Rauschdrogen - Thomas Köhler - E-Book

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Thomas Köhler

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Beschreibung

Ist der Konsum von Cannabis strafbar? Wie schädlich ist Ecstasy? Was sind die körperlichen Folgen jahrelangen Heroinkonsums? Was enthielten die "Hexensalben"? Der Band gibt sachkundig und allgemeinverständlich Auskunft über Zusammensetzung und Wirkungsweisen von psychoaktiven Substanzen, die rauschähnliche Zustände erzeugen, etwa Opioiden, Kokain, Amphetaminen, Halluzinogenen, Schnüffelstoffen sowie weiteren Natur- und Designerdrogen.

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Thomas Köhler

RAUSCHDROGEN

Geschichte, Substanzen, Wirkung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verlag C.H.Beck

 

 

Zum Buch

Ist der Konsum von Cannabis strafbar? Wie schädlich ist Ecstasy? Was sind die körperlichen Folgen jahrelangen Heroinkonsums? Was enthielten die «Hexensalben»? Der Band gibt sachkundig und allgemeinverständlich Auskunft über Zusammensetzung und Wirkungsweisen von psychoaktiven Substanzen, die rauschähnliche Zustände erzeugen, etwa Opioiden, Kokain, Amphetaminen, Halluzinogenen, Schnüffelstoffen sowie weiteren Natur- und Designerdrogen.

Über den Autor

Prof. Dr. Dr. Thomas Köhler, Arzt und Diplompsychologe, lehrt am Psychologischen Institut der Universität Hamburg. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, u.a. zu Sigmund Freud, zu biologischen Grundlagen psychischer Störungen und zu Rauschdrogen.

Inhalt

Vorwort

1 Rauschdrogen undihre Wirkungen

1.1 Begriffsklärungen

1.2 Akute Substanzeffekte und ihre Mechanismen

1.3 Toleranz

1.4 Entzugssymptomatik

1.5 Abhängigkeit und ihre Grundlagen

2 Opioide: Opium und seine synthetischen Verwandten

2.1 Definition und Einteilung

2.2 Aufnahme und Verstoffwechselung

2.3 Unmittelbare Effekte

2.4 Toleranz und Entzugserscheinungen

2.5 Missbrauch und Abhängigkeit

3 Kokain: Cocablätter, «Koks» und Crack

3.1 Botanische und chemische Grundlagen; Historisches

3.2 Cocablätter, Cocapaste, Kokainhydrochlorid und freie Base; Herstellung und Arten des Konsums

3.3 Aufnahme und Verstoffwechselung

3.4 Unmittelbare und verzögerte Wirkungen

3.5 Toleranz und Entzugssymptomatik; Sensitivierung

3.6 Missbrauch und Abhängigkeit

4 Psychostimulantien: Amphetamine und Koffein

4.1 Überblick

4.2 Amphetamine

4.3 Koffein

5 Cannabis (Marihuana, Haschisch)

5.1 Die Hanfpflanze und ihre psychoaktiven Produkte

5.2 Zubereitungen und Aufnahme

5.3 Unmittelbare Effekte

5.4 Toleranz und Entzugserscheinungen; Missbrauch und Abhängigkeit

6 Halluzinogene (Psychedelika)

6.1 Terminologische Vorbemerkungen; Überblick

6.2 «Klassische» Halluzinogene

6.3 Psychedelisch wirksame Amphetaminabkömmlinge

6.4 Anticholinergika

6.5 Psychedelische Narkosemittel: Phencyclidin und Ketamin

7 Inhalantien

7.1 Begriffsklärungen

7.2 Flüchtige Lösungsmittel («Schnüffelstoffe»)

7.3 Aerosole

7.4 Flüchtige Nitritverbindungen

7.5 Inhalationsnarkotika

8 Designerdrogen: Ecstasy und andere synthetisch hergestellte Substanzen

8.1 Begriffsklärungen

8.2 Designeropiate

8.3 Amphetamin- und Methamphetaminderivate

8.4 Weitere Designerdrogen

9 Naturdrogen

9.1 Einheimische bzw. weltweit verbreitete Pflanzendrogen

9.2 Regional bedeutsame Rauschdrogen

 

Hinweise auf weiterführende Literatur und Quellen

Verzeichnis der Themenkästen

Register

Vorwort

Das vorliegende Buch behandelt das Thema der Rauschdrogen und ihres Konsums nicht nur unter medizinischen und biopsychologischen, sondern auch (und nicht zuletzt) unter historischen Gesichtspunkten, beleuchtet zudem einige damit verbundene rechtliche Fragen. Es unterscheidet sich in dieser Hinsicht von meiner im Jahre 2000 erschienenen Monographie Rauschdrogen und andere psychotrope Substanzen: Formen, Wirkungen, Wirkmechanismen, welche speziell die neurochemischen Grundlagen der Substanzeffekte sowie körperliche Veränderungen als Folge längerfristiger Einnahme behandelt.

