Populäre Astronomie - Moritz Ludwig Frankenheim - E-Book

Populäre Astronomie E-Book

Moritz Ludwig Frankenheim

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Beschreibung

Kein Zweig der menschlichen Kenntnisse bietet anziehendere Ergebnisse dar und erlaubt wichtigere Anwendungen auf das thätige Leben, als die Astronomie; aber keine — wir müssen es mit Beschämung gestehn — wenigstens bei uns Deutschen, ist weniger verbreitet als sie. Es ist wahrhaft empörend, wenn man, trotz der großen Anzahl von Lehrbüchern, in jedem Jahre Männer, die sich zu den Gebildeten, ja Gelehrten, zählen, auftreten sieht, um in Druckschriften die gröbste Unwissenheit zur Schau zu legen. Fast scheint es, daß die allgemein gefürchtete Mathematik auch die Astronomie in ihren Bann mit fortgerissen habe. Auch läßt sich nicht leugnen, daß es für einen der mathematischen Sprache unkundigen Leser ein sehr unangenehmes Geschäft ist, die Schlüsse mühsam aus den ihm unverständlichen Beweisen herauszusuchen, und die Mathematik selbst verlangt in der That ein viel zu ernstes Studium, und erscheint dem Anfänger zu schwer und zu trocken, als daß man sie in den schon so weiten Studienkreis der Gebildeten ziehen könnte, und die ersten Anfangsgründe reichen zum Verstehn der Astronomie bei weitem nicht aus. Zwar kündigen sich mehrere astronomische Lehrbücher als populär an, allein wenn die Leser, durch den Titel getäuscht, eine durchgängig  verständliche Darstellung der Astronomie erwarten, so finden sie entweder die Mathematik in andrer Gestalt, wie bei Schuberts populärer Astronomie und La Place’s Exposition du système du monde, oder einen solchen Mangel an Gründlichkeit und Vollständigkeit, daß sie ihren Zweck nicht erreichen.

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Populäre Astronomie

ohne Hülfe der Mathematik

in zwanzig Vorlesungen

erläutertNach der

dreizehnten englischen und dritten französischen Ausgabe

frei bearbeitet

und

mit vielen Zusätzen,

Erläuterungen und Verbesserungen

versehen

von

M. L. Frankenheim

1827

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383838500

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Vorrede.

Erste Vorlesung.

Geschichte der Astronomie von den ältesten Zeiten bis auf Kopernikus.

Zweite Vorlesung.

Neuere Geschichte der Astronomie von Kopernikus bis auf die neueste Zeit.

Dritte Vorlesung.

Allgemeine Übersicht der Himmelskörper und der Art, sie zu beobachten.

Vierte Vorlesung.

Das Sonnensystem.

Fünfte Vorlesung.

Die Bewegung der Himmelskugel, oder die Achsendrehung der Erde.

Sechste Vorlesung.

Die jährliche Bewegung der Sonne, oder die Kreisbewegung der Erde.

Siebente Vorlesung

Die Erde.

Achte Vorlesung.

Von den Erscheinungen, welche die Bewegung der Erde verursacht.

Neunte Vorlesung.

Die Bewegungen der Planeten.

Zehnte Vorlesung.

Die Mondsbewegungen.

Die Mond- und Sonnenfinsternisse.

Elfte Vorlesung.

Von den Bewegungen des Meeres und der Luft; Ebbe und Fluth.

Zwölfte Vorlesung.

Die Bewegungen der Trabanten.

Dreizehnte Vorlesung.

Die Sonne.

Vierzehnte Vorlesung.

Die Planeten.

Topographie der Planeten.

Fünfzehnte Vorlesung.

Der Mond und die Trabanten.

Sechszehnte Vorlesung.

Die Kometen.

Siebzehnte Vorlesung.

Bewegung und Anziehung.

Achtzehnte Vorlesung.

Anordnung der Sterne, Sternbilder.

Neunzehnte Vorlesung.

Die Entfernungen, Bewegungen und Veränderungen der Fixsterne.

Zwanzigste Vorlesung.

Die Sternhaufen, Nebelflecken.

Anhang

Zusätze und Berichtigungen.

Register.

Erklärung der Kupfertafeln.

Figuren.

Vorrede.

Kein Zweig der menschlichen Kenntnisse bietet anziehendere Ergebnisse dar und erlaubt wichtigere Anwendungen auf das thätige Leben, als die Astronomie; aber keine — wir müssen es mit Beschämung gestehn — wenigstens bei uns Deutschen, ist weniger verbreitet als sie. Es ist wahrhaft empörend, wenn man, trotz der großen Anzahl von Lehrbüchern, in jedem Jahre Männer, die sich zu den Gebildeten, ja Gelehrten, zählen, auftreten sieht, um in Druckschriften die gröbste Unwissenheit zur Schau zu legen. Fast scheint es, daß die allgemein gefürchtete Mathematik auch die Astronomie in ihren Bann mit fortgerissen habe. Auch läßt sich nicht leugnen, daß es für einen der mathematischen Sprache unkundigen Leser ein sehr unangenehmes Geschäft ist, die Schlüsse mühsam aus den ihm unverständlichen Beweisen herauszusuchen, und die Mathematik selbst verlangt in der That ein viel zu ernstes Studium, und erscheint dem Anfänger zu schwer und zu trocken, als daß man sie in den schon so weiten Studienkreis der Gebildeten ziehen könnte, und die ersten Anfangsgründe reichen zum Verstehn der Astronomie bei weitem nicht aus. Zwar kündigen sich mehrere astronomische Lehrbücher als populär an, allein wenn die Leser, durch den Titel getäuscht, eine durchgängig verständliche Darstellung der Astronomie erwarten, so finden sie entweder die Mathematik in andrer Gestalt, wie bei Schuberts populärer Astronomie und La Place’s Exposition du système du monde, oder einen solchen Mangel an Gründlichkeit und Vollständigkeit, daß sie ihren Zweck nicht erreichen.

Diese und andre Gründe bewogen mich, ein Werk zu übersetzen, das vor einiger Zeit in England erschienen war, und „die Wunder des Himmels in 20 Vorlesungen ohne Hülfe der Mathematik zu erläutern” versprach. Auch schien ein faßlicher Vortrag und die Aufnahme der herschelschen Entdeckungen es der vielen Auflagen, die es in England und in einer Übersetzung in Frankreich erlebte, werth zu machen. Allein eine genaue Betrachtung zeigte, daß der Titel Vorlesungen, der allerdings manche Freiheit in der Anordnung entschuldigt, doch in zu ausgedehntem Sinne genommen war. Von einer systematischen Anordnung war keine Spur, die Sonnen-, Mond- und Nebelflecken, wie auch die Doppelsterne waren in einer Vorlesung zusammengetragen (welches der englische Verfasser vielleicht von den Deutschen entlehnt hat, die auch alles dasjenige, was sie nicht gehörig einfachen können, unter dem Titel: „Was der Himmel Merkwürdiges zeigt” zusammenstellen, worunter man die ganze Astronomie begreifen könnte). Dasselbe kommt noch einmal unter den Entdeckungen Herschels vor. Überhaupt finden sich zahllose Wiederholungen und, was immer mit Planlosigkeit verbunden ist, Mangel an Vollständigkeit. Daß die Entdeckungen der Deutschen, welche sich hier wahrlich den Ausländern an die Seite stellen können, kaum erwähnt sind, theilt diese Astronomie mit fast allen ausländischen Werken. Auch fehlt es nicht an Irrthümern, z.B. daß der Venusmond eine optische Täuschung sei, weil er immer dieselben Phasen darbot, wie der Hauptplanet u. dgl.

Diese Fehler suchte ich nun möglichst zu vermeiden; die Materien wurden zweckmäßiger geordnet, gleichförmiger bearbeitet, und aus den Werken Laplace’s, Schröters, Schuberts, und mehrern andren ergänzt. Die erbaulichen Betrachtungen, die sich fast in dem Vortrage der Astronomie eingebürgert haben, wird man aber hier vielleicht vermissen. Allein es schien mir immer, daß wissenschaftliche Werke zwar Stoff zu Predigten geben sollen, jedoch nicht Predigten selbst. Ich glaubte den Raum vielmehr zu einer deutlichen Darstellung merkwürdiger Erscheinungen benutzen zu müssen, wodurch es mir auch möglich geworden ist, in einem verhältnißmäßig so engen Raume, einen so reichen Vorrath von Thatsachen zu liefern. Neuere Ansichten wird man in unsrer hypothesenreichen Zeit in einem populären Werke nicht viele erwarten; ich habe jedoch die wichtigern meistentheils angeführt, und hie und da einige, von den frühern abweichende, den Kennern zur Prüfung vorgelegt.

Allein durch diese Zusätze und Veränderungen, und die Nothwendigkeit, eine so große Anzahl von Gegenständen in einem so engen Raume zusammenzustellen, ist mein Werk ein ganz anderes geworden, als anfangs beabsichtigt war, und wenn man von einer Übersetzung bloß eine treue, sprachgemäße Wiedergabe der Gedanken des ausländischen Werkes verlangen kann, so fürchte ich sehr, daß man an das meinige die Anforderungen eines Originals machen wird, obgleich ich nur zu wohl weiß, wie weit es von dem Ideal, das mir für eine populäre Astronomie vorschwebt, entfernt ist. Allein wenn man bedenkt, wie schwer oft die Grenzen bei den aufzunehmenden Erscheinungen zu ziehen sind, und wie es nicht selten fast unmöglich ist, einen faßlichen Vortrag mit Gründlichkeit zu vereinigen, so wird man mein Werk mit einiger Nachsicht beurtheilen, besonders da ich anfangs noch durch das Original gebunden war, wovon ich mich erst späterhin lossagte, und ich mir bewußt bin, manche Mängel meiner Vorgänger vermieden zu haben. Jede Bemerkung, ja jede Rüge, wird mit Dank aufgenommen und, wenn sich Gelegenheit finden sollte, von mir benutzt werden.

