Play for Love - K. Bromberg - E-Book
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K. Bromberg

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Beschreibung

Die neue Reihe von New-York-Times-Bestseller-Autorin K. Bromberg!


Easton Wylder ist attraktiv, erfolgreich und der beste Spieler der MLB. Baseball ist seine Leidenschaft, sein Leben. Doch dann droht eine Verletzung seine Karriere vorzeitig zu beenden, und er beauftragt einen renommierten Physiotherapeuten, um ihn zu behandeln. Nur dass es nicht Doc Dalton ist, der Easton am ersten Tag gegenübersteht, sondern dessen Tochter Scout. Vom ersten Moment an sprühen zwischen den beiden Funken, dabei ist Ablenkung das Letzte, was sie beide jetzt brauchen können! Easton muss schnellstmöglich gesund werden, und Scout ist fest entschlossen, dem Ruf ihres Vaters gerecht zu werden. Aber können die beiden der Anziehungskraft zwischen ihnen widerstehen?


Band 1 der PLAYER-Reihe!

Band 2 (WIN FOR LOVE) erscheint im Januar 2020.

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Seitenzahl: 445

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

Prolog

1

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5

6

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Die Autorin

Leseprobe

Impressum

K. BROMBERG

Play for Love

Ins Deutsche übertragen von Richard Betzenbichler

Zu diesem Buch

Easton Wylder ist attraktiv, erfolgreich und der beste Spieler der MLB. Baseball ist seine Leidenschaft, sein Leben. Doch dann droht eine Verletzung seine Karriere vorzeitig zu beenden, und er beauftragt einen renommierten Physiotherapeuten, um ihn zu behandeln. Nur dass es nicht Doc Dalton ist, der Easton am ersten Tag gegenübersteht, sondern dessen Tochter Scout. Vom ersten Moment an sprühen zwischen den beiden Funken, dabei ist Ablenkung das Letzte, was sie beide jetzt brauchen können! Easton muss schnellstmöglich gesund werden, und Scout ist fest entschlossen, dem Ruf ihres Vaters gerecht zu werden. Aber können die beiden der Anziehungskraft zwischen ihnen widerstehen?

Dieses Buch ist jenen Frauen gewidmet, die Sport lieben. Denen, die als kleines Mädchen keinen Gedanken daran verschwendet haben, dass ihre Strumpfhosen Grasflecken bekommen, und die sich jetzt, wo sie älter sind, nicht scheuen, mit den Jungs ein Spiel anzuschauen.

Ich war immer ein sportbegeistertes Mädchen.

Dieses Buch ist den Nerd-Mädchen gewidmet. Denen, die Freitagabend gern zu Hause sitzen und sich in ein gutes Buch vertiefen. Denjenigen, die immer etwas Neues lernen möchten. Schämt euch niemals dafür, klug zu sein.

Ich war immer ein Nerd-Mädchen.

Dieses Buch ist den starken Mädchen gewidmet. Denen, die anderen Frauen lieber dabei helfen, Erfolg zu haben, als versuchen, sie daran zu hindern.

Ich war immer ein starkes Mädchen.

Dieses Buch ist den unsicheren Mädchen gewidmet. Ja, euch. Ich sehe euch. Ich war wie ihr. Ich bin wie ihr. Es ist okay, ab und zu mal die Flügel zu spreizen und zu schauen, wie weit man fliegen kann. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Schaut mich an, ich habe es geschafft.

Prolog

Easton

Der Kick setzt ein.

Adrenalin durchflutet meinen Körper.

Die Menge tobt.

Eine Mischung aus Gerüchen – Erde, Popcorn, Leder, Kiefernharz – dringt mir in die Nase.

Sie sind mein Lebenselixier.

Meine Konstanten.

Die einzige Religion, an die zu glauben ich je gelehrt wurde.

Das Einzige, das ich je sein durfte.

Für diese wenigen Momente, bevor der Schmerz einsetzt – der grelle, unerträgliche, nichtaufhörende Schmerz –, wenn der Staub um mich herum tanzt und ich spüren kann, wie der Splitt unter meinen Körper dahingleitet, weiß ich wieder, wieso ich dieses Spiel liebe.

Alles daran.

Und dann schaue ich hoch.

Unsere Blicke treffen sich. Nur für den Bruchteil einer Sekunde. Aber es ruft in mir die Erinnerung an etwas wach. An jemanden.

Und dann ist es vorbei.

Denn jetzt ist da nur noch der Schmerz.

Er nimmt mich in Besitz.

Raubt mir den Atem.

Setzt meiner Serie ein Ende.

Und ruiniert hoffentlich nicht meine Karriere.

1

Scout

Vier Monate später

»Wie hätten Sie mich gern?«

Haselnussbraune Augen.

Arrogantes Grinsen.

Das sind die beiden ersten Dinge, die mir an Easton Wylder auffallen, als er den Kopf zur Tür des Trainingsraums hereinstreckt.

Ich öffne den Mund, um zu antworten, doch als er über die Schwelle tritt und ich ihn in voller Lebensgröße sehe, bringe ich kein Wort heraus. Und das nicht nur, weil er kein Hemd trägt – damit ist in meinem Beruf zu rechnen –, sondern eher, weil mir alles an ihm die Sprache verschlägt. Die nackte, braune und sehr muskulöse Brust. Die tiefsitzende kurze Trainingshose, die sein perfektes V aus Muskeln zur Geltung bringt. Die nur schwach sichtbare Behaarung vom Nabel abwärts, die meinen Blick dorthin lenkt, wohin ich nicht schauen sollte.

Aber ich schaue.

Und das ist ein Problem. Denn auch wenn es nur ein kurzer Moment ist, reicht es, dass er es merkt. Rasch richte ich den Blick wieder nach oben, zu seinem dunklen Dreitagebart, und wieder grüßt mich dieses arrogante Grinsen, das mich – ich möchte es schwören – verhöhnt und mich fragt, ob mir gefällt, was ich sehe.

Ein weiterer Tag. Ein weiterer Klient. Ein weiterer Spieler.

Ich hätte nichts anderes erwarten sollen.

Er ist heiß, das muss ich ihm lassen. Heiß, dass einem der Mund wässrig wird, der Verkehr zum Erliegen kommt und sich alle Blicke auf ihn richten, wenn er den Raum betritt. Und nicht nur das, auf dem Spielfeld ist er ein Gott. Einer der besten Catcher, die ich je gesehen habe. Schlagwerte, On-Base-Zahlen, Caught-Stealing-Prozentsatz, Pick-offs, Passballs – alle seine Statistiken besagen, wenn er so weitermacht, wird er eines Tage einer der Großen werden.

Das ganze Paket.

Aber wenn erste Eindrücke nicht täuschen – das arrogante Hochziehen der Augenbrauen, das angeberische Herausdrücken der Brust –, dann weiß ich bereits jetzt, dass er wie jedes andere ganze Paket auch sein wird, mit dem ich gearbeitet habe. Ein toller Anblick, aber bei der Arbeit ein Langweiler. Eingebildet und eindimensional. Wenn es nicht um ihn geht, hat er keine Lust zu reden.

Ich hoffe, ich irre mich, sonst werden es drei lange Monate werden. Nicht nur das – ich habe seine Karriere in den letzten Jahren verfolgt und würde lieber weiterhin den Mann bewundern, für den ich ihn gehalten habe.

»Auf den Rücken?«, präzisiert er seine Frage, bevor ich mich von meinen Gedanken erholt habe, und tritt einen Schritt näher. »Auf den Bauch?« Er bleibt stehen und fährt sich mit einem Handtuch über das Gesicht, woraufhin sein dunkelbraunes Haar in alle Richtungen absteht, was ihn irgendwie noch attraktiver macht.

Gib ihm eine Chance, Scout. Er ist Baseball-Königsklasse. Außerdem ist er vielleicht gar nicht so übel. Spielt es wirklich eine Rolle, wenn er ein aufgeblasener Idiot ist? Ich habe trotzdem einen Vertrag, einen vorgegebenen Zeitrahmen, und er ist immer noch mein Patient. Also, hopphopp. Fang an und mach deine Arbeit.

»Ah«, sage ich, während mein Blick wieder nach unten wandert, obwohl ich versuche, mich von diesem Körper – seiner harten, angeschlagenen Perfektion – nicht aus dem Konzept bringen und meine Professionalität nicht unterminieren zu lassen.

»Ah?«, wiederholt er, und seine mehrfarbigen Augen lachen über einen Witz, den nur er zu verstehen scheint.

»Entschuldigung, Sie haben mich abgelenkt.« Kaum sind die Worte heraus, wird mir bewusst, wie das klingt, als wolle ich andeuten, sein Körper sei der Schuldige.

»Abgelenkt?« Leichtes Hochziehen der Brauen. Die Andeutung eines Lächelns.

Ich fange noch einmal von vorn an. »Ich bin die neue Physiotherapeutin, die der Verein eingestellt hat, um Ihnen wieder zurück auf das Spielfeld zu helfen.«

»Der Verein hat Sie eingestellt? Ich dachte, sie würden Doc einstellen … Und Sie sind definitiv nicht Doc.«

»Doc ist derjenige, der mir Ihren Fall übertragen hat.« Das klingt wie eine Entschuldigung, und meine Seele ächzt unter der Last des Wissens darum, wieso ich hier bin, und nicht er.

»Doc Dalton, Doc?«, fragt er ungläubig.

»Ja, Doc Dalton, Doc. Ich bin seine Partnerin.«

»Partnerin? Doc ist dafür bekannt, dass er ausschließlich allein arbeitet.« Er kneift die Augen zusammen und taxiert mich einen Moment lang unverfroren von oben bis unten. Die wortlose Musterung lässt mich von einem Fuß auf den anderen treten, und gerade als ich etwas sagen will, kichert er leise über etwas, das mir offenbar verborgen bleibt. »Welcher der Jungs hat Sie angeheuert?«

»Ihr Hauptgeschäftsführer. Cory Tillman.«

»Cory?«

»Ja, Cory.« Wieso fällt es ihm so schwer, das zu begreifen?

»Und sie kennt sogar seinen Namen«, murmelt er, mehr vor sich hin als an mich gewandt, was meine Verwirrung nur noch vergrößert. »Trotzdem, netter Versuch. Ich würde auf Drew oder Tino tippen. Die haben Sie auf alle Eventualitäten vorbereitet, nicht wahr?«

Wovon zum Teufel redet er?

»Nicht, dass es Sie etwas angeht, aber ich brauche nicht auf alle Eventualitäten vorbereitet zu werden. Ich würde jetzt wirklich gern anfangen.«

»Nein.«

»Nein?« Ist das sein Ernst?

»Glauben Sie, ich würde einfach irgendjemanden an meinen Arm lassen?«

»Wie bitte?« Die Beleidigung kränkt mich mehr, als sie sollte. Ich habe gelernt, darauf gefasst zu sein – auf die Unterstellung, dass ich unmöglich so gut sein kann wie Doc –, und doch macht mich so etwas noch immer wütend. »Ich versichere Ihnen, meine Hände sind genauso magisch wie Docs.« Arschloch.

»Davon bin ich überzeugt«, murmelt er, wobei er die Worte in die Länge zieht, während er den Blick über meinen Körper wandern lässt. Sein Gesichtsausdruck – pure männliche Bewunderung – lässt meine Nerven vibrieren, die ohnehin bereits angespannt sind vor Wut. Und ich will nicht, dass sie vibrieren. Ich will nicht, dass sie irgendetwas spüren, wenn es um ihn geht, zumal wenn sich gerade herausstellt, was für ein Ekel er ist.

»Versuchen Sie das bei jemand anderem, Sie Sportskanone. Ihr Charme wird bei mir nicht verfangen.«

»Mein Charme?« Mir gefällt, wie sein Kopf leicht zurückzuckt. Das verrät mir, dass er Widerspruch nicht gewohnt ist.

»Ja. Dieser ›Ich bin ein eitler Idiot‹-Charme. Kriegen Sie damit wirklich Frauen herum, wenn Sie sich so aufführen?«

»Mir war nicht bewusst, dass ich versucht habe, eine Frau rumzukriegen.« Unsere Blicke treffen sich. Seine braunen Augen glitzern voller Belustigung, aber ich fühle mich blöderweise nur verletzt, als hätte er mich gerade zurückgewiesen, wo ich doch überhaupt nicht von ihm begehrt werden wollte. »Und, nur nebenbei: es funktioniert jedes Mal.«

Was würde ich dafür geben, könnte ich ihm auf der Stelle das selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht prügeln.

»Und wie, bitteschön? Gehen Sie einfach auf die Frau zu und hauen ihr ein paar Statistiken um die Ohren? ›Hallo, Kleines, ich habe gerade eine Mordssaison, mit einem Schlagdurchschnitt von .375 in 20 aufeinanderfolgenden Spielen. Willst du mit mir ausgehen?‹«

»Nein.« Er kann sich das Lachen kaum verkneifen, und obwohl ich weiß, dass er mich auf den Arm nimmt, lässt mich sein belämmertes Grinsen einen Schritt näher auf ihn zu treten. »Ich sage ihr einfach, ich habe einen großen Schläger und weiß, was man damit tut.«

»Ernsthaft?«

Er zuckt mit den Schultern. »Nein, aber Sie würden sowieso denken, was Sie wollen, nicht wahr?«

»Darauf können Sie wetten.«

»Sie haben etwas gegen große Schläger, vermute ich?«

Er macht sich über mich lustig. Probiert aus, wie weit er mich in die Ecke drängen kann. Allerdings ahnt er nicht, dass ich darin genauso gut bin.

»Nichts gegen große Schläger, aber sie sind nichts wert, solange einer nicht damit umzugehen weiß. Und Männer, die abgedroschene Sprüche klopfen, so wie Sie eben, nehmen sich bestimmt nicht die Zeit, das zu lernen.«

»Sprechen Sie aus Erfahrung? Machen viele Männer Sie mit solchen Sprüchen an?« Unsere Augen funkeln sich über die kurze Distanz hinweg kriegerisch an.

»Nicht die Männer, mit denen ich mich abgebe.«

»Wie schade. Dann haben Sie vielleicht noch nicht den richtigen gefunden.« Er starrt mich mit einem gnadenlosen Blick voller Fragen und Vermutungen an, die er – ginge es nach mir – lieber nicht haben sollte. Dieses Gespräch ist völlig aus dem Ruder gelaufen.

Zurück zu ihm.

Augenmerk auf ihn.

Die Ironie, dass dies das genaue Gegenteil von dem ist, was ich eben noch wollte, entgeht mir durchaus nicht.

»Schauen Sie, ich bin hier, um meine Arbeit zu machen. Es ist vermutlich das Beste, wenn wir es dabei belassen«, sage ich in dem Versuch, dieses Gespräch zum zweiten Mal neu zu beginnen.

»Sind Sie sich sicher, dass Sie das wollen? Ihre Feindseligkeit zeigt deutlich, wie sehr Sie meine Gesellschaft genießen.«

»Es ist nicht notwendig, dass ich Sie mag. Ich bin gut darin, Leute zu ignorieren, die mir dumm kommen.« Ich garniere meinen Seitenhieb mit einem unsäglich freundlichen Lächeln. »Fangen wir an.« Ich deute auf den gepolsterten Tisch hinter ihm.

Er schaut den Tisch an und dann wieder mich. »Und wenn ich sage, danke, nein?«

»Und wenn ich Ihnen sage, dass die Entscheidung nicht bei Ihnen liegt? Ich werde für diese Arbeit bezahlt und habe vor, sie auch auszuführen.« Ich trete ein paar Schritte auf ihn zu und lasse meine Stimme so autoritär wie möglich klingen. »Auf den Rücken.«

»Eine Frau, die weiß, was sie will, muss man einfach lieben.« Es ist eindeutig, worauf er damit anspielt, und das wird noch durch den Blick verstärkt, mit dem er mich anstarrt, als würde jede Sekunde eine weitere Schicht meiner Kleidung von mir abfallen. »Aber Sie werden noch lernen, dass ich selten tue, was man mir sagt.«

»Bitte, bitte«, erwidere ich mit einer Stimme, die vor Sarkasmus trieft, während unsere Augen einen Krieg darum führen, wer der Willensstärkere von uns beiden ist, auch wenn ich nicht weiß, wieso eigentlich. Ich bin hier, um ihm genau das zu geben, was er will – wieder auf dem Spielfeld zu sein –, deshalb ist seine Aufsässigkeit sowohl frustrierend als auch verwirrend.

Denn auch wenn mich zuvor schon Spieler angezweifelt haben – unterschätzt haben, weil ich eine Frau bin, mich auf die Probe gestellt haben, weil ich nicht so erfahren bin wie Doc –, ist es diesmal völlig anders.

Diesmal zwingt mich Doc Daltons außergewöhnliche Karriere dazu, dass ich Easton Wylder wieder gesund mache. Ich muss den letzten Wunsch meines Vaters erfüllen. Ich muss meinen Ruf festigen.

»Resolut, umwerfend, intelligent und höflich«, sinniert er und verschränkt die Arme vor der Brust, wobei sich seine Bizepse anspannen. Mit hochgezogenen Augenbrauen schenkt er mir ein entwaffnendes Lächeln. »Deshalb werde ich gehorchen … aber nur dieses eine Mal.«

Hör auf mich anzustarren. »Fangen wir an.« Hör auf, mich so anzulächeln. »Auf den Tisch.« Hör auf, deine Bizepse anzuspannen. »T-Shirt aus.« Hör auf, mich nervös zu machen.

»Das T-Shirt habe ich bereits ausgezogen.«

»Oh. Ja. Entschuldigung.« Mist. Um zu beweisen, wie kompetent und überlegen man ist, gibt es wahrlich nichts Besseres, als das Offensichtliche komplett zu übersehen. »Wollen Sie mir erzählen, wo es am meisten wehtut, damit ich an der Stelle anfangen kann?«

»Ich habe eine Menge schmerzender Stellen.« Er lacht, und es ärgert mich, dass ich sein Lachen sexy finde. »Aber ich bin neugierig. Wie wollen Sie mich heilen, wenn der Patient nicht angefasst werden darf?«

»Ich fasse an, Wylder. Da gibt es keine Beschränkungen. Ich setze meine Hände und meinen Körper ein, bis der Schmerz verschwunden ist. Dann wenden wir uns Ihrem nächsten Schmerz zu und fangen den Vorgang wieder von vorn an.« Ohne auf seinen ungläubigen Gesichtsausdruck zu achten, deute ich auf den Tisch hinter ihm. »Ich dachte, dieses eine Mal würden Sie gehorchen?«

»Unter einer Bedingung.«

Bedingung. Ist das sein Ernst? Mir bleibt nichts anderes übrig, als mitzuspielen. »Die da wäre?«

»Hören Sie auf, so zu tun, als wüssten Sie, was Sie mit meinem Arm anstellen müssen.« Herausfordernd zieht er eine Augenbraue nach oben.

Mit nichts kann man eine Frau wütender machen, als wenn man ihr die Kompetenz abspricht, und doch hat er es wieder geschafft. »Führen Sie sich nicht wie ein Arschloch auf. Sie machen mich sauer. Und Sie verschwenden meine Zeit.« Ich runzle die Stirn. »Ich mag es nicht, wenn man meine Zeit verschwendet.«

»Sollte der Kunde nicht immer recht haben?«

»Setzen Sie sich hin.«

»Ihr Wunsch sei mir Befehl.« Resigniert, aber mit einem schiefen Lächeln, das sagt, er werde eh bekommen, was er will, pflanzt er seinen Hintern auf den gepolsterten Tisch, ohne mich eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Eine weitere Bedingung.«

»Keine weiteren Bedingungen.« Dieser Mann ist echt frustrierend.

»Wie heißen Sie?«

»Scout«, antworte ich. Dieses Spiel, in dem ich eine Figur bin, ohne recht zu verstehen, worum es sich dreht, geht mir längst auf die Nerven.

»Scout?«

»Ja, Scout.« Ich ziehe es vor, meinen Nachnamen für mich zu behalten. Er muss meine Fähigkeiten nicht noch mehr infrage stellen.

»Das ist nicht so originell, wie ich erwartet hatte. Was ist mit Star oder Trixie oder Kitty? Waren die alle schon vergeben?«

Wovon zum Teufel redet er?

»Tut mir leid, wenn ich Sie enttäuschen muss, aber ich heiße einfach Scout.«

»Verdammt. Ich hätte gewettet, Ihr Name ist Kitty.«

»Ist er nicht.«

»Scout. Hm.« Er nickt und kneift die Augen zusammen, als suche er nach der Lösung eines Problems. »Ich habe mich geirrt. Es war nicht Tino. Es war Drew. Er ist derjenige, der Sie engagiert und Ihnen beigebracht hat, was Sie sagen und was Sie tun sollen, stimmt’s?« Er schwingt die Beine auf den Tisch, und ich könnte schwören, dass er etwas wie kein Klettverschluss sagt. Aber als er sich auf den Ellbogen stützt und meinen verwirrten Blick sieht, schenkt er mir ein völlig harmloses Chorknabenlächeln.

»Entschuldigung, ist mir da irgendetwas entgangen?« Ich bin so was von verwirrt.

»Zerbrechen Sie sich nicht Ihr hübsches kleines Köpfchen«, erwiderte er grinsend. »Ihnen ist nicht das Geringste entgangen.«

Ich höre ihn – den Spott in seiner Stimme, die Alarmglocken warnen mich, dass da etwas ist, was ich nicht recht verstehe –, aber durch die Nähe zwischen uns bin ich momentan abgelenkt. Durch den Duft seines Shampoos. Durch den Anblick verblasster Narben an seinem Körper, die jetzt, wo ich ihn von Nahem sehe, deutlich hervortreten. Durch die einzigartige Farbe seiner Augen, eine Mischung aus Braun und Grau mit einem blauen Ring rund um die Iris.

Es ist sein Zusammenzucken, das mich aus meinem weggetretenen Zustand zurückholt. Nur eine einfache Bewegung – er hebt den Arm hinter den Kopf –, aber mir entgeht nicht, wie er das Gesicht verzieht. Ich richte den Blick auf seine Schulter. Auf das Vibrieren seiner Muskeln, als er versucht, eine bequemere Stellung zu finden. Dann ist die Maske wieder an Ort und Stelle, und er versucht, so zu tun, als hätte es nicht wehgetan.

Sofort ist meine Professionalität wieder da und wirft die plötzlich aufgeflammte Lust, die mich momentan abgelenkt hat, in hohem Bogen zum Fenster hinaus. Es juckt mich, ihn durchzukneten und zu dehnen, in dem Versuch, ihn von den nagenden Schmerzen zu befreien.

Aber gerade als ich seine Schulter anfassen will, dreht er sich, um mich anzusehen, und fragt: »Brauchen Sie nicht Musik oder so?«

Meine Hände erstarren, als mich seine Worte aus meiner Konzentration reißen. Sie treffen auf meine Ohren, und meine Synapsen feuern vermutlich zum ersten Mal, seit er hier hereingekommen ist. Alle Puzzleteilchen passen auf einmal zusammen. Die Andeutungen, die in meinem Hinterkopf genagt haben, verbinden sich plötzlich miteinander und ergeben einen Sinn.

Der geistig unbedarfte Sportler.

Der patriotische Gutmensch.

Und der berüchtigte Scherzbold.

Wieso konnte ich den Zusammenhang nicht eher herstellen? Dass der Mann, der überall in den Umkleideräumen dafür bekannt ist, seinen Teamkollegen gern Streiche zu spielen – denen zum Beispiel, die er eben genannt hat, Tino und Drew –, glaubt, sie spielen ihm einen Streich. Zahlen ihm die legendären Tricks heim, mit denen er sie reingelegt hat.

Und er glaubt, ich sei darin verwickelt.

Klettverschluss. Musik. Die lächerlichen Künstlernamen.

Ja. Er glaubt, ich sei eine Stripperin.

Oder eine Hure.

Reizend.

Eigentlich sollte ich beleidigt sein, dass er glaubt, seine Kumpel hätten mich angeheuert, damit ich für ihn tanze, aber zumindest ergibt unser Gespräch jetzt einen Sinn.

Wieso erleichtert mich dieser Gedanke? Weil er ihn entlastet? Nicht im Geringsten. Aber vielleicht ist er doch nicht das Arschloch, für das ich ihn gehalten habe. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, hat er lediglich auf die Situation reagiert, die er vorzufinden glaubte, und nicht auf mich.

Andererseits liegt er noch immer da, lässt die Vorstellung weitergehen, lässt sich von mir berühren – von der Frau, die seiner Meinung nach hier ist, um sich für ihn auszuziehen.

Und da ich in genügend Vereinsheimen gearbeitet habe, um zu wissen, dass dieser Streich noch vergleichsweise harmlos ist, weiß ich auch, dass einen ein Witzbold wie er am ehesten ernst nimmt, wenn man ihm ebenfalls einen Streich spielt. Also treffe ich blitzschnell die Entscheidung, das Spiel mitzuspielen. Ich werde meine Rolle spielen, und wenn dann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werde ich ihm die Wahrheit sagen. Vielleicht wird ihm die Enttäuschung, dass ich keine Stripperin bin, sein eitles Lächeln ein wenig gefrieren lassen.

Als sich unsere Blicke wieder treffen, sehe ich ihn einen Moment zu lange an, lächle ihn ein wenig verführerischer an. »Ob ich Musik möchte? Das ist Ihre Entscheidung. Würden Sie es vorziehen, wenn ich … es zur Musik mache? Oder wäre es Ihnen lieber, wenn wir erst mal einen Probelauf machen – schauen, was sich gut für Sie anfühlt, und dann sehen wir weiter?« Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor geschnurrt habe, aber im Moment habe ich das Gefühl, ich mache dem Künstlernamen Kitty alle Ehre.

Dass ich mich plötzlich so anders verhalte, lässt ihn die Augen mit den dichten Wimpern weit aufreißen. Er starrt erst mich an, dann schaut er durch das Fenster des Übungsraums in den leeren Umkleideraum dahinter. Er dürfte sich fragen, wo Drew und Tino stecken, denn die würden garantiert irgendwo auf der Lauer liegen, um zu sehen, wie ihr Streich über die Bühne geht.

Keine Chance, Sportskanone. Der Witz geht voll auf deine Kosten.

»Hier ist sonst niemand, Easton. Nur Sie und ich.« Ich lege den Finger an seine Stirn und drücke, damit sein Kopf zurücksinkt. »Und das kleine Workout, das ich Ihnen jetzt verpassen werde.«

»Ein Workout? Nennt man das heutzutage so?« Sein Grinsen sagt alles. Genau wie sein rasches Luftholen und das Anspannen der Muskeln, als ich Druck auf die Haut über seiner Rotatorenmanschette ausübe, um nach Narbengewebe zu tasten. Der erste Schritt, um herauszufinden, wieso sein Arm so lange braucht, um zu heilen, wenn er eigentlich schon längst nicht mehr wehtun sollte.

Seine Haut ist weich. Heiß. Und es gibt einen kurzen Stromstoß – irgendein Vibrieren –, als unsere Körper auf diese völlig unschuldige Weise in Kontakt miteinander treten. Das kommt so unerwartet und ist so anders als alles, was ich je zuvor gespürt habe, dass ich mich zwingen muss, nicht erschrocken die Hand wegzuziehen.

»Ich weiß es zu schätzen, wenn du so tust, als wüsstest du, was du da tust, aber …«

»Oh, ich weiß, was ich tue, keine Bange«, säusle ich, um seinen Protest zu ersticken. »Versuchen wir doch das mal. Tut das weh?« Er widersetzt sich, als ich versuche, seinen Arm über den Kopf zu strecken. Zumindest hat er so viel Verstand, dass er sich fragt, ob er eine Stripperin an seinem Millionen-Dollar-Arm herumwerkeln lassen sollte.

»Nein. Es ist nur … Ich denke, du solltest nicht …«

»Ich versichere Ihnen, ich bin überaus qualifiziert.« In seinen Augen blitzt Panik auf. Angst davor, wie lange diese Stripperin noch so tun will, als sei sie eine Physiotherapeutin. Also mache ich weiter. »Mit einem angerissenen Limbus ist nicht zu spaßen. Nur jemand vom Fach weiß, was man da tun kann. Und glauben Sie mir, ich bin vom Fach.«

»An mir rumfummeln ist das eine, Scout«, erwidert er leicht verblüfft. »Aber mein Arm ist etwas ganz anderes.«

»Sie trauen mir nicht zu, dass ich ihn heile?«

Ich lasse die Finger seinen Bizeps hinaufwandern. Sein Adamsapfel hüpft auf und ab, während er überlegt, was er als Nächstes tun soll.

»Ich bezweifle sehr, dass du deswegen hier bist.«

»Echt?« Ich tue, als wüsste ich von nichts. »Wieso fangen wir dann nicht mit dem an, für das ich wirklich hier bin?«

Mit einer Bewegung, die ich täglich anwende, um meine Spieler zu dehnen, und bevor ich das Überraschungsmoment verliere, schwinge ich mich so auf den Tisch, dass meine Knie seine Hüften auf beiden Seiten einengen.

»Moment mal. Wow.« Eastons Gesichtsausdruck ist der Inbegriff von Überrumpelung – die Augen sind weit aufgerissen, der Mund klappt auf und zu, die Augenbrauen wandern immer höher.

»Ich bin bereit, wenn Sie es sind.« Da ist es wieder, dieses Schnurren, als ich mich vorbeuge, bis ich auf allen Vieren bin, unsere Oberkörper parallel zueinander und unsere Blicke ineinander verkeilt sind.

»Ja. Nein.« Er blinzelt noch ein paarmal, als könne ihm das helfen, mit der Tatsache fertig zu werden, dass das, was eben noch ein Spiel war, plötzlich sehr real ist. Einem Teil von mir gefällt, dass er zögerlich ist und nicht gleich losfummelt und sich wie ein Tier auf eine wildfremde Frau stürzt. Der andere Teil fragt sich, wie weit er dieses hier wohl gehen lassen würde, wäre ich tatsächlich eine Stripperin, mit der ihm jemand einen Streich spielt. »Mein Physiotherapeut … Doc. Er muss jede Minute kommen«, protestiert er stotternd.

»Nein, wird er nicht.«

»Nicht?« Seine Stimme ist einen Ton höher geworden.

»Nein.« Ich schüttele den Kopf und ziehe die Augenbrauen hoch.

»Ich wusste es. Ich wusste, dass Drew und Tino dahinterstecken.« Er gibt ein Lachen von sich, das teils Ungläubigkeit, teils Erleichterung ist, aber als er sich aufsetzen will, bleibe ich einfach, wo ich bin.

»Nein. Kein Streich.« Das lässt ihn zurückzucken.

»Wie meinst du das? Du bist eine …«

»Eine Physiotherapeutin«, beende ich den Satz für ihn.

»Der ist echt gut. Goldig. Aber ich merke, wenn ich verarscht werde.«

»Eben nicht.« Ich strecke die Hand nach seiner Schulter aus, aber kurz bevor ich sie erreiche, entzieht er sie meinem Zugriff. Das Zischen, das er vor Schmerz ausstößt – eine reflexartige Reaktion – ist nicht zu überhören. »Und Sie brauchen mich.«

Sein Blick bohrt sich in meinen – abschätzend, urteilend, zweifelnd –, bevor er wieder sein arrogantes Lächeln aufsetzt. »Ich bin sicher, eine Menge anderer Typen brauchen dich … Scout, nicht wahr? Ich muss nicht bezahlen, um ein bisschen Haut zu sehen.«

»Erstens, nicht Sie zahlen mich, sondern der Verein, und zweitens bin ich vollständig bekleidet.«

»Hör auf, mir was vorzuspielen, Süße. Der Verein zahlt dir nicht einen Cent. Sie zahlen Doc, und der wartet gerade irgendwo auf mich, und ich muss ihn jetzt suchen. Also, die Zeit ist rum. Es war nett, einen Moment lang habe ich dir fast geglaubt, aber jetzt wird es Zeit, dass du verschwindest.«

Ich steige vom Tisch und tue so, als würde ich resigniert nicken, aber ich halte die ganze Zeit den Blickkontakt, auch als ich mich zu seinem Ohr hinunterbeuge. »Heute lasse ich Ihnen das noch mal durchgehen, damit es in Ihr hübsches kleines Köpfchen hineingeht, dass ich Ihre neue Physiotherapeutin bin. Dann sehen wir uns morgen. Gleiche Zeit. Selber Ort. Lassen Sie sich nicht von meinem Äußeren täuschen, denn ich werde Sie wirklich rannehmen, aber nur, damit ich Sie zurück auf das Spielfeld bekomme.« Ich trete einen Schritt zurück und weide mich an seinen weit aufgerissenen Augen und seinem Gesichtsausdruck. Seine Arroganz weicht allmählich dem Verdacht, ich könnte vielleicht doch die Wahrheit sagen. Ich lächle. »Oh, und lassen Sie Ihre Voreingenommenheit zu Hause. Ich mag vielleicht nicht Doc sein, aber ich bin garantiert eine Dalton. Es war mir ein Vergnügen.«

Und damit drehe ich mich um und gehe zur Tür. Meine Hände zittern, und mein Körper ist aufgeputscht wie von einem Adrenalinstoß, aber ich bin befriedigt, dass er mich ab jetzt ernst nehmen wird.

