QM 3357 - Kurt Beinwell - E-Book

QM 3357 E-Book

Kurt Beinwell

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Beschreibung

Er ist nur ein 15-jähriger Junge, den in der Schule niemand mag. Trotzdem will er das Schicksal des Mädchens, das über ein geheimnisvolles Gerät mit ihm kommuniziert, zum Guten wenden. Peter lebt allein mit seinem Vater in einem kleinen Ort in Norddeutschland, wo er am liebsten an alten elektronischen Geräten herumbastelt, die ihm der Vater vom Recyclinghof mitbringt. Fast alles kann repariert werden. Eines Tages erhält er ein merkwürdiges Kästchen, das ihn an ein altes Modem erinnert. Obwohl Peter nicht weiß, wie das Gerät genau funktioniert, bekommt er damit Kontakt zu einem etwa gleichaltrigen Mädchen, das zusammen mit ihrer Familie und vielen anderen Menschen unterirdisch lebt, nachdem sie vor langer Zeit einer großen Katastrophe entkommen sind. Handelt es sich nur um einen schlechten Scherz, oder hat Peter tatsächlich Kontakt zu einer anderen Realität, oder mit einer nicht näher bestimmten Zukunft? Die packende Geschichte einer Freundschaft und verzwickter Probleme der modernen Quantenphysik, die vielleicht ein 15-jähriger mit seiner technischen Begabung lösen kann.

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Seitenzahl: 269

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel

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Kapitel

1.

»Wehr dich doch, wenn du kannst« zischte Martin, während er weiter auf Peter einschlug.

»Verschwinde! Ich will dich nicht verletzen« erwiderte Peter, der versuchte seinen Kopf einzuziehen, um ihn vor den Schlägen zu schützen.

»Oh. Der nette Typ will mich nicht verletzen. Dann nimm das, du blöder Freak.«

Peter überlegte, ob er noch weglaufen konnte, aber Martins Kumpel standen um ihn herum, sodass er aus dieser Falle nicht ausbrechen konnte. Ihm blieb keine andere Wahl.

Schnell griff er unter seine Jacke, zum versteckten Schalter für das Abwehrgerät. Ein kurzer Druck, und eine intensive Wärme breitete sich auf seiner Brust aus. Das Gerät zog eine Menge Energie und erzeugte einiges an Abwärme. Nichts was Peter nicht aushielte, allerdings konnte er es immer nur einmal einsetzen, danach musste er die Batterien austauschen.

Martin machte nun einen Schritt auf Peter zu, und torkelte bei dem Versuch, einen erneuten Faustschlag auf Peters Oberarm zu platzieren. Im nächsten Moment fiel er vornüber auf den mit Blättern bedeckten Boden der Grünanlage. Die anderen Rowdys sackten in sich zusammen und blieben dann ebenfalls auf dem Boden liegen.

Peter sprang über sie herüber und war endlich frei. Nun konnte er sich auf den Heimweg machen. Seine Erfindung hatte ihn mal wieder gerettet. Seit er wusste, dass ein menschliches Gehirn auch nur eine Art Computer war, war es einfach für ihn, ein Gerät zu entwickeln, dass die elektrischen Impulse kurzzeitig unterbrach. Durch den Impuls wurden alle, die im Umkreis von zwei Metern um ihn standen sofort bewusstlos.

Martin war der Schlimmste in der Gruppe. Fast jeden Tag lauerte er Peter mit seiner Bande nach der Schule auf, um ihn zu beleidigen oder zu schlagen. Doch heute hatte er gesiegt, und das nur, weil er ein Technik-Genie war.

Peter fühlte etwas Feuchtes am Hinterkopf. Jetzt erst merkte er, dass er im Klassenzimmer saß und Martin aus der letzten Reihe nasse Papierkügelchen auf Ihn schoss.

Peter hasste es, wenn das passierte. Der Unterricht langweilte ihn und am Ende der Stunde würde er wieder sehen müssen, wie er unbehelligt nach Hause kam. Natürlich hatte er kein geniales Verteidigungsgerät erfunden, zumindest noch nicht. Aber die Idee begeisterte ihn und sie schien ihm plausibel.

Er machte sich mental einen Vermerk, das Projekt in die Liste mit geplanten Erfindungen einzutragen, sobald er zuhause war.

2.

Nach der Schule saß Peter wieder am Basteltisch in seinem Zimmer. Diese Leidenschaft für Elektronik war für ein Kind seines Alters ungewöhnlich aber verständlich. In der Schule hatte er keine Freunde. Er wurde vielmehr als Außenseiter angesehen, nicht nur, weil er sich fast ausschließlich mit Basteleien befasste.

Auch sportlich war er ein totaler Versager. Bei den Mannschaftssportarten wurde er ständig als Letzter in ein Team gewählt, das »Loser-Team« wie er es nannte, denn er konnte schon voraussagen, dass sein Team fast immer verlor. Er stellte sich einfach zu ungeschickt an.

»Peter, das Essen ist fertig!«, rief sein Vater aus der Küche hinauf.

»Ich komme«, rief Peter zurück, lötete aber weiter an der Elektronikplatine. Er musste nur noch ein paar Widerstände im Hauptschaltkreis einfügen und die Stromversorgung herstellen, dann war ein weiteres Radio vor dem Recycling gerettet.

»Peter, das Essen wird kalt«, sagte sein Vater, der nun in der Tür stand. »Mach den Lötkolben aus und komm herunter. Du kannst später weiterbasteln.«

Widerwillig legte Peter das heiße Werkzeug in die vorgesehene Halterung und schaltete es aus. Sicherheit ging immer vor, auch wenn er nachher wieder zweieinhalb Minuten warten müsste, bis es die optimale Temperatur erreichte.

Ohne ein Wort zu sagen, stand er auf und folgte seinem Vater die Treppe hinunter bis zur Küche, wo ihn zwei dampfende Teller mit irgendetwas Essbarem erwarteten. Peter interessierte es nicht, was sein Vater kochte. Irgendwie schmeckte es stets gleich. Seit Mutter die Familie verlassen hatte, sorgte Peters Vater für ihn. Zur Mutter konnte er nicht. Das Gericht hatte damals entschieden, dass sie nicht als Erziehungsberechtigte geeignet wäre, wohl wegen ihrer Drogenprobleme.

»Ich habe heute Brokkoli gemacht, das ist gesund und schmeckt lecker«, sagte sein Vater.

Peter probierte davon und stellte fest, dass es schmeckte wie immer. Das Gemüse war schon etwas verkocht und Peter konnte sich nicht vorstellen, dass dort noch irgendwas gesundes überlebt hatte. Trotzdem aß er den Teller leer, ohne ein Wort zu sprechen.

»Wie war es heute In der Schule?«, fragte sein Vater.

»Ganz okay, glaube ich.«

»Aha, das glaubst du. Ist was Besonderes vorgefallen?«

»Nein, ich glaube nicht.«

»Glaubst du, oder weißt du es?«

»Ich weiß nicht genau, ob etwas vorgefallen ist. Wenigstens habe ich nichts davon mitbekommen.«

»Na ja, ich meinte auch, ob bei dir was war. Also in der Schule.« Peters Vater erinnerte sich daran, dass er seinem Sohn ganz exakte Fragen stellen musste.

»Wir hatten heute keinen Sportunterricht, keine peinlichen Vorfälle von dieser Seite.«

»Und, welche Fächer hattet ihr heute?«

»Wir hatten in den ersten zwei Stunden Physik. Ich habe dem Lehrer erklärt wie elektromagnetische Induktion funktioniert.«

»Du hast das dem Lehrer erklärt? Sollte das nicht genau andersherum sein?«

»Ja schon, aber irgendwie war im Schulbuch ein Druckfehler, den musste ich ihm erst erklären. Ist echt frustrierend, wie sehr diese Lehrer an gedruckten Texten festhalten, wenn sie doch die korrekten Fakten überall im Internet nachlesen können.«

»Und was meinte dein Lehrer dazu, dass du ihn korrigiert hast?«

»Weiß nicht. Er hat irgendwas gemurmelt, dass er mal mit dir sprechen wollte.«

Peters Vater seufze laut auf. Das kannte er schon. Vermutlich würde in den nächsten Tagen wieder ein formeller Brief der Schule im Briefkasten liegen, in dem man ihn aufgeforderte, einen Termin mit dem Schulpsychologen zu machen.

Peter war das, was man allgemein als hochbegabt bezeichnet. Er hatte allerdings auch große Probleme, die es für ihn schwierig machten, mit seinen Mitschülern und Lehrern ganz normal zu kommunizieren.

Das war Peters Eltern aufgefallen, als er vier Jahre alt war. Er nahm nur sehr selten Blickkontakt mit seinen Eltern auf, und wenn, dann nur sehr flüchtig. Er zeigte keinerlei Gefühle und wehrte sich intensiv gegen jede Form von Körperkontakt. Allerdings war Peters Zustand nicht allzu ausgeprägt, so dass er eine normale Schule besuchen konnte. Dennoch hatten ihnen die Psychologen, die sie dann immer wieder aufsuchten geraten, Peter in eine Förderschule zu geben.

Peters Mutter konnte dem Druck dieser Situation nicht mehr standhalten und fing irgendwann an, Drogen zu nehmen. Als Peter acht Jahre alt war, verließ die Mutter die Familie und die Ehe wurde geschieden. Seit dieser Zeit war Peters Vater alleinerziehend.

»Na ja, immerhin hast du den Fehler im Buch gefunden. Das nutzt schließlich auch deinen Mitschülern.«

Peter nickte nur abwesend. Er hatte inzwischen seinen Teller leer gegessen und fragte nun: »Kann ich wieder nach oben gehen? Ich will das reparierte Radio noch ausprobieren.«

»Was willst du denn mit noch einem Radio? Du musst doch bestimmt schon zwei dutzend davon haben.«

»Fünfundzwanzig funktionierende, vier, die noch repariert werden können, sieben, die nicht reparabel sind und die ich zum Ausschlachten in Reserve halte. Und natürlich das eine, an dem ich gerade arbeite.«

»Also gut, was immer dich glücklich macht, mein Sohn« seufzte der Vater.

3.

Mit Elektronik beschäftige sich Peter am liebsten. Er reparierte fast alles, was er mit seinem Lötkolben erreichen konnte.

Peters Vater, Torsten Klein, hatte einen Job in dem nahe gelegenen Recyclinghof, bei dem der gesamte Landkreis die Wertstoffe ablieferte. Eine Fraktion war natürlich Elektronikschrott. Er verstand sich recht gut mit dem Leiter der Einrichtung, der es oft gestattete, dass Torsten kleinere Geräte für seinen Sohn aus dem Sammelcontainer mitnahm.

Gerade im letzten Jahr fiel eine größere Menge an Elektroschrott an, weil viele Geräte wegen des vermeintlichen Jahr-2000-Problems ausgemustert wurden. Gerade die vielen kleinen Firmen im Landkreis, nahmen den Jahrtausendwechsel zum Anlass, ihre EDV zu modernisieren.

Peter untersuchte die neuen Schätze immer sehr genau, nahm erst einmal alles auseinander und katalogisierte jedes Teil in einem eigenen Journal, das er am Computer akribisch aktualisierte.

Dieser Computer war so ziemlich das Einzige, dass nicht vom Recyclinghof kam. Peters Vater hatte das Gerät gebraucht gekauft, und ihm zum fünfzehnten Geburtstag geschenkt. Peter wusste, dass sein Vater dafür einen großen Teil seines Monatslohns geopfert hatte, auch wenn es schon ein älteres Modell war.

Nicht, dass ihn das irgendwie beeindruckt oder berührt hätte, aber er hat bei einer der Sitzungen mit dem Schulpsychologen darüber gesprochen. Der erklärte ihm, dass sein Vater ihn sehr lieben musste, wenn er ein solch großes finanzielles Opfer brächte.

Peter verstand auch, dass sein Vater viel Geld für Psychologen ausgab, obwohl ihm das niemand gesagt hatte. Es lagen oft genug Rechnungen im Haus herum, die Peter natürlich bemerkte, wenn sein Vater außer Haus war.

Auch heute würde er wieder pünktlich um dreizehn Uhr das Haus verlassen, um seinem Job nachzugehen. Peter störte das nicht. Er war gern allein und er hatte ja reichlich zu tun.

»Peter! Ich gehe jetzt zur Arbeit. Denk bitte daran, deine Hausaufgaben zu machen.«

»Hausaufgaben. Alles klar. Sind eingeplant für 15:30 bis 16:30.«

Natürlich war Peters Tagesablauf fest strukturiert. Für den heutigen Tag hatte er sein Elektronikprojekt direkt nach der Schule geplant. Es war ein kurzer Schultag, daher konnte er sich eine halbe Stunde mit dem Radio befassen, bis sein Vater das Essen fertig hatte.

Die Essenszeiten konnte Peter nicht exakt planen. Er hatte seinem Vater erklärt, dass eine genaue Planung wichtig wäre, aber der hatte ihm nur gesagt, dass er eben nicht auf die Minute genau kochen konnte.

Eigentlich war das unverständlich. Schließlich gab es meistens irgendwelche Fertiggerichte, die nur aufgewärmt werden mussten. Peters Vater war in der glücklichen Lage, die Arbeitszeit weitgehend flexibel zu gestalten. Nur so konnte er mittags eine längere Pause nehmen und nach Hause fahren.

Peter zuckte mit den Achseln, als er über die Essenszeiten nachdachte. Nicht jeder war so gut organisiert wie er, also würde er sich immer wieder anpassen müssen. Heute passte es ja auch. Nach dem Essen wollte er Radio Nummer 26 zur Sammlung der reparierten Geräte hinzufügen.

Er trug den Erfolg in sein Journal ein, und suchte dann einen freien Platz in dem großen Kleiderschrank, der schon lange keine Kleidung mehr enthielt. Stattdessen waren die Regalböden übersäht mit Platinen, die mit Aufklebern oder Anhängern versehen waren. Der Schrank erinnerte an ein Ersatzteillager für einen Elektronikladen.

4.

»Peter, ich bin wieder zuhause!«

Peter fragte sich jedes Mal, warum sein Vater das immer rufen musste. Von seinem Zimmer aus hörte er jedes Auto, das sich dem Haus näherte. Den alten Volvo erkannte er schon am Geräusch des Motors. Er konnte eindeutig erkennen, wann das Öl gewechselt werden musste, weil sich der Motor irgendwann nicht mehr ganz gesund anhörte.

Er wusste auch genau, dass sein Vater heute wieder einige Elektronikteile mitbringen würde, denn er hörte den Kofferraumdeckel zuklappen. Wenn das an einem normalen Wochentag passierte, hatte er immer einen Karton mit Elektroschrott dabei, wie sein Vater es nannte.

Für ihn waren es defekte Produkte, die er sofort katalogisierte. Er hatte eine Fraktion für gut erhaltene Geräte, die leicht reparierbar waren, eine weitere für schwierige Fälle und eine für Ersatzteile. Das waren all die Dinge, die sich nicht mehr reparieren ließen, ohne mehr als fünfzig Prozent der Bauteile durch neue Elemente zu ersetzen.

