Rächer des Herzens - Jennifer Blake - E-Book
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Rächer des Herzens E-Book

Jennifer Blake

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Beschreibung

Sie will bittere Rache. Bis seine Liebe sie verzaubert ... Man nennt ihn "den silbernen Schatten": Rio de Silva, ein begnadeter Fechtmeister. Doch er beherrscht auch die hohe Kunst der Verführung, und die unschuldige Celina erliegt der Versuchung. Da fordert ihr Bruder de Silva zum Duell, denn er will Celinas Ehre retten. Doch mit dem Mut seiner Schwester hat er nicht gerechnet... "Ein hinreißender historischer Liebesroman! Jennifer Blake beweist mit diesem Roman einmal mehr, warum sie mit Auszeichnungen überhäuft wird und regelmäßig auf der New-York-Times-Bestsellerliste erscheint!" (Romance Communications)

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Die Originalausgabe erschien unter dem Titel “Challenge to Honour”         Edel eBooks Ein Verlag der Edel Germany GmbH
© 2015 Edel Germany GmbH
Neumühlen 17, 22763 Hamburg
www.edel.com
Copyright © 2004 by Jennifer Blake
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2006 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
Ins Deutsche übertragen von Usch Pilz
Covergestaltung: Agentur bürosüd°, München
Konvertierung: Jouve
Inhaltsverzeichnis
TiteleiImpressumERSTES KAPITELZWEITES KAPITELDRITTES KAPITELVIERTES KAPITELFÜNFTES KAPITELSECHSTES KAPITELSIEBTES KAPITELACHTES KAPITELNEUNTES KAPITELZEHNTES KAPITELELFTES KAPITELZWÖLFTES KAPITELDREIZEHNTES KAPITELVIERZEHNTES KAPITELFÜNFZEHNTES KAPITELSECHZEHNTES KAPITELSIEBZEHNTES KAPITELACHTZEHNTES KAPITELNEUNZEHNTES KAPITEL
New Orleans, Louisiana Februar 1840
ERSTES KAPITEL
Eine Dame möchte Sie sprechen, Monsieur Rio.« Rio de Silva saß mit geschlossenen Augen in einem Ohrensessel, einen Fuß über die verlöschende Glut des Kaminfeuers gestreckt. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Stiefel auszuziehen. In der Hand hielt er einen Cognacschwenker. Rio de Silva rührte sich nicht.
»Verleugne mich«, sagte er schließlich in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, wie wenig er Störungen dieser Art schätzte.
»Das habe ich bereits getan«, antwortete Olivier, der Majordomo. »Aber es hat nichts genutzt.«
Langsam öffnete Rio die Augen. Der Gesichtsausdruck seines Herrn ließ den Majordomo so hastig zurückweichen, dass die Kerze in seiner Hand beinahe erlosch. »Sie soll sich zum Teufel scheren.«
»Sie lässt sich aber nicht abwimmeln.«
Rio studierte Oliviers zimtfarbenes Gesicht. Seine Gereiztheit und der Alkohol, der seine Sinne benebelte, ließen ihn den besorgten Ausdruck auf den feinen Zügen des Dieners geflissentlich übersehen.
Für gewöhnlich empfing Rio keine Damenbesuche. Normalerweise war er derjenige, der das schöne Geschlecht mit seiner Anwesenheit beglückte. Im Schutz der Nacht erklomm er Fassaden und Säulen, kletterte über Regenrinnen auf Balkone oder schlich sich durch Seitentürchen, die eigens zu diesem Zweck unverschlossen geblieben waren. Die Witwen und vernachlässigten Ehefrauen von New Orleans, die sich in ihren Gemächern nur allzu gern die Zeit von ihm vertreiben ließen, schätzten seine Diskretion – und das nicht ohne Grund. Am helllichten Tag mit ihm gesehen zu werden, hätte dem Ruf dieser Frauen unschätzbaren Schaden zugefügt. Eine Dame, die Rio zu dieser späten Stunde in seinem eigenen Haus aufsuchte, riskierte also einen handfesten Skandal. Hinzu kam, dass die Gasse, die die Franzosen Passage de la Bourse und die Amerikaner Exchange Alley nannten, kein Ort für ehrbare Frauen war. Fuhrwerke und Reiter durften sie nicht passieren. Dabei hatten Makler und Anwälte hier ihre Büros, es gab Herrenschneider, aber auch Bars, Spielhallen und zahlreiche Fechtstudios. Ausschließlich Männer besuchten die enge Gasse und frequentierten die Etablissements. Sah man gelegentlich nach Einbruch der Dunkelheit ein weibliches Wesen im Schatten der Arkaden, so handelte es sich mit Sicherheit nicht um eine Lady.
Rio mied Prostituierte. Es war ihm zuwider, die bemitleidenswerten Kreaturen auszubeuten, die aus schierer Not ihren Körper verkaufen mussten. Deshalb hielt er sich von den Damen jenes Gewerbes fern. Auch an den jungen Mädchen und gut aussehenden Witwen der unteren Gesellschaftsschichten, die ihn sicher nicht zurückgewiesen hätten, fand er keinen Geschmack. Nein, er suchte eine ganz bestimmte Art von Liaison: intensiv, diskret und unkompliziert. Diese Bekanntschaften waren selten von Dauer. Die erfahrenen Frauen aus besseren Kreisen, die ihm die Gunst erwiesen, wollten ihr Vergnügen haben, ohne dabei ihren gesellschaftlichen Status zu gefährden oder gar ihr Herz zu verlieren. Keine dieser Damen hätte je einen Fuß über seine Schwelle gesetzt.
»Wirf sie hinaus«, knurrte Rio.
Hinter sich hörte er das Rascheln schwerer Röcke. »Das hat er bereits vergeblich versucht, Monsieur. Vielleicht wollen Sie diese Aufgabe ja gern selbst übernehmen.«
Wie die Klinge eines Degens schnitt die glockenhelle Stimme durch die Branntweinwolken in Rios Kopf. Der kultivierte Akzent und der ironische Unterton wiesen seine Besucherin als Angehörige der französisch-kreolischen Aristokratie der Stadt aus. Diese Stimme hatte er noch nie gehört, darauf hätte er seinen Kopf verwettet. Und wenn eine junge Dame aus besserem Hause hier allein mit ihm überrascht wurde, bestand durchaus die Möglichkeit, dass er ihn verlor.
Er leerte das Glas und stellte es auf ein Tischchen neben seinem Sessel. Dann erhob er sich. Deutlich schwerfälliger, als es seiner Gewohnheit entsprach, wandte er sich zu der Dame um.
Sie erfüllte den schummrig beleuchteten Raum mit Licht. Anders konnte man es nicht ausdrücken. Ihre helle Haut strahlte vor Gesundheit und Lebendigkeit. Ihr lockiges Haar war zu einer hohen Frisur aufgesteckt, aus der sich eine ganze Kaskade von goldbraunen Korkenzieherlöckchen über ihre Schulter bis auf die Brust hinab ergoss. Das Kerzenlicht ließ ihr Kleid aus golddurchwirkter weißer Seide wie Perlmutt schimmern – ganz besonders das eng anliegende Oberteil, das sich im Rhythmus ihrer schnellen Atemzüge hob und senkte. Den Umhang aus schwerem, bronzefarbenem Satin hatte sie zurückgeworfen. Sein Futter in Rosa und Korallenrot reflektierte das warme Licht der Glut.
Olivier machte einen Schritt auf die Dame zu. Es sah aus, als wolle er sich schützend vor sie stellen. »Mademoiselle, ich bedauere …«
»Lass sie in Ruhe.« Mit einer schnellen Handbewegung scheuchte Rio Olivier aus dem Zimmer. Dabei wandte er den Blick nicht von seiner Besucherin.
Olivier zog sich unter vielen Verbeugungen zurück. Seine Miene war undurchdringlich. Anders als sonst ließ er die Tür jedoch einen Spaltbreit offen stehen. Rio nahm es gelassen zur Kenntnis. Damen aus gutem Hause beeindruckten seinen schlanken und etwas dandyhaften Majordomo nun einmal. Er brachte ihnen Respekt, ja vielleicht sogar fürsorgliche Gefühle entgegen. Rio selbst war gegen derlei Anwandlungen weitgehend immun.
