Polarnächte - Eine neue Hoffnung - Ellinor Rafaelsen - E-Book
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Polarnächte - Eine neue Hoffnung E-Book

Ellinor Rafaelsen

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Beschreibung

Wer hoch fliegt, kann tief fallen … Spitzbergen, 1917. Gerade als Tora glaubte, ihren Verlobten an eine andere verloren zu haben, scheint es, als könnte doch noch alles gut gehen: Anton gesteht ihr seine Liebe und seinen Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft. Doch dann drohen bösartige Gerüchte, Toras Leben abermals ins Chaos zu stürzen: Denn es werden Stimmen laut, die behaupten, sie hätte ein Verhältnis mit Harald, dem Mann ihrer besten Freundin Benedikte … Schon bald hängen sowohl ihre Freundschaft als auch ihre große Liebe am seidenen Faden – kann Tora sie noch retten? Unter goldener Mitternachtssonne entscheidet sich zwischen den Gletschern und Fjorden Spitzbergens das Schicksal einer großen Liebe …

  • Band 4 der gefühlvollen »Polarnächte«-Reihe
  • Handlungsort und -zeit: Longyearbyen auf Spitzbergen; 1917
  • Eine Skandinavien-Saga für Fans von Ines Thorn und Arabella Meran
In Band 5 steht Tora ein großer Schicksalsschlag bevor …

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 189

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über dieses Buch:

Spitzbergen, 1917. Gerade als Tora glaubte, ihren Verlobten an eine andere verloren zu haben, scheint es, als könnte doch noch alles gut gehen: Anton gesteht ihr seine Liebe und seinen Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft. Doch dann drohen bösartige Gerüchte, Toras Leben abermals ins Chaos zu stürzen: Denn es werden Stimmen laut, die behaupten, sie hätte ein Verhältnis mit Harald, dem Mann ihrer besten Freundin Benedikte … Schon bald hängen sowohl ihre Freundschaft als auch ihre große Liebe am seidenen Faden – kann Tora sie noch retten?

Über die Autorin:

Ellinor Rafaelsen ist eine norwegische Autorin und Journalistin, die 1945 geboren wurde. In ihrer über drei Jahrzehnte währenden schriftstellerischen Laufbahn hat sich Rafaelsen als renommierte Autorin historischer Romane und Liebesromane etabliert. Inspiriert von ihren Reisen und ihrem siebenjährigen Aufenthalt in Spitzbergen hat Rafaelsen über 100 Bücher geschrieben, die die Leser mit lebendigen Beschreibungen und fesselnden Handlungssträngen in ihren Bann ziehen.

Ellinor Rafaelsen veröffentlichte bei dotbooks bereits ihre »Polarnächte«-Reihe mit den Bänden »Das Lied des Schicksals«, »Das letzte Schiff«, »Ein Leben voller Neuanfänge«, »Eine neue Hoffnung« und »Herzen in Aufruhr«.

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Erstausgabe April 2025

Die norwegische Originalausgabe erschien erstmals 2009 unter dem Originaltitel »Trollbundet« bei Cappelen Damm, Oslo.

Copyright © der norwegischen Originalausgabe 2009 Cappelen Damm

Copyright © der deutschen eBook-Erstausgabe 2025 dotbooks GmbH, München

Übersetzt von Inge Wehrmann

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motives von Korea Saii / Adobe Stock sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-98952-530-6

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dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/support-children-and-young-people. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!

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Ellinor Rafaelsen

Polarnächte – Eine neue Hoffnung

Roman – Band 4

Aus dem Norwegischen von Inge Wehrmann

dotbooks.

Wichtige Personen in diesem Buch

Tora Lyngvik – junges Mädchen aus Tromsø

Anton Knutsen – Toras Verlobter

Harald Havre – Bergbauingenieur

Benedikte Havre – Haralds Ehefrau

Sarah-Ellen Johnsen – Köchin in der Arbeiterkantine

Mattias Lind – Bauunternehmer

Kapitel 1

Fassungslos starrte Tora in Harald Havres Gesicht. Einen kurzen Moment lang dachte sie, das schummrige Licht in dem engen Barackenflur hätte sie getäuscht. Es konnte doch unmöglich Benediktes gestrenger, penibler Ehemann sein, der sie soeben grob und brutal auf den Mund geküsst hatte und sie jetzt mit eisernem Griff so fest umklammerte, dass es wehtat!

Sie begann zu zittern, aber keineswegs vor Leidenschaft oder unterdrückter Begierde. Ein Gefühlschaos aus Schock, Entsetzen, Scham und Zorn raubte ihr den Atem. Beim Gedanken an seine Lippen und den Geschmack seiner Zunge wurde ihr übel und sie hatte das dringende Bedürfnis, sich den Mund auszuspülen.

»Harald Havre!« Ihre Stimme bebte, als sie endlich ihre Sprache wiedergefunden hatte. »Herr Havre … lass mich los!« Sie versuchte, sich zu befreien, aber Havres Griff war wie ein Schraubstock. Er war so viel stärker als sie.

»Lass los, sag ich dir!« Tora war dermaßen außer sich vor Wut und Angst, dass ihr nicht im Traum eingefallen wäre, ihn zu siezen. »Wie kannst du es wagen, du elender Dreckskerl! Bist du verrückt geworden?« Sie fluchte nicht oft, aber jetzt ging es nicht anders, denn mit normalen, höflichen Worten konnte sie nicht ausdrücken, was sie meinte.

»Halt’s Maul, du kleine Schlampe!« Havre packte sie am Schopf und zog ihren Kopf nach hinten.

Schwaches Licht drang von draußen in den Flur, sodass Tora den Blick seiner blaugrauen Augen wahrnehmen konnte. Einen Blick, den sie nicht recht deuten konnte. War es Zorn, Hass oder Wollust? Oder eine Mischung aus den drei Gefühlen?

»Welche Flausen setzt du meiner Frau in den Kopf, wenn du dich bei ihr einschleichst und unsere Kaffeerationen austrinkst?«, wetterte er und riss ihr fast die Haare aus. »Was willst du ihr einreden? Was?«

»Au!« Tora konnte den Kopf nicht bewegen und versuchte, mit Fäusten auf ihn einzudreschen, doch er drückte sie an die Wand und hielt ihre zarten Handgelenke fest.

»Redest du ihr ein, sie bräuchte nicht mit mir zu schlafen? Dass sie selbst entscheiden kann, wie oft …«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, zischte Tora und spürte, dass ihre Wut stärker war als ihre Furcht.

»Ach nein?« Mit seinem ganzen Gewicht presste er sie gegen die Wand. Als sie versuchte, das Gesicht von ihm abzuwenden, schürfte sie sich die Wange an der rauen Teerpappe der Wandverkleidung auf. »Glaubst du etwa, ich hätte dich nicht gesehen?«, schnauzte Havre. »Glaubst du etwa, eure kleinen Kaffeeplaudereien wären geheim geblieben?«

»Ich …«

»Halt’s Maul! Ich habe gesehen, wie du dich reingeschlichen hast.«

»Ich schleiche mich nicht rein! Jeder darf sehen, wohin ich gehe!«

»Wie dem auch sei. Aber du bist nicht willkommen bei uns. Das habe ich zu Benedikte gesagt, und jetzt sage ich es zu dir. Ich werde dieses Freundschaftsverhältnis zwischen euch beiden nicht länger dulden. Benedikte ist wie verwandelt. Ich erkenne meine eigene Frau nicht wieder, und ich bin überzeugt, dein schlechter Einfluss ist schuld daran. Meine Frau ist nämlich sehr unselbstständig und lässt sich leicht führen.«

»Da irrst du dich! Benedikte ist stärker, als du glaubst, sie ist …« Tora verstummte, als sie Wut in seinen Augen aufflammen sah. Ihr wurde klar, dass sie etwas verraten hatte, das sie nicht hätte sagen sollen. Denn Harald Havre wollte auf keinen Fall hören, dass seine Frau stark und selbstständig war. Er wollte ein Heimchen am Herd, ein zartes, fügsames Geschöpf, das von ihm abhängig war und über das er nach Lust und Laune bestimmen konnte. Dass Benedikte anfing, sich gegen ihn aufzulehnen, gefiel ihm natürlich ganz und gar nicht.

»Sie ist nicht stark, glaub mir!«, schimpfte Havre. »Du kannst deinen Plan also aufgeben!«

»Welchen Plan?«

»Sie gegen mich aufzuhetzen!«

»Das will ich doch gar nicht! Au, du ziehst an meinen Haaren!«

»Ja, und ich werde noch viel fester ziehen, wenn du nicht schwörst, dich von meiner Frau fernzuhalten!«

»Das kann ich nicht … Au!«

»Du hältst dich von ihr fern, sage ich dir! Du hast schon genug Schaden angerichtet. Benedikte verweigert sich mir im Bett. Und das ist deine Schuld!«

Tora fuhr zusammen, als er ihr Haar losließ und seine Hand blitzschnell zwischen ihre Schenkel schob.

»Ein Mann erträgt es nicht, wenn seine Gelüste nicht befriedigt werden«, raunte er ihr ins Ohr.

Sie spürte, wie sein warmer, fremder Atem ihr Gesicht streifte.

»Bekommt er, was er braucht, nicht zu Hause, muss er sich anderswo bedienen«, fuhr er mit belegter Stimme fort. »Und du …« Wieder drückte er sie mit seinem Körper gegen die Wand.

Tora wurde schwindelig, als sie spürte, wie er sein hartes Glied an ihren Bauch presste und ihr klar wurde, was er im Sinn hatte.

»Ich habe nicht viel für dich übrig, Tora Lyngvik«, redete er weiter und rieb seinen Schritt an ihrem Körper, während er begann, ihren Rock hochzuziehen. »Aber eins muss ich dir lassen. Du hast einen schönen Körper, hübsche, feste Brüste und runde Hüften. Du bist ein verführerisches, wollüstiges kleines Luder. Ich glaube, du kannst so manchen Mann glücklich machen mit deinem Hüftgewackel! Und … du schuldest mir noch was!«

»Lass mich los!«, schrie Tora. »Ich schulde dir gar nichts!« Sie versuchte, ihn wegzuschieben, aber er hielt immer noch ihre Hände hinter ihrem Rücken fest.

»Oh, doch! Du schuldest mir was für die Unterkunft, für viele Tage Kost und Logis, für die Benutzung meines Bettes und meiner Bettwäsche. Du bist mir ein Dankeschön schuldig, weil ich so großherzig war, dich bei uns wohnen zu lassen, obwohl dein Platz draußen auf der Kohlenhalde gewesen wäre! Und weil du in den ersten Wochen nach der Ankunft meiner Frau unser Zusammenleben gestört hast. Ich bin gekommen, um deine Schulden bei mir einzufordern, Tora!«

»Du … du verdammter, feiger Mistkerl!« Tora versuchte, ihr Knie in seinen Schritt zu rammen, als er das Gummiband ihrer Unterhose zu fassen bekam und sie seine Hand auf der nackten Haut spürte. »Lass mich los, sonst schreie …«

Weiter kam sie nicht, bevor sein Mund wieder ihre Lippen verschloss. Wütend biss sie ihn in die Unterlippe und bekam sein Blut zu schmecken. Erschrocken wich er zurück und Tora ergriff die Gelegenheit, ihm ins Gesicht zu spucken.

Ihr Angriff erfolgte so plötzlich, dass er einen Augenblick nicht aufpasste. Er zog die Hand unter ihrem Rock hervor, um sich das Gesicht abzuwischen. Gleichzeitig hielt er ihre Hände weiterhin umklammert, wodurch sie immer noch wehrlos blieb. Sie wollte ihn kratzen, schlagen und treten, aber er war viel, viel stärker als sie.

»Du Luder!«, kreischte er und versetzte ihr einen kräftigen Schlag auf den Mund.

Tora sah Tausende von Sternen vor ihren Augen tanzen.

»Dir werde ich’s zeigen!«

Sie konnte nichts anderes tun, als um Hilfe zu rufen, das wusste sie. Doch mehr als einen jämmerlichen Schluchzer brachte sie nicht heraus.