Während dort der Schwerpunkt auf den Konsumdrogen Alkohol und Nikotin lag, sollen nun auch eher seltene einheimische und exotische Drogen sowie kulturhistorische Aspekte ihres Gebrauchs dargestellt werden. Alkohol, Nikotin sowie die Sedativa kommen gar nicht zur Sprache, während Opioide, Cannabis, Kokain, Psychostimulantien sowie Halluzinogene eingehender Berücksichtigung finden, nicht zuletzt hinsichtlich ihrer Bedeutung in der Heilkunde, in rituellen Praktiken, schließlich ihres Einflusses auf Kunst und Literatur. Daneben werden rechtliche Aspekte diskutiert, so die Grundzüge des Betäubungsmittelgesetzes, juristische Gesichtspunkte des Cannabisgebrauchs und die diesbezüglich unklare Situation bei Designerdrogen. Zwar wurden die biopsychologischen und medizinischen Ausführungen nun kürzer gehalten; gleichwohl wird über Wirkungsweisen sowie eventuelle Folgen des Konsums berichtet.

Es ist vielleicht nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, dass die beschriebenen Wirkungen und Nebenwirkungen der Rauschdrogen von potentiellen Konsumenten nicht als verbindliche Information über zu erwartende Effekte betrachtet werden dürfen; es findet sich diesbezüglich eine erhebliche Variationsbreite, die im knappen Rahmen nicht hinreichend charakterisiert werden kann.

Kurz zum gewählten Titel: Die behandelten Stoffe wären am treffendsten als psychotrope oder psychoaktive Substanzen zu bezeichnen, welcher Begriff lediglich Fachleute anspricht. Der sich zunächst anbietende Terminus Rauschgifte impliziert zu sehr das Toxische und Illegale; regelrecht giftig ist aber beispielsweise Cannabis nicht (auch wenn die Folgen chronischen Konsums sicher lange unterschätzt wurden), nicht einmal die Opioide sind es, wenn sie lege artis (z.B. mit sterilen Injektionsinstrumenten in für die Konsumenten angemessener Menge) appliziert werden. Viele der hier behandelten Substanzen sind auch nicht illegal (etwa Koffein, Kawa oder Betel). Rauschmittel wäre sicher ein vertrauterer Ausdruck; dann aber dürfte ein langes Kapitel über Alkohol nicht fehlen. Als Bezeichnung wurde schließlich Rauschdrogen gewählt, die in etwa die Wirkung charakterisiert und in gewisser Unbestimmtheit auf die unklare rechtliche Situation der Beschaffung hinweist.

Der Lesbarkeit zuliebe wurde weitgehend auf Belege im Text verzichtet. Nachdrücklich sei deshalb betont, dass viele Aussagen den Arbeiten v.a. von Geschwinde (2007), Parnefjord (2005), Rätsch (2002) oder Schmidbauer und vom Scheidt (2004) entnommen wurden, ohne die Quelle explizit kenntlich zu machen.

Mein Dank gilt Herrn Dr. Bollmann und A. von der Lahr vom Verlag C.H.Beck, I. Böschen und H. Singmann für Hilfe bei der Textgestaltung (in diesem Zusammenhang auch wie immer meinem Kollegen Reinhold Schwab), J. Sundag für Literaturrecherchen und meiner lieben Frau Carmen für ihr ewiges Verständnis.

Hamburg, im August 2008

Thomas Köhler

1 Rauschdrogen und ihre Wirkungen

1.1 Begriffsklärungen

Der nach längeren Überlegungen als Titel gewählte Begriff «Rauschdrogen» ist wenig genau definiert; auch die alternativ sich anbietenden Bezeichnungen «Drogen», «Rauschmittel», «Rauschgifte», «Suchtmittel» oder «psychotrope Substanzen» können den behandelten Gegenstand jedoch nur unzureichend charakterisieren.

Droge bezeichnet in der Pharmakologie im weiteren Sinne eine Zubereitung aus Pflanzen (zuweilen auch aus Tierbestandteilen); eine solche wäre beispielsweise Flos Chamomillae, Kamillenblüten, mit dem entzündungshemmenden Chamazulen als wichtigem Inhaltsstoff. Im engeren umgