Rack - Geheimprojekt 25: Episode 5 - Ann-Kathrin Karschnick - E-Book

Rack - Geheimprojekt 25: Episode 5 E-Book

Ann-Kathrin Karschnick

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Beschreibung

19. Jahrhundert Victoria in Großbritannien Jeans Vergangenheit als Diebin holt sie ein. Ihre alte Bande zwingt sie zu einem riskanten Einbruch. Obwohl sie Rack und die anderen hintergangen hat, helfen sie ihr, den Raubzug zu organisieren. Jeans ehemaliger Boss gibt ihnen jedoch lediglich zwei Tage Vorbereitungszeit. Sollte die Bande einen so gefährlichen Raub in dieser kurzen Zeit wagen? Oder wird es sie in den Knast bringen? In Band 5 dieser außergewöhnlichen Alternativen Geschichtsthriller-Reihe muss die Bande um Rack beweisen, dass sie trotz diverser Rückschläge wirklich zusammenarbeiten kann. Sofern sie es schaffen, könnten sie eine Chance gegen "The Stick" haben.

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RACK

Geheimprojekt 25

Episode 5

 

 

 

Ann-Kathrin Karschnick

 

 

Weitere Fantasyromane der Autorin:

 

Stollenbruch

Phoenix – Aschegeboren (Teslapunk-Dystopie-Krimi, Band 1)

Phoenix – Flammenmeer (Teslapunk-Dystopie-Krimi, Band 2)

Phoenix – Himmelsbrand (Teslapunk-Dystopie-Krimi, Band 3)

Feuerritter – Lauernde Mächte (High Fantasy)

Feuerritter – Kampf um Teinemaa (High Fantasy)

Ein alter Hut (phantastisches Jugendbuch)

Weltenamulett – Das Erbe der Trägerin (Urban/Portal Fantasy)

Weltenamulett – Geister der Vergangenheit (Urban/Portal Fantasy)

Weltenamulett – Gezeitenwinter (Urban/Portal Fantasy)

Splittermond – Jenseits der Seidenstraße (Rollenspielroman)

Assassin’s Wood – Bürokratie kann tödlich sein (FUNtasy)

Im Namen des Ordens – Staffel 1-5 (Paranormal Crime, Hörbuch)

 

 

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Rack

Kapitel 2 – Theo

Kapitel 3 – Rack

Kapitel 4 – Theo

Kapitel 5 – Rack

Kapitel 6 – Theo

Kapitel 7 – Rack

Kapitel 8 – Theo

Kapitel 9 - Rack

Kapitel 10 – Theo

Kapitel 11 - Rack

Kapitel 12 - Theo

 

Kapitel 1 - Rack

 

Seit zehn Minuten klopfte ich an die Tür. Doch niemand öffnete. Hinter der doppelflügeligen Tür mit dem Löwenkopf-Türklopfer hörte ich Geräusche. Jemand wusste, dass ich vor der Tür stand. Kein Wunder. Schließlich hatte ich mit dem zierlichen Klöppel wie ein Bekloppter gegen das offene Maul des Löwen geschlagen. Wenn das im Haus keine Seele gehört haben sollte, dann lebten dort nur taube oder faule Diener. So oder so, niemand ließ mich ein.

Ich besuchte sie bereits zum vierten Mal in dieser Woche, die letzten zählte ich lieber nicht mit, da mir das etwas unangenehm war. Es genügte, dass erst Dienstag war. Irgendwann musste sie. Irgendwann musste Lady C mit mir sprechen. Doch auch das schien nicht der Tag zu sein, an dem sie mich einlassen wollte. Es war so früh, dass der Morgentau der vergangenen Nacht noch auf den Grashalmen und Blütenblättern hing. Vereinzelt tropfte das Wasser von dem Vordach, unter dem ich stand. Sogar die Wege waren benetzt. Ich ging eine Stufe nach unten. Der Kiesweg um das Haus war von weißen Tropfen überzogen. Aber das störte mich nicht.

»Dann halt anders«, murmelte ich, sprang die Stufen hinunter und rannte den Weg entlang, bis ich ein unverriegeltes Fenster fand. »Damit habt ihr nicht gerechnet, was?« Ich grinste, stieß das Fenster auf, zog mich am Fensterbrett nach oben und purzelte ungelenk ins Innere.

Es musste ein Ballsaal sein, in dem ich gelandet war. Der weite Saal mit dem dunkelbraunen Parkettboden stank nach Zigarren, Alkohol und Schweiß. In der vergangenen Nacht musste Lady C eine ihrer Soireen gegeben haben. Von der Decke hingen Kabel, als ob sie dort oben hatte eine Maschine anbringen lassen.

»Entschuldigen Sie, was machen Sie hier, Sir?« Ein Hausmädchen stand hinter einem aus alten Holzkisten gebauten Tresen.

»Fahren Sie fort, Miss. Ich bin hier gleich raus. Ich muss nur Lady Cunningham sprechen.« Fest entschlossenen Schrittes marschierte ich auf die Tür zu, doch bevor ich sie erreichte, stellte sich mir ein Mann in den Weg. Es war der Mann, der mir mit der Schrotflinte entgegengekommen war, als wir Lady C’s tote Hausdame gefunden hatten. Er war nicht mehr so blass um die Nase, aber er trug immer noch die Schrotflinte im Anschlag. Anscheinend war er meinem Weg an den Fenstern gefolgt. »Ich will nur mit ihr reden«, sagte ich und hob die Arme über den Kopf.

»Sie aber nicht mit Ihnen, Sir. Und was die Lady nicht möchte, werde ich nicht erlauben.« Die Selbstsicherheit kehrte in seine Stimme zurück. Vielleicht war es auch nur der Mut, den er durch die Waffe erhielt. So oder so wollte ich mich nicht mit ihm anlegen.

»Ich will nur mit ihr sprechen. Lassen Sie mich zu ihr durch.« Ich trat einen Schritt vor und konnte so auf den hinter der Tür liegenden Flur brüllen. »Leonora! Leonora!«

»Zunächst einmal heißt die korrekte Anrede: Lady Cunningham. Und zweitens: Sie ist nicht in der Nähe und kann Sie somit nicht hören. Verschwinden Sie von hier, sonst muss ich die Bobbys rufen. Und wie ich es von der Lady verstanden habe, wäre das derzeit keine angemessene Option.« Er deutete mit dem Lauf auf meine Brust und wedelte in Richtung Ausgang.

Ich kniff die Lippen zusammen. Egal wie motiviert ich war, Lady C zu treffen, gegen eine Schrotflinte kam ich nicht an. »Warum will sie nicht mit mir sprechen?«

»Sir, das weiß ich auch nicht. Ich führe nur die Befehle meiner Lady aus.« Er rammte mir die Spitze gegen den Rücken und stieß mich damit durch den für einen frühen Morgen schon hell erleuchteten Flur. Wir passierten Vitrinen, Beistelltische, Gemälde und jede Menge Photografien. Auf den Bildern erkannte ich niemanden, mit Ausnahme von Lady C. Die meisten Photographien waren noch nicht sehr alt, aber eines stammte von ihrem Debütantinnenball.

»Hier sind noch ihre Briefe, Sir«, sagte der Mann mit der Schrotflinte, als wir die Eingangstür erreichten. Er reichte mir die drei Briefe, die ich bisher geschrieben hatte, um Leonora zu einem Treffen zu bewegen. »Sie bat mich, sie Ihnen zurückzugeben, sollte ich Ihnen begegnen.«

»Behalten Sie sie und geben Sie sie Lady Cunningham.« Ich hielt sie ihm hin. »Ich nehme keine Briefe zurück, es sei denn, der Empfänger wäre verstorben. Und das ist ja nicht der Fall.«

Der Diener schüttelte den Kopf. »Die Lady besteht darauf.«

»Wir können jetzt eine Diskussion darüber führen, dass ich sie nicht annehme und Sie sie loswerden wollen. Genausogut könnte ich sie wieder in den Briefkasten am Ende der Einfahrt einwerfen. Es ist ein ewiges Hin und Her.« Der Geruch aus dem Ballsaal schien sich an mich geheftet zu haben. Ich stank nach Zigaretten.

»Ich werde die Briefe ungelesen wegschmeißen, Rack.« Ich hob den Kopf. Lady C stand auf dem Absatz der Treppe, auf dem ihre Hausdame gestorben war. Sie klammerte sich mit einer Hand an das Geländer. Die dunklen Ringe um ihre Augen ließen sie älter wirken, als sie war.

»Leonora, bitte hör mich an. Wir brauchen dich.«

Sie drehte sich von mir weg, so dass ich nur ihren Rücken anstarren konnte. »Ich will nichts mehr mit euch zu tun haben, Rack. Bitte versteh das.«

Damit drückte mir der Mann seine Schrotflinte in die Rippen, zwang mich, nach hinten zu gehen, bis ich gegen die Eingangstür stieß.

»Ich wollte es versuchen, Leonora. Du warst wichtig für uns, nicht nur wegen des Geldes. Wir brauchen dich. Jean vermisst dich, Theo ebenso.«

Lady C’s Schultern spannten sich an, dann sackte ihr Kopf auf ihre Brust. »Sag ihnen, dass es mir leidtut. Erklär ihnen, warum ich eine erneute Zusammenarbeit ablehne.« Sie drehte sich noch einmal um. »Bitte, Rack. Tu das für mich.«

Die Tür schloss sich, ehe ich reagieren konnte. Mehrere Minuten verharrte ich vor der Tür. Doch ich klopfte nicht mehr, ich stand einfach da. Da war nur das Holz der Eingangstür. Die Riefen in der Tür, die mit irgendeiner Paste ausgefüllt und übermalt worden waren. Man sah den Unterschied kaum, außer man wusste, wo sie waren, und konzentrierte sich darauf. Meine Schultern hingen herunter. Sie hatte sich von mir verabschiedet, auf ihre Art und Weise.

»Auf Wiedersehen, Leonora«, murmelte ich schließlich. Ich steckte die Hände in den Mantel und verließ das Grundstück. Der Abschied fühlte sich wie der traurige Abschluss eines Dramas an, dem ich einst beiwohnen durfte. Ein Theaterstück über zwei Liebende, die sich nie fanden und am Ende starben. Die Erinnerung an dieses Stück ließ mein Herz schwerer werden, aber auch verletzlicher, empfindsamer.

Ich bog ab in Richtung Lastend. Lady C hatte unser Team bereichert. Jetzt hatte sie aufgegeben. Ich schüttelte den Kopf, musste ihn frei kriegen. An diesem Abend wollten wir den nächsten Überfall planen. Ein Einbruch in den Verwaltungsapparat der Kaufmannsgilde. Ich war mir sicher, dass das noch niemand gewagt hatte. Entweder wäre derjenige vorher abgefangen worden oder keiner wagte es, zumal The Stick der Vorsitzende war.

Wir hatten zwei Unternehmungen im vergangenen Monat sabotiert. Doch egal, was wir taten, wir konnten ihn weder entlarven, noch ihn aus der Reserve locken. Jedes Mal schien er sich davon zu erholen, oder es störte ihn nicht. Zumindest merkte man ihm bei den öffentlichen Auftritten keine Nervosität an.

Das mussten wir ändern. The Stick war ein Politiker. Und was war bisher den meisten Politiker zum Verhängnis geworden? Ein Skandal, der in den Zeitungen – seien sie auch noch so gelenkt – aufgenommen und verarbeitet werden konnte.

Bei unserer letzten Lieferung von Verbrechern an Adonia – ein paar Antiquitätenschmuggler aus Deutschland, die versucht hatten eine Kaiserkrone zu verscherbeln - hatten wir herausgefunden, dass The Stick für seine Privatsammlung mehrere illegale Objekte erworben hatte. Und angeblich sollte das über die liquiden Mittel der Kaufmannsgilde gelaufen sein.

Das wollten wir durch Papiere belegen und ihn so ans Messer liefern. Doch dazu mussten wir uns vorbereiten. Der Hafen war kaum bewacht gewesen, auch nicht die Lagerhalle, in der wir den Antiquitätendeal verhindert hatten. Doch jetzt galt es, eine komplette Abteilung in einer Verwaltung zu unterwandern. Seit einer Woche arbeiteten wir daran. Theo hatte es geschafft, unter falschem Namen eine Position als Papiersortierer zu bekommen. Eine hirnrissige Aufgabe, die sie ihm erst übertragen hatten, nachdem sie merkten, dass der ach-so-dumme Schwarze besser lesen konnte, als die meisten Angestellten.

Ich erreichte Lastend und kletterte über den Zaun, der zu unserem Müllberg führte. Es war bereits früh am Morgen, die Sonne kroch erst aus ihren wolkenverhangenen Federn und kämpfte sich daraus hervor. Trotz der frühen Morgenstunde herrschte ein reger Betrieb auf den Müllhalden. Für einen Moment überlegte ich, was der Grund dafür sein könnte, bis mir einfiel, dass es der vierte Samstag im Monat und somit freier Sammeltag war.

