Power to change - Carl-A. Fechner - E-Book

Power to change E-Book

Carl-A. Fechner

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Beschreibung

»Wenn wir es jetzt nicht versuchen, kommt morgen die Frage: Warum habt ihr versagt?« (Carl-A. Fechner)

Dieses Buch des bekannten Dokumentarfilmers Carl-A. Fechner belegt: Die Wende der Energieversorgung ist möglich – überall auf unserem Planeten. Auf der Basis seines Films »Power to change« zeigt der ehemalige Bundeswehrhauptmann, Nachrüstungs- und Atomkraftgegner, warum heute die ganze Welt auf erneuerbare Energie umschalten kann – wenn sie nur will! Das Credo des weltweit anerkannten Energieexperten lautet: Der Energie-Wandel hin zur Nachhaltigkeit ist möglich. Jetzt!

  • Gegen die Macht der Energiekonzerne
  • Das Buch zum erfolgreichsten politischen Kinodokumentarfilm 2016
  • Hochaktuell und argumentativ bestechend
  • Von einem der weltweit anerkanntesten Umweltaktivisten

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Seitenzahl: 262

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Carl-A. Fechner

Unter Mitarbeit vonChristoph und Jonathan Fasel

Power to change

Die Energierevolutionist möglich!

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Copyright © 2018 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

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Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

Umschlaggestaltung: Gute Botschafter GmbH, Haltern am See

Umschlagmotiv: © SoleilC / shutterstock

ISBN 978-3-641-22432-5V002

www.gtvh.de

INHALT

Vorwort

1. EINE EINLADUNG: DIE ENERGIEREVOLUTION UND IHRE FRONTEN

2. WERTE: WOHER ICH KOMME – DIE WURZELN DER REBELLION

3. LASST UNS DIE ENERGIEVERSORGUNG DEMOKRATISIEREN!

4. SCHLUSS MIT DEM ZEITALTER DER VERBRENNUNG!

5. SORGT FÜR EURE EIGENE WÄRME!

6. WANDLUNG: DER SOLDAT UND DER AKTIVIST

7. ERZEUGT ENERGIE SELBST!

8. REBELLIERT GEGEN SCHEINDISKUSSIONEN!

9. SUCHT NACH NEUEN LÖSUNGEN!

10. ZWEI ZUKUNFTSSZENARIEN

11. WAHRHEIT: WARUM ICH FILME DREHE, DIE MUT MACHEN

12. LASST UNS GEMEINSAM HANDELN – JETZT!

Kleines ABC der Energierebellion

Danksagung

Bildteil

VORWORT

Klimawandel, geopolitische Konflikte um Ressourcen, Kriegs- und Klimaflüchtlingswellen: Es ist offensichtlich, dass sich unser System grundlegend ändern muss. Und zwar überall: Unsere Volkswirtschaften setzen die falschen Prioritäten. Die meisten Unternehmen schielen einzig auf ihre Bilanzen und zerstören dabei langfristig ihre eigene – und unsere – Lebensgrundlage. Sie nehmen damit bei der Natur ein zinsloses Darlehen auf, das die Allgemeinheit mit der Klimakatastrophe sowie Kriegen und Ungerechtigkeit zurückzahlen muss. Und jeder Einzelne von uns fällt täglich viele Entscheidungen, die – würde man sie einmal logisch durchdenken – falsch und schlecht sind, auch und besonders für uns selbst.

Nicht etwas muss sich verändern – sondern wir müssen es verändern. Ich bin überzeugt, dass jeder fähig ist, sich und sein Leben in die Hand zu nehmen und neu auszurichten. Dass jeder zu der großen Veränderung unserer Zeit etwas Positives beitragen kann. Und dass Veränderung etwas Gutes hervorbringt, wenn sie aus der richtigen Geisteshaltung heraus geschieht.

Dieses Buch kann dabei helfen.

Veränderung ist kein abstraktes Etwas, kein Nebel des Ungefähren, kein Herumstochern oder zielloses Ausprobieren. Veränderung ist kein Zufall. Sie ist ein Prozess, der von drei Faktoren abhängt, und lässt sich in eine nüchterne Formel fassen. Und wo Formeln und Faktoren wirken, da können, da dürfen wir das Ruder übernehmen.

Der erste Faktor ist die Vision. Sie gibt uns ein Ziel und eine Richtung vor. Sie ist unser Kompass und Antrieb auf dem Weg zur Veränderung.

Carl Fechner hat eine klare Vision, die er hier gut begründet zu Papier gebracht hat. Er sagt: Wir können uns schon sehr bald zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen mit Licht und Wärme und all der Energie versorgen, die wir für unser Land – und unsere Welt! – benötigen. Besser noch: Wir haben etwas davon, nämlich persönlichen Wohlstand, weltweite Gerechtigkeit und ein gutes Gefühl. Der Wandel bedeutet nicht Verzicht, sondern Lust.

Und Carl Fechner zeigt uns den Weg dorthin, indem er uns seine Geschichte und die seiner Mitstreiter zeigt. Plusenergiehäuser, Elektroautos, Solarparks, Biogas-Anlagen, Nahwärmenetze, Batteriekraftwerke: Auf ganz persönliche Weise führt er uns an diese neuen technischen Möglichkeiten heran und zeigt uns, wie wir von ihnen profitieren können.

Der zweite Faktor der Veränderung ist Leidensdruck. Ist nämlich alles gut so, wie es ist, dann spüren wir keine Notwendigkeit zum Handeln. Erst wenn uns Dinge ärgern, auf den Geist gehen oder Schmerzen bereiten, werden wir Energie in notwendige Veränderung stecken.

Auch hier findet Carl Fechner klare Worte. Sein bemerkenswerter Lebensweg ist von genau diesem Leidensdruck gekennzeichnet. Er konnte anders als sein militärisches Umfeld die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland nicht akzeptieren und engagierte sich frühzeitig dagegen. Für ihn war klar, dass atomare Abschreckung seinem Auftrag als Soldat, sein Land zu beschützen, völlig zuwiderläuft.

Damit war er seiner Zeit weit voraus. Carl Fechner wusste schon damals: Geschichten von Innovation und Fortschritt finden ihre Leser, Hörer und Zuschauer. Er hat dabei stets vermocht, auch immer das Gefühl der Dringlichkeit zu vermitteln, dass es so nicht weitergehen kann. In diesem Spagat liegt seine große Leistung.

Sie schimmert auch bei dem dritten und vielleicht wichtigsten Faktor durch: Vertrauen. Damit meine ich eine grundlegende vitale Einstellung zum Leben und zu anderen Menschen. Also zum einen das Vertrauen in die Menschen, mit denen wir gemeinsam eine Vision teilen, zum anderen aber auch den Glauben daran, dass wir die Veränderung schaffen können. Glauben Sie an sich und Ihre Fähigkeit, fernen Ideen Stück für Stück näherzukommen und sie irgendwann in die Tat umzusetzen! Keine Herausforderung ist zu groß, nur unser Wille zu klein. Haben Sie ein positives Menschenbild und Vertrauen darin, dass Veränderung wahr werden kann! Erst dann rückt sie auch in den Bereich des Möglichen.

Um das zu erreichen, sollten Sie sich idealerweise mit dem identifizieren, was Sie tun. Viele Menschen finden den Sinn ihres Lebens in ökologischen Projekten und damit beinahe immer auch in der Frage der Energiegewinnung. Wie Carl habe ich dabei viele Menschen getroffen, die sich, ihrem Umfeld und ihrer Lebensaufgabe voll und ganz vertrauen und ihr Leben der nachhaltigen Energiegewinnung verschrieben haben.

Carl liefert in diesem Buch solche Beispiele en masse, Geschichten von ihm selbst und von Vordenkern, die zwar jahrelang für ihre Sache kämpfen mussten. Die aber allen Widerständen zum Trotz ihre Vision zu einer Tatsache gemacht haben. Die Lektüre dieser Erzählungen macht Mut. Und vielleicht hilft sie Ihnen dabei, selbst ein Herz zu fassen und Ihr Leben und Umfeld zu verändern.

Ein letzter Gedanke zu einem Aspekt, der dieses Buch ebenfalls kennzeichnet: Carl Fechner hat den Begriff »Nachhaltigkeit« in seinen Erzählungen weitestgehend umschifft. Zu Recht: Denn das Wort ist zur Hülse verkommen, die für alle möglichen Entwicklungen und Technologien herhalten muss. Der Begriff hat sich über die letzten Jahrzehnte in den Debatten abgenutzt und ist mit dem faden Geschmack der Fundamentalpolitik behaftet.

Das ist schade und falsch. Wir sollten uns an die ursprüngliche Bedeutung des Wortes erinnern, die eben nicht nur ökologisch ist – aber darin ihren Ursprung hat. Nachhaltigkeit bildet das Fundament unseres Handelns, nämlich eine widerstandsfähige, lebensstärkende Welt zu schaffen, in der Wachstum nicht die oberste Prämisse ist. Das überträgt sich auf die ökonomische Nachhaltigkeit, indem wir nun auch Güter, Infrastruktur- und Finanzkapital nach ihrem Nutzen für eine lebensdienliche Welt bemessen. Mit Hilfe dieser Werkzeuge können wir so agieren, dass wir eine freie, gerechte und mitfühlende Welt schaffen. Eine Welt mit Fokus auf kulturelle und soziale Aspekte – ebenfalls ein wesentlicher Punkt dieses Buches.

Carl Fechner füllt den Begriff mit neuem Leben, ohne ihn explizit immer wieder zu nennen. Er verwebt die teilweise unerträgliche Realität von Armut, Gier und falschen Entscheidungen mit dauerhaft guten Aussichten: Wir dürfen jetzt handeln! Uns sind jetzt die Mittel gegeben, den Wandel anzustoßen – und, verzeihen Sie den Gebrauch des Satzes, eine friedliche und gute Welt, angetrieben von Nachhaltigkeit, zu bauen.

»Power to Change«: Nehmen Sie sich dieses Buch und seinen Titel zu Herzen. Und wenn Sie es noch nicht getan haben, schauen Sie den Film. Danach wissen Sie: Wir haben die Kraft, ganz große und ganz kleine Dinge zu verändern und damit viel zu erreichen. Ich wünsche mir, dass dieses Buch Ihnen Wege zeigt, wie Sie Ihren ganz persönlichen »Change« und Ihre Energierevolution starten können.