»He, Kitty.«

Obwohl alles in mir mich ermahnt, nicht auf das Stripperinnen-Pseudonym zu hören, bleiben meine Füße stehen. Und ich hasse es, dass sie das tun, aber zumindest gebe ich ihm nicht die Genugtuung, mich zu ihm umzudrehen.

»Der Name lautet Scout. Und nur um das festzuhalten: Ich weiß nicht, ob ich mich eher geschmeichelt fühlen oder sauer sein soll, dass Sie glauben, ich würde gegen Geld für Sie einen Striptease hinlegen oder mit Ihnen schlafen.«

»Dann würden Sie es also umsonst machen?« Das Kichern, das folgt, ist weich wie Seide, voller Anspielung, und es löst in mir eine heftige Reaktion aus Erregung und Abscheu aus.

»Wohl kaum«, lüge ich.

»Dann ist es ja nur gut, dass ich den Köder nicht geschluckt habe. Ich war kurz davor, Sie um den Verstand zu küssen, nur um Sie zu enttarnen und zu beweisen, dass Sie eine Stripperin sind.«

»Nur gut, dass ich Ihnen dafür nicht das Knie in die Eier gerammt habe.«

Diesmal ist sein Lachen wärmer. »Dann habe ich ja Glück, dass ich mich zurückgehalten habe.«

»Den Ausdruck sollten sie sich merken: Zurückhaltung«, erwidere ich mit dem Gefühl, wieder ein bisschen an Boden gewonnen zu haben. »Das scheint Ihnen ja nicht so zu liegen.«

»Davon gehe ich aus. Und, Scout? Ich wusste, dass Sie keine Stripperin sind.«

»Netter Versuch, das Gesicht zu wahren, Sportskanone.« Männer und ihre Egos. »Aber wenn dem so ist, wieso haben Sie mich die Rolle dann weiterspielen lassen?«

»Nur ein Idiot würde eine hübsche Frau ausbremsen, die sich auf seine Hüften setzt.«

»Und da dachte ich schon, Sie hätten Ihren Fehler wiedergutgemacht«, murmele ich lächelnd, was er aber nicht sehen kann.

»Wiedergutmachung ist langweilig. Ich mag es lieber aufregend«, zieht er mich auf.

»Na großartig.«

»Dann bis morgen, Scout.«

»Ja, ja.«

Ich verlasse den Umkleideraum, und das Hallen meiner Schritte auf dem Betonfußboden ist nicht ansatzweise so laut wie seine Stimme in meinem Kopf, die mir in Dauerschleife zuruft: Ich war kurz davor, Sie um den Verstand zu küssen, nur um Sie zu enttarnen.

Wenn das die Strafe dafür ist, dass ich etwas Falsches tue, wieso zum Teufel sollte ich dann das Richtige tun?

2

Easton

»Es sind bloß Schmerzen. Damit habe ich auch früher schon gespielt. Ich kann das auch wieder tun.«

»Und das Ende deiner Karriere riskieren?«

»Schau. Ich kenne meinen Körper besser als jeder andere. Ich werde meine Karriere nicht aufs Spiel setzen, indem ich mir zu früh wieder Druck mache, weswegen …«

»Weswegen der Verein Doc eingestellt hat.«

»Erinnere mich nicht daran.« Mein Lachen trieft vor Sarkasmus, aber meine Gedanken sind bereits wieder bei der athletischen Brünetten mit den herausfordernd blickenden grauen Augen und dem Klugscheißermund. Die, an die ich in den letzten paar Stunden, in denen ich auf den Rückruf meines Agenten gewartet habe, häufiger gedacht habe, als ich zählen könnte. »Und, um das klarzustellen, nicht Doc ist für meine Reha zuständig. Sondern Scout. Wer immer diese Scout sein mag. Ich habe nämlich ein bisschen rumtelefoniert und mich erkundigt, konnte aber lediglich herausfinden, dass sie seine Tochter ist. Seine Tochter, Finn? Nicht irgendeine hochkarätige Kapazität, die Monate im Voraus ausgebucht ist, weil alle zu ihr hinrennen. Schau, ich sage nichts dagegen, wenn jemand den Beruf seines Vaters ergreift, weil … nun, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber in seine Fußstapfen zu treten und dann so gut zu sein wie er, sind zwei paar Stiefel. Der Verein hat mir versprochen, mir den besten Physiotherapeuten zu besorgen, nachdem es mit dem anderen so beschissen lief. Zweitbester ist nicht gleich bester, Finn. Wir reden hier von meinem Arm. Meiner Karriere, also …«

»Demselben Arm, den du aufs Spiel setzen willst, indem du die Vorschriften des Vereins umgehst und dich ohne Zustimmung deiner Therapeutin einsatzbereit erklärst, sehe ich das richtig?«

Verdammt. Finn hat mich ertappt. Reflexartig rolle ich die Schultern und nehme genervt den leichten Schmerz zur Kenntnis, der auftritt, wenn ich das tue – die ständige Erinnerung daran, dass ich nicht einsatzbereit bin, und doch will ich nichts mehr als zurück in mein altes Leben.

»Easton.« Er seufzt. »Du hast den Bestimmungen zugestimmt, jetzt musst du dich auch daran halten.«

Sein missbilligender Tonfall geht mir auf die Nerven. »Das hatten wir doch schon.« Gefühlt eine Million Mal.

»Nun, du bist derjenige, der die Vereinbarung unterschrieben hat …«

»Da hast du verdammt recht, das habe ich. Als sie mich vom Spielfeld getragen haben, war der Schmerz so brutal, dass ich ihnen alles unterschrieben hätte, nur um ein starkes Schmerzmittel zu bekommen. Also hör auf, mich zu behandeln, als hätte ich etwas Dummes gemacht. Du hättest genau dasselbe getan.«

Sein Schweigen ist noch nerviger als sein missbilligender Ton. »Ich hätte mir das zumindest erst durchgelesen.«

»Ja, ja, ich weiß. Das habe ich aber nicht, und jetzt muss ich mich gezwungenermaßen an ihre Reha-Kriterien halten. Können die wirklich einen Stichtag für meine Rückkehr festlegen? Schließlich verläuft nicht jede Heilung gleichschnell.«

»Sollten sie? Nein. Können sie? Nun, du hast die Vereinbarung unterzeichnet, in der es heißt, dass du am ersten August wieder antrittst, also ja, theoretisch können sie das tun.«

Ich rolle die Schultern, wütend auf mich selbst, dass ich unterschrieben habe, auf ihn, weil er mir dauernd Vorhaltungen deswegen macht, und auf den ganzen Mist, der sich nicht ändern lässt. »Und wenn ich bis dahin nicht so weit bin?«

»Ich habe dir doch gesagt, dann können sie dich verkaufen.«

»Du hast mir aber auch während der letzten Verhandlungen gesagt, dass ich einen bombensicheren Vertrag habe, Finn. Acht Jahre mit Verlängerungsoption.«

»Der ist auch bombensicher … aber dann bist du hergegangen und hast den erstbesten Wisch unterschrieben, den man dir unter die Nase gehalten hat, ohne ihn zu lesen, und …«

»Es war schließlich nicht so, dass … Du verstehst das nicht.« Frustriert kneife ich mich in die Nase und schließe die Augen, um das Stadion vor mir nicht zu sehen, das mich zu verhöhnen scheint. »Ist ja auch egal. Ich verstehe diesen Geschäftsführer noch nicht so ganz, aber vermutlich ist das seine neue Vorgehensweise.«

»Was?«, fragt er. »Einen Spieler etwas unterschreiben zu lassen, wenn ihm gerade fast der Arm abgerissen wurde? Hört sich für mich ziemlich abgebrüht an. Wozu soll das gut sein? Ist es in dem Moment wirklich wichtig, so penibel zu sein?«

»Da rennst du bei mir offene Türen ein, Mann.«

»Alle sagen, für so etwas ist er der Beste, und die können doch nicht alle bescheuert sein, also halte durch.«

»Leichter gesagt als getan«, nörgle ich.

