Planlos zwischen Pandemie und Plauze - Leif Lasse Andersson - E-Book
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Planlos zwischen Pandemie und Plauze E-Book

Leif Lasse Andersson

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  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Die Haare dünner, die Hüften voller. Die letzte Frau, die ernsthaft mit ihm geflirtet hat, ist seine eigene und zieht bloß noch die Augenbraue hoch, wenn er über männliche Wehwehchen klagt. Geplagt von Pandemie, Plauze & Prostata berichtet der Autor voller Selbstironie und hinreißendem Wortwitz über das Leben jenseits der 50. Die wunderbare Erkenntnis: Die Welt ist auch dann noch schön, wenn man seine Zehenspitzen nicht mehr sehen kann. Leif Lasse Andersson schreibt in seiner BILD-Kolumne »Die unrasierte Wahrheit« für ein Millionen-Publikum und hat unter Leserinnen und Lesern der größten deutschen Tageszeitung eine treue Fan-Gemeinde.

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Seitenzahl: 186

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LEIF LASSEA NDERSSON

PLANLOSZWISCHEN PANDEMIE UND PLAUZE

LEIF LASSEA NDERSSON

PLANLOSZWISCHEN PANDEMIE UND PLAUZE

WARUM ES TROTZDEM COOL IST, EIN Ü50-MANN ZU SEIN

riva

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

1. Auflage 2021

© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abdruck der Ü50-Kolumnen »Die unrasierte Wahrheit« mit freundlicher Genehmigung von

Redaktion: Caroline Kazianka

Umschlaggestaltung: Anna Koljaiczek

Umschlagabbildung: Shutterstock.com/Yana_P, corkmaxim

Satz: Carsten Klein, Torgau

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN Print 978-3-7423-1564-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1485-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1486-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Als ich den Praktikanten mit der Kaffeedose verfehlte

Ein Date mit der Personalabteilung

Als Gott mir sagte: Du brauchst einen Hund

Haben Sie schon mal über Hodenlifting nachgedacht?

Warum ich meinen Sohn nie wieder beim Mau-Mau gewinnen lasse

Cowboystiefel machen nämlich schlank

Punk ist nicht tot, Punk muss jetzt bloß nachts dreimal Pipi

Das ist doch hoffentlich nicht mein Ladekabel, das der Hund dort zerkaut?

Reden wir doch mal über keinen Sex

Warum wir Männer den Valentinstag fürchten

Aus, Klaus! Mach Sitz, Fritz!

Warum jeder Mann eine Menstruations-App auf dem Handy haben sollte

Dieses Kapitel können Sie echt vergessen

Dieses Mannsein ist ein ewiger Kampf

Ich hole mal eben die Penispumpe

Warum ich von E-Bikes Kopfweh bekomme

Testosteron, Sie wissen schon!

Winterspeck? Auf den Grill damit!

Warum wir ein Museum für Steinzeitsätze brauchen

Wieso verschicken Männer Penisfotos?

Altersstarrsinn? ICH! DOCH! NICHT!

Swingerklub ist auch Beschiss! Die spielen da gar keinen Jazz

Wie eine App meinen Ruf als Musikpapst ramponierte

Gebrauchter Füller zu verkaufen

Warum ich eine Frau mit Hohlkreuz brauche

Wie PowerPoint bei tropfenden Abflüssen hilft

Wie unsere Küchenpalme in die Wechseljahre kam

Jetzt ist sogar Woodstock schon Ü50!

Schnarchen? Aber ich doch nicht!

Intervallfasten ist, wenn der Hund Sie hasst!

Warum ich mich nicht mehr mit der Frau streite

Wie kam der Treppenlift in Omas Handy?

Warum unsere Katze nichts vom Gendern hält

Wie ich mal knallhart mit dem Schmusekissen auszog

Warum ich »Sitz« mache, wenn der Hund komisch guckt

Als ich in der Büchse der Pandora ein Ladekabel fand

Woran Männer beim Quelle-Katalog wirklich denken

Warum Handschuhfächer in Autos so wichtig sind

Denken Sie bitte ans Rettungsgassi

Mein Urlaubs-Work-out heißt Pommes, Plauze, Po

IBAN, die Schreckliche, und mein Kampf mit der Lesebrille

Weshalb ich zu Halloween Kondome an junge Väter verschenke

Rilke, war das nicht der Typ mit dem Laubbläser?

Herbstblues? Da hilft eigentlich nur Sex

Wie mein WG-Kumpel mich zu seiner nörgelnden Frau machte

Warum auch Hardrocker manchmal Lammfell tragen

Wenn das WLAN ausfällt, ist die Frau eigentlich ganz nett

Natürlich will ich ein Grab mit Touchscreen haben

Sex? Das möge Gott verhüten!

Warum ich der Frau dauernd Rosen schenke

Senile Bettflucht? Ich bin bloß der, der im Bett flucht

Warum ich dringend neue Freunde brauche

Wie ich mit Fake News jeden Ehekrach gewinne

Kann ein Schmetterling auf dem Penis beim Flirten helfen?

So lassen sich Computerprobleme mit einem Schnitzel lösen

Alt ist, wenn du vom Niesen Hexenschuss bekommst

Warum Onlinedating so aussichtslos wie Regenwaldretten ist

Fünf wichtige Tipps für Ihr erstes Date

Tempolimit? Hinter mir fährt eh keiner schneller als 80

Warum ist der böse Blick so schick?

Wie altert man in Würde, wenn das Kind auf dem Rücken »Hühaaa!« schreit?

Berlin ist, wo man mit Licht am Bike als Loser gilt

Warum manche Schwäne schwarze Schwänze haben

Seniorenrabatt? Aber doch bitte nicht für mich!

YouTuben wir uns ins Glück zurück

Dürfen Männer Deko kaufen?

Unser Weihnachtsbaum ist natürlich aus Bodenhaltung

Wenn der Paketmann neunmal klingelt

Liefern die Heiligen Drei Könige eigentlich auch Ladekabel?

Gute Vorsätze, schlechte Zeiten

Wie mich Franz Beckenbauer zum »Dschungelcamp« bekehrte

Niesen wie ein Taliban

Wie es im Hause Andersson zu Hamsterkäufen kam

Wo ein hustendes Handy von Nutzen ist

Macht Corona außerdem noch fett?

»Bleiben Sie gesund!« – Wie drei Worte das Land eroberten

Was machen wir jetzt mit dem ganzen Toilettenpapier?

Darf man eigentlich Corona-Witze machen?

Von der Lockerung des literarischen Lockdowns

Kein Date mit dem Corona-Virus

Warum schwitzen Männer wie die Schweine?

Warum Sie niemals Ihren Hals föhnen sollten

Alle bekloppt geworden, oder was?

Erste Kohorte mit Mundschutz marsch!

Warum Männer stets das größte Zipperlein haben müssen

Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen

Warum auch ich jetzt eine Übergangsjacke habe

Darf man den Sohn verklagen, wenn er einen zum Opa macht?

Wer jetzt trinkt, braucht als Rentner keine Flaschen sammeln!

Ein Blowjob für 25 Cent

Advent, Advent, die Rute brennt

Wenn es gut läuft, noch zehn schöne Sommer?

Danksagung

Als ich den Praktikanten mit der Kaffeedose verfehlte

Neulich habe ich Passbilder machen lassen.

Ich sehe alt darauf aus.

Und faltig.

Und fett.

Was für ein elender Pfuscher dieser Fotograf doch ist! Ich habe ihm natürlich eine ganz miese Rezension auf Facebook geschrieben.

Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wann hatten SIE zum ersten Mal den Verdacht, dass sich diese drei verhängnisvollen Buchstaben A, L und T hinterrücks in ihr Leben schleichen?

Bei mir war es gestern. Ein Dienstag. Kein richtig schlimmer Tag, kein richtig toller Tag. Ich schlenderte nach der Morgenkonferenz in die Kaffeeküche, wo ich auf den neuen Praktikanten traf. Einer von diesen jungen Männern mit langem Bart und zu kurzen Hosen, die wir hier in Berlin Hipster nennen. Er war zuletzt bei einem Musikmagazin. Ich mag Musikmagazine. Wir gerieten ins Plaudern. Bis der Bengel sagte, Coldplay wäre ja mehr was für ältere Leute.

Ich fragte: »WAS?«

Er zuckte mit den Schultern. »Na ja, meine Eltern. Oder Sie. Also ältere Leute eben.«

Er ist dann weggelaufen, als ich mit der Kaffeedose nach ihm warf.

Eines muss man dem Prakti lassen: Wendig war er, dieser Rotzlöffel! Erst duckte er sich weg, und als ich mit drohend erhobenem Kaffeepulverlöffel nachsetzen wollte, huschte er einfach aus der Küche, während sich in meiner Schulter ein stechender Schmerz bemerkbar machte.

Es entwickelte sich folgender Dialog zwischen meinem rechten Schultereckgelenk und mir.

Schulter: »Lass es. Und nimm eine Ibu!«

Ich: »Aber dieser Mistkerl …«

Schulter: »Den holst du nicht mal ein, wenn du ein Taxi nimmst.«

Ich: »Hallo? Ich war 1974 Jugendmeister mit der 4x50-Meter-Staffel!«

Schulter: »Ich war dabei! Du warst bloß Reserveläufer. Und, es tut mir leid, das erwähnen zu müssen: Willy Brandt war noch Bundeskanzler.«

Ich: »Ach, halt doch die Fresse!«

Schulter: »Na komm, mach uns einen Kaffee, nimm die verdammte Ibu und lass uns zum Arzt gehen. Oder zu der blonden Physiotherapeutin. Du weißt schon, die immer so lieb lächelt.«

Doch, doch! So fängt es an. Seit einiger Zeit führe ich vermehrt Selbstgespräche. Oder ich spreche die Texte beim Schreiben mit – gerade für die jüngeren Kollegen eine irritierende Angewohnheit.

Stellen Sie sich also kurz vor, wie ich an meinem durchschnittlich unaufgeräumten Schreibtisch in einem durchschnittlich besetzten Großraumbüro sitze, die Fernbrille auf den Kopf geschoben habe, ein Stockwerk tiefer die Lesebrille auf der Nasenspitze balanciere und nachdenklich am erkalteten Kaffee nippe. Während ich anfange, vor mich hinzutippen, murmele ich: »Doch, doch! Seit einiger Zeit führe ich vermehrt Selbstgespräche.«

Aber kommen wir zurück zu meinem Schulterschmerz.

Nach Feierabend ging ich zu Elena, der Physiotherapeutin. 32 Jahre alt, überaus blond, sehr freundlich, und sie erkundigte sich teilnahmsvoll nach dem Hergang der Verletzung.

Ich war ein wenig kurzatmig, weil ich versuchte, während des Gespräches den Bauch einzuziehen, denn ich fand Elena wirklich attraktiv.

Und ich war verlegen. Die Sache mit der Kaffeedose erschien mir im Nachhinein peinlich, deshalb sagte ich entschlossen: »Fitnessstudio«, und machte eine Pause, wie Gewichtheber sie einlegen, bevor sie 200 Kilogramm in die Hochstrecke wuchten. »Vielleicht habe ich ein paar Kilo zu viel aufgelegt.«

Ich entliebte mich, noch während Elena meine Schulter betastete. »Gewichte stemmen kann sehr gefährlich sein, wenn man nicht mehr ganz jung ist«, meinte sie. »Warum versuchen Sie es nicht mit altersgerechter Bewegung? Schwimmen oder Nordic Walking, das macht mein Vater auch.«

Auf der Fahrt nach Hause – ich konnte mich im Bus wegen des Arms nicht gut festhalten – bot mir eine junge Frau ihren Sitzplatz an, und ich dachte: »Ey, jetzt reicht’s aber wirklich!«

Also beschloss ich, dass diese Diskriminierung von uns allerhöchstens mittelalten Männern ein Ende haben muss!

Ich würde Kolumnen schreiben und später sogar ein Buch.

Ein Buch für Ü50-Männer!

Ich nahm mir vor, all meinen gepeinigten Altersgenossen Trost zu spenden und allen Frauen zu sagen, dass sie viel häufiger mit uns schlafen sollen.

Ich würde dieser jung und verrückt gewordenen Welt entgegentreten und ihr zurufen: »Hört mal, wir Ü50er, wir sind gar nicht alt! Wir sind allerhöchstens in einem schwierigen Alter!«

Zu Hause angekommen skizzierte ich das Grundkonzept. Wie wäre es für den Anfang mit einer Gute-Laune-Liste, auf der ich gewissenhaft alle Vorteile notiere, die so ein Ü50-Leben mit sich bringt?

Ich schnappte mir einen Block, dann schrieb ich:

Sachen, die Ü50 echt super sind!

