Radsport - Sven Bremer - E-Book
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Radsport E-Book

Sven Bremer

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Beschreibung

Sven Bremer deckt in seinem Buch die gesamte Bandbreite des Rennradsports ab. Er erzählt die Geschichte des Rad- und Bahnradsports und stellt u. a. die wichtigsten Rundfahrten und Eintagesrennen vor. Porträts von deutschen bzw. den besten Rennradfahrern der Welt, Taktik im Radrennen und Aufbau eines Profi-Rennstalls geben einen Einblick in die Welt des professionellen Radsports. Auch Themen für ambitionierte Hobbyradsportler finden Platz in diesem Buch: Fahrtechnik für Einsteiger, Rennradtraining in der Gruppe, Rennradfahren im Verkehr, Ausstattung und Bekleidung. Das unterhaltsame Buch mit vielen Anekdoten ist ein MUSS für alle Radsportfans oder die, die es noch werden wollen.

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Seitenzahl: 301

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SVEN BREMER

RADSPORT

ALLES, WAS MAN WISSEN MUSS

STARS HINTERGRÜNDE EVENTS

Radsport – Alles, was man wissen muss

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2022 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien

Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

eISBN 9783840337994

E-Mail: [email protected]

www.dersportverlag.de

INHALT

1Einleitung

2Radsportgeschichte

2.1Die Entwicklung des Fahrrads

2.2Die ersten Radrennen

2.3Shimano, Campagnolo & Co

3Die Grands Tours

3.1Le Tour de France

3.1.1Die legendären Pässe der Tour de France

3.2Giro d’Italia

3.3Vuelta a España

3.4Special: Die Friedensfahrt

3.5Rundfahrten im internationalen Radsport

3.6Special: Die wechselvolle Geschichte der Deutschland Tour

4Eintagesrennen im internationalen Radsport

4.1Die fünf Monumente

4.2Mailand-San Remo

4.3Flandern-Rundfahrt

4.4Paris-Roubaix

4.5Lüttich-Bastogne-Lüttich

4.6Lombardei-Rundfahrt

4.7Wichtige Eintagesrennen im Radsport

5Nationale und internationale Meisterschaften

5.1Weltmeisterschaften

5.2Europameisterschaften

5.3Straßen-Radsport bei den Olympischen Spielen

5.4Deutsche Meisterschaften

5.5Special: Bund Deutscher Radfahrer

6Der Weltradsportverband und die UCI-WorldTour

6.1Weltradsportverband Union Cycliste Internationale

6.2Profi-Rennserien von 1948 bis 2011

6.3Die WorldTour seit 2011

6.4Organisation eines WorldTour-Teams

6.5WorldTour-Teams 2022

6.6Special: Fahrergewerkschaft CPA

7Wettbewerbe im Straßenradsport

7.1Straßenrennen

7.2Etappenrennen/Rundfahrten

7.3Special: Taktik im Straßenrennen

7.4Einzelzeitfahren

7.5Teamzeitfahren/Mannschaftszeitfahren

7.6Straßenvierer/Olympisches Mannschaftszeitfahren

7.7Special: Stundenweltrekord

8Spezialisierung im Radsport

8.1Sprinter

8.2Klassementfahrer

8.3Kletterer

8.4Klassikerjäger und Allrounder

8.5Helfer

8.5.1Edeldomestiken

8.5.2Wasserträger

8.5.3Capitaine de Route

8.6Zeitfahrer

9Gefährlicher Sport

9.1Stürze sind an der Tagesordnung

9.2Todesfälle im Radsport

10Die Verpflegung der Profis

11Der Frauenradsport

12Doping im Radsport

12.1Special: Motordoping

12.2Special: Rassismus im Radsport

13Porträts

13.1Aktuelle Weltklasse-Profis

13.2Die aktuellen deutschen Radprofis

14A-Z des Radsports

Anhang

Literaturverzeichnis

Zusatzmaterial

Bildnachweis

1

EINLEITUNG

Samstag oder Sonntag steht für mich auf jeden Fall eine Ausfahrt an. Die „Jungs“, mit denen ich meine Hausrunde fahre, sind alle weit über 50. Sie haben keine Vergangenheit als Radprofis, aber sie sind verdammt schnell unterwegs. Nicht eben selten rauschen wir mit knapp 40 Stundenkilometer oder schneller durch die norddeutsche Tiefebene. So unterschiedlich ihre Rennräder sind – der eine fährt auf einem Retrorahmen aus Stahl, der andere auf einem 5.000-Euro-Carbongeschoss –, man kann jeden Einzelnen von ihnen durchaus als rennradverrückt bezeichnen.

Sich bewegen, sich testen, sich quälen, sich berauschen an der Geschwindigkeit, wenn man nur das Surren der Kette und den Singsang der Laufräder auf dem Asphalt hört. Gerne bin ich auch in fremden Ländern mit dem Rennrad unterwegs, am liebsten in einsamen Bergregionen. Das hat etwas von dem, was einem früher eine Zigarettenwerbung versprochen hat; es hat etwas von Freiheit und Abenteuer. Rennradfahren ist für mich schon ein bisschen mehr als ein Hobby; es ist eine Passion.

So rennradverrückt die „Jungs“ sind, radsportverrückt sind sie nicht. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. Natürlich kennen sie die Basics, sie kennen die wichtigsten Namen des internationalen Radsports, haben von Lüttich-Bastogne-Lüttich oder Paris-Roubaix gehört. Aber das, was sie über die sogenannten Monumente des Radsports wissen, das ist eher gefährliches Halbwissen.

Wenn ich während einer lockeren Phase der Ausfahrt oder beim Kaltgetränk danach mal von einem aktuellen Rennen erzähle oder eine der zahlreichen Anekdoten aus der Geschichte des Radsports zum Besten gebe, dann lauschen sie meistens interessiert, fragen nach und staunen.

