Prickelnder Zauber Istanbuls - Helen Brooks - E-Book

Prickelnder Zauber Istanbuls E-Book

Helen Brooks

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Beschreibung

Als die blondgelockte Engländerin Louisa von ihrer Firma nach Istanbul versetzt wird, ahnt sie nicht, welche Abenteuer auf sie warten. Schon beim ersten Sightseeing trifft sie ihren Traummann: Melik Haman. Obwohl auch er sich in sie verliebt, scheint es kein Happy End zu geben. Denn ganze Welten trennen sie …

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Seitenzahl: 197

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IMPRESSUM

Prickelnder Zauber Istanbuls erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© by Helen Brooks Originaltitel: „The Sultan’s Favourite“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1014 - 1994 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Umschlagsmotive: GettyImages_monkeybusinessimages, Muhur

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733757694

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Kann ich Ihnen behilflich sein?“

Beim Klang der tiefen Stimme wirbelte Louisa überrascht herum, den Arm voller prächtiger Seidenstoffe. Wollte sie etwa schon wieder jemand anmachen? Seit zwei Wochen war sie jetzt in Istanbul, aber die Beharrlichkeit gewisser Männer hier erstaunte sie immer wieder.

„Wie bitte?“, erkundigte sie sich kühl. Noch ehe sie die Worte ganz ausgesprochen hatte, erkannte sie ihren Irrtum. Eine feine Röte überzog ihre Wangen. Dieser Mann gehörte nicht zu den überheblichen Typen, die glaubten, eine junge Frau ohne Begleitung suche nach einem Abenteuer, das sie nur zu gern bieten wollten. Er war groß und elegant gekleidet, sein hellgrauer Anzug und das Seidenhemd signalisierten Wohlhabenheit.

Als Louisa seinem Blick begegnete, fuhr sie wie elektrisiert zusammen.

„Sie scheinen Schwierigkeiten zu haben.“

Louisa hatte es einen Moment die Sprache verschlagen. Der Fremde sah umwerfend gut aus und hatte eine beunruhigende, erotische Ausstrahlung. Seine Haltung verriet, dass er sich seiner Vitalität und der Fähigkeit, Befehle zu erteilen, sehr wohl bewusst war, aber es waren seine Augen, die Louisa fesselten. Goldbraune Augen, so faszinierend wie die einer Raubkatze. Ob er genauso gefährlich war?

Der Fremde lächelte ironisch, und mit einem Mal wurde Louisa sich bewusst, dass sie ihn anstarrte und immer noch keine vernünftige Antwort gegeben hatte.

„Schon gut. Danke. Ich brauche keine Hilfe.“ Verwirrt senkte sie den Blick und wandte sich wieder an den kleinen, drahtigen Ladenbesitzer, mit dem sie über den herrlichen pfirsichfarbenen Seidenschal verhandelt hatte.

„Wirklich nicht?“ Es klang ungläubig. Der Fremde sprach den kleinen, sie beide scharf beobachtenden Händler auf türkisch an, und Louisa sah, wie über dessen scharfgeschnittenes Gesicht ein Lächeln huschte.

„Evet, effendi, evet.“ Er nickte eifrig. „Mersi, mersi.“

„Der Schal gehört Ihnen“, erklärte der Fremde.

„Wie bitte?“ Benommen sah Louisa zu, wie eine ungewöhnlich hohe Summe türkischer Lira den Besitzer wechselte. Als sie endlich begriff, was vor sich ging, hob sie den Kopf. Ihre braunen Augen funkelten zornig. „Einen Moment, bitte! Ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann und …“

„Es ist ein Geschenk. Ein bescheidener Ausdruck meiner Bewunderung für Ihre Schönheit.“ Ein unmöglicher Satz, doch hier, in der exotischen Atmosphäre des berühmten Gedeckten Basars Istanbuls, passte er. „Als einzige Gegenleistung bitte ich Sie, mir Ihren Namen zu sagen.“

Der Fremde sprach mit einem leichten Akzent, die tiefe Stimme klang rau, und Louisa spürte, wie ihr ein Schauer den Rücken hinunterlief. Wie alt mag er sein? überlegte sie. Den weißen Strähnen an den Schläfen und tiefen Lachfältchen um die Augen nach zu schließen, musste er Ende Dreißig sein.

„Hören Sie, das ist lächerlich, Mr. …?“ Sie riss sich zusammen. „Ich nehme kein Geschenk von einem Fremden an, und ich bezweifle, dass ich mir den Schal leisten kann. Machen Sie den Kauf rückgängig, und fordern Sie Ihr Geld zurück.“

Der Fremde lachte. „Mein Name ist Melik, mein bezaubernder Hitzkopf. Nein, ich werde den Kauf nicht rückgängig machen. Das wäre außerordentlich unhöflich und kommt nicht infrage. Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie diesem Ladenbesitzer einen unverdienten Gewinn zukommen lassen? Oder machen Sie mir das Vergnügen, Ihnen etwas schenken zu dürfen? Ich versichere Ihnen, ich hege keine unlauteren Absichten. Sie sind sehr schön. Ich kenne im Moment niemanden, der besser geeignet wäre, so herrliche Seide zu tragen.“

Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht. „Ich würde mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie den Schal annehmen würden.“

Hilflos blickte Louisa die Straße entlang, in der ein Laden neben dem anderen lag. Läden, in denen herrliche Schals, elegante Seidenkleider und hübsche Blusen angeboten wurden. Vor den Auslagen saßen die Händler, jederzeit bereit, sich auf einen möglichen Kunden zu stürzen.

Der Basar war beeindruckend. Über viertausend Geschäfte in allen Größen, von kleinen einräumigen bis zu großen, eindrucksvollen, verglasten Läden in den reicheren Sektionen, wo Juweliere ihre funkelnden Schätze anboten. Jede Sektion beherbergte ein eigenes Gewerbe. Louisa war ohne feste Kaufabsicht durch den Basar geschlendert, bis sie auf einmal den zarten, exotisch gemusterten Seidenschal in einem kleinen Geschäft entdeckt hatte.

Jetzt wünschte sie, sie wäre überhaupt nicht hierher gekommen und in ihrem Apartment geblieben.

„Ist der Gedanke so furchtbar?“ Der Fremde lachte kurz, wurde jedoch gleich darauf wieder ernst. „Könnten Sie das Geschenk nicht als eine nette kleine Überraschung betrachten?“

„Aber …“ Was sollte sie tun? Er hatte den Schal gekauft, und der Händler hatte das Geld sofort eingesteckt. Die Sache war entschieden, trotzdem konnte Louisa es nicht so einfach hinnehmen.

„Kommen Sie“, forderte Melik sie auf, nahm die Tüte, die der Händler hinhielt, in die eine Hand, mit der anderen fasste er Louisa am Arm, um mit ihr die Straße entlangzugehen.

Louisa riss sich los. „Ich gehe nirgendwo mit Ihnen hin.“ In ihrem Gesicht spiegelte sich Angst, doch sie zwang sich, ruhig zu sprechen. „Nehmen Sie Ihren Schal und verschwinden Sie. Sonst rufe ich um Hilfe …“

„Ich glaube, der Schal würde mir nicht so gut stehen wie Ihnen.“ Seine Stimme bebte vor unterdrücktem Lachen. Als Louisa ihn finster anblickte, gab er sich sichtlich Mühe, ernst zu bleiben.

„Ich bitte um Entschuldigung, meine kleine Tigerin. Aber ich versichere Ihnen, dass ich über mich selbst überrascht bin. Normalerweise mache ich fremden Damen keine Geschenke. Ich hatte Sie eine Weile beobachtet und wollte Sie kennenlernen.“

Seine Offenheit und sein entwaffnendes Lächeln, das seine harten Gesichtszüge weicher erscheinen ließ, fand Louisa unglaublich anziehend.

„Ich würde Sie gern zu einem Kaffee einladen. Dabei könnten wir uns ein bisschen unterhalten. Doch das müssen Sie entscheiden. Wenn Sie es jetzt noch wollen, verschwinde ich.“

„Nun …“ Louisas Blick fiel auf den erstklassig geschnittenen Anzug und die weichen Lederschuhe. Offensichtlich war der Fremde ein reicher Geschäftsmann, der sich zwischen seinen Terminen ein bisschen die Zeit vertrieb. Ein Kaffee konnte nicht schaden, und danach würde sie sich schnell verabschieden. Den Schal würde er jedoch behalten müssen, darauf würde sie bestehen.

Louisa bezweifelte nicht einen Augenblick, dass er genug Freundinnen hatte, denen er das Tuch schenken konnte.

„Also gut, auf einen Kaffee, aber den Schal kann ich wirklich nicht annehmen, auch wenn es sehr nett von Ihnen ist, ihn mir schenken zu wollen.“

„Nett?“ Er blickte sie an. „Ich bin kein netter Mann, Miss …?“

„Collins. Louisa Collins“, sagte sie rasch.

„Louisa …“ Er ließ das Wort auf der Zunge zergehen. „Der Name gefällt mir. Er passt zu Ihnen.“

„Danke.“ Sie fühlte sich wie ein verwirrtes Schulmädchen. Dabei war sie eine erwachsene Frau von achtundzwanzig, die ihr Leben fest im Griff hatte. „Es ist verrückt“, meinte sie kopfschüttelnd, als sie weitergingen.

„Ja, das ist es“, stimmte er ihr amüsiert zu, und erst jetzt merkte Louisa, dass sie die Worte laut ausgesprochen hatte. „Aber manchmal darf man doch auch etwas Verrücktes tun, oder?“

Forschend schaute sie ihn an, und da entdeckte sie in seinen goldbraunen Augen etwas, was ihr Herz heftig pochen ließ. Es war ein Ausdruck von Gier, die überhaupt nicht zu seiner einschmeichelnden Rede und dem spöttischen Lächeln passte, als ob eine Maske verrutscht wäre und etwas Animalisches, Grausames entblößt hätte.

Was mache ich hier? durchfuhr es Louisa. Eigentlich dürfte sie keinen Kaffee mit diesem Mann trinken. Er war gefährlich. Und er wollte sie. Das spürte sie deutlich. Ihr Gefühl sagte ihr auch, dass es diesem Mann nicht gefiel, wenn jemand seine Pläne durchkreuzte.

Ihm entging ihre Nervosität nicht. „Überlegen Sie es sich nicht anders, Miss Collins. Ich bin immer davon ausgegangen, dass sich ein Engländer an sein Wort gebunden fühlt, und das gilt bestimmt auch für die Frauen. Lassen Sie uns also einen netten Spaziergang zu einem kleinen Cafe machen. Sind Sie schon mal im ‚Ic Bedesten‘ gewesen?“

„,Ic Bedesten‘? Tut mir leid, ich weiß nicht …“

„Der alte Basar.“ Seine Miene war jetzt völlig ausdruckslos. Louisa atmete rascher. Du lieber Himmel, er hat mich doch nur zu einem Kaffee eingeladen! versuchte sie, sich zu beruhigen. Offensichtlich ist er furchtbar reich, und attraktiv ist er auch. Die Frauen laufen ihm bestimmt in Scharen nach. Und ich bilde mir ein, er sei an mir interessiert. Hör auf, dir etwas vorzumachen, schalt sie sich, und genieße den Augenblick. Schließlich hat es in letzter Zeit nicht viele erfreuliche Momente in deinem Leben gegeben. Bei diesem Gedanken glitt ein Schatten über ihr Gesicht. „Louisa?“ Ihr Begleiter blickte sie fragend an. „Was ist los?“

„Nichts. Gar nichts.“ Sie lächelte gezwungen. „Nein, ich war noch nie im alten Basar. Ist er denn anders als dieser?“

„Der alte Basar liegt im Zentrum von diesem Labyrinth. Dort gibt es Sachen aus vergangenen Jahrhunderten – rostige Schwerter, alte Kamelglocken, antike Kacheln mit Texten in arabischer Schönschrift und viele Tausend andere geheimnisvolle Dinge, die im Laufe der Zeit ausgegraben worden sind. Manchmal findet man auch einen Schatz und macht ein Vermögen damit. Eines Tages werde ich mit Ihnen dorthin gehen. Es ist der echte Basar. Er wird Ihnen einen Eindruck von der Vergangenheit vermitteln.“

Eines Tages? Nein. Nur über meine Leiche, dachte Louisa entschlossen. Dieses Treffen würde einmalig bleiben. Dieser Mann war viel zu … beunruhigend. Sie würden zusammen Kaffee trinken, sich unterhalten, und dann würden sich ihre Wege wieder trennen.

Trotz des Daches, das einen Schutz vor den heißen Strahlen der Septembersonne bot, war es in den siebenundsechzig Straßen des Basars warm und feucht. In den überfüllten farbenprächtigen Gassen mit den exotischen Gerüchen kauften neben reichen amerikanischen Touristen die Bewohner von Istanbul ihren täglichen Bedarf ein.

Als sie das kleine Café erreichten, das etwas abseits von der Straße lag, schmerzten Louisa die Füße. Dankbar ließ sie sich auf dem gepolsterten Stuhl nieder, den Melik ihr zurechtrückte, und strich sich eine blonde Haarsträhne zurück, die sich aus dem lockeren Nackenknoten gelöst hatte.

„Warum verstecken Sie so viel Schönheit?“, fragte Melik verwundert. „Sie haben so wundervolles Haar.“

„Ich mag es lieber festgesteckt“, entgegnete sie. „Es ist zu kraus und viel zu üppig.“

„Sie sind eine seltsame Frau, Louisa“, bemerkte er nach einer Weile. „Fast könnte man glauben, Sie hätten Angst vor dem Leben, wäre das nicht absurd bei einer Frau, die so schön ist wie Sie.“

„Angst?“ Louisa musterte ihn verärgert. „Ja, es stimmt, das ist absurd.“

„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls sehen Sie nicht aus wie eine Frau, die in letzter Zeit geküsst worden ist. Habe ich recht?“ Die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine leicht gespreizt, blickte er sie forschend an. Seine ganze Haltung drückte männliche Überlegenheit aus.

Wut stieg in Louisa auf. Was fiel ihm ein? Wie konnte er es wagen, solche Behauptungen aufzustellen? Ein Wildfremder wollte sie aushorchen!

„Ich finde, das geht Sie überhaupt nichts an“, erklärte sie kühl.

„Im Gegenteil“, versetzte er ungerührt und betrachtete amüsiert ihr wütendes Gesicht. „Es macht mich fassungslos zu glauben, dass eine so schöne Frau wie Sie nicht die Nächte in den Armen eines Liebhabers verbringt. Ich hasse Verschwendung jeder Art …“

„Oh, Sie … Sie …“ Louisa suchte immer noch nach Worten, als Melik sich plötzlich vorbeugte und sacht mit der Fingerspitze über ihre glühende Wange strich. Einen Moment betrachtete er ihre halb geöffneten Lippen, ehe er sie unendlich sanft mit seinen berührte.

Erschrocken zuckte Louisa zurück, als hätte sie sich verbrannt. Sie war entsetzt, dass der flüchtige Kuss eine Flut von Empfindungen in ihr auslöste, die sie noch nie zuvor gefühlt hatte.

Melik richtete sich auf. „Leider muss ich jetzt telefonieren. Ich bin schon viel zu spät dran. Ich bin gleich wieder da.“ Lässig deutete er auf ein halb verdecktes Telefonhäuschen hinten im Café. „Ich werde Ihnen Kaffee und Kuchen bringen lassen. Wenn ich zurück bin, setzen wir unser interessantes Gespräch fort. Ja?“

„Ich fand das Gespräch nicht interessant“, verbesserte sie ihn kühl. „Und ich will nicht, dass Sie mir weitere persönliche Fragen stellen, Mr. Melik.“

„Melik ist mein Vorname“, sagte er sanft und blickte sie dabei so durchdringend an, als wollte er ihre Seele ergründen. „Warum fühlen Sie sich so bedroht, Louisa? Ich werde Ihnen nicht wehtun.“

Er ließ den Blick über ihr goldblondes Haar wandern, das sie im Nacken zusammengesteckt hatte. „Sie sind eine sehr schöne Frau. Das müssen Ihnen schon viele Männer gesagt haben. Sie haben Stil und eine Sicherheit, wie nur Reife sie mit sich bringt. Können wir uns nicht wie zwei Partner unterhalten?“

Sie wandte den Blick von ihm ab, unfähig zu antworten. Melik nahm an, sie sei eine Frau von Welt – kühl, selbstbewusst und jeder Situation gewachsen. Diesen Eindruck wollte Louisa auch gern vermitteln. Damit schützte sie sich in einer von Männern beherrschten Welt. Dass es in Wirklichkeit ganz anders in ihr aussah, konnte sie ihm nicht sagen. Sollte er doch glauben, was er wollte. Sie würde ihn ohnehin nicht wieder sehen. Vielleicht war es besser, wenn er sie für eine kühle Karrierefrau hielt, die wusste, wo es langging.

„Wie zwei Partner?“ Louisa musste all ihre Willenskraft aufbieten, um ihm lächelnd in die Augen schauen zu können. „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Türke eine Frau auffordern würde, so anmaßend zu sein.“

„Sie haben zu viele Romane gelesen, Louisa“, tadelte er sie mit sanfter Stimme, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte. „Die Tage des Harems sind seit Langem vorbei. Doch selbst in jenen Zeiten lag in den zarten, üppig mit Ringen geschmückten Händen mehr Macht als in denen, die die Schwerter schwangen. Nur weil meine Landsleute die Schönheit von Frauen schon immer zu schätzen wussten, heißt das nicht, dass sie deren Intelligenz und Weisheit ignoriert haben.“

„Tatsächlich?“ Louisa betrachtete ihn ungläubig.

„Ja, tatsächlich. Türkische Männer behandeln ihre Frauen sehr respektvoll. Eine alleinreisende Dame ist in meinem Land sicherer als in vielen anderen Ländern, einschließlich Ihrem.“

„Wollen Sie damit sagen, dass Sie sich zuerst für den Verstand einer Frau interessieren?“

Ein ironisches Lächeln umspielte Meliks Lippen. „Dem zuzustimmen wäre eine Lüge, und zwar eine ganz besonders schlimme, wenn es um Sie geht. Was nicht heißt, dass ich Sie nicht für eine besonders kluge Frau halte.“

Ein Kellner erschien. Melik sprach schnell auf türkisch mit ihm, bevor er sich ihr wieder zuwandte. „Ich muss jetzt wirklich telefonieren. Würden Sie mich kurz entschuldigen? Es ist das erste Mal, dass ich … wie sagen Sie? Die Schule schwänze?“ Er lächelte. „Aber einer solchen Versuchung konnte ich nicht widerstehen.“

Louisa lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Obwohl ihr das Herz klopfte, schaute sie ruhig zu Melik auf. Er sah so gut aus, war so selbstsicher. Wie es wohl sein würde, von einem solchen Mann geliebt zu werden? Der Gedanke schockierte sie. Es war wie ein Verrat an Oliver. Hastig senkte sie den Blick.

„Das ist in Ordnung. Gehen Sie nur telefonieren.“

Als er sich entfernte, fuhr sie sich nervös durchs Haar. Am liebsten wäre sie davongelaufen. Er ist zu viel für mich, dachte sie verzweifelt. Zu männlich, zu erotisch. Genau das Gegenteil von Oliver. Melik schien einer anderen Zeit anzugehören, der Zeit der allmächtigen Sultane, die so schrecklich in ihrer Grausamkeit und so einmalig in der Kunst der Liebe waren.

Eine erregende Wärme durchströmte Louisa. Sie mochte Melik nicht, sie mochte ihn überhaupt nicht, noch weniger mochte sie die Schauer, die ihr in seiner Nähe den Rücken hinunterliefen. Hatte sie etwa Angst vor ihm? Bei dem Gedanken sprang sie auf und blickte wie gehetzt zum anderen Ende des Raumes hinüber.

Reiß dich zusammen, schalt sie sich. Sie durfte sich ihren Seelenfrieden, um den sie in den letzten Monaten so schwer gerungen hatte, nicht von diesem dominierenden Fremden mit seinen eindringlichen Fragen und durchdringenden Blicken wieder zerstören lassen.

Nein, das lasse ich nicht zu, redete sich Louisa ein, den Blick immer noch auf den Mann am anderen Ende des Raumes gerichtet. Melik sprach konzentriert in die Sprechmuschel, und wie ein gefangener Vogel, der die Tür zu seinem Käfig offen stehen sah, nutzte Louisa die Gelegenheit. Blitzschnell war sie draußen auf der Straße und rannte blindlings los.

Plötzlich stieß sie gegen kunstvoll geflochtene Körbe, die sich vor einem der Läden etliche Straßen weiter türmten.

Der Ladenbesitzer kam Louisa sofort zu Hilfe. Lächelnd verneigte er sich, wischte ihre Entschuldigungen mit einer Handbewegung beiseite und bot ihr die unvermeidliche Tasse Tee an, mit der die Händler mögliche Käufer in ihre Läden lockten.

„Bitte.“ Fast hätte Louisa sich an die Tunika, des Mannes geklammert. „Ich muss schnell aus dem Basar. In welche Richtung muss ich gehen?“

Wenn sie Melik jetzt wiedertraf, würde sie vor Scham in den Boden versinken. Was hatte sie bloß bewogen, sich so einfach davonzumachen?

„Efendim.“ Der kleine Mann verbeugte sich, den Blick besorgt auf ihr blasses Gesicht geheftet. „Sind Sie in Schwierigkeiten? Brauchen Sie Hilfe?“

„Ich muss nur von hier weg.“ Sie rang die Hände. „Wie komme ich am schnellsten hier heraus?“

Stunden schienen vergangen zu sein, als Louisa endlich aus dem Basar hinaustrat. Tatsächlich waren es nur einige Minuten gewesen. Doch erst als sie sicher im Taxi saß, konnte sie sich entspannen, und mit einem Seufzer der Erleichterung lehnte sie sich auf dem kunststoffbezogenen Sitz zurück.

Ich bin verrückt, dachte Louisa. Ich hätte bleiben sollen. Was ist, wenn ich Melik wieder in die Arme laufe? Was soll ich ihm dann sagen? Ein Gedanke jagte den anderen, bis die einzigartige Atmosphäre von Istanbul sie wieder gefangen nahm und beruhigte.

Vor dreitausend Jahren noch ein kleines Fischerdorf auf dem Festland zwischen dem Goldenen Horn und dem Marmarameer, war Istanbul jetzt eine faszinierende Stadt mit Moscheen, Palästen und Basaren. Das Labyrinth von Straßen und die zahlreichen alten und neuen Gebäude waren eine erregende Mischung, ein reiches, buntes Erbe aus jener Zeit, in der die Stadt Hauptstadt dreier Weltreiche gewesen war.

„Istanbul gefällt Ihnen, wie?“ Mit fast zahnlosem Mund strahlte der Taxifahrer, dem ihre Versunkenheit beim Anblick der Szenerie draußen nicht entgangen war, Louisa an. Wie alle Taxifahrer, die sie bisher kennengelernt hatte, schien er von dem dichten Verkehr auf den Straßen keine Notiz zu nehmen.

„Ja, sehr gut“, versicherte Louisa schnell und sank erleichtert in die Polster zurück, als der Mann sich wieder nach vom drehte.

Vor zwei Wochen, als sie hier angekommen war, unglücklich und voller Beklommenheit, hatte Louisa die lebhafte Hafenstadt mit ihren Kontrasten geradezu überwältigt. Byzantinische Pracht und osmanischer Reichtum mischten sich mit schäbigen Häusern und Hinterhofgassen, Schiffssirenen konkurrierten nicht selten mit den monotonen Stimmen der Muezzine, die die Gläubigen zum Gebet riefen.

Jetzt liebte Louisa das alles. Es hatte in ihrem Inneren etwas berührt und ein tieferes Verständnis für Geschichte in ihr geweckt. Die Türken sind vielleicht das freundlichste Volk auf der Welt, überlegte Louisa. Es stimmt, was Melik gesagt hat …

Bei dem Gedanken an ihn richtete sie sich unvermittelt auf. Nun, das kleine Zwischenspiel war vorbei, und sie sollte es besser vergessen. Rückblickend musste sie zugeben, dass sie sich nicht sehr geschickt verhalten hatte. Aber das war seine Schuld gewesen. Sie hatte kein Tête-à-Tête gewollt, schon gar nicht mit diesem attraktiven Türken, der ja seinen Spaß gehabt hatte.

Als das Taxi sich dem Wohnblock näherte, in dem ihr Apartment lag, entspannte sich Louisa allmählich wieder. Ja, mehr als eine amüsante Episode war es nicht gewesen. Allerdings beschrieb das Wort „amüsant“ nicht ganz die Gefühle, die ihre Wangen immer noch glühen ließen. Aber das musste sie für sich behalten.

Louisa ignorierte den wohlgefälligen Blick des Taxifahrers, mit dem er ihre zarte helle Haut, die geröteten Wangen und leuchtenden Augen betrachtete. Nein, sie konnte niemand von dem Erlebnis erzählen. Außerdem würde sie Melik sowieso nicht wieder sehen. Besser sie vergaß die ganze Geschichte und verbannte ihn aus ihrem Bewusstsein.