Ich dachte eine Weile nach, aber mir fiel spontan nichts ein, also nahm ich einen Marker und kennzeichnete den Satz energisch mit Hellblau.

Im Radio lief leise »With A Little Help From My Friends«. Nicht die Beatles, sondern Joe Cocker, eine ältere Version, möglicherweise sogar August 69 in Woodstock. Ich lächelte versonnen. Dann schrieb ich:

Sachen, die Ü50 echt super sind!

1. Die Oldieprogramme im Radio werden besser.

2. …

3. …

So leuchtend hellblau gemarkert sah diese Auflistung ein bisschen dünn aus. Aber da würde schon noch etwas mehr kommen.

Ich könnte meine Leser aufrufen, mit mir gemeinsam über das Leben nachzudenken. Zusammen würden wir Antworten finden: Warum sind wir Ü50-Kerle immer noch die Helden des Alltags? Trotz renitenter Kinder, trotz Chefs, die immer jünger werden, trotz Frauen, die keinen Sex mehr wollen, und trotz Rentenprognosen, die zunehmend dürftiger ausfallen?

Glauben Sie mir. Wir Ü50-Männer müssen jetzt zusammenhalten. Die Frauen tun es ja auch!

Ein Date mit der Personalabteilung

Mittwoch ist normalerweise ein guter Tag. Die meisten jungen Leute haben die Nachwirkungen des Berliner Partywochenendes überwunden und arbeiten gelegentlich sogar am Erscheinen der nächsten Ausgabe mit. Die Älteren werden von der Erwartung des nahenden Freitags milde gestimmt. Und in der Kantine gibt es Milchreis.

Doch dieser Mittwoch fing nicht gut an.

Ich hatte bis 1 Uhr morgens an meinem Ü50-Konzept gesessen, danach mehrere Schmerztabletten mit Rotwein hinuntergespült, und als ich nach drei Stunden endlich eingeschlafen war, trieb mich die Blase wieder hoch. Nach meinem ächzenden Ausflug ins Badezimmer konnte ich wieder nicht einschlafen, also warf ich noch eine Tablette ein, obwohl es draußen bereits dämmerte.

In der Folge fühlte ich mich am Morgen ein wenig matt. In der Redaktionskonferenz sackte mir das Kinn auf die Brust und ich hörte mich leise schnarchen. Als ich hochschreckte, waren alle Augen auf mich gerichtet.

Der Praktikant hatte sich krankgemeldet.

In meinem Outlook-Kalender fand sich für 15 Uhr ein Gesprächstermin mit der Geschäftsleitung. Wahrscheinlich hatte ich den Etat für Druckerpatronen überzogen. Ich überziehe dauernd irgendwelche Etats, schreibe der Buchhaltung lange Mails, dass ich ein verdammter Redakteur bin und kein Erbsenzähler, und biete ihnen an, mich wegen der 27 Papierblätter abzumahnen, die wir letzten Monat nicht doppelseitig bedruckt haben.

Was mich an diesem Outlook-Termin irritierte, war, dass auch die Personalabteilung anwesend sein würde. Was gehen die meine Druckerpatronen an?

Einige Stunden später saß ich niemand Geringerem als dem Personalchef gegenüber. »LeiLa«, sagte dieser, nachdem wir zwei Minuten über Kindererziehung und steigende Immobilienpreise geredet hatten, »es entspricht nicht den Gepflogenheiten dieses Hauses, mit Kaffeedosen auf Praktikanten zu werfen.«

LeiLa, so viel Zeit muss auch in dieser Erzählung sein, ist eine Verballhornung meiner beiden Vornamen Leif und Lasse und wird eigentlich nur von Menschen verwendet, mit denen ich a) zur Schule gegangen bin oder die b) nach einer Flasche Rotwein mit mir schlafen würden oder die c) unangenehme Nachrichten sanft verpacken wollen.

»Der Praktikant?«, fragte ich. »Hat er sich beschwert, der Lümmel?«

»Beim Betriebsrat«, sagte der Personalchef.

»Die Kaffeedose war fast leer«, erwiderte ich ausweichend. »Und ich habe natürlich nicht direkt auf ihn geworfen. Ich habe maximal einen 3-Punkte-Wurf zum Papierkorb angedeutet, und der Doofmann ist da reingelaufen.«

»Ist ja nicht das erste Mal, dass dir die Nerven durchgehen!«, seufzte der Personalchef betrübt. »Wollen wir die Vorfälle echt alle noch mal durchgehen, LeiLa?«

Ich lehnte mich zurück und grub in meinen Erinnerungen.

Da war der Firmen-Laptop, welchen ich samt Tasche per Vollspann durch die Redaktion geschossen hatte, weil ich meiner dezenten Verstimmung Ausdruck verleihen wollte, dass ausgerechnet meine Leute schon wieder den Andruck vermasseln würden. Eine jüngere Mitarbeiterin reagierte verschreckt, als das Ding auf ihrem Schreibtisch landete, aber die hat natürlich keine Ahnung, in was für einem Paradies sie in Wirklichkeit lebt. Mich hat mein erster Chef damals noch mit einer 20 Kilo schweren Schreibmaschine von Adler beworfen.

Auch ein Meeting mit den Marketingleuten schlug vor einigen Monaten Wellen, obwohl ich die Anwesenden lediglich gefragt hatte, ob sie nicht lieber für ihr Abi lernen sollten, anstatt mir hier die Zeit zu stehlen.

Schließlich war da noch jene Kollegin aus der Chefredaktion, die ich »dusselige Kuh« genannt hatte, weil ihr die Genialität meines Schlagzeilenvorschlages nicht einleuchten wollte, weshalb ich mich später in aller Form entschuldigen musste. Als ob nicht Ekel Alfred Tetzlaff diese maximal etwas saloppe Formulierung schon in den 60er-Jahren salonfähig gemacht hätte.

Insgesamt könnten in all diesem Verdruss aber auch meine Haare eine Rolle spielen, die ich seit einiger Zeit in künstlerischen Strähnen durch die Redaktion wehen ließ. Oder die Angewohnheit, mich nur noch dann zu rasieren, wenn ich morgens mit guter Laune aufwachte, was, wenn wir mal ganz ehrlich sein wollen, eher die Ausnahme geworden war.

Außerdem, und hier kommen wir möglicherweise zum Kern der ganzen Angelegenheit: Irgendwann zwischen neulich und heute Vormittag war ich alt geworden!

Um mich herum sind die großartigen Kollegen meiner Generation nach und nach ausgestorben. Ein paar sind Pressesprecher geworden, andere haben PR-Agenturen gegründet,

die meisten sind in Rente gegangen. Übrig geblieben sind bloß noch eine Handvoll Veteranen, die sich vom Jungvolk belächelt ächzend in Richtung Ruhestand kämpfen.

So wie ich.

Überhaupt, dieses Jungvolk! Kaum 35 oder 40 Jahre alt und trotzdem von der verwegenen Meinung beseelt, dass es schon als erwachsen anzusehen ist.

Ich betrachte diese Menschen voller Argwohn. Was wissen denn die von den großen Schlachten, die wir vor 20 Jahren geschlagen haben, von unserem reichen Erfahrungsschatz und unserem untrüglichen Gespür für den Leser und das Leben?

In Konferenzen mit dem Jungvolk bin ich mürrisch, übellaunig, besserwisserisch und unerträglich geworden. Wie Waldorf, bloß ohne Statler und leider auch sonst ohne den Witz der Muppet Show.

Ich bin jetzt Ende 50, sogar zu langsam, um einen lausigen Praktikanten mit der Kaffeedose zu treffen, und der Zenit meiner Karriere überrundet mich im täglichen Marathonlauf inzwischen mühelos.

»Was soll das hier werden?«, fragte ich.

»So viele Jahre hast du doch gar nicht mehr«, sagte der Personalchef milde. »Was würdest du denn gerne machen, wenn du etwas anderes machen könntest?«

Ich schloss die Augen. So war das also, wenn der Karrengaul zum Abdecker kam. Aber dann fing mein Verstand an, wild zu rotieren.

»Ich könnte Kolumnen für Ü50-Männer schreiben«, schlug ich vor.

Als kein Protest kam, formulierte ich weiter. »Mal ganz im Ernst. Leser über 50. Golden Generation. Babyboomer kurz vorm Abflug in die Rente. Seht mich an: Die sind alle mit mir zur Schule gegangen. Wer soll sich sonst um die kümmern?«

Nach kurzem, intensivem Brüten schob ich eine noch verwegenere Idee hinterher: »Aber ich will im Homeoffice arbeiten, dann nerve ich hier keinen. Und wer mich vor 11 Uhr vormittags anruft, den darf ich anschreien, das hätte ich gerne schriftlich.«

»Da ließe sich vielleicht drüber reden«, sagte der Personalchef.

In der Tür drehte er sich noch mal um. »Du siehst müde aus, LeiLa. Mach doch erst mal Urlaub.«

Als Gott mir sagte: Du brauchst einen Hund

Da läuft man im Sonnenschein über den perfekten Strand, das Wasser glitzert und die Wellen rollen majestätisch bis zu den nackten Füßen, nur über einen selbst brechen düstere Gedanken herein.

Ist aber auch komisch, dieses Leben jenseits der 50.

Die großen Kinder sind aus dem Haus. Die Jüngste fängt an, sich mehr für Jungs aus ihrer Klasse zu interessieren als für Papa. Die Rentenprognose verkündet, dass die echten Herausforderungen dieses Lebens im Schlussdrittel erst noch kommen werden. Und die letzte Frau, die ernsthaft mit mir geflirtet hat, ist seit ziemlich langer Zeit die eigene und zieht die rechte Augenbraue hoch, wenn ich ihr auf die Nerven gehe.

Neuerdings gehe ich ihr ziemlich viel auf die Nerven.

Homeoffice ist gar nicht so einfach. Mir fehlt die tägliche Routine. Mir fehlen die Kollegen, also beileibe nicht alle, aber ein paar jedenfalls. Mir fehlen die Konferenzen, das spielerische Geplänkel um die beste Schlagzeile und auch das Gefühl, irgendwie noch ein bisschen wichtig zu sein.

Und mir fehlt jede Form von Weisungsbefugnis gegenüber der Frau, die mir kommentarlos Einkaufslisten auf den Schreibtisch legt, verlangt, dass ich ihr Auto in die Werkstatt fahre, den Rasen mähe, schmutzige Kaffeebecher in den Geschirrspüler stapele und meinen Laptop nicht auf dem Frühstückstisch stehen lasse. Dass ich zu arbeiten habe, ist ihr völlig schnuppe.

Seit Jahren haben wir uns eigentlich nur am Wochenende gesehen. Jetzt bin ich zu Hause, wenn sie mittags von der Arbeit kommt, stehe im Weg herum oder bin genervt, weil sie die Tür zum Arbeitszimmer ausgerechnet dann aufreißt, wenn ich gerade einen wirklich brillanten Satz formuliere, bloß weil sie wissen will, ob ich noch schnell zu Edeka fahren kann, denn die Kaffeesahne ist alle.

Ich habe gar nicht gewusst, wie anstrengend so eine 24/7-Beziehung sein kann.

Deshalb habe ich die Frau auch zu Hause gelassen, als ich nach Südafrika in den Urlaub geflogen bin, um meine ersten Kolumnen zu entwerfen.

»Was also ist der Sinn eines Ü50-Lebens?«, fragte ich die Wellen des Südatlantiks, die unbeeindruckt von meiner Laune an den Strand von Kapstadt rollten. »Und wie lange dauert so was eigentlich?«

Machen wir uns nichts vor: 30 Jahre Kippen, Karriere und Kohlehydrate sind kein Kindergeburtstag, und irgendwann werden Arthrose, Übergewicht, Altersdiabetes, Bluthochdruck, Prostatavergrößerungen und andere Bosheiten des späten Lebens schon dafür sorgen, dass auch im Endspurt kein überflüssiger Spaß aufkommt.

Mitten in diese Gedanken baute sich ein nasser Hund vor mir auf, ließ einen Tennisball vor meinen Füßen fallen und blickte mich erwartungsvoll an.

Ich liebe Hunde.

Als ich ein Kind war, hatten wir drei. Mit zunehmendem Alter wuchs meine Sehnsucht, wieder so einen Kameraden zu haben, der die Schnauze auf mein Knie legt, in dessen Mähne ich meine Sorgen wegkraulen kann und der mich bellend dazu bringt, den Arsch hochzukriegen und an die frische Luft zu gehen, wenn ich eh nur trübsinnig auf die Tastatur gucke, weil mir der nächste Satz nicht einfällt.