Dann hielt er ihr den Mund zu und erstickte ihren Schrei. Er ließ ihre Hände los und machte sich erneut unter ihrem Rock zu schaffen, während er gleichzeitig versuchte, sie in den Raum zu zerren, den sie gerade sauber gemacht hatte.

Toras Zorn flammte erneut auf. Unverdrossen drosch sie mit Fäusten auf ihn ein und merkte, dass sie einen Volltreffer auf seiner Schläfe gelandet hatte. Sie wollte ihm das Gesicht zerkratzen, was ihr jedoch nicht sonderlich gut gelang, denn auf Sara-Ellens Anordnung, hatte das Küchenpersonal stets mit kurz geschnittenen Nägeln auf der Arbeit zu erscheinen.

»Du Schwein!« Sie versuchte, nach ihm zu treten, verlor dabei jedoch das Gleichgewicht, was er gleich ausnutzte und ihr einen Schubs versetzte, sodass sie auf den harten Boden stürzte.

Tora kämpfte unerbittlich. Sie fauchte wie eine Wildkatze, schlug und trat um sich, kratzte und biss, auch wenn sie merkte, dass er mehr und mehr die Oberhand gewann. Ihr Rock war schon bis zur Taille hochgeschoben.

Er war geradedabei, seinen Hosenstall aufzuknöpfen, als Tora – stumm zu Gott betend, er möge sie verschonen – bemerkte, wieein dunkler Schattenauf sie und ihren Peiniger fiel. Im ersten Moment dachte sie, der Herr hätte ihre Gebete erhört und einen Engel geschickt … einen dunklen, riesigen Engel …

Erst als Havre von ihr abließ und sie ihn seitwärts zu Boden taumeln sah, erkannte sie, dass ihr Beistand in größter Not kein Engel war, sondern höchst menschlich. Erleichtert brach sie in Tränen aus, denn ihr Retter, der Havre gerade mit einem Kinnhaken niederstreckte, war Anton. Ihr geliebter Anton!

Sie zog Unterwäsche und Rock zurecht und sah ängstlich zu, wie Anton zu einem weiteren Schlag ausholte, während Havre versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Eine Sekunde lang sah sie ein mörderisches Glitzern in seinen Augen, bevor er sich auf Anton warf, aber Anton war flinker als Havre. Er sprang zur Seite, und Havre verlor erneut das Gleichgewicht.

»Ich schlag dir den Schädel ein!« Anton hob erneut die Faust. »Du verfluchter …«

»Anton … Anton! Nein!« Toras Stimme hallte in der leeren Baracke wider. »Lass es sein, Anton. Man wird dich bestrafen. Du wirst dafür bezahlen!«

Als hätte der Klang ihrer Stimme ihn aus einem roten Nebel gerissen, erstarrte Anton mit erhobener Faust, während Harald Havre seine Chance erkannte und an ihm vorbei aus der Baracke stürmte.

Mit geballten Fäusten blieb Anton ratlos stehen und schaute ihm nach, als würde er sich fragen, ob er dem Mann hinterherjagen sollte. Sein Atem ging stoßweise, und er schien Toras Anwesenheit vergessen zu haben, bis er sie weinen hörte.

Da besann er sich und war nach zwei großen Schritten an ihrer Seite. Seine Knie knackten ein wenig, als er sich neben sie setzte und seine Arme um sie schlang.

»Tora! Ganz ruhig. Nicht weinen. Er ist fort. Ich bin bei dir.« Sanft strich er ihr über den Kopf und küsste ihren Haaransatz, während er beruhigend auf sie einredete. »Es ist alles gut, Tora. Es ist alles gut.«

Tora lehnte die Stirn an seine Halsbeuge und weinte hemmungslos. Nach einem letzten Schluchzer trocknete sie ihre Tränen, während Anton ihr weiter übers Haar strich und beruhigend auf sie einredete.

