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Von Anfang an wurde seine Liebe zu Flocke gestört, als wäre es nicht ihre Bestimmung, glücklich zu sein. Doch wer hatte das beschlossen? Eine Macht, die Spaß daran hatte, sie leiden zu lassen - mit kurzen Atempausen in denen sie sich sicher fühlten? Eine Ahnung überfiel ihn, dass sein Schicksal ein anderes sein würde… Düstere Familiengeheimnisse werden gelüftet und verändern nicht nur für Cooper und Flocke alles. Die Endgültigkeit, übermächtig und unüberwindbar, fordert mehr als sie jemals geben mussten. Werden die Wogen des Schicksals sie überrollen und ihnen ihre so hart erkämpfte Freiheit rauben? Das Ende der Trilogie erfährt mit diesem letzten Buch eine Wendung, die nur das Leben schreiben kann.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Tanja Neutakt
Preis der Freiheit
Niemals
Inspiriert von wahren Begebenheiten
Band 3
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar. 2. Auflage © 2025 Tanja Neutakt c/o IP Management #38147, Ludwig-Erhard-Str. 18, 20459 Hamburg www.tanjaneutakt.de/[email protected] Coverdesign: Renee Rott, Dream Design – Cover and Art Lektorat/Korrektorat: T.I. Wiltshire Veröffentlicht über tolino Media
ISBN: 9 783759 247636
Tanja Neutakt
Preis der Freiheit
Niemals
Inspiriert von wahren Begebenheiten
Band 3
Vorwort
Diese Geschichte ist inspiriert von wahren Begebenheiten aus den Jahren 1989-1991. Die Namen der Personen, sowie ihre Lebensumstände wurden zum Schutz der Privatsphäre verändert.
Einige Themen in diesem Buch könnten manche Personen belasten (triggern), bitte eigenverantwortlich entscheiden, oder entsprechende Unterstützung in Anspruch nehmen.
Ein künstlerischer Hinweis: Die Trilogie ‚Preis der Freiheit‘ ist entwicklungs-stilistisch und multiperspektival geschrieben. Dies ist bewusst so kreiert, um die junge Prosa-Poesie dem Entwicklungsstand und innerem Wachstum der Protagonisten zu entsprechen. Mit jedem weiteren Band verändert sich die Stilart.
Nun wünsche ich einen guten Start in ein tief berührendes Ende, das nur das Leben schreiben kann.
Die Zeilen dieser Trilogie sind den Menschen gewidmet, die mein Leben für immer verändert haben.
Nun sind wir unsterblich.
Inhaltsverzeichnis
Seifenblase8
Einweihung18
Sex oder Liebe26
Rattenschwänze35
Sturmfrei44
Spießig54
Leben am Abgrund65
Sag es ihm!74
Konkurrenz83
Griesgram92
Keine Kompromisse101
Punkweisheiten110
Hiob, du Arschloch!119
Das Versprechen129
Mein Wille geschehe138
Ich zähl auf dich!147
Abgestempelt154
Fühlen, nicht denken!163
Sextalk172
Liebe180
Weiberei190
Hamburch198
Tauziehen207
Amsterdam215
Über den Winden226
Maskerade234
Unterschätzt243
Zerstörung252
Wechselbäder261
Der Parasit271
Erinnere dich!281
Sex on the Bitch289
Kein Anschluss297
Begossener Pudel306
Auflösung315
Freundschaft324
Alles ist möglich332
Die Spur des Schicksals341
Versprechen muss man halten354
Niemals!364
Über die Autorin375
Seifenblase
Freiheit. Konnte sie so präsent in ihrem Leben existieren, dass es möglich war, alles auszublenden? Sich nicht mit dem zu beschäftigen, was da draußen in der Welt, die immer chaotischer wurde, ablief? Was sie stets von einem forderte, an einem zerrte, mit Gewichten behängen wollte? Denk dochmal realistisch, hatten die anderen gesagt. Doch was genau war das? Was war real? Bedeutete real eine kalte Welt, die nur auf Fortschritt und höher, schneller, noch schneller ausgerichtet war? Gesetze und Vorschriften, die kein Mensch mehr nachvollziehen konnte? Ein Zwang in eine Richtung, in eine Schachtel, die viel zu klein für das eigene explodierende, sich ausdehnende, kreative Wesen war? Ein nützliches Mitglied der Gesellschaft – was war das? Warum sollte sie sich in jungen Jahren für einen Weg entscheiden, was sie mal werden wollte? War sie nicht schon etwas? Ein Mensch? Waren Menschen Lämmer, die geführt werden mussten, in einen Stall gezwängt, um sich dann dankbar ab und zu auf der Weide auszutoben, nur um danach erneut in ihr Gehege zu trotten? Geschoren wurden sie, ja. Regelmäßig. Alles, was in ihnen entstand, wurde wieder genommen. Und wenn sie nicht mehr nützlich waren ... was war dann? Abschaum der Gesellschaft? Geächtet? Ausgegrenzt? Dann war sie es lieber von Anfang an. Anders. Anders als die anderen. Dieses Spiel wollte sie einfach nicht mitspielen. Aber war das möglich?
Was war denn ein Mensch? Waren Menschen nicht vielmehr komplexe Wesen, die zu so viel Wundersamem möglich schienen? Neue Gedanken und Wege zu erschaffen, jeden Tag neu zu gestalten, sich selbst zu erforschen und zu erfinden? Denk an deinenLebenslauf, hatten sie gesagt. Ein Stück Papier, anhand dessen sie beurteilt wurde, ob sie einen geradlinigen Weg einhielt und viele Jahre in ein und demselben Job zugebracht hatte. Warum nur folgte die Welt, die meisten wundersamen Individuen mit all ihren Möglichkeiten in dieses Gatter? Ohne zu motzen, ohne sich zu wehren, ohne wütend zu werden? Wer hatte beschlossen, dass all diese Menschen so klein gehalten wurden?
Sie wiederholte in sich ihre Frage. Konnte die Freiheit so präsent in ihrem Leben existieren, dass sie nicht mehr in der Realität existierte, alles ausblendete? Was war dann real? Die eigene Freiheit oder eine den Zeigefinger erhebende Gesellschaft? Konnte sie so frei sein, dass sie es schaffen würde, sich eine Seifenblase zu erschaffen, eine separierte kleine Welt, die nur für sie selbst pulsierte? War es möglich, in dieser Blase andere Menschen, die ähnlich dachten und fühlten, ebenso zu bewahren? Sie erinnerte sich an Rudi, den Alt-Punk, der in Westerland wie ein seliger Buddha auf seiner Decke saß und davon gesprochen hatte, dass es nur eine Entscheidung im Leben gab. Popper oder Punk. Angepasst und hörig oder wild und frei. Da wollte sie lieber Punk bleiben, und zwar für immer.
Als er das Zimmer betrat, betrachtete er sie lächelnd. Wie sie da saß, in Gedanken vertieft. Von was träumte sie? Der Karton, auf dem sie sich niedergelassen hatte, war bereits fertig gepackt und beschriftet. Die Regale in seinem Zimmer wirkten befremdlich leer. Alles wurde sorgsam verstaut. Hier war er aufgewachsen. Diesen Raum kannte er wie sein Innerstes. Was sie da alles in den Schränken und Ecken gefunden hatten! Bei einigen Fundstücken hatte er sich mitten auf den Boden gesetzt und sie lange begutachtet. Sie lächelte dann und sah ihn liebevoll an, ließ ihm diese Zeit. Er fand alte Schulhefte, eine Klassenarbeit, die mit einer dicken roten fünf, die fett umrandet war, vom Lehrer markiert wurde. Dabei hatte er sich so Mühe gegeben. Was genau war daran falsch? Warum wurde er so hart beurteilt? Viel später erst fand er heraus, dass er die Frage, die Aufgabe des Tests nicht verstanden hatte. Woher sollte er das wissen? Hätte der Lehrer sich nicht klarer ausdrücken können? Wiederholen durfte er die Arbeit nicht, sie hatte ihm die Note im Zeugnis versaut und die Versetzung gefährdet. Er konnte es nicht leiden, so verurteilt zu werden.
Vieles, was sie beim Ausräumen miteinander gefunden hatten, landete im Mülleimer. Bei manchen Gegenständen musste er besonders lange nachdenken, von anderen wollte er sich nicht trennen und ließ sie, wo sie waren. Er wusste genau, dass seine Eltern das Zimmer nicht verändern würden. Hieße das auch, dass er zurückkehren könnte, wenn es nicht funktionieren würde? Warum sollte es nicht funktionieren? Woher kamen diese seltsamen Gedanken? Er fühlte sich melancholisch und gleichzeitig aufgeregt, freute sich auf das neue Leben, das sie nun miteinander beginnen würden. Es war ja nicht neu. Seit einigen Jahren lebten sie schon unter einem Dach, aber eben im Haus seiner Eltern, nicht in ihrem eigenen Haushalt. Und wie sehr hasste er es, in letzter Zeit ständig unterbrochen zu werden, wenn er mit ihr alleine sein, wenn er sie spüren wollte. Lächelnd erinnerte er sich an die vier Wochen, in denen er mit ihr hier im Haus gewesen war, während des Urlaubs seiner Eltern. Wie spontan und ausgelassen sie miteinander sein konnten! Jederzeit sich nah sein, jederzeit Ruhe einfordern oder Krach machen, die Musik richtig aufdrehen. Das war Freiheit! Freiheit pur.
Und nun saß sie da, hatte nicht einmal bemerkt, dass er das Zimmer betreten hatte. Träumte sie? Warum sah sie so ernst und nachdenklich aus? War sie nicht glücklich, freute sie sich nicht ebenso wie er? Hatte sie Zweifel? Sanft stieß er gegen einen Karton, damit sie ihn bemerken würde.
Sie zuckte zusammen, drehte sich um und strahlte ihn an. Dieses Strahlen! Das bedeutete, es war alles in Ordnung. Es war dieses Gefühl, das sie in ihm erweckte, dieses Gefühl, das ihn hoffnungslos in ihren Bann zog. Schon so oft hatte er andere Worte für das Strahlen gesucht, fand aber keine. Sie lachte dann nicht nur, alles an ihr floss zu ihm. Die Augen glänzten und blickten ihn verliebt und glücklich an. Alles an ihr schien sich zu öffnen, zu ihm zu streben, ihn vollständig zu erfassen. Er fühlte sich dann wehrlos und schwach, wie er ihr einst gesagt hatte. Doch es war eine gute Schwäche. Fallenlassen und nah sein. Es war wie nach Hause kommen, atmen können. Alles fiel dann von ihm ab. Der Job, Ärger oder Wut, alles war wie gelöscht. Die verwirrende Welt da draußen verblasste, verstummte, war auf Pause gedrückt. Ja, leider nur auf Pause. Wie oft rang ihn der Alltag nieder, mit all seinen Herausforderungen, Dramen und Schicksalen. Die letzten Jahre waren so voll gewesen davon. Er hoffte so sehr, dass nun mehr Ruhe einkehren würde, mehr Zeit, um einfach das Leben zu genießen. Wer wusste, wie lange.
„Coop?“
„Flocke?“, erwiderte er erwartungsvoll. Er kannte diesen Gesichtsausdruck, wenn sie schelmisch und bedeutungsvoll seinen Namen sagte.
„Möchtest du in meine Seifenblase kommen?“ Sie ging lachend auf ihn zu. Er grinste amüsiert und nahm sie in den Arm. Seine Verrückte! Später, sehr viel später könnte sie ihm vielleicht erzählen, was sie dort so nachdenklich umgetrieben hatte, doch das musste nicht sein. Er würde liebend gerne in ihrer Seifenblase leben, was auch immer das sein sollte.
„Seid ihr soweit?“ Henning streckte seinen Kopf durch die Zimmertür und betrachtete die beiden gerührt. Er sah sich im Zimmer um. Nur noch ein paar einzelne Kartons standen herum, die in den Umzugswagen gebracht werden mussten. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Sein Sohn würde ausziehen. Er hatte ihn ja darin unterstützt, seinen Wunsch respektiert und trotzdem war es komisch. Seine erste eigene Wohnung, der Schritt in ein selbstständiges Leben, das er zum Glück nicht alleine begehen würde. Er wusste ihn in guten Händen bei Flocke und das beruhigte ihn ein wenig. Und die beiden waren ja nicht weit weg. Sie hatten in List eine Wohnung gefunden, in der Nähe des Strandes. Auf der Insel war ja sowieso nichts besonders weit voneinander entfernt, also beruhigte er sich damit, dass sein Sohn jederzeit Ella und ihn in Kampen besuchen könnte. Natürlich auch Flocke! Sie war ihm so dermaßen ans Herz gewachsen. Wie viel hatten sie miteinander durchgestanden! Dass die beiden nun nicht mehr im Haus sein würden, irritierte ihn. Doch auch daran würde er sich gewöhnen, ganz sicher. Das Leben bestand nun mal aus Veränderung. Wie sehr erinnerten ihn die beiden an ihn und seine Frau. Auch sie hatten keinen normalen Start gehabt, mussten hart um ihre Liebe kämpfen. Doch diese Innigkeit, die sie verband, hatten sie nie verloren. Jeder Tag war ein Geschenk und keinen einzigen wurde es langweilig, dafür hatte ihr Sohn die letzten Jahre gesorgt. Nun freuten sie sich dennoch auf wieder mehr Freiraum für sich, das Haus würde stiller und leerer werden. Aber nun mussten sie los! Immerhin war in der neuen Wohnung noch einiges zu tun!
Alle waren gekommen, um zu helfen, warteten vor der genannten Adresse. Die Nachbarn linsten schon neugierig aus ihren Häusern, wer wohl all die bunten Gestalten waren. Sie schoben die Gardinen zur Seite und ließen sie schnell wieder zurücksinken, als Alex sie entdeckte und ebenso interessiert in die Fenster sah. Er lachte sich kaputt. Menschen waren so lustig, wenn sie ihn sahen, hatten ständig grundlos Angst. Wenn ihn keiner ärgerte oder er nicht wieder Widerlinge oder Skins von der Insel vertreiben musste, war er doch der netteste Geselle, den man sich vorstellen konnte. Aber inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, dass sein Aussehen meist zunächst verurteilt wurde. Das juckte ihn nicht mehr. Die wichtigsten Menschen in seinem Leben waren hier versammelt und würden nun Cooper und Flocke beim Einzug helfen. Cooper hatte sich erst gewehrt, er bräuchte keine Hilfe und druckste rum. Es schien fast, als wollte er die Adresse nicht preisgeben. Sie alle wussten, wie sehr er es hasste, ohne Ankündigung überrascht zu werden. Doch in ihrem neuen Liebesnest würde sich das niemand trauen. Da hatten alle Verständnis. Thorre und Luisa waren auch gekommen, wollten tatkräftig mit anpacken, ebenso wie Robbie und Steve. Nur Rik hatte wieder irgendeine Ausrede.
Als der Umzugswagen endlich eintraf und Henning die Haustür aufschloss, steuerte Steve mit einem Kasten Bier die Küche an.
„Leute! Kein Umzug ohne Bier!“
„Steve ... hast du schon mal erlebt, dass wir irgendetwas ohne Bier machen?“, sagte Thorre tadelnd. Robbie lachte und ließ die Pizzakartons auf den Küchentresen knallen.
Flocke betrat andächtig ihr neues Zuhause. Sie war schon ein paarmal hier gewesen, aber dies war ein besonderer Moment. Sie liebte es, wenn die Freunde da waren und doch wäre sie jetzt am liebsten mit Cooper alleine hier. Das fühlte sich alles ein bisschen befremdlich an. Die letzten Jahre war sie immer zwischen ihrem Zimmer bei Thorre und Coopers Zuhause hin- und hergependelt. Ja, es war sein Zuhause und sie war im Grunde genommen ein Gast. Nachdem ihr Elternhaus nie wirklich ein Ort der Zugehörigkeit gewesen war, würde dies hier etwas ganz Neues werden. Etwas Neues, ohne Abdruck, ohne Erinnerungen. Diese mussten erst erschaffen werden. Bei Thorre hatte sie so viel erlebt und auch im Haus von Cooper, vor allem in seinem Zimmer. Dort hatten sie ihr erstes Mal, das würde sie nie vergessen. In Kampen war so viel geschehen, es schien immer, als sei die Atmosphäre des Zimmers angefüllt mit wohligen Schatten der Vergangenheit. Etliche wertvolle Momente voller Trost, Lachen, Streit und Liebe. Ja, vor allem Liebe. Wie würde sie den Weitblick, den man dort aus dem Fenster hatte vermissen, und die Sonne, die so oft morgens durch die Scheibe schien und sie kitzelte. Und dieses Gefühl, in seinem Bett aufzuwachen, ihn zu erwischen, wie er sie beobachtete. Dieses Gefühl, bei ihm zu sein, in Sicherheit und ihn nicht zu vermissen. All dies müssten sie in diesen neuen Räumen erst erwecken. Noch schien ihr alles hier wie eine leere Leinwand, die bemalt werden wollte. Würde es ein buntes Meisterwerk werden? Oder die ungeschickte Kritzelei eines Kleinkindes? Noch nicht reif und zum Belächeln gut? Ging es ihm vielleicht ganz genauso?
Sie sah sich nach ihm um. Wo steckte er nur? Aus den ebenerdigen Bereichen der Wohnung führte eine Treppe in das Obergeschoss. Dort befand sich das Schlafzimmer samt anliegendem Badezimmer und einer Terrasse mit einem wunderschönen Blick auf den Strand. Flocke grinste in sich hinein. Vielleicht würden sie ab und zu hier unter den Sternen nächtigen. Freude stieg in ihr auf. Sie waren frei. Frei alles so zu gestalten, wie es ihnen gefiel. Und genau hier fand sie ihn. Er stand an der Brüstung und blickte auf die Weite des Meeres. Flocke vernahm das Getöse der Brandung. Sie ging langsam auf ihn zu. Er bemerkte sie, streckte ihr die Hand entgegen und zog sie zu sich. Dieses Gefühl, wenn er sie so hielt, wie behütet sie sich da stets fühlte. Schweigend genossen sie die Aussicht. Gedankenverloren standen sie dort, kuschelten sich aneinander und ließen den Moment auf sich wirken. Ein magischer Augenblick in ihrem gemeinsamen Zuhause. Mit Blick auf das, was sie liebten, ihre Insel und das berauschende Meer. Sie sog die Eindrücke tief in sich auf, erste Erinnerungen wurden erschaffen. Die Leinwand war nicht mehr leer.
Einweihung
Ein chaotisches Bild bot sich, nachdem endlich alles aus dem Transporter in die Wohnung geräumt worden war. Kisten, Schachteln und Boxen türmten sich überall, wo sie hinblickte. Wo waren denn nur die Gläser? Flocke öffnete den Hängeschrank in der Küche. Leer. Nein, niemand anders fand den Karton und hatte sie schon eingeräumt. Hatten sie nicht alles ordentlich beschriftet? Warum fehlte genau dieser? Ach Scheiß drauf, dachte sie sich, trank einen Schluck Wasser direkt aus dem Hahn und schnappte sich ein Bier. Öffner ... Sie hatte keinen Flaschenöffner. Diesen Trick mit dem Feuerzeug verstand sie einfach nicht. Ständig rutschte ihre Hand dabei ab, so sehr sie es auch versuchte. Das war ihr stets peinlich.
Alex betrat die Küche und stellte zwei übereinandergestapelte Kartons ab. Er schüttelte mit dem Kopf, zog sein Feuerzeug aus der Hosentasche und öffnete es. Plopp. Ganz einfach. Dankbar lächelte Flocke ihn an. Warum nur hatten die Jungs kein Bier mit Bügeln gekauft? Da würde sie sich nicht so verloren vorkommen. Ihr Blick wanderte zu den Kabeln an der Decke. Wie kleine Kraken ragten sie aus dem Gemäuer. Reste von Bauschutt lagen auf den Fensterbänken, zeugten von frisch eingebauten Fenstern. Wie sollte sie das nur alles hinbekommen? Dieses Chaos ordnen, eine Wohnung einrichten? Sie bekam ja nicht einmal ihr Bier alleine auf.
Aus dem Wohnzimmer ertönte ein ohrenbetäubender Schlag.
„Verdammt! Scheiß Sofa!“ Wütende Flüche erklangen. Flocke lehnte am Küchentresen, nippte an ihrem Bier und wusste genau, was jetzt kommen würde. So bezwang er seinen Ärger. In dieser Stimmung störte man ihn am besten nicht. Trost war auch nicht ratsam. Er humpelte rüber in die Küche. Sofort erhellte sich sein Gesicht.
„Oh Balsam!“ Frech grinste er sie an, fixierte sie und griff nach einem Bier, das in der Kiste neben ihr stand. Flocke lachte laut auf. Wenn er Scherze machen konnte, war es vermutlich nicht so dramatisch.
„Das Sofa bleibt jetzt da stehen, wo es ist, mitten im Raum! Das ist mir egal!“, verkündete er entschlossen. Flocke verließ die Küche und betrachtete das vollgestellte Wohnzimmer. Die Möbel zu platzieren, war ja heute nicht so wichtig und so langsam waren alle sehr erschöpft. Die Pizza war schon verputzt worden, Bier gab es zum Glück noch genug. Das, was Steve mitgebracht hatte, reichte mindestens für eine Party mit zwanzig Leuten. Flocke beschloss, dass sie nun alles, was zu verräumen war, innerlich loslassen würde. Wer hetzte sie denn? Nur sie selbst, das war eindeutig. Außerdem schmerzte so langsam jeder Muskel. Thorre und Luisa hatten es sich inzwischen bequem gemacht. Sie saßen vor dem Sofa auf dem Boden und kuschelten miteinander. Die anderen hatten offensichtlich auch keinen Bock mehr und genossen ihr Bier.
„Coop ... es ist so ruhig hier!“ Flocke sah ihn kopfschüttelnd an.
Er riss die Augen auf. Das war absolut ein Problem! Sie waren so mit der Arbeit beschäftigt, dass sie das Wichtigste vergessen hatten! Wo waren nur die Kartons mit der Anlage? Er ging rüber ins Wohnzimmer und zog den erschöpften Robbie vom Boden hoch.
„Krach! Jetzt! Wo ist meine Anlage?“ Während er das sagte, wühlte er sich bereits durch die Kartons. Hatte er die Lautsprecher nicht oben im Badezimmer gesehen? Wer kam denn auf so eine dämliche Idee, die dort hochzubringen? Robbie sprang auf. Mucke hatte absolute Priorität, wie hielten sie es nur so viele Stunden ohne aus? Jetzt würde die Einweihung starten!
Als Flocke nach den Boxen sehen wollte und die Treppe ins Obergeschoss hinaufstieg, hielt sie verwundert inne. Kaum etwas war bisher aus den Kisten ausgeräumt worden, doch das Bett bereits bezogen. Wer hatte das ausgeheckt? Der offene Raum mit seinem dunklen Holzboden strahlte etwas Harmonisches aus, ein neues französisches Bett stand mittendrin. Es war weiß und hatte ein hohes geschnitztes Kopfteil. Dunkelrote zerknitterte Bettwäsche hatte jemand aufgezogen. Das kam ihr verdächtig vor. Die Terrassentür stand offen. Ein fieser Wind wehte herein, fegte Blätter von draußen auf das gewachste Parkett. Verträumt blickte Flocke auf den grauen Himmel, als sie die Flügeltüren zur Terrasse schloss. Die Sonne war am Untergehen und tauchte die Umgebung in eine mystische Atmosphäre. Die Spiele von Schatten und Licht liebte sie. Diesen Ausblick würde sie in Zukunft täglich genießen. Sie setzte sich auf das Bett, als Steve herauf stürmte und die Boxen aus dem Bad nebenan schnappte, Flocke tadelnd betrachtete und wieder nach unten eilte.
