Praxistraining Interkulturelles Management - Eckart Koch - E-Book

Praxistraining Interkulturelles Management E-Book

Eckart Koch

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  • Herausgeber: UVK
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Die Globalisierung verlangt von international tätigen Führungskräften und Beratern sich mit den Besonderheiten anderer Kulturen auseinanderzusetzen. Dadurch können sie mit Partnern oder Mitarbeitern auf Augenhöhe, überzeugend und zielorientiert kommunizieren. Das Fachbuch vermittelt Ihnen aktuell und praxisnah, wie Sie in einem interkulturellen Geschäftsverhältnis Ihre Effizienz steigern, Synergien schaffen und so die Leistungen aller Beteiligten optimieren. Das Fachbuch beschreibt sämtliche Aspekte des managementbezogenen Umgangs mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Partnern. Dabei ist es nicht entscheidend, ob Sie sich selbst im Ausland befinden oder ob Sie im Inland Mitarbeiter unterschiedlicher kultureller Herkunft führen. Es geht auf notwendige Managementkompetenzen ein und zeigt auf, wie Sie diese erwerben können. Dem Thema der interkulturellen Projektarbeit widmet der Autor ein eigenes Kapitel. Er erläutert dabei nicht nur die Typen interkultureller Projekte, sondern macht an zahlreichen Beispielen die Besonderheiten bei der Planung und Durchführung solcher Projekte deutlich. Anhand vieler Anwendungsbeispiele schlägt der Autor die Brücke zwischen Theorie und Praxis. Das Fachbuch richtet sich an (angehende) Führungskräfte, deren Potenziale und Herausforderungen in der interkulturellen Zusammenarbeit liegen.

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Was erwartet Sie?

Als Mitarbeiter, Manager oder Berater1 stehen Sie vor neuen interkulturellen Aufgaben oder Herausforderungen. Sie haben umfangreiche Fachkenntnisse, Beratungs- oder Managementerfahrungen. Aber trotzdem finden Sie sich immer mal wieder in ungewohnten Situationen, die von Ihnen die „richtigen“ Reaktionen erfordern und neue Fragen aufwerfen. Wahrscheinlich haben Sie bereits Erfahrungen mit verschiedenen kulturellen Begegnungen, möchten aber noch besser damit umgehen können. Vielleicht fühlen Sie auch etwas unsicher bei dem Gedanken in Zukunft noch häufiger mit Vertretern anderer Kulturen zu tun zu haben und wollen Ihr „Handwerkszeug“ erweitern. Oder Sie möchten einfach nur interkulturelle Situationen und die Reaktionen Ihrer Partner oder Mitarbeiter und auch Ihre eigenen besser verstehen.

Hierbei will Sie das Praxistraining Interkulturelles Management unterstützen! Die erste Auflage wurde dafür gründlich überarbeitet und aktualisiert. Durch noch mehr Beispiele, Fragen und Problemstellungen stehen nun Ihre Interessen noch stärker im Mittelpunkt.

Vielleicht tragen Sie sich mit dem Gedanken, eine neue Aufgabe im Ausland zu übernehmen, oder Sie leiten ein Team, dessen Mitglieder aus verschiedenen Ländern und Kulturen kommen, oder aber Sie haben in Ihrer neuen Position einfach sehr viel mit dem Ausland und mit kulturell anders geprägten Menschen zu tun. Durch die Globalisierung werden Unternehmen und Organisationen und damit Mitarbeiter, Manager und Berater gezwungen, sich mit den Besonderheiten anderer Länder und Kulturen zu beschäftigen. Kulturelle und interkulturelle Kenntnisse werden zum Erfolgsfaktor – für grenzüberschreitende Tätigkeiten und für den Umgang mit unterschiedlichen Kulturen im eigenen Land. Ein Überblick über Erscheinungsformen und Akteure der Globalisierung bildet daher auch die Einführung in dieses Buch (Teil I).

Was ist aber nun interkulturelles Management? Erste Anfänge der Beschäftigung mit diesem Thema lassen sich zwar schon bis Mitte der 1960er Jahre zurückverfolgen2. Dennoch wurde dieses Thema erst mit der Globalisierung für die Wissenschaft interessant, so dass man hierüber erst seit Ende der 1980er Jahre auch im deutschsprachigen Raum diskutiert, meist unternehmensintern und mit deutlichem Bezug auf Trainingsaspekte.3 Es sollte daher inzwischen eine gewisse Übereinstimmung in Bezug auf Begriffe und Definitionen bestehen. Tatsächlich gibt es zumindest aus meiner Sicht – aber immer noch keine zufriedenstellenden Definitionen und die Abgrenzungen zu verwandten Themen bleiben häufig unscharf.4 Interkulturelles Management bezieht sich auf den Umgang mit Mitarbeitern und Vorgesetzten, Kunden und Lieferanten, Partnern und Entscheidungsträgern, sowohl in fremden Kulturen unter unterschiedlichen Bedingungen und Zielsetzungen als auch mit Vertretern anderer Kulturen innerhalb der eigenen Kultur. In Teil zwei werden daher die wichtigsten Aspekte des interkulturellen Managements definiert und abgegrenzt, und es werden Vorschläge zur Systematisierung und Strukturierung gemacht, um eine bessere Einordnung von interkulturellen Managementansätzen zu ermöglichen (Teil II).

Was verstehen wir unter interkultureller Managementkompetenz? Bei Befragungen international tätiger Unternehmen erklären diese zwar, dass interkulturelles Management notwendig sei, sie setzen sich hiermit aber meist nur – wenn überhaupt – sporadisch und oberflächlich auseinander.5 Bei Fragen nach interkulturellen Kompetenzen wird häufig ausweichend oder recht allgemein geantwortet: Für eine systematische Auseinandersetzung fehlen entweder Kenntnisse, ein geeignetes Instrumentarium oder das Problembewusstsein und eine Einschätzung der Erfolgspotenziale. Meist werden eher kurzfristig zu lösende Probleme (mit ad hoc-Lösungsansätzen) genannt oder es wird auf interkulturelle Kurztrainings verwiesen, deren Ziele entweder unklar bleiben oder sich auf „Dos and Don'ts“ beschränken. In der Fachliteratur werden interkulturelle Management-Themen meist nur unter den Aspekten „kommunizieren, verhandeln und Konflikte lösen“ behandelt. Diese (Teil-)Aspekte sind wichtig! Allerdings wird durch sie der Anspruch an eine ganzheitliche Herangehensweise nicht eingelöst.6 In Teil drei wird daher überlegt, welche Managementkompetenzen benötigt werden und in welcher Form diese erworben werden können. Das Vier-Stufen-Prozessmodell stellt hierfür einen praxisorientierten Rahmen dar und kann als individuelles und institutionelles Entwicklungsmodell genutzt werden. (Teil III)

Wenn Sie an pragmatischen interkulturellen Ansätzen interessiert sind, könnten sie auch zunächst die ersten Kapitel überspringen – und die Lektüre später nachholen – und gleich mit Teil vier beginnen. Hier lernen Sie den Kommunikationsstil Süd kennen, den Sie als Kommunikationsstrategie bei Interaktionen mit vielen Kulturen und vor allem kulturübergreifend in multikulturellen Situationen anwenden können. Das gleiche Ziel, allerdings mit einer etwas anderen Akzentuierung, hat der Managementstil Süd, der in Teil fünf vorgestellt wird. Sie erhalten verständliche, praktikable und leicht erlernbare Verhaltensgrundsätze, die die übliche nationalkulturelle Orientierung überwinden und weit über stereotypisierende Hinweise hinausgehen. Dabei müssen Sie keine starren Regeln befolgen. Vielmehr können Sie die „Managementgrundsätze“ flexibel mit Ihrem eignen Stil verknüpfen. Beide Ansätze werden theoretisch begründet und sind innovative Versuche, auf konkrete kulturelle Handlungserwartungen managementrelevante Antworten zu formulieren (Teil IV und V).

Was ist das Besondere an interkulturellen Projekten? Diese sind eine spezielle Form interkultureller Managementtätigkeit. Einige Besonderheiten werden im letzten Teil erläutert. An Hand vieler Beispiele können Sie verschiedene Projekttypen besser unterscheiden und zuordnen. Sie erhalten Hinweise, was Sie bei der Planung, etwa der Situationsanalyse und der Ziel- und Strategieplanung, und der Durchführung besonders beachten sollten. Schließlich wird auf Kosten-/Nutzenaspekte und Möglichkeiten der Ergebniskontrolle näher eingegangen (Teil VI).

Ist Ihr Interesse geweckt? Ich freue mich über Ihre Anmerkungen, Hinweise, konstruktive Kritik, Erfahrungen und Vorschläge ([email protected]).

München, im Herbst 2016Eckart Koch

1 In diesem Buch wird überwiegend die männliche Form bei Berufs-und sonstigen Personenbezeichnungen verwendet. Dies geschieht ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit. Selbstverständlich sind hiermit immer alle Geschlechter gemeint.

2 Nach Early und Singh (1995), S. 328, markieren die 1966 publizierten Studien zu managerial values von Haire, Ghiselli und Porter den Beginn der Beschäftigung mit Interkulturellem Management.

3 vgl. Reinecke (2001), S. 5

4 vgl. stellvertretend zur allgemeinen Kritik an der Forschung zum interkulturellen Management Holzmüller (2009) und zum interkulturellen Personalmanagement Festing (2009), S. 532ff

5 vgl. hierzu Kapitel 6

6 vgl. zu den vielfältigen, aber methodisch-inhaltlich noch unzureichenden Forschungsansätzen die umfangreiche Analyse von Holzmüller (2009), insbesondere S. 256f.

Inhaltsübersicht

Teil I: Globalisierung der Wirtschaft

1 Was ist Globalisierung?

2 Akteure der Globalisierung

Teil II: Interkulturelles Management – Abgrenzung und Systematisierung

3 Allgemeines Management

4 Internationales und interkulturelles Management

5 Zusätzliche verhaltensrelevante Variablencluster

Teil III: Entwicklung interkultureller Managementkompetenz

6 Praxis und Theorie des Interkulturellen Managements

7 Der Erwerb individueller interkultureller Managementkompetenz

8 Messung interkultureller Managementkompetenz

Teil IV: „Kommunikationsstil Süd“ – Kommunikation in multikulturellen Situationen

9 Begründung für einen „Kommunikationsstil Süd“

10 Gibt es eine „Süd-Gruppe“?

11 Kulturdimensionen und Kommunikationsstil Süd

12 Erweiterung der interkulturellen Kommunikationskompetenz

Teil V: Managementstil Süd – Grundsätze für kulturübergreifendes Management

13 Kulturübergreifendes interkulturelles Management

14 Kulturdimensionen und Managementstil Süd

15 Die zehn Managementgrundsätze des MSS/BMS

Teil VI: Interkulturelle Projekte

16 Versuch einer Typologie

17 Planung interkultureller Projekte

18 Ergebniskontrolle interkultureller Projekte

Literaturverzeichnis

Index

Inhaltsverzeichnis

Was erwartet Sie?

Teil I: Globalisierung der Wirtschaft

1 Was ist Globalisierung?

2 Akteure der Globalisierung

Teil II: Interkulturelles Management – Abgrenzung und Systematisierung

3 Allgemeines Management

3.1 Managementdefinitionen

3.2 Managementdimensionen

3.3 Kontextbezogenes Management

4 Internationales und interkulturelles Management

4.1 Internationales Management

4.2 Kultur und Management

4.3 Interkulturelle Managementsituationen

4.4 Managementdimensionen: Managementfelder – Managementprozesse – Führung

5 Zusätzliche verhaltensrelevante Variablencluster

5.1 Kulturmatrix

5.2 Persönlichkeitsmerkmale

Teil III: Entwicklung interkultureller Managementkompetenz

6 Praxis und Theorie des Interkulturellen Managements

6.1 Interkulturelles Management in der Praxis

6.2 Standardisierung und Spezialisierung

6.3 Institutionelle interkulturelle Managementkompetenz

7 Der Erwerb individueller interkultureller Managementkompetenz

7.1 Modell: Interkulturelle Managementkompetenz

7.2 Das Vier-Stufen-Prozessmodell

8 Messung interkultureller Managementkompetenz

8.1 Assessment Center

8.2 Balanced Scorecard

Teil IV: „Kommunikationsstil Süd“ – Kommunikation in multikulturellen Situationen

9 Begründung für einen „Kommunikationsstil Süd“

10 Gibt es eine „Süd-Gruppe“?

10.1 Ähnlichkeiten der Ausprägungen von Kulturdimensionen

10.2 World Values Survey

10.3 Ergebnisse weiterer Untersuchungen

11 Kulturdimensionen und Kommunikationsstil Süd

11.1 Hohe Kontextbedeutung

11.2 Große Machtdistanz

11.3 Starke Unsicherheitsvermeidung

11.4 Polychronie

11.5 Zusammenfassender Überblick

12 Erweiterung der interkulturellen Kommunikationskompetenz

12.1 Kommunikationsstil und Kommunikationsprozess

12.2 Schritte zur Umsetzung des Kommunikationsstil Süd

12.3 Empirische Ergebnisse

Teil V: Managementstil Süd – Grundsätze für kulturübergreifendes Management

13 Kulturübergreifendes interkulturelles Management

14 Kulturdimensionen und Managementstil Süd

14.1 Hohe Kontextbedeutung

14.2 Große Machtdistanz

14.3 Starke Unsicherheitsvermeidung

14.4 Polychronie

15 Die zehn Managementgrundsätze des MSS/BMS

15.1 Kulturdimensionen und Managementgrundsätze

15.2 Managementdimensionen und Managementgrundsätze

15.3 Schritte zur Umsetzung des Managementstil Süd

Teil VI: Interkulturelle Projekte

16 Versuch einer Typologie

16.1 Abgrenzung interkultureller Projekte

16.2 Interkulturelle Projektformen

17 Planung interkultureller Projekte

17.1 Situationsanalyse und Zielplanung

17.2 Strategieplanung

17.3 Die Wirkungskette als Instrument

17.4 Durchführungsplanung

18 Ergebniskontrolle interkultureller Projekte

Literaturverzeichnis

Index

Teil I: Globalisierung der Wirtschaft

Diesen ersten Teil kann ich auslassen – denken Sie. Jeder weiß doch, was Globalisierung ist! Aber ist das wirklich so? Haben Sie schon einmal Ihren Freunden oder Ihrer Familie erklärt, warum Ihre geschäftlichen Reisen ins Ausland in letzter Zeit zugenommen haben? Warum Sie überlegen, eine Position im Ausland anzunehmen? Und was dies eigentlich mit der Globalisierung zu tun hat? Können Sie ihnen Globalisierung beschreiben? Woran zeigt sich Globalisierung und welche Erscheinungsformen gibt es? Kann man Globalisierung messen? Sind Unternehmen die einzigen Global Player oder gibt es auch andere wichtige Akteure der Globalisierung? Spielt vielleicht Ihre geographische Region eine Rolle im Rahmen der Globalisierung? Auf diese und viele andere Fragen erhalten Sie in diesem Teil Antworten. Eine Zusammenfassung finden Sie am Ende jedes Kapitels.

1Was ist Globalisierung?

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Unternehmen der Sportartikelbranche (oder auch einer anderen Konsumartikelbranche) beschäftigt, das seinen Sitz in Deutschland hat. Die Sportartikel lässt Ihr Unternehmen überwiegend in eigenen Unternehmen in China, Indonesien, Brasilien und der Slowakei produzieren, die dort eingesetzten Maschinen stammen aus Deutschland und China, das Rechnungswesen wird in Indien abgewickelt und die letzte weltweite Werbekampagne wurde unter der Leitung eines US-amerikanischen Beratungsunternehmens von Agenturen in Südafrika, Argentinien und Hongkong entwickelt und schließlich in Irland hergestellt.

Zunächst: Bitte beschreiben Sie, was dieses Beispiel mit Globalisierung zu tun hat und versuchen Sie dann Globalisierung möglichst allgemein zu beschreiben. Überlegen Sie anschließend, welche Akteure hier direkt oder indirekt eine Rolle spielen könnten.

Beispiel 1/1

„Wenn zum Beispiel ein Amerikaner einen Pontiac Le Mans von General Motors kauft, beteiligt er sich unbewusst an einer internationalen Transaktion. Von den 10.000 Dollar, die er an GM zahlt, gehen etwa 3.000 Dollar für Montagearbeiten nach Südkorea, 1.750 Dollar für hochtechnologische Komponenten (Motor, Getriebe und Elektronik) nach Japan, 750 Dollar für Styling und Konstruktion nach Deutschland, 400 Dollar für verschiedene kleinere Komponenten nach Taiwan, Singapur und Japan, 250 Dollar für Werbung und Marketing nach Großbritannien und etwa 50 Dollar für Datenverarbeitung nach Irland und Barbados. Der Rest – weniger als 4.000 Dollar – geht an Marktstrategen in Detroit, Anwälte und Banken in New York, Lobbyisten in Washington, Renten- und Krankenversicherungsangestellte im ganzen Land sowie an GM-Aktionäre.“7

Dieses Beispiel aus den 1990er Jahren deutete schon damals die nach wie vor wichtigsten Entwicklungen an, die wir heute mit dem Begriff Globalisierung bezeichnen:

Das rasche Wachstum des internationalen Handels führte zur Entstehung eines Weltmarkts für Waren und Dienstleistungen. Die

Internationalisierung der Märkte für Güter und Dienstleistungen

ließ das Welthandelsvolumen für Güter und Dienstleistungen in den letzten 50 Jahren etwa doppelt so schnell ansteigen wie die Weltproduktion von Gütern und Dienstleistungen.

Die zunehmende Nutzung kostengünstigerer Produktionsmöglichkeiten im Ausland führte zu einer

Internationalisierung der Produktion, die

sich in einem Anstieg der grenzüberschreitenden Investitionen (Direktinvestitionen) und Zusammenschlüssen von Unternehmen und den weltumspannenden Produktionsaktivitäten der

transnationalen Unternehmen

ausdrückt.

Ungleiche Arbeitsbedingungen und Entwicklungssituationen in den Weltregionen und Ländern führen zu ungleicher werdenden Arbeitsbedingungen: Hohe Arbeitslosigkeit auf der einen und (Fach)Arbeitskräftemangel auf der anderen Seite beschleunigen die

internationale Migration

und lassen

internationale Arbeitsmärkte

entstehen. Dabei konzentriert sich Mobilität auf eher niedrig qualifizierte, meist aus Niedriglohnländern oder aus Ländern mit niedrigen Sozialstandards stammende Arbeitskräfte und auf hochqualifizierte Arbeitnehme wie Manager und Spezialisten.

