Piratenlissy -  - E-Book

Piratenlissy E-Book

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Beschreibung

Eine gewöhnliche Prinzessin ist Lissy nicht: Sie ist weder schön noch reich – dafür aber mutig und gewitzt. Die sieben Piraten, die sie in der Hoffnung auf Lösegeld entführt haben, erleben so ihr blaues Wunder. Ehe sie sich’s versehen, hat Lissy das Kommando auf ihrem Schiff übernommen und geht auf Kaperfahrt. Dass die ganz anders ausgeht, als es sich die Piraten so vorstelle, ist sonnenklar… Seit 1987 permanent in neuen Auflagen veröffentlicht, liegt nun dieses, auch im Schulunterricht oft verwendete, Buch als E-Book vor. Die Erfolgsautorin Ursel Scheffler gelingt es mit dieser ungewöhnlichen Mischung aus Piraten- und Prinzessinnen-Geschichte junge Leserinnen und Leser, ab 8 Jahren, gleichermaßen zu begeistern. Die bekannte Kinderbuchillustratorin Jutta Timm unterstützt mit ihren kecken Zeichnungen die Geschichte wirkungsvoll.

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Inhaltsverzeichnis

Das Piratenschiff

Die Prinzessin

Der Brief

Der Entenbraten

Die Flaschenpost

Der Sturm

Die Kapitänswahl

Die Papageieninsel

Die Kaperfahrt

Die Schatzinsel

Der Überfall

Die Meuterei

Der Mandarinenbaum

Das königlich kukuruzische Ehrenwort

Über die Autorin und die Illustratorin

Impressum

Das Piratenschiff

Im Morgengrauen verließ die Piranja ihr Versteck in der Pfefferbucht. Sie nahm Kurs auf die Küste von Pantalonien.

Seit drei Wochen hatten die sieben Piraten auf diesen Tag gewartet. Sie hatten dafür sogar das alte Segel mit dem roten Totenkopf geflickt.

Hinter einem Riff in der Nähe der Küste ging das Schiff vor Anker. Kapitän Enterbeil kniff sein linkes Auge zu und spähte durch das lange Messingfernrohr auf das Schloss des Königs Kukuruz von Pantalonien. Er beobachtete aufmerksam den königlichen Park und die königlich kukuruzische Badebucht.

Es war nichts Auffälliges zu bemerken.

Zufrieden legte er das Fernglas beiseite, lachte höhnisch und knurrte: „Die ahnen nichts von unserem Plan. Da fress ich einen Hai samt Gräten.“

Als es dunkel wurde, gingen im Schloss die Lichter an.

„Die futtern von silbernen Tellern, und uns knurrt der Magen“, beklagte sich Schmuddel, der Schiffskoch.

„Nicht mehr lange“, antwortete Buddel und trank den vorletzten Schluck aus seiner letzten Flasche.

Kurz vor Mitternacht spuckte der Kapitän auf seinen Zeigefinger, hielt ihn in die Luft und brummte: „Vertäut und zugeteert. Etwas wenig Wind. Aber es müsste reichen.“

Um Mitternacht erloschen im Schloss nach und nach die Lichter: zuerst im Speisesaal, dann in der Küche und in den Gesindezimmern und schließlich auch im königlichen Schlafgemach. Nur im Zimmer der Prinzessin brannte noch Licht.

„Verschrummte Schote!“, brummte der Kapitän ärgerlich.

„Da liegen wir nun stundenlang auf der Lauer, und sie trödelt herum und kommt nicht.“

Er wandte sich an seinen Steuermann und sagte argwöhnisch: „Bist du sicher, Luke, dass dich die königliche Kammerfrau nicht angeschwindelt hat?“

„Mich doch nicht“, sagte Luke, der Steuermann, der sich auf seinen Erfolg bei Damen etwas einbildete. Es war ihm wirklich nicht schwer gefallen, die Kammerfrau der Prinzessin auf dem Marktplatz mit ein paar Komplimenten einzuwickeln und dann über die Gewohnheiten der königlichen Familie auszuhorchen.

„Ihr könnt euch drauf verlassen“, brummte Luke, „in jeder Vollmondnacht um Mitternacht schwimmt die Prinzessin ganz allein zu dieser kleinen Insel. Eine Fee hat ihr angeblich prophezeit, dass sie dort ihr Glück finden wird. Na, Kindermärchen. Aberglaube! So was kennt man ja. Und heute ist Vollmond, oder etwa nicht?“

Tatsächlich hing der runde Mond unübersehbar wie eine große bleiche Zitronenscheibe am Himmel.

„Nun, es ist Vollmond und ob sie ihr Glück finden wird, das wird sich zeigen, hohoho“, lachte Enterbeil dröhnend.

Buddel verdrehte die Augen nach oben und knurrte:

„Vollmond hin, Vollmond her. Was nützt uns das alles, wenn die Prinzessin ausgerechnet heute keine Lust hat schwimmen zu gehen?“

Missmutig nahm er den allerletzten Schluck aus seiner Flasche, die genauso bauchig war wie er. Dann rülpste er, dass das Schiff bebte.

Schmuddel, der Schiffskoch, spuckte eine Ladung Kautabak an Lukes Ohr vorbei.

„Verflixtes pfriemendes Ferkel“, fuhr ihn der Steuermann unwirsch an.

Sofort wies ihn Käpt’n Enterbeil energisch zurecht:

„Verschrammt und zugedreht! Hier an Bord flucht nur einer: der Kapitän. Und das bin ich. Ist das klar?“

In diesem Punkt verstand Enterbeil keinen Spaß.

„Tschuldigung“, murmelte Luke zerknirscht. „Aber ist es ein Wunder, wenn man die Beherrschung verliert? Die Warterei geht mir auf die Nerven.“

Buddel und Schmuddel sahen sich grinsend an. Und Buddel sagte: „Bestimmt kommt sie gleich, die wunderschöne Prinzessin.“

„Die wunderschöne und steinreiche Prinzessin“, verbesserte ihn Schmuddel.

„Meist sind Mädchen reich oder hübsch“, warf Bohnenstängel ein. Er war der Längste von allen und dabei dürr wie ein Fädchen. Seit ihm seine Elsa mit einem Leierkastenmann durchgebrannt war, war er auf Mädchen nicht besonders gut zu sprechen.

„Alle Prinzessinnen sind reich und hübsch“, behauptete Luke. „Das weiß doch jedes Kind.“

Jetzt hörte man ein Poltern auf der Treppe. „Da kommt Hölzenbein“, sagte Schmuddel. „Der möchte auch einmal eine hübsche Prinzessin sehen.“

„Na, hast du ausgeschnarcht?“, erkundigte sich Buddel und klopfte Hölzenbein auf die Schulterklappen der zerfetzten blauen Uniformjacke.

„Wenn man das Ausschlafen nennen kann, bei dem Krach, den ihr hier macht“, beklagte sich der Mann mit dem Holzbein und kramte in den Taschen seiner viel zu weiten Hose nach einer Pfeife.

Er war einst auf einem Kriegsschiff gefahren und hatte im Gefecht mit einem Spanier sein linkes Bein verloren.

Seitdem trug er ein Holzbein, das aus dem Mast seines alten Piratenschiffes geschnitzt war.

Nervös ging Enterbeil auf dem Deck auf und ab.

Wenn die Prinzessin nicht kam, dann war auch dieser Plan zum Scheitern bestimmt. So wie der Plan vorher und der davor.

Fast schon wollte Enterbeil die Hoffnung aufgeben, da rief plötzlich Jonas, der Schiffsjunge: „Hurra! Sie kommt!“

Er saß oben im Mastkorb und hatte die ganze Zeit den Strand nicht aus den Augen gelassen.

Hastig griff Enterbeil wieder nach seinem Fernglas.

„Das haut mich glatt vom Seepferd“, rief er erleichtert.

„Da kommt sie ja tatsächlich!“

Eine schmale Mädchengestalt war aus der Hinterpforte des Parks geschlüpft und lief jetzt mit flinken Schritten ans Meer.

„Lichtet den Anker! Setzt die Segel!“, rief Kapitän Enterbeil mit halblauter Stimme. „Verplatscht und zugespritzt! Beeilt euch!“

Kurz darauf glitt das Piratenschiff, getrieben von einer leichten Brise, fast geräuschlos über die Meeresfläche. Aufmerksam beobachtete Jonas vom Mastkorb aus, wie sich die Mädchengestalt am Strand vor dem Palastgarten ins Wasser gleiten ließ. Mit kräftigen Zügen schwamm sie auf die kleine Insel zu, die in der Mitte der weiten Badebucht lag: Genau, wie es die Kammerfrau vorhergesagt hatte.

„Hab ich’s nicht gewusst?“, jubelte der eitle Luke.