Die Matratze fühlte sich fantastisch an. Sie wippte ein paarmal auf und ab. Lächelnd spürte sie Lust in sich aufsteigen. Was hier wohl alles geschehen würde? Es amüsierte sie immer wieder, wie einfallsreich Cooper war und wie oft sie sich an den verrücktesten Orten liebten. Und doch schien es ihr, als sei er fixiert auf sein Bett. Das war in Kampen so gewesen. Er hatte immer gegrinst und gesagt, oldschool sei es am Schönsten, das wäre die Oase der Liebe. Hatte er es vorbereitet, in der Ahnung, dass sie heute Abend einfach zu kaputt sein würden, um sich darum zu kümmern? Was plante er? Selig lächelnd schüttelte sie den Kopf und begab sich wieder nach unten, folgte dem lauten Lachen und der einsetzenden Musik. Die Jungs hatten es offensichtlich geschafft.
Steve drehte kunstvoll einen Joint am Küchentresen, als Flocke herunterkam.
„Flocke, ist das okay?“ Unsicher blickte er sie an.
„Was soll denn daran nicht okay sein?“ Flocke freute sich auf den Joint, die Entspannung würde sie jetzt dringend brauchen. Steve zuckte mit den Schultern und zündete die Tüte an. Flocke blieb geduldig neben ihm stehen, das würde sie sich jetzt nicht entgehen lassen. Aber er hatte recht. Wollten sie in der Wohnung rauchen? Oder das in Zukunft lieber vermeiden? Wieder so ein Stück Freiheit, das sie miteinander beschließen konnten. Aber jetzt, in dieser Situation, war ihr das egal. Sie hatte schon bemerkt, dass die Wohnung für einige von ihnen etwas befremdlich war. Der Neubau roch noch nach Silikon, scharfen Reinigern und frisch gewachsten Böden. Man traute sich kaum, das Parkett mit Schuhen zu betreten. Das musste sich dringend ändern. Es sollte ja zu einem Zuhause werden und kein Museum sein.
Von dem Rauch angelockt, kam Cooper in die Küche. Auch ihm schien das offensichtlich egal zu sein. Spießig wollte er auf keinen Fall werden, das wusste Flocke. Immerhin war Einweihung. Er umarmte sie von hinten und zog sie ganz nah zu sich her.
Thorre und Luisa waren die Letzten, die sich einige Stunden später verabschiedeten. Es war ein seltsames Gefühl, gemeinsam an der Haustür zu stehen und sie zu schließen. Ein andächtiger Moment. Flocke hielt die Luft an und betrachtete ihn bedeutungsvoll. Auch Cooper wusste offensichtlich nicht so recht, was er sagen sollte. Sie hatten es geschafft. Der Umzug war vollbracht.
„Willkommen zu Hause, Babe ...“ Cooper kam ihr so nah, als wollte er sie küssen, tat es aber nicht. Seine Lippen wanderten in ihrem ganzen Gesicht über die Haut und spielten mit der Anziehungskraft. Sie seufzte sehnsüchtig. Ihr Atem wurde lauter. Genauso erkundete er ihren Hals. Sie reckte sich ihm entgegen. Er zog sie auf seine Hüfte und ging mit ihr die Treppe hinauf. Sanft legte er sie auf das feuerrote Bett. Dabei ließ er sie nicht aus den Augen, lustvoll sah er sie an. Schweigend zog er sie aus und dann sich selbst. Flocke hielt seinen Blick, sah ihn mit leicht geöffnetem Mund atemlos an, ihr Körper streckte sich ihm entgegen. Doch er drückte sie sanft zum Liegen zurück.
„Schließ die Augen. Lass dich fallen, mach gar nichts.“
Flocke sah ihn erstaunt an, fügte sich aber nur zu gern. Was hatte er vor? Sie legte sich auf die Matratze zurück und versuchte, sich zu entspannen, hielt sich schon mal vorsichtshalber an dem Kopfteil fest. Ihr Körper vibrierte vor Erwartung. Er wanderte mit seinen Lippen, immer noch über ihrer Haut schwebend, ein Stückchen weiter und stoppte an ihren Brüsten. Das machte Flocke wahnsinnig, die Wärme seines Mundes zu spüren, seinen Atem, der immer deutlicher wurde, aber nicht von ihm berührt zu werden.
Ihr Körper rekelte sich auf der Matratze. Er erforschte ihn weiter, stoppte kurz vor ihrem Schambein und zog ihr vorsichtig die Beine auseinander. Jetzt spürte sie seine Lippen, doch dort, wo sie es nicht erwartet hatte. Flocke stöhnte laut auf. Fassungslos atmete sie immer schneller, ihr Körper zitterte.
Langsam begab er sich wieder nach oben. Er schob seinen Oberschenkel zwischen ihre Beine und drang vorsichtig in sie ein. Flocke schloss die Augen, ihr Körper bäumte sich auf. Ihr Stöhnen wurde lauter.
Cooper schaffte es kaum, seinen Atem zu beruhigen. Mit klopfendem Herzen lag er auf ihr, genoss ihren fassungslosen Blick, die noch bestehende Aufregung ihres Körpers. Wie gut und neu es war, sich nicht zusammenzureißen, nicht damit rechnen zu müssen, dass die Eltern sie hörten oder ihn jemand unterbrechen würde. Er stützte sich auf seine Ellbogen ab und betrachtete sie berauscht, streichelte sanft ihr Gesicht.
„Versprich mir bitte, dass das nie aufhört.“ In all der Innigkeit und Liebe drängte sich das Gefühl hinein, wie unfassbar dies alles war. Würde es für ewig halten? Wie viele Jahre hatten sie schon erlebt, dass ihnen das Drama stets folgte, sie nicht aus ihren Fängen entlassen wollte. Hatten sie all dies gelöst, jegliche Bedrohung beseitigt? Oder war das, was sie jetzt erleben durften, nur die Ruhe vor dem Sturm?
Sie nickte ihn lächelnd an.
„Für immer und ewig, Babe ...“ Auch sie spürte es. Das Gefühl, diese nagende Angst, dass dies alles viel zu gut war, um wahr zu sein, um zu bleiben, ihnen nicht wieder zu entwischen. Sie hatten gelernt, offen miteinander zu sein. Wie schnell hatten sich Wirrungen in ihre Liebe gedrängt, wenn sie ihnen Raum gaben, Zweifel und Angst folgten. Seine Worte fühlten sich so gut an und sie war bereit, sie war wirklich bereit, ihm zu versprechen, dass dies niemals aufhören würde. Nicht, wenn es in ihrer Macht lag.
Sex oder Liebe
Flocke versuchte sich auf ihre Notizen zu konzentrieren. Die Vorgaben des Lehrers nervten sie. Dieser Schreibkurs war ihrem Empfinden nach nicht kreativ, sondern starr und ohne Leben. Als die Pause endlich angebrochen war, kam Jakob auf sie zu und bot ihr eine Zigarette an.
„Nicht so ganz dein Ding oder?“ Prüfend sah er sie an.
Flocke schüttelte den Kopf. Sie wollte jetzt gar nicht unbedingt reden. Wie sehr erlebte sie immer wieder, dass all die Ideen, ihre künstlerische Ader auszudrücken, in Sackgassen verliefen. Stets fühlte es sich an, als würde sie in eine Form gepresst werden, eine die andere für passend und richtig hielten. Vielleicht war es nicht ratsam, sich auf dämliche Diplome zu fokussieren. Wem wollte sie damit etwas beweisen? Wozu brauchte sie das? Immer wieder kam sie mit den Lehrern in Konflikt, diskutierte mit ihnen, wurde skeptisch betrachtet, weil ihr Gesicht deutlich ihren Unmut ausdrückte. Kunst und starre Vorgaben, das passte irgendwie nicht zusammen.
„Gehen wir mal was trinken?“
Flocke sah ihn überrascht an.
„Wir sind öfter im Juze, da kannst du gerne dazukommen.“
„Das meine ich nicht. Ich meine dich und mich. Alleine.“
Sie lachte auf. „Da muss ich dich leider enttäuschen. Alleine gibt es mich nicht. Ich bin glücklich verliebt und in festen Händen.“
Jakob schüttelte den Kopf. „Das ist doch egal. Es geht ja nur um Sex. So, jetzt ist es raus. Ich bin nicht der Typ, der gerne um den heißen Brei herumredet.“ Er funkelte sie verführerisch an.
Flocke riss die Augen auf.
„Nur Sex? Was soll das denn bedeuten? Für mich gehört zu Sex Liebe!“ So langsam wurde sie ungehalten. Sie fühlte sich nicht mehr wohl in dem Gespräch. Bisher war er immer sehr amüsant gewesen, eine nette Abwechslung in diesem öden Haufen der Klasse. Bisher.
„Da bist du aber die einzige, die so denkt. Sex ist eben nur Sex, das hat mit Liebe nichts zu tun!“ Er nickte überzeugt.
Flocke erinnerte sich, dass Cooper mal etwas Ähnliches gesagt hatte, als Thorre dachte, dass er Vater werden würde. Gisela fragte in dem Gespräch, wie es sein kann, dass die heutige Jugend zwanglosen Sex mit verschiedenen Partnern hat. Sie hatte genau gespürt, dass ihm das in dem Moment unangenehm gewesen war, jedoch antwortete er Gisela ehrlich. Fast dieselben Worte benutzte er. Sex ist eben nur Sex. War das wirklich so? Musste man Liebe und Sex trennen? Das erlebte sie mit ihm so nicht. Ihr Sex, das war kein Sex wie es andere verstanden. Sie liebten sich und drückten in diesen Momenten ihre Liebe aus. Ihr Sex steigerte jegliches Gefühl füreinander. Nein, das konnte sie nicht trennen und es auch nicht verstehen.
„Das hört sich jetzt vielleicht doof an, aber ich habe letztens eine getroffen, die das sehr locker, eben realistisch sieht. Bei ihr muss ich mir keine Gedanken machen, dass sie sich in mich verliebt. Das ist einfach nur Sex.“
Flocke hörte ihm atemlos zu. War sie vielleicht auf irgendeine Weise naiv? Hatte sie nicht gemerkt, dass der Rest der Welt Sex völlig anders sah als sie? Als er in seinen Erzählungen den Namen Raphaela fallen ließ, wurde sie aufmerksam. Raphaela war wieder da? Das war ihr neu. Soweit sie wusste, lebte sie doch inzwischen auf dem Festland mit dem Kind. Was machte sie denn auf Sylt? Führte sie ihr vorheriges Leben fort? Es hörte sich fast so an. Genervt löste sie sich von Jakob und ging zurück in den Klassenraum.
„Babe ...?“ Cooper sah erstaunt vom Küchentresen auf, als Flocke die Wohnung betrat. Er hatte noch seine Arbeitsklamotten an, war gerade eben erst nach Hause gekommen und wollte jetzt etwas essen. Wenn sie ihn so ansprach, hatte sie eine Frage auf dem Herzen.
„Ist Sex nur Sex?“ Nachdenklich runzelte sie die Stirn. „Hat Sex vielleicht nichts mit Liebe zu tun?“
Cooper blieb fast der Bissen im Hals stecken. Was war das denn jetzt? Woher kamen diese seltsamen Gedanken?
„Bei uns?“ Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch.
Flocke schüttelte mit dem Kopf. In Ruhe erzählte sie ihm von dem Angebot und dem Gespräch mit ihrem Klassenkameraden, nannte aber keinen Namen.
Cooper lachte laut auf. Sein Lachen hatte einen gehässigen Unterton, den er nicht verbergen konnte. Doch als der Name Raphaela fiel, wurde er aufmerksam. Auch er wusste nichts davon, dass sie wieder da war.
„Wer ist der Typ?“ Sein Blick verfinsterte sich.
„Coop ... Er ist egal. Es geht mir einfach darum, das zu verstehen.“
„Offensichtlich hat er es geschafft, dich zu verwirren.“ Cooper wollte sich von seinem Ärger nicht abbringen lassen. Was für eine Unverschämtheit!
„Ich hab ihm gesagt, dass ich in einer festen Beziehung bin.“
Anständig war das nicht! Nach diesem Hinweis hätte er einfach die Klappe halten sollen. Offensichtlich versuchte er jedoch tatsächlich, sie zu überreden! Darum würde er sich kümmern müssen.
„Ehrlich gesagt, hat mich das schon nachdenklich gemacht. Gibt es auch bei uns eine Trennung zwischen Liebe und Sex?“
Cooper richtete sich entrüstet auf.
„Na, der kann was erleben, der hat es ja tatsächlich geschafft, dich komplett zu verwirren!“ Er ging um den Küchentresen herum, nahm Flocke in den Arm und sah sie ernst an.
„Ein für alle Mal. Du weißt, was ich früher getrieben habe und da dachte ich ganz genauso, aber du hast alles auf den Kopf gestellt. Die Änderung war Liebe! Bei uns gibt es da keine Trennung. Du erregst mich ständig! Aber das ist deswegen, weil ich dich so sehr liebe. Hast du das verstanden? Schließ die Augen“, forderte er sie auf. „Wenn ich dich so im Arm halte, was fühlst du?“
Flocke lächelte. „Ich fühle mich gehalten, behütet und geliebt.“
Er strich ihr unter dem Shirt sanft den Bauch entlang und zog leicht an ihrer Jeans.
„Und jetzt?“, fragte er lustvoll.
Flocke lachte aufgeregt.
„Sag es ...“, flüsterte er ihr zu.
Sie seufzte.
Er öffnete ihre Hosenknöpfe und glitt langsam in ihre Unterhose.
„Ich bin ... erregt ...“
„Und fühlst du dich jetzt weniger behütet und geliebt?“ Es fiel Cooper verdammt schwer, diese Fragerunde noch weiterzuführen und nicht sofort über sie herzufallen.
Flocke schüttelte mit dem Kopf.
Er riss ihr die Jeans samt Unterhose vom Leib und trug sie ein paar Meter weiter auf den Küchentisch, legte sie schwer atmend darauf, lehnte sich über sie, öffnete seine Hose und zeigte ihr, wie sich Sex mit Liebe anfühlte. Zunächst sanft, dann konnte er seine Leidenschaft nicht mehr bremsen.
Nachdenklich zog er die Augen zusammen, während sie auf dem Sofa noch kuschelten. Das, was er über diesen Typ hören musste, gefiel ihm ganz und gar nicht. Zum Glück war sie so offen gewesen und erzählte es ihm. Er war sich sicher, früher hätte sie sich wochenlang Gedanken gemacht und ihn argwöhnisch betrachtet. Bei dem vielen Sex, den sie miteinander hatten, wäre sie ganz sicherlich auf blöde Ideen gekommen. Inzwischen konnte das gelöst werden, so offen und heiß. Es erregte ihn immer noch, wenn er an die Situation von vorhin dachte. Und es war sein Ernst gewesen, mit ihr war alles anders. Da gab es definitiv keine Trennung. Es klang so kitschig, aber sie hatten keinen Sex, sie machten Liebe. Das war auch der Grund, warum ihn niemals jemand anderes interessierte. Nach wie vor sprangen immer wieder wirklich hübsche Mädels um ihn rum, wenn sie unterwegs waren. Das Anflirten und Buhlen um seine Aufmerksamkeit hatte trotz seiner Beziehung nie aufgehört, daran war er schon gewöhnt. Aber Augen hatte er nur für Flocke. Er konnte das nicht nachvollziehen, wie manche seiner Kumpels davon sprachen, dass man sich ja bei anderen Appetit holen könnte. Das fand er völlig abwegig. Noch mehr Appetit? Flocke war immer schon viel zu schön und keine konnte ihr das Wasser reichen. Doch in erster Linie war es sein Herz, das ihn ständig zu ihr zog. Das alles war für ihn der Beweis, dass es echte Liebe war. Er lächelte vor sich hin. Ganz abgesehen davon, musste man sich Flocke nur einmal betrachten. Wie sie sich bewegte! Ihre langen Beine und dieser wunderschöne Körper! Ihr Gesicht war so facettenreich und faszinierend, alles an ihr riss ihn in einen unwiderstehlichen Bann!
Aber was sollte er jetzt mit ihrem Klassenkameraden machen? Der Typ schien ihm gefährlich, hatte er ihr doch fast Zweifel eingeredet, sie unsicher gemacht. Das durfte er nicht zulassen.
Eine Woche später, eine nervöse Woche für Cooper, entschied er, dass er sie spontan vom Unterricht abholen, sie überraschen wollte. Und ihn. Flocke lief ihm freudig entgegen, als sie aus dem Gebäude kam. Sie küssten sich, er hielt sie im Arm und sah sich währenddessen aufmerksam um. Er hatte ja keine Ahnung, wie der Kerl aussah, der versuchte, seine Flocke zu verführen. Da trat jemand aus dem Gebäude, der mit seinem Blick den Vorplatz absuchte und erstarrte, als er Cooper mit Flocke entdeckte. Er war fast so groß wie Cooper und sah gut aus, das musste er ihm lassen. Cool und von sich überzeugt. Cooper beobachtete die Blicke der Mädels, die dem Typ hinterher sahen. Wäre er jemand, der sich mit Raphaela einließ? Definitiv. Da war sich Cooper sicher. Er löste sich von Flocke, nickte ihr beruhigend, aber entschlossen zu und ging auf den erstaunten Typ zu.
„Sag mal ...“ Cooper sah ihn abfällig an. „Hab ich das richtig verstanden, dass du mit meiner Flocke Sex haben willst?“ Cooper zog bedrohlich die Augenbrauen hoch und legte den Kopf auf die Seite.
Jakob zuckte zusammen. Er sah Flocke an, dann wieder Cooper und schüttelte mit dem Kopf.
„Dachte ich mir doch ...“ Damit war es für Cooper erledigt. Er drehte sich um und legte Flocke den Arm um die Schultern, wandte noch mal seinen Blick und sah ihn mit zusammengezogenen Augen warnend an. Das tat Cooper gut, er grinste in sich hinein. Er hoffte sehr, dass sich die Sache nun erledigt hatte. Zu schmerzlich erinnerte er sich, dass es zu viele Typen gab, die sich mit Gewalt holten, was ihnen verwehrt wurde. Und dass dieser Kerl trotzdem versucht hatte, Flocke zu überreden, obwohl er wusste, dass sie in einer festen Beziehung war, schien für ihn ein Alarmzeichen. Auch wenn er jetzt klein beigegeben hatte, diese Haltung, dass Sex eben nur Sex war und er fast täglich in Flockes Nähe sein würde, machte Cooper Sorgen.
Rattenschwänze
Rik schob Cooper ein Bier rüber und betrachtete ihn skeptisch. Was war denn nun schon wieder mit ihm los? Müsste er nicht im siebten Himmel schweben, endlich mit Flocke in der eigenen Wohnung? Das Grübeln konnte er offensichtlich nicht so ganz sein lassen. Rik sah sich im Juze um. Peer hatte die Zerstörung der Skins dazu genutzt, komplett zu renovieren. Es wirkte jetzt viel moderner und aufgeräumter. Ob Rik das gut fand, wusste er noch nicht. Der alte, etwas versiffte Style gefiel ihm besser. Aber Hauptsache, sie hatten wieder eine Location, in der sie sich treffen konnten. Er lehnte sich an die Bar und ließ seinen Blick schweifen. Da hinten stand Flocke und unterhielt sich mit Luisa. Die beiden lachten viel und hatten ganz offensichtlich Spaß. Er lächelte. Er hatte Flocke nun seit einigen Wochen nicht mehr gesehen. Brachte es einfach nicht über sich, beim Umzug zu helfen und sich vorzustellen, was die beiden in ihrer neuen Wohnung da alles trieben. Das mit ihr konnte er immer noch nicht vollständig loslassen, vor allem nach diesem emotionalen und doch etwas gefährlichen Moment am Strand. Auch seine Begegnung mit Stef, der Freundin von Luisa, hatte nichts daran geändert. Es war amüsant, sich auf der Party mit ihr zu unterhalten, das war es dann aber. Ein bisschen schien es ihm, als ob sie gerne mehr gehabt hätte, doch irgendwann war er aufgestanden und hatte sich verabschiedet. Er wunderte sich in dem Moment über sich selbst, aber wo hätte das hinführen sollen? Etwas mit einem faszinierenden Mädel anfangen, um sich von Flocke abzulenken? Das war definitiv nicht in Ordnung. Stef gegenüber. Doch sie würde ja auf die Insel zurückkehren. Irgendwie reizte sie ihn ja schon.
Aber jetzt musste er sich um Cooper kümmern, der immer noch keinen Ton rausbrachte.
„Sag mal kennst du einen Jakob?“ Cooper lehnte sich an die Bar und nahm einen Schluck von seinem Bier.
Rik verzog nachdenklich das Gesicht. „Nein. Wer soll das sein?“
„Ein Klassenkamerad von Flocke. Er hat ihr ganz unverblümt Sex angeboten.“
Rik lachte laut auf. Er konnte sich Flockes Reaktion darauf vorstellen.
Cooper sah ihn entrüstet an. „Das ist nicht lustig.“
„Ah! Warte mal! Meinst du vielleicht Jay?“ Rik sah ihn mit aufgerissenen Augen an.
„Ich weiß nur, dass er Jakob heißt. Nachdem ich mich um die Sache gekümmert habe, hat Flocke mir endlich seinen Namen gestanden.“
„Also, wenn das Jay ist ...“, Rik überlegte kurz. „Dann solltest du das Ganze wirklich im Auge behalten.“
„Warum? Was weißt du?“
„Ich hab bis jetzt nur einiges gehört. Offenbar ist er bei den Frauen beliebt und tobt sich auf der Insel aus, seitdem er hier wohnt. Er ist, wie mir berichtet wurde, vor allem auf die Frauen fixiert, die nicht einfach zu haben sind.“ Ihm war noch wesentlich mehr zu Ohren gekommen, es wollte ihm aber im Moment nicht einfallen.
„Anscheinend hat er was mit Raphaela. Aber die ist ja nun wirklich nicht schwer zu haben ...“ Cooper lachte laut auf.
Rik nickte. Dass Raphaela wieder da war, hatte er auch schon gehört. So wie ihm berichtet wurde, gab sie das Kind zur Adoption frei.
Cooper brummelte genervt.
„Alter ...“, ermahnte Rik ihn. „Du traust Flocke wohl gar nichts zu, oder? Das schafft sie schon! Schau sie dir doch mal an! Ständig wird sie angegraben, siehst du das nicht mehr?“
Cooper sah erstaunt auf.
„Beobachte sie mal, wie sie damit umgeht ...“ Rik kringelte sich vor Lachen. Flocke und ihr Todesblick! Das amüsierte ihn ständig, den hatte er ja auch schon abbekommen. Wie oft musste sie gar nicht viel sagen, ihr Blick sprach Bände und dann diese hochgezogene Augenbraue, die kannte er nur zu gut.
„Ich würde Jay einfach im Auge behalten. Ich hab nicht gehört, dass er übergriffig wird, aber er ist wohl gut darin, Zweifel und Unsicherheit zu streuen.“
„Du meinst, wie du es damals bei Flocke versucht hast?“ Cooper grinste ihn von der Seite an. „Als du ihr sagtest, ich würde doch weiterhin mit anderen rumvögeln?“
Rik nickte. Ja, das wusste er noch genau. Das war reine Absicht gewesen. Er wurde nicht gerne an sein altes Ich erinnert und sah betrübt vor sich hin. Was hatte er ihr alles angetan!
Rik stieß Cooper mit dem Ellenbogen an.
„Meinst du den?“ Er wies Richtung Eingang. Dort stand Jakob und suchte mit seinem Blick den Raum ab.
Cooper nickte erstaunt.
„Ja, das ist Jay.“
Er entdeckte Flocke und ging schnurstracks auf sie zu. Cooper richtete sich auf. „Der traut sich ja mal was!“, murmelte er. Auch Rik beobachtete die Situation aufmerksam. Jay sprach mit ernster Miene einige Worte mit Flocke. Da war sie! Die Augenbraue!