Amir Roughani, Unternehmer und Protagonist des Films »POWER TO CHANGE – Die Energierebellion«

München, im Dezember 2017

1. EINE EINLADUNG: DIE ENERGIEREVOLUTION UND IHRE FRONTEN

Es gibt gute Gründe, dieses Buch zu lesen

Einer dieser Gründe lautet: Die Menschheit soll überleben. Zu hoch gegriffen? Keineswegs! Auf den Seiten dieses Buches möchte ich einerseits zeigen, was die Menschheit mit Klimawandel, Umweltzerstörung und der damit einhergehenden globalen Ungerechtigkeit bereits angerichtet hat. Der Kampf um Energie und insbesondere um Öl kostet Menschenleben. Die Suche nach Kohle zerstört Lebensräume. Atomkraftwerke und ihre Abfallprodukte verstrahlen ganze Landstriche unseres schönen Planeten – und machen sie unbewohnbar auf Generationen hinaus. Und all dies nur aus einem Grund: Weil wir bis heute nicht gelernt haben, die alles bestimmende Energiefrage mit klarem Kopf zu lösen. Albert Einstein hat es so ausgedrückt: »Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.«

Muss das so sein? Sicherlich nicht. Dieses Buch zeigt Ihnen Wege und Auswege aus dem Aberwitz zentralisierter, durchökonomisierter, von staatlichen Instanzen und internationalen Konzernen beherrschter Energieerzeugung. Es belegt, dass wir schon heute die Energierevolution wagen können. Und was wir tun müssen, damit sie gelingt. Dazu möchte ich uns alle einladen.

So bleibt das Buch nicht bei der bloßen Diagnose des Status quo stehen. Dieses Buch jammert nicht. Es erstarrt nicht angesichts der enormen Probleme und Herausforderungen. Es stemmt sich vielmehr gegen Lethargie, Zaudern und Ausflüchte. Denn zum einen schildern meine Mitstreiter und ich, welche ungeheuren Möglichkeiten es gibt, unsere Welt wirksam auf ein dezentrales Wirtschaftssystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energien umzustellen. Wir können das bis zum Jahr 2040 schaffen. Zum anderen illustriert dieses Buch, welche Innovationen, Ideen und politischen Lenkungsinstrumente es bereits gibt, um die Energiewende konsequent zum Erfolg zu führen. Dieses Buch sagt, wie das geht, wie jeder Einzelne dazu beitragen kann – und sogar selbst davon profitiert.

Weiterhin beschäftigt sich dieses Buch mit den Ergebnissen der aktuellen Forschungen weltweit tätiger Wissenschaftler. Die fordern klipp und klar: Alle Industrienationen müssen bis zum Jahr 2040 ihre CO₂-Emissionen auf den Wert Null herunterschrauben. Das ist die Minimalforderung, um das Klima unseres Planeten zu retten – und damit die Lebensräume der Menschheit. Vom Erscheinen dieses Buches bis zum gesetzten Termin sind das genau 22 Jahre. Das ist in etwa die Zeit, die ein Mensch braucht, um zum Erwachsenen zu reifen. Für die Menschheit ist das eine kurze Zeitspanne, um nach Jahrhunderten des umweltzerstörerischen Handelns »erwachsen« zu werden. Wir können endlich lernen, unser Handeln zu hinterfragen. Wir dürfen Verantwortung für unseren Planeten übernehmen und dementsprechend unser Leben ausrichten. Die Menschheit muss ihre kindlich naive Vorstellung, dass sich alles ohne ihr Zutun schon richten möge, ablegen und erwachsen werden. Es ist Zeit, das Heft in die Hand zu nehmen. Für unseren Planeten und für nachfolgende Generationen. Dieses Buch ist meine Einladung dazu.

Kaum ein Wissenschaftler bestreitet ernsthaft, dass die Klimaziele zur Rettung unserer Umwelt technisch zu erreichen sind. Dennoch scheint in Politik und Wirtschaft weitgehend nicht bekannt zu sein, dass viele Lösungen bereits heute verfügbar sind. Das Wissen, die Technik, die politischen Instrumente und das Engagement von einzelnen Unternehmen und vielen Privatpersonen ist vorhanden. Es scheint, dass uns der Mut zu der konkreten Umsetzung fehlt. Ein weiterer Grund für mich, dieses Buch zu schreiben. Denn Zeit und Gelegenheit genug, zu begreifen, wo diese Welt steht, haben mittlerweile alle gehabt: die Politiker, die Industrievertreter, die Finanzexperten.

Greenpeace erwartete vor zehn Jahren 150 Millionen Klimaflüchtlinge bis zum Jahr 20501 – heute haben sich die Prognosen der NGO vervielfacht2: Das sind die kommenden Generationen von Asylsuchenden, die durch den Klimawandel gezwungen sein werden, ihre Heimat zu verlassen. Welche Verwerfungen in den Gesellschaften Europas und der Nordhalbkugel das mit sich bringen würde, sollten wir uns klar vor Augen führen.

Ist die Welt ein verlorener Planet, der zunehmend von Terror und Krieg gegeißelt und von Flüchtlingsschicksalen und Wirtschaftskrisen erschüttert wird? So scheint es. Doch ich habe Grund zum Optimismus: Heute halten wir die Werkzeuge und Technologien in den Händen, um wirksam gegen die Klimakatastrophe zu handeln. Und damit auch gegen die Ursachen der meisten Kriege und Flüchtlingskatastrophen.