Wenn das Werk von dem Ziele, dem es nachstrebt, nicht zu weit entfernt ist, so möchte es sowohl zum Selbstunterricht gebildeter Männer und Frauen, als auch zur Grundlage bei öffentlichen Vorträgen über die Astronomie dienen können, und da ein Lehrer immer die wenigen Vorkenntnisse besitzen muß, welche zum Verstehn dieses Werks verlangt werden, so möchte es auch wol als Lehrbuch in Gelehrten- und Bürgerschulen anwendbar sein. Das Publikum, auf welches bei der Bearbeitung Rücksicht genommen werden mußte, ist also groß: wenn aber auch die Verbreitung der Kenntnisse jener erhabenen Wissenschaft nur etwas durch meine Werk befördert werden sollte, so werde ich mich für den darauf verwendeten Fleiß reichlich belohnt halten.

Erste Vorlesung.

Geschichte der Astronomie von den ältesten Zeiten bis auf Kopernikus.

Zu allen Zeiten muß der Anblick des Himmels die Aufmerksamkeit der Menschen in hohem Grade erregt haben, und vorzüglich in jenen glücklichen Ländern, wo die Heiterkeit der Luft zur Beobachtung der in dem Lasurgewölbe ausgesäeten Sterne auffordert. Der Auf- und Untergang der Sonne, des Mondes und der Sterne, und die nach den verschiedenen Zeiten des Jahres veränderliche Höhe derselben, die zahlreichen Gestirne, die in ihren Jahreszeiten den Himmel verschönen und sie bezeichnen, dieses ganze Schauspiel führte bald zur Kenntniß der Bewegung der Sonne, der des Mondes, seinen Lichterscheinungen und Finsternissen, und endlich zur Bewegung der Planeten in ihrer Bahn. Die Astronomie, sagt man, sei die Tochter der Trägheit, wie die Geometrie die des Eigennutzes und die Poesie die der Liebe; aber mit Unrecht; denn sie ist nicht bloß eine spekulative Wissenschaft, sondern ihre Anwendung ist eben so ausgedehnt, wie ihre Forschungen tief; ihr verdankt die Schiffahrt ihre Sicherheit, die Handlung ihre Ausdehnung und die Geographie ihre Vervollkommnung. Was sie aber ohne Zweifel am meisten erhebt, ist, daß sie die Ursache ist, durch welche Kenntnisse und Bildung unter dem Menschengeschlechte allgemein geworden sind. Die Astronomie kann man daher als die erhabenste, die anziehendste und nützlichste aller Wissenschaften betrachten, auf welche der Mensch seine Fähigkeiten und seine Aufmerksamkeit gewendet; den Geist über die gewöhnlichen Vorurtheile erhebend, begünstigt sie die Entwickelung der Vernunft und überzeugt uns aufs innigste von dem Dasein der Weisheit und der Güte des Schöpfers. Was könnte auch den Ruhm des menschlichen Geistes noch höher stellen, als zu sehn, wie die Atome, die diese unendlich kleine und unter den zahllosen Welten verschwindende Kugel bewohnen, das Weltall betrachten, die göttliche Anordnung desselben begreifen, und gewissermaßen durch kühne Forschungen die Arbeit theilen, welche nur ein allmächtiger Gott allein ausführen konnte!

Von allen heiligen und weltlichen Geschichtschreibern werden die Chaldäer als die ersten Astronomen genannt. In Chaldäa, der südlichsten Provinz des babylonischen Reiches, mußte der fast beständig heitere Himmel, den auch noch neuere Reisende mit Entzücken erwähnen, die bei ihren Heerden weilenden Einwohner bald zur Betrachtung der Gestirne einladen, und hier scheinen auch die ältesten Entdeckungen gemacht zu sein. Wie alle Kenntnisse des Morgenlandes, wurde auch die Astronomie, nicht, wie bei den Griechen und bei uns, durch öffentliche Lehrer Zuhörern von allen Ständen gelehrt, sondern sie ward das Eigenthum privilegirter Priesterfamilien, die, im Besitz aller Kenntnisse, das Volk durch den Mißbrauch derselben in Unterwürfigkeit zu erhalten wußten. Wie die ersten Astronomen waren sie auch die ersten Astrologen, und der Name der Chaldäer war bei den Juden und den Römern noch lange Zeit die Benennung der Zauberer und Charlatane, welche die Witterung, das künftige Schicksal der Neugebornen und dergl. vorher zu wissen vorgaben; und Mager oder Magier, wie die Perser ihre Priester und Astronomen nannten, ist auch bis jetzt in vielen Sprachen mit Zauberer gleichbedeutend.

Die praktische Astronomie der ältesten Zeiten hat sich, wie es scheint, auf die Beobachtung der Finsternisse, des Auf- und Untergangs der vornehmsten Sterne und ihrer Bedeckungen durch den Mond und die Planeten beschränkt. Dem Laufe der Sonne folgte man durch die Beobachtung der durch die Dämmerung verdunkelten Sterne, und vielleicht auch durch die Änderung des Mittagsschattens der Sonne; die Bewegungen der Planeten wurden nach den Sternen bestimmt, denen sie sich auf ihrer Bahn am meisten näherten.

Um diese Körper und ihre Bewegungen zu erkennen, theilte man den Theil des Himmels, worin die Bewegung größtentheils statt fand, in 12 Theile, die man Sternbilder nannte: den Widder, Stier, Zwillinge (oder 2 Ziegen), Krebs, Löwe, Jungfrau, Wage, Skorpion, Schütz, Steinbock, Wassermann (oder Eimer), und Fische. Man nannte sie die 12 Zeichen, weil sie die Jahrszeiten zu bezeichnen dienten. Weil die meisten Namen von Thieren hergenommen waren, nannte man den breiten Sternengürtel, worin sich fast alle beweglichen Himmelskörper befinden, den Thierkreis (Zodiakus). Der ganze Himmel zerfiel also in 3 Theile, den Thierkreis und die daranstoßende nördliche und südliche Region. Durch Größe ausgezeichnete Fixsterne sammelte man in Gruppen, die unter den Namen der Sternbilder eigenthümliche Gestalten und Benennungen erhielten. So wurde das Himmelsgewölbe mit Menschen, Thieren und Wesen aller Art bevölkert. So seltsam uns aber jetzt auch diese Zeichen erscheinen mögen, so waren sie doch nicht bloß Früchte der Einbildungskraft; sie deuteten vielmehr auf den Zustand der Erde in den verschiedenen Jahreszeiten, und auf die Arbeiten und Früchte des Ackerbaues, und dienten zu gleicher Zeit als ländlicher Kalender und astronomische Ephemeriden.

Die Chaldäer wurden auch als Beobachter des Mondes gerühmt. Man schreibt ihnen die Erfindung des Saros zu, einer Periode von 669 Monaten oder 19756 Tagen, nach welcher sich die Erscheinungen der Sonne und des Mondes genau so wie früher verhielten, und sich in derselben Ordnung wiederholten. Die Alten bestimmten nämlich nicht die Umlaufszeit der verschiedenen Himmelskörper, und berechneten dann die Lage derselben zu einer gewissen Zeit, oder die Zeit, wann eine gewisse Lage statt finden würde; sondern sie suchten durch Wegschaffen der Brüche eine ganze Zahl zu finden, wobei sie die einzelnen merkwürdigen Verhältnisse nur ein für alle mal beobachten oder berechnen durften. Nach dem Berichte eines Griechen im 4ten Jahrhundert sollen sie den Umkreis der Erde so bestimmt haben, daß ein starker Fußgänger um die Erde in derselben Zeit kommen könne, wie die Sonne, also in 1 Jahre, welches allerdings, so unbestimmt das Maß auch ist, einen überraschender Beweis von den Fortschritten der chaldäischen Astronomie gibt.

Nach Alexanders des Großen Zeiten, als die Chaldäer den Griechen genauer bekannt wurden, rühmten sie sich Beobachtungen von 490,000, ja 720,000 „Umlaufen” zu besitzen. Dieß waren wol nicht Jahre, sondern Tage, welches dann mit den Jahren 1295 und 1900 vor Alexander übereinkommt. Dieses stimmt auch mit andern Berichten, nach welchen Kallisthenes, der Alexander dem Großen auf seinem Zuge begleitete, dem Aristoteles 1903 Jahr alte Beobachtungen zugeschickt haben soll; also von 2234 vor Chr. Wenn dieses, was noch sehr zweifelhaft ist, gegründet sein sollte, so wäre ein solcher Verlust sehr zu bedauern; denn die ältesten Beobachtungen, die Hipparch erlangen konnte, waren 3 in den Jahren 719 — 20 vor Chr. zu Babylon beobachtete Mondsfinsternisse.

Nicht minder alt, als in Chaldäa, war die Astronomie in Ägypten. Gleiche Ursachen, wie dort, wirkten auch hier, und das Steigen und Fallen des Nils zwang die Ägypter zur genauen Beobachtung des Sonnenlaufs. Ihr bürgerliches Jahr betrug 365 Tage, aber indem sie die Bahn der Sonne mit dem dem Osiris geweiheten Hundsstern (Siris oder Sirius) — weil bald nach seinem ersten Erscheinen das Austreten des Nils eintrat — verglichen, fanden sie, daß die Sonne in 4 Jahren um 1 Tag zurückbliebe. Die Dauer des Sonnenumlaufs betrug also 365¼ Tag. Ein nach dem bürgerlichen Jahre bestimmtes Fest, etwa das der Isis, fiel nach 4 Jahren um 1 Tag später und durchwanderte so nach und nach alle Jahreszeiten, bis es endlich nach 1460 Jahren wieder auf denselben Tag des Sonnenjahres fiel. Dieser Zeitraum, der die Hundssterns- oder — nach dem mythischen Entdecker aller wissenschaftlichen Gegenstände in Ägypten — die sothische Periode, oder auch das große oder Gottesjahr hieß, fing, nach sicheren Rechnungen, den 20ten Juli 1322 vor Chr. an. Auffallend ist, daß der Anfang einer im Alterthum sehr berühmten Ära, die des Nabonassar, welche am 26ten Febr. 747 v. Chr. begann, auch auf den Anfang eines ägyptischen bürgerlichen Jahres fällt.

Eine sehr genaue ägyptische Periode der Mondsbahn ist die von 25 bürgerlichen Jahren, welche, bis auf eine Stunde, 309 Monate enthält; nach Verlauf dieser Periode fallen Neu- und Vollmonde wieder auf denselben Tag des Jahres. Sie rühmen sich 373 Sonnen- und 832 Mondfinsternisse bis zu Alexanders Zeiten beobachtet zu haben, welches auf eine ununterbrochene Beobachtungsreihe von 12 — 13 Jahrhunderten, oder von 1600 v. Chr. an, schließen läßt. Ist dieses gegründet, was nicht ganz unwahrscheinlich ist, so gereicht es ihrer Genauigkeit nicht sehr zum Verdienst, daß sie die Dauer des Jahres nicht genauer als 365¼ Tag bestimmen konnten.

Merkwürdig sind ein paar Traditionen der ägyptischen Priester: nämlich daß die Sonnenbahn einst senkrecht auf dem Äquator gewesen sei, welches eine Idee von den Veränderungen der Schiefe der Ekliptik voraussetzt; und zweitens, daß während 11340 Jahren die Sonne ihren Lauf 4 mal geändert habe, d.h. wol nur, daß Sonne und Mond ihren Lauf 4 mal zu gleicher Zeit angefangen haben. Denn 1835 Sonnenjahre, s.v.a. 2922 Mondenjahre, sind gerade ¼ von 11340. Ein Beweis mehr von ihrer genauen Kenntniß der Mondsbahn.

Die Kometen hielten sie für Meteore, obgleich schon die Chaldäer ihre Natur wahrscheinlich richtiger erkannt hatten, desto genauer waren ihre Beobachtungen über die Planeten. Sie erkannten, daß der Morgen- und Abendstern nur ein Stern sei, der sich nebst dem Merkur um die Sonne bewege; sie setzten die Ordnung der Planeten nach der Entfernung: Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, die sich alle in einem schmalen Streifen, dem Thierkreise, bewegen, und es ist wahrscheinlich, daß sie auch den Umlauf der andren Planeten um die Sonne vermutheten. Dieß haben sie vielleicht durch das Symbol ausdrücken wollen, daß die Sonne und der Mond der König und die Königinn seien, die Planeten ihre Trabanten und die Fixsterne das Volk. Die Eintheilung des Thierkreises und die des Monats in Wochen und Tage hatten sie mit den meisten Völkern gemein.

Wie bei den Chaldäern, nur vielleicht in noch höherem Grade, war auch bei den Ägyptern die Kenntniß der Gestirne auf eine Priesterkaste beschränkt, die ihre Entdeckungen sorgfältig durch einen mystischen Nebel und symbolische Sagen von Göttern und Helden verhüllten. Durch astrologische Träumereien täuschten sie Andre und sich; durch das ängstliche Geheimhalten ihrer Lehre bereiteten sie ihr selbst den Untergang, indem sie nach dem Untergange ihres Reiches keine neuen Entdeckungen machten, und ihre Weisheit allmälig ganz verloren; und so wurde der früher so gefürchtete und gelehrte Stand der Priester, zu denen die wißbegierigen Männer des Auslandes, ein Pythagoras, Herodot, Plato, wallfahrten, in Ägypten späterhin wegen ihrer Unwissenheit verspottet und in Rom unter dem Namen der Isispriester wegen ihres Aberglaubens ein Gegenstand des Hasses und der Verachtung. Selbst der Alexandriner Ptolemäus erwähnt nicht einer einzigen ägyptischen Beobachtung; ein Beweis von der Unwissenheit oder Verschlossenheit der Ägypter seiner Zeit, und was von den Werken derselben auf uns gekommen ist, eine Sammlung griechischer Verse von dem Priester Manetho, ist nicht geeignet, uns eine höhere Meinung von den Kenntnissen der spätern ägyptischen Priester beizubringen; sie handelt bloß von dem Einflüsse der Gestirne auf den Menschen.

Erwähnenswerth ist noch die Benennung der Wochentage nach den Gestirnen, welche einem großen Theil der Erde gemein ist und sich auch noch jetzt bei allen europäischen Völkern erhalten hat. Sie theilten den Tag in 24 Stunden und weihten jedem Planeten 1 Stunde nach der Reihe: Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur, Mond, und nach dem Planeten, dem die erste Stunde des Tages geweiht war, wurde der ganze Tag benannt. Saturn ward so Beherrscher des ersten Tages, die Sonne des zweiten, der Mond des dritten, Mars des vierten, Merkur des fünften, Jupiter des sechsten, Venus des siebenten Tages. Ob aber die Ägypter, oder ob Chaldäer oder Hindu oder Bucharen das Lob oder den Tadel dieser Erfindungen tragen, ist unbekannt.

So blieb von den astronomischen Erfahrungen der Ägypter fast keine Spur zurück, und wenn nicht die genau nach den Weltgegenden gerichteten Seiten der Pyramiden, Nachrichten der Griechen und gigantische Thierkreise, wie der von Tentyra, dessen Geschichte in der neuesten Zeit die Aufmerksamkeit der Astronomen so sehr erregt hat, den Ägyptern den Ruf eines des Himmels kundigen Volkes erhielten; so hätten sie in der Geschichte der Astronomie nur als Betrüger oder Thoren aufgeführt werden können.

Von den Phöniciern, dem größten Handelsvolke der älteren Geschichte, das aus seinen weiten Seefahrten den Himmel sehr genau beobachten mußte und auch gewiß beobachtet hat, ist uns nicht eine astronomische Entdeckung geblieben; oder hat bei ihnen die Handelspolitik eben so gewirkt, wie bei einem Krämervolke des vorigen Jahrhunderts, so daß sie für dasjenige, was ihren Handel nicht fördern konnte, keinen Sinn hatten, und, was ihn fördern konnte, durch schändlichen Eigennutz aufs sorgfältigste geheim hielten oder durch Mährchen verhüllten?

Weit mehr, als alle andern Völker, haben die Hindu geleistet: sie kannten die Bahn der Sonne, des Mondes und der Planeten, ja selbst das Ungleichförmige der Sonnenbahn sehr genau, und das Fortrücken der Äquinoktialpunkte setzten sie nur um 3” zu hoch. Ihr Jahr ist in Monate, Wochen und Tage getheilt, die dieselben Namen führen, wie bei den andern Völkern, der Thierkreis hat aber, neben der Eintheilung in 12, auch noch eine in 27 Theile, welche sich auf die Kreisbewegung des Mondes bezieht. Der Kastengeist wirkte auch hier hemmend auf die Fortschritte der Wissenschaft; von den theoretischen Forschungen ihrer Vorfahren sind den jetzigen Braminen nur die todten Formeln geblieben, worin jene, wie alle alten Völker, ihre astronomischen Wahrheiten gehüllt haben, und mit Mühe mußten die englischen Astronomen die leitenden Ideen wieder heraus suchen. Die indischen Tafeln zeigen, wenn man die ungeheuren Perioden von mehreren hunderttausend Jahren nicht berücksichtigt, auf 2 Hauptepochen, die Jahre 1491 und 3102 v. Chr. In dieser Zeit fand nach den indischen Tafeln eine Konjunktion der Sonne und aller Planeten statt, indeß da diese, nach den neueren; richtigeren Berechnungen, damals nicht Statt finden konnte, so kann auch die Periode, worauf sich die Epochen beziehn, nicht durch Beobachtung festgestellt sein. Merkwürdig ist, daß sie, deren Beobachtungen noch bei weitem nicht bis auf Sekunden genau sind, diese noch in 80 Theile theilen, eine Genauigkeit, die selbst die feinsten europäischen Beobachtungen nicht erreichen können.

Ehe wir uns zu den Griechen wenden, wollen wir noch einiges von der Astronomie jenes merkwürdigen Volkes an der äußersten Grenze unserer Halbkugel erwähnen, das, in Sprache, Verfassung, Sitten und Wissenschaften das Gepräge des Steifen, Unveränderlichen tragend, in dem stärksten Kontrast zu dem beweglichen, rasch auffassenden Geiste der Griechen und Nordwest-Europäer steht. Seit mehr denn 4 Jahrtausenden beobachteten die Chinesen fast ununterbrochen, haben die unregelmäßige Bewegung der Himmelskörper erkannt, und waren doch niemals fähig, die allgemeinen Gesetze aufzufinden, die selbst die Hindostaner gefunden zu haben scheinen. In ihren Annalen finden wir, daß etwa drittehalbtausend Jahre v. Chr. alle Planeten sich in derselben Gegend des Himmels befanden, und die Rechnungen der neuen Astronomen fanden es für das Jahr 2449 bestätigt; eine Sonnenfinsterniß um die Nachtgleichen des Jahres 2155 und viele andren alten Angaben haben sich ebenfalls bewährt. Berechnet konnten es die Chinesen, die keine Sonnenfinsterniß vorauszusagen vermochten, nicht haben; wir sehn also in diesen Angaben die ältesten Beobachtungen, welche die Geschichte der Astronomie kennt.

Schon der Kaiser Yao soll 2357 v. Chr. Geburt den Thierkreis in 28 Theile getheilt und das Mondenjahr auf 354 Tage bestimmt haben oder auf 12 Monate, die abwechselnd 30 und 29 Tage hatten, und das Sonnenjahr auf 365¼ Tage. Ein von Zeit zu Zeit eingeschobener Monat glich die Unterschiede aus — also ein dem jüdischen sehr ähnlicher Kalender. Mit geringen Unterbrechungen dauerten die Beobachtungen fort, bis im 7ten Jahrhundert n. Chr. Yhang sich durch Vervollkommnung der Instrumente, genauere Bestimmungen der geographischen Länge und Breite und durch Beobachtungen der Planetenbahnen auszeichnete; und dennoch widersprachen ihre Berechnungen der Erfahrung: so wenig vermochten sie aus dem Besondern das Allgemeine zu finden, und seit dem 13ten Jahrhundert war das stolze Volk in seiner Kalenderbestimmung, trotz dem in der Hauptstadt errichteten mathematischen Kollegium, von Ausländern abhängig, anfangs von Arabern, und seit dem Ende des 16ten Jahrhunderts von Jesuiten.

Die Griechen beschäftigten sich mit der Astronomie erst lange Zeit nach den Ägyptern, deren Schüler sie waren. Der genaue Zustand ihrer ersten astronomischen Kenntnisse ist sehr schwer zu bestimmen, da auch diese in den Mythen, die den ersten Theil ihrer Geschichte erfüllen, verwickelt sind. Jedoch scheinen sie den Himmel, etwa 13 — 14 Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung, in Sternbilder eingetheilt zu haben; denn auf diese Zeit bezieht sich die Himmelskugel des Eudoxus, und Homer und Hesiod kennen und lehren 900 — 1100 v. Chr. die Anwendung der Sternkunde auf Schiffahrt und Landbau. Aber bis auf die Gründung der Alexandrinischen Schule haben ihre zahlreichen philosophischen Sekten nicht einen einzigen Beobachter hervorgebracht. Sie hielten die Astronomie für eine rein spekulative Wissenschaft und ließen sich oft zu den nichtigsten Vermuthungen hinreißen.

Indeß findet man unter den philosophischen Träumen Griechenlands einige gesunde Ideen, welche die Astronomen auf ihren Reisen einsammelten und in der Folge vervollkommneten. Auf den weiten Reisen, die Thales, der Stifter der ionischen Philosophenschule, zu seiner Belehrung unternahm, kam er auch 640 v. Chr. nach Ägypten. Nach seiner Rückkunft gründete er die ionische Schule, lehrte die Kugelgestalt der Erde, die Schiefe der Ekliptik und die wahren Ursachen der Sonnen- und Mondfinsternisse, die er selbst, wahrscheinlich nach den ihm von den Ägyptern mitgetheilten Perioden, vorhersagen konnte. Dem Anaximander schreibt man die Erfindung des Gnomon und der Landkarten zu, die er jedoch wol nur von den Ägyptern entlehnte; Anaxahoras lehrte, die Sonne sei eine Feuermasse größer, als die Erde, welcher auch der Mond sein Licht verdanke, der, wie die Erde bewohnt und mit Bergen, Thälern und Seen bedeckt sei. Diese Lehren zogen ihm die Verfolgung der athenischen Priester zu, die ihm vorwarfen, daß er den Einfluß der Götter auf die Natur leugne, indem er die Erscheinungen derselben auf feste Gesetze zurückführen wollte. Mit Mühe nur konnte der mächtige Perikles, sein Schüler und Freund, eine Milderung des Todesurtheils in ewige Verbannung bewirken. So hat immer die Wahrheit, ehe sie sich auf der Erde festsetzen konnte, mit den Vorurtheilen kämpfen müssen, und ist mehr als einmal ihren Entdeckern verderblich geworden! Merkwürdig ist auch der politische Einfluß, den die Astronomie schon übte, indem Perikles den Athenern den Schrecken, den sie über eine am Anfange des peloponnesischen Krieges sich ereignete Sonnenfinsterniß empfanden, durch Erklärung der wahren Ursachen derselben benahm. Von den Schriften der ionischen Philosophen ist nichts auf uns gekommen.

Aus derselben Schule stammte das Oberhaupt einer andern weit berühmteren Schule. Pythagoras, geb. zu Samos 590 J. v. Chr., war anfangs ein Schüler des Thales. Auf dessen Rath ging er nach Ägypten und ließ sich dort in die Mysterien der Priester einweihen, um die Kenntniß ihrer Lehren zu erlangen. Auch die Braminen soll er bis an den Ufern des Ganges aufgesucht haben. Nach seiner Rückkehr mußte er sein Vaterland wegen der Tyrannei, die dort herrschte, verlassen, und er begab sich nach Italien, wo er die Schule stiftete, welche seinen Namen trug. Dort lehrte er alle astronomischen Wahrheiten der Ionier, aber mit merkwürdigen Entwicklungen, und was seine Lehre vorzüglich auszeichnete, war die Kenntniß der Bewegung der Erde um ihre Achse; ja einige seiner Schüler, Philolaus und Aristarch, lehrten sogar die Bewegung um die Sonne. Aber Pythagoras verbarg seine Lehre sorgfältig dem Volke, er hüllte sie gleich den ägyptischen Priestern, von denen er sie wahrscheinlich empfangen hatte, in mystische Symbole, die er nur einer geringen Anzahl von Schülern anvertraute; und diese Einrichtung, die mehr einem orientalen Priesterreich, als einer freien Nation angemessen war, bereitete der Schule den Untergang und hat nur weniges von den Schriften der Pythagoräer auf die spätere Nachwelt kommen lassen.

Seine Lehren wurden von seinem Schüler Philolaus weiter entwickelt. Die Planeten und Kometen bewegen sich um die Sonne, und letztere sind, so wie jene, keine vorübergehenden Meteore, sondern ein ewiges Werk der Natur. Diese Meinungen nahm auch Seneka an, der sie mit dem Enthusiasmus äußerte, den eine große Idee über die größten Gegenstände der menschlichen Forschung in der Seele eines Philosophen erwecken mußte. „Man wundere sich nicht,” sagt er, „daß wir das Gesetz der Bewegung der Kometen, die so selten erscheinen, nicht kennen, noch den Anfang und das Ende ihrer Umläufe voraussagen können; da sie von einer unermeßlichen Entfernung zu uns herabsteigen. Sind es doch noch nicht 1500 Jahre, daß die Gestirne in Griechenland gezählt und den Sternbildern Namen gegeben sind! Vielleicht wird ein Tag kommen, wo die Gegenstände, die uns jetzt verborgen bleiben, durch das anhaltende Forschen künftiger Zeiten mit Gewißheit erscheinen werden, und wo man sich wundern wird, daß sie unsrer Aufmerksamkeit entgangen sind.”

In derselben Schule lehrte man, daß die Planeten bewohnt, die Sterne in dem Raume ausgestreute Sonnen und Mittelpunkte besonderer Planetensysteme seien, und die Erde eine Kugel, auf welcher jeder Ort seine Bewohner und seine Antipoden habe. Diese philosophischen Ansichten hätten wegen ihrer Größe und Richtigkeit den Beifall des Alterthums erhalten; aber mit mystischen, an sich unwahrscheinlichen Meinungen von der Harmonie der himmlischen Sphären verbunden, ist es nicht zu verwundern, daß ihre Wahrheit, der Beweise, welche man seitdem durch die Übereinstimmung mit zahlreichen Beobachtungen gefunden hat, ermangelnd und dem Scheine der Sinne widersprechend, nicht anerkannt worden ist.

Unter den Astronomen der folgenden Jahrhunderte zeichnete sich Demokrit durch seine Ansicht der Milchstraße aus, deren Schein er durch den Schimmer von unzähligen kleinen Sternen erklärte; und sein Schüler Metrodorus erklärte es für eben so unvernünftig, anzunehmen, daß von den unzähligen Himmelskörpern nur die Erde bewohnbar und bewohnt sei, als zu behaupten, daß auf einem großen Felde nur eine Ähre wachse.

Der erste beobachtende Astronom unter den Griechen war Meton, 432 v. Chr. Sein Fleiß wurde durch die Einführung seiner Periode belohnt, die bis auf wenige Stunden in 6940 Tagen 19 Sonnenjahre und 235 Monate enthält, daß also Neu- und Vollmond wieder auf denselben Tag des Jahres fallen. Die Erfindung fand in Griechenland solchen Beifall, daß sie die goldne Zahl genannt wurde. Kalipp verminderte den Fehler, indem er die Periode mit 4 multiplicirte und 1 Tag auswarf, also 27759 Tage oder 76 Jahre erhielt. Sie wurde 330 v. Ch. in Griechenland eingeführt und stimmt mit dem Julianischen Kalender überein. Hiparchs verbesserte Periode von 304 Jahren fand wegen ihrer Länge keinen Beifall. Eudoxus brachte von seinen Reisen viele Beobachtungen mit, unter andern eine Beschreibung der Himmelskugel oder der Lage der Gestirne, die indeß, da sie den Zustand des Himmels um 1000 Jahr zu alt darstellt, wol von den Chaldäern entlehnt ist, von deren Aberglauben er jedoch, so wie sein Zeitgenosse Plato, sich frei erhielt. Letzterer führte zuerst die gleichförmige Bewegung der Himmelskörper in Kreisen ein. Auch Aristoteles, der bei weitem tiefste Denker Griechenlands, hat sich um die Astronomie Verdienste erworben; aber sein Werk ist verloren gegangen.