»Tja, nun, das Gute an der Sache ist, dass er in der Regel drei Jahre braucht, um einen Verein erfolgreich umzustrukturieren, bevor er sich den nächsten vorknöpft.«

»Drei Jahre?« Verdammt.

»Hoffen wir, dass diese neuen Methoden und Strategien es wenigstens wert sind. Ich gehe davon aus, dass wir einen Siegerwimpel gewinnen, bevor er sich verabschiedet.«

»Du suchst auch in jedem Kuhscheißhaufen noch nach dem Diamanten, nicht wahr, Finn?«

»Einer von uns muss das ja tun.«

»Strategien sind das eine, aber seine Spieler mit Respekt zu behandeln das andere. Mir nur einen begrenzten Zeitraum für Reha und Rückkehr zur Anfangsaufstellung einzuräumen ist definitiv keine Art, mir Respekt entgegenzubringen.« Alles an der Situation macht mich wütend und geht mir gegen den Strich.

»Ich weiß. Der Zeitrahmen ist vermutlich Corys Methode, ein bisschen Druck zu machen, damit du so schnell wie möglich aufs Spielfeld zurückkehrst. Schließlich bist du der Starspieler.«

»Er weiß doch, dass das mein Job ist, oder? Starspieler hin oder her, ich bin ein großer Junge, dem durchaus bewusst ist, was seine Verpflichtungen sind.«

»Natürlich weiß er das. Und glaub mir, ich habe ihm das in aller Deutlichkeit gesagt. Aber sieh doch auch das Positive: Er hat auf dich gehört und Doc eingestellt – exklusiv für deine Reha. Das zeigt, wie sehr dich der Verein zurückwill – nein, braucht –, damit du ihnen hilfst, diesen Siegerwimpel zu gewinnen, den er der Stadt versprochen hat.«

»Vielleicht. Aber wenn sie mich so verzweifelt zurückhaben wollen, wäre Doc hier, nicht seine Tochter.«

»Sie wäre nicht hier, wenn sie nicht qualifiziert wäre. Du klingst wie eine Primadonna. Du wolltest einen anderen Physiotherapeuten, und du hast ihn bekommen. Stell dich nicht so an, Wylder. Dir bleiben nur noch knapp drei Monate, um deine Spikes wieder zwischen die Kreidelinien zu bekommen, also nutze die Ressourcen, die man dir zur Verfügung stellt. Und hör auf …«

»… rumzunörgeln«, beende ich den Satz für ihn, während ich mir mit der Hand durch das Haar fahre und auf das leere Stadion hinunterstarre. »Du hast recht. Es tut mir leid.«

»Schon okay.«

»Das Ganze nervt mich allmählich. Ich stehe auf der Krankenliste, der Verein, für den ich während meiner gesamten Karriere gespielt habe, macht mir Druck, zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder fit zu sein, und das alles, weil ich versucht habe, auf die Home Base zu kommen, um einen Extra Run zu erzielen. Santiago hatte nicht mal den verdammten Ball, als er die Plate blockiert hat. Und dann? In einem einzigen verdammten Foulspiel bremst er mich nicht nur aus, sondern ruiniert auch noch meinen Arm, und alles, was der Arsch kriegt, ist eine Hunderttausend-Dollar-Strafe und eine Sperre für vier Spiele? Du willst wissen, warum ich so schlecht gelaunt bin? Weil ich hier eindeutig der Verarschtere von uns beiden bin und nicht einmal weiß, warum er das getan hat.«

Mir ist klar, dass er das alles schon gehört hat. Mein Nörgeln und Jammern über die Verletzung. Darüber, dass mir mein Spiel, mein Leben genommen wurde und ich gezwungen bin, jeden Tag hier rumzusitzen und zuzusehen, wie es ohne mich weitergeht.

»Ich kann dir nicht sagen, wieso Santiago etwas gegen dich hat … aber das hat er. Das ist ziemlich offensichtlich.«

»Ach, echt? Entschuldige«, füge ich zum gefühlt zehnten Mal hinzu. »Ich ertrinke gerade in Selbstmitleid.«

»Das verstehe ich, East. Du willst wieder da raus.«

»Am liebsten schon gestern.«

»Ich weiß, Mann, aber ich kann die Heilung deines Arms nicht beschleunigen. Du hattest die besten Chirurgen, die besten Hilfsmittel, und jetzt hast du die beste Physiotherapeutin, die es im Baseball gibt.«

»Aber …«

»Glaubst du, Doc würde seine Karriere aufs Spiel setzen, indem er deine ruiniert? Wenn er dir seine Tochter geschickt hat, um dich wieder fit zu machen, dann hat sie dafür garantiert auch die nötige Qualifikation. Lass dich einfach drauf ein. Setz dir, wenn nötig, deine Kopfhörer auf, hör dir eins von deinen blöden Hörbüchern an, die du dir – auch wenn ich das ums Verrecken nicht verstehen kann – so gern anhörst, und blende sie einfach aus … Aber mach die Stunden bei ihr. Werde wieder gesund. Dann bist du schneller zurück, als du glaubst.«

Leichter gesagt als getan.

»Ja. Wird gemacht.«

Ich beende den Anruf, lehne mich auf dem harten Plastiksitz des Stadions zurück und lege die Füße auf die leere Reihe vor mir.

Und ich wage es, einen Blick auf das zu werfen, was ich verpasse. Die Netze der Backstopbegrenzung verschwimmen vor meinen Augen, während ich auf den Ort starre, an dem ich mein Leben gelebt habe – zwischen den Kreidelinien und hinter der Homeplate.

Es ist verdammt schön. Ein Segen und ein Fluch. Mein Vergnügen und mein Schmerz.

Das Einzige, was ich je gekannt habe.

Das Einzige, was ich jemals habe tun wollen.

Ich verliere mich in meinen Gedanken. Die Zeit vergeht, die Minuten eilen dahin bis zum nächsten Spitzenspiel heute Abend, das ohne mich stattfindet. Und wie jeden Abend, wenn mein Team ohne mich spielt, kämpfe ich gegen die hilflose Wut an, die meine Gedanken beherrscht.

Ich weiß, dass er dort ist. Ich kann ihn spüren, bevor ich das Knacken des Stuhls ein Stück weiter in meiner Reihe höre, gefolgt von seinem Räuspern. Ich schaue nicht zu ihm hin – ich weiß nicht recht, ob ich mir im Moment sein Gelaber anhören möchte –, also nicke ich nur, statt etwas zu sagen.

»Der Zeit nach zu urteilen, die du schon hier draußen sitzt, anstatt beim Teamtreffen zu sein, gehe ich wohl recht in der Annahme, dass du noch nicht wieder spielen darfst?«

»Hallo, Dad. Wie geht es dir heute?«

»Bedeutet das ein Nein?«

»Was glaubst du?«

»Spiel hier nicht den Klugscheißer.« Keine Spur von Humor, keine Wärme in seiner Stimme.

»Tue ich nicht. Ich bin hier. Sie sind dort. Und es ist erst zwei Tage her, seit du mir zuletzt genau die gleiche Frage gestellt hast. Glaubst du also wirklich, ich wäre seitdem auf wundersame Weise genesen?«

Ich bin eindeutig nicht in der Stimmung, mir diesen Schwachsinn anzutun.

»Das Team …«

»Dad, es gibt noch anderes im Leben als Baseball.« Zum ersten Mal schaue ich in seine Richtung. Ich lächle nicht, nicke nicht, ziehe hinter meiner Sonnenbrille nur die Augenbrauen hoch, in einem halbherzigen Versuch zu verschleiern, dass ich ihn gerade einfach nur als Dad brauche, nicht als die Baseballgröße Cal Wylder.

»Was denn zum Beispiel, Sohn? Hast du eine Familie, zu der du jeden Abend zurückkommen kannst? Nein. Dieser Verein ist deine Familie. Deine Teamkollegen sind deine Brüder. Und im Moment lässt du sie hängen, weil du nicht jeden Abend zum Essen am Tisch sitzt.«

Ah. Kantige Liebe, Wylder-Stil. Das muss man mögen. Aber eigentlich sollte ich nichts anderes erwarten. Es war immer noch ein Fly Ball, noch ein Wurf zur Second Base, noch ein Machen wir weiter, bis du es richtig hinkriegst, Sohn, bevor wir zum Mittagessen, zum Abendessen oder nach Hause gehen konnten.

