Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
"Projekt Morgenstern - Phase I" ist ein packender Thriller, der die Leser in eine besonders düstere Geschichte hineinzieht und Unvorstellbares ans Licht bringt. Im Mittelpunkt stehen entsetzliche Ereignisse in einem Kinderheim der ehemaligen DDR. Was dort geschah, wurde lange Zeit totgeschwiegen und vertuscht. Doch als Lea Winter dieses Haus erbt, werden plötzlich unvorstellbare Gräueltaten publik, die nichts für schwache Nerven sind.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Projekt Morgenstern
Phase 1
Manuela Schneider
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß §44b UrhG („Text und Data Mining“) zu gewinnen, ist untersagt.
Texte: © Copyright by Manuela SchneiderUmschlag:© KI-generiert by Manuela Schneider
Verlag:Neopubli GmbHKöpenicker Straße 154a10997 Berlin
Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Prolog
Die Nächte im alten Gutshaus waren immer still. Die Dunkelheit verschluckte jedes noch so kleine Geräusch. Schweres Holz und kalter Stein schienen wie ein tiefes, ewiges Schweigen zu atmen. Nur ein leises Schaben war in den alten Mauern zu hören, als ob das Haus selbst Geschichten flüsterte, die niemand vernahm. Doch in jener schicksalhaften Nacht im Jahr 1978, als der Vollmond auf das dunkle Gemäuer des Kinderheims schien, war alles anders. Silbernes Mondlicht drang durch die Fenster, warf unheimliche Schatten auf den Boden und schien die stillen Wände zum Leben zu erwecken.
Ein leises Schluchzen drang durch die Kälte, kaum hörbar und dennoch eindringlich. Es schien sich in den verwinkelten Gängen des riesigen Gebäudes zu verirren. Ein gequälter Laut inmitten der tiefen, unnatürlichen Stille. Kräftiger Wind pfiff durch die Ritzen, der in den alten Fluren wie eine unheimliche Melodie widerhallte. Das Schluchzen verstärkte sich ein wenig, wurde dann abermals schwächer, als ob der Ursprung des Klagens selbst zu erschöpft war, um weiter durch die Dunkelheit zu dringen.
Eine kleine Hand drückte sich zaghaft gegen ein verstaubtes Fenster. Nur als Schatten konnte man die zarten Finger erkennen. Das Glas schmutzig und kaum lichtdurchlässig. Der Dämmerschein des Mondes zeichnete geisterhafte Muster an die Wand, während zitternde Atemzüge das Fenster beschlagen ließen. Das Schluchzen erstarb plötzlich, als wäre der Wille des Schluchzenden gebrochen oder durch etwas abrupt zum Schweigen gebracht. Die Nacht wurde wieder still, das stumme Gebäude legte seine dunklen Geheimnisse zurück, tief unter einen dicken Mantel des Schweigens.
1
Lea Winter stand am Fenster ihres Berliner Apartments und starrte auf die grauen, regenschwangeren Wolken, die über die Stadt zogen. Die Nachricht, die sie vor wenigen Tagen erhalten hatte, war immer noch unwirklich, fast surreal. Das alte Gutshaus in der Nähe von Chemnitz, an das sie nur verschwommene Erinnerungen hatte, war plötzlich in ihren Besitz übergegangen. Ihre Großtante, von der niemand aus ihrer Familie viel sprach, war verstorben und hatte ihr das Anwesen vererbt. Ein Hauch von Nervosität mischte sich mit der Neugier, die zu ihr gehörte, wie das dichte blonde Haar. Ihre Eltern waren mit ihr nach Berlin gezogen, als Lea gerade einmal sechs Monate alt war. Nur gelegentlich gab es Wochenendausflüge nach Sachsen, wo auch immer ein Kurzbesuch bei ihrer Großtante väterlicherseits auf der Tagesordnung stand. Lea konnte sich nur vage an Tante Else erinnern. Schemenhaft sah sie eine kleine, vollbusige Frau mit grauen Haaren vor sich, die immer adrett in einer Wasserwelle um ihren Kopf rankten. Doch nachdem ihre Oma Hannel verstorben war, fuhren die Eltern mit Lea nicht mehr nach Sachsen. Andere familiäre Bande dahin gab es nicht mehr und ganz offensichtlich hatten ihre Mutter und ihr Vater all die Jahre keinen Kontakt mehr zu Tante Else. Lea gestand sich ein, dass die wenigen Erinnerungen an die Familienbesuche in Sachsen nahezu verschwunden waren. Weder das Gutshaus noch die Umgebung sagten ihr etwas.