Von jetzt an nahm die Astronomie eine mehr mathematische Gestalt an. Mit den übrigen Wissenschaften an den gebildeten Hof der Ptolemäer versetzt, erreichte daselbst die griechische Astronomie ihren höchsten Gipfel, und von jetzt an haben wir fast bloß Alexandriner zu erwähnen. Wir haben noch ein Werk des Euklid und andre astronomisch-mathematische Werke übrig; aber der größte Astronom nach Pythagoras war Aristarch von Samos (200 J. v. Chr.) Er fand, daß der Umfang eines Kreises 7 mal so groß sei, wie der Halbmesser; aber am meisten gereicht ihm seine Methode zur Ehre, die Entfernung der Sonne von der Erde zu bestimmen. Er beobachtete den Winkel zwischen der Sonne und dem Monde in dem Augenblicke, wo er denselben gerade zur Hälfte beleuchtet glaubte, fand ihn 96° 7’ und schloß daraus, daß die Sonne 13 — 20 mal so weit entfernt sein müsse, wie der Mond. So ungenau dieses auch ist, so wurden doch die Grenzen des Weltalls dadurch viel weiter hinausgerückt, als bis dahin. Auch widerlegte er den Einwurf, den man aus der durchaus unveränderten Lage der Sterne gegen die Ansicht von der Bewegung der Erde machte, ganz so, wie Kopernikus, durch die ungeheure Entfernung der Fixsterne. Sein Schüler Eratosthenes machte sich durch seine Bestimmung der Größe der Erde berühmt, die er durch den Unterschied der Mittagshöhen der Sonne in Siene und Alexandrien auf 250,000 Stadien schätzte. Auch durch den berühmten Mathematiker Archimedes in Syrakus und durch Apollonius wurde die Astronomie bereichert.

Aber der größte Beobachter des Alterthums war Hipparch aus Bithynien, der um 140 v. Chr. in Alexandrien blühte. Wenig befriedigt durch dasjenige, was bis dahin geschehn war, beschloß er Alles von vorn anzufangen und nur solche Resultate zuzulassen, die auf einer neuen Prüfung der früheren, oder auf völlig neuen und die seine Vorgänger an Genauigkeit übertreffenden Beobachtungen beruheten, und sein Fleiß wurde durch die schönsten Entdeckungen belohnt. Nichts gibt einen stärkern Beweis für die Ungewißheit der ägyptischen und chaldäischen Beobachtungen, als die Nothwendigkeit, in der er sich befand, sich auf die frühern Beobachtungen der alexandrinischen Schule zu beschränken. Er bestimmte die Länge des Jahres, indem er eine seiner Beobachtungen in der Sommer-Sonnenwende mit einer andren 45 Jahre ältren des Aristarch verglich, auf 365 Tage 5 Stunden 52⅘ Minuten; indeß gestand er selbst die Unzuverlässigkeit der Solstitial-Beobachtungen und die Vorzüglichkeit der Äquinoktial-Beobachtungen ein. Er fand ferner die Ungleichförmigkeit der Sonnenbewegung, die von der Frühlings- zur Herbstnachtgleiche 187 Tage dauerte, und von dieser zu jener nur 178. Auch in Rücksicht der Sonnenwende fand er sie ungleich getheilt, da von der Frühling- zur Sommer-Sonnenwende 94½, und von dieser zum Herbstpunkte nur 92½ Tage verflossen. Um diese Unterschiede zu erklären, behielt er zwar mit Plato die gleichförmige Kreisbewegung bei, aber, statt in den Mittelpunkt, setzte er die Erde 1/24 Halbmesser davon entfernt, und die Erdferne in den 6ten Grad der Zwillinge. Nach diesen Grundsätzen entwarf er die ersten Sonnentafeln, die man in der Geschichte der Astronomie kennt. Zwar haben die neueren Erfahrungen über die Lage und Größe der Sonne seine Ansichten umgestoßen, aber diese Beobachtungen waren zu Hipparchs Zeit unmöglich, und seine Sonnentafeln bleiben, trotz ihrer Mängel, ein ewiges Denkmal seines Scharfsinns, welches Ptolemäus nach 3 Jahrhunderten noch verehrte, ohne dessen Vervollkommnung zu versuchen.

Der große Astronom betrachtete hierauf die Bewegung des Mondes. Durch die Vergleichung der Finsternisse maß er die Länge seiner Bahn und zugleich ihre Neigung und Excentricität, bestimmte die Bewegung seiner Knoten und seiner Erdferne, so wie auch seiner Parallaxe; er versuchte sogar die Sonnenparallaxe durch die Breite des Schattenkegels der Erde bei den Mondfinsternissen zu berechnen, aber hierdurch erhielt er kein genaueres Resultat, als Aristarch. Er machte auch viele Beobachtungen über die Planeten; aber zu großer Freund der Wahrheit, um ihre Bewegungen durch ungewisse Theorien zu erklären, überließ er die Lösung dieser Aufgabe seinen Nachfolgern.

Ein sehr wichtiges Unternehmen, nämlich ein Katalog der Fixsterne, wurde durch die Erscheinung eines neuen Sterns in seiner Zeit veranlaßt, damit die Nachwelt die Veränderungen, die sich in dem Anblick des Himmels ereignen möchten, wahrnehmen könne; auch blieben ihm die Vortheile nicht verborgen, die ein solcher Katalog für die Beobachtungen des Mondes und der Planeten gewährt. Seine Methode war die des Timochares und Aristyll, welche etwa 300 v. Chr. den Stand der Sterne nach ihrer Lage zu den großen Kreisen der Himmelskugel bestimmten. Der Lohn für diese so mühsame als lange Arbeit war die Entdeckung der Vorrückung der Nachtgleichen. Indem er nämlich seine Beobachtungen mit denen früherer Astronomen verglich, fand er, daß die Sterne ihre Lage zum Äquator geändert, aber die Breite zur Ekliptik beibehalten hatten, so daß alle diese Änderungen erklärt wurden, wenn man eine rechtgängige Bewegung der ganzen Himmelskugel um die Pole der Ekliptik annahm, die jährlich 35” 9 betrage, oder eine rückgängige Bewegung der Nachtgleichen gegen die Sterne; aber er kündigte seine Entdeckungen mit einiger Schüchternheit an, da er von der Richtigkeit der Beobachtungen jener Astronomen nicht völlig überzeugt war. Auf dieselbe Weise, wie die Sterne am Himmel, bestimmte er die Lage der Örter auf der Erde nach ihrer Breite und Länge, wozu er zuerst die Mondfinsternisse anwendete. Er ist daher der Begründer der genauern Geographie. Auch verdankt man ihm die sphärische Trigonometrie, welche er auf die zahlreichen Rechnungen, die seine Untersuchungen verlangten, anwendete. Seine Hauptwerke sind in den Bränden der alexandrinischen Bibliothek vernichtet worden, und wir kennen sie nur noch aus dem Almagest des Ptolemäus.

Der Zeitraum von fast 300 Jahren zwischen diesen beiden großen Astronomen brachte nur einige Beobachter hervor, als Agrippa, Menelaus und Theon. In diese Zeit gehört auch die Reform des Kalenders durch Julius Cäsar und die genauere Kenntniß der Meerbewegungen. Posidonius beobachtete das Gesetz dieses Phänomens welches wegen seiner augenscheinlichen Beziehung auf die Bewegung der Sonne und des Mondes zur Astronomie gehört, 50 J. v. Ch., und der ältere Plinius gab davon eine durch ihre Genauigkeit merkwürdige Beschreibung.

Ptolemäus, in Ptolemais in Ägypten geboren, blühte zu Alexandrien um das Jahr 130 nach Chr. Das Bestreben des Hipparch, die Astronomie von Neuem durch Erfahrung festzusetzen, wurde von ihm fortgesetzt und mit solchem Glück, daß er durch sein Hauptwerk — das unter dem arabischen Namen Almagest (das große Werk), weil die spätern Europäer es zuerst durch eine arabische Übersetzung kennen lernten, berühmt gewordene Lehrbuch der Astronomie — der Lehrer der Araber, der Neueuropäer und durch sie der ganzen Erde geworden ist. Er setzte die Beobachtungen der Sonne und vorzüglich des Mondes und der Planeten fort, und beobachtete den Mond, der früher fast nur in den Finsternissen beobachtet war, in seinem ganzen Laufe; er entdeckte die Evektion des Mondes, eine Ungleichheit der Mondsbewegung in den Quadraturen, und bestimmte ihre Größe mit vieler Genauigkeit; um sie zu erklären, ließ er den Mond sich auf einem excentrischen Epicykel bewegen, nach der dem Geometer Apollonius zugeschriebenen und schon früher von Hipparch angewendeten Methode.

Von Plato’s bis auf Keplers Zeiten war der Irrthum allgemein, daß die gleichförmige Kreisbewegung, als die einfachste und natürlichste, auch die der Himmelskörper sein müsse. Ptolemäus setzte nun die Erde in die Mittelpunkte der Kreisbahnen, und suchte das Ungleichförmige der himmlischen Bewegungen zu erklären. Eudoxus hatte deshalb angenommen, daß jeder Planet an verschiedene koncentrische Kugeln befestigt sei und verschiedene Bewegungen habe; da er aber nicht erklärte, wie diese Kugeln durch ihre Wirkung auf die Planeten die mannigfaltigen Bewegungen hervorbringen, so verdient seine Hypothese kaum Erwähnung. Viel sinnreicher ist’s, auf einem Umkreise, in dessen Mittelpunkt die Erde ist, sich den Mittelpunkt eines andern Umkreises bewegen zu lassen, auf welchem sich wieder ein dritter bewegt u.s.f. bis zum letzten Umkreise, auf welchem sich der Körper selbst gleichförmig bewegt. Wenn der Halbmesser eines dieser Kreise die Summe der übrigen übertrifft, so wird die scheinbare Bewegung des Körpers um die Erde aus einer gleichförmigen mittleren Bewegung und aus mehreren Ungleichheiten bestehn, die von den Verhältnissen der verschiedenen Halbmesser, der Bewegung des Mittelpunkts und der des Sternes abhängt. Indem man ihre Anzahl vermehrt und ihnen zweckmäßige Dimensionen gibt, kann man die Ungleichheiten der scheinbaren Bewegung darlegen.