Schauen wir uns einmal das Gesamtbild an, entdecken wir: Energie ist Wohlstand. »Ohne Energie geht nichts, das muss man wissen.« Das war ein zentraler Satz des ehemaligen SPD-Politikers und Trägers des Alternativen Nobelpreises, Hermann Scheer. Scheer war bis zu seinem viel zu frühen Tod im Jahr 2010 mein Freund, Berater und Vorbild. Er brachte die Relevanz der Energiewirtschaft für unser aller Leben auf den Punkt: Energie ist alles, denn ohne Energie ist das meiste nichts.

Wir haben verlernt, Energie wertzuschätzen. Hier in Deutschland und Europa umgibt sie uns wie selbstverständlich. Sie ermöglicht uns Licht, wann immer es nötig ist. Sie spendet uns Wärme und lässt uns in unserer Klimazone leben, in der es im Winter überlebensfeindlich kalt werden kann. Sie ermöglicht uns den schnellen und reibungslosen Transport quer durch die Lande und über den ganzen Globus. Mit ihr können Informationen in Sekundenbruchteilen um die Welt gesendet werden. Energie hat die Grenzen von Transport und Information gesprengt. Sie ist der Motor für Wirtschaft, Gesellschaft und Globalisierung. Die Währung zukünftiger Generationen werden weder Dollar, noch Euro, noch Renminbi oder Gold sein. Die Währung der Zukunft ist Energie! Es tut gut, dies zu fühlen.

Woher unsere Energie heute kommt

Die Energiewende ist mehr als nur eine Umstellung der Energieerzeugung von einer Technologie auf eine andere. Sie bricht mit allen Traditionen und heutigen Strukturen der Energiebranche – und ist deswegen so revolutionär. Diesen fundamentalen Wandel als Chance zu begreifen ist der Schlüssel zur Energierevolution.

Doch wie sieht die Energiebranche heute aus? Und warum ist sie immer noch so zentralistisch organisiert?

Die Entdeckung der elektrischen Energie war ein gigantischer Schritt gegenüber der Dampfmaschine, dem Nukleus der industriellen Revolution. Denn nun konnte die Herstellung von Energie vom Ort des Verbrauchs entkoppelt werden. Eine Dampfmaschine konnte immer nur dort betrieben werden, wo auch Wasser und Brennstoff verfügbar waren. Ihre hydraulische Energie konnte nur über einen begrenzten Raum übertragen werden. Mit der Umwandlung von Brennstoff über Wasserdampf – oder puren Wasserdruck – in elektrische Energie galten diese Prämissen nicht mehr. Nun konnte Energie über Kabel geleitet werden und Entfernungen überwinden.

So entstand das Konzept des Kraftwerks, das wir heute kennen: ein entlegener Ort in mehr oder weniger entferntem Umfeld von dicht besiedelten Gebieten, in dem durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern in industriellem Maßstab Elektrizität gewonnen wird. Vergangene Zeiten? Nein. Im Grunde bestimmt das Uralt-Prinzip der zentralen Dampfmaschine seltsamerweise nach wie vor das Denken der Entscheidungsträger im Energiesektor.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm der Siegeszug der elektrischen Energie nun endgültig Fahrt auf, denn mit der Entwicklung der Atombombe wurde auch der Grundstein für die Energiegewinnung aus Uran gelegt. In den 1950er Jahren gierten die Sowjetunion und die USA nach der ungeheuren Kraft der Atomspaltung, galt es doch, mit der Nutzung der Atomenergie den wachsenden Energiehunger der beiden Weltmächte zu stillen. »Technik im Dienste des Menschen. Fortschritt der Menschheit durch Fortschritt der Technik«, so lautete das offizielle Motto der Weltausstellung 1958 in Brüssel. Das Atomium wurde zum Symbol des anbrechenden Atomzeitalters und des Glaubens an ein neues Zeitalter der technisch nahezu unbegrenzten Möglichkeiten. Auch wenn es in Deutschland politisch bedingt noch bis 1960 dauern sollte3: Atomkraft war eine Technologie, deren Durchbruch in der Luft lag – und die im wahrsten Sinne des Wortes Millionen Bürger in Deutschland elektrisierte.

Mich hat die Atomenergie als Schüler in den 1960er Jahren fasziniert. Das lag auch daran, wie diese neuartige Form der Energiegewinnung überall beworben wurde. Sogar in der Schule: Ein Lehrer präsentierte uns diese neue Technologie und steckte uns mit seiner Begeisterung für den Fortschritt an. Selbst die Form der Präsentation war neuartig: Er kam mit farbigen Folien. Das gab es vorher noch nicht.

Es waren eben die 1960er Jahre, und der Glaube an die zukunftsweisende Technologie hatte uns alle erfasst. Ich fand das toll: diese riesigen Turbinen, mitsamt der gewaltigen Kraft, die dort umgesetzt wird. Natürlich hatte das eine gewisse Faszination, vor allem für uns Jungs. Autoquartette, immer neue industrielle Errungenschaften und später das Wettrennen zum Mond: Das waren unsere Gesprächsthemen.