Mein Gott, dachte Lea, was mache ich mit einem solch alten Kasten, der vermutlich Unsummen an Restaurierungskosten verschlingen würde? Mit ihren vierunddreißig Jahren hatte sie bisher schon einige alte, denkmalgeschützte Häuser gesehen und deren Innenausstattung übernommen. Doch sie wusste auch, dass gerade diese alten Gebäude nichts für schmale Geldbeutel waren. Abgesehen davon, hatte sie im Moment keine sonderlich großen Ambitionen, nach der Sanierung des Gutshauses dort einzuziehen. Schau es dir doch erst einmal an, hatte ihre Mutter geraten. Und ihr Vater hatte hinzugesetzt, dass man es ja auch verkaufen könnte. Nun gut, dachte sich Lea, ich werde es mir morgen anschauen und dann entscheiden, was ich damit anfangen werde.
Als sie in der frühen Morgendämmerung in ihrem kleinen, weißen Wagen saß, war der Himmel noch von einem dichten Nebel verdeckt. Die Reise führte sie durch die dichten Wälder Sachsens. Die Landschaft sah aus wie eine Kulisse aus einem alten Märchen, und das gelegentliche Aufblitzen von Lichtstrahlen auf den nassen Straßen schien eine andere Welt zu erleuchten. Endlich, nach einer stundenlangen Fahrt, tauchte das Gutshaus vor ihr auf. Ein imposantes Gebäude, das über das Land zu wachen schien, als wäre es der Wächter einer längst vergangenen Zeit.
Der Weg zum Gutshaus führte durch einen kleinen, verschlafenen Ort. Von dessen Hauptstraße aus führte eine Zufahrt erst aus dem Ort wieder hinaus und dann zum Haus. Die Zufahrt war nur so weit befestigt, wie sie sich noch im Ort befand. Dann aber ging sie in eine von alten Kastanienbäumen gesäumte Schotterpiste über, die schließlich in einer Art Rondell vor den großen, breiten Stufen endete. Lea hielt den Wagen an und stieg aus. Vor ihr erhob sich das alte Gebäude, das an diesem nebligen Herbsttag eine unheimliche Präsenz ausstrahlte. Das Haus war ein massives Bauwerk, das schon bessere Tage gesehen hatte. Es wirkte fast majestätisch, als wäre es einst ein stolzer Zeuge vergangener Epochen gewesen, doch jetzt war es von der Zeit gezeichnet. Die Mauern, einst vermutlich weiß gestrichen, waren nun von einem grauen Schleier überzogen, der den Verfall offenbarte. Risse zogen sich wie Spinnweben über die Oberfläche, und an einigen Stellen blätterte der Putz in großen, schroffen Stücken ab, als hätte das Haus versucht, eine längst vergangene Erinnerung abzulegen. Der Dachstuhl, mit dunklen Schieferplatten eingedeckt, schien mit den düsteren Wolken zu verschmelzen, die sich am Himmel zusammenzogen. Vereinzelt sah man noch die rostigen Überreste von Dachrinnen, die von Moos und Unkraut überwuchert waren. Die Fenster, groß und ursprünglich wohl als prachtvolle Augen des Hauses gedacht, waren dunkel und leer, viele von ihnen eingeschlagen oder mit zerschlissenen Brettern vernagelt. Sämtliche verbliebenen Scheiben waren staubig und fleckig. Durch sie konnte man nur schemenhafte, geheimnisvolle Schatten im Inneren erkennen. Lea spürte einen leichten Schauer, als der kalte Wind durch die offenen Fenster pfiff und dabei ein unheilvolles Flüstern zu erzeugen schien.