»Nun, Mademoiselle«, sagte er in überzogen freundlichem Ton, »was verschafft mir die Ehre?«
»Tiefe Sorge. Aber offensichtlich war sie umsonst«, antwortete die Dame knapp. »Wenn sich der viel gerühmte Silberne Schatten so auf ein Treffen im Morgengrauen vorbereitet, brauche ich mich wohl nicht um meinen Bruder zu ängstigen.«
Nun wusste Rio, wen er vor sich hatte, und wurde noch ärgerlicher. Mit den geschmeidigen Schritten eines Raubtieres näherte er sich seiner Besucherin. »Mademoiselle Vallier, nehme ich an, wenn Denys Vallier Ihr Bruder ist?«
»Ganz recht, Celina Vallier.«
Als er noch näher trat, weiteten sich ihre Augen, doch sie wich nicht zurück. Eigentlich sprach das für sie, aber es stimmte Rio keinesfalls gnädiger. »Hat Denys Sie hergeschickt?«
»Nein!«
Rio blieb so dicht vor ihr stehen, dass er nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um sie zu berühren. »Dann sind Sie aus freien Stücken hier?«
»So ist es.«
Er studierte das trotzig in die Höhe gereckte Kinn und staunte über ihren festen Blick. Diese Frau verwirrte ihn. Vom Aussehen her entsprach Celina Vallier nicht dem derzeitigen Schönheitsideal. Gefragt waren Zuckerpüppchen mit drallen Rundungen, einem Schmollmund und rosigen Wangen. Aber Celinas feine Züge waren viel zu markant, um einfach nur süß zu wirken. Nach niedlichen Grübchen suchte man in diesem Gesicht umsonst. Besonders auffallend waren ihre ausdrucksvollen, weit auseinander stehenden Augen von der Farbe des goldenen Weins von Jirez. Rios Blick weidete sich an den hohen Wangenknochen und dem perfekten Schwung ihrer Lippen. Besonders anziehend machte diese Frau jedoch ihre Ausstrahlung, derer sie sich offenbar gar nicht bewusst war. Rio nahm an, dass Celina Vallier tatsächlich so unschuldig war, wie die Farbe ihres Kleides es symbolisierte. Wahrscheinlich kam sie direkt von einer Opernaufführung. In New Orleans war es üblich, die aussichtsreichsten Bewerber um die Hand heiratsfähiger junger Damen in den Familienlogen des Opernhauses zu empfangen.
Für Rios Geschmack war diese junge Frau ein wenig zu kühn. Er wusste nicht, ob er sie für ihren Mut bewundern oder verfluchen sollte.
»Offenbar kümmern die Konsequenzen Ihres Kommens Sie nicht.« Rio hatte einen vieldeutigen Unterton in seine tiefe Stimme gelegt.
»Die Konsequenzen?« Verwirrt sah Celina ihn an. »Ich wollte nur wenig von Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nehmen und Sie fragen, ob es wirklich notwendig ist, jemanden in Gefahr zu bringen, der sicher längst nicht so geübt ist wie Sie. Ich hoffte, es ergäbe sich eine Möglichkeit, das Duell abzusagen.«
Rio musterte die junge Frau abermals eingehend. Aufreizend langsam ließ er den Blick über ihr ovales Gesicht, den schlanken Hals und die weißen Schultern über dem tiefen Dekolletee gleiten. Die glatte, porzellanhelle, von zarten blauen Venen durchzogene Haut und die wohlgeformten Rundungen luden das Auge zum Verweilen ein. Als er Mademoiselle Vallier wieder ins Gesicht sah, bemerkte er, dass ihr die Röte in die Wangen gestiegen war. In ihren Augen las er Entrüstung. Das war gut so. »Heißt das, Ihr Bruder würde dem Duell gern fernbleiben?«
»Auf gar keinen Fall. Sie wissen so gut wie ich, dass man ihn einen Feigling nennen würde, wenn er es täte. Und wie ich schon sagte, er hat nicht vor … er will …«
»Er weiß nicht, dass Sie hier sind. Und ich nehme an, Sie haben auch sonst niemandem davon erzählt.«
Celina schluckte. Das leichte Zucken in ihrer Kehle weckte in Rio den Wunsch, seine Lippen an dieser Stelle auf die zarte Haut zu pressen. Es dauerte einen Augenblick, bis er sich auf ihre Antwort konzentrieren konnte.
»Ja, das stimmt.«
Rio trat noch ein wenig näher. »Und Ihre Mutter, Ihre Anstandsdame, Ihre Zofe? Wer immer über Ihre Keuschheit wachen mag – wie sind Sie diese Person losgeworden?«
»Meine Zofe wartet unten«, antwortete Celina. Inzwischen sah man ihr das wachsende Unbehagen deutlich an. »Aber ich wüsste nicht, was das zur Sache tut.«
Rios Lippen kräuselten sich zu einem spöttischen Lächeln. »Haben Sie denn kein schlechtes Gewissen, wenn die Dame so lange auf Sie warten muss?«
»Ich hatte nicht vor, diesen Besuch länger als nötig auszudehnen.«
»Tatsächlich?« Rios Tonfall war schmeichelnd.
»Ja, tatsächlich. Eigentlich wollte ich Sie nur bitten …«
»… mich bitten, Nachsicht gegenüber Denys walten zu lassen oder zu dem Treffen im Morgengrauen gar nicht erst anzutreten?«
»Was … was immer Ihnen passender erscheint.«
»Beide Möglichkeiten würden zu meinen Lasten gehen. Sie werden also verstehen, dass ich ein Recht auf eine Entschädigung habe.«
Celina befeuchtete ihre Lippen. Rio widmete dem deutlich mehr Aufmerksamkeit, als man das üblicherweise tat. Nun klang Celinas Stimme schon weitaus weniger fest. »Falls Sie dabei an Geld denken, muss ich Ihnen leider sagen, dass ich nicht über größere Summen verfüge«, erklärte sie. »Aber ich besitze einige wertvolle Schmuckstücke.«
»Derlei Tand interessiert mich nicht.« Rio versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie geschmacklos er das Ansinnen fand, sich sein Wohlwollen mit Gold zu erkaufen.
»Meine Stute könnte ich Ihnen geben. Sie ist ein wertvolles, hochblütiges Tier und passt zu einem Gentleman sicher genauso gut wie zu einer Lady.«
»Nein.«
»Es tut mir aufrichtig Leid, aber etwas anderes kann ich Ihnen nicht anbieten!« Celina presste die Lippen aufeinander. Ihr Blick wurde trotzig.
»Wirklich nicht?« Rio hob eine Augenbraue und wartete.
Celina Vallier mochte unerfahren sein, aber dumm war sie nicht. Diese junge Dame wusste genau, worauf er hinauswollte. Aber entweder glaubte sie, etwas so Ungeheuerliches könne sich ihr gegenüber niemand herausnehmen, oder sie hielt ihn schlichtweg nicht für dreist genug, das Unaussprechliche in die Tat umzusetzen. In Letzterem täuschte sie sich allerdings gewaltig.
Sie richtete den Blick auf einen Punkt in der Nähe seines offenen Hemdkragens und sagte: »Sie sehen mich ratlos. Ich wüsste nicht, woran Sie sonst Gefallen finden könnten.«
»An Ihnen.« Mit Fingern, die vom häufigen Gebrauch des Degens mit einer dicken Hornhaut überzogen waren, berührte er ihre blütenzarte Wange. Dann zeichnete er sanft mit dem Daumen die geschwungene Linie ihrer vollen Unterlippe nach. »Für eine Nacht in Ihren Armen wäre ich zu gewissen Opfern bereit.«
Rio hatte damit gerechnet, dass sie sich schreckensbleich vor ihm zurückziehen würde, vielleicht ohnmächtig wurde oder ihm eine Ohrfeige versetzte. Nichts von alledem geschah. Wie die Berührung einer Feder spürte Rio ihren scharfen Atemzug auf seiner erhobenen Hand. Er sah, wie sie blass wurde und erschauerte. Doch sie stand stockstill.
»Ausgeschlossen.«
Etwas anderes hatte Rio nicht erwartet, und doch zogen sich ob dieser deutlichen Zurückweisung seine Bauchmuskeln zusammen. Sanft berührte er Celinas emporgerecktes Kinn und spielte mit den weichen Kringeln einer Haarsträhne, die auf ihrer Schulter lag. »Und warum, wenn ich fragen darf?« Seine Stimme war ein zärtliches Raunen.
Celina starrte ihm geradewegs in die Augen, wich seinen Berührungen allerdings nicht aus. »Weil allein der Gedanke verwerflich ist. Kein wahrer Gentleman würde so etwas verlangen.«
»Oh, da haben Sie zweifellos Recht. Aber wie Sie wohl wissen, bin ich alles andere als ein Gentleman.«
»Das behauptet man aber von Ihnen«, entgegnete sie. Nun schwang in ihrer Stimme eine gewisse Verzweiflung mit.
Fast hätte ihr Ton Rio bewogen, von ihr abzulassen. In einem weniger alkoholisierten Zustand wäre ihm dies wohl auch gelungen. Doch nun ritt ihn ein Teufel, der das Spiel auf die Spitze treiben wollte. Der sich nicht um bewährte Tugenden, gute Manieren oder halb vergessene Träume scherte. »Schließlich geht es um das Leben Ihres Bruders. Was hält Sie davon ab, für sein Wohl ein paar Stunden zu opfern?«
Ihr Blick wurde fest. »Meine Ehre«, antwortete sie.
»Die natürlich viel wichtiger ist als die meine. Darüber brauchen wir nicht zu streiten.« Rios Lächeln war nicht ohne Bitterkeit. »Aber Sie müssen wissen, für mich ist die Ehre alles, was ich habe.«
Rio schwieg und ließ die Stille ihre Wirkung tun. Endlose Minuten vergingen, während denen Celina ihn eingehend musterte. Nichts schien ihrem Blick zu entgehen, bis er schließlich an der Narbe auf seinem Kinn hängen blieb. Man hätte glauben können, sie wolle bis in seine Seele hineinsehen. Dann rutschte ein Brocken Kohle in die Glut. Die Flammen loderten noch einmal auf und warfen orangefarbene Schatten an die Wände. Sie spiegelten sich in Celinas Augen und erhellten deren Dunkelheit.
»Ich glaube, nun verstehe ich Sie«, sagte sie. »Es lag nie in Ihrer Absicht, mich zu irgendwelchen Intimitäten zu nötigen. Sie wollten mich nur auf die Probe stellen. Ja, und vielleicht wollten Sie mich auch warnen.«
»Ich bewundere Ihren Tiefsinn.«
»Sicher nähmen Sie das Opfer nicht einmal an, selbst wenn ich mich auf der Stelle in Ihre Arme werfen würde.«
Die heiße Woge, die Rio bei dieser Vorstellung durchflutete, überraschte ihn. Mit aller Macht kämpfte er sein Verlangen nieder. Dennoch gelang es ihm nicht, seiner Stimme einen völlig neutralen Ton zu geben. »An Ihrer Stelle würde ich nicht die Probe aufs Exempel machen«, sagte er ein wenig heiser.
»Das habe ich auch nicht vor. Aber verstehen Sie doch, es ist gerade Ihr Ruf als Ehrenmann, der mich veranlasste, mit meinem Anliegen zu Ihnen zu kommen. Wozu sollte Ihnen ein Kampf mit meinem Bruder dienlich sein? Sie sind ein Maître d’Armes, ein Fechtmeister, der andere die Kunst des Umgangs mit der Klinge lehrt. Noch nie ist es einem Gegner gelungen, Sie zu schlagen. Sie beherrschen alle Fertigkeiten, alle Finten und sind jedem Herausforderer gewachsen. Das haben Sie bei öffentlichen Schaukämpfen gegen die besten Fechtinstruktoren von New Orleans oft genug unter Beweis gestellt. Wer wollte Sie der Feigheit bezichtigen, wenn Sie in diesem Fall sich nicht auf dem Kampfplatz einfinden? Was ist unehrenhaft daran, wenn Sie einem, der Ihnen nie das Wasser reichen könnte, ein Duell mit vielleicht tödlichem Ausgang ersparen?«
Celina hatte mit Leidenschaft gesprochen, doch Rio konnte sich nicht erlauben, sich davon erweichen zu lassen. »Sie wissen, dass Ihr Bruder erledigt ist, wenn ich nicht erscheine. An der Schande zu sterben ist keinesfalls leichter als an einem Stich ins Herz.«
»Dann fechten Sie mit ihm, aber …«
»… aber tun Sie ihm nichts zuleide?«, fiel er ihr ins Wort. »Zwingen Sie ihn nicht, sich zu verteidigen? Vielleicht wollen Sie mich auch noch bitten, mich ein-oder zweimal von ihm durchbohren zu lassen, damit er als ruhmreicher Sieger vom Felde ziehen kann?«
»Das habe ich nie gesagt!«
»Wohl wahr. Aber gedacht haben Sie daran. Geben Sie es zu.«
Celina war klug genug, ihm nicht zu widersprechen. Stattdessen sagte sie: »Vor drei Jahren fiel mein älterer Bruder, Theodore, auf dem Feld der Ehre. Im Sommer darauf starben meine Mutter und meine jüngere Schwester an Gelbfieber, während sich mein Vater wegen seiner Herzbeschwerden in White Sulphur Springs aufhielt. Denys und ich entgingen dem Fieber nur, weil wir ihn begleiteten. Nun ist Denys der Letzte der Valliers. Wenn er … wenn er morgen sterben sollte, ist das auch der sichere Tod meines Vaters.«
»Wie melodramatisch«, sagte Rio. »Er hätte doch noch Sie.«
»Eine Tochter?« Celinas Lächeln wirkte fast grimmig. »Das ist nicht dasselbe.«
Rio verstand sehr gut, was sie meinte. Die in New Orleans ansässigen Franzosen liebten ihre Töchter, verwöhnten sie und erfreuten sich an ihren entzückenden kleinen Eigenheiten, wie man sich an einem drolligen Kätzchen erfreut. Doch eine Tochter bedeutete immer auch eine gewisse Gefahr für die Familienehre. Deshalb bemühte man sich, so bald wie irgend möglich eine standesgemäße und im besten Falle sogar einträgliche Ehe für sie zu arrangieren. Wenn die Familie aus der Verbindung einen finanziellen Nutzen ziehen konnte, wenn sie dem gesellschaftlichen Ansehen zuträglich war – umso besser. Fand sich kein passender Verehrer oder fehlte das Geld für die Mitgift, so war die Tochter des Hauses dazu verurteilt, sich für den Rest ihres Lebens um die alternden Eltern zu kümmern, einem Bruder den Haushalt zu führen oder die Kinder der Verwandtschaft zu hüten. Ansonsten konnte man sie immer noch ins Kloster schicken. Ein Sohn hingegen sorgte dafür, dass der Familienname erhalten blieb, dass das Geschlecht nicht ausstarb. Ein solcher Stammhalter gereichte seinem Vater zur Ehre, nahm ihm gewisse familiäre und gesellschaftliche Verpflichtungen ab und erbte natürlich den größten Teil des Vermögens. Kurz und gut: Eine Tochter betrachtete man als Bürde, während ein Sohn als Segen galt.
Rio wusste das sehr gut, denn in der spanischen Aristokratie herrschten ähnliche Verhältnisse. Früher hatte er all diese Konventionen und Gesetze als gottgegeben erachtet, obwohl es ihm als Knabe oft peinlich gewesen war, wenn sein Vater ihn den Schwestern vorzog. Doch nachdem seine Eltern und Geschwister in den katalonischen Bergen im Sommerhaus der Familie bei einem Feuer umgekommen waren, hatte nicht zuletzt das ganz auf den Sohn ausgerichtete Erbrecht ihn in höchste Gefahr gebracht.
»Dann hat Sie wohl Ihr Vater zu mir geschickt?« Rio legte bei dieser ungeheuerlichen Frage mit gespielter Unschuld den Kopf schief. »Wenn er Sie so wenig schätzt, wäre es doch nicht weiter verwunderlich, dass er Ihnen die Aufgabe zuschiebt, bei mir vorzusprechen.«
»Sie kennen ihn nicht, sonst würden Sie nicht so über ihm reden. Sein Stolz würde das niemals zulassen. Außerdem glaubt er ohnehin nicht an weibliche Überredungskünste.«
Rio fand diese Aussage bemerkenswert und hätte viel dazu zu sagen gewusst. Doch er begnügte sich mit einem einzigen Satz. »Er ist ein Narr.«
»Wohl kaum.«
»Wie Sie meinen. Aber sicher gehört auch er zu den Männern, die ihre Töchter lediglich als eine Art Zierrat betrachten. Ich frage mich«, fuhr Rio nachdenklich fort, »was er wohl täte, wenn er wüsste, dass Sie zu mir gekommen sind und damit Ihren Ruf aufs Spiel setzen.«
»Er wird es nicht erfahren.« Celina presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie blass wurden.
»Auch nicht von Ihrer Zofe?«
»Sie ist mir treu ergeben.«
»Dazu beglückwünsche ich Sie. Dennoch finde ich es bemerkenswert, dass Sie so viel riskieren.«
»Das war unvermeidbar, denn in gewisser Weise scheine ich der Grund für das bevorstehende Duell zu sein.«
Sie wusste es also. »Ihr Bruder hat es Ihnen gesagt? Das war nicht besonders klug von ihm.«
»Denys und ich waren schon als Kinder ein Herz und eine Seele, und in den letzten drei Jahren sind wir noch näher zusammengerückt. Früher oder später erfahre ich stets alles, was ihn bewegt.«
»Ein Gentleman belastet die Frauen der Familie nicht mit solchen Angelegenheiten.«
»Ach, ich bitte Sie«, sagte Celina. Dabei triefte ihre Stimme plötzlich vor Sarkasmus. »Die Gesetze des Code Duello mögen Männern heilig sein, aber eine Frau empfindet sie als lächerlich. Außerdem verstehe ich nicht, warum Sie glaubten, in einer öffentlichen Spielhalle abfällig von mir sprechen zu müssen. Sie kennen mich doch gar nicht. Soweit ich weiß, sind wir uns nie begegnet, haben vor heute Abend nie auch nur ein einziges Wort miteinander gewechselt.«
Das stimmte. Die Väter, Brüder, Vettern und entfernten männlichen Bekannten junger Damen aus gutem Hause mochten sich gelegentlich herablassen, einem armseligen Maître d’Armes eine gewisse Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. In Bars und Restaurants, in den Spielhallen, beim Pferderennen, bei der Bullenhatz und bei öffentlichen Tanzveranstaltungen mochten sie ihn wohl grüßen und mit ihm sprechen. Vielleicht besuchten sie sogar sein Fechtstudio, imitierten seinen Kampfstil, ließen ihre Westen nach dem Vorbild seiner Westen schneidern oder ahmten seine vollendete Verbeugung nach. Aber nie würden sie ihm die Türen ihrer Häuser öffnen oder ihn zu den privaten Bällen einladen, auf denen ihre Töchter, Schwestern und Cousinen unter den wachsamen Augen ihrer Anstandsdamen das eine oder andere Tänzchen wagten. Diesen wohlbehüteten jungen Damen wurde er niemals vorgestellt.
Vor langer Zeit, als er noch ein junger Mann mit großen Ländereien, einem Vermögen und einer viel versprechenden Zukunft gewesen war, hätte er Zugang zu diesen Kreisen gehabt. Aber jetzt nicht mehr.
»Nein«, sagte er leise. »Wir sind einander nie begegnet.«
»Unsere Pfade haben sich nie gekreuzt?«
»Nein, jedenfalls nicht so, wie Sie es meinen.«
»Ich habe nie jemanden verletzt oder jemandem geschadet, der Ihnen nahe stand?«
»Nein.«
»Dann weiß ich nicht, wie Sie dazu kommen, etwas Ehrenrühriges über mich zu sagen. Man könnte fast glauben, es geschah nur in der Absicht, das Duell, das mir solches Kopfzerbrechen bereitet, zu erzwingen.«
»Sie ziehen die falschen Schlüsse.«
Der Zorn ließ Celinas Augen funkeln. »Tatsächlich? Dann erklären Sie mir bitte, was ich mit der ganzen Sache zu tun habe.«
»Man könnte von einem bedauerlichen Versehen sprechen. Zu dem bewussten Zeitpunkt kannte ich nicht einmal Ihren Namen. Ich sprach nur ganz allgemein von der zukünftigen Braut.« Für gewöhnlich rechtfertigte sich Rio nicht für seine Worte und Taten. Doch er fand, dass Celina eine Erklärung verdient hatte.
»Sie wollten dieses Duell.«
»Nein.«
»Aber warum …«
»Ich hatte meine Gründe und möchte nicht darüber sprechen. Aber ich bin bereit, mich in aller Form bei Ihnen zu entschuldigen, wenn das Ihren verletzten Stolz wiederherstellt und Sie dann meine Räumlichkeiten verlassen.«
»Hier geht es nicht um meinen Stolz! Ich lasse es einfach nicht zu, dass Ihre grundlos dahingesagten Worte meinen Bruder das Leben kosten. Wenn Sie falsche Behauptungen in die Welt setzen, sollten Sie auch den Anstand haben, sie zu widerrufen.«
»Das kann ich nicht.«
»Dann stimmt es also doch. Sie haben Denys dieses Duell aufgezwungen.«
»Ich hatte nie die Absicht, mich mit Ihrem Bruder zu messen. Er hörte eine Bemerkung, die für einen anderen bestimmt war, und forderte mich heraus.«
»Für einen …« Celina hielt inne und sagte dann leise: »Oh.«
Rio sah, wie sich diese neue Erkenntnis nach und nach im Ausdruck ihrer sherrygoldenen Augen niederschlug. »Nach einer formellen Herausforderung gibt es kein Zurück.«
»Nicht wenn man die Mühe scheut, das Missverständnis aufzuklären. Genau wie jetzt, in diesem Augenblick mir gegenüber.«
»Genau.« Weiteres sagte Rio nicht, denn er fand, er habe seiner Besucherin schon mehr als genug gesagt.
»Das ist doch Irrsinn! Eine andere Beschreibung verdienen die lebensgefährlichen Spielchen nicht, derer sich unsere Gentlemen heutzutage befleißigen. Wegen irgendwelcher Nichtigkeiten sticht man mit Degen auf einander ein oder erschießt sich gegenseitig mit Pistolen! Das hat nichts mehr mit Ehre zu tun. Das ist pure Idiotie.«
»Es steht mehr auf dem Spiel, als Sie ahnen. Ehre …«
»Sagen Sie mir, was es ist! Dann kann ich mich Ihrer Meinung vielleicht anschließen. Ansonsten müssen Sie mir zugestehen, dass ich Ihre Auffassung von Ehre nicht teile. Ich kann jedenfalls nichts Ehrenhaftes dabei finden, einen jungen Mann aufzuspießen, der kaum weiß, wie man einen Degen hält, und der nur kämpft, weil aus irgendwelchen obskuren Gründen seine Schwester verleumdet wurde.«
Celina hatte Recht, und Rio wusste es. Das erklärte auch, warum er den Branntweinkrug, der auf dem Tisch stand, schon zur Hälfte geleert hatte. Denys Vallier war nicht der Mann, mit dem er bei Tagesanbruch die Klingen kreuzen wollte. Er wollte sich nicht mit ihm messen, hatte kein Verlangen danach, ihn zu verletzen oder gar zu töten.
Abgesehen davon war es nicht der Zweck eines Duells, den Gegner umzubringen. Normalerweise galt die verletzte Ehre schon bei der ersten blutenden Wunde als wiederhergestellt. Doch allzu oft führte ein schwaches Handgelenk, eine ungeschickte Parade oder ein Angriff, der mit mehr Eifer als Finesse durchgeführt wurde, dazu, dass man auf dem Friedhof eine weitere Tafel mit der Inschrift Mort dans le champs d’honneur anbringen musste. Gefallen auf dem Feld der Ehre.
»Ich verdiene mit dem Fechten meinen Lebensunterhalt«, sagte Rio. Gegen seinen Willen fühlte er sich zu weiteren Erklärungen verpflichtet. »Entstehen irgendwelche Zweifel an meinem Können, so bin ich erledigt. Die Männer, die mich aufsuchen, um von mir die Kunst des Überlebens zu lernen, werden sich einen anderen Lehrer suchen. Mehr noch – wenn bekannt wird, dass ich von einem Anfänger geschlagen wurde, wird das zahllose weitere Duelle nach sich ziehen. Ich schrecke vor keiner Herausforderung zurück, aber ich suche den Kampf Mann gegen Mann auch nicht nur zum Zeitvertreib.«
»Im Falle meines Bruders wollen Sie offenbar eine Ausnahme machen.« So abrupt, dass sich ihr seidener Rock bauschte, drehte sich Celina um und marschierte in die Ecke des Zimmers, wo die bronzene Napoleonbüste stand. Eine Zeit lang starrte sie die Figur düster an, dann fuhr sie sich mit einer unwirschen Geste über die Augen und wandte sich wieder zu Rio um. »Also gut. Ich lasse mich auf den Handel ein.«
»Den Handel …?«
»Ja, Ihren Vorschlag. Meine Ehre gegen die Ihre. Eine Entschädigung dafür, dass Sie gegen Ihre Prinzipien verstoßen und in Kauf nehmen, dass Ihr Ruf als Fechtmeister Schaden nimmt. Darum ging es Ihnen doch, oder etwa nicht?«
Damit hatte Rio nicht gerechnet. Tränen, flehentliche Bitten und Vorhaltungen hätte er verstanden. Aber dass Celina Vallier nun plötzlich bedingungslos kapitulierte, verwirrte ihn zutiefst.
»Nun? Wie lautet Ihre Antwort?«
»Wissen Sie, worauf Sie sich da einlassen wollen?«
»Sie haben es mir deutlich genug gesagt«, entgegnete Celina spitz. »Ich denke, ich verlange nichts Unmögliches. Ich will, dass Sie meinem Bruder nur eine blutende Wunde schlagen, die ihm keine übermäßigen Schmerzen bereitet. Auf keinen Fall sollen Sie ihn ernsthaft verletzen. Als Gegenleistung werde ich tun, was Sie verlangen.«
Branntwein und erhitztes Blut erwiesen sich einmal mehr als gefährliche Mischung. Rio konnte plötzlich seinen eigenen Herzschlag hören. Seine wildesten Instinkte regten sich und teilten sich binnen kurzem der Stelle unterhalb seines Hosenbundes mit. Es war unehrenhaft, das Opfer der jungen Frau anzunehmen, das wusste Rio. Eigentlich hätte er mit ein paar deutlichen Worten dafür sorgen müssen, dass Celina Vallier entsetzt das Weite suchte. Das wäre ihr gegenüber am anständigsten und für Rio selbst um einiges ungefährlicher gewesen als irgendein Handel, den sie miteinander schlossen.
Doch die richtigen Worte wollten sich nicht finden. Stattdessen nahm vor Rios geistigem Auge die Vision einer teuflischen Rache Gestalt an. Ihre Wirkung war viel perfider und auf lange Sicht zerstörerischer als ein simpler Stich ins Herz. Er musste lediglich die junge Dame zu seiner Geliebten machen, die sein Feind zu ehelichen gedachte. Dann würde dieser in der Hochzeitsnacht keine jungfräuliche Braut in seinem Bett vorfinden, sondern eine Frau, die möglicherweise sogar ein neues Leben in sich trug. Rios Kind würde zum rechtmäßigen Erben seines Feindes werden. Konnte es eine perfektere Rache geben? Rio musste dafür nur eines in die Waagschale werfen: seine Ehre.
Sollte er so weit gehen?
Konnte er das tun?
Wie im Traum ging er mit langsamen Schritten auf Celina Vallier zu. Er nahm ihre Hand, hob sie an die Lippen und berührte die zarte Haut über den Fingerknöcheln mit seinem heißen Mund. Dann legte er sich ihre schlaffen Finger auf die Schulter, umfasste ihre schlanke Taille und zog sie an sich. Das Gefühl der harten Korsage aus Walbein unter seiner Hand, der Druck der bauschigen Röcke an seinen Schenkeln stachelte Rio noch weiter auf. Celinas Duft, der ihn an sonnenwarme Rosenblüten erinnerte, stieg ihm zu Kopf. Ihrem anklagenden Blick wich er aus, indem er die Lider senkte und nur die weichen, bebenden Kurven ihrer feuchten Lippen betrachtete. Er kostete ihren süßen Geschmack, sog das Gefühl der Weichheit, der verführerischen Unschuld in sich auf wie ein Verdurstender.
Sie wehrte sich nicht. Ein leiser Schauer ließ sie erbeben, dann stand sie reglos, von seinen Armen umfangen. Rio spürte keine Leidenschaft, kein Verlangen, das dem seinen glich, nur stumme Duldsamkeit und unterwürfiges Abwarten.
Das reichte ihm nicht. Er wollte sie seufzen hören, wollte, dass sie sich an ihn drängte und an ihm festhielt. Er wollte, dass sie sich nach ihm verzehrte – nicht mehr und nicht weniger. Wenn er für die Rache seine Seele verkaufen musste, war es nur gerecht, wenn auch sie es tat. Nur dann würde er zufrieden sein. Er wollte seinem Feind eine Frau in die Arme legen, die sich nach einem anderen verzehrte und im Bett ihres alternden Gatten nie Erfüllung finden konnte. Das wäre sein endgültiger Triumph.
Rio beendete den Kuss mit größter Zartheit und trat einen Schritt zurück. »Nicht jetzt«, sagte er heiser. »Erst nach dem Duell.«
»Was dann?«
»Dann werde ich zu Ihnen kommen, denn bis dahin wissen Sie, dass ich Wort gehalten habe.« Genau so würde er es halten. Mochte der Himmel ihm verzeihen. Wie es dann weitergehen sollte, wusste der Teufel allein.
Celina berührte ihre Lippen mit den Fingerspitzen und sah Rio mit großen Augen an. Er bemerkte, wie blass sie geworden war. »Bitte, ich …«
»Sie brauchen sich nicht zu fürchten«, sagte er leise. »Niemand wird davon erfahren. Ihr ehrbarer Name ist nicht in Gefahr. Auch das verspreche ich Ihnen.«
»Gut.« Ihre Stimme war zu einem kaum hörbaren Flüstern geworden.
Rio fasste Celina am Arm, führte sie aus dem Zimmer und in den Vorraum, wo Olivier und die Zofe warteten. Dann sah er zu, wie die beiden Frauen die Treppe hinabstiegen, und stellte zufrieden fest, dass die Zofe ihre Herrin mit einem Schleier verhüllte und dafür sorgte, dass das Cape das verräterische weiße Kleid gänzlich bedeckte. Langsam verhallten die Schritte und das Rascheln der langen Röcke auf den Treppenstufen.
Rio hätte den Damen gern seine Begleitung angeboten, doch mit ihm gesehen zu werden, hätte ihnen nicht gerade zur Ehre gereicht. Er gab Olivier ein paar Anweisungen und ließ sich von ihm Mantel, Hut und Handschuhe bringen. Dann nahm er seinen Degen und den Stock aus dem Ständer neben der Tür und ging hinaus in die Nacht.
Er folgte Celina Vallier und ihrer Zofe unauffällig durch die enge Gasse bis in die Seitenstraße, die zur Rue Royale führte. Rio ließ die beiden so weit vorausgehen, dass er sie gerade noch sehen konnte. Gelegentlich wurden sie vom Lichtschein der Gaslaternen erfasst, die die Straßenecken erhellten. Sie überquerten die Rue Royale und gingen an den Mauern der Höfe entlang. Der betörende süße Duft von Jasmin drang aus den Gärten. Man hörte das leise Plätschern unsichtbarer Brunnen. Ein oder zwei Straßenecken weiter stand das Stadthaus der Valliers. Im Erdgeschoss befand sich eine Hutmacherwerkstatt, denn in New Orleans galten ebenerdige Wohnräume als zu schmutzig und auch als zu gefährlich. In das schmiedeeiserne Hoftor war eine Fußgängerpforte eingelassen. Geräuschvoll fiel sie hinter den Damen ins Schloss. Minuten später drang der schwache Schein von Kerzenlicht durch die Ritzen der Fensterläden eines Eckzimmers. Es lag hinter dem in traditionellem Blau und Grün gestrichenen Geländer des oberen Balkons.
Rio merkte sich die Lage des Zimmers genau. Sie auszukundschaften war ihm mindestens ebenso wichtig gewesen wie mit eigenen Augen zu sehen, dass die Damen wohlbehalten zu Hause ankamen. Eine Zeit lang blieb er noch auf seinem Beobachtungsposten und verfolgte die Schatten, die sich hinter den Fensterläden bewegten. In ihm stritten sich Zufriedenheit und Zweifel. Ein starker Beschützerinstinkt kämpfte gegen aufkeimenden Besitzerstolz an, und die Vorfreude wurde durch eine unbestimmbare innere Unruhe gedämpft.
Celina Vallier war ihm ausgeliefert. Sie hatte ihm die letzten Schritte auf dem langen, beschwerlichen Weg seines Rachefeldzuges gewiesen. Ihr gegenüber brauchte er kein schlechtes Gewissen zu haben, denn sie durfte sich glücklich schätzen, ihre ersten intimen Erfahrungen mit ihm zu sammeln statt mit ihrem zukünftigen Gatten. Jeder andere Mann wäre besser gewesen als jener. Es durfte nur ein einziges kurzes Treffen geben. Danach würde Rio nie wieder mit ihr sprechen, ihr nie wieder gegenübertreten. Die Geheimnisse, die sie mit in ihr Ehebett nahm und sogar später als Witwe noch weiter hüten würde, waren bei ihm sicher aufgehoben.
So sollte es geschehen, so verlangte es die Gesellschaft, in der sie lebten. Für Reue oder Bedauern gab es keinen Platz und keinen Grund. Rio fragte sich, warum sich diese ungebetenen Gefühle dennoch in sein Herz schlichen.
Neben den immer spürbarer werdenden Gewissensbissen regte sich langsam ein Verdacht in ihm. Er bemühte sich, seine Gedanken zu sortieren.
ZWEITES KAPITEL
Was hatte sie nur getan?
Wie der Schlag einer Kirchenglocke hallte die Frage durch Celinas Kopf, während sich Suzette an ihrem Rücken mit den Knöpfen des Abendkleides abmühte. Wie hatte sie nur den Mut gefunden, einen Handel mit Rio de Silva zu schließen und diesen mit ihrem Wort zu besiegeln? Aus Sorge um Denys’ Leben war sie zu dem Fechtmeister gegangen, und nun bot sich ihr plötzlich die Möglichkeit, damit die Kontrolle über ihr eigenes Leben zurückzuerlangen! Doch zuerst musste sie sich dem Willen des Silbernen Schattens beugen.
Mit einer geübten Handbewegung zog Suzette ihr das Kleid über den Kopf. Auf dem Weg zu dem Kleiderschrank aus Rosenholz warf sie über die Schulter einen Blick in Celinas Richtung. »Nun?«
»Was, nun?«
»Wirst du mir sagen, was zwischen dir und dem großen Maître d’Armes vorgefallen ist, oder soll ich es erraten?«
»Ich dachte, du würdest ohnehin lauschen.« Celina wich dem Blick ihrer Zofe aus. Sie machte sich an den Schnüren ihrer Unterröcke zu schaffen. »Oder hat dich der Majordomo zu gut unterhalten?«
»Wir haben über dies und das geredet«, antwortete Suzette mit einem Achselzucken.
»Er sieht ziemlich gut aus, nicht wahr?«
»Meinst du Olivier? Oder sprichst du von Monsieur de Silva?«
Einen Herzschlag lang sah Celina vor ihrem inneren Auge den Fechtmeister, wie er vor kaum einer Stunde vor ihr gestanden hatte. Der strenge Schnitt seiner markanten Züge und die silbernen Linien, die seine grauen Augen wie Blitze durchzogen, waren ihr wie ins Gedächtnis gebrannt. Eine feine Narbe erstreckte sich vom Unterlid seines linken Auges bis hinunter auf das Kinn, zeichnete eine schmale, blasse Linie in die bronzefarbene Haut seines Gesichts. Er war größer als die meisten anderen Männer, die sie kannte. Die muskulösen breiten Schultern verdankte er wohl den vielen Stunden, die er jeden Tag auf der Kampfbahn verbrachte. Körperlich schien er in hervorragender Verfassung zu sein. Er bewegte sich geschmeidig und fast geräuschlos, und unter den eng anliegenden Hosen zeichneten sich deutlich die Muskeln seiner Oberschenkel ab. Seine Selbstsicherheit grenzte an Arroganz und spiegelte sich in der Art, wie er den Kopf hielt, wie er die dunklen Brauen hochzog und nicht zuletzt in dem sarkastischen Ausdruck, der manchmal um seine Mundwinkel spielte. Keine Sekunde lang hatte er sie aus den Augen gelassen, er hatte sie fixiert wie ein Raubtier seine Beute.
In scharfem Ton antwortete sie: »Du weißt sehr gut, dass ich diesen Olivier meinte.«
»Ah ja.« Suzette warf Celina einen viel sagenden Blick zu. »Er ist nicht gerade hässlich, das stimmt. Außerdem ist er kein Sklave. Wusstest du das?«
»Tatsächlich?«
»Er und Monsieur de Silva sind einander in Havanna begegnet. Das hat Olivier mir zumindest erzählt. Olivier ist trotz seiner Hautfarbe ein freier Mann. Seine Großmutter war eine Sklavin, wurde jedoch von ihrem Herrn freigegeben, als sie ihm ein Kind – Oliviers Mutter – gebar. Laut Olivier liebten die Großeltern einander. Seine Mutter wuchs im Haus seines weißen Großvaters auf und wurde sogar in eine Klosterschule geschickt. Später heiratete sie einen Kaufmann aus Boston, der allerdings vergessen hatte, ihr zu sagen, dass in Boston schon eine Familie auf ihn wartete. Noch vor Oliviers Geburt kehrte er dorthin zurück und ward nie mehr gesehen. Olivier aber schickte man nach Spanien, wo er an der Universität von Toledo studierte.«
»Wahrscheinlich machte er deshalb einen so kultivierten Eindruck auf mich«, sagte Celina nachdenklich. Tatsächlich hatte sie gespürt, dass sich hinter der ehrerbietigen Maske des Dieners noch etwas anderes verbarg.
Suzette nickte. »Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Nach seiner Rückkehr aus Spanien setzte man Olivier auf der Zuckerrohrplantage seiner Familie als Verwalter ein. Bis zum Tode seines Großvaters führte er das Familienunternehmen. Ein beträchtliches Erbe war ihm zugesichert worden, doch ein naher Verwandter des Großvaters, ein mächtiger, einflussreicher Mann, heuerte ein paar Banditen an, die Olivier eines Nachts kurz nach der Beerdigung auflauerten. Sie richteten ihn übel zu und hätten ihn sicher umgebracht, wenn Monsieur de Silva nicht dazugekommen wäre. Er schlug die Angreifer mit dem Degen in die Flucht. Danach reisten die beiden Männer gemeinsam nach New Orleans – Monsieur de Silva aus geschäftlichen Gründen und Olivier, weil er in Havanna seines Lebens nicht mehr sicher war. Er verdankt dem Maître d’Armes sein Leben. Deshalb will er ihm bis ans Ende seiner Tage dienen.«
»Was für eine romantische Geschichte«, sagte Celina. »Glaubst du, sie ist wahr?«
»Ja, bestimmt. Olivier sagt, Monsieur de Silva hält nichts von Sklaverei, weil er in seiner Jugend selbst ein Sklave war. Das kam mir ein wenig seltsam vor. Aber Olivier schwört, es sei tatsächlich so gewesen.«
Auch Celina fand das sehr ungewöhnlich, behielt jedoch ihre Meinung für sich. »Offenbar hast du dich mit diesem Olivier recht gut unterhalten.«
»Ja, wirklich. Ihm zuzuhören fällt nicht schwer, denn er weiß sich sehr gewählt auszudrücken. Leider sieht er nicht ganz so gut aus wie der Silberne Schatten.« Bei den letzten Worten warf Suzette ihrer Herrin erneut einen forschenden Blick zu.
Celina zuckte die Achseln. »Findest du? Ich dachte immer, dir gefiele nur Croquere.«
Bastile Croquere, ein Mulatte, führte in Rio de Silvas Nachbarschaft eine gut gehende Fechtschule und galt gegenwärtig als der schönste Mann von New Orleans. Man bewunderte seine Eleganz und redete gern über seine wertvolle Sammlung von Kameen in Form von Ringen und Nadeln.
Suzette lächelte amüsiert. »Hast du schon das Neueste über ihn gehört?«
Celina schüttelte den Kopf.
»Man sagt, er habe zu einer Opernaufführung ein Kameenarmband getragen, eine überaus feine Arbeit, aus Muscheln geschnitzt. Ein Mann besaß die Unverfrorenheit, ihn wegen der Wahl seines Schmuckes zu verspotten. Croquere forderte ihn natürlich heraus, doch der andere lehnte ein Duell ab.«
»Das wundert mich nicht.« Männer suchten Croquere auf, um sich von ihm das Fechten beibringen zu lassen. Während der Lektionen fanden sie nichts dabei, mit einem Menschen, in dessen Adern zu gleichen Teilen schwarzes und weißes Blut floss, die Klingen zu kreuzen. Doch ein Duell mit einem Mulatten war undenkbar. Wie sollte man im Kampf gegen einen Mann von niederem Rang seine Ehre verteidigen?
»Pass auf, es geht noch weiter. Monsieur Pasquale nahm es auf sich, sich an Croqueres Stelle von dem Spötter beleidigt zu fühlen. Dieser wird seine Meinung über anderer Leute Schmuck in Zukunft wohl lieber für sich behalten.«
»Pasquale, der italienische Fechtmeister?«
»Genau der. Man nennt ihn auch La Roche.« Die Zofe half Celina aus den bauschigen Unterröcken.
»Meinst du, er heißt wirklich so?« Die meisten der etwa fünfzig Fechtmeister, die in der Passage de la Bourse ihre Studios betrieben, hatten sich Kampfnamen zugelegt.
»Wer weiß das schon? Aber glaub nur nicht, dass du mich mit dem Gerede über gut aussehende Männer vom Thema abbringen kannst, ma chère. Warum bist du vor Monsieur de Silva davongerannt, als wäre der Leibhaftige dir auf den Fersen?«
»Ich bin nicht gerannt.«
»Als gemütlichen Bummel würde ich unseren Nachhauseweg aber nicht bezeichnen. Hat er dich beleidigt?«
»Nein. Zumindest …« Celina verstummte. Ihr Blick ging in die Ferne. Sie dachte an das Gefühl, das seine Lippen auf den ihren hinterlassen hatten, an seine Arme, die sie so festgehalten hatten, als wären sie aus Eisen. Dieser Mann hatte eine gefährliche Gabe. Er brachte sie dazu, sich seinen Wünschen zu unterwerfen und dabei auch noch das Gefühl zu haben, es seien ihre eigenen.
»Ich wusste es! Es war ein Fehler, ihn aufzusuchen. Ich habe es dir doch gleich gesagt: Ein Mann wie er ist nie so edelmütig, wie er dargestellt wird. Du kannst von Glück sagen, dass er nicht über dich hergefallen ist.«
»So weit wäre er nicht gegangen. Er wusste ja, dass du auf mich wartest.«
»Als ob einen wie ihn das kümmern würde. Was immer er zu dir gesagt hat, darf nicht ungesühnt bleiben.«
»Soll ich zu Denys laufen und ihn bitten, de Silva noch einmal herauszufordern? Oder meinst du, ich sollte es meinem Vater überlassen, mit ihm die Klingen zu kreuzen?«
»Mon Dieu! Was hat dieser Mann getan?«
»Eigentlich gar nichts«, sagte Celina. Sie drehte sich so, dass die Zofe ihr das Korsett aufschnüren konnte. »Zumindest nichts, was mir unangenehm gewesen wäre.«
»Das wird ja immer schlimmer. Sag mir sofort, was zwischen euch vorgefallen ist. Sonst male ich mir die schönsten Katastrophen aus.«
Celina wusste, dass es sinnlos war, die Bedingungen ihres Handels mit Rio de Silva zu verschweigen. Suzette war schon ihr Leben lang ihre engste Vertraute. Ihr Großvater hatte sie Celinas Mutter zu deren Geburt geschenkt. »Zuzu« hatte Celina die Zofe als kleines Kind genannt, und auch jetzt benutzte sie diesen Kosenamen noch gelegentlich. Suzette war zwei Jahre älter als Celina, und die beiden wuchsen gemeinsam auf, schliefen im selben Zimmer, heckten zusammen allerhand Streiche aus und standen sämtliche Kinderkrankheiten zur selben Zeit durch. Bis zu dem Tag, an dem Celina in die Schule der Ursulinerinnen geschickt wurde, unterrichtete man sie zu Hause gemeinsam. Bei den Nonnen sollte Celina vor allem Musik und Gesang, die Führung eines Haushalts und das Anfertigen feiner Handarbeiten erlernen. Wochenlang vergossen die beiden Mädchen bittere Tränen, wenn Celina zur Schule gebracht wurde. Leibliche Schwestern konnten einander kaum näher stehen.
Suzette schlief längst nicht mehr in dem Kasten, den man unter Celinas Himmelbett hervorziehen konnte. Doch noch immer kümmerte sie sich um Celinas Schlafzimmer, ihre Kleider, ihre Frisur und ihr Wohlergehen. Ein heimlicher Besucher konnte ihr somit unmöglich verborgen bleiben. Für das Treffen mit Rio de Silva brauchte Celina also die Hilfe und Unterstützung ihrer Zofe.
Suzettes hellbraunes Gesicht färbte sich dunkelrot, während sie Celinas Erläuterungen lauschte. Als Celina geendet hatte, stemmte Suzette die Hände in die Hüften. »Er ist der Teufel in Person!«
»Schon möglich«, sagte Celina. »Obwohl ich glaube …«
»Was?«
»Dass das, was er im Sinn hat, nicht ausschließlich teuflisch ist.« Sie ließ sich von Suzette das Korsett über den Kopf ziehen.
»Wie meinst du das?«
»Ich glaube, es ist ihm wichtiger, dem Grafen zu schaden, als in mein Schlafzimmer vorzudringen.«
Suzette legte das Korsett beiseite und holte das Nachthemd aus besticktem Leinen. Sie hielt es Celina so hin, dass diese in die weiten, langen Ärmel schlüpfen konnte. »Und das imponiert dir?«
»Nun, ich muss zugeben, sehr schmeichelhaft finde ich es nicht.« Celina befreite ihren Kopf aus den Falten des Leinenstoffes und lächelte.