Das hatte gerade noch gefehlt. Ich lehnte mich gegen den Zaun, über den ich gestiegen war. Verdammt. Meine montierten Spiegel an dem Müllberg verhinderten zwar den allzu genauen Blick auf uns, falls wir aus der Ferne beobachtet wurden. Aber sobald jemand direkt neben mir stehen würde, könnte ich den geheimen Zugang nicht verschleiern.

Und im Moment rannten ein halbes Dutzend Männer mit Kisten und dazugehörendem Rollwagen an mir vorbei und suchten in den Abfallbergen nach verwertbaren Materialien. In unser Versteck kam ich zumindest nicht.

Ich blies die Wangen auf und fragte mich, was ich mit der Zeit anfangen sollte. Theo war auf der Arbeit, Jean hatte beschlossen, einkaufen zu gehen, und Marcus bastelte an irgendwelchen Kästen.

Und die einzige, von der ich wusste, dass sie immer Zeit für mich gehabt hätte, war nicht mehr da. Sie weigerte sich sogar, mit mir zu sprechen.

Ich überlegte eine Weile, während ich das muntere Treiben beobachtete. Theo hatte inzwischen sichergestellt, dass die Teile, die zu unserem Versteck führten, alles andere als ansehnlich wirkten. Diese wurden also von sämtlichen Sammlern links liegengelassen. Dennoch war es ein gewisser Zeitvertreib, den Männer dabei zuzuschauen, wie sie beim Herausziehen einzelner Teile von verschimmelten Lebensmitteln übergossen wurden.

Schließlich dachte ich mir, dass es eine gute Idee wäre, das alte Büro aufzusuchen. Es war beinahe einen Monat her, seit wir es überhastet verlassen hatten. Mit etwas Glück wurde es nicht mehr überwacht. Außerdem konnte ich mir so die Beine vertreten, ehe ich den ganzen Tag in dem Luftschiff eingeschlossen war.

Gesagt, getan. Eine Stunde später hielt ich vor der Tür des Büros. Der Vermieter hatte das Schloss ausgetauscht, so dass ich mit meinem Schlüssel nicht hineinkam, aber mit dem Dietrich war das eine Kleinigkeit.

Tatsächlich hatte Mr. Fallen die Wohnung fast leergeräumt. Ich biss mir auf die Zunge, um den Fluch bei mir zu behalten, der mir auf eben jener lag. Möge der Kerl an seinem ständigen Schnupftabak ersticken.

All unsere Sachen stapelten sich lieblos in der Ecke des Raums. Die Tür zu meinem Zimmer stand offen. Die Matratze war herausgezerrt worden, ebenso wie die Notizen, die an der Wand geklebt hatten.

Die Notizzettel lagen zu einem faustgroßen Papierball zusammengeknüllt obenauf. Ich fragte mich, ob der Vermieter die Notizen gelesen oder sie nur heruntergerissen hatte. Ich zuckte mit den Schultern. Eigentlich war es egal, denn mit den wirren Gedankengängen zu meiner Vergangenheit hätte er sowieso nichts anfangen können. Ich nahm mir den zusammengeknüllten Ball und schob ihn in die Manteltasche.

Durch das Fenster drang Tageslicht. Er hatte die Scheiben putzen lassen. Minutenlang ging ich durch die drei Zimmer des Büros. Ich fragte mich, ob ich jemals wieder hier arbeiten würde. Eigentlich konnte ich mir die Frage gleich beantworten, denn Mr. Fallen arbeitete nicht mit Verbrechern und erst recht nicht mit gesuchten.

Das Zahnrad, auf dem der Name der Agentur stand, war von der Wand gefallen und lag mit dem Schriftzug am Boden. Ich zog die Mundwinkel rauf. Ein schlechtes Omen?, fragte ich mich.

Schließlich griff ich ein paar Sachen aus dem Haufen und verließ das Büro. Ich hinterließ alles so, wie ich es vorgefunden hatte, und ging die Treppe hinunter, als der Vermieter im Untergeschoss die Tür öffnete. Einen Moment lang starrten wir einander an. Keiner sagte etwas. Dann schien er aus seiner Schockstarre zu erwachen und rannte zur Haustür.

»Rack, Sie werden von den Bobbys gesucht!« An seinem Tonfall erkannte ich, dass er mich nicht beschützen wollte. Vielleicht auch an der Tatsache, dass er mit verschränkten Armen vor der Tür stehenblieb und mich anfunkelte.

»Mr. Fallen«, bemerkte ich amüsiert und stieg die verbliebenen zwei Stufen hinunter. »Treten Sie beiseite und wir bekommen keine Probleme.«

»Nein, ich mache von meinem Recht als aufrechter Bürger Gebrauch und verhafte Sie hiermit.«

Ich nickte und strich mir über die Koteletten, während ich noch einen Schritt auf ihn zumachte. »Und wie genau wollen Sie mich den Bobbys ausliefern? Sie sind alleine, es sei denn, seit letzten Monat gäbe es eine Mrs. Fallen, von der ich bisher nichts gewusst habe. Ansonsten müssten Sie mich schon fesseln. Und seien wir mal ehrlich …« Ich streckte meine Arme nach links und rechts und deutete dann mit den Händen auf mich. »Wollen Sie sich mit mir anlegen?«

Mr. Fallen musterte mich einen Moment lang von oben bis unten und zurück. Seine verschränkten Arme lösten sich. Für einen Augenblick glaubte ich, dass er die Fäuste geballt hätte und tatsächlich auf mich losgehen wollte. Stattdessen trat er beiseite. Sein Gesicht glich dabei einer Tomate, als er sich Schritt für Schritt in seine Wohnung zurückzog.

Ich öffnete die Eingangstür und verschwand mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, ehe Mr. Fallen doch noch einen Anfall von Rechtschaffenheit bekam. Mein neuer Ruf als gefährlicher Verbrecher hatte auch seine Vorteile.

 

Kapitel 2 – Theo

 

»Bei allen stinkenden Nashörnern der Savanne«, schimpfte ich, als Rack die Brücke betrat. »Was zum Henker ist mit dir geschehen?« Ich hielt mir ein Blatt vor die Nase, das konnte jedoch nicht verhindern, dass der Geruch auch zu mir herüberwaberte. Rack war von einer schmierigen Schicht aus verfaulten Eiern, vergammelten Kohlblättern und etwas dunkelviolettem überzogen, das ich nicht definieren konnte.

»Oi! Du bist passiert, du verdammter Idiot!«, brüllte Rack und kam auf mich zu. Jeder seiner Schritte verteilte schmatzend einen Teil der Masse auf dem Boden. Marcus wich Rack aus, als er ihm näherkam.

Mir dämmerte augenblicklich, was er meinte. »Ah, die neuen Fallen für Eindringlinge«, rief ich und atmete nur noch durch den Mund, während ich Rack auszuweichen versuchte. Ich stolperte rückwärts über einen Stuhl, fing mich aber, bevor Rack meine Schulter zu fassen bekam.

»Die neuen Fallen, die du wann genau eingerichtet hast?«, fragte Rack und prustete dabei einen Teil des Drecks in meine Richtung.

»Ähm, das könnte ich vorhin getan haben, als ich von der Arbeit zurückkam. Wieso fragst du?« Bei Racks Anblick grinste ich. Auch Marcus lachte sich leise in die Faust.

»Ach, nur aus Interesse. Ich dachte mir, vielleicht wäre es gut, wenn du uns rechtzeitig über die neuen Fallen informierst, damit wir darauf vorbereitet sind.« Rack machte einen Ausfallschritt und wollte nach meinem Arm greifen. »Aber andererseits hatte ich schon lange kein Bad in stinkenden Essensresten und verklebten Unterhosen!«

»Und ich muss sagen, es sieht wirklich …« Ich prustete, als ich ihn musterte. »… äußerst schmackhaft an dir aus.«

»Du kleiner …!« Den Rest verstand ich nicht, denn ich musste zur Seite springen, um Racks erneutem Griff auszuweichen. Er jagte mich über die Brücke und rutschte zwischendurch auf seinen eigenen schmierigen Fußspuren aus. Ein Stuhl bewahrte ihn davor, auf dem Hintern zu landen. Ich lachte aus vollem Halse, ebenso wie Marcus, der uns immer wieder auswich, um nicht eines der Kohlblätter abzubekommen.

»Rack, ich gebe auf!«, sagte ich schließlich nach einigen Minuten und hob die Arme. Rack blieb nicht stehen, sondern rannte, bis er bei mir ankam und mich genüsslich umarmte. »Wenn ich so schmackhaft aussehe, will ich das gerne mit dir teilen!«, knurrte er. Doch ich hörte, dass er es nicht ganz so ernst meinte, wie sein Knurren es vermuten ließ. Sein Grinsen war dazu zu breit.

»Ist das ekelig!

---ENDE DER LESEPROBE---