Ein kühler, feuchter Wind schlug ihr ins Gesicht und trug den modrigen Geruch von Laub und verrottendem Holz mit sich. Der Eingangsbereich war durch einen großen, steinernen Torbogen geprägt, der sich trotz des Verfalls noch immer majestätisch erhob. Der schwere, hölzerne Türrahmen war an mehreren Stellen morsch, die doppelflügelige Eingangstür selbst, ließ noch kunstvoll geschnitzte Verzierungen erkennen. Als Lea nähertrat, hörte sie das Knirschen von Kies unter ihren Füßen. Ein Geräusch, das in der stillen Umgebung fast gespenstisch wirkte. Der Garten, welcher das Haus umgab, erinnerte an einen undurchdringlichen Dschungel aus verwildertem Gestrüpp und Unkraut, das sich seinen Weg durch die bröckelnden Steine der alten Pflasterwege bahnte. Einst gepflegte Blumenbeete waren jetzt von Disteln und Dornen überwuchert. Die alten, knorrigen Bäume warfen dunkle, bedrohliche Schatten auf den vernachlässigten Garten. Das verrostete Tor, das einst Zugang zu einem Hof bot, hing schief in seinen Angeln und quietschte leise im Wind. Dahinter konnte Lea die Überreste eines alten Brunnens erkennen, der jetzt mit Regenwasser und Schutt gefüllt war. Die steinerne Umrandung war brüchig, und der Eimer, der einst an einer Kette hing, lag nun halb im Wasser versunken. Im Hintergrund erkannte sie kleine Gebäude, die offensichtlich einst als praktische Nebengelasse zum Lagern von Werkzeug dienten, oder als Garage genutzt wurden, wie Lea vermutete.
Das gesamte Gutshaus strahlte eine düstere, melancholische Stimmung aus, als ob es die Last der vielen Jahrzehnte, in denen es stumm Zeuge unbekannter Ereignisse gewesen war, kaum noch tragen konnte. Trotzdem konnte Lea den Hauch von Eleganz, den das Gebäude einst ausgestrahlt haben musste, noch spüren. Lea atmete tief ein. Eine Mischung aus Neugier und Beklemmung erfüllte sie. Vor ihr lag nicht nur ein altes Haus, sondern ein Portal in die Vergangenheit.
"Also gut", flüsterte sie zu sich selbst, während sie auf die Eingangstür zuging. Lea zog den Schlüssel aus ihrer Tasche und öffnete die knarrende Haustür. Der Widerstand, den die Tür leistete, klang wie ein schmerzerfülltes Stöhnen, das ihre Ankunft begleitete. Drinnen empfing sie ein muffiger Geruch. Die Holzvertäfelungen an den Wänden waren dunkel und von Rissen durchzogen. Der Boden war mit einem dicken Staubfilm bedeckt, der jedes Geräusch dämpfte und die Schritte fast lautlos machte.
Das Licht ihrer Taschenlampe schnitt durch die Dunkelheit und enthüllte die verzogenen Silhouetten der Möbel. Große, verstaubte Kronleuchter hingen von der Decke, ihre Kristalle funkelten im schwachen Licht und warfen tanzende Schatten an die Wände. Eine imposante Treppe führte in die obere Etage, doch vorerst erkundete sie die Räume im Erdgeschoss.
„Das wird eine Menge Arbeit werden“, murmelte Lea, während sie über das zerbrechlich scheinende Parkett ging, das unter ihren Schritten ächzte. Jeder Raum, den sie betrat, war von einem unverkennbaren Gefühl der Beklemmung durchzogen. Die alten Tapeten, die sich von den Wänden lösten, trugen blasse Erinnerungen an vergangene Zeiten. Das große Wohnzimmer wurde von einem schweren Vorhang verdunkelt. Unwillkürlich durchzuckte Lea der Gedanke, dass dieser Raum wie von einem nie endenden Winter eingefroren zu sein schien. Sie zog unbewusst die Schultern nach oben und stellte fest, dass sie trotz ihrer warmen Kleidung unsagbar fror.
Ihre Schritte führten sie weiter durch das Haus. Die Küche war ebenfalls von einer dicken Staubschicht bedeckt, die den alten Kochherd und die Schränke wie vergessene Denkmäler der Vergangenheit erscheinen ließ. Der Geruch von abgestandenem Wasser stieg aus dem Abfluss des alten Spülbeckens auf. Auf dem Tisch lag eine zerbrochene Tasse, als wäre sie gerade von jemandem fallen gelassen worden. Lea fühlte ein ganz eigenartiges Unwohlsein in sich aufsteigen. Hier hatte schon sehr lange niemand mehr geputzt. Und wohl auch nicht gelebt, setzte sie in Gedanken hinzu. Vermutlich hat Tante Else die letzten Monate oder gar Jahre ihres Lebens nicht hier zugebracht, dachte Lea. Sonst würde es doch etwas anders aussehen, vermutete sie.
Nachdem sie sich einen groben Überblick verschafft hatte, machte Lea sich Notizen und überlegte bereits, wie sie das Gebäude renovieren könnte. Und ob es sich lohnen könnte. Noch war sie unschlüssig. Sie steckte das Notizbuch in ihre Jackentasche und ging in Richtung der großen geschwungenen Treppe, die den riesigen Eingangsbereich dominierte. Das Geländer war aus Holz und mit einst wunderschönen Schnitzereien, von denen jetzt leider nicht mehr viel zu erkennen war. Lea blickte nach oben und setzte vorsichtig einen Fuß nach dem anderen auf die Treppenstufen. Sie vernahm bei jedem Schritt ein leises Knarren, dass sich wie ein unheilvoller Vorbote anhörte.
Oben angekommen, sah sie sich einer großen Tür im Jugendstil gegenüber, welche offensichtlich das Obergeschoß vom Untergeschoß trennte. Lea öffnete sie vorsichtig und fand sich gleich darauf in einem dunklen Flur wieder, der lang und schmal war. Links und rechts gingen Türen ab, die, wie sie vermutete, zu kleineren Zimmern führten. Auch hier waren die Wände mit einer hölzernen Wandvertäfelung verkleidet, die eindeutig schon bessere Tage gesehen hatte. Lea folgte dem Lichtstrahl ihrer Taschenlampe und öffnete nacheinander alle Türen. Dahinter verbargen sich Zimmer, deren Fenster ausnahmslos mit Holzlatten vernagelt waren. Nur winzige Lichtstreifen erhellten die Räume, die sich sehr ähnlich waren. In jedem stand ein altes Metallbett, ein Tisch und ein Stuhl sowie ein schmaler Schrank. Waren das einst alles Gästezimmer gewesen? Lea wusste es nicht. Der Staub der Vergangenheit lag auch hier auf allem. Und doch gab es einen deutlichen Unterschied zu den Räumen im Erdgeschoss. Während dort eine mondäne Einrichtung zu erkennen war, schien man sich hier oben auf das Wesentliche beschränkt zu haben, welches selbst jetzt noch eine nackte und kalte Atmosphäre erzeugte.
Lea setzte sich im letzten Zimmer auf den Stuhl und schloss die Augen, um sich einen Moment zu sammeln. Die Räume wirkten allesamt wie ein Gefängnis, und die Stille war so tief, dass sie fast ohrenbetäubend war. Ein leises Geräusch aus dem Flur ließ sie aufschrecken. Es war wahrscheinlich nur das Knarren der alten Wände, dennoch kroch ein ungutes Gefühl über ihren Rücken.
Als sie das Zimmer verließ und zurück in den Flur trat, verspürte sie eine seltsame Kälte, die nicht nur durch die verfallene Bausubstanz erklärt werden konnte. Es war, als ob die Wände selbst Geheimnisse verbargen, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden. „Ich werde ein paar Handwerker engagieren müssen“, sagte sie laut zu sich selbst und versuchte, die Gedanken an das unheimliche Gefühl zu verdrängen.
Langsam ging Lea wieder nach unten. Sie ging durch den Hinterhof in den verwilderten Garten. Die alten Bäume standen starr und stumm, ihre Äste bogen sich unter der Last von Moos und Flechten. Jetzt, wo die blasse Mittagssonne das Anwesen erreicht hatte, fand Lea diesen Garten recht schön, wenngleich es einer geschickten Hand bedurfte, um ihn wieder in den beschaulichen Platz der Ruhe und Erholung zu verwandeln.
Lea entschloss sich, noch einige Tage zu bleiben. Daher fuhr sie in den kleinen Ort und war froh, dass es im Gasthof „Zur Post“ ein Fremdenzimmer gab. Sie bestellte sich ein einfaches Mittagessen und unternahm anschließend einen kleinen Spaziergang. Die Sonne strahlte blass von einem mittlerweile blauen Herbsthimmel, der Wind hatte aufgefrischt. Doch die frische Luft tat Lea gut. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Jetzt, wo sie nicht mehr unter dem direkten Einfluss des alten Gutshauses stand, spürte sie, wie die Beklemmung langsam einer neugierigen Faszination wich. Eigentlich war es ein schönes Gebäude, das durchaus seinen Reiz hatte. Da ließe sich einiges machen, um das alte Haus wieder zum Leben zu erwecken und aus seinem Dornröschenschlaf zu holen. Wenn da nur nicht die kleinen Zimmer im Obergeschoss wären, flüsterte ihre innere Stimme. Stimmt. Diese Räume, die sich wie ein Ei dem anderen glichen, lösten bei Lea ein Gefühl der Angst, Kälte und Einsamkeit aus, wie sie sich jetzt eingestehen musste. Sie blieb am Ufer eines kleinen Baches stehen, starrte auf die sich leicht kräuselnde Wasseroberfläche und sagte leise zu selbst: „Das liegt sicher daran, dass das gesamte Gebäude in seinem jetzigen Zustand zu unheimlich und unwirtlich erscheint. Nach der Restaurierung wird es nicht mehr diesen Eindruck erwecken.“
Auf dem Rückweg zum Gasthof entschloss sich Lea, dem alten Gutshaus eine Chance zu geben. Sie würde es erst einmal entrümpeln, dann entkernen und von Grund auf restaurieren. Im Geiste sah sie schon den ersten Entwurf vor sich. Doch diesen wollte sie erst anfertigen, wenn die Räume leer waren, Licht durch die Fenster eindringen konnte und die Grundrisse vom Liegenschaftsamt da waren. Bei diesen Gedanken schritt sie plötzlich energischer aus. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein sanftes Lächeln aus und sie spürte einen Tatendrang, der fast schon euphorische Züge annahm.
2
Am nächsten Morgen saß sie im leeren Gastraum beim Frühstück, als der Wirt, Helmut Fischer an ihren Tisch trat. Er war nicht sonderlich groß gewachsen, zeigte einen gut ausgeformten Bauch und trug sein schütteres Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Lea schätzte ihn auf Anfang sechzig. „Guten Morgen Frau Winter, ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?“, fragte er jetzt.
Lea nickte und antwortete: „Alles bestens. Danke!“