»Dafür soll er büßen!«, sagte er entschlossen, als Tora aufgehört hatte zu weinen. Mittlerweile war es draußen dunkel geworden. Auch in dem leeren, kalten Barackenraum herrschte fast völlige Dunkelheit. »Ich werde es melden, damit der Kerl die Strafe bekommt, die er …«

»Nein, Anton!«, keuchte Tora und schüttelte den Kopf. »Nein! Du darfst nichts sagen!«

»Warum nicht?« Er rückte von ihr ab und sah sie verständnislos an. »Warum soll ich nichts sagen? Der Kerl wollte dich vergewaltigen! Oder …«

Plötzlich kniff er die Augen zusammen, löste seine Umarmung und wich noch weiter von ihr ab. Wegen der Dunkelheit, konnte Tora seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. Doch das Misstrauen, das bei seinen nächsten Worten mitschwang, war deutlich zu hören. »Oder war es gar kein Vergewaltigungsversuch? War es abgesprochen? Ist er deshalb hergekommen – in eine leere Baracke?« Er sprach langsam und betonte jedes einzelne Wort, als würde er nach und nach zu einer Schlussfolgerung kommen. Tora ahnte, worauf er hinauswollte.

»Nein, Anton! Das darfst du nicht von mir denken! Herrgott … Wie kannst du nur so etwas glauben!«

Wieder einmal zeigst du mir, wie wenig du mir vertraust, dachte sie. Du hast geglaubt, ich wäre absichtlich hier auf der Insel geblieben, und jetzt … jetzt denkst du, dass ich und Harald Havre … Sie fing wieder an zu weinen. Diesmal wich sie zurück, als er wieder den Arm um sie legen wollte.

»Du scheinst wirklich nicht viel von mir zu halten, Anton.«

»Warum willst du ihn denn nicht anzeigen?«, fragte Anton misstrauisch.

»Weil … weil das Benedikte schrecklich wehtun würde«, erwiderte Tora und trocknete ihre Tränen. »Sie wäre am Boden zerstört. Ihre Ehe ist ohnehin schon in Gefahr. Und das hier … es würde alles zerstören.«

»Und du glaubst, das ist dein Problem? Deine Verantwortung?« Anton schüttelte den Kopf. »Willst du Benediktes schlechtes Verhältnis zu ihrem Ehemann retten?«

»Nein, das kann ich nicht, aber ich könnte es zerstören. Und das will ich nicht.«

»Wieso nicht? Welche Rolle spielt das für dich?«

Tora antwortete nicht gleich. Anton hatte recht, es spielte keine Rolle für sie, wie es um das Verhältnis zwischen Benedikte und Harald bestellt war. Die Eheprobleme der beiden waren nicht der Grund für ihre Weigerung, Haralds Vergewaltigungsversuch publik zu machen, dafür gab es ganz andere Gründe. Sie fürchtete die Schande. In einem kleinen Ort wie diesem würden sämtliche Einwohner davon erfahren. Alle würden sie anschauen und vielleicht dieselben Schlüsse ziehen wie Anton. Sie würden sich hinter ihrem Rücken das Maul über sie zerreißen. Die Kälte, die man ihr zuteilwerden ließ, nachdem sie sich, wie die meisten glaubten, die Aufnahme in diese kleine Gesellschaft erzwungen hatte, würde noch eisiger werden, was für Körper und Seele unerträglich wäre.

Nicht nur deshalb wollte sie, dass das Geschehene verschwiegen wurde. Es gab noch einen anderen Grund. Benedikte. Benedikte Havre war die einzige Freundin, die sie in Longyear City hatte. Der einzige Mensch auf dieser ganzen frostigen Insel, der ihr nahestand. Was würde aus ihrer Freundschaft werden, wenn Benedikte erfuhr, was geschehen war? Würde sie Tora glauben? Würde sie sie – wie Anton – verdächtigen, ein schmutziges, heimliches Verhältnis mit ihrem Mann zu haben? Und wenn Benedikte ihr glaubte – wie sehr würde es sie verletzen?