Peter achtete peinlich genau darauf, die Grenze bei fünfzig Prozent zu ziehen. Wenn er mehr als die Hälfte austauschen musste, war es keine Reparatur mehr. Er würde dann wohl eher etwas Neues bauen und sein Ziel war es ja, die Dinge zu reparieren.

Also wurden Ersatzteile nur zum Ausschlachten verwendet. Es gab eine große Box mit kleinen Schubladen auf seinem Tisch, in dem sich einzelne Module befanden, die er aus solchen Geräten herausgelötet hatte.

Jedes Teil wurde nach Funktion und Wert einsortiert. So gab es Widerstände, Dioden, Transistoren und integrierte Schaltkreise. Allein für Widerstände hatte er dreißig Unterteilungen für die verschiedenen Werte angelegt. Das fing bei wenigen Ohm an, und ging bis zu einigen hundert Megaohm. Außerdem mussten sie nach Leistung geordnet werden, weil kleine Widerstände nur geringe Stromstärken aushielten, während die dicken Bauteile, die er manchmal aus alten Fernsehern ausbaute, mehrere Ampere vertrugen.

Leider bekam er nie Fernseher von seinem Vater, die noch eine intakte Bildröhre hatten, daher musste er die immer als unreparierbar katalogisieren.

»Hallo Sohnemann« sagte sein Vater fröhlich, als er mit einem großen Karton unter dem Arm ins Zimmer trat. »Ich habe dir wieder etwas mitgebracht.«

Peter betrachtete den Karton und schätzte, dass er vielleicht drei mittelgroße Transistorradios enthalten mochte. »Danke« sagte er nur und streckte die Hände aus um sein neues Material in Empfang zu nehmen.

Peters Vater kannte das schon. Sein Sohn bedankte sich immer artig, hauptsächlich weil er das in den Therapiesitzungen so gelernt hatte. Der Psychologe hatte Peters Vater erklärt, dass sein Sohn die Freude über ein Geschenk nicht ausdrücken konnte. Auch wenn es schmerzte, hatte sich Torsten irgendwann damit abgefunden. Er wusste, dass sein Sohn sich freute, selbst wenn er es nicht zeigen konnte.

Er verlies das Zimmer seines Sohnes wieder, schließlich würde der erst einmal mit der Inventur der neuen Bauteile beschäftigt sein. »Abendessen in einer Stunde.«

»Korrekt, 18:30 Uhr nach Plan, habe ich schon eingetragen.«

Peter packte den Karton aus und drapierte die Einzelteile vor sich auf dem Tisch, sortiert nach Größe. Er erkannte zwei Transistorradios, eine Fernbedienung für einen Fernseher und einen unscheinbaren schwarzen Kasten ohne erkennbare Beschriftung.

Die beiden Radios schloss er an seine variable Stromversorgung an, die Ihm die notwendige Spannung für alle nur erdenklichen Geräte lieferte. Anfangs benutzte er noch Batterien, aber die Kosten gingen irgendwann ins unermessliche, also besorgte ihm sein Vater eine Kollektion alter Transformatoren, wie man sie bei Modelleisenbahnen einsetzt.

Nachdem er die repariert und ein wenig umgebaut hatte, besaß er eine sehr flexible Stromversorgung für jeden erdenkbaren Zweck. Sein Vater hatte damals darauf bestanden, das Resultat seiner Arbeit bei einem Elektromeister prüfen zu lassen. »Sicherheit geht vor« sagte er immer. Der Elektriker zeigte sich beeindruckt von dem Gerät und wollte gar nicht glauben, dass ein Vierzehnjähriger so etwas zusammengebaut haben sollte.

Peter fand, dass sein Vater das Geld für die Überprüfung lieber hätte sparen sollen. Immerhin waren sie ständig in finanziellen Nöten und konnten kaum die Miete für das Haus und die nötige Verpflegung bezahlen. Als Alleinverdiener verdiente sein Vater gerade mal soviel, dass sie über die Runden kamen. Dazu musste er auch noch Unterhalt für Peters Mutter zahlen.

Die hatte zwar die Familie verlassen, durch ihre Drogenkrankheit könnte sie aber selbst nicht arbeiten. Daher fragte das Sozialamt immer wieder nach Verdienstnachweisen und es blieb am Ende nur ein Freibetrag, mit dem sie keine großen Sprünge machen konnten.

Auf jeden Fall konnte er die beiden Radios in die Kategorie reparierbar einordnen. Bei einem fehlte die Antenne, so dass es nur Rauschen und Fiepen von sich gab, aber die Senderwahl schien noch intakt zu sein und laut genug war es auch.

»Peter, geht das ein wenig leiser, bitte?«, tönte es von unten aus der Küche.

Peter trennte das Radio von der Stromversorgung und versuchte das zweite. Das gab zwar auch Töne von sich, und Peter achtete darauf, die Lautstärke nicht voll aufzudrehen, aber es konnte kein Sender eingestellt werden. Es war eines der Modelle, bei denen der Einstellknopf für den Sender mit einem kleinen Seilzug verbunden war. Wenn man den Knopf drehte, bewegte sich das Seil, an dem wiederum der kleine Zeiger hing, der die Frequenz auf der Skala anzeigte. Am anderen Ende des Seiles war ein Drehkondensator befestigt, der durch das Seil gedreht wurde.

Bei diesem Radio war das Seil verschlissen und aus der Führung gerutscht. Ein rein mechanisches Problem, dass Peter leicht mit einem Stück starken Bindfaden reparieren konnte. Er war ein wenig enttäuscht, schließlich war er kein Handwerker, sondern Elektroniker.

Die Fernbedienung war ein klobiges Modell mit Ultraschall-Sender. Peter wunderte sich, dass es offenbar immer noch Haushalte gab, die so eine alte Technik verwenden. Vermutlich stammte es aus einer Haushaltsauflösung, bei der irgendwo eine Oma oder ein Opa verstorben war. Da findet man oft noch Zubehör von Geräten, die schon vor Jahren entsorgt wurden.

Peter sortierte die Fernbedienung in die Schachtel Ersatzteile. Sollte er irgendwann einmal einen Ultraschall-Empfänger aus einem alten Fernseher bekommen, könnte er testen, ob der Sender noch funktionierte.

Das schwarze Kästchen hatte außen keine sichtbare Beschriftung. An einer Seite, die offenbar die Hinterseite darstellte, befand sich eine breite Buchse für ein serielles Datenkabel. Peter kramte in einer Kiste, die sich unter dem Tisch befand, und fischte ein etwa ein Meter langes Kabel hervor. Es besaß den passenden Stecker und sein Computer hatte noch einen seriellen Dateneingang.

Neben der Datenbuchse befand sich an dem Kasten eine Steckverbindung, die wohl für die Stromversorgung gedacht war. Peter öffnete das Gehäuse, um das Innenleben in Augenschein nehmen zu können. Immerhin musste er feststellen, mit welcher Spannung das Gerät betrieben werden musste. Wählte er eine zu hohe Spannung, würden die Bauteile durchbrennen und er könnte das Gerät damit zerstören.

Das Innere zeigte eine Reihe von integrierten Schaltkreisen. Peter erkannte Elemente, wie sie in handelsüblichen Modems verbaut wurden. Allerdings gab es keinen Anschluss für eine Telefonleitung, wie man sie normalerweise bei diesen Geräten findet.

Modems waren vor zwei bis drei Jahren noch üblich, um Daten zwischen Computern auszutauschen. Diese Daten wurden in Töne umgewandelt, die dann über das Festnetz zu einem anderen Telefonanschluss geleitet wurden. Dort wandelte dann ein weiteres Modem diese Töne wieder in Daten um.

Diese Technik wurde inzwischen nicht mehr verwendet. Auch Peter hatte einen modernen Internetanschluss, der zwar auch das Telefonnetz nutzte, aber die Daten direkt übertrug, ohne den Umweg über Töne.

Peter untersuchte das Innere genauer. Dass kein Anschluß für ein Telefon vorhanden war, konnte auch bedeuten, dass es sich um eine Art Funkmodem handelte, also suchte er nach etwas, das als Antenne dienen konnte.

Eine Antenne fand er nicht, dafür konnte er sehen, dass sich an der Innenseite des geöffneten Gehäuses etwas ablöste. Es war eine Art Klebeband, das sich leicht entfernen ließ. Darunter befand sich ein handschriftlich beschriebener Zettel, der eine Kombination aus Ziffern und Buchstaben enthielt.

Ein Passwort?, fragte er sich.

Peter erfasste alle Daten, die er soweit ermitteln konnte in seinem Journal, denn inzwischen war es Zeit zum Abendessen zu gehen. Er würde sich am nächsten Tag weiter mit diesem Gerät befassen müssen.

5.

»Hey, Torsten. Der Container mit dem Elektronikschrott ist fast voll. Schau mal nach, wann der abgeholt werden soll.«

»Mach ich sofort, Chef«, antwortete Torsten Klein, der sich gerade einen großen Kaffee eingegossen hatte. Er war heute spät dran, weil sein Sohn Peter an diesem Morgen sehr lange mit dem Frühstück brauchte. Torsten hatte den Eindruck, irgendetwas beschäftigte seinen Sohn. Vermutlich hatte es mit den Geräten zu tun, die er ihm am Abend zuvor mitgebracht hatte.

Manchmal war etwas dabei, dass ihn mehr begeisterte als die üblichen Radios, die er am laufenden Band reparierte. Er hatte die Teile aus einer Haushaltsauflösung bekommen. Sie gehörten irgendeinem sehr alten Herrn, der schon seit vielen Jahren allein gelebt hatte und irgendwann tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde.

Torsten durchsuchte den Kalender nach dem nächsten Abholtermin für den Container, in dem die Elektro-Kleingeräte gesammelt wurden. Das wäre dann übermorgen. Wenn nicht allzu viel neuer Elektroschrott hereinkommen würde, sollte das reichen.

Er nippte noch einmal an seinem Kaffee, und setzte sich dann in Richtung Büro seines Chefs in Bewegung, wo sie üblicherweise den Tagesplan besprachen. Dirk Lehmann war ein älterer Herr mit graumeliertem Haar und gepflegtem Kinnbart, der ebenfalls einen dezenten Grauton hatte. Er hatte selbst zwei Söhne und zeigte sich immer verständnisvoll, wenn Torsten das eine oder andere Mal wegen Peter später kam oder früher gehen musste.