Das hat mir den entscheidenden Motivationskick gegeben, dieses Buch zu schreiben. Das und natürlich meine eigene Begeisterung für diesen Sport, der so viele unglaublich spannende, irrwitzige, dramatische und kuriose Geschichten geschrieben hat. Wie die von Abdel-Kader Zaaf.

Der Algerier war bei brütender Hitze auf einer Etappe der Tour de France 1950 dem Feld davongefahren. Um seinen Durst zu löschen, trank er zwei Flaschen Wein, die er sich vom Tisch eines Straßencafés geschnappt hatte. Das zeigte Wirkung: Zaaf musste absteigen, schlief unter einem Baum ein und fuhr nach seinem Nickerchen weiter – dummerweise in die falsche Richtung …

Und es gibt die Geschichte des tapferen Eugène Christophe. Der Franzose lag bei der Tour de France 1913 am Col du Tourmalet in Führung, ehe ihm auf der Abfahrt die Gabel brach. Nach einem Fußmarsch von knapp 15 Kilometern durchs Hochgebirge bastelte sich der Fahrer in einer Schmiede selbst eine neue Gabel zusammen, unter strenger Beobachtung der Rennkommissäre. Denn fremde Hilfe anzunehmen, war zu der Zeit noch verboten.

Christophe schaffte es, sein Rad wieder fahrtauglich zu machen, fuhr weiter und wurde von der Jury dennoch mit einer Zeitstrafe belegt. Der Grund: Der Gehilfe in der Schmiede hatte unerlaubterweise einige Mal den Blasebalg bedient.

Etwas mehr als 100 Jahre später rannte der Brite Chris Froome den Mont Ventoux auf seinen klackernden Rennschuhen hinauf, weil das Ersatzrad auf sich warten ließ. Eines von den zahlreichen Carbon-Hightech-Rädern im Wert von mehr als 10.000 Euro, die auf den Teamfahrzeugen spazieren gefahren werden.

Der Radsport im Wandel der Zeit ist auch etwas, das dieses Buch beleuchtet. Genauso wie das Thema, dass sich die Männer wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert haben, was die Förderung des Frauen-Radsports anbelangt. Ganz im Gegenteil: Die Machos und Chauvis in den Radsportverbänden haben über Jahrzehnte den Frauenradsport verhindert. In Deutschland verbot der Bund Deutscher Radfahrer den Frauen bis in die späten 1960er-Jahre hinein, Radrennen zu fahren.

Eine Geschichte in diesem Buch widmet sich der Italienerin Alfonsina Strada, die sich als Mann ausgab, um 1924 am Giro d’Italia teilnehmen zu können. Der Schwindel flog zwar noch vor dem Start auf; man ließ „Il diavolo in gonnella“, den „Teufel im Rock“, dennoch starten. Es wurde eine Tour der Leiden für die tapfere Signora. Und am Ende dann doch ein einziger Triumphzug, weil das Publikum sie im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen trug, sie für ihren Mut liebte und verehrte.

Es gibt viele solcher Dramen im Radsport; viele Stürze, die einem als Betrachter das Blut in den Adern gefrieren lassen. Wie einst beim Niederländer Wim van Est. Er stürzte während einer Etappe der Tour de France in eine 70 Meter tiefe Schlucht, überlebte wie durch ein Wunder und wurde mit 40 aneinandergeknoteten Fahrradschläuchen gerettet. Als er oben war, wollte van Est am liebsten sofort weiterfahren.

Es gibt diesen Spruch, der da lautet: Wer noch nie gestürzt ist, ist auch kein richtiger Radrennfahrer. Das halte ich als jemand, der noch nie gestürzt ist, natürlich für ziemlichen Schwachsinn. Auf jeden Fall gibt es für mich kaum einen schöneren Tagesablauf als folgenden: gemeinsam mit der Familie frühstücken, rauf aufs Rad, ein alkoholfreies Hefeweizen im Biergarten, duschen, eine Runde aufs Sofa und anschließend einen Klassiker oder eine Etappe einer Grand Tour im Fernsehen anschauen.

Ich gestehe: Ich gehöre zu jener merkwürdigen Spezies Mensch, die es schafft, sich mehrere Stunden am Stück ein Radrennen im TV anzuschauen. Okay, manchmal lasse ich einfach den Fernseher laufen und mache nebenbei scheinbar sinnvollere Dinge, aber spätestens zum finalen Sprint oder zur Bergankunft hocke ich wieder vor der Glotze.

Obwohl ich unzählige von Rennen und Etappen gesehen habe, mache ich mir speziell bei den Massensprints vor Aufregung immer noch beinahe in die Hose. Ich zittere mit, dass nichts passiert, wenn das Feld ein paar Kilometer vor dem Ziel hektisch wird, wenn die Teams um die besten Plätze im Peleton kämpfen. Wenn sie versuchen, ihre Topsprinter in die bestmögliche Position auf der Zielgeraden zu bringen.

Ich staune jedes Mal wieder, mit welch ungeheurem Tempo die Profis nach 200 und mehr Kilometern noch in Richtung Ziel rasen. Spätestens, wenn man sieht, dass sie mit 55 Stundenkilometern und mehr unterwegs sind, dann weiß man, dass Lichtjahre zwischen einem guten Hobbyfahrer und den Berufsradfahrern liegen.

Und ich leide mit, wenn die Sprinter sich im sogenannten Gruppetto über die Berge quälen oder wenn die Fahrer bei Paris-Roubaix, in der sogenannten Hölle des Nordens, auf den Kopfsteinpflasterpassagen (Pavés) brutalst durchgerüttelt werden. Das Leiden gehört zum Radsport dazu. Es gibt ein legendäres Foto von einem Radprofi, der vor Schmerzen auf sein abgewickeltes Lenkerband beißt. Es ist definitiv so: Wer im Radsport nicht die Zähne zusammenbeißt, hat schon verloren.