2. KAPITEL

„Wow! Wer ist denn das? Der Mann ist einfach umwerfend!“

Louisa folgte Sandras Blick durch das Büro, und sie riss entsetzt die Augen auf. Nein, das konnte nicht sein! Sie musste sich irren. Sie schloss fest die Augen und atmete tief durch, um ihr heftig klopfendes Herz zu beruhigen. Nein, das war nicht Melik. Der Mann sah nur so aus wie er. Sie bildete sich nur ein, ihn vor sich zu sehen, weil sie eine Woche lang jede Nacht von ihm geträumt hatte.

Vorsichtig öffnete Louisa die Augen wieder. Doch der Mann, der sich an der Tür mit ihrem Chef unterhielt, hatte sich etwas bewegt, sein Gesicht war jetzt von ihr abgewandt. Sie sah eine sonnengebräunte Wange, schwarzes glattes Haar, das im Schein der Deckenbeleuchtung schimmerte, und die breiten Schultern der großen Gestalt, neben der Mr. Ashton wie ein Zwerg wirkte.

„Dephni?“ Ohne den Mann an der Tür aus den Augen zu lassen, lehnte sich Sandra von ihrem Schreibtisch zurück, den sie mit Louisa teilte, und flüsterte dem türkischen Mädchen zu: „Wer ist der Mann neben Mr. Ashton?“

Dephni warf ihm einen raschen Blick zu, bevor sie wieder auf ihre Papiere schaute. „Später, Sandra.“

Sandra drehte sich wieder um und schnitt Louisa eine Grimasse, womit sie ihre Enttäuschung über Dephnis Zurückhaltung bekundete. „Nun, jedenfalls ist er ein Traummann“, sagte sie leise und seufzte sehnsuchtsvoll. Sie stützte die Ellbogen auf und betrachtete ihn ausgiebig.

„Sandra, du kommst wieder in Teufels Küche“, warnte Louisa mit einem bedeutungsvollen Blick auf Mrs. Jones, Mr. Ashtons resolute Sekretärin. Diese hatte kurz in das Großraumbüro geschaut und folgte nun den beiden Männern in Mr. Ashtons Büro. Verdammt, dachte Lousia. Jetzt habe ich die Gelegenheit verpasst, mir das Gesicht des Mannes genauer anzusehen. Aber es kann nicht Melik sein. Nicht hier. Nicht in diesem Büro.

„Wie kannst du bei einem solchen Anblick wenige Meter von dir entfernt bloß an Arbeit denken?“, wunderte sich Sandra und verdrehte die Augen. „Der Mann ist absolut hinreißend!“

„Weil wir deswegen von England hierher gekommen sind“, entgegnete Louisa trocken.

Im Stillen hoffte sie, dass man ihr ihre innere Unruhe nicht anmerkte. Reiß dich bloß zusammen, ermahnte sie sich verärgert. Womöglich ist er es nicht einmal.

„Ein Jahr in der Türkei, und wir werden hier gut bezahlt“, bemerkte Sandra. „Aber es gibt immer einen Haken, selbst im Paradies. In diesem Fall ist es Mrs. Jones. Sie kommt mir wie eine Sklaventreiberin vor und verdirbt uns jeden Spaß. Die Frau macht mich wahnsinnig. Immer nur Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit. Mrs. Jones ist ganz besessen davon.“

„Sandra!“ In ihrer augenblicklichen Gemütsverfassung konnte Louisa das Jammern ihrer Freundin einfach nicht ertragen.

„Du hast gut reden!“, sagte sie schmollend. „Dich lässt Mrs. Jones in Ruhe, weil sie weiß, dass du niemanden kennenlernen willst und zufrieden damit bist, als alte Jungfer zu sterben …“

Unvermittelt schwieg Sandra. „Oh, tut mir leid, Lou. So habe ich das wirklich nicht gemeint. Ich bin ein Miststück.“

„Ja, das bist du.“ Louisa lächelte, um zu verbergen, wie sehr die Worte sie verletzt hatten. „Aber diesmal schreibe ich es deiner Frustration zu.“

Sandra nickte dankbar, beugte sich über ihre Arbeit, und Louisa versuchte, sich auf ihre Akten zu konzentrieren. Ohne Erfolg. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab.