniversum zu erobern. Damals waren wir alle noch nicht geboren, aber Rhodan war schon Erster Administrator. Dies mag dir einen Begriff davon vermitteln, wie alt der Mann ist.«

»Alt?«, lachte Brazo humorlos auf. »Er wirkt wie ein durchtrainierter Sportler Mitte Dreißig.«

»Stimmt, aber deshalb ist er trotzdem der älteste, lebende Terraner. Wenn du in der Enzyklopaedia Terrania nachliest, wirst du feststellen, dass Rhodan im Juni 1971 als erster Mensch den Mond betreten hat. Damals war er schon etwas über fünfunddreißig Jahre alt. Heute schreiben wir das Jahr 2102. Das sagt eigentlich alles. Er hat gegen den Willen großmächtiger Fremdintelligenzen die solare Einheit geschaffen. Augenblicklich beginnt die dritte Epoche der Menschheitsgeschichte. Wir sind dabei, die vor achtundfünfzig Jahren erbeuteten Konstruktionsunterlagen über das Druufsche Lineartriebwerk praktische Wirklichkeit werden zu lassen. Die Aggregate sind verwendungsreif, zumindest aber in diesem Raumschiff, das als Prototyp zukünftiger Serienbauten anzusehen ist. Du wirst die Ehre haben, zusammen mit uns die Entwicklung der Solaren Macht ganz entscheidend fördern zu helfen, oder ...!«

»... oder?«

»... oder mitsamt der FANTASY ein Opfer des Weltraums zu werden. War das ganz klar ausgedrückt?«

»Ein bisschen verworren, meine ich.«

»Er sagt die Wahrheit, Sik«, stellte Nolinow bekümmert fest. »Willst du weitermachen?«

»Ich überlasse es deinem sprachlichen Talent.«

Stana winkte ab. Sinnend beobachtete er Brazo Alkher, der angespannt auf der Kante des Lagers saß.

»Na schön, viel ist nicht mehr zu sagen, Brüderchen. Wir starten in etwa eineinhalb Stunden. Wohin es diesmal geht, weiß noch niemand. Die raumpolitische Situation ist augenblicklich einigermaßen zufriedenstellend. Die galaktischen Händler verhalten sich ruhig, auf den Arkonplaneten scheint Atlan Herr der Lage zu sein. Die Druufinvasion ist schon vergessen, und unsere Kolonisten überschwemmen langsam aber sicher die bewohnbaren Sauerstoffplaneten in den naheliegenden Raumsektoren. Vor siebenundfünfzig Jahren wurde mit dem Ausbau des Mondes begonnen. Heute gleicht er einem durchlöcherten Ameisenbau mit zahllosen Werften, Zubehörindustrien und gigantischen Fertigungsstraßen, von denen selbst große Schiffe nach dem Fließbandverfahren ausgestoßen werden. Damit haben wir das erreicht, was die alten Arkoniden schon vor einigen Jahrtausenden praktiziert haben! Wir haben einen beachtlich großen Himmelskörper zur terranischen Flottenbasis gemacht, damit wir ungebetenen Gästen und eroberungslustigen Fremden in der gehörigen Form die Zähne zeigen können. Das Solare Imperium ist zu einem waffenstarrenden Staatsgebilde nach arkonidischem Vorbild geworden. Es wird behauptet, die Schiffsbaukapazität der Lunawerften sei der des dritten Arkonplaneten bereits gleichwertig. Mehr als hundert Millionen hervorragend ausgebildeter Terraner stehen bereit, unsere absolute Autarkie im Notfalle zu beweisen. Kannst du noch folgen?«

Brazo runzelte die Stirn. Trocken meinte er: »Dieser geschichtliche Rückblick ist so interessant wie der Inhalt deiner Socken. Ich weiß ziemlich genau, dass sich darin deine Füße befinden.«

Sikhra lachte lauthals, und Nolinow richtete sich mit einem entsagungsvollen Seufzer auf.

»Schön, es musste sein. Befehl ist Befehl. Du wirst den Beginn der dritten Epoche erleben. Wenn du etwas über das geheimnisvolle Lineartriebwerk wissen willst, so wende dich gefälligst an kompetente Leute. Ich kann dir dazu nur sagen, dass die Zeit der Transitionen vorbei ist; wenigstens für die FANTASY. Bisher haben wir den Hyperraum durch komplizierte, gewaltsam ausgeführte Sprünge nach dem Hasenhupfer-Verfahren überwunden. Es ging zwar ganz gut, aber die langwierigen Transitionsberechnungen, die dabei erfolgende Entmaterialisierung einer jeden Stofflichkeit und die vielen Fehlerquellen waren nicht die Ideallösung. Auf der FANTASY wirst du eine andere, vollkommene Art der überlichtschnellen Raumreise kennenlernen. Wir fliegen mit direkter optischer Sicht auf den Zielstern zu. Es wird nicht mehr im Sinne des Wortes gesprungen, wobei man weder etwas sah noch hörte oder fühlte, sondern man behält bei diesem direkten Flug all das im Auge, was man zu erblicken wünscht. Daher auch der Ausdruck ›Lineartriebwerk‹. Wir tauchen in eine so genannte Halbraumzone ein. Das Kalupsche Kompensatorfeld schirmt dabei vordringlich die wirkungsvoll werdenden 5-D-Konstanten ab, wonach ein tatsächliches Eindringen in den Hyperraum vermieden wird. Daher auch keine totale Entstofflichung wie bei den alten Sprungschiffen. Da das Kompensatorfeld mit der Halbraum- oder Librationszone energetisch verwandt ist, fliegen wir in einem nur physikalisch begreifbaren Halbraumsektor zwischen der fünften und vierten Dimension, in dem beide Energieeinflüsse unwirksam werden. Damit wird ein darin gleitender Körper zum Bestandteil dieser Halbraumzone, in der die Einsteinschen Gesetze nicht mehr gültig sind. Wahrscheinlich können vielmillionenfache Lichtgeschwindigkeiten im direkten Linearflug erreicht werden, aber in dieser Hinsicht hat es noch nicht einmal Rhodan auf die Spitze getrieben. Wir erzeugen beim Gradlaufflug weder eine anmessbare Wellenfront noch einen strukturellen Schockstoß, wie er bei den gewaltsam durch die Zeitmauer vorstoßenden Sprungschiffen ganz typisch ist. Die militärischen Aspekte lassen sich leicht erkennen. Wer das Lineartriebwerk besitzt, ist allen anderen Intelligenzen der Milchstraße überlegen. Ich ... du wirst ja schon wieder blass!«

Brazo hatte die Augen geschlossen. Sein Atem ging schwer. Auch wenn sich Nolinow bemüht hatte, in burschikoser und möglichst verniedlichender Art diese umwälzenden Dinge zu erklären, spürte Brazo den tiefen Ernst in den Worten.

Als er wieder aufblickte, standen die jungen Offiziere dicht vor ihm. Nolinows breites Gesicht hatte sich verwandelt. Er lachte nicht mehr.

»Das ist eine harte Nuss, nicht wahr?«, erkundigte er sich leise. »Du wirst es mit der Zeit verstehen. Vielleicht ahnst du nun, warum uns der Kommandant den Befehl gegeben hat, dich etwas vorzubereiten. Jefe Claudrin ist ein guter Psychologe, obwohl er auf den ersten Blick wie ein aus der Kontrolle geratener Panzerwagen wirkt, der alles im Wege Stehende niederzuwalzen droht. Er ist ein Epsalgeborener; einer der ersten Männer, die aus dem Anpassungsprogramm von 2045 hervorgegangen sind. Verliere nur nicht den Rest deiner Fassung, wenn er auf dich zukommt. Tja, das wäre eigentlich alles. Noch Fragen?«

Brazo schüttelte schweigend den Kopf. Sik trat an das Visiphon und gab eine Anweisung. Augenblicke später betrat ein stereotyp lächelnder Bedienungsroboter die kleine Kabine.

»Das ist Omega-185«, erklärte Stana. »Er wird sich um dein leibliches Wohl kümmern. Ich hole dich in einer halben Stunde ab.«

Ehe Sikhra den Raum verließ, sagte er noch: »Du kannst übrigens auf den Flug verzichten. Niemand wird dich zwingen, den Einsatz mitzumachen. Die Sache ist gefährlich. Überlege es dir. Wenn du erst einmal vereidigt bist ...!«

Der Nepalese unterbrach sich und zuckte mit den Schultern. In dem Augenblick wusste Brazo Alkher bereits sehr genau, dass er um nichts in der Welt ablehnen würde, auch wenn man es ihm unter gröbster Schwarzmalerei der kommenden Gefahren nahelegen sollte.

Geistesabwesend antwortete er auf die Fragen des Bedienungsrobots. Ja, er wünschte eine Dusche zu nehmen. Nein – seine Dienstwaffe würde er selbst reinigen und pflegen!

3.

Er war ebenso hoch wie breit gebaut. Er wirkte wie ein gegen alle Naturgesetze lebendig gewordener Tresor.

Oberst Jefe Claudrin besaß den vierfachen Brustumfang eines starken Mannes. Dementsprechend war auch seine Muskulatur entwickelt.

Geboren und aufgewachsen auf einem 2,1-Gravo-Planeten, hatte es Claudrin nach seinem Eintritt in die Solare Flotte als schwierig empfunden, sich unter normalen Schwerkrafteinflüssen von etwa einem Gravo bewegen zu müssen. Als der Epsalgeborene bemerkt hatte, dass seine übermenschliche Muskulatur unter der »geringfügigen« Belastung von nur einem Gravo zu erschlaffen drohte, hatte er sich dazu entschlossen, Tag und Nacht einen speziell entwickelten Mikrogravitator zu tragen, der ihm die doppelte Schwerebelastung aufbürdete. So hatte Colonel Claudrin seine körperliche Tüchtigkeit erhalten, wie er sich selbst auszudrücken beliebte.

Jefe machte sich einen Spaß daraus, stabil aussehende Sitzgelegenheiten »versehentlich« zwischen den gewaltigen Oberschenkeln seiner kurzen, stämmigen Säulenbeine zu zertrümmern. Seine Arme glichen überdimensionierten Kolbenstangen, und seine Hände waren gefürchtet. Die Männer der FANTASY-Besatzung hüteten sich davor, sich von Claudrin in althergebrachter Weise durch Handschlag begrüßen zu lassen. Ehe Claudrin die Gefährlichkeit seiner Greifwerkzeuge erkannt hatte, war es zu einigen Unfällen gekommen.

Alles in allem glich der Kommandant des Forschungskreuzers FANTASY einem in der Mitte durchgeschnittenen Riesen, dessen breiter, von brandroten Haaren bedeckter Schädel auf einem Nacken ruhte, dessen Muskelwülste bisher in noch keinen Uniformkragen normaler Serienfertigung hineingepasst hatten.

Als Kommandant und Galaktonaut war Claudrin fraglos ein As der Solaren Flotte. Er hatte die neuartige FANTASY bereits beim Werkstattflug unter seine Fittiche genommen, was beispielsweise Männer wie Perry Rhodan und Reginald Bull bisher noch nicht bereut hatten.

Perry Rhodan lauschte auf das Donnern des normalen Impulstriebwerks, dessen hochverdichtete, schubstarke Partikel den Schweren Kreuzer mit fünfhundert Kilometern pro Sekundenquadrat beschleunigen.

Die Maschinen liefen so einwandfrei und zuverlässig wie in zehntausend anderen Raumschiffen der Flotte. Nach arkonidischem Vorbild konstruiert, jedoch in vielen Details wesentlich verbessert und kompakter installiert, stellten sie zur Zeit das Maximum der modernen technischen Entwicklung dar. Es gab nichts mehr daran auszusetzen. Fast war es sinnlos, mit wachen Sinnen auf das Arbeitsgeräusch zu horchen.

Trotzdem überprüfte Rhodan in gewohnter Art die kleinen Kontrollschirme der Ringwulstbeobachtung.

Mehr als ein bläuliches Flimmern, erhitzten und aufsteigenden Luftmassen gleichend, war nicht zu sehen. Die FANTASY kam infolge der Kompaktbauweise mit nur sechs Ringwulst-Konvertern aus. Wesentlich mehr Platz beanspruchte das neuartige Überlichttriebwerk, das – genau betrachtet – eigentlich keine Antriebsmaschine im Sinne des Wortes war.

Der Kalupsche Kompensator hatte lediglich die Aufgabe, den Schiffskörper in ein Kugelfeld zu hüllen, das die energetischen Einflüsse der vierten und fünften Dimension reflektierend oder absorbierend aufhob.

Damit wurde innerhalb des Kugelfeldes der instabile Librationszonen-Zustand erzeugt, der weder die Gesetze des Hyperraumes noch die des Einsteinuniversums gültig werden ließ.

Eine zwangsläufige, jedoch noch nicht genau errechenbare Folgeerscheinung der abgewandelten Gesetzmäßigkeiten war eine abstrakte Reaktion der Normaltriebwerke, die unter den künstlich veränderten Bedingungen eben nicht mehr so funktionieren konnten wie innerhalb des vierdimensionalen Raumes.

Die bei Normalbetrieb nur lichtschnellen Impulswellen erreichten innerhalb der Halbraumzone Strahlgeschwindigkeiten, die je nach der energetischen Intensität des Kalupschen Kompensatorfeldes, zwischen der zehn- bis vielmillionenfachen Lichtgeschwindigkeit schwankten. Es gehörte zum Erprobungsprogramm, festzustellen, wo die Grenzen lagen.

Feststand bisher nur die Tatsache, dass der Prozess von zwei Faktoren abhängig war. Einmal veränderten sich die Impulswellen im Einflussbereich der Librationszone von Natur aus. Zum anderen konnte ihre Strahlgeschwindigkeit durch eine variable Aufladung des Kalupschen Feldes sehr wesentlich verändert werden, was wiederum bewies, dass eine totale Aufhebung der hyperphysikalischen und Einsteinschen Grundgesetze eine Frage des Energiegehaltes im Kalupfeld war. Je besser die Abschirmung, um so vollendeter fügte sich der Körper der FANTASY in die Halbraumzone ein; um so mehr wurde das Schiff zu einem Bestandteil des künstlich aufgebauten Sektors zwischen den Dimensionen.

Um diesen Idealzustand erreichen zu können, war der Kreuzer während der Werftliegezeit mit einem fünften Kraftwerk ausgerüstet worden, was eine zusätzliche Erzeugung von zwanzigtausend Megawatt möglich machte.

Rhodan hoffte, damit den gewünschten Effekt erreichen zu können; nämlich die totale Kompensation der fünf- und vierdimensionalen Konstanten.

Das Rumoren der Ringwulsttriebwerke mäßigte sich. Rhodan fuhr aus seinen Grübeleien auf. Die mit dem Linearflug verknüpften Probleme würden sich nur bei der praktischen Erprobung, nicht aber mit fragwürdigen Überlegungen lösen lassen.

Das Flimmern auf den Kontrollschirmen erlosch. Mit einem letzten Brummlaut liefen die Impulskonverter aus. Im freien Fall schoss die FANTASY mit nur halber Lichtgeschwindigkeit über die Marsbahn hinweg. Erde und Mond waren längst im tiefen Schwarz des Raumes verschwunden. Nur die zahllosen Sterne der Milchstraße waren noch auf den Bildschirmen zu sehen.

»Na, sind wir wieder munter?«, sagte jemand.

Rhodan schlug mit dem Handballen auf die flache Platte des Sammelschlosses. Die an Bord des Forschungsschiffes vorgeschriebenen Anschnallgurte fielen vom Körper ab.

Reginald Bull, ebenso jung und elastisch wirkend wie im Jahre 1971, hatte sich hinter dem Sessel des Expeditionschefs aufgestellt. Ausdruckslos sah er auf die leuchtenden Bildschirme der Panoramagalerie.

Weiter rechts stand der riesige Spezialsitz des Kommandanten. Jefe Claudrin fand in einem normalen Flottensessel kaum Platz.

Er achtete nicht auf die beiden Männer zu seiner Linken. Es war seine Aufgabe als Kommandant, das Schiff in jeder Sekunde unter Kontrolle zu behalten.

Rhodan sah prüfend zu Claudrin hinüber, dessen riesige Schultern an den Rändern der Rückenlehne hervorragten.

»Alles okay, Jefe?«

Der Epsalgeborene wandte den Kopf. Die braune Lederhaut seines Gesichtes verzog sich. Er lächelte.

»Wie immer, Sir«, dröhnte seine tiefe Stimme. »Wollen Sie nun?«, fügte er mit gleicher Lautstärke hinzu.

Rhodan nickte. Nach einem letzten Blick auf die Bildschirme erhob er sich aus seinem Sitz. Bull stand immer noch reglos auf dem gleichen Fleck. Sein sommersprossiges Gesicht unter der brandroten Haarbürste wirkte verschlossen und ungewohnt ernst.

Die Männer der Zentralebesatzung blickten angespannt zu Rhodan und dessen Stellvertreter hinüber. Reginald Bull fungierte immer noch als Verteidigungsminister und Stellvertretender Administrator des Solaren Imperiums.

Rhodan schlängelte sich zwischen Sesselsockel und Manuellkontrollen hervor. Die Zentrale der FANTASY war mit Zusatzgeräten überladen.

»Hat man bestimmte Ahnungen?«, fragte er übergangslos.

Bulls Lider schlossen sich für einen Augenblick. Als er die Augen wieder öffnete, stand Rhodan dicht vor ihm. Die Blicke der Männer trafen sich.

»Ahnungen?«, wiederholte Bully gedehnt. »Nein, wohl kaum. Mehr als explodieren kann die Nussschale nicht.«

Rhodans Lippen verzogen sich zu einem ironischen Lächeln, aber in seiner Stimme klang etwas Wehmut mit.

»Oh, Nussschale nennst du einen Zweihundertmeter-Kreuzer? Interessant. Ich glaube, ich kann dir sagen, was in dir vorgeht.«

»Ach!«

Rhodan nickte sinnend. Abwesend sah er sich in der Zentrale um.

»Vor siebenundfünfzig Jahren, ungefähr zu dieser Jahreszeit, ist der Arkonide Crest gestorben. Er hat am Erfolg der menschlichen Rasse nicht mehr teilnehmen können. Hast du an ihn gedacht?«

Bull nickte wortlos. Mit einer müden Geste fuhr er sich über die Haare.

»Ich kann mich noch sehr gut an den Tag erinnern, als wir seinen notgelandeten Forschungskreuzer auf dem Mond entdeckten. Es muss Ende Juni 1971 gewesen sein. Wenige Wochen später fühlten wir uns unbesiegbar, weil wir ein winziges Beiboot arkonidischer Fertigung besaßen. Dann kam die Einigung der irdischen Völker, anschließend unsere ersten Begegnungen mit fremden Intelligenzen. Schließlich tauchte Atlan auf, und wenig später kam es zur Druufinvasion. Das Robotgehirn auf Arkon III wurde umgeschaltet, und Atlan wurde. Imperator. Seitdem sind siebenundfünfzig Jahre vergangen. Jetzt beginnt die dritte Epoche der Menschheitsgeschichte, hm ...!«

Bully unterbrach sich und machte eine umfassende Handbewegung.

»Wenn ich mich hier umschaue, stelle ich seltsame Parallelen fest. Crest und Thora kamen vor 131 Jahren auf dem irdischen Mond an. Damals waren wir maßlos stolz auf unsere primitiven Raketen. Jetzt starten wir selbst zu Forschungsflügen, und unsere Kolonisten schlagen sich auf allen möglichen Welten mit fremdartigen Wesen herum. Terra ist zu einem Machtfaktor ersten Ranges geworden. Wie wird es enden? Wer wird uns eines Tages zeigen, wo unsere Grenzen liegen? Wir haben die degenerierten Arkoniden schon beinahe abgelöst. Atlan duldet mit einem lachenden und einem weinenden Auge die terranische Expansion. Natürlich weiß er genau, dass wir mehr und mehr in seine Einflusssphäre einsickern. Schon jetzt sitzen Terraner in arkonidischen Ministerien. Soll ich dir einmal etwas sagen?«

Blinzelnd schaute Bull nach oben, wo er Rhodans Gesicht schattenhaft erkannte. Nur das von den Bildschirmen und den zahlreichen Instrumenten ausgehende Licht erhellte die große Zentrale der FANTASY. Rhodans Züge wurden von verschiedenfarbigen Lichtreflexen überflutet. Es sah aus, als wolle eine unbekannte Macht das Antlitz des großen, hageren Mannes in einzelne Felder aufteilen.

»Was willst du sagen, Bully?«

»Nicht viel. Ich bin nur der Auffassung, dass man uns zu lange in Ruhe gelassen hat. Die Springer greifen nur noch aus dem Hintergrund an. Es scheint augenblicklich niemand zu geben, der uns ernsthaft gefährden könnte.«

»Doch, solche Intelligenzen gibt es genügend. Was sie daran hindert, ist unser Bündnis mit dem Großen Imperium der Arkoniden.«

Reginald Bull winkte ab.

»Das ist ein Schattenreich. Atlan alarmiert uns alle Augenblicke, um gefährlich aussehende Revolten im Keime ersticken zu lassen. Trotzdem ist die Galaxis groß. Wir kennen nur einen winzigen Bruchteil davon. Das Arkonidenreich, das uns früher so grenzenlos erschien, beherrscht nicht mehr als ein Zipfelchen der Milchstraße. Die Dimensionen haben sich geändert. Was wird uns im Zentrum erwarten, dort, wo noch niemand hingekommen ist?«

»Also doch Ahnungen.«

»Vielleicht«, brummelte Bull misslaunig. »Dieser Flug erinnert mich zu lebhaft an die Reise der Arkoniden Crest und Thora, die auszogen, um das ewige Leben zu finden. Sie fanden jedoch uns, und wir übernahmen von ihnen die technische Macht der Arkoniden. Jetzt frage ich mich nur noch, was wir einmal entdecken werden.«

Ein Bildschirm blendete auf. Das Gesicht des Ersten Offiziers, Major Hunts Krefenbac, wurde erkennbar.

»Man erwartet Sie, Sir«, gab er bekannt.

»Ich komme«, sagte Rhodan zu den Mikrophonen hinüber. An Bull gewendet, fügte er leiser hinzu: »Mache mir die Leute nicht kopfscheu. Du solltest ebensogut wissen wie ich, dass es noch Intelligenzen gibt, denen wir im Ernstfalle kaum die Stirn bieten könnten. Allein die Macht der Galaktischen Händler ist schon nicht zu unterschätzen. Es ist unser Glück, dass sich diese Weltraumnomaden wahrscheinlich niemals einigen werden.«

Bull drehte sich um und marschierte auf das Panzerschott II zu. Rhodan winkte zu dem Kommandanten hinüber, der sich soeben aus seinem Spezialsessel erhoben hatte.

Breit, klobig wie ein unbehauener Fels, stand er vor Rhodan, der ihn um Kopfeslänge überragte.

»Jefe, wir bleiben auf Kurs. Nicht mehr beschleunigen. Kurz vor der Jupiterbahn legen wir los. Suchen Sie sich mittlerweile den roten Stern aus dem Gewimmel heraus und versuchen Sie dabei, Ihre für Sprungschiffe geltende Schulung zu vergessen. Wir haben nicht mehr zu tun, als nach Sicht loszufliegen. Mir scheint, dieser Vorteil des Lineartriebwerks rechtfertigt bereits alle Anstrengungen, die wir zu seiner Entwicklung unternommen haben. Jedenfalls würde ich mir kaum zutrauen, die vielen notwendigen Transitionen bis zum Zielstern einwandfrei zu berechnen. Wer weiß, wo wir bei diesen Entfernungen herauskämen.«

Claudrin drehte sich plötzlich um. Ein »zufällig« in die Nähe gekommener Ortungsfunker nahm Haltung an.

»Welcher Laffe spitzt hier wohl die Ohren?«, sagte der Epsalgeborene mit leicht erhobener Stimme. Es klang wie Donnergrollen. Der Funker eilte fluchtartig davon, und Claudrin fuhr sich zufrieden über das kantige Kinn.

Rhodan hüstelte hinter der vorgehaltenen Hand. Wortlos grüßend ging er davon.

»Dem Kerl hänge ich doch noch einen Maulkorb um«, sagte Bully erbost. »Das ewige Gebrüll geht mir auf die Nerven!«

*

Die Besatzung war in die große Mannschaftsmesse befohlen worden. Brazo Alkher fühlte sich im Kreise dieser aus allen Flottenverbänden zusammengetrommelten Männer noch nicht wohl.

Ständig wurden ihm andere Männer vorgestellt, darunter Persönlichkeiten, die er bisher nur dem Namen nach gekannt hatte.

Professor Kalup, der als Kapazität geltende Mathematiker Riebsam und Gorl Nkolate, der afrikanische Fachmediziner für Anpassungschirurgie, waren nur einige der Wissenschaftler, die in die Besatzung der FANTASY aufgenommen worden waren.

Dazu kamen noch einige Leute, vor denen Brazo – gleich einigen anderen zehntausend Leutnants der Flotte – eine ehrfürchtige Scheu empfand.

Es waren die Mitglieder des sagenhaften Mutantenkorps, die maßgeblich am Aufbau des Solaren Imperiums beteiligt gewesen sein sollten. Brazo hatte noch nie einen der Geheimnisvollen gesehen.

Hunts Krefenbacs lange, hagere Gestalt war nahe des vollautomatischen Speiseschalters zu sehen. Brazo hatte bereits gehört, dass Krefenbac durchaus nicht so lethargisch war, wie er ständig wirkte. Zur Zeit sah er aus, als hätte er soeben all seine Freunde persönlich beerdigen müssen.

Die Besatzung der FANTASY schien überhaupt aus sehr individuell veranlagten und deshalb etwas kurios wirkenden Menschen zu bestehen. Es waren ausgesprochene Charaktertypen, die Rhodan aus dem Gros der Flottensoldaten und Wissenschaftler ausgesucht hatte.

Leutnant Mahaud Sikhra betrat zusammen mit einem kleinen, unscheinbar wirkenden Mann mit den Rangabzeichen eines Leitenden Ingenieurs die Messe. Bemerkenswert an dem LI des Kreuzers war eigentlich nur der weit nach vorn gewölbte Brustkasten, der auf erstaunlich große Lungen schließen ließ.

»Das ist Slide Nacro, ein Marsgeborener«, sagte Stana Nolinow leise. »Es wird behauptet, er könne mit seinen Marslungen in einem Zuge einen Ballon von Wolkenkratzergröße aufblasen, was mir allerdings leicht übertrieben erscheint.«

»Das Gefühl habe ich auch«, nickte Brazo ernsthaft. Stana grinste breit. Einige umstehende Unteroffiziere des technischen Stabes sahen sich bedeutungsvoll an. Dieser neue Leutnant schien der einzige Tölpel an Bord zu sein.

Brazo biss sich auf die Lippen. Unwillig sah er sich um, doch ehe er die rechten Worte gefunden hatte, geschah etwas, was ihn erneut fassungslos werden ließ.

Dicht vor ihm begann die Luft zu flimmern. Eine kleine, nur meterhohe Gestalt in der Uniform der Flotte schälte sich aus der Leuchterscheinung heraus, bis sie stofflich und greifbar wurde.

Brazo sprang entsetzt zurück. Entgeistert starrte er in das spitzschnauzige Mausegesicht einer rundohrigen Intelligenz, die äußerlich nur infolge der Uniform menschenähnlich wirkte.

Gucky, der eigentlich nur gekommen war, um sich den Neuen aus der Nähe zu besehen, fühlte in sich väterlich-freundschaftliche Gefühle aufsteigen, als er den jungen Mann Haltung annehmen sah.

Neugierig lauschte der Mausbiber auf die Gedankenimpulse des blassgewordenen Offiziers.

Phantastisch ... das muss das berühmteste Mitglied des Mutantenkorps sein ... nett sieht er aus ... ein bisschen komisch, aber nett ... kluge Augen hat er ...!

Gucky verzichtete darauf, mittels seiner telepathischen Gaben weiterhin den Gedankeninhalt des Neuen zu belauschen. Strahlend ob der für ihn anerkennenden Überlegungen des jungen Mannes watschelte er auf seinen kurzen Beinen nach vorn und streckte die zierliche Hand aus.

Brazos Augen wurden starr, als er den riesigen Nagezahn im Mund des Mausbibers bemerkte.

»Hallo, willkommen an Bord«, zwitscherte die Riesenmaus. »Du bist Brazo Alkher?«

»Ja ... jawohl, Sir«, stotterte Brazo.

Gucky sah sich rasch um. Jedermann hatte gehört, dass er mit »Sir« angesprochen worden war.

»Nur Gucky, einfach Gucky«, meinte er gönnerhaft. »Für dich bin ich immer zu sprechen. Lasse dich von den Halunken nicht übers Ohr hauen, hörst du?«

»Von wem, Sir?«

Gucky kicherte lebhaft. Seine großen Augen glänzten im Licht der unsichtbar eingebauten Leuchtröhren.

»Von den Halunken, sagte ich. Die da ...!«

Seine Hand deutete auf die umstehenden Männer.

»Wenn sie dich nicht in Ruhe lassen, komme zu mir, okay?«

Völlig verwirrt schüttelte Brazo die Hand des Nichtirdischen. Er wurde verlegen, als er Guckys löffelförmig endenden Schweif gewahrte, der notgedrungen aus der Uniformhose hervorragte.

Brazo wischte sich den Schweiß von der Stirn, als der Kleine davonstolzierte. Stana Nolinow hielt die Hand vor den Mund. Seine hellen Augen schimmerten feucht. Nach einem lautstarken Räuspern fuhr er sich mit dem gekrümmten Zeigefinger über die Lider.

»Aus dem Wege, Zwerg«, schrie Gucky einem riesenhaft gewachsenen Mann der Besatzung zu. Schrill lachend ging er an dem Techniker vorbei, bis der kleine Körper zwischen den aufgestellten Tischen verschwand.

»Junge, Junge!«, seufzte Brazo erschöpft. »War das Wirklichkeit oder habe ich mit offenen Augen geträumt?«

Nolinow lachte unterdrückt.

»Du wirst ihn noch näher kennenlernen. Man sagt von ihm, er könne mit tausend starken Männern fertig werden, ohne dabei eine Waffe zu benutzen.«

»Na, na!«

»Bestimmt, das ist kein Witz«, beteuerte Stana. »Er ist Teleporter, Telekinet und obendrein Telepath. Was denkst du wohl, wie schnell er dich getestet hat? Ich bin davon über ... oh, der Chef kommt. Ruhe!«

Ehe Rhodan die Messe betrat, empfing er Guckys telepathischen Anruf. Der Mausbiber stand zu der Zeit bereits auf der kleinen Empore, die die Messe am oberen Ende begrenzte.

Ich habe ihn mir angesehen, gab er durch. Er hat eine kindische Scheu vor mir, stelle dir das vor!

Bemerkenswert, dachte Rhodan mit seinen nur schwach ausgeprägten Telepathiesinnen. Gucky verstand ihn einwandfrei.

Keine Beleidigungen, bitte, hoher Chef. Er war wirklich von mir beeindruckt.

Ich sagte ja bemerkenswert.

Lassen wir das. Ich habe ihn kurz getestet. Okay, möchte ich sagen. Er ist natürlich unruhig wegen der für ihn neuen Situation. Sonst aber ist er in Ordnung.

Gut, vielen Dank.

Rhodan brach die telepathische Unterhaltung ab. John Marshall, der Chef des Mutantenkorps, hatte mitgehört. Prüfend schaute er zu dem neuen Gunneroffizier hinüber, ehe er leise zu Rhodan sagte: »Er macht einen guten Eindruck. Etwas jungenhaft, Sir.«

»Täuschen Sie sich nur nicht, John. Ich kenne seine Personalakten. An Bord der FORMOSA hat er sich Dinge geleistet, die sogar Bully blass werden ließen. Das will etwas heißen, wie Sie zugeben werden.«

Marshall lachte unterdrückt. Dabei nickte er zu den grüßenden Besatzungsmitgliedern der FANTASY hinüber.

Brazo Alkher drohte vor Ehrfurcht zu vergehen, als Rhodan die Empore betrat und den Schwenkarm des Mikrophons näherherzog.