Um mich dem ewig gleichen Streit zwischen uns zu entziehen, schaue ich weg und lege den Kopf auf die Rückenlehne. Es ist viel leichter, sich auf den blauen Himmel über uns zu konzentrieren und mich in Selbstmitleid zu suhlen, als mich mit ihm auseinanderzusetzen. »Tut mir leid, Pops. Ich habe zwar dein Talent am Ball geerbt, aber garantiert nicht deine gottähnliche Fähigkeit zu heilen.«

»Vielleicht verbringst du nicht genügend Zeit im Trainingsraum. Man muss sich richtig reinhängen, um nach einer Verletzung wieder fit zu werden. Du weißt, wenn du die Muskeln rund um den Riss genügend stärkst, dann entlasten sie die Manschette.«

»Schon kapiert.« Ich beiße die Zähne zusammen.

»Mit jedem Tag, den du nicht auf dem Spielfeld bist, bietest du einem anderen Spieler die Gelegenheit, dir deine Startposition wegzunehmen. Du musst da sehr wachsam sein.«

»Selbstverständlich.«

»Ich meine das ernst, Easton. Das ist wichtig, also geh auch so damit um.« Seltsam, wie ich – egal wie oft er diesen Satz im Laufe der Jahre gesagt hat – auf einmal wieder acht Jahre alt bin, auf dem Mound der Little League stehe, vor Frust beinahe heule, weil ich es nicht schaffe, den Ball in die Strike Zone zu schlagen, und er mir sagt, dass ich mir nicht genügend Mühe gebe. Und wie er, weit über eine Stunde nach dem letzten Inning, auf einem Eimer hinter der Home Plate saß und zehn weitere Schläge am Stück verlangte, bevor wir nach Hause gehen konnten.

An dem Tag habe ich ihn gehasst.

Später habe ich ihn dafür respektiert, aber an jenem Tag habe ich ihn gehasst.

Ähnlich wie jetzt. Es hat sich nicht viel verändert.

»Ich weiß, dass du das ernst meinst. Gar keine Frage, Dad. Glücklicherweise meint es die Geschäftsführung ebenfalls ernst, schließlich haben sie gerade Doc für meine Reha eingestellt.«

»Hmm«, murmelt er, und ich muss mich mit aller Gewalt zwingen, die Augen geschlossen zu halten und auf das zu warten, was jetzt vermutlich kommen wird. Wenn er dieses Geräusch von sich gibt, folgt nie etwas Gutes. »Doc, ja? Hoffen wir, dass du bei ihm nicht auch drei Termine sausen lässt wie bei dem vorigen Trainer. Das würde dem Verein einen Grund liefern, dich rauszuwerfen.«

»Sie werfen mich nicht raus, Dad.« Aber er hat den Samen gesät, und ich weiß, heute Nacht, wenn ich nicht schlafen kann, wird er mich quälen. »Außerdem habe ich die Termine versäumt, weil mir keine andere Wahl blieb. Ich musste mich um Mom kümmern.«

Ich warte auf seine missbilligenden Worte, aber sie bleiben aus. Tatsächlich erwidert er gar nichts, und ich bin mir nicht sicher, ob ich dankbar sein sollte für das Schweigen oder besorgt.

»Es ist eine Schande, dass das … Problem … deiner Mutter deine Karriere beeinträchtigt.«

Ich beiße die Zähne zusammen und unterdrücke den Seufzer, den bestimmt jedes Scheidungskind nur zu gut kennt, wenn ein Elternteil den anderen schlecht macht. »Tja, nun, ihr Problem war das Ergebnis von Dingen, auf die ich keinen Einfluss hatte. Sie war allein, und sie ist gestürzt. Irgendjemand musste sich um sie kümmern. Und, zu deiner Information: Ich habe angerufen, habe mir sagen lassen, was ich tun soll, und habe die Übungen dann für mich allein gemacht.«

Er räuspert sich, seine übliche Art, einem zu signalisieren, dass er einem das nicht abnimmt, aber im Moment ist mir das herzlich egal. Ich liebe ihn mehr als alles andere, aber an den meisten Tagen kann ich ihn nicht ausstehen und seine fordernde Erwartungshaltung ebenso wenig.

»Das ist nicht dasselbe. Du musst Präsenz zeigen, musst gesehen werden. Der Verein ist nicht glücklich, Easton …« Er redet nicht weiter, aber den verdammten Samen, den er mir eingepflanzt hat, wird es trotzdem nähren. »Dein Schläger hat gebrannt. Du hattest einen richtigen Lauf, du hast Läufer nach Belieben ausgeschaltet, und deine Bilanz als Pitcher war makellos. Jeder Tag, den du nicht da bist, ist ein weiterer Tag, an dem diese Tatsachen in Vergessenheit geraten, und in einem Spiel, in dem Statistiken alles sind, gibt das Anlass zur Sorge.«

»Und da dachte ich schon, du machst mir ein Kompliment und belässt es einfach dabei. Ich hätte es besser wissen müssen.«

»Easton.« Das ist eine Warnung. Eine Forderung nach Respekt. Eine, die ich häufiger gehört habe, als ich zählen kann. Und trotzdem schwingt etwas mit, das ich nicht zu fassen bekomme.

»Was für eine Schande, dass meine Rotatorenmanschette zerrissen wurde. Muss wohl meine Schuld gewesen sein, dass dieser Arsch meinen Arm bei einem Tag nach hinten gerissen hat. Hätte ich während des Sturzes um eine Auszeit bitten und ihm vorschlagen sollen, etwas anderes zu verletzen? Einen Knochen zu brechen, weil der schneller heilt als Sehnen? Hätte ich das tun sollen, Dad? Hätte das deinen Erwartungen entsprochen?« Meine Stimme wird mit jedem Wort lauter, mein Frust und meine Wut sind nicht zu überhören. Und verdammt, ja, ich verhalte mich respektlos, aber er auch, und ich kann es nicht mehr hören.

Stille senkt sich über dieses Haus, in dem ich aufgewachsen bin, im Schatten des eisernen Giganten, der da neben mir sitzt, der dieses Stadion während seiner gesamten Karriere dominiert hat. Ich richte den Blick auf das Centerfield, wo seine Nummer, 22, seit seinem Rückzug die Wand schmückt, und frage mich, ob ich wohl jemals den Erwartungen gerecht werde, die er damals, als ich acht war, auf dem Mound zum Ausdruck gebracht hat.

Ich bin mir da nicht so sicher.

»Schau, du hast recht.« Statt sich zu entschuldigen, seufzt er. »Ich will doch nur das Beste für dich, Easton. Das wollte ich immer. Ich finde es schrecklich, dass du verletzt bist. Ich finde es schrecklich, dass deine Schulter nicht so schnell wieder in Ordnung kommt, wie sie das sollte. Und ich finde es schrecklich, hier zu sitzen und nichts für dich tun zu können.«

Ich sehe zu ihm hinüber, sehe sein schwarzes Haar mit den grauen Schläfen und seine Augen, die genau wie meine sind, und weiß, er meint es gut. Der harte Hund mit dem Sohn, der dort weitermacht, wo er aufhörte, als er sich aus dem Sport zurückzog.

»Du kannst einfach mein Vater sein. Das würde mir helfen.«

Und doch weiß ich, dass sich Cal, der Dreitausend-Treffer-Spieler, nicht von Cal, Eastons Vater, trennen lässt.

Sie sind ein und derselbe.

Waren sie schon immer.

Und werden sie auch immer sein.

3

Scout

Jedes Mal, wenn einer seiner Füße auf das Laufband donnert, werde ich wütender.

Jedes Mal, wenn er vor Anstrengung keucht, ebenfalls.

Und dann das Piepsen. Das, das mir anzeigt, dass seine dreißig Minuten Hochleistungslauf rum sind, und jetzt ist es an mir, Hand an ihn zu legen und die Trainingseinheit zu vervollständigen.

Ich Glückliche.

Ich bin gereizt. Genervt. Und ich weiß nicht recht, ob meine derzeitige Wut Folge meiner Erschöpfung ist, weil ich gestern Nacht zu viele Stunden damit verbracht habe, Easton Wylder zu googeln, oder der Tatsache geschuldet ist, dass er mich offenbar ebenfalls gegoogelt hat.