„Potz Krabbenschlund. Halt die Muschel“, zischte Kapitän Enterbeil. „Alles hört auf mein Kommando. Jeder an seinen Platz. Haltet euch bereit.“

Aufmerksam beobachtete der Kapitän durch sein Messingfernrohr die Wasseroberfläche auf der anderen Seite der Klippe.

„Verschrummte Schote! Jetzt kommt sie vom Kurs ab“, fluchte er.

Erleichtert atmete Kapitän Enterbeil auf, als die Prinzessin ihren Irrtum bemerkte und wieder geradewegs auf die Insel zuschwamm.

„Seid ihr bereit, Männer?“, rief der Kapitän halblaut.

„Klar zum Fischfang“, antworteten Buddel und Schmuddel kichernd. Sie standen an der rechten und linken Seilwinde. Mit einer Hand hielten sie die Kurbel der Winde, mit der anderen hielten sie sich an der Reling fest.

„Hurra! Jetzt ist sie an der Boje!“, meldete Jonas aus dem Mastkorb.

„Holt das Netz ein“, befahl der Kapitän. Die Winden quietschten, als Buddel und Schmuddel die Kurbeln drehten so schnell sie konnten.

„Ihr hättet die Dinger ölen sollen, verflutscht nochmal“, fluchte der Kapitän.

Doch trotzdem verlief alles nach Plan. Draußen bei der Boje zog sich das Schleppnetz der Piranja, das an den Tauenden befestigt war, unaufhaltsam zusammen…

„Wenn das nicht ein Fang wird, von dem die ganze Welt spricht, dann soll mich ein Hai in den Hintern beißen“, brummte der Kapitän und rieb sich zufrieden die wettergegerbten Hände.

Die Prinzessin

Gespannt starrten alle über Bord, wo sich mit einer riesigen Welle das Fangnetz der Schiffswand näherte.

„Wir haben sie! Wir haben sie!“, jubelten Schmuddel, Buddel, Hölzenbein und Bohnenstängel. „So helft uns doch, sie an Bord zu ziehen!“

„Wir haben sie wirklich“, rief Jonas und kletterte mit flinken Bewegungen vom Mast. Was da im Fangnetz zappelte und quietschte, schien tatsächlich die Prinzessin zu sein. Eine echte Prinzessin! Das wollte er sich nicht entgehen lassen.

„Holt über! Verpanscht nochmal!“, rief der Kapitän aufgeregt.

Und dann zogen sie und zogen, bis endlich das Netz an Bord lag. Es war grün und glitschig von Algen und Tang, und es enthielt einen Schellfisch, einen Seestern, viele Muscheln und eine grün verschmierte Prinzessin.

Buddel und Schmuddel befreiten sie aus ihren feuchten Fesseln so rasch es ging. Der schöne Luke riss entsetzt die Augen auf, als er die Prinzessin sah, und stöhnte: „Mein Gott, ist die hässlich!“

Da holte die Prinzessin aus und haute ihm eine herunter.

Eine Ohrfeige von einem Mädchen? Das war dem schönen Luke noch nie passiert. Er taumelte und fiel auf sein Hinterteil.

Die Prinzessin aber sagte hoheitsvoll: „Wenn das mein Vater erfährt, dann lässt er euch köpfen.“

„Wenn das dein Vater erfährt, dann wird er erst mal zahlen, hoho“, rief Buddel. „Sonst kriegt er dich nie wieder.“

„Was, wo bin ich denn hier hingeraten?“, erkundigte sich die Prinzessin neugierig.

„Wir sind Pi-ra-ten“, sagte der Kapitän langsam, mit unheilvoller Stimme. Und damit kein Missverständnis aufkommen konnte, wiederholte er es noch einmal drohender: „Gefährliche Piraten!“

„Piraten?“, fragte die Prinzessin und riss erstaunt die Augen auf. „Richtige Piraten?“

„Jawohl, waschechte mordskaratsgefährliche Piraten“, bestätigte der Kapitän und strich sich wohlgefällig über seinen schwarzen Bart. „Richtige Piraten!“

„Oh“, sagte die Prinzessin, und es klang ein klein wenig erschrocken.

Dann aber fasste sie sich rasch und sagte: „Richtige Piraten wollte ich schon immer mal kennen lernen. Ich habe schon viele Piratengeschichten gelesen. Aber gesehen hab ich Leute wie euch noch nie.“