Die Internationalisierung der Finanzmärkte

zeigt sich schließlich in dem Wachstum internationaler Finanztransaktionen, deren Volumen sich trotz mehrerer internationaler Finanzkrisen auf über 4 Bio US-Dollar täglich (!) und kumuliert auf weit über eine Billiarde US-Dollar pro Jahr (p.a.) beläuft. Die Steigerungsraten liegen bei bis zu 14% p.a. und weisen das größte Wachstum aller Wirtschaftsindikatoren auf

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist Globalisierung die Strategie, sich bei dem Versuch, den Einsatz der Produktionsfaktoren, also von Arbeitskräften, Sachkapital und Natur, immer weiter zu verbessern (Optimierung der Allokation der Ressourcen), immer weniger durch nationale Grenzen aufhalten zu lassen. Damit werden wirtschaftliche und die Wirtschaft unterstützende Aktivitäten immer mehr von der nationalen auf die globale Ebene verlagert.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist Globalisierung der Sammelbegriff für die globale Ausweitung sämtlicher einzelwirtschaftlicher Aktivitäten der nunmehr zu Global Player avancierten Unternehmen. Produkte und Dienstleistungen werden weltweit verkauft (global selling) und die hierzu benötigten Teilprodukte weltweit beschafft (global sourcing).

Hierfür werden die weltweit günstigsten Produktionsmöglichkeiten durch Produktionsverlagerungen genutzt, entweder durch outsourcing – die Verlagerung von Prozessen in andere Unternehmen, durch offshoring – die Verlagerung von Unternehmensteilen ins Ausland, oder durch grenzüberschreitende Mergers and Acquisitions (M&A). Unternehmen schließen sich zu globalen Unternehmensnetzen zusammen, die ihrerseits mit anderen Unternehmensnetzen kooperieren und selbst Teil weiterer Netze werden können. Diese Entwicklung schreitet so rasch voran, weil die Investitionstätigkeit der Unternehmen nur noch wenige Grenzen kennt und die grenzüberschreitenden Investitionen, die Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI), und die globalen Finanztransaktionen ständig zunehmen. Die Mobilität der Produktionsfaktoren (Faktormobilität), insbesondere diejenige des Kapitals, steigt dabei laufend, während die hierfür anfallenden Transaktionskosten tendenziell sinken.

Von besonderer Bedeutung ist die Intensivierung des weltweiten Standortwettbewerbs. Dabei können die Länder Vorteile aus dieser Entwicklung ziehen, die in der Lage sind, fortgeschrittene Technologie und Innovationsfähigkeit mit vergleichsweise niedrigen Löhnen und hoher Produkt- und Servicequalität zu verbinden. Länder, die es aus unterschiedlichen Gründen versäumt haben oder nicht in der Lage sind, sich der Wirtschaftsdynamik aktiv zu stellen, etwa durch Abschottung, Bürokratie oder fehlende politische Voraussetzungen, sind dagegen auf der Verliererseite zu finden.

Andererseits stellt der internationale Wettbewerbsdruck neben überkommenen Privilegien der etablierten Industrienationen auch politisch-soziale Errungenschaften der bisherigen wirtschaftlichen Entwicklung, wie Sozial- und Umweltstandards, in Frage. Diese Entwicklung hat sowohl politische als auch wirtschaftliche Folgen: Die Interdependenz der an der Weltwirtschaft beteiligten Staaten führt zu einer Zunahme internationaler politisch-ökonomischer Abhängigkeiten, die bei globalen Wirtschafts- und Finanzkrisen, wie den Verschuldungskrisen der Schwellenländer in den 1980er und 1990er Jahren, den Weltfinanzkrisen 2001/2002 und 2008/ 2009 und der Europäischen Schuldenkrise seit 2010/2012 evident wurden. Abbildung 1/1 zeigt die Entwicklung der bedeutendsten ökonomischen Indikatoren der Globalisierung in den letzten 25 Jahren.

Abbildung 1/1: Erscheinungsformen der Globalisierung8

Globalisierung vernetzt die einzelwirtschaftlichen Akteure und die Volkswirtschaften, so dass die Weltwirtschaft sich zunehmend integriert. Die Staaten sind einerseits (temporärer) Standort der transnationalen Unternehmen und Unternehmensbereiche und andererseits die Märkte, auf denen die global erzeugten Produkte und Leistungen gehandelt werden. Diese Doppelrolle führt zu wirtschaftlich-sozialen Strukturveränderungen und beeinflusst das Verhalten der politischen Akteure: Nationale Entscheidungen, etwa das Abstimmungsverhalten in internationalen Organisationen oder die Struktur nationaler Budgets, erhalten globale Bedeutung. Andererseits werden die Global Player gegenüber Entscheidungen der Nationalstaaten unempfindlicher. Ihnen nicht genehmen Entscheidungen – eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, Umweltauflagen zu erhöhen oder hohe Steuern – weichen sie durch Verlagerung ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten aus. Dadurch verringert sich die Wirksamkeit nationaler politischer Entscheidungen. Kurz: Globalisierung eröffnet Unternehmen und Staaten neue Chancen, konfrontiert sie aber auch mit neuen Risiken.

Die Zivilgesellschaften durchlaufen dabei beschleunigte sozio-kulturelle Wandlungsprozesse. In den dualen Wirtschaftsstrukturen der Entwicklungsund Schwellenländern, dem Nebeneinander von traditionalen, ländlichgeprägten Wirtschaftsformen und hochentwickelten sozio-ökonomischen Strukturen in den Metropolen, führt dies zu einer Lockerung sozialer Bindungen an Familie und Abstammungsregion. Religiöse Vorschriften, traditionelle Bräuche und kulturelle Normen verlieren für wachsende Teile der Bevölkerung gegenüber den „neuen“ Werten des modernen Sektors und den mit diesen verknüpften Lebensformen und Konsumvorstellungen an Bedeutung. Westlich geprägte Werte, wie Individualismus und Konsumorientierung, ergänzen die ökonomischen Werte der Industrialisierung und Globalisierung, wie Rationalisierung und Ökonomisierung aller Lebensbereiche, Technisierung, beruflicher Differenzierung und Spezialisierung. Die Menschen werden dadurch einerseits freier, anderseits aber auch bindungsloser und empfänglicher für Einflüsse, die von den globalen Akteuren genutzt werden (können).

In den Industrieländern dagegen setzt sich der Trend zur multikulturellen Gesellschaft fort. Die neuen Chancen werden jedoch zum Teil von den damit einhergehenden Herausforderungen überlagert. Die Gesellschaften und ihre Integrationsbereitschaft sind von ihrer neuen Aufgabe vielfach überfordert, Rückschläge überwiegen. Dennoch hat es den Anschein, als ob die Einsicht in die Vorteile einer Integrationsstrategie und in die Notwendigkeit eine solche zu entwickeln und umzusetzen in vielen Gesell-schaften zunimmt.

Viele Gesellschaften befinden sich also in schwierigen Transformations-prozessen, in denen die Kultur eine zentrale Rolle spielt. Die Globalisierungsprozesse beeinflussen die Kultur, sie führen einerseits zu progressiver Veränderungsbereitschaft und liberalisierten kulturellen Standards und andererseits zu Verkrustungen, Rückschritten und einem neuen Traditionalismus. Neue kulturelle Orientierungen durchdringen keineswegs alle kulturellen Schichten, sondern beschränken sich meist auf die „kulturelle Oberfläche“ von Gesellschaften oder auf die einen westlichen Lebensstil bevorzugende soziale Gruppen: Trotz dieser „Oberflächenharmonisierung“ bleiben kulturelle Unterschiede also weiter bestehen. Kulturen scheinen ähnlicher, als sie es tatsächlich sind bzw. sind unterschiedlicher als sie erscheinen. Hinzu kommt, dass kulturelle Grenzen durch Migration und grenzüberschreitende Impulse unschärfer werden, so dass neue komplexe multikulturelle Räume mit eigenen kulturellen Mustern entstehen.

Kultur und kulturelle Unterschiede müssen also auch zukünftig von Ihnen und anderen Akteuren der Globalisierung berücksichtigt werden. Ihre eigenen Standards und Verhaltensweisen können Sie nur eingeschränkt auf Interaktionspartner jenseits der eigenen Landesgrenzen oder auf interkulturelle Teams übertragen. Der Stellenwert interkultureller Kompetenz, mit dessen Hilfe kulturell geprägte Verhaltensweisen, Reaktionen und Eigenheiten der Interaktionspartner besser erkannt und eingeordnet werden können, bleibt damit hoch und steigt mit der weiter wachsenden Bedeutung globaler ökonomischer Transaktionen noch an.

Nach diesen Überlegungen möchte ich Globalisierung wie folgt beschreiben:

Globalisierung ist ein dynamischer Prozess, der die wirtschaftliche Vernetzung der Welt durch den zunehmenden grenzüberschreitenden Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Sach- und Finanzkapital sowie von Arbeitskräften vorantreibt, die wirtschaftliche Bedeutung nationaler Grenzen verringert und den internationalen Wettbewerb intensiviert; so dass durch das Zusammenwachsen von wichtigen Teilmärkten die Möglichkeiten internationaler Arbeitsteilung immer intensiver genutzt werden, sich der weltweite Einsatz der Ressourcen laufend verbessert, neue Chancen und Risiken entstehen und die wirtschaftlichen und politischen Akteure gezwungen sind, sich verändernde Rollen, die zunehmende interkulturelle Interaktionen und Herausforderungen mit sich bringen, zu übernehmen.

Finden Sie, dass Globalisierung hiermit zutreffend beschrieben wird? Fehlen wichtige Aspekte oder sind einzelne überflüssig?

Zusammenfassung Kapitel 1

Globalisierung ist Ursache für professionelle interkulturelle Kontakte vieler Akteure auf allen Ebenen und in den unterschiedlichsten Sektoren. Dies erfordert Kompetenz in interkulturellen Fragen, insbesondere im interkulturellen Management:

Das Welthandelsvolumen für Güter und Dienstleistungen steigt doppelt so schnell wie deren Produktion, die Direktinvestitionen und Zusammenschlüsse von Unternehmen steigen doppelt so schnell, das Wachstum der internationalen Finanztransaktionen ist nochmals stärker und auch die internationale Migration erhöht sich, allerdings langsamer als die anderen Erscheinungsformen der Globalisierung. Durch Globalisierung wird versucht, die Allokation der volkswirtschaftlichen Ressourcen zu optimieren, indem die Global Player global selling und global sourcing betreiben und ihre Produktion durch outsourcing oder offshoring sowie durch Mergers & Acquisitions immer wettbewerbsfähiger machen. Hierbei nimmt die Faktormobilität zu, während die Transaktionskosten tendenziell sinken.

Die Globalisierung vernetzt einzelwirtschaftliche Akteure und Staaten miteinander, so dass die internationalen politisch-ökonomischer Abhängigkeiten zunehmen. In dem intensivierten Standortwettbewerb haben die Länder Vorteile, die Technologieinnovationen mit niedrigen Löhnen kombinieren, während andere Länder, die hierzu nicht in der Lage sind, tendenzielle Verlierer der Globalisierung sind: Globalisierung eröffnet also neue Chancen und konfrontiert mit neuen Risiken. Durch den sozio-kulturellen Strukturwandel ändern sich kulturelle Werte und Traditionen, die neue Chancen und Herausforderungen mit sich bringen. Trotzdem bleiben kulturelle Unterschiede weiterhin bestehen. Kulturen scheinen ähnlicher, als sie es tatsächlich sind bzw. sind unterschiedlicher als sie erscheinen, so dass kulturelle Unterschiede von den Akteuren der Globalisierung weiterhin berücksichtigt werden müssen.

7 Reich (1997), S.128

8 (1) WTO: International Trade Statistics, div. Jahre; (2) UNCTAD: WIR, div. Jahre; (3) BIZ: Jahresberichte, div. Jahre; (4) Deutsche Bank Research 2010 (bis 2010)

2Akteure der Globalisierung

Unternehmen sind nicht die einzigen Akteure der Globalisierung. Auch internationale staatliche Organisationen, regionale Zusammenschlüsse von Ländern und nationale Organisationen verfolgen eigene Interessen im Rahmen der Globalisierung und gestalten sie mit. Alle haben damit auch einen Bedarf an interkulturell kompetenten Managern.

Welche Interessen könnten diese Akteure bei der Gestaltung der Globalisierung verfolgen und welche Funktion könnte ein interkultureller Manager dabei ausüben?

Gemeinsam ist allen Akteuren der Globalisierung, dass nie die Institutionen selbst global tätig werden, sondern es sind immer Menschen als Beauftragte, Vertreter oder Manager, die tatsächlich interkulturell handeln. Damit sind es auch immer Menschen, die mit Vertretern anderer Kulturen interagieren, um die Vorstellungen und Ziele ihrer Organisationen zu erreichen und hierfür interkulturelle Kompetenz mitbringen müssen.