»Wo kommst du denn her, alter Knabe?«, fragte ich den Hund und sah mich nach seinem Besitzer um.

Doch weder Herrchen noch Frauchen waren in Sicht, also nahm ich den Ball und warf ihn in die Wellen.

Ich nehme an, er war ein Labrador-Mischling, denn er sprang behände über die Brandung, schnappte sich die Filzkugel und surfte gekonnt an den Strand zurück.

»Das macht ja Laune«, dachte ich und warf den Ball, bis mein Arm erlahmte, dann setzte ich mich in den Sand und kraulte meinen neuen Freund.

Er ließ sich das gefallen, drehte den Kopf zu mir und sagte: »Du brauchst einen Hund!«

Okay, vielleicht hätte ich das erwähnen sollen. In der Kapstadt-Region herrschte Hochsommer, ich trug schon den ganzen Tag keinen Sonnenhut, und südafrikanische Hunde sprechen natürlich kein Deutsch, jedenfalls nicht fließend. Ich dachte kurz nach, dann fragte ich: »Das warst gar nicht du, der das gesagt hat, oder?«

Der Hund sah mich mit klugen Augen an, schüttelte sich und trottete in Richtung Dünen, wo ein hagerer Einheimischer auf ihn wartete.

Ich nahm mein Handy und schrieb der Frau eine WhatsApp: »Gott sagt, ich brauche einen Hund, schaust du mal bei eBay?«

Knapp drei Wochen nach dieser mysteriösen Begegnung sitze ich wieder in Deutschland, neben mir schnarcht ein Hundefräulein, das Tierschützer aus Rumänien gerettet haben. Über die junge Dame wird in der Folgezeit noch einiges zu reden sein. Über mich wahrscheinlich auch.

Ich fühle mich jünger, seit ich einen Hund habe. Aufgekratzter. Lebendiger. Ein bisschen so wie vor 28 Jahren, als meine große Tochter zur Welt kam. Aber vielleicht liegt das auch nur am Schlafentzug. Auch mein Hundemädchen weckt mich nämlich nachts alle drei Stunden.

Sachen, die Ü50 echt super sind!

1. Die Oldieprogramme im Radio werden besser.

2. Wer einen Hund will, holt sich einen.

Haben Sie schon mal über Hodenlifting nachgedacht?

»Die Ohrenhaare auch schneiden?«

Ich zucke zusammen und frage: »Was?«

Mein Friseur Karl zupft zum Beweis an einem, was ein befremdliches Ziepen tief in meinem Kopf verursacht. Dann steckt er mir etwas ins Ohr, das wie ein Sexspielzeug aussieht und leise brummt.

Ist ja nicht so, dass einen in unserem Alter bloß die Kollegen ärgern. Oder die Frau. Oder die Ärzte. Es ist wirklich demütigend, was vor allem der eigene Körper alles anstellt, um einen maximal mittelalten, in der Blüte seines Lebens stehenden Ü50-Mann der Lächerlichkeit preiszugeben.

Haare, die nicht mehr auf dem Kopf, sondern aus Ohren, Nasen und auf dem Rücken sprießen.Bärte, die in Grau nicht mehr lässig, sondern wie unrasierter Opi aussehen.Füße, die immer größer und breiter werden. Doch, doch! Meine Schuhgröße hat in den letzten fünf Jahren um zwei Nummern zugenommen! Glauben Sie nicht? Versuchen Sie doch mal, das Paar anzuziehen, welches seit 15 Jahren ganz hinten im Schrank steht. Ja genau, die schicken italienischen in 44, die Sie zur dritten Hochzeit ihres zweitbesten Freundes anhatten, da kriegen Sie nicht mal mehr die Zehen rein!Und sogar die Ohren wachsen! Habe ich irgendwann beim Rasieren bemerkt. Der Leberfleck über dem rechten Kiefergelenk, der knapp 50 Jahre exakt neben meiner Ohrläppchen-Unterkante logierte, wohnt jetzt ein Stockwerk höher. Mein Hausarzt, den ich diesbezüglich konsultierte, wusste wenig Beruhigendes zu erzählen: Da Hörmuscheln hauptsächlich aus Knorpelzellen bestehen, die sich auch im Alter noch freudig teilen, wachsen sie einfach immer weiter. Bis – »Töröööö!« – die Ohren hängen wie bei Dumbo, dem Elefanten.

Apropos hängen.