Das war der Mann, der ihm, Brazo Alkher, das Gepäck abgenommen hatte. Nur trug der Administrator jetzt die Uniform der Flotte. Die Rangabzeichen waren nicht bombastisch, aber klar erkennbar.

»Machen wir es kurz«, klang Rhodans Stimme aus den Lautsprechern. »Ich habe Sie in die große Messe bitten lassen, um Sie über unseren Flug zu informieren. Es handelt sich diesmal um eine Langstreckenerprobung. Das Ziel ist eine große, rote Sonne am Rand des galaktischen Zentrums. Sie besitzt keinen Namen. Die in den Katalogen angegebene Entfernung von 42.180 Lichtjahren dürfte ungenau sein. Mit einem normalen Sprungschiff hätten wir wenigstens zehn Transitionen mit den dazugehörenden Distanzberechnungen auszuführen, wenn wir einigermaßen genau ankommen wollten. Das würde ungefähr eine Woche dauern. Ich beabsichtige, das theoretisch ermittelte Geschwindigkeitsmaximum in die Praxis umzusetzen. Demnach wird die FANTASY mit etwa fünfundzwanzigmillionenfacher Lichtgeschwindigkeit die Halbraumzone durcheilen. Dieser Wert ist als hochgradig relativistisch und bezugsgebunden anzusehen. Erschrecken Sie also nicht über die große Zahl. Entscheidend ist nicht der relative Begriff über eine zu erreichende Fahrtstufe, sondern allein die tatsächliche Zeitspanne, die wir zur Überwindung einer als annähernd genau bekannten Distanz benötigen. Alles andere wird unwesentlich. Linearschiffe eröffnen neue Aspekte in der Hyperraumfahrt. Es gilt demnach, sich mit anderen Begriffen vertraut zu machen.«

Rhodan langte in die Brusttasche und zog einige Papiere hervor. Prüfend schaute er auf die dreihundert Besatzungsmitglieder des Kreuzers hinunter. Er erblickte wache Augen und angespannte Gesichter.

»Der zweite zu klärende Punkt betrifft die Zielgenauigkeit«, fuhr er fort. »Wir werden wie bei den vergangenen Probeflügen in der Lage sein, den Zielstern auf paraoptischer Basis zu sehen. Bei einer fünfundzwanzigmillionenfachen Lichtgeschwindigkeit werden wir bei hoffentlich nicht auftretenden Dilatationserscheinungen etwa 14,5 Stunden benötigen, um die rote Sonne zu erreichen. Der Einsteinsche Zeitverschiebungsfaktor dürfte jedoch nach allen gemachten Erfahrungen nicht wirksam werden, vorausgesetzt, die Totalabschirmung des Kalupfeldes bringt keine anderen Überraschungen mit sich. Wir wissen es nicht genau, aber deshalb wollen wir es ja herausfinden. Feststeht nur, dass die nichtmenschlichen Druuf, von denen wir das Triebwerk übernommen haben, mit unfasslicher Präzision ihre jeweiligen Zielgebiete erreichten. Ferner wissen wir aus den Untersuchungen unserer kosmischen Agenten, dass bei den Langstreckenflügen der Druuf keine bezugsgebundenen Zeitverschiebungen vorgekommen sind. Ich bin der Auffassung, dass wir unsere Eigenzeit mitnehmen und behalten werden, wonach sich eigentlich keine unliebsamen Erscheinungen zeigen dürften.

Wenn jedoch Verzerrungsfaktoren wirksam werden, so sollten wir es auch überstehen können. Das wäre die rein technische Seite des Unternehmens Zielstern. Mr. Alkher ...!«

Brazo fuhr zusammen, als er seinen Namen hörte. Verwirrt bemerkte er, dass sich alle Augen auf ihn richteten.

»Sir?«, sagte er mühevoll.

»Haben Sie sich die Feuerleitzentrale der FANTASY angesehen?«

»Jawohl, Sir.«

»Kommen Sie damit klar?«

»Vollkommen, Sir. Sie unterscheidet sich in keiner Weise von den Stationen anderer Schiffe.«

»Gut, danke sehr. Bereiten Sie sich darauf vor, unter Umständen blitzschnell handeln zu müssen. Die FANTASY ist kein Superschlachtschiff, noch nicht einmal ein vollwertiger Schwerer Kreuzer. Ein Teil der Bewaffnung ist ausgebaut worden, um für andere Maschinen Platz schaffen zu können. Wir sind eine fliegende Kraftstation, nicht mehr. Die wenigen Geschütze müssen notfalls so rasch und so zielgenau eingesetzt werden, dass wir in der Hinsicht keine unangenehmen Überraschungen erleben. Richten Sie sich danach und kümmern Sie sich unter keinen Umständen um andere Dinge.«

»Jawohl, Sir, verstanden.«