Insbesondere in den Bergen braucht man als Rennfahrer eine immense Leidensfähigkeit. Niemand hat es wohl so schön formuliert wie der niederländische Schriftsteller Tim Krabbé, der da schrieb: „Klettern ist eine Sache des Rhythmus‘, eine Trance; du musst den Protest deiner Körperteile in den Schlaf zurückschaukeln.“

Mich interessiert vor allem auch die Taktik bei den Rennen. Der Straßen-Radsport, um den es in diesem Buch fast ausschließlich geht, ist kein Individualsport. Das mag für Laien erst einmal merkwürdig klingen, schließlich fährt am Ende immer nur einer als Tagessieger über den Zielstrich. Aber Erfolge auf der Straße (vom Einzelzeitfahren mal abgesehen) werden immer gemeinsam vom Team eingefahren; durchaus auch bei Eintagesrennen, aber insbesondere bei Etappenrennen, bei denen es darum geht, die Platzierung im Gesamtklassement und die Konkurrenten genau im Auge zu behalten.

In diesem Buch steht eine ganze Menge über die Geschichte des Radsports, über seine Helden, über die wichtigsten Eintagesrennen und Rundfahrten, die es vielfach seit mehr als 100 Jahre gibt. Aber ich habe mich auch den dunklen Seiten des Radsports gewidmet.

Seit sich Rennfahrer auf Fahrrädern miteinander messen, wird geschummelt, betrogen und gedopt. In den Anfängen ging es vielfach auch ums nackte Überleben. Die ersten Radprofis vor mehr als 100 Jahren hatten Etappen von zum Teil mehr als 400 Kilometern zurückzulegen; mit Material, mit dem die meisten heute nicht mal zum nächsten Bäcker kommen würden.

Aber, wie man leider weiß, nahm das Betrügen, das Einnehmen von unerlaubten Mitteln immer mehr zu. Je mehr Geld im Spiel war, desto mehr wurde gedopt und das Doping immer professioneller organisiert. In den 1980er- und 1990er-Jahren sowie zu Beginn des neuen Jahrtausends schien der Straßen-Radsport in einem Sumpf aus Doping und kriminellen Machenschaften zu versinken; die Radsport-Verbände (auch ein Thema in diesem Buch) haben allzu oft weggeschaut.

Es gab dann definitiv eine Zäsur im internationalen Radsport. Das Kontrollnetz ist inzwischen sehr engmaschig, die UCI hat einen Ethikcode aufgestellt, zu dessen Einhaltung die Profi-Rennställe verpflichtet sind. Und die jungen Fahrer scheinen mehrheitlich kapiert zu haben, dass sie gedopt vielleicht kurzfristig Erfolg haben würden, aber dass sie insgesamt dem Sport schaden.

Natürlich gibt es immer noch schwarze Schafe und ich würde meine Hand definitiv nicht für alle Berufsrennfahrer ins Feuer legen. Dennoch: Sogar der gestrenge Dopingexperte der ARD, Hajo Seppelt, geht davon aus, dass im Radsport heutzutage weniger gedopt wird als in vielen anderen Sportarten.

Es gab insgesamt so viel Interessantes aus der Welt des Profi-Radsports zu erzählen, dass für einige andere Themen und auch für Fotos in diesem Buch einfach kein Platz mehr war. Der Meyer & Meyer Sportverlag bietet aber die Möglichkeit, zahlreiche weitere Inhalte online nachzulesen. Auf der Website des Verlags findet man Tipps für Hobbyradsportler, einiges zum Material, einen Text zum neuen Trend des Indoor-Radsports mit Zwift® & Co., aber auch reichlich Wissenswertes zum Thema Bahnradsport.

Dieses Buch ist in erster Linie für Menschen geschrieben, bei denen das Interesse für den Radsport noch frisch ist. Deshalb werden viele Fachbegriffe und Regeln des Radsports im A-Z des Buchs erklärt. Denn welcher Radsportnovize weiß schon, was eine „Flamme rouge“, was ein Brevet ist, was „Everesting“ oder „Flandrien“ bedeutet.

Die ganz Großen des Radsports wie Eddy Merckx, Fausto Coppi, Jacques Anquetil, Miguel Indurain oder auch Jan Ullrich kommen in diesem Buch natürlich immer wieder vor, weil sie Geschichte geschrieben haben bei den Grands Tours und bei den „fünf Monumenten des Radsports“. Aber sie werden definitiv nicht genug gewürdigt; da würde ich tatsächlich keinem Leser widersprechen. Das ist allerdings ist aus gutem Grund so.

Denn das nächste Buch, das ich für den Meyer & Meyer Sportverlag schreiben werde, widmet sich den größten Legenden des Radsports. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen, zunächst einmal bei diesem Buch - gepaart hoffentlich mit der Vorfreude auf das nächste Buch über die besten Radsportler aller Zeiten.

2

RADSPORTGESCHICHTE

Kaum waren die ersten Zweiräder mit Kurbeln und Pedalen erfunden worden, begannen die Menschen, sich zu messen. Schon in den 1860er-Jahren fanden die ersten Bahnrennen, aber auch die ersten Straßenrennen statt – zum Teil auf diesen abstrusen Maschinen, bei denen das Vorderrad fast doppelt so groß war wie das Hinterrad. Die ersten Straßenrennen Ende des vorletzten Jahrhunderts waren lang. Für die 1.200 Kilometer lange Strecke von Paris nach Brest und wieder zurück brauchte der Sieger Maurice Garin rund 52 Stunden.

2.1DIE ENTWICKLUNG DES FAHRRADS

Von Karl von Drais bis zu den ersten Radrennen

Über die Erfindung des Rads besteht unter Historikern ein wenig Uneinigkeit. Aber es ist anzunehmen, dass es die ersten Räder bereits um 4.000 bis 5.000 vor Christus gab. Und man muss sich schon ein bisschen wundern, dass es bis ins Jahr 1817 nach Christus dauerte, bis ein gewisser großherzoglich-badischer Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr von Drais ein zweirädriges Gefährt präsentierte, bei dem man sich mit den Füßen vom Boden abdrücken musste. Auch wenn man solche Maschinen heutzutage eher als Laufräder für die Kleinsten kennt, Karl von Drais Gefährt war der Urtypus des modernen Fahrrads. Den Menschen war das nicht wirklich geheuer, diese beiden Räder hintereinander. Wie sollte man das balancieren? Und es sah wahrlich auch nur bedingt galant aus, wie Drais einst mit seinem ziemlich klobigen Prototypen über die Landstraße von Mannheim nach Schwetzingen rumpelte.

Aber irgendwie Eindruck machte das Gerät des Herrn von Drais dann schon, zumal er bald darauf auch noch die hügelige Strecke von Gernsbach bis Baden-Baden zurücklegte. Das Badwochenblatt schrieb damals, Drais habe „mit der nemlichen Maschine den steilen, zwey Stunden betragenden Gebirgsweg von Gernsbach hieher in ungefähr einer Stunde zurückgelegt, und auch hier mehrere Kunstliebhaber von der großen Schnelligkeit dieser sehr interessanten Fahrmaschine überzeugt“.

Das mag Ansporn gewesen sein für den erfinderischen Freiherrn, genützt hat es ihm nicht. Viele seiner lizensierten Laufmaschinen konnte Drais nicht verkaufen, vielmehr wurden weltweit Kopien gebaut von seinen Laufmaschinen, die später von den Medien auch als „Draisinen“ bezeichnet wurden.

Es erging ihm auch sonst nicht wirklich gut. Als Anhänger der badischen Revolution entsagte er 1849 seinen Privilegien als Adliger und bekannte sich zur Demokratie. Aus Karl von Drais wurde der Bürger Karl Drais. Doch die Revolution scheiterte und der Fahrraderfinder kam nicht mehr in die Spur. Er wurde enteignet, beinahe entmündigt, er trank zu viel. Drais starb am 10. Dezember 1851 in Karlsruhe als armer Mann. Neben den 30 Gulden und 34 Kreuzern gehörten zu seinem Nachlass eine Kochmaschine, ein Ofenmodell, eine Schnellschreibmaschine und eine seiner Laufmaschinen. Es war ein bitteres Ende, das der Urvater des modernen Fahrrads erleben musste.

1868 meldete der Franzose Eugène Meyer ein Laufrad mit radialen Speichen an, ehe es gut vierzig Jahre dauerte, bis Pierre und Ernest Michaux die Tretkurbeln entwickelten und sie an ihrer „Michauline“ präsentierten. Ein Meilenstein der Entwicklung hin zum modernen Fahrrad war das sogenannte Sicherheitsniederrad, das der Brite John Kemp Starley 1884 präsentierte: ein Gefährt mit zwei gleich großen Reifen, Direktlenkung, Kettenantrieb und Gangschaltung.

Drei Jahre später erfand der irische Tierarzt John Boyd Dunlop eher aus Versehen den Luftreifen. Um es genau zu nehmen, verbesserte er auch nur die Idee des Engländers Robert William Thomson, der gut 40 Jahre zuvor schon mal etwas Ähnliches vorgestellt hatte. Aber erst Dunlops Weiterentwicklung führte zu dem mit Luft gefüllten Reifen, der im Grunde genommen immer noch gefahren wird. 1889 gewann der irische Rennfahrer Willie Hume das erste Radrennen mit einem Fahrrad, dass mit Dunlops Pneus ausgestattet war.

2.2DIE ERSTEN RADRENNEN

Die Geschichte des Radsports hatte allerdings bereits rund 30 Jahre zuvor begonnen. Im Park de Saint-Cloud vor den Toren von Paris veranstalteten 1868 ein paar Radsportverrückte die ersten Rennen auf einer Erdbahn mit leicht erhöhten Kurven. Als erster Sieger eines solchen 1.200 Meter langen Bahnrennens galt lange Zeit der Brite James Moore, der 1853 mit seinen Eltern aus England nach Frankreich eingewandert war. Später ergaben Recherchen, dass Moore zwar einige dieser Rennen für sich entscheiden konnte, das allererste Rennen überhaupt aber gewann wohl ein gewisser Monsieur oder auch Signore Polocini. Die Pioniere in Sachen Bahnradsport fuhren zunächst überwiegend auf Michaulinen, auf Fahrrädern also, bei denen das Hinterrad beinahe nur halb so groß war wie das Vorderrad.

Die ersten Radrennen auf der Straße gab es ebenfalls in den 1860er Jahren. 1869 gewann jener James Moore ein 123 Kilometer langes Rennen von Paris nach Rouen, in einer Zeit von 10:45 Stunden. Die Menschen waren angetan von diesen Radrennen, allerdings setzten sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eher die Bahnrennen als die Rennen auf der Straße durch. Die Erklärung liegt auf der Hand. Bei einem 100 Kilometer langen Rennen erlebten die Zuschauer längst nicht so viel von den Heroen der Landstraße als von denen auf der vielleicht 500 Meter langen Bahn.

Die Bahnrennen wurden in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts enorm populär: Sowohl in den USA als auch in Europa wurden zahlreiche Radrennbahnen gebaut. Kurz vor der Jahrhundertwende hatte man allein in Deutschland weit mehr als 50 Radrennbahnen aus dem Boden gestampft. Deutschlands erste Bahn errichtete der Münchner Velociped-Club in der bayrischen Landeshauptstadt, das erste nationale Rennen fand dort am 26. Juni 1880 statt. 1885 wurde die Radrennbahn Andreasried in Erfurt errichtet, zunächst als Sandbahn, 1899 wurde sie als Bahn mit einer Betonpiste und vier Meter hohen Steilkurven ausgebaut. Die Bahn im Erfurter Norden gilt als die älteste Radrennbahn der Welt, auf der noch heute Rennen stattfinden.

1893 bereits wurde in Chicago die erste Weltmeisterschaft für Steher und Sprinter ausgetragen, ein Wettbewerb für reine Amateure. Zwei Jahre später fand auf der Radrennbahn am Zoologischen Garten zu Köln (Riehler Radrennbahn) die erste Bahn-WM für Berufsradfahrer statt. Die Veranstaltung wurde allerdings zum Politikum. Die deutschen Gastgeber wollten das sportliche Spektakel mit den Feiern zum 25. Jahrestag des Sieges über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg verbinden; dies führte dazu, dass die Franzosen und Fahrer einiger anderer Länder ihre WM-Teilnahme absagten.

Wiederum ein Jahr später zählten sechs Radsport-Wettbewerbe zum Programm bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen. Fünf davon wurden auf der Bahn des Velodroms Neo Faliro ausgetragen – wo übrigens auch die olympischen Tennismatches stattfanden. Die olympischen Bahnwettbewerbe von 1896 waren der Sprint (zwei Kilometer), das 333,3-Meter-Zeitfahren (so lang war genau eine Runde), das Zehn-Kilometer-Rennen, das 100-Kilometer-Rennen sowie das Zwölf-Stunden-Rennen. Vergeben wurden damals Silbermedaillen für den Sieger, Bronze für den Zweitplatzierten, während der Dritte leer ausging.

Das älteste heute noch stattfindende Straßen-Radrennen dürfte Mailand-Turin sein, erstmals ausgetragen 1876, regelmäßig fand es aber erst ab 1911 statt und deshalb gilt Lüttich-Bastogne-Lüttich mit der Erstaustragung 1892 als ältestes Radrennen der Welt. Es ist bis heute eines der wichtigsten Eintagesrennen im Kalender der WorldTour. Der Klassiker in der Wallonie war mit deutlich unter 300 Kilometern für die damaligen Verhältnisse eher kurz und auch eigentlich nur als eine Art Trainingsrunde geplant. Andere Rennen wie Paris-Brest-Paris mit ihren unfassbaren 1.200 Kilometern seit 1891 oder auch das 1988 letztmals ausgetragene Bordeaux-Paris mit 600 Kilometern waren deutlich länger. Mit Paris-Roubaix (1896), der Lombardei-Rundfahrt (1905), Mailand-San Remo (1907) und der Flandern-Rundfahrt (1913) ließen die Premieren der sogenannten Monumente des Radsports nicht lange auf sich warten. Und bereits 1903 wurde mit der Tour de France das erste Etappenrennen aus der Taufe gehoben; sechs Jahre später starteten Rennfahrer erstmals beim Giro d’Italia.

2.3SHIMANO, CAMPAGNOLO & CO.

Dura Ace versus Super Record

Drei Marken beherrschen den Weltmarkt bei den Rennrad-Komponenten. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Die italienische Traditionsschmiede Campagnolo, der bereits vor 100 Jahren gegründete japanische Branchenriese Shimano und die verhältnismäßig junge US-amerikanische Firma SRAM. Jahrzehntelang herrschte zwischen den Campagnolo-Jüngern und den Nutzern von Shimano eine Art Glaubenskrieg.

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts testete der Franzose Paul de Vivie die erste Kettenschaltung mit einem Umwerfer für zwei verschiedene Übersetzungen. Angeblich hatte er die Idee, weil ihn jemand am Anstieg zum Col de la République mit einer leichteren Übersetzung überholt hatte und dabei auch noch gemütlich Pfeife rauchte. De Vivie wollte aber seinen schwereren Gang für flache Passagen behalten und kam so auf die Idee, sein Rad mit zwei Kettenblättern auszustatten. Bei Henri Desgrange, dem Tour-Direktor, kam das nicht gut an; er moserte, eine solche Konstruktion sei nur etwas „für Invaliden und Frauen“.

Man weiß nicht, ob es deshalb so lange dauerte, bis die Gebrüder Nieddu 1930 die erste funktionierende Schaltung konzipierten: die „Vittoria Margherita“. Sie ging zwar nicht in die Massenproduktion, wurde aber zunächst bei den Amateur-Weltmeisterschaften 1932 genutzt und bewährte sich. Als erster Profi fuhr Gino Bartali 1935 mit der Schaltung; nach seinem Tour-Sieg 1938 wurde das Fünf-Gang-Modell in „Tour de France“ umgetauft. Ungefähr zeitgleich brachte der Schweizer Rennfahrer Oscar Egg das Modell „Super Champion“ auf den Markt, mit dem unter anderem Roger Lapébie 1937 die Tour de France gewann.

Vielfach wird ein gewisser Tullio Campagnolo als „Erfinder“ der ersten funktionierenden Kettenschaltung bezeichnet – dies stimmt aber nicht. Campagnolo war Rennfahrer und er war der technisch begabte Sohn eines Eisenwarenhändlers aus Vicenza. Als er während eines Rennens an einem kalten Novembermorgen 1927 aufgrund seiner klammen Finger daran scheiterte, die Flügelmuttern am Hinterrad zu öffnen, hatte er eine Idee. Er erfand die Schnellspannachse, um das Laufrad deutlich schneller aus- und wieder einbauen zu können. Zu dieser Zeit musste man nämlich noch das mit unterschiedlich großen Zähnen ausgestattete Hinterrad ausbauen, um auf einen anderen Gang wechseln zu können. Im Februar 1930 ließ Campagnolo sich den Schnellspanner patentieren. Es war das erste von weit über 100 Patenten, die er im Laufe seines Lebens anmeldete. 1933 gründete er seine erste Firma, noch im hinteren Teil von Vaters Eisenwarenladen.

Tullio Campagnolo war ein Tüftler, immer mit dem Ohr bei den Rennfahrern, schließlich war er selbst einer gewesen. Er war stets bestrebt, innovative Lösungen für den Radsport zu finden. Im Mai 1940 brachte die Firma Campagnolo die erste Gestängeschaltung auf den Markt, „Senza attriti e senza rumore” (ohne Reibung und ohne Geräusch) lautete der Slogan. 1946 entwickelte Campagnolo sie weiter, mit der „Corsa 1001“ ging die erste alltagstaugliche Schaltung in die Produktion. 1950 schließlich kam die „Gran Sport“ auf den Markt, ein sogenanntes Parallelogrammschaltwerk, nach dessen Vorbild quasi alle danach folgenden Kettenschaltungen produziert wurden. Ab 1959 produzierte Campagnolo die erste Kettenradgarnitur (also erstmals eine Einheit aus Kettenblättern und Kurbeln) und beherrschte auch mit den Nachfolgemodellen Record (ab 1962) und Super Record (ab 1973) zunächst weiter den Markt.

Konkurrenz aus Fernost

Für das Schaltwerk der Super Record griff Campagnolo auf Ergal und Titanium zurück; dadurch wurde es sehr leicht. Es war die Firma Campagnolo, die mit extrem leichten Legierungen immer wieder überraschte, so sehr, dass sogar die NASA von Campagnolo ein Satelliten-Chassis bauen ließ. In Europa war „Campa“, wie die Rennradfahrer sagen, noch bis in die 1980er-Jahren die Nummer eins im Radsport. Von 130 Fahrern, die 1963 zur Tour de France starteten, benutzten 110 die Campagnolo-Schaltwerke. Zu dieser Zeit gab es in Europa noch die Konkurrenten aus Frankreich, Simplex und Huret. Die Firma Simplex baute in den frühen 1980er-Jahren mit der „Champion du France“ eine Kettenschaltung, die durchaus mit den Campagnolo-Produkten konkurrieren konnte, 1992 aber stellte das Unternehmen die Produktion ein. Huret wurde in den 1980er-Jahren von Fichtel & Sachs gekauft, die wiederum seit Mitte der 1990er-Jahre zu SRAM gehört.

Denn zu dieser Zeit befanden sich die Japaner bereits auf dem Vormarsch. Sanko, Cherubino und Shimano hießen die Hersteller aus dem fernen Osten, die Schaltungen nach europäischem Vorbild zu einem deutlich günstigeren Preis anboten. Nach und nach übernahm Shimano die Mitkonkurrenten aus dem eigenen Land und entwickelte sich zum Weltmarktführer für Fahrradkomponenten. Zwischen Campagnolo-Jüngern und Befürwortern der Shimano-Technik herrschte jahrzehntelang und herrscht zum Teil noch immer eine Art Glaubenskrieg darüber, wer die besseren Schaltungen baut.

Auch Shozaburo Shimano war ein genialer Tüftler. 1921 gründete er seine erste eigene Firma und schon 1922 erfand er das 3.3.3. Freilaufritzel, in den 1950er-Jahren die Drei-Gang-Nabenschaltung. Mitte der 1970er-Jahre entstand die erste Kassettennabe aus dem Hause Shimano, während die Japaner die sogenannte indexierte Schaltung vom früheren Konkurrenten Suntour übernahmen und perfektionierten. Mit dem „Shimano Indexing System“ musste man nicht mehr gefühlvoll den nächsten Gang ertasten, sondern konnte durch die Rasterfunktion deutlich zielsicherer schalten.

Die Japaner waren längst kein Anbieter mehr von durchschnittlicher Massenware, sondern produzierten von Jahr zu Jahr hochwertigere Teile. Vor allem waren sie cleverer und schneller als die Konkurrenten. Während die Europäer den boomenden Fahrradmarkt in den USA verpennten und die stark angestiegene Nachfrage nicht bedienen konnten – unter anderem auch, weil bei Campagnolo weitgehend noch in Handarbeit produziert wurde, war Shimano zur Stelle. Insbesondere auch auf den neuen Mountainbike-Trend reagierte die Firma aus Fernost am schnellsten und brachte in den frühen 1980er-Jahren die erste MTB-Schaltung auf den Markt. Mit den kombinierten Schalt-Bremshebeln, (STI) Anfang der 1990er-Jahre zementierte das Familienunternehmen aus Japan seine Vormachtstellung im Rennradsport weltweit. Um die 13.000 Mitarbeiter an mehreren Standorten in Asien, Europa und den USA produzieren heute neben den Fahrrad-Komponenten noch Equipment für Angler, 80 Prozent des Umsatzes in Höhe von rund drei Milliarden Euro macht die Abteilung Fahrrad-Komponenten bei Shimano aus.

Das Spitzenmodell aus dem Hause Shimano ist seit bereits 1973 die Dura-Ace-Gruppe, gefolgt von der Ultegra. Das absolut empfehlenswerte Mittelklasse-Modell 105 übernahm ab 2015 einiges von der Technik der hochwertigeren Gruppen. Unter der 105er-Gruppe sind die Tiagra- und die Sora-Gruppe angesiedelt. Die Dura-Ace und die Ultegra werden im Rennradsport inzwischen als mechanische und als elektronische Schaltung (Di2) angeboten. Zu einer kompletten Gruppe zählen in der Regel das Schaltwerk, der Umwerfer, die Kassette mit den Ritzeln, die Bremsen und die Bremsgriffe, die im Normalfall auch die Schaltgriffe sind, die Tretkurbeln mit Kettenblättern und das Innenlager sowie nicht unbedingt zwingend weitere Teile wie die Kette oder die Züge. Eine Shimano-105-Gruppe in 11-fach kostet mit Scheibenbremsen ungefähr 800 Euro, mit Felgenbremsen rund 500 Euro. Die Dura Ace 12-fach mit der elektronischen Schaltung hingegen knapp 4.000 Euro. Das Spitzenmodell von Campagnolo, die elektronisch schaltbare Super Record 12-fach, ist ähnlich teuer, während die einfachste Chorus-Gruppe 11-fach bereits ab ca. 1.000 Euro zu haben ist. Die Angaben 11-fach oder 12-fach beziehen sich übrigens auf die Anzahl der Ritzel am hinteren Zahnkranzpaket. 2020 brachte Campagnolo mit der EKAR eine 13-fach-Kettenschaltung für Gravelbikes auf den Markt. Bereits 2019 hatte die spanische Firma Rotor eine 13-fach-Antriebsgruppe mit einem hydraulischen Schaltwerk präsentiert. Das Modell eignet sich für Rennräder und Gravelbikes sowie für Mountainbikes. Shimanos Topmodell im Mountainbike-Bereich ist die XTR (mechanisch und als Di2), am meisten verbaut an MTB’s wird die Deore XT. Und bei den relativ neuen Gravel-Bikes kommt die GRX-Schaltung zum Einsatz.

Als Firmengründer Tullio Campagnolo 1983 starb, übernahm dessen Sohn Valentino die Firma. Ihm standen schwierige Zeiten bevor. Aber der studierte Volkswirt schaffte es, das Unternehmen zu modernisieren, gleichzeitig behielt Campagnolo seine Magie, stand weiterhin für ästhetische, handwerklich edle Produkte – auch wenn sie längst industriell gefertigt wurden. Im Profi-Rennradbereich jedenfalls waren die Italiener immer noch eine große Nummer, 2002 fuhr fast die Hälfte der Profis bei der Tour de France noch mit Campa-Komponenten.

Der Dritte im Bunde

In der Folge lieferten sich die Italiener und die Japaner weiter einen Wettlauf – in den sich allerdings ab Ende der 1980er-Jahre das US-amerikanische Unternehmen SRAM zusehends einmischte. Es ist so ein bisschen diese typische Geschichte des Start-ups, das an die Garage von Apple erinnert. Auch SRAM wurde 1987 mit nur sechs Mitarbeitern gegründet. Der Firmenname ist ein Akronym, zusammengesetzt aus den Namen der Firmengründer Scott King, Stan Ray Day und Sam Patterson. SRAM hatte sich zunächst am Markt mit den sogenannten Grip Shifts einen Namen gemacht: Drehgriffe am Lenker, die vor allem an Touren- und Mountainbikes eingesetzt wurden. Ganz rund lief es zunächst noch nicht: 2002 erhielt das Unternehmen aus Chicago noch das „Rostige Ritzel“, vergleichbar mit der Goldenen Himbeere bei den Schauspielern, definitiv jedenfalls eine Anti-Auszeichnung. SRAM kaufte fleißig Firmen hinzu, wie bereits 1997 die deutsche Traditionsfirma Fichtel & Sachs, später den Federgabel-Produzenten RockShox und den Laufradhersteller Zipp.

2006 dann griff SRAM endgültig die beiden arrivierten Rennradmarken an, indem es mit der SRAM Force und der SRAM Rival erstmals Rennradkomponenten auf den Markt brachte. Die vielfach am alten Fichtel & Sachs-Standort Schweinfurt entwickelten und überwiegend in Taiwan produzierten SRAM-Produkte wurden besser und besser.

Inzwischen hat natürlich auch das US-Unternehmen längst Spitzenmodelle mit elektronischer Schaltung wie die SRAM eTap AXS am Markt. Bei der Tour de France 2021 allerdings wurde noch einmal klar, wer der absolute Marktführer auch bei den WorldTour-Teams ist. 17 Rennställe waren mit den Hightech-Komponenten aus dem Hause Shimano unterwegs, vier von ihnen mit Campagnolo-Teilen und einzig und allein das US-Team Trek-Segafredo setzte auf Komponenten von SRAM.

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DIE GRANDS TOURS

Sie sind das Highlight des Jahres für die Fans und natürlich für viele Rennfahrer: die drei großen Landesrundfahrten im Radsport: die Tour de France, der Giro d‘Italia und die Vuelta a España. Die Tour steht über allem, selbst wenn Giro- und Vuelta-Veranstalter immer steilere und spektakulärere Anstiege mit in ihr Programm aufnehmen. Aber egal wie steil die Anstiege in Italien oder Spanien auch sein mögen: Der Mythos der Tour de France überstrahlt alles im Radsport; und so hart gefahren wie bei der Frankreich-Rundfahrt wird nirgendwo sonst.

3.1LE TOUR DE FRANCE

Von Marcel Molinès weiß heute kaum ein Mensch, dass er einmal eine Etappe bei der Tour de France gewonnen hat. Sein algerischer Landsmann Abdel-Kader Zaaf hingegen hat Tour-Geschichte geschrieben, wie so viele Fahrer bei dieser wichtigsten und schwersten Rundfahrt der Welt. Nicht allein, weil sie sportliche Höchstleistungen vollbrachten, sondern weil sie den Mythos der Tour mit ihren persönlichen Geschichten bereichert haben.

La Grande Boucle, die große Schleife, zieht die Menschen seit ihrer Gründung 1903 in ihren Bann. Die Tour de France ist mehr als ein Rennen. Sie ist Spektakel, Volksfest und Nationalheiligtum. Um so bitterer ist es für die Franzosen, dass seit mehr als 35 Jahren kein Franzose mehr das Rennen gewinnen konnte. Die Tour begeistert Millionen, weil es das Leben mit all seinen Freuden, dem Leiden und den Schmerzen so komprimiert über einen Zeitraum von drei Wochen wiedergibt. Die meisten könnten kaum einen Kilometer mithalten mit den Rennfahrern, aber sie fühlen mit, sie leiden mit und sie bewundern die Heroen der Landstraße. Wer einmal die Tour de France als Fahrer erlebt hat, wird es nie vergessen. Es gibt ein Buch, das den treffenden Titel trägt: „Nicht alle Helden tragen Gelb.“

Auch jener Abdel-Kader Zaaf trug nie das Gelbe Trikot des Führenden. Es war brüllend heiß, im Sommer 1950 auf der Etappe von Perpignan nach Nîmes. „Canicule“ sagen die Franzosen zu diesen drückenden Tagen. Genau das richtige Wetter für die Nordafrikaner Molinès und Zaaf zum Attackieren. Bald hatten sie Vorsprung von gut einer Viertelstunde herausgefahren, als sie anhielten, um ihren Durst zu löschen. Zaaf leerte eine Flasche Wein „auf ex“. Durst hatte er immer noch, also runter mit der zweiten Flasche. Der Algerier stieg auf sein Rad, doch die Wirkung des Alkohols ließ bei der Hitze nicht lange auf sich warten. Zaaf eierte in Schlangenlinien einige Meter weiter, dann wurde er von den Rennkommissaren vom Rad geholt und unter einen Baum gelegt. Dort schlief er ein. Nach einer Stunde wurde er geweckt wird. Zaaf schwang sich aufs Rad und fuhr weiter – aber leider in die falsche Richtung. Der Nordafrikaner bittet am Abend die Jury, die letzten 25 Kilometer zum Ziel nachholen zu dürfen. Doch die Rennkommissare bleiben hart, der Algerier ist raus aus dem Rennen.

Premiere am 3. Juli 1903

Es ist nur eine von unzähligen Geschichten, die dieses älteste und berühmteste Radrennen der Welt schrieb. Ins Leben gerufen hat die Tour de France Henri Desgrange, der Herausgeber der Zeitung L’Auto. Er wollte die Auflage seiner Zeitung durch das Rennen steigern, um auf diese Weise das Konkurrenzblatt Le Vélo zu übertreffen. Es gab zu dieser Zeit durchaus schon Eintagesrennen, eine Etappenfahrt, wie sie Desgrange plante, war etwas ganz Neues. 60 Männer standen schließlich am Nachmittag des 3. Juli 1903 am Café Reveil-Matin im Pariser Vorort Montgeron. 60 wagemutige Rennfahrer, die eine Strecke von 2.428 Kilometern vor sich hatten. Oft starteten die Heroen der Landstraße bereits im Dunkeln, die Etappen waren bisweilen mehr als 400 Kilometer lang. Aber immerhin gab Desgrange den Männern so etwas wie ein Roadbook mit auf den Weg. Darin standen unter anderem Hinweise auf gefährliche Kurven, aber auch die Bitte, nicht allzu viel Lärm zu machen beim Durchfahren der Innenstädte. Als erster Rennfahrer trug sich ein gewisser Maurice Garin in die Siegerliste der Tour de France ein. Er hatte zwei Stunden und 49 Minuten Vorsprung zum Zweiten (bis heute der größte Vorsprung in der Geschichte der Tour).

Die zweite Austragung im Jahr 1904 war beinahe auch die letzte, obwohl die Rundfahrt ein Erfolg war. Vielleicht muss man sagen: weil die Tour ein Erfolg war. Fahrrad-Produzenten hatten die Tour de France als Markt entdeckt, aber der Kampf, den sie gegeneinander und auf dem Rücken der Rennfahrer führten, war ein mieser und unfairer Kampf. Die konkurrierenden Hersteller warben Kriminelle an, um die Fahrer zu sabotieren; es wurden Nägel auf die Fahrbahn gestreut, Rahmen wurden angesägt, Trinkflaschen vergiftet, Fahrer von der Straße gedrängt. Ein desillusionierter Desgrange dachte bereits daran, sein Baby zu beerdigen, zumal auch noch die ersten Vier der Gesamtwertung disqualifiziert werden mussten, weil sie ein Teilstück mit der Eisenbahn gefahren waren. Aber wie heißt es so schön in der Medienbranche: „Bad news are good news.“ Die Auflage seiner Zeitung war gestiegen und Desgrange führte sein Lebenswerk fort.

„Ihr seid alles Mörder“

Im Jahre 1909 schließlich eröffnete der Tour-Direktor Firmenteams den Zugang zur Tour de France, obwohl die sich zuvor so überaus schäbig benommen hatten. Desgrange war ein gestrenger Patron der alten Schule, man könnte auch sagen, er war ein autoritärer und höchst konservativer Macho, der seine Fahrer bisweilen beschimpfte und demütigte. Gangschaltungen an den Rädern lehnte er ab, so lange er der Boss der Tour de France war. Das wäre nur etwas für Menschen mit Behinderungen und für Frauen, so der Tour-Patron. 1919 bereits führte Desgrange das Gelbe Trikot ein, 1933 das gepunktete Jersey für den besten Bergfahrer. Fraglos gute Ideen, aber nichts gegen die Idee, die der Tour-Gründer schon in den 1930er-Jahren umsetzte: Vor dem Fahrerfeld ließ er eine Werbekarawane fahren, die seine Veranstaltung finanzierte.

1909 siegte mit dem Luxemburger François Faber der erste Nicht-Franzose. 1910 musste erstmals der Col du Tourmalet erklommen werden. Eine 2.115 Meter hohe Passstraße in den Pyrenäen, mehr ein Pfad als eine Straße, auf der sich zu der Zeit noch freilebende Bären herumtrieben. Octave Lapize war einer der Rennfahrer, der diese Strapazen auf sich nahm. Als er oben an der Passhöhe ankam, beschimpfte er die Tour-Offiziellen mit den längst legendären Worten: „Ihr seid alles Mörder.“ Aber Desgrange wusste: genau so etwas brachte Aufmerksamkeit, genau so etwas brachte Auflage.

Im Jahre 1926 mussten die Fahrer in knapp drei Wochen eine Strecke von unglaublichen 5.745 Kilometern zurücklegen. Zwei Jahre später holte sich der Luxemburger Nicolas Frantz zum zweiten Mal den Gesamtsieg. Diesmal allerdings streckenweise auf einem Damenrad. Auf der 19. Etappe war sein Rahmen gebrochen. Frantz schaute sich um, entdeckte eine Dame nebst Rad. Gar nicht Gentleman schnappte er sich das Alltagsgefährt mit Klingel und Schutzblech, ohne zu fragen. Er fuhr, was das Zeug hielt, verlor an dem Tag nur sechs Minuten und verteidigte seinen Vorsprung im Gesamtklassement.

Anquetil, Merckx, Hinault und Indurain mit fünf Siegen