Dieses ist die allgemeinste Betrachtungsweise der Cykloiden und excentrischen Kreise, welche Ptolemäus in seinen Theorien der Sonne, des Mondes und der Planeten annahm. Er ließ diese nach folgender Ordnung um die Erde kreisen: Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn. Es ist dieses das während vieler Jahrhunderte so berühmte ptolemäische System. In Rücksicht der Venus und des Merkur war die Meinung der Astronomen getheilt. Ptolemäus nahm die älteste Meinung an und setzte sie unter die Sonne, Andre setzten sie darüber, und endlich die Ägypter ließen sie sich um die Sonne bewegen. Dieses würde in Ptolemäus Ansicht so viel gewesen sein, als die Sonne in den Mittelpunkt der Cykloiden beider Körper zu setzen, anstatt sie ihre Bewegungen um einen eingebildeten Punkt machen zu lassen. Aber sein System für die 3 obern Planeten für das richtige haltend, dehnte er es der Gleichförmigkeit wegen auch auf die beiden unteren aus, obgleich eine ähnliche Schlußfolge ihn umgekehrt auf das wahre System hätte führen können. Wenn aber auch die Epicyklen die Ungleichförmigkeit der scheinbaren Bewegung der himmlischen Körper darstellen könnten, so würde es doch in Hinsicht ihrer Entfernung immer unmöglich sein; bei den Planeten waren jedoch zu Ptolemäus Zeiten die Unterschiede der Entfernung fast unmerklich, da ihre scheinbaren Durchmesser nicht gemessen werden konnten. Bei dem Monde hätten seine Beobachtungen ihm seinen Irrthum zeigen sollen, denn nach seiner Ansicht wäre der Durchmesser des Mondes bei der Erdnähe in den Quadraturen doppelt so groß gewesen, als bei der Erdferne in den Syzygien. Eine andere, durch sein System nicht zu beseitigende Schwierigkeit, ist die Bewegung der Planeten in der Breite; und jede Ungleichheit, welche durch die Vervollkommnung der Beobachtungskunst entdeckt wurde, belud sein System mit einem neuen Epicykel; statt sich durch die Fortschritte der Wissenschaft zu befestigen, wurde es immer zusammengesetzter, welches allein schon hinlänglich überzeugt, daß es nicht das System der Natur ist. Betrachtet man es aber als eine schickliche Methode, die himmlischen Bewegungen der Rechnung zu unterwerfen, oder sie geometrisch zu construiren: so gereicht der erste Versuch des menschlichen Geistes bei diesem verwickelten Gegenstande dem Scharfsinne des Urhebers zur größten Ehre.

Ptolemäus entwarf nach Hipparch ein Verzeichniß von 1028 Sternen, wobei viele Sterne der 5. und 6ten Größe und mehrere sehr kleine Nebelflecken waren, ein Beweis, daß die langen Röhren den scharfen Augen der alexandrinischen Astronomen unter dem ägyptischen Himmel außerordentliche Dienste leisteten. Er bestätigte dabei die durch Hipparch entdeckte Bewegung der Nachtgleichen, so wie die gegenseitige Unbeweglichkeit der Sterne, ihre zur Ekliptik unveränderliche Breite und ihre Bewegung in der Länge, die er mit Hipparch auf 35” 9 setzte. Aber diese Größe ist, wie wir jetzt wissen, 50” jährlich; und wenn auch dem Hipparch der Irrthum zu verzeihen ist, so mußte doch Ptolemäus diesen Unterschied bemerkt haben, da er seit Hipparch über einen Grad betrug. Wie schwierig auch die Beobachtung der Länge gewesen sein mag, da sie jedes genauen Mittels, die Zeit zu messen entbehrten, so muß man doch über einen so großen Fehler erstaunen, besonders wenn man die völlige Übereinstimmung betrachtet, die Ptolemäus als einen Beweis der Genauigkeit seines Resultates anführt.

Das astronomische Gebäude des Ptolemäus bestand fast 1400 Jahre, und noch jetzt, da es völlig zerstört ist, wird es als die Niederlage der alten Beobachtungen, als eins der kostbarsten Denkmäler des Alterthums betrachtet. Ptolemäus hat der Geographie nicht geringere Dienste geleistet, indem er alle bekannten Längen und Breiten der verschiedenen Örter sammelte, und die Polarprojektionsmethode für die Landkarten erfand. Er verfaßte auch ein ausführliches Werk über die Optik, worin er die astronomischen Stralenbrechungen erklärte, welches uns aber nicht übriggeblieben ist. Er schrieb auch Werke über verschiedene Wissenschaften als Chronologie, Musik, Gnomonik und Mechanik. So viele und so mannigfaltige Arbeiten verrathen einen großen Geist, und werden ihm immer einen ausgezeichneten Rang in der Geschichte der Wissenschaften erhalten. Als Europa zum zweiten Male aus dem Zustand der Barbarei heraustrat, mußte sein System dem der Natur weichen; die Menschen rächten sich an dem Despotismus, den er so lange hatte aufrechterhalten helfen, und beschuldigten ihn, sich die Entdeckungen seiner Vorgänger angemaßt zu haben; und in der That waren zu seiner Zeit die Werke Hipparchs und der andren alexandrinischen Astronomen bekannt genug, um es für ihn unverantwortlich zu machen, daß er von seinen eignen Entdeckungen nicht die ihrigen unterschieden hat. Das hohe Ansehn, das seine Irrthümer so lange genossen haben, ist durch dieselben Ursachen veranlaßt, welche Europa zum zweiten Male in die Barbarei stürzten, und sein Ruf hatte dasselbe Schicksal, wie der des Aristoteles und des Descartes.

Mit den Arbeiten des Ptolemäus endigten sich die Fortschritte der alexandrinischen Schule; sie erhielt sich zwar noch 500 Jahre, aber die Nachfolger des Hipparch und des Ptolemäus begnügten sich, ihre Werke zu kommentiren, ohne ihre Entdeckungen zu vermehren. Nur Dionysius der Kleine mag erwähnt werden, der im Jahre 527 die jetzt übliche christliche Rechnung einführte, und durch Verbindung des Sonnencirkels von 28 Jahren mit der güldnen Zahl oder 19 Jahren eine genauere Osterrechnung angab; und auch der schönen unglücklichen Hypatia mögen ein paar Zeilen geweiht werden. Sie war die Tochter des Astronomen Theon und bekleidete in Alexandrien einen Lehrstuhl der Philosophie und Mathematik; aber, trotz ihrer Tugenden, wegen ihres Heidenthums gehaßt, wurde sie von dem wüthenden Pöbel, unter der Anführung des heiligen Patriarchen Cyrillus, ermordet.

Während mehr als 600 Jahren hatte der Himmel fast keinen Beobachter. Rom, der Sitz der Tapferkeit und der Wissenschaften, that nichts für die Astronomie. Die hohe Achtung, die man immer der Beredtsamkeit und den Künsten des Krieges zollte, verlockte alle Geister, und die Wissenschaft, die keinen Vortheil darbot, wurde vergessen mitten unter der Eroberungssucht und den innern Unruhen, welche die Freiheit Roms zerstörten, um es dem Despotismus der Kaiser zu unterwerfen. Die Theilung des Reichs, eine nothwendige Folge seiner Ausdehnung, führte seinen Sturz herbei, und das Licht der Wissenschaft, von den Barbaren ausgelöscht, loderte erst wieder bei den Arabern auf.

Nachdem dieses Volk durch Fanatismus und Waffen, seine Herrschaft und seine Religion einem beträchtlichen Theile der Erde aufgedrungen hatte, beschäftigte es sich, so bald der erste Eifer abgekühlt war, aufs fleißigste mit den Wissenschaften, und hatte bitter die Zerstörung der berühmten alexandrinischen Bibliothek zu büßen, deren Überreste von dem Feldherrn des Kalifen Omar, nach der Eroberung Alexandriens (640), zum Heizen der Bäder gebraucht waren, wodurch sich die Eroberer der kostbarsten Früchte ihres Sieges beraubten. Bis zur Gründung des Kalifats (750) beschränkte sich die Sternkunde der Araber auf die Benennung der Sternbilder, die Beobachtung ihres Auf- und Untergangs und auf die Astrologie; auch hatten sie das Mondenjahr von 354 Tagen; aber von jener Zeit an begann für die Astronomie eine glänzende Epoche. Die Abassiden, selbst kenntnißreich, und freigebige Beförderer der Wissenschaften, erhoben die Astronomie auf eine bis dahin nicht erreichte Höhe: mit dem größten Fleiße wurden außerordentlich große Werkzeuge verfertigt, und die genauere Messung der Zeit durch Sonnen- und Wasseruhren und vielleicht auch durchs Pendel, gab ihren Beobachtungen eine Genauigkeit, welche die der Griechen weit übertraf. Schon der Kalif Almansor (752) munterte zur Astronomie auf, aber von allen arabischen Fürsten, die sich durch ihre Liebe zur Wissenschaft auszeichneten, ist der berühmteste der Abasside Almamun, der Sohn des in ganz Asien so gefeierten Harun al Raschid. Er regierte zu Bagdad um das Jahr 814. Nach den Friedensbedingungen, die er dem von ihm besiegten griechischen Kaiser Michael II. auferlegte, mußte ihm dieser die besten griechischen Bücher ausliefern. So kam ein Schatz von Büchern aus Händen, die ihn nicht mehr zu gebrauchen verstanden, zu den Arabern, und darunter war auch der Almagest. Er wurde sogleich übersetzt, und verbreitete unter dem noch vor kurzem barbarischen Volke die Kenntniß der Astronomie, die früher den Ruhm der alexandrinischen Schule gegründet hatte. Nicht zufrieden, durch seine Freigebigkeit die Gelehrten aufzumuntern, beobachtete er selbst, bestimmte die Schiefe der Ekliptik und ließ einen Grad des Meridians in der ausgedehnten Ebene Mesopotamiens messen. Gleichen Eifer, wie früher auf Eroberungen, wendeten die Araber jetzt auf die Wissenschaften; überall erhoben sich Bibliotheken und Beobachter. Unter diesen zeichnete sich Alfargani (Alfraganus, 890) durch ein ganz auf ptolemaische Grundsätze gestütztes Lehrbuch der Astronomie aus.

Aber der berühmteste aller arabischen Astronomen ist Albatani (Albategnius) Gouverneur von Syrien, 900 J. n. Chr. Er gab die Schiefe der Ekliptik, die Vorrückung der Nachtgleichen-, die Bewegung der Apsiden, die Excentricität der Sonnenbahn sehr genau an, und berechnete astronomische Tafeln, die uns noch jetzt von Nutzen sind. Nach ihm zeichneten sich vorzüglich aus: Geber Ben Ofla (1050) in Sevilla, durch mathematische Entdeckungen — daher Algebra —, Arzachel aus Toledo (1080) durch die toledanischen Tafeln und Alhazen (1080) durch ein Werk über die Stralenbrechung. Der Polyhistor Ebn Raschid (Averrhoes, 1200) in Marokko, beobachtete wahrscheinlich zuerst einen Sonnenfleck. Auch in der mathematischen Geographie hatten die Araber in Al Edrisi (1150), einem in Rom getauften Mauren, und Abulfeda (1300) einem Prinzen in Damaskus, ausgezeichnete Lehrer. Mit dem Sturze der Abassiden durch die Türken, der Eroberung Bagdads durch die Mongolen (1258) und dem Sturze der Mauren in Spanien sank auch die wissenschaftliche Blüthe der Araber.

Indeß ging ihre Wissenschaft nicht mit ihnen unter. Die Perser erlangten von ihnen, oder ererbten vielleicht von ihren Vorfahren, einen sehr merkwürdigen Kalender. Unter 33 Jahren von 365 Tagen hat immer das 4te, statt des 32sten aber das 33ste, einen Schalttag, daß also 33 Jahre 8 Schalttage haben, welches genauer als der gregorianische Kalender ist, denn in 5000 Jahren beträgt der Fehler nur 1 Tag.

Die Eroberer Bagdads, die Mongolen, ahmten den Kalifen in der Beschützung der Wissenschaften nach. In einer auf Befehl des Fürsten Hulaku-Kan, errichteten Sternwarte berechnete Nasireddin (1260) noch jetzt im Orient berühmte astronomische Tafeln. — Um 1450 berief Ulugh Beigh, Timurs Enkel, die Astronomen seines ungeheuren Reiches zu sich nach Smarkand, wo nach Beobachtungen mit den vortrefflichsten Hilfsmitteln der damaligen Zeit die vollkommensten Tafeln des Orients entworfen wurden. Aber, wie bei den Ägyptern und Indern, Griechen und Arabern, sanken mit der Herrschaft auch die Wissenschaften; von allen astronomischen Entdeckungen ihrer Vorfahren blieben ihnen nur die Formeln zum Kalender, und Sterndeuterei nimmt jetzt im Orient den Rang der Sternkunde ein.

Zweite Vorlesung.

Neuere Geschichte der Astronomie von Kopernikus bis auf die neueste Zeit.

In allen kultivirten Ländern der alten und mittleren Zeit verehrt, und aus allen nach der Reihe vertrieben, fand endlich die Astronomie in dem neuen Europa eine Ruhestätte, wo sie seit 400 Jahren unablässig gepflegt, auf eine Stufe gebracht ist, deren fernere Erhöhung fast zu bezweifeln ist. Spanien war die Brücke, über welche mit andern Wissenschaften auch die Astronomie der Araber nach Europa kam, wohin um dieselbe Zeit die Wissenschaften der Griechen über Italien einwanderten. Drei gekrönte Häupter haben wir in dieser Periode zu nennen: den nachmaligen Papst Silvester II. (1000), der als Jüngling aus seinem Kloster in Spanien entfloh, um von den Mauren Mathematik und Astronomie zu lernen; Kaiser Friedrich II. (1230), dem trotz der thatenreichen unruhigen Regierung Astronomie die Lieblingsbeschäftigung war, so daß er einst, nächst seinem Sohne, eine schön gearbeitete Himmelskugel als sein liebstes Kleinod nannte, und Alfons X., den Weisen, König von Kastilien, der, ein zweiter Almamun, mit großen Kosten Astronomen an seinen Hof rief, aber über das Studium der Astronomie seine Pflicht vergaß und fast die Krone eingebüßt hätte. Die Früchte seiner Arbeit sind die alfonsinischen Tafeln (1252), berühmter, als sie es verdienen; denn statt selbst zu beobachten, studirte man nun die Schriften der Griechen und Araber ohne an die Erweiterung ihrer Kenntnisse zu denken.

Jetzt wird Deutschland der Schauplatz der großen astronomischen Entdeckungen. Georg Peurbach hatte zuerst den glücklichen Gedanken, durch das Senkblei den Winkel, und durch die Himmelsbewegungen die Zeit zu bestimmen, indem er die Lage der Sonne durch die eines in demselben Augenblicke beobachteten Sternes bestimmte. Die alten Chaldäer konnten nur die Tageszeit, die Alexandriner höchstens die Stunde bestimmen, indem sie die Entfernung der Sonne kurz vor Untergang von dem zu gleicher Zeit sichtbaren Monde maßen, und diesen wieder in der Nacht mit einem Sterne verglichen. Er starb 1461 in Wien. Er und sein Schüler Joh. Müller aus Königsberg (Regiomontanus) verbesserten die Trigonometrie, wodurch Regiomontan astronomische Ephemeriden 30 J voraus zu berechnen wagte. Er beobachtete auch zuerst (1472) die Entfernung eines Kometen. Er starb 1476 zu Rom. Der 3te in dieser Reihe war Bernhard Walther, ein Nürnberger, Schüler des Regiomontan, der seinen fürstlichen Reichthum auf die Verfertigung astronomischer Instrumente verwendete. Er hatte zuerst eine Uhr mit Räderwerk, entdeckte auch unter den Neuern die astronomische Stralenbrechung wieder.

Jetzt sind wir nun an der so wichtigen Epoche, wo die Astronomie, die Banden, die sie früher gefesselt hatten, abwerfend, sich mit raschen und ununterbrochenen Schritten zur jetzigen Höhe erhoben hat, bei Kopernikus Entdeckung des wahren Weltsystems.

Kopernikus war geb. in Thorn den 19. Febr. 1473. Nachdem er, nach der damaligen Sitte, in Italien studirt hatte, setzte ihn ein Kanonikat in Marienburg in Preußen in den Stand, sich seiner Lieblingsbeschäftigung, der Astronomie, ganz zu widmen. Von der ausnehmenden Verwicklung des ptolemäischen Systems ermüdet, suchte er bei den alten Philosophen eine einfachere Anordnung des Weltalls zu finden. Er fand, daß die Ägypter die Venus und den Merkur um die Sonne kreisen ließen; daß Nicetas, nach Cicero, die Erde sich um ihre Achse schwingen ließ, und dadurch die ungeheure Geschwindigkeit der täglichen Bewegung des Sternhimmels beseitigte. Nach den Angaben des Aristoteles und Plutarch hatten die Pythagoräer gelehrt, die Erde und die Planeten kreisen um die Sonne, welche im Mittelpunkte des Weltalls sei. Diese hellen Ideen machten ihn aufmerksam, er wendete sie mit Erfolg auf die mit der Zeit vervielfältigten Beobachtungen an, und fand diese der Theorie der Erdbewegung gemäß. Die tägliche Bewegung des Himmels war nur Schein, und die Vorrückung der Nachtgleichen eine kleine Bewegung der Erdachse; einer der ptolemäischen Planetenepicykeln verschwand; in den unregelmäßigen, bald direkt bald indirekt gehenden Bewegungen fand er nun eine durch die Bewegungen der Erde und der Planeten um die Sonne hervorgebrachte Täuschung, und er bestimmte ihre bisher unbekannten Bahnen. Alles kündigte endlich in diesem Systeme die schöne Einfachheit der Naturerscheinungen an, die den Geist entzückt, sobald man glücklich genug ist, sie zu entdecken. Dieses ist das berühmte kopernikanische System, das bald fast allgemein angenommen, fast nur Eitelkeit oder Aberglauben zu Gegnern hatte, so daß in unsern Tagen kaum ein unwissender Mönch seine Zweifel zu äußern wagt. Nach langem Zögern und auf dringendes Zureden seiner Freunde machte endlich Kopernikus, in einem Alter von 71 Jahren, sein berühmtes Werk über die Bewegungen der Himmelskörper bekannt, und um nicht an die allgemeinen Vorurtheile zu stoßen, stellte er seine Ansichten nur als Hypothese auf. „Die Astronomen, sagt er in seiner Zueignung an Papst Paul III., haben die Erlaubniß, sich Zirkel zu ersinnen, um die Bewegung der Sterne zu erklären, und ich glaubte mit ganzem Rechte untersuchen zu können, ob nicht die Annahme der Erdbewegung die Theorie dieser Erscheinungen genauer und einfacher mache.” Der große Mann war nicht Zeuge des Erfolgs seines Werkes: er starb plötzlich, bei Empfang der ersten Druckbogen, den 24sten Mai 1543, und entzog sich dadurch den Verfolgungen, die seine Anhänger erdulden sollten. Sein Grab ist mit keiner Denkschrift geziert, aber sein Andenken wird eben so lange dauern, als die großen Wahrheiten, die er so unumstößlich festgestellt hat, daß sie endlich die Täuschungen der Sinne zerstreut, und die noch größern Hindernisse, welche Unwissenheit und Aberglaube ihnen entgegenstellten, überwunden haben.