»Du kannst von Glück sagen, dass er sein Vorhaben nicht gleich in seinen Räumlichkeiten in die Tat umgesetzt hat. Es war mehr als töricht, ihn aufzusuchen. Aber wann hast du schon je auf mich gehört?«
»Das tue ich oft, und du weißt es auch. Außerdem kann ich beschwören, dass zwischen uns nichts Unschickliches vorgefallen ist.«
»Höre ich etwa Enttäuschung in deiner Stimme?«
»Wenn du es genau wissen willst: Ich hatte furchtbare Angst. Aber Monsieur de Silva ist genau das, was man von ihm behauptet: ein Gentleman und ein großer Fechtmeister. Wenn er zu einem Duell antritt, dann tut er es mit kühlem Kopf. Er plant seine Schritte und ist nicht darauf aus, die Herzen von Männern oder Frauen zu brechen.«
Suzette stieß eine leise Verwünschung aus, strich die Falten des Nachthemdes glatt und stellte sich dann neben Celinas Frisiertisch. »Du sprichst von dem Mann, der Unmögliches von dir verlangt, damit er das Leben deines Bruders verschont! Und da soll ich mich blind und taub stellen?«
»So schlimm wird es schon nicht werden.«
»Nein, nein, ganz sicher nicht. Er wird dir den Hof machen, dir Liebesbriefe schreiben, kleine Liebesgaben schicken und dir süße Komplimente ins Ohr flüstern. Du kannst nicht so dumm sein, das zu glauben.«
»Wann durfte ich je auf diese Dinge hoffen? Wann wurden sie mir je zuteil?« Celina setzte sich an den Frisiertisch und warf ihrer Zofe im Spiegel einen düsteren Blick zu. »Wie der Graf um mich wirbt, ist dir ja bekannt.«
Suzette studierte das Gesicht ihrer Herrin mit nachdenklicher Miene. Sie wussten beide, dass Celinas Debüt im Opernhaus, auf den Bällen und Festen der winterlichen Saison des Visites ganze drei Jahre später stattgefunden hatte als üblich. Erst hatte sie die Trauerzeit für ihren älteren Bruder abwarten müssen, dann waren die Mutter und die jüngere Schwester gestorben. Inzwischen näherte sich Celina bereits dem Alter, in dem eine Frau ihr Korsett verbrennen konnte und sich darauf einrichten musste, ihre Tage als alte Jungfer zu beschließen. Doch zum allgemeinen Erstaunen der besseren Gesellschaft hatte sie gleich zu Anfang ihrer ersten Saison die Aufmerksamkeit eines spanischen Adeligen erregt, von dem gerade die ganze Stadt sprach. Er würde wohl den größten Teil der Saison in New Orleans verbringen.
Eine romantische Ader schien der Graf allerdings nicht zu besitzen. Als er bei Celinas Vater vorsprach, hatten sie und der Edelmann kaum ein Dutzend Worte gewechselt – noch dazu ausschließlich in der Öffentlichkeit. Das einzige Kompliment, das sie bis jetzt von ihm zu hören bekommen hatte, galt ihrer guten körperlichen Verfassung. Er befand sie offenbar für geeignet, ihm den Erben zu gebären, den seine beiden verstorbenen Ehefrauen ihm vorenthalten hatten. Die Hochzeit wäre gleich an Ort und Stelle bei einem Glas Branntwein arrangiert worden, hätte es nicht eine gewisse Unstimmigkeit gegeben. Celinas Vater bestand darauf, dass ein großer Teil ihrer Mitgift ihr auch weiterhin ausschließlich selbst gehören sollte. Dem Grafen missfiel das. Zähe Verhandlungen folgten.
»Das ist nun einmal der Lauf der Welt«, sagte die Zofe seufzend. »Ein Mann ehrt seine Gattin und verwöhnt seine Geliebte, während die Frau ihren Gatten ehrt und ihre Kinder liebt.«
»Ja, und offenbar gehört es auch zum Lauf der Welt, dass junge Männer unter den berüchtigten Eichen von Allard reihenweise ihr Leben lassen. Aber Denys wird nicht dazu gehören, wenn ich es verhindern kann.«
»Gegen den Tod anzukämpfen, ist sinnlos, Mam’zelle. Man kann ihn nicht aufhalten, ganz gleich, wie sehr man es versucht.« Suzette befeuchtete ein Tuch, damit sich Celina Reispuder und das Karminöl, die einzige Schminke, die sie verwendete, abwischen konnte.
Celina nahm das Tuch, wich jedoch Suzettes Blick aus, denn sie war sicher, sie würde Mitleid und Bedauern darin lesen. Suzette wusste schließlich nur zu gut, was Celina in den vergangenen Jahren durchgemacht hatte. »Ich habe mein Wort gegeben. Nun ist es zu spät.«
»Ich frage mich …«, begann Suzette.
Ein leises Klopfen an der Tür ließ sie innehalten. Unmittelbar darauf steckte eine ältere Frau den Kopf ins Zimmer. Sie trug eine spitzenbesetzte Nachthaube, unter der ihre Locken wie silberne Drähte hervorquollen. Sie war klein und rundlich und hatte freundliche Augen. Ihre schrille Stimme erinnerte an das Zirpen einer Grille.
»Oh wie gut, chère. Ich habe Stimmen gehört. Gelobt seien die Heiligen, dass ihr wieder da seid. Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
»Das tut mir Leid, Tante Marie Rose«, sagte Celina. »Aber wir sagten doch, wir würden nicht lange ausbleiben.«
»Ja, aber ich bin sicher, dein Vater hätte es nicht gern gesehen, dass ihr den Krankenbesuch bei Félicité Parmentier ohne mich gemacht habt. Es ist meine Pflicht, auf euch zu achten.« Händeringend betrat die ältere Dame das Zimmer.
»Und dir dabei einen ansteckenden Husten einzufangen? Du weißt, wie empfindlich du bist. Außerdem sind wir ja wohlbehalten zurückgekehrt. Du kannst also beruhigt zu Bett gehen, liebe Tante.«
»Und wie geht es der armen Félicité?«
»Schon viel besser«, antwortete Celina mit Bestimmtheit. Der Vorwand, den sie benutzt hatte, um nach dem Besuch der Opernaufführung im Theatre d’Orleans den wachsamen Augen ihrer Tante zu entkommen, war nicht allzu weit hergeholt. Sie hatte tatsächlich einen Augenblick lang mit der Mutter ihrer Freundin gesprochen. Gern hinterging Celina die Tante nicht.
»Denys ist offenbar nicht mit euch zurückgekommen. Ich habe gerade einen Blick in sein Zimmer geworfen, und das Bett war leer.«
Ihr Bruder schlief außer Haus, damit sich wegen seiner Verabredung im Morgengrauen niemand Sorgen machte. Aber Celina wusste, was sie sagen sollte, wenn jemand nach ihm fragte. Nun war sie froh über seine Anweisungen, denn mit ihrer Hilfe konnte sie den Eindruck erwecken, er sei noch bei ihr gewesen, nachdem sie Tante Marie Rose nach Hause geschickt hatte. »Denys hat vor der Oper Hippolyte Ducolet getroffen. Nachdem sie uns sicher hierher zurückgebracht hatten, wollten sie gemeinsam zu einem Hahnenkampf gehen. Und sicher ist anschließend in Ducolets Junggesellenwohnung noch ein Bett für Denys frei.«
»Ein wirklich ausnehmend netter junger Mann, dieser Hippolyte. Seine Mutter kann stolz auf ihn sein.« Tatsächlich war Hippolyte ein Dandy, der das Leben in vollen Zügen genoss und nur selten vor Tagesanbruch zu Bett ging. Wahrscheinlich hatte Denys ihn deshalb zu seinem Sekundanten erkoren. Er selbst verschlief nämlich regelmäßig und brauchte jemanden, der ihn rechtzeitig für seine Verabredung unter den Eichen weckte.
»Ich weiß deine Sorge um uns zu schätzen«, sagte Celina. »Aber solltest du nicht längst im Bett sein? Du willst doch morgen zum Nähen für die Waisen von St. Joseph gehen!«
»Ja, das stimmt. Aber ich fühle mich so unwohl, dass ich mich vielleicht entschuldigen werde. Es ist wieder meine Leber. Ich hätte auf die Birnentörtchen nach dem Abendessen verzichten sollen. Sie bekommen mir nicht.«
Das entsprach der Wahrheit, doch die Tante griff jedes Mal herzhaft zu und beklagte sich dann hinterher. »Vielleicht hilft dir ein Kräutertee.«
»Ich war gerade auf dem Weg in die Küche, um mir einen zu machen, da hörte ich euch.«
»Ich bitte dich, Tante Rose, du hättest doch nur läuten müssen.«
»Das sagt dein Vater auch immer. Aber zu dieser späten Stunde möchte ich keine Unruhe mehr ins Haus bringen.«
Tatsächlich verhielt sich die Tante am liebsten so unauffällig wie möglich. Die Schwester der Mutter war nach dem Tod ihres Gatten für eine Woche zu Besuch gekommen – und lebte nun schon zwanzig Jahre im Haus. In all ihrer Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit war sie der ideale Gast und fungierte inzwischen als Celinas Anstandsdame. Aber leider wurde sie regelmäßig von Krankheiten aller Art befallen und widmete sich ihren zahllosen Leiden und Gebrechen mit Hingabe. »Soll dir Suzette vielleicht den Tee kochen? Du weißt, wie gut sie sich mit Kräutern auskennt.«
»Ich wüsste nicht, was ich lieber täte«, sagte die Zofe sofort. Sie warf Celina einen ironischen Blick zu, denn sie wusste genau, dass diese nur einen Vorwand suchte, um Tante und Zofe loszuwerden.