»Werden Sie meinen Arm heute tatsächlich noch anfassen, oder beschränkt sich das Können, mit dem Sie sich gestern gebrüstet haben, auf: Laufband, dreißig Minuten, Stufe zehn? Wenn Sie mir aus dem Weg gehen möchten, sollten Sie sich vielleicht für die nächsten Monate krank melden.« Seine Stimme trieft vor Sarkasmus. Seine nicht zu überhörende Verachtung für mich lässt das Gleichgewicht, zu dem wir – wie ich geglaubt hatte – gestern noch gefunden hatten, null und nichtig erscheinen.

Ich muss mich umdrehen, ihn anschauen, aber ich zögere es hinaus. Die Fotos, auf die ich bei Google gestoßen bin, haben sich in mein Gehirn eingebrannt. Der Charity-Kalender, dessen Kalenderblatt für April ein Foto von ihm zeigt, auf dem er nichts anhat außer einem strategisch platzierten Baseballhandschuh. Die Body-Issue-Ausgabe des ESPN Magazine, wo er den Schläger schwingt – nackt –, wobei die Stellung seiner Beine das Interessanteste verbirgt. Die Verleihung der ESPY-Awards, wo er umwerfend aussieht in seinem dreiteiligen Anzug. Alle wirbeln sie in meinem Kopf herum und erinnern mich daran, wie diese harten Konturen und muskulösen Kanten in echt aussehen.

Und eine Frau müsste schon das Zeitliche gesegnet haben, um nicht heiß auf ihn zu sein.

Also mache ich mich seelisch auf die Wirkung seines Anblicks gefasst – doch als ich mich umdrehe, hilft mir das auch nicht. Vermutlich würde überhaupt nichts helfen. Denn selbst in seinem schweißgetränkten T-Shirt sieht er noch immer atemberaubend gut aus, eine Mischung aus typischem Amerikaner und zerrauftem Naturburschen. Noch immer strahlt er eine gewisse Arroganz aus. Das Seltsame ist, dass diese Arroganz heute, nachdem ich gestern stundenlang Fotos von ihm angeschaut habe, seine Anziehungskraft irgendwie noch verstärkt.

Und dann grinst er, und ich schüttele den Kopf und zweifle an meiner geistigen Gesundheit.

»Dann wollen Sie also tatsächlich, dass ich mir Ihren Arm anschaue? Sie wollen ihn mir wirklich anvertrauen? Und da hatte ich doch glatt den Eindruck gewonnen, Sie hielten mich bloß für eine Vorzeigetrainerin.«

»Wie bitte?« Er grinst.

Zeit, ein paar Sachen zwischen uns klarzustellen. Gutes Aussehen geht nicht als Entschuldigung dafür durch, dass man sich wie ein Arschloch aufführt. »Sie wissen schon, Vorzeigetrainerin – eine, die nett anzuschauen ist, aber sonst nicht viel draufhat.«

Er zuckt mit den Schultern. »Wer sich den Schuh anziehen will …«

Ich trete einen Schritt näher auf ihn zu. Seine sarkastische Antwort schürt die Glut meines Zorns, die er gestern entfacht hat. »Führen Sie sich nicht auf wie ein Trottel. Wenn Sie herausfinden möchten, ob ich für die Arbeit qualifiziert bin – in der Lage, Sie wieder in Topform zu bringen –, dann fragen Sie mich nach meinen Zeugnissen. Hätten Sie gern einen Lebenslauf? Referenzen? Ich gebe Ihnen gern eine ganze Liste, also hören Sie auf, herumzuschnüffeln, Anrufe zu machen und mich auf ganzer Linie infrage zu stellen, ohne vorher mit mir zu reden. Verstanden?«

Wir starren uns an. Er hat die Unterlippe mit den Zähnen gepackt, um sein Lächeln besser unterdrücken zu können. »Sie möchten doch, dass ich meine Reha ernst nehme, oder? Also machen Sie es mir nicht zum Vorwurf, wenn ich mich vergewissere, ob die damit betraute Person auch wirklich etwas drauf und genügend Erfahrung hat. Ich vertraue meinen Körper nicht irgendjemandem an, schon gar nicht einer Anfängerin, die sich erst noch ihre Sporen verdienen muss. Verstanden?«

»Eins zu null für Sie«, murmele ich, während wir mit unseren Blicken einen Krieg voller Aufsässigkeit und Missverständnissen führen. »Wir verschwenden Zeit. Fangen wir an.«

Wenn wir anfangen, vergesse ich vielleicht die Anrufe, die ich gestern Abend bekommen habe. Die von früheren Klienten und Freunden, die ich wieder fit gemacht habe und die mir erzählt haben, dass ich auf Herz und Nieren überprüft werde. Ich war dankbar für die Vorwarnung, und gleichzeitig war ich sauer, dass er meine Qualifikationen hinterfragt.

Aber er hat gerade ein verdammt gutes Argument gebracht.

Ich schnappe mir den Ultraschallwagen und rolle ihn zum Tisch, aber er steht noch immer so da wie gestern, hat noch immer Zweifel an mir. Er glaubt offenbar nicht, dass ich genügend Erfahrung für diese Aufgabe habe, aber darüber gehe ich jetzt einfach hinweg. Es war klar, dass er mich nach meiner Zurechtweisung entweder respektieren oder einem Test unterwerfen würde, und wie es aussieht, wird es wohl Letzteres sein.

»Und?«, frage ich schließlich, als er sich nicht rührt.

»Möchten Sie mir sagen, wo Doc ist?«

»Er ist gerade an der Ostküste und hat einen vollen Terminkalender. Wie Sie wissen, kommt eine Verletzung ohne Vorwarnung.« Ich halte seinem Blick stand und hoffe, dass er die Lüge nicht durchschaut.

»Aha.« Er nickt nur, aber ich merke, dass ihn das nicht überzeugt. Er ist derjenige, der gestern Abend herumtelefoniert hat, also hat er garantiert herausgefunden, dass Doc schon eine Zeit lang nirgends mehr aufgetaucht ist. Aber da muss etwas in meinem Blick sein – etwas, das ich verzweifelt zu verbergen suche –, das ihn davon abhält weiterzubohren. »Er ist der Beste, den es gibt«, sagt Easton.

»Stimmt.«

»Sollte ich mir also Sorgen machen?«

»Worüber?«, frage ich zurück.

»Wenn er der Beste ist, heißt das dann nicht, dass Sie nur die Zweitbeste sind?«

Seine Bemerkung trifft mich mehr, als mir lieb ist, aber es ist sein Körper, seine Karriere, und er hat das Recht zu fragen.

»Zweiter hinter Doc Dalton zu sein ist nicht die schlechteste Qualifikation. Ich habe von diesem Mann alles gelernt, was ich kann. Ich versichere Ihnen, er ist der Letzte, den ich enttäuschen möchte, und von diesem Vorsatz profitieren Sie, also …« Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Sie Glücklicher.«

»Ich Glücklicher«, murmelt er, rührt sich aber noch immer nicht. »Das Problem ist, dass ich nach wie vor nichts über Sie weiß, und trotzdem stehen Sie dort und wollen an meinem Arm arbeiten.«

»Was würden Sie gern wissen?« Allmählich werde ich ungeduldig. Ein weiterer Tag, eine weitere Runde Schwachsinn, und wieder geht Zeit verloren. Aber zumindest hat er zugehört und fragt mich, anstatt woanders nach Antworten zu suchen.

»Wie waren Ihre Statistiken in den Major Leagues?«

»Wie bitte?«

»Ich habe nach Ihren Statistiken gefragt. Errors, On-base Percentage, Batting Average. Fielding Percentage. Sie wissen schon. Statistiken.«

»Ich weiß, was Statistiken sind«, erwidere ich trocken.

»Aber wenn Sie nie in den höheren Ligen gespielt haben, wie wollen Sie dann wissen, wie sich mein Arm anfühlen sollte, sodass Sie ihn wirklich wieder hundertprozentig hinkriegen?«

Er lässt die Tatsache außer Acht, dass auch kein anderer Physiotherapeut in den Major Leagues gespielt hat … Aber ich habe eine bessere Methode, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Waren Sie jemals eine Frau?«

»Wie bitte?« Jetzt ist er an der Reihe, von einer unerwarteten Frage überrumpelt zu werden. »Natürlich nicht. Ich habe genügend Beweise, dass ich durch und durch Mann bin.«