Beispiele 2/1

Die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH ist eine weltweit tätige Unternehmensgruppe mit 42 Fabriken in 13 Ländern; zusammen mit einem globalen Netz von Vertriebs- und Kundendienstgesellschaften sind fast 80 Gesellschaften in 50 Ländern mit über 50.000 Mitarbeitern für die BSH tätig. Die Linde Group verfügt über 600 Konzerngesellschaften in mehr als 100 Ländern. Die Volkswagen AG betreibt in 20 Ländern Europas und 11 Ländern Amerikas, Asiens und Afrikas 119 Fertigungsstätten und bietet ihre Fahrzeuge in 153 Ländern an. Die Siemens AG ist in über 200 Ländern mit fast 290 Fertigungsstätten weltweit präsent.9

Transnationale Unternehmen (TNCs)

Für grenzüberschreitende Handels- und Dienstleistungsaktivitäten sind die wichtigsten Akteure der Globalisierung die Unternehmen, die heute meist als transnationale Unternehmen (Transnational Corporations, TNC)10 bezeichnet werden, verantwortlich. TNCs sind gekennzeichnet durch über den Globus verteilte Unternehmenseinheiten und einem Management, das in der Lage ist, die daraus resultierenden erweiterten internationalen und interkulturellen Anforderungen zu erfüllen. Zu den TNCs zählen auch kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), von denen die Hidden Champions, die unbekannten Weltmarktführer, hervorzuheben sind.11 Nach Schätzungen der UNCTAD, der UN-Organisation für Handel und Entwicklung, gab es im Jahre 2008, dem letzten Jahr für das Zahlen vorliegen, weltweit über 80.0000 TNCs, mit über 800.000 Tochtergesellschaften, die 45 Mio Mitarbeiter außerhalb ihres Heimatstandortes beschäftigten. Aktiva, Umsätze und Beschäftigte stiegen in den 15 Jahren zwischen 1993 und 2008 um etwa 60% oder 7% p.a. (vgl. Abbildung 1/2).

1) 2008, nach (konservativen) Schätzungen von McKinsey (2015) hat sich die Anzahl der Muttergesellschaften bis 2013 nicht nennenswert erhöht

2) Prozentsätze sind Anteile an den Gesamtdaten: Inland + Ausland (2014)

Abbildung 1/2: Transnationale Unternehmen – Entwicklungsdaten12

Abbildung 1/3: Die 25 größten Transnationalen Unternehmen13

Abbildung 1/3 zeigt die 25 größten TNCs. Das Ranking richtet sich hier nach dem absoluten Volumen des im Ausland investierten Kapitals. Die zweite Spalte zeigt das Ranking nach dem Transnationalitätsindex TNI. Der TNI wird als einfacher ungewichteter Durchschnitt aus den folgenden drei Teilindizes berechnet:

ausländisches Kapital am Gesamtkapital

ausländische Umsätze am Gesamtumsatz und

ausländische Beschäftigte an der Gesamtzahl aller Beschäftigten des Unternehmens.

Dies bedeutet, dass der TNI in hohem Maße von dem als Hauptsitz angegebenen Land abhängt. Transnationale Unternehmen, die ihren Sitz in einem kleinen Land haben, etwa in der Schweiz oder in Belgien, weisen daher regelmäßig vergleichsweise hohe Indexziffern auf. Das folgende Beispiel verdeutlicht diesen Zusammenhang.

Beispiele 3/1

Die deutsche EON AG hatte 2013 ein Auslandsvermögen in Höhe von 124 Mrd USD und stand weltweit an 16. Stelle. Würde ein Ranking entsprechend des TNI erstellt, nähme sie Platz 33 ein. Dieser Platz ergibt sich aus den errechneten TNI in Höhe von 73,3, dem Mittel aus den genannten drei Teilindizes. Im Vergleich dazu hat das Getränkeunternehmen Anheuser-Busch mit Sitz in Belgien auf Platz 13 einen TNI von 93,3 und damit den dritthöchsten TNI aller TNCs.

Globalisierung findet üblicherweise zunächst innerhalb des eigenen Wirtschaftsblocks statt und erweitert sich dann auf die Triade, hier als Sammelbezeichnung für die wirtschaftlich wichtigsten Länder Europas, Nordamerikas und Asiens verwendet.

Staaten und Zusammenschlüsse von Staaten

Die TNCs treiben die Globalisierung entscheidend voran. Sie sind aber keineswegs die einzigen Treiber der Globalisierung. Akteure sind ebenfalls die einzelnen Staaten sowie Zusammenschlüsse von Ländern (Regionalintegrationen), wie etwa die Europäische Union (EU), die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA) oder die Freihandelszone der Südostasiatischen Staaten (ASEAN Free Trade Area, AFTA). Staaten setzen die Rahmenbedingungen nach innen durch Steuern, nationale Gesetze und Infrastruktur und nach außen durch ihre Zoll- und Wechselkurspolitik, soweit sie diese Autonomie als Mitglieder von Regionalintegrationen noch besitzen. Abbildung 1/4 gibt einen Überblick über die größten Regionalintegrationen.

Abbildung 1/4: Zusammenschlüsse von Staaten

Als Mitglieder von Regionalintegrationen beeinflussen die Staaten die Entwicklung der Globalisierung: Sie können so die Aktivitäten von Unternehmen begünstigen und damit zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen oder diese behindern und dadurch möglicherweise die Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflussen. Dies gilt ebenso, wenn Staaten als Mitglieder von Staatenbündnissen, wie der Gruppe der 20 (G20) oder von internationalen Organisationen, wie den Vereinten Nationen (UN) oder dem Internationalen Währungsfonds (IWF), die weltweiten Rahmenbedingungen für die Globalisierung mitgestalten.

Internationale Organisationen

Staaten können sich durch die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen auf internationaler Ebene abstimmen und dabei versuchen ihre eigenen Interessen soweit wie möglich durchzusetzen. Internationale Organisationen sind äußerst aktive Akteure der Globalisierung. Sie gestalten die Rahmenbedingungen und das Regelwerk und beeinflussen die Mechanismen der Globalisierung. Dies geschieht durch die vielen Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, wie die Welternährungsorganisation FAO, die Bildungs- und Wissenschaftsorganisation UNESCO oder die Weltbank (International Bank für Reconstruction and Development, IBRD). Zu den UN-Spezialorganisationen zählen u.a. die Handels- und Entwicklungsorganisation UNCTAD, die UN-Entwicklungsorganisation UNDP und die Umweltorganisation UNEP.

Weitere wichtige Internationale Organisationen sind die Welthandelsorganisation WTO, die NATO, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE, der „Industrieländerclub“ OECD, die Erdölorganisation OPEC, der Europarat, die Arabische Liga oder die Zentralbank der Zentralbanken BIZ (BIS) in Basel. Hinzu kommen so unterschiedliche Organisationen wie der Internationale Strafgerichtshof (International Criminal Court, ICC) im niederländischen Den Haag oder internationale Entwicklungsbanken, wie die Asian Development Bank (ADB) in Manila. Auf europäischer Ebene zählen hierzu die verschiedenen Institutionen und Organe der Europäischen Gemeinschaften, wie die Europäische Zentralbank EZB in Frankfurt, das Europäische Patentamt EPO in München oder die Europäische Kommission.

Mitglieder internationaler Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich meist um soziale oder Umweltfragen kümmern, wie Greenpeace, Amnesty International oder der Worldwide Fund for Nature WWF, sind dagegen keine Staaten, sondern Privatpersonen.

Global Cities

Aufgrund unterschiedlicher urbaner Attribute und Leistungsspektren, vor allem aber aufgrund ihrer politischen und wirtschaftlichen Relevanz, zählen Städte und Stadtregionen, wie New York, London, Shanghai, Tokyo, Brüssel, Hamburg, Frankfurt oder Bangalore oder die Stadtstaaten Singapur und Hongkong zu gewichtigen Akteuren, die auf der globalen Bühne ihre Interessen vertreten.14 In Global Cities konzentrieren sich politische Steuerungs-, Finanz- und weitere wichtige Dienstleistungsfunktionen für die globalen Akteure. Die benötigten internationalen Fach- und Führungskräfte einerseits sowie der Bedarf an einfachen Dienstleistungen andererseits, zudem die Notwendigkeit, hochwertige Kultur-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen bereitzustellen, machten Global Cities zu Anziehungspunkten und zu Zentren internationaler Migration.

Global Cities zeichnen sich neben anderen Merkmalen durch freien Zugang zu Information und Technologie sowie zu kulturellen und vielen anderen Dienstleistungen aus (Open Cities). Es sind attraktive Lifestyle Centers, die relevante und interessante Unternehmen und Persönlichkeiten anziehen oder Regional Gateways, die das Image oder sogar die Identität ihres Landes prägen (National Leaders). Als politische Zentren (Policy Hubs) sind sie vielfach Sitz internationaler Organisationen und wichtiger politischer Institutionen. Aus diesen Gründen ziehen sie erhebliche Investitionen auf sich, dienen als Finanzzentren und als Plattform für internationale Wirtschaftskontakte (Platform Cities).15

Globale Regionen

Ähnlich wie Städte können Regionen Akteure der Globalisierung sein. Regionen sind subnationale Einheiten, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stärke, Infrastruktur, Offenheit und Ausrichtung intensiv in die Globalisierung eingebunden sind. Beispiele sind Shutoken in Japan (Tokio plus vier weitere Städte mit 35 Mio Einwohnern und einem BIP, das über 50% des deutschen BIPs beträgt), die Ile de France (die Region um Paris), Norditalien (um die Industriestädte Mailand und Turin), das Bundesland Bayern, Guandong in Südchina, Dalian in Nordchina, das Silicon Valley in Kalifornien oder die Mumbai-Region in Indien. Da globale Entwicklungen sich schnell und intensiv auf Wirtschaft und Regionalpolitik in solchen hochentwickelten Regionen auswirken oder von diesen initiiert werden, sind die globalen Regionen daran interessiert, direkt oder indirekt über ihre Regierungen für sie günstige Entscheidungen zu bewirken. Dies gilt im Übrigen auch für manche grenzübergreifende regionale Kooperationen, etwa die Regio, das Länderdreieck Deutschland (Südbaden), Frankreich (Elsass) und Schweiz (Basel).

Nationale Organisationen

Staatliche und nicht-staatliche nationale Organisationen sind als Mitglieder internationaler Vereinigungen als Global Player ebenfalls grenzüberschreitend aktiv. Beispiele sind die Deutsche Bundesbank als Mitglied der BIZ und der Europäischen Zentralbank (EZB), die Industriegewerkschaft Metall als Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes IGB, die Arbeitgeberverbände, die großen Kirchen oder der Deutsche Fußball-Bund DFB als Mitglied der FIFA. Unmittelbare Global Player sind der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK mit seinen Mitgliedsorganisationen, den Außenhandelskammern (AHKs), oder Organisationen, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten, wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ in Eschborn und Bonn, die verschiedenen deutschen politischen Stiftungen (z.B. die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung FES oder die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung KAS)16, die Arbeiterwohlfahrt (AWO-International) oder kirchliche Hilfsorganisationen, wie Brot für die Welt. Schließlich nutzen auch die Akteure der internationalen Kriminalität die Möglichkeiten der Globalisierung und der globalen Vernetzung. Abbildung 1/5 gibt einen Überblick über die globalen Akteursgruppen.

Abbildung 1/5: Globale Akteure

Globalisierung ist der wesentliche Treiber für die Notwendigkeit sich mit Fragen der interkulturellen Kommunikation und des interkulturellen Managements auseinanderzusetzen. Die große Anzahl an interkulturellen Kontakten der vielen verschiedenen Akteure auf allen Ebenen und in den unterschiedlichsten Sektoren, verbunden mit der Notwendigkeit eigene und gemeinsame Ziele in interkulturellen Kontexten zu erreichen, erfordert zunehmend interkulturelle Kompetenz aller Beteiligten. Und dies gilt auch, wenn sich kulturelle Grenzen immer stärker durch Migration, Erfahrungen und die Vielzahl globalisierungsbedingter Impulse verändern und verwischen.