Die versäumte Arbeitszeit durfte er dann immer nacharbeiten. Es war ja nicht so, dass beim Recyclinghof wichtige Kundentermine anstanden. Trotzdem war es Tradition, sich morgens mit dem Chef zusammenzusetzen und gemeinsam die Aufgaben des Tages durchzugehen. Torsten vermutete, dass es Lehmann einfach langweilig war, schließlich hatte der Leiter einer Sammelstelle für Wertstoffe in einem abgelegenen Landkreis nicht viel zu tun.

»Alles im grünen Bereich, Chef«, verkündete Torsten, als er ins Büro eintrat. »Der Container wird übermorgen abgeholt. Viel wird sicher nicht mehr reinkommen.«

»Das hört sich gut an. Und falls er doch irgendwann nicht mehr ausreichen sollte, nehmen Sie den Rest einfach für Ihren Sohn mit.« Lehmann lächelte freundlich und Torsten wusste, dass er mal wieder unauffällig etwas über Peter erfahren wollte.

»Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, Chef. Ich kann bald meinen eigenen Recylingbetrieb eröffnen, wenn das so weiter geht.«

»Wie geht es denn Ihrem Sohn? Peter, nicht wahr?«

»Ja, Peter. Er freut sich jedes mal, wenn ich etwas Neues mitbringe. Sie wissen, er ist ein begeisterter Bastler.«

»Sie hatten es mal erwähnt, und auch, dass er immer mal wieder etwas mehr Betreuung braucht.«

»Wegen seiner psychischen Probleme, ja. Deswegen war ich heute etwas später dran.«

»Kein Problem, Torsten. Sie wissen ja, dass wir das hier etwas lockerer handhaben können. Ich kann mir das schwer vorstellen, wie schwierig das für Sie sein muss, als alleinerziehender Vater. Ich kann mich noch erinnern, als mein Ältester in die Pubertät kam, das war kein Zuckerschlecken, und dabei hat mir meine Frau noch die meiste Arbeit abgenommen.«

»Sind Ihre beiden Söhne denn schon aus dem Haus?«

»Unser ältester Sohn ist vor zwei Jahren ausgezogen, der andere wohnt noch in der Familie. Er scheint sich ganz gut eingerichtet zu haben. Vermutlich werden wir ihn irgendwann mal auf der Autobahn aussetzen müssen, wenn er nicht bald von selbst auszieht.« Lehmann lachte herzhaft.

Torsten lächelte verlegen zurück. Sein Chef war eine Seele von Mensch, hatte aber immer mal wieder unpassende Witze auf Lager. Torsten machte sich Sorgen um seinen Sohn. Jetzt wo Lehmann die Pubertät erwähnt hatte, konnte er sich kaum vorstellen, wie viel schwieriger diese Phase der Entwicklung bei Peter sein könnte.

6.

Peter konnte es kaum erwarten, dass die letzte Schulstunde endlich vorbei war. An diesem Tag hatte er lange Unterricht, so dass er erst spät zu Mittag essen konnte. Sein Vater hatte ihm schon an diesem Morgen etwas vorbereitet, das er sich nun aufwärmen konnte. Eigentlich hatte er keinen großen Hunger, aber sein Tagesplan sah vor, dass nach der Schule das Mittagessen an der Reihe war.

Nachdem er gegessen hatte, spülte er den Teller ab und ging hoch in sein Zimmer. Er wollte unbedingt dieses geheimnisvolle Gerät untersuchen, dass er am Abend vorher als eine Art Modem katalogisiert, aber noch nicht geprüft hatte.

Die Bauteile im Inneren ließen darauf schließen, dass das Gerät mit einer Spannung von fünf Volt betrieben werden konnte. Also stellte er seine Stromversorgung auf diesen Wert und verband sie mit einem Kabel, das in einem passenden Stecker endete. Er achtete genau auf die korrekte Polung. Wenn er den Plus- und Minuspol vertauschte, könnte die gesamte Schaltung durchbrennen und das Gerät wäre endgültig zerstört. Die Spannung ließe sich später immer noch erhöhen, falls die fünf Volt nicht ausreichten.

Das Modem besaß keine sichtbaren Elemente – weder Lämpchen noch Leuchtdioden – zur Anzeige des Betriebs. Auch ein Schalter war nirgends zu finden. Peter benutzte sein Messgerät, um festzustellen, ob die angelegte Spannung an den richtigen Stellen der integrierten Schaltungen ankam. Einige der Bauteile kannte er bereits, so dass er nachschlagen konnte, an welchen Kontakten er nachmessen musste.

Offenbar arbeitete das Gerät, aber er konnte seine genaue Funktion noch nicht bestimmen. Peter führte noch einige Messungen an dem breiten Datenstecker durch, der das Modem mit dem Computer verbinden sollte. Nachdem er sicher war, dass für den Computer keine Gefahr durch zu hohe Spannungen bestand, stellte er die Steckverbindung mit dem Rechner her.

Peter kannte die Technik von Modems in- und auswendig. Obwohl heutzutage niemand mehr solche Geräte benutzte, fand er die Technologie faszinierend. Daten wurden in Töne mit verschiedenen Tonhöhen umgewandelt und am anderen Ende der Telefonleitung wieder in Daten zurückgerechnet.

Er hatte im Schrank drei alte Modems liegen, die alle noch einwandfrei funktionierten. Die Leute warfen sie einfach weg, weil die Technik nicht mehr verwendet wurde. Peter startete den Computer und öffnete ein Diagnoseprogramm für die serielle Schnittstelle. Nun konnte er sehen, dass sein neues Modem tatsächlich Daten sendete. Es waren ganz normale Textzeichen, und der übertragene Text schien nicht sonderlich lang.

Peter öffnete ein anderes Programm, eine Terminalsoftware, mit der sich ein Textdialog zwischen zwei Computern darstellen ließ. Das Programm zeigte nur eine Aufforderung: Passwort eingeben.

Peter überlegte kurz, dann nahm der den Zettel, den er gestern in dem Gerät gefunden hatte und tippte die Kombination aus Zahlen und Zeichen ein. Sofort reagierte das Terminalprogramm und zeigte weiteren Text.

7.

Torsten Klein machte sich zunehmend Sorgen, wie es mit seinem Sohn weitergehen sollte. Heute hatte er wieder einen Termin bei dem Psychologen, der Peter betreute. Diese Sitzungen waren für ihn ebenso wichtig wie für seinen Sohn. Die Krankenkasse zahlte für ihn zwar eine Verhaltenstherapie, allerdings wurde diese immer nur für zehn Sitzungen genehmigt und musste dann wieder neu beantragt werden. Torsten wurde als Vater zwar in die Therapie einbezogen, allerdings reichten ihm diese Elterngespräche nicht aus. Also vereinbarte er zusätzliche Sitzungen auf eigene Kosten, denn er wollte nur das beste für seinen Sohn.

»Wie fühlen Sie sich heute, Herr Klein?«, fragte der Psychologe.

»Eigentlich ganz gut. Allerdings mache ich mir Sorgen um Peter. Neulich hat er mir beim Mittagessen wieder erzählt, dass er seinen Lehrer auf Fehler hingewiesen hat. Das hat der natürlich nicht so gut aufgenommen.«

»Na ja. Sie verstehen aber doch, dass Ihr Sohn dieses Verhalten nicht ablegen kann. Er versteht ja Zusammenhänge tatsächlich oft besser als seine Mitschüler und manchmal auch besser als seine Lehrer.«

»Das ist mir schon klar. Aber muss er denn jedem so vor den Kopf stoßen?«

»Er hat in seiner Situation keine Möglichkeit, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. Es fehlt ihm an Empathie. Er versteht oft gar nicht, was andere empfinden, weil er Reaktionen der Körpersprache oder der Mimik nicht deuten kann.«

»Das ist ja das Problem. Seine Mitschüler scheinen ihn immer wieder zu piesacken und manchmal sogar zu schlagen. Ich habe schon einige Male blaue Flecken entdeckt, die er mir nicht erklären wollte.«

»Ihr Sohn, Herr Klein, möchte vermeiden, dass Sie als Vater etwas unternehmen. Wenn Sie sich wegen der Angriffe der Mitschüler an seine Lehrer wenden, könnte das die Situation noch verschlimmern.«

»Aber was kann ich dann machen?«

»Lassen Sie ihn mit der Situation selbst fertigwerden. Unterstützten Sie ihn und zeigen Sie, dass sie für ihn da sind.«

Das machte Torsten sowieso schon. Dafür hätte er die teure Sitzung jetzt nicht bezahlen müssen. Er verabschiedete sich von dem Psychologen und fuhr nach Hause, wo Peter mal wieder unentwegt bastelte.

8.

Das Terminal zeigte eine Reihe von technischen Details, von denen Peter nur wenig verstand. Offenbar versuchte das Modem, sich über verschiedene Methoden mit einem globalen Netzwerk zu verbinden.

Im Abstand von einigen Sekunden wiederholte sich der Vorgang, und eine Reihe von unlesbaren Zeichenfolgen erschien auf dem Bildschirm. Peter schaltete seinen Frequenz-Scanner ein, den er für die Überprüfung seiner Radios nutzte. Er konnte alle gängigen Frequenzen im Radio- und Fernsehbereich empfangen und deren Signalstärke anzeigen.

Damit prüfte er normalerweise, ob ein Gerät Störungen erzeugte. Sein Vater legte immer großen Wert darauf, dass Peter den Rundfunk- und Fernsehempfang nicht störte. Nicht nur, dass es verboten war, ohne gültige Funklizenz Radiowellen auszusenden, es konnte im schlimmsten Fall sogar Rettungskräfte behindern, die mit Funk arbeiteten. Deshalb prüfte Peter bei allen reparierten Geräten, ob sie den Funk stören konnten.

Wenn dieses Modem tatsächlich ein Funkmodem war, sollte es auf einer gängigen Funkfrequenz für den Datenverkehr arbeiten. Peter scannte die gängigen Frequenzen, konnte aber keine Aktivität messen. Es musste also die Datenverbindung irgendwie anders herstellen.

Eine Antenne war nicht vorhanden, aber selbst ohne dann müsste das Gerät Funkwellen abgeben, die aus nächster Nähe zu messen wären.

»Peter, ich bin zuhause« tönte es wieder von unten.

Peter wusste, dass nun das Abendessen auf dem Plan stand. Er ließ den Computer laufen und schaltete nur den Monitor ab. Vielleicht würde das Gerät ja nach einer Weile den Verbindungsversuch aufgeben und eine andere Meldung anzeigen, die ihm weiterhelfen konnte.

9.

Karin mochte die Schule, auch wenn sie nur ein stickiger, kleiner Raum im unterirdischen Komplex war, der für die zwölf Schüler viel zu eng war. Die Verwaltung hatte vor wenigen Wochen beschlossen, einen größeren Raum für diesen Zweck umzubauen, die Arbeiten würden aber einige Monate in Anspruch nehmen.

Immerhin konnte sich Karin in der Schule mit Anderen ihres Alters treffen. Der Unterricht selbst war ganz in Ordnung, wenn man bedachte, dass es nur wenig Unterrichtsmaterial gab. Gedruckte Schulbücher wurden an der Oberfläche nur selten gefunden und von der Verwaltung sofort digitalisiert. Wenigstens funktionierte das interne Netzwerk der Schule, so dass Karin sich die Daten auch zuhause ansehen konnte.

Bei den Schulfächern waren sie auf die Informationen angewiesen, die sich aus den Fundstücken extrahieren ließen, oder die ihre Mitbewohner im Komplex aus eigener Erfahrung mitbrachten. Jeder Spezialist, ganz gleich welcher Fachrichtung, war ständig damit beschäftigt, sein Wissen in die Datenbank der Gemeinschaft einzugeben. Inzwischen gab es schon sehr viel Wissen, das die Leute zusammengetragen hatten.

Karins Weg nach Hause führte sie wieder durch Sektor 3, in dem neu gebaut wurde. Sie konnte den Geruch wahrnehmen, den die Schweißarbeiten im angrenzenden Korridor produzierten. Eigentlich sollten Kinder den Sektor während der Bauarbeiten meiden, aber die Alternative würde sie weit außen herum führen. Dann müsste sie mindestens 10 Minuten durch die halbdunklen Gänge laufen, bis sie ihren Wohnsektor erreichte.

An der Schleuse zu ihrer Wohnung erwartete Sie schon ihre Mutter. »Du hast wieder die Abkürzung genommen!«, sagte sie nur.

»Tut mir leid. Aber ich mag einfach nicht außen herum gehen.«

»Kann ich verstehen. Ich finde die dunklen Gänge auch nicht so angenehm. Halte dich nur von den Schweißarbeiten fern, ich will nicht, dass dir irgendwann mal ein Klumpen geschmolzenes Metall auf den Kopf fällt.«

»Ich bin vorsichtig. Was gibt es heute zu Essen?«

»Der Gemüsegarten konnte ein neues Gemüse kultivieren. Ich durfte einen ersten Prototypen zum Testen mitnehmen.«

Karin verzog unbewusst das Gesicht. Es gab in der Einrichtung nicht sehr viel Auswahl an Nahrung. Der Gemüsegarten, wie Karins Mutter es nannte, war ein riesiger Forschungskomplex nahe der Oberfläche. Dort wurden unterschiedliche Pflanzen angebaut und deren Eignung getestet, in der unterirdischen Station zu wachsen.

Der Garten war der einzige Bereich, der mit Tageslicht ausgestattet war. Die obere Decke bestand aus transparenten Platten, die das Licht durchließen, das die Pflanzen benötigten. Andere Bereiche des Versuchsgeländes wurden mit künstlicher Beleuchtung betrieben. Die Ergebnisse dort waren jedoch enttäuschend, weil nicht genügend Tageslichtlampen verfügbar waren. Da man diese Lampen nicht selbst herstellen konnte, mussten sie Pflanzen suchen, die auch unter ungünstigen Lichtverhältnissen wuchsen.

»Na gut, dann lass uns mal dein neues Gemüse probieren« sagte Karin, und hoffte, dass es mehr Geschmack hatte als das letzte Experiment, das ihre Mutter mitgebracht hatte. Wie sich herausstelle, schmeckte es gar nicht so schlecht. Karin zog sich nach dem Essen in Ihr Zimmer zurück. Dort schaltete sie Ihren Computer ein, der sich, wie üblich, erst einmal einige Minuten Zeit ließ, um zu starten. Als er endlich soweit war, wollte Sie gerade ihr Grafikprogramm öffnen, um weiter an Ihren Kunstwerken zu arbeiten, da fiel Ihr Blick auf das Terminalprogramm, das ständig im Hintergrund lief. Irgendetwas war heute anders. Es zeigte eine ungewohnte Meldung, die sie vorher noch nie gesehen hatte: Verbindung hergestellt.

10.

Nach dem Abendessen stand die weitere Katalogisierung der Bauteile auf Peters Plan. Er schaltete den Computermonitor wieder ein, um seine Datenbank zu öffnen. Der Bildschirm wurde nur