»Nein, wirklich«, sagte Tante Marie Rose verlegen. »Das wäre zu viel verlangt. Ich darf doch nicht erwarten … ich würde lieber …«
Celina kam ihr zu Hilfe. »Du weißt selbst am besten, wie du deinen Tee haben möchtest.«
»Genau«, antwortete die Tante mit einem Seufzer der Erleichterung. »Ich gehe jetzt in die Küche und werde dort auch nichts durcheinander bringen. Ich weiß, wie sehr es deinen Vater ärgert, wenn die Köchin einen Wutanfall bekommt, weil sie etwas nicht finden kann.«
»Ist Vater denn zu Hause?«
»Nein, nein. Er ist immer noch mit dem Grafen von Lérida unterwegs, glaube ich. Ist es nicht großartig, wie gut sie sich verstehen? Aber nun gute Nacht, chère. Schlaf gut.«
»Du auch, Tante«, sagte Celina. Sie hörte, wie die alte Dame zur Hintertreppe tappte. Sie führte zur Küche hinunter, die hinter dem Haus lag.
»Für dich wird es nun auch höchste Zeit, dass du ins Bett kommst«, sagte Suzette. Dabei schlug sie die Decken zurück. »Wer weiß, was der Morgen bringt.«
»Du meinst, wer weiß, ob man am Morgen nicht meinen Bruder auf einem Fensterladen ins Haus trägt oder ob mein zukünftiger Gatte meinen Vater nicht in eine Spielhalle zerrt, wo er alles verliert – einschließlich meiner Mitgift.«
»Er wird erst dein Zukünftiger werden, wenn der Ehevertrag unterzeichnet ist. Und dein Vater ist klug genug, nicht über seine Verhältnisse zu spielen.«
»Aber der spanische Edelmann beeindruckt ihn ungemein, und er möchte ihn unbedingt zum Schwiegersohn haben.«
»Er will nur dein Bestes, das weißt du.«
»Er will beweisen, dass er bereit ist, sich um mich zu kümmern, obwohl ich daran schuld bin, dass …«
»Nein, chère«, unterbrach Suzette sie scharf. »Er ist um dein Glück besorgt.«
»Ja, so sehr, dass er mich mit einem um Jahrzehnte älteren Mann verheiraten will, der ein Korsett trägt, das steifer ist als das meine, der süchtig ist nach Karten und hohen Einsätzen beim Poker.«
»Du wüsstest nichts von alledem, wenn Denys es dir nicht erzählt hätte.«
»Es nicht zu wissen, hätte meine Begeisterung für diese Ehe auch nicht gesteigert.«
Suzette zog die weiße Kamelienblüte aus Celinas aufgetürmter Lockenpracht. Dann entfernte sie die Kämme und Nadeln, die die Frisur hielten. »Frauen haben sich seit jeher dem Willen ihrer Familie zu beugen.«
»Das tun sie nur, weil sie weder einen eigenen Kopf noch ein Rückgrat haben.«
»Sie tun es, weil das nun einmal so ist. Sie mögen weinen und betteln, aber am Ende gehorchen sie doch. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Oft lernen sie im Laufe der Zeit, ihren Gatten zu lieben, und werden in ihrem neuen Heim glücklich.«
»Und manchmal geht es ihnen so schlecht, dass sie das Dasein nur ertragen, wenn sie ihre Sinne mit in Orangenblütenwasser gelöstem Laudanum betäuben«, entgegnete Celina gereizt. »Sie tanzen und spielen Karten, als hinge ihr Leben davon ab, stürzen sich in Krankheiten oder sterben im Kindbett. Wieder andere tun schamlose Dinge, nur damit sie von ihrem Gatten getrennt leben können.«
»Schamlose Dinge, chère?«
Celina ging nicht weiter darauf ein. »Das alles ist so sinnlos, und ich will nicht genauso enden, wenn ich es verhindern kann.«
»Ja, aber kannst du es denn?«
Celina schwieg. Plötzlich fröstelte sie in dem dünnen Nachthemd. Rio de Silva ging ihr nicht aus dem Sinn – seine Art, wie er sich ihr genähert hatte, der silberne Glanz in seinen Augen und die Anspannung auf seinen Zügen, als er sie berührte. Noch immer konnte sie seine Finger auf ihrer Wange spüren. Sie wusste, dass all ihre Proteste umsonst gewesen wären, wenn er beschlossen hätte, es nicht dabei zu belassen.
»Du zitterst ja, Mam’zelle. Komm, lass uns schnell weitermachen, und vielleicht sollte ich dir dann zur Beruhigung deiner Nerven auch einen Kräutertee kochen.«
»Mir fehlt nichts.«
»Das merke ich«, sagte Suzette in vorwurfsvollem Ton. Sie legte die Kamelie und die Haarnadeln beiseite und begann, Celinas Haar zu bürsten.
Celina schloss einen Moment lang die Augen. Sie genoss das Gefühl der Bürste auf ihrer Kopfhaut, die von den Nadeln, die ihr schweres Haar gehalten hatten, ganz wund war. Doch auch dieses Wohlgefühl lenkte sie nicht lange von ihren Gedanken ab. »Was ist, wenn Monsieur de Silva nicht Wort hält? Was ist, wenn Denys stirbt?«
»Ich mache mir mehr Gedanken darüber, was passiert, wenn er das Duell überlebt!«, sagte Suzette grimmig. »Du hast dich auf einen unsäglichen Handel eingelassen, Mam’zelle. Wenn du die Abmachung einhältst, bist du ruiniert.«
»Das macht nichts, denn ich werde ohnehin niemals heiraten.«
»Und was willst du deinem Vater sagen? Oder Denys? Welch ein Irrsinn! Ich hätte heute Abend niemals mit dir gehen dürfen.«
»Dich trifft keine Schuld. Wahrscheinlich war es wirklich töricht, mich einzumischen, aber ich dachte …«
»Du wolltest wieder einmal deinen Bruder retten. Wirst du es denn nie begreifen?«
»Aber ich habe doch nur noch ihn.«
»Dein Vater ist auch noch da.«
»Ja.« Mehr sagte Celina dazu nicht.
Suzette schüttelte den Kopf. »Was geschehen ist, ist geschehen. Und nun ab ins Bett mit dir. Bis zum Morgen ist es nicht mehr lange.«
»Ich werde kein Auge zutun.«
»Über das, was kommen mag, nachzugrübeln, nutzt nichts.« Suzette hielt das Moskitonetz auf, während Celina die Stufen zu ihrem Bett erklomm und sich auf die dicke Matratze legte. »Denk einfach nicht daran.«
»Das ist leichter gesagt als getan«, erwiderte Celina und schloss seufzend die Augen. In ihrer Vorstellung sah sie zwei Männer mit gezückten Degen, die einander im ersten Morgenlicht gegenüberstanden. Sie schlug die Augen wieder auf. »Suzette?«
»Mam’zelle?« Die Zofe räumte gerade den Frisiertisch auf und drehte sich zu ihr um.
»Meinst du, wir könnten …«
»Nein!«
»Aber du weißt doch gar nicht, was ich sagen will«, protestierte Celina.
»Ich kenne dich und warte schon lange darauf, dass dir einfällt, du könntest die Sorge um deinen Bruder noch ein wenig weitertreiben und als Beobachterin zu dem Duell fahren. Aber so etwas gehört sich nicht. Dein Vater wäre außer sich.«
»Er müsste es ja nicht erfahren.«
»Du meinst, du könntest dir zu dieser frühen Stunde eine Kutsche kommen lassen, und er würde es nicht merken? Der Kutscher würde dich niemals fahren, ohne vorher bei deinem Vater nachzufragen, ob er die Ausfahrt erlaubt.«
»Du könntest mir eine Mietdroschke besorgen, ich würde durch die Seitentür hinausschlüpfen und dich an irgendeiner Straßenecke treffen.«
»Und woher sollte ich das Geld dafür nehmen? Keine von uns besitzt mehr als ein paar Piaster.«
Suzette hatte Recht. Celina legte nachdenklich die Stirn in Falten. Ihr Vater war ein vermögender Mann, und sie durfte einen gewissen Betrag für Kleider, Handschuhe, Fächer und Sonnenschirme ausgeben. Die Rechnungen dafür beglich sie allerdings nicht selbst. Sie wurden ins Stadthaus geschickt. Selbst wenn sie auf den französischen Markt ging, feilschten Suzette oder der Butler Mortimer an ihrer Stelle mit den Händlern und händigten ihnen das Geld aus, genau wie sie auch den Korb trugen. Man ging davon aus, dass junge Damen aus gutem Hause kein eigenes Geld brauchten, außer um sich gelegentlich bei einem Straßenhändler ein paar Reiskekse und eine Hand voll Pralinen zu kaufen, oder um in der Kathedrale eine Kerze anzuzünden.
»Es muss doch möglich sein«, murmelte Celina vor sich hin.
»Schlag dir das aus dem Kopf, ich bitte dich«, sagte Suzette. »Stell dir nur vor, was man über dich sagen würde, wenn es herauskäme. Denk an deine arme Tante! Sie würde sich schreckliche Vorwürfe machen, weil sie dich nicht zurückgehalten hat. Außerdem wäre es deinem Bruder sicher furchtbar peinlich, wenn er auf diese Art erfährt, dass du ihm nicht zutraust, seine Belange selbst zu regeln.«
DRITTES KAPITEL
K