Was den meisten Menschen – auch mir – erst später klar wurde: Der Preis der Atomkraft ist zu hoch. Viel zu hoch, um ihn unter moralischen Gesichtspunkten bezahlen zu können. Denn die sichere Zukunft unserer Kinder muss unbezahlbar sein. Für mich steckt in der Entwicklung und Nutzung von Atomenergie etwas zutiefst Unmoralisches: Man wusste um die Gefahren und sagte sich, die nächste Generation löst das Problem. Genauer gesagt: die kommenden 70.000 Generationen, denn Atommüll strahlt über 1.000.000 Jahre. Im Laufe unseres Lebens können wir uns glücklich schätzen, vier Generationen zu erleben. Schon heute sitzen wir auf Tausenden Tonnen strahlender Altlasten, deren Endlagerung immer noch ungeklärt ist und die Hunderte von Milliarden Euro verschlingen wird. Die verantwortlichen Konzerne haben sich jüngst mit 25 Milliarden Euro aus der Verantwortung gestohlen. Auch wenn wir vor dem Ende der Atomkraft in Deutschland stehen: Mich macht diese Verantwortungslosigkeit immer noch wütend.

Damals in den 1950er Jahren hingegen war die Marschroute völlig klar und stand außer Frage: In den Industrienationen – und damit auch in Deutschland – sollten sich staatlich gelenkte Energiekonzerne um Forschung, Entwicklung, Bau und Betrieb von zentralen Großkraftwerken kümmern. Wasserkraft spielte dabei – etwa in Frankreich – zeitweise eine gewisse Rolle. Doch der Energiehunger der Haushaltsgeräte, der industriellen Produktion sowie der später hinzukommenden Informationstechnologie wuchs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa und den USA für eine Weile fast exponentiell. Kühlschränke, Waschmaschinen, Rechenzentren und Computer wollten rund um die Uhr mit Strom versorgt werden. Atomenergie sowie die Verbrennung von Kohle waren erprobt, verfügbar – und wirtschaftlich. Nach den Regeln der Marktwirtschaft rechnet sich die Energieerzeugung mittels fossiler Brennstoffe bis heute. Sie bedeutet ein Milliardengeschäft. Und nur wenige protestierten – sie waren und sind bis heute die kritischen Gegenpole in einem Jahrhundert der Gier.

Regierungen ist dies nur recht – schließlich bedeutet billige Energie großen Wohlstand; und breiter Wohlstand ist die Legitimation jeder Regierung. So zementierte sich über Jahrzehnte eine Struktur, in der wenige große Konzerne im öffentlichen Auftrag massive Mengen an Energie produzieren. Dieser Pakt funktioniert in Deutschland und Europa bis heute. Doch seine Fassade bröckelt.

Es geht um sehr viel Geld

Was jedoch heute oft verschwiegen wird: Der Deal der zentralen Energieproduktion durch fossile Brennstoffe ist extrem lukrativ – für diejenigen, die beteiligt sind. Allein in Deutschland werden fossile Energien für jährlich 100 Milliarden Euro importiert und zu Treibstoff, Strom und Wärme umgewandelt.4 Es ist wie so oft mit zentralisierten Industrien: Sie entwickeln durch die Fokussierung auf finanziellen Gewinn eine wirtschaftlich getriebene Eigendynamik.

Diese ungesunde Konzentration auf Geld wurde 1998 durch die Liberalisierung und die einhergehende Privatisierung der Energiebranche beschleunigt. Die ehemals staatlichen Akteure mit öffentlichem Auftrag wurden nun zu Unternehmen, die nach wirtschaftlichen Richtlinien funktionieren sollten.5 Die Liberalisierungspolitik setzt auf das Prinzip der freien Marktwirtschaft: Energieerzeuger müssen sich auf dem Markt behaupten. Sie sind gezwungen, effizienter zu produzieren, und können damit auch besser zum Wohl der Allgemeinheit beitragen. Doch das funktionierte nur bedingt.

Nun besitzen die großen Energieerzeuger abgeschriebene Kraftwerke – erprobte und teure Instrumente, um große Mengen an Energie herzustellen. Dass diese Instrumente schädlich und überholt sind, wollen sie offenbar nicht wahrhaben. Denn sie sind bis heute den Regeln der stark liberalisierten Marktwirtschaft unterworfen, und die besagen: Schaut auf das Geld und maximiert euren Gewinn. Ökologische Kosten spielen keine Rolle. In einer Marktwirtschaft wird den ökologischen Kosten keine Handlungsmaxime eingeräumt. Die Parole der Energiekonzerne und ihrer Helfershelfer lautet: Die Grundversorgung soll bitte mit fossiler Energie bedient werden, der zusätzliche Bedarf kann dann auch gerne grün sein. Und sie verteufeln den Kohleausstieg als »Fundamentalismus« und »Weltuntergangsrhetorik«.6

Die Folge: Deutschland ist vom Vorreiter in weltweiten Klimafragen tendenziell zum Bremser geworden. Doch dürfen wir uns damit abfinden? Wollen wir es wirklich riskieren, dass uns in 30 Jahren unsere Enkel fragen werden: »Warum habt ihr das damals nicht anders gemacht?« Sie werden uns diese Frage stellen. Und es wird nicht bei dieser einen vorwurfsvollen Frage bleiben. Sie werden uns löchern, warum wir nicht aktiv Lösungen gesucht und konsequent umgesetzt haben. Es ist höchste Zeit: Lasst uns jetzt handeln! Welche Möglichkeiten wir zu unserer persönlichen Energierevolution haben, zeigt Ihnen dieses Buch auf.

In der Klima-Politik der deutschen Bundesregierung lässt sich in den letzten Jahren ein Zögern und Zaudern erkennen. Das Ergebnis: Freiwillige Grenzwerte und Appelle funktionieren nicht, Lobbyisten drehen Entscheidungen zurück, der Ausbau von Sonnen- und Windenergie wird bewusst verzögert. Und das, um letzten Endes 20.000 Arbeitsplätze in der Braunkohle-Industrie zu retten. Einer Industrie, die keine Zukunft hat und die nur am Leben gehalten wird, um regionale Wirtschaftsinteressen zu bedienen und Wählerstimmen zu sichern. Zum Vergleich: Alleine in der Windindustrie gibt es mittlerweile fast 150.000 Beschäftigte.7

Es wirkt wie ein Szenario aus einer in Agonie untergehenden Welt: Am 9. Januar 2018 zerstören Bagger den 500 Jahre alten, streng unter Denkmalschutz stehenden Kirchenbau in Immerath bei Köln im Braunkohle-Tagebau der RWE. RWE beansprucht das Dorf, in dem der wunderschöne Dom steht, um ihren monströsen Braunkohletagebau weiter zu vergrößern. Die Kirche wird zerstört, obwohl jeder weiß, dass die Verstromung von Braunkohle eine Technologie der Vergangenheit ist, die allerspätestens in fünf Jahren beendet wird. Schauen Sie sich die entsprechenden Videos im Internet an.8 In mir erzeugen sie Wut, Entsetzen über diesen Irrsinn – und Scham, dass wir ihn nicht aufhalten konnten.

Erneuerbare Energien unterscheiden sich nicht nur technisch, sondern auch in ihrer Wertschöpfung grundlegend von der konventionellen Stromgewinnung. Wind- und Solarkraftwerke benötigen keinen Brennstoff, denn sie ziehen ihre Energie aus der Luftbewegung und den Sonnenstrahlen. Das bedeutet, dass sie – im Gegensatz zu Kraftwerken – minimale Betriebskosten haben. Kurz: Ist das Solarpanel einmal durch die gewonnene Energie abbezahlt, produziert die Anlage nahezu kostenlosen Strom. Ein Traum für Anleger und Hausbauer, die sich frühzeitig eine Anlage auf ihr Dach haben installieren lassen. Und ein Alptraum für die großen Energieversorger mit ihren Kraftwerken, die ihnen einst zeitlich unbegrenzte Geldströme versprachen.

Der Wandel der Energiebranche hat bereits begonnen

Mit der Frage nach dem Wert der Energie sind die Herausforderungen für die »alte Welt« der konventionellen Energien nicht vorbei.

• Der CO₂-Gehalt in unserer Luft ist so hoch wie nie zuvor. Er lag die vergangenen 650.000 Jahre immer zwischen 150 Parts per Million (ppm) und 300 ppm. Aktuell liegt er bereits bei über 400 ppm und steigt schnell weiter. Parallel steigt die Durchschnittstemperatur an – es existiert eine überdeutliche Korrelation.9• Die Vorräte an fossilen Brennstoffen sind endlich. Wann genau sie zur Neige gehen werden, ist umstritten – aber es ist sicher, dass es so kommen wird.• Mehr und mehr Menschen erkennen die gesundheitlichen Risiken durch den Smog, der bei der Verbrennung von Öl, Benzin, Kohle und Gas entsteht.• Immer wieder bringen Havarien wie Tschernobyl und Fukushima den Glauben an die Struktur unserer Energieversorgung ins Wanken.• Die internationale Staatengemeinschaft legt sich mittlerweile Emissions-Richtlinien auf. Stromproduzenten sind gezwungen, Zertifikate zu erstehen und ihre Abgase zu behandeln.

Trotzdem sind Macht und Einfluss der großen Energiekonzerne ungebrochen. Die wirkliche Auseinandersetzung hat gerade erst begonnen.

Was kann also jeder Einzelne dazu beitragen, den Kampf zu gewinnen?

Die Energierebellion ist ein Aufstand von Menschen, die sich entschieden haben. Der aktive Entschluss, für die Energiewende einzustehen, ist eine höchst persönliche, private und zugleich politische Angelegenheit. Es handelt sich um eine klare, lebensbejahende Entscheidung! Das Ziel der Energierebellion der Menschen ist eine revolutionäre Veränderung unser aller Leben.

Wir können die Energierevolution unterstützen – durch unseren eigenen Lebensstil. Das heißt vor allem durch den Konsum: Welches Fleisch nehme ich zu mir, und wie viel konsumiere ich insgesamt? Welche landwirtschaftlichen Produkte kaufe ich? Bestehe ich auf regionale Erzeugnisse und Produkte mit Biosiegel? Oder packe ich mir das Schweinesteak für 99 Cent beim Discounter in den Einkaufswagen? Getreu dem Motto: Hauptsache, genießbar und preiswert – die Herstellungshintergründe, die Umweltschäden und Tierquälereien gehen mich nichts an! Dabei werden weltweit jährlich 60 Milliarden Tiere getötet, um unsere gesundheitsschädigende Gier nach Fleisch zu befriedigen. Die Möglichkeiten, hier anzusetzen, sind groß. Ein Beispiel: Bei uns in der Produktionsfirma fechnerMEDIA kochen jeweils zwei Mitarbeiter mit Erzeugnissen des Hofguts Rengoldshausen, eines Demeter-Betriebs aus Überlingen, jeden Mittag für die ganze Crew. Wir machen das abwechselnd; das Kochen ist Teil der Arbeitszeit. Wir ernähren uns vegetarisch. Für uns ist der Mittagstisch ein Moment des Austauschs. Wir wollen zusammen sein, und wir wollen gute Ernährung statt Fastfood. Unsere Runde ist ein Ritual – und gibt uns allen ein gutes Gefühl.

Bei solchen scheinbar elementaren und alltäglichen Konsumentscheidungen setzt die Energierevolution an. Hinzu kommen Konsum, Transport, Strom und Wärme und die Frage: Wie reise ich in Zukunft? Muss ich für 359 Euro nach Bangkok fliegen, um ein paar schöne Tage zu haben? Wie kann ich mein Zuhause besser isolieren und Wasser und Energie einsparen? Und bedarf es wirklich noch eines Autos, wo doch zahlreiche Carsharing-Konzepte sowie Möglichkeiten zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, von der Bahn bis zum Leihfahrrad, existieren?

Die zentrale Frage sollte sein: Was ist mir wirklich wichtig? Macht mich eine lange Flugreise zum weit entfernten Urlaubsort glücklich? Schließlich ist ein 14-stündiger Flug nicht mit Erholung gleichzusetzen. So wäre eine Alternative, stattdessen einfach mal die unmittelbare Umgebung kennenzulernen. Vielleicht lassen sich schöne Plätzchen und Ruheoasen für die Seele direkt vor der Haustür finden, und es bedarf überhaupt keiner Reise ans andere Ende der Welt? Die ökologischen Fußabdrücke, die wir mit Flugreisen hinterlassen, sind erschreckend. Eine einfache Rechnung: Im Flugzeug bin ich verantwortlich für 380 Gramm CO₂ – pro Kilometer. Da kommen bei 1.000 Kilometern Flug schnell mal 380.000 Gramm an Treibhausgasen zusammen. Das ist so viel, wie eine Person im Durchschnitt für beinahe zwei Jahre warmes Wasser verursacht – inklusive täglicher Dusche.

Ich habe solch einen Augenöffner für Urlaubsreisen selbst erlebt. Eines unserer schönsten Familien-Ferienerlebnisse war vor wenigen Jahren eine Fahrradtour entlang der französischen Atlantikküste. Los ging es in der Bretagne Richtung Süden bis zum kleinen Ort Montalivet an der Côte d’Agent. Wir reisten locker organisiert: die zwei Kinder und meine Frau mit ihren Fahrrädern, ich mit Gepäckanhänger, Zelt, Kocher und den Schlafsäcken. Mein Sohn war acht und meine Tochter elf. Wir zelteten zum Teil am Strand und sogen ein großes Gefühl der Freiheit auf. Ich war jeden Abend fertig – und es war wunderbar erholsam.

Mich erstaunte damals aufs Neue, wie viel ungenutzter Wind uns dort stramm ins Gesicht blies. Damit sollte sich doch der gesamte Strombedarf Frankreichs ohne weiteres decken lassen. Und die Rechnung geht tatsächlich auf – wir haben das im Team einmal nachgerechnet. Entlang der Atlantikküste zieht sich ein etwa zwei bis drei Kilometer langer Waldgürtel. Würden die Franzosen entlang ihrer 1.000 Kilometer langen Atlantikküste in diesem Waldgürtel in zwei Reihen alle 200 Meter eine Windkraftanlage mit einer Leistung von 8 Megawatt aufstellen und sie mit modernen Speichern abpuffern, könnten sie alleine auf diesem annähernd unbewohnten Streifen über die Hälfte ihres Strombedarfs decken.

Warum Kreuzfahrten buchen und damit eine unsägliche Doppelmoral unterstützen? Die AIDA-Flotte verfügt beispielsweise über zwei unterschiedliche Tanks: Wenn ein Schiff in einen Hafen einfährt, der Grenzwerte vorgibt, wirft der Kapitän den umweltverträglicheren Dieselmotor an. Doch sobald die Zehn-Meilen-Zone passiert ist, stellt er wieder auf Schweröl um und verpestet die Umwelt noch mehr. Leider ist dieser ökologische Wahnwitz kein Einzelfall. In der Schifffahrt wird allgemein nicht auf klimafreundliche Alternativen gesetzt, obwohl dort die CO₂-Einsparungen massiv wären – denn Schiffe sind nun mal das Rückgrat des internationalen Güterverkehrs. Dem Verkehrsexperten Dr. Stephan Rammler etwa schwebt eine völlig neue Generation von Schiffen vor, eine Kombination von Drachenzugsystemen und von Brennstoffzellen.10 Sicherlich ist das noch Zukunftsmusik – doch sie ist heute schon hörbar.

Jeder Mensch kann seine persönliche Rebellion starten. Und höchstwahrscheinlich wird er auf seinem Weg die eigene Lebensqualität verbessern. Der Weg zum Glück führt über einen Erkenntnisprozess, der im bewussten Entschluss gipfelt: Ich ändere mich! Ich erfahre Glück durch meine persönliche Entscheidung zur Änderung meines Verhaltens.

Die Energiewende ist mehr als ein politisches Projekt

Die allermeisten Beobachter und Teilhaber der Energiewende – und insbesondere ihre Kritiker – haben den Charakter der erneuerbaren Energien nicht verstanden. Es geht nicht nur um eine Umstellung der Stromproduktion von Technologie A auf Technologie B sowie um die Vermeidung von Treibhausgasen oder Strahlungsmüll. Es steht viel mehr auf dem Spiel: Es geht um unseren Wohlstand und wie wir unser Zusammenleben gestalten. Es geht um Teilhabe am größten, grundlegendsten und wichtigsten Wertschöpfungsfaktor auf unserem Planeten. Und es geht um die Zukunft unserer Spezies: Wir wollen überleben, und dafür müssen wir uns beständig anpassen.

Energie ist ein extrem komplexer Kreislauf, in den wir über ein Jahrhundert lang falsch eingegriffen haben. Diesen historischen Fehler können wir jetzt korrigieren, jetzt, da uns die Mittel zur Verfügung stehen. Die Entscheidungsträger der heutigen Energieindustrie wollen dies offenbar nicht einsehen oder eingestehen, schließlich geht die Energiewende für sie möglicherweise mit einem Verlust an Geld und Einfluss einher.

86 Prozent der Deutschen sind »für die Energiewende«. Also lassen Sie uns klären:

• warum es immer noch Interessengruppen gibt, die gegen die Energiewende arbeiten;• wo die letzten technischen Hürden einer umfassenden Energiewende liegen;• wie es um die tatsächlichen Kosten der unterschiedlichen Energieträger für die Stromproduktion steht;• welche Diskussionen wir entfachen müssten, um ein breites Umdenken in der Öffentlichkeit zu erreichen;• wie viele kleine Innovationen zum großen Puzzle der Energierevolution beitragen;• und nicht zuletzt: was wir als Einzelne tun können, um den Wechsel von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien zu einem gesamtgesellschaftlichen Erfolg zu führen.

Die Energiewende zu 100 Prozent ist möglich, auch und gerade im Einklang mit einer funktionierenden Indu­strie. Und sobald wir das Mammutprojekt der Energiewende gestemmt haben, werden wir besser leben als jemals zuvor: gerechter, friedlicher und umweltverträglicher.

Dafür sind wir alle aufgerufen, zu handeln. Denn eine Rebellion ist kein von oben gesteuerter, zentraler Umsturz, sondern eine Vielzahl von kleinen Taten, die zusammen eine große Veränderung ermöglichen.

1 Greenpeace (2007): Klimaflüchtlinge – die verleugnete Katastrophe. Link: https://www.greenpeace.de/files/klimafluechtlinge_endv_0.PDF.

2 Greenpeace (2012): Klimawandel, Migration und Vertreibung – die unterschätzte Katastrophe. Link: https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20170524-greenpeace-studie-klimawandel-migration-deutsch.pdf.

3 Focus Wissen (2011): Versuchsatomkraftwerk Kahl – Anfang und Ende des ersten deutschen Meilers. Link: http://www.focus.de/wissen/klima/tid-22667/versuchsatomkraftwerk-kahl-anfang-und-ende-des-ersten-deutschen-meilers_aid_637434.html.

4 PeakOil: Deutschland 2012 – Fossil-Importe kosten 100 Milliarden Euro; Studie von EnergyComment Hamburg. Link: http://www.peak-oil.com/2013/05/deutschland-2012-fossil-importe-kosten-100-milliarden-euro/.

5 Bundesverband Neue Energiewirtschaft: Chronik der Energiemarktöffnung. Link: http://www.bne-online.de/de/content/die-öffnung-der-energiemärkte-eine-chronik.

6 Etwa der Chef der Energie- und Bergbaugewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis: https://www.produktion.de/nachrichten/wirtschaftspolitik/energiegewerkschaft-und-industrie-wettern-gegen-klimapolitik-101.html.

7 Vgl. Bundesverband WindEnergie: Beschäftigte in der Windindustrie. Link: https://www.wind-energie.de/infocenter/statistiken/deutschland/beschaftigte-der-windindustrie.

8 Vgl. etwa dieses Video der Rheinischen Post: https://www.youtube.com/watch?v=7WPG-2X2gBg.

9 Vgl. hierzu Yale University: How the world passed a carbon thres­hold and why it matters. Link: https://e360.yale.edu/features/how-the-world-passed-a-carbon-threshold-400ppm-and-why-it-matters.

10 Siehe Film: POWER TO CHANGE – Die Energierebellion (2016), 17m29s.

2. WERTE: WOHER ICH KOMME – DIE WURZELN DER REBELLION

Der Schüler, Schauspieler und Soldat

Ja, wir sprechen über eine Rebellion. Über eine Umwälzung unserer ökonomischen Systeme. Über die Chance, endlich Gerechtigkeit in die Weltordnung zu bringen. Und die zu erwartenden Kriege um Ressourcen und Energie ein für alle Mal zu beenden.

Um zu begreifen, warum mich das Thema der Energierevolution seit so vielen Jahren so tief beschäftigt, hilft ein Blick in mein Leben. Woher stammt meine persönliche Motivation, mich auf den Pfad der Energierevolution zu begeben?

Wenn ich diese Frage beantworten will, muss ich erst einmal auf meine Eltern hinweisen. Von Kindesbeinen an waren zwei Kernthemen für mein Leben bestimmend. Sie lauten: »Gerechtigkeit« und »Freiheit«. Beides war meinem Vater und meiner Mutter stets sehr wichtig.

Ich stamme, wie man an der Betonung dieser Werte ermessen kann, aus einem klassischen bürgerlichen Haushalt, geprägt von Eltern, die mit den disziplinierenden Erziehungsmethoden der 1920er Jahre groß geworden waren. Heute ist mir bewusst: Meine eigene Rebellion gegen Ignoranz, Gier und falsche Fakten hat ihre Vorgeschichte. Diese wurzelt in der Lebensgeschichte meines Vaters.