»Nein, Anton«, murmelte sie in der Dunkelheit. »Niemand darf davon erfahren.«

»Warum nicht?«

»Wegen Benedikte. Wir müssen Rücksicht auf sie nehmen.«

»Rücksicht?«

»Ja. Sie leidet so schon genug.«

»Wenn wir sie verschonen, verschonen wir auch ihren verfluchten Ehemann!«, herrschte Anton sie an. »Verstehst du das nicht?«

»Doch, das verstehe ich, aber das spielt keine Rolle. Ich will nicht, dass es herauskommt! Hast du gehört?«

Sie wandte sich ihm zu, konnte jedoch in der Dunkelheit nur seine Umrisse erkennen. »Bitte, Anton! Hör auf mich. Bringe es nicht zur Sprache! Ich komme in Verruf. Viele werden vielleicht dasselbe denken wie du. Der Ort ist so klein, und was würde es mir nützen? Herr Havre ist hier in der Stadt ein hoch angesehener Mann. Er wird etwas ganz anderes als die Wahrheit behaupten. Und was glaubst du, wem von uns beiden man glauben wird? Ihm oder mir? Dieser unmöglichen Frauensperson, die sich gegen den Willen der Gesellschaft hier eingenistet hat.« Sie trocknete noch ein paar Tränen und schüttelte den Kopf. »Hier gibt es keinen einzigen Polizisten, der ihn verhaften könnte!«

»Nein …« Anton hatte sich ein wenig beruhigt. Er sah ein, dass Tora recht hatte. Es gab kaum eine Chance, dass der Mann bestraft wurde. Nicht Herr Havre, sondern Tora würde von den Leuten der Stadt geächtet.

»Tora, meine Tora!« Erneut zog er sie an sich, und diesmal ließ sie es zu. Sie fühlte sich leer. Völlig erschöpft. Sie brauchte seine Umarmung. Sie brauchte seine Wärme, brauchte das Gefühl seiner Lippen, die ihre Stirn streiften. Sie brauchte … Anton!

»Anton … Es tut mir so leid!« Sie vergrub ihr Gesicht in seinem kratzigen Wollpullover. »Alles tut mir so leid. All die Probleme, die ich dir bereitet habe. Du musst mich hassen und …«

»Sch! Ich hasse dich doch nicht.« Er umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen. Die Dunkelheit verbarg seinen Blick, aber sie wusste, dass er versuchte, ihr in die Augen zu schauen. »Wie kannst du nur so etwas glauben? Warum sollte ich dich hassen?«

»Weil … weil … ich dir nur zur Last falle.«

»Nein, Tora. Du hast bewiesen, dass du auf eigenen Beinen stehen kannst. Du hast dir Arbeit und einen Platz zum Schlafen beschafft. Du kommst gut zurecht. Du bist keine Last für mich.«

Tora hörte ihm zu, während er ihr weiter übers Haar strich. Er hatte ja recht. Sie fiel ihm nicht mehr zur Last. Sie lebte hier oben in der Grubenstadt ihr eigenes Leben. Sie erledigte ihre Arbeit und war keinem im Weg, abgesehen von Sara-Ellen, die den Barackenraum nicht gern mit ihr teilte. Sonst war sie niemandem ein Klotz am Bein.

»Tora, ich habe dich so vermisst«, flüsterte Anton. »Du ahnst nicht, wie schrecklich es ist, dich in der Kantine zu sehen, wie du die anderen Männer bedienst und es vermeidest, an meinen Tisch zu kommen. Zu sehen, wie du mir die ganze Zeit den Rücken zuwendest und zu wissen, was wir zusammen hatten.« Er schüttelte den Kopf. »Tut es dir denn niemals weh?«

»Doch … die ganze Zeit.« Sie fing wieder an zu weinen. »Es tut immer weh, Anton. Auch wenn ich dich nicht sehe. Ich vermisse dich auch. Ich vermisse dich so wahnsinnig. Aber du … du bist ja so angetan von Undis.«

»Undis?«

»Ja.« Sie richtete sich auf und holte tief Luft, bevor sie mit festerer Stimme fortfuhr. »Glaubst du etwa, nur weil ich dir den Rücken zudrehe, kriege ich nicht mit, wie du mit ihr herumturtelst? Denkst du, ich weiß nicht …«