Zusammenfassung Kapitel 2

Etwa 80.0000 Transnationale Unternehmen (TNC) mit 800.000 Tochtergesellschaften und 45 Mio Mitarbeitern außerhalb ihres Heimatstandortes sind für grenzüberschreitende Handels- und Dienstleistungs-aktivitäten verantwortlich. Die Bedeutung der TNCs lässt sich entweder an dem Volumen des im Ausland investierten Kapitals oder an dem Transnationalitätsindex (TNI), dem Durchschnitt aus drei Teilindizes, messen. Wichtige Akteure sind außerdem einzelne Staaten sowie Regionalintegrationen, wie die EU oder die NAFTA. Staaten setzen die Rahmenbedingungen nach innen durch Steuern, Gesetze und Infrastruktur und nach außen durch ihre Zoll- und Wechselkurspolitik, soweit dies nicht in die Zuständigkeit der Regionalintegrationen fällt. Internationale Organisationen, wie die WTO, die NATO, die OSZE und die OECD sowie die UN und ihre Sonderorganisationen (z.B. UNESCO und Weltbank) und Spezialorganisationen (z.B. UNCTAD und UNDP) gestalten die Rahmenbedingungen und das Regelwerk der Globalisierung aktiv mit. In Global Cities, wie New York, London oder Brüssel oder den Stadtstaaten Singapur und Hongkong, konzentrieren sich politische Steuerungs- oder wichtige Finanzdienstleistungsfunktionen für die globalen Akteure. Global Cities können sich auszeichnen durch freien Zugang zu Information und Technologie (Open Cities), sind attraktive Lifestyle Centers oder Policy Hubs und prägen als National Leaders die Identität ihres Landes. Globale Regionen, wie das Silicon Valley, die Ile de France oder das Bundesland Bayern sind aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stärke ebenfalls Akteure der Globalisierung. Da globale Entwicklungen sich schnell auf Wirtschaft und Regionalpolitik dieser hochentwickelten Regionen auswirken, sind sie daran interessiert, direkt oder indirekt über ihre Regierungen für sie günstige Entscheidungen zu bewirken. Schließlich sind auch nationale Organisationen wie die Deutsche Bundesbank als Mitglied der EZB, die großen Kirchen oder die IG Metall als Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes IGB grenzüberschreitend aktiv. Weitere Beispiele sind der DIHK mit den Außenhandelskammern oder Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, wie die GIZ in Eschborn und Bonn oder die die verschiedenen deutschen politischen Stiftungen, wie die FES oder die KAS.

9 vgl. www.bsh-group.de (Unternehmensprofil); www.the-linde-group.com (Linde worldwide); www.volkswagenag.com (Produktionsstandorte); www.siemens.com (Siemens weltweit).

10 vgl. Bartlett / Ghoshal (2002)

11 vgl. Simon (2007)

12 UNCTAD: World Investment Report, verschiedene Jahrgänge

14 Die Zeitschrift Foreign Policy stellt in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung A.T. Kearney und dem Chicago Council on Global Affairs jährliche Rankings der Global Cities zusammen, wobei 25 Einzelkriterien, zu fünf Dimensionen zusammengefasst, bewertet werden.

15 vgl. o.V. Foreign Policy (2008)

16 Weitere deutsche politische Stiftungen sind die Heinrich-Böll-Stiftung (Bündnis 90 / Grüne), die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Die Linke) und die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP).

Teil II: Interkulturelles Management – Abgrenzung und Systematisierung

Sie wissen natürlich, was Management ist und eine der vielen Definitionen ist Ihnen sicherlich geläufig. Aber welche zentralen Funktionsbereiche und Dimensionen umfasst Management? Hierzu gibt es in Theorie und Praxis viele unterschiedliche Meinungen. Entspricht der hier vertretene Dreiklang: Fachkompetenz, Prozesskompetenz und Führungskompetenz Ihrer eigenen beruflichen Erfahrung?

Interkulturelles Management ist eine besondere Managementvariante. Was könnte man hierunter verstehen? Inwiefern unterscheidet es sich von internationalem Management? In welcher Hinsicht erweitert interkulturelles Management das allgemeine Management? Und vor allem: Welche unterschiedlichen interkulturellen Aspekte sollten Sie in einem interkulturellen Managementkontext berücksichtigen? Schließlich: Arbeiten Sie als Manager lieber in anderen Kulturen oder mit anderen Kulturen? Welche Unterschiede müssen Sie hierbei beachten?

Auf diese Fragen erhalten Sie in diesem Teil Antworten und Vorschläge. Überlegen Sie, ob und inwiefern Ihnen diese helfen, interkulturelles Management besser zu verstehen.

3Allgemeines Management

3.1Managementdefinitionen

Als Manager kennen Sie Ihre Aufgaben genau. Trotzdem ist es vielleicht gar nicht so einfach, einer anderen Person zu erklären, was Sie tatsächlich tun.

Das gilt auch dann, wenn Sie als interkultureller Manager tätig sind. Bitte versuchen Sie Management und Interkulturelles Management zu definieren und voneinander abzugrenzen, bevor Sie dieses Kapitel lesen. Überprüfen Sie dann später, ob Sie sich mit den folgenden Erklärungen und Definitionen anfreunden können.

Auch wenn es vielleicht so scheinen mag, es ist nicht so einfach, den Begriff Interkulturelles Management zu definieren. Gleich zu Anfang tauchen einige Schwierigkeiten auf:

Management

umfasst eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Gestaltungsund Interpretationsmöglichkeiten. Dies führt dazu, dass der Begriff inflationär verwendet wird. Es ist fast unmöglich, mit

einer

Definition alle Spielarten und das gesamte Spektrum des Managements zu erfassen.

Ähnlich verhält es sich mit dem

Kulturbegriff.

Kultur kann kaum umfassend beschrieben werden. Da sie in vielen Bereichen eine Rolle spielt, bevorzugt jede Fachdisziplin ihre eigene Interpretation. Man schaue sich hierzu nur u.a. die kulturwissenschaftliche, anthropologische und psychologische Literatur an. So fanden schon 1952 Kroeber/Kluckhohn insgesamt 164 verschiedene Definitionen von Kultur oder

culture.

17

Wir haben es also aus doppelter Sicht mit keineswegs eindeutig bestimmten und bestimmbaren Begriffen zu tun. Das Hinzufügen der Vorsilbe

„inter“

erschwert dieses Vorhaben zusätzlich.

Schließlich wird auch mit dem Begriff der

Definition

keineswegs eindeutig umgegangen. Muss diese alle relevanten Aspekte umfassen oder genügt eine pragmatische, einprägsame, aber dadurch auch verkürzte Formulierung?

Aufgabe des Managers ist die zielorientierte Gestaltung von Beziehungen zwischen Menschen, Sachen und Situationen. Dafür arbeitet er mit kompetenten Mitarbeitern, Experten und Beratern zusammen. Diese sollen dazu veranlasst werden, im Organisationsinteresse liegende Ziele effizient, effektiv und möglichst kreativ in festgelegten Zeiträumen zu erreichen. Hierfür muss der Manager neben Fach- und Führungswissen und möglichst auch entsprechenden Erfahrungen die notwendigen Prozesse richtig steuern können. Management ist also ein komplexer Vorgang, der in der unüberschaubaren Managementliteratur zu einer Flut von Definitionen geführt hat. Die folgende Liste ist eine kleine Auswahl:

Management ist die Erreichung fremder Ziele mit fremden Mitteln auf eigenen Wegen. (Holzbaur)