Ein glücklicher Zufall veranlaßte die Entdeckung eines der wunderbarsten Werkzeuge, die der menschliche Geist erfunden hat, das den astronomischen Beobachtungen eine bis dahin nie gehoffte Genauigkeit und Ausdehnung gab, und neue Ungleichheiten und neue Welten im Himmel nachwies. Zwei Kinder eines Middelburgischen Brillenhändlers spielten 1590 mit zwei Gläsern, einem konkaven und einem konvexen, und sahen dadurch den vergrößert erscheinenden Hahn des Kirchthurms. Verwundert hierüber, sagen sie es ihrem Vater, und daher die Fernröhre. Galilei (geb. zu Pisa 1564 nach Chr. und gestorben 1642) war der glückliche Astronom, der zuerst den unermeßlichen Nutzen des neuentdeckten Teleskopes erkannte, und es bald vervollkommnete. Der erste Blick, den er durch dasselbe nach den Sternen richtete, zeigte ihm die Trabanten des Jupiter und mit ihnen eine neue Ähnlichkeit zwischen den Planeten und der Erde. Die hellen Punkte, die er jenseit der Grenze des hellen und dunklen Theils der Mondscheibe entdeckte, lehrten ihn das Dasein und die Höhe seiner Berge kennen. Er beobachtete die Phänomene des Saturnringes, die Flecken und die Achsendrehung der Sonne, und endlich löste sich in einem Fernrohr die Milchstraße in eine zahllose Menge kleiner Sterne auf, die durch die Irradiation dem bloßen Auge ineinander flossen. Indem er diese Entdeckungen bekannt machte, zeigte er, daß sie unwidersprechlich die Bewegung der Erde bewiesen, aber, weil in der Bibel an verschiedenen Stellen von der Ruhe der Erde und der Bewegung des Himmels die Rede ist, und nach dem Buche Josua die Sonne einmal in ihrem Laufe stehen blieb, um den Sieg der Israeliten über die Eingebornen vollständig zu machen (nirgends steht jedoch, daß sie sich seitdem wieder bewegt habe), wurde Galilei’s Lehre von einer Gesellschaft Kardinale für ketzerisch erklärt, und er selbst, vor die Inquisition gefordert, mußte, um dem Gefängnisse zu entgehen, sich zum Widerrufe entschließen.

In einem Manne von so hohem Geiste ist die Wahrheitsliebe die stärkste Leidenschaft. Voll Enthusiasmus über seine großen Entdeckungen brennt er, sie zu verbreiten, und die Hindernisse, welche Unwissenheit und Aberglaube ihm entgegenstellen, erhöhen noch die Stärke der Leidenschaft. So auch Galilei. Durch seine eignen Beobachtungen von der Bewegung der Erde überzeugt, sann er lange über ein Werk nach, worin er die Beweise entwickeln wollte; aber, um sich vor der Verfolgung zu schützen, deren Opfer er beinahe geworden wäre, machte er sein Buch in der Form von Gesprächen bekannt, worin ein Peripatetiker und ein Kopernikaner ihre Systeme zu vertheidigen suchten. Der Vortheil blieb natürlich auf der Seite des letztern; aber da Galilei, der dritte der Sprechenden, nicht zwischen ihnen entschieden und den Einwürfen des Ptolemäers alles mögliche Gewicht gegeben hatte, so hoffte er mit Recht, die Ruhe zu genießen, die sein Alter und seine Arbeiten verdienten.

Indeß das Glück, das seine Dialogen machten, und die siegreiche Art, womit alle Schwierigkeiten gegen die Bewegung der Erde aufgelöst waren, erweckten die Eifersucht der Inquisition, und der 70 jährige Greis wurde von neuem vor ihren Gerichtshof gefordert. Trotz der Vorstellungen des Großherzogs von Toskana, seines Beschützers, wurde er in’s Gefängniß geworfen und mit der Strafe eines Abtrünnigen bedroht, wenn er fortführe, des Kopernikus System zu lehren. Er wurde zu folgender berüchtigten Abschwörungsformel gezwungen: „Ich, Galilei, im 70sten Jahre meines Alters persönlich vor Gericht gestellt, und die Augen gerichtet auf das heilige Evangelium, das ich mit meinen Händen berühre, mit aufrichtigem Herzen und Glauben, schwöre ab, verfluche und verabscheue den Irrthum, die Ketzerei der Bewegung der Erde u.s.w.” Man erzählt, daß er in dem Augenblicke, wo er aufstand, empört, zu einem falschen Eide gezwungen zu sein, mit dem Fuße stampfend, gesagt habe: „Und doch bewegt sie sich.”

Welch ein Schauspiel! Ein ehrwürdiger Greis, berühmt durch ein langes, ganz der Wissenschaft der Natur geweihetes Leben, schwört auf den Knieen, von einer Gesellschaft unwissender Pfaffen gezwungen, wider das Zeugniß seines Geistes und seines Gewissens, die Wahrheiten ab, die er so klar bewiesen hatte! Er wurde zu einem ewigen Gefängnisse verurtheilt, ein Jahr darauf aber durch die Verwendung des Großherzogs von Toskana wieder in Freiheit gesetzt. Indeß, damit er sich nicht der Macht der Inquisition entziehen könne, durfte er das Gebiet von Florenz nicht verlassen. Er starb auch daselbst 9 Jahre nachher zu Arretri.

Während dieses in Italien geschah, entdeckte Kepler in Deutschland die Gesetze der Planetenbewegungen. Ehe wir jedoch zu diesen übergehn, wollen wir die Fortschritte der Astronomie im Norden Europa’s, seit dem Tode des Kopernikus, nachholen.

Hier bietet die Geschichte der Wissenschaft eine Menge Beobachter dar. Einer der ausgezeichnetsten war Wilhelm IV. Landgraf von Hessenkassel (1561); er ließ in Kassel eine Sternwarte bauen, die er mit trefflichen Instrumenten versah, und beobachtete daselbst viele Fixsterne sehr genau und nach derselben Methode, wie die jetzigen Astronomen. Auch Reinhold zu Wittenberg (1551) ist wegen seiner astronomischen Tafeln zu erwähnen, die er zuerst nach kopernikanischen Grundsätzen herausgab, und wegen der Bemerkung, daß die Merkursbahn oval sei, wodurch er gewissermaßen der Vorläufer Keplers wurde. Möstlin erklärte zuerst das aschfarbene Licht des Neumondes und beobachtete Kometen.

Aber der berühmteste Astronom zwischen Kopernikus und Kepler war der Däne Tycho de Brahe, geb. in Schonen den 13ten Decemb. 1546. Sein Hang zur Astronomie entwickelte sich bei ihm in seinem 14ten Jahre, bei Gelegenheit einer Sonnenfinsterniß im J. 1560. Die Genauigkeit der Rechnung, wodurch die Erscheinung vorher gesagt wurde, flößte ihm die Begierde ein, ihre Grundsätze kennen zu lernen, und der Wunsch wurde noch durch das Widerstreben seines Lehrers und seiner Familie vermehrt. Während er in Leipzig am Tage die Rechte studiren mußte, beobachtete er des Nachts den Himmel und beschloß schon in seinem 17ten Jahre die Vervollkommnung der Planetentafeln. Nach einiger Zeit kehrte er in sein Vaterland zurück, und erhielt daselbst vom Könige Friedrich II. die kleine Insel Hween unweit Kopenhagen, wo er die durch ihn berühmte Sternwarte Uranienborg bauete; hier machte er während 21 Jahren zahllose Beobachtungen und wichtige Entdeckungen.

Die Erfindung neuer Instrumente und die Vervollkommnung der ältern verschafften seinen Beobachtungen eine größere Genauigkeit. Ein Sternkatalog, besser, als die des Hipparch und Ulugh Beigh; die Entdeckung der Ungleichheit des Mondes, die man Variation nennt; die Bewegung der Knoten und die Neigung der Mondsbahn; die interessante Bemerkung, daß die Kometen jenseit dieser Bahn sind; eine genauere Kenntniß der astronomischen Stralenbrechung, und endlich seine zahlreichen Beobachtungen über die Planeten, welche den Entdeckungen Keplers als Grundlage dienten, sind die ausgezeichneten Dienste, welche Tycho der Astronomie geleistet hat. Aber was ihn bei den Laien am bekanntesten machte, die Erfindung eines neuen Systems, gereicht ihm am wenigsten zum Ruhme. Über die Einwendungen der Gegner des Kopernikus gegen die Bewegung der Erde betroffen, und vielleicht auch aus Eitelkeit, einem neuen Systeme seinen Namen zu geben, verfehlte er das System der Natur. Nach ihm ist die Erde unbeweglich in der Mitte des Weltalls und alle Sterne bewegen sich in 1 Tage um die Weltachse; aber um die Sonne, die sich in 1 Jahre um die Erde dreht, wälzen sich alle Planeten. Das Auge hat nach dieser Ansicht dieselben Eindrücke, wie nach der des Kopernikus, und hatte Tycho es vor dem letztern entdeckt, so würde er sich mit unsterblichem Ruhme bedeckt haben; aber man muß gestehn, daß er, obgleich ein großer Beobachter, doch niemals in dem Auffinden der Ursachen glücklich gewesen ist; sein wenig philosophischer Geist war sogar durch die Vorurtheile der Astrologie befleckt.

Nach dem Tode seines Gönners (1597) durch Neid und Verfolgung vertrieben, fand Tycho in dem deutschen Kaiser Rudolf einen Beschützer, mit dem er einige Zeit zusammen in Prag arbeitete, bis er im J. 1601 starb. Seinen Schatz von Beobachtungen hinterließ er seinem größeren Schüler, Kepler, und nun konnte er mit Recht auf seinem Sterbebette ausrufen: „Ich habe nicht umsonst gelebt.”

Kepler war den 27. Decemb. 1571 zu Weil im Würtembergischen, geboren und machte unter den drückendsten Nahrungssorgen jene Entdeckungen, die seinen Namen auf ewig der Vergessenheit entreißen. Ein mystisches Werk über die geheimnißvollen Verhältnisse der Zahlen und Figuren erwarb ihm den Schutz des Tycho zu Prag, der ihn zu Beobachtungen aufmunterte und ihm den Titel eines kaiserlichen Mathematikus verschaffte. Tycho’s Tod setzte ihn in den Besitz einer zahlreichen Sammlung von Beobachtungen, wovon er den edelsten Gebrauch machte, indem er darauf drei der wichtigsten Entdeckungen gründete, die jemals in der Naturlehre gemacht sind.