Porterville - Folge 14: Die Akte Richthofen - Hendrik Buchna - E-Book

Porterville - Folge 14: Die Akte Richthofen E-Book

Hendrik Buchna

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Beschreibung

Wenigstens macht der Taxifahrer keine Probleme, als ich, beim Hilton angekommen, mit einem Dollarschein statt der hiesigen Währung Sucre bezahle. In der imposanten Hotellobby treten, noch bevor ich die Rezeption erreicht habe, zwei Männer in hellen Anzügen auf mich zu. In fließendem Englisch stellen sie sich als Mitarbeiter der Reisebehörde vor, die seitens der amerikanischen Botschaft im Vorfeld über den besonderen Anlass meiner Einreise informiert worden war. Wäre ich nicht so groggy, hätte ich mir sicher die Frage gestellt, wie die beiden mich unter all den anderen Touristen sofort erkannt haben. Schnell wird klar, dass die dauerlächelnden Herren offenbar gewillt sind, mir ab jetzt nicht mehr von der Seite zu weichen. Ihre Einladung zum Essen zwecks Klärung der weiteren Formalitäten lehne ich jedoch höflich mit Verweis auf meinen Erschöpfungszustand und die starken Kopfschmerzen ab. Ich bin jetzt definitiv nicht in der Lage, irgendwelche organisatorischen Gespräche über den Transport von Terrys Sarg zu führen.

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Folge 14

„Die Akte Richthofen“

Hendrik Buchna

- Originalausgabe -

1. Auflage 2013

ISBN 978-3-942261-60-9

Lektorat: Hendrik Buchna

Cover-Gestaltung: Ivar Leon Menger

Fotografie: iStockphoto

© Verlag Psychothriller GmbH

www.psychothriller.de

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung, der Vertonung als Hörbuch oder -spiel, oder der Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen, Video oder Internet, auch einzelner Text- und Bildteile, sowie der Übersetzung in andere Sprachen.

Ein Buch zu schreiben, dauert Monate. Es zu kopieren, nur Sekunden. Bleiben Sie deshalb fair und verteilen Sie Ihre persönliche Ausgabe bitte nicht im Internet. Vielen Dank und natürlich viel Spaß beim Lesen! Ivar Leon Menger

Prolog

„Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes tritt eine Gestalt aus dem Dickicht. Reflexartig richte ich meine Waffe auf sie. Es ist ein Mensch. Ein junger Mann, der jetzt mit beiden Händen winkend auf uns zurennt. Er trägt Shorts, halbhohe Stiefel und ein T-Shirt.

‚Hilfe!‘, ruft er. Der junge Bursche bleibt unmittelbar vor Mr. Landino stehen, ist völlig außer Atem, und ich stelle fest, dass sein Shirt an der linken Schulter eingerissen ist. An einem Unterschenkel, oberhalb des Stiefels, entdecke ich ein paar ovale Narben, die anhand ihrer Farbe und Struktur vor noch nicht allzu langer Zeit entstanden sein müssen.

‚Ich kenne Sie!‘, sagt der Junge und japst dabei nach Luft. ‚Sie waren bei meinem Großvater. Aber ich habe Ihren Namen vergessen.‘

‚Gerome Landino‘, klärt ihn mein Chef auf. ‚Und du bist Jonathan, der Enkel unseres Bürgermeisters. Wir haben uns alle sehr große Sorgen gemacht. Wo ist Emily?‘

Er reißt die Hände vors Gesicht und schluchzt hemmungslos.“

Maurizio

Draußen, Jahr 0048

1

19. Juli 1987

Es ist vollkommen surreal. Seit meiner Geburt habe ich Pittsburgh kaum verlassen, geschweige denn die Grenzen von Pennsylvania überschritten. Ich bin das exakte Gegenteil von dem, was man ‚reisefreudig’ oder ‚abenteuerhungrig’ nennt. Ich habe einen gut bezahlten, verlässlich planbaren Job als freier Mitarbeiter in der Wissenschafts-Redaktion des PittsburghChronicle, Schwerpunkt Angewandte Physik und Astronomie, ich liebe meine Verlobte Dana und unsere schöne Wohnung in Shadyside, ich engagiere mich ehrenamtlich zweimal pro Monat im Obdachlosen-Asyl, habe eine Schwäche für Mikrowellen-Burritos und die Filme der französischen Nouvelle Vague, halte stets bei Rot an der Ampel und führe ein durch und durch solides, überraschungsfreies Leben.

Und trotzdem befinde ich mich jetzt auf einem Flug in die dreitausend Meilen entfernte Hauptstadt von Ecuador, um den Leichnam eines Kollegen zurück in die USA zu überführen …

Es war der Wunsch der Eltern von Terry, die sich dieser Belastung nicht gewachsen sahen. Und da Terry ledig war, keine Geschwister hatte und wir gut miteinander befreundet waren, habe ich mich schließlich in Absprache mit der Chefredaktion dazu bereit erklärt, diese Reise nach Quito auf mich zu nehmen.

Über die Umstände von Terrys Aufenthalt in Ecuador und seinem plötzlichen Tod konnte ich bislang nur wenig in Erfahrung bringen. Er arbeitete ebenfalls für den Chronicle, hatte sich aber vor zwei Monaten freistellen lassen, um sich ganz in die Recherchen für sein neues Buch vertiefen zu können. Mit Blick auf seine früheren Publikationen, die beispielsweise den Korruptions-Skandal um Senator Deerburg oder das wahre Unfallprotokoll der „BAFCON OIL“-Katastrophe aufdeckten, arbeitete Terry mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut an irgendeiner Enthüllungsgeschichte. Einzelheiten kannten aber weder die Redaktionskollegen noch seine Eltern. Und auch ich hatte seit über drei Wochen keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt. Das war durchaus nicht ungewöhnlich, denn wenn Terry sich in eine Story verbissen hatte, tauchte er oft über lange Zeiträume vollkommen ab, um dann plötzlich wie aus heiterem Himmel und mit stolzer Beute im Gepäck wieder in unsere Welt zurückzukehren. Doch nicht dieses Mal.

Nach Auskunft der Behörden hatte sich Terry mehrere Tage als Tourist in Quito aufgehalten und war dort einer Infektion erlegen. Nähere Details werde ich vor Ort erfahren. Ein Gefährdungs-Potenzial liege laut ärztlichem Gutachten allerdings nicht vor, so dass im Anschluss an den längst angelaufenen Formalitäten-Marathon Terrys Rückführung und Bestattung in der Heimat ohne größere Komplikationen durchführbar sein wird. Wieder und wieder gehe ich im Kopf den exakt einzuhaltenden Vorschriften-Katalog durch, um mich von dem Gedanken abzulenken, dass ich nie wieder mit Terry reden, lachen und streiten werde. Die letzten Worte, die wir ausgetauscht haben, waren Anzüglichkeiten über eine neue Mitarbeiterin aus der Buchhaltung gewesen. Banal, irrelevant und substanzlos. Ich hätte gern eine andere Abschiedsszene in Erinnerung behalten.

Nach zehnstündigem Flug landen wir schließlich um ein Uhr mittags auf dem Aeropuerto Internacional Mariscal Sucre, der wegen seiner innerstädtischen Lage inmitten dichter Bebauung als einer der gefährlichsten Flughäfen der Welt gilt. Angesichts meiner allerersten Flugreise, deren Anlass mir ohnehin stark zusetzt, hätte ich auf diese Information liebend gern verzichtet, aber dafür ist es nun zu spät. Bis auf geringfügige Turbulenzen, die jedoch völlig ausreichen, um meinen Puls locker auf das Doppelte zu beschleunigen, verläuft die Landung glücklicherweise problemlos. Als ich schließlich auf die Gangway trete, kommt es mir so vor, als würde plötzlich ein feuchtheißes Handtuch auf mein Gesicht gepresst. Zwar ist die Temperatur mit etwa 25 Grad nicht übermäßig hoch, jedoch entsteht durch die enorme Luftfeuchtigkeit von über 90 Prozent der subjektive Eindruck einer schier unerträglichen Schwüle. Hinzu kommt der tiefe Luftdruck und die damit einhergehende geringe Sauerstoffsättigung, die mir schwer zu schaffen macht. Der Grund ist denkbar einfach: Die Millionen-Metropole Quito liegt auf einer Höhe von circa 2.800 Metern und ist damit die höchstgelegene Hauptstadt der Welt. Ein dreifaches Hoch auf meinen Reiseführer – jetzt weiß ich wenigstens, warum es mir so unglaublich scheiße geht …