»Was weißt du?«

»Dass ihr Samstagnacht zusammen wart – lange! Dass du sie geküsst hast …«

»Wer hat das gesagt? Hat Undis …?«

»Ich habe euch gesehen. Ich war in der Baracke, als ihr euch geküsst habt. Und dann seid ihr verschwunden. Undis ist erst am frühen Morgen zurückgekommen.«

»Ja«, seufzte Anton. »Ich war betrunken.«

»Das ist keine Entschuldigung!«, sagte Tora barsch und spürte, wie weh ihr sein halbherziges Geständnis tat. Trotzdem war sie bereit, ihm zu verzeihen, was geschehen sein mochte. Er brauchte nur nicht zu wissen, dass ihr die Vergebung so leichtfiel.

»Es hat mir nichts bedeutet …«

»Aber ihr habt miteinander geschlafen.« Es auszusprechen, schmerzte sie noch mehr. Dennoch konnte sie nicht anders, als sich weiter zu quälen. »Ihr habt miteinander geschlafen, so wie wir zwei …«

»Nein, nicht so wie wir«, unterbrach er sie. »Niemals so wie wir. Es kann niemals so sein wie damals, Tora. Ich liebe dich und nicht Undis.«

»Warum bist du dann mit ihr ins Bett gegangen?« Ihre Stimme bebte, aber sie wollte auf keinen Fall weinen.

»Ja … warum?« Er zog sie fester an sich, als fürchtete er, sie würde sich seiner Umarmung entziehen. »Das frage ich mich auch. Aber, das ist so eine Sache. Wir Mannsleute …«

»Ja, ihr Mannsleute!«, entgegnete Tora resigniert und verärgert. »Ihr schiebt es immer auf eure Männlichkeit.«

»Wir haben unsere Bedürfnisse.«

»Ja, das ist offensichtlich«, erwiderte Tora und dachte an Harald Havres Überfall. »Wenn das Bedürfnis stark genug ist, würdest du vielleicht dasselbe tun wie Herr Havre!«

»Aber Tora!«

»Ja … Entschuldige bitte … Ich habe es nicht so gemeint.«

Eine ganze Weile saßen sie schweigend da und dachten darüber nach, wie albern es war, über männliche Bedürfnisse zu streiten.

»Meinst du immer noch, wir sollten es nicht melden?«, fragte Anton schließlich.

»Ja.«

»Das ist nicht richtig …«

»Wem soll ich es denn melden? Direktor Bay?«

»Ja.«

»Nein, Anton … das will ich nicht. Ich möchte Benedikte nicht wehtun. Es muss einen anderen Weg geben, um den Mann zu bestrafen.«

»Wie fühlst du dich?«, fragte Anton nach einer weiteren kurzen Pause.

»Schmutzig«, antwortete Tora. »Schmutzig, erniedrigt und … wütend!«

»Du musst versuchen, es zu vergessen.«

»Ja.« Sie schwieg ein paar Sekunden lang. »Und warum bist du hergekommen?«, platzte sie schließlich heraus. »Die Baracke ist leer. Du hast deine ganzen Sachen eingepackt und mitgenommen.«

»Ich habe mit Undis gesprochen«, erwiderte Anton zögerlich. »Sie erzählte, dass du hier seist, um sauber zu machen und …« Er zog die Schultern hoch. »Ich bin hergekommen, weil ich dich sehen und mit dir reden wollte, unter vier Augen.«

»Es war gut, dass du gekommen bist.« Tora erschauderte. »Ich will nicht an ihn denken … an das, was er tun wollte.«

»Du sollst auch nicht daran denken!« Anton streckte ihr die Hand entgegen. »Lass uns von hier verschwinden. Es ist eiskalt hier drinnen.«

»Ja …«

Er half ihr auf, und sie brachte ihre Kleidung in Ordnung. Als sie ihre Mütze aufsetzen wollte, zog Anton sie ganz fest an sich.

»Ich liebe dich, Tora«, sagte er leise. »Ich habe dich die ganze Zeit geliebt, das musst du mir glauben. Es war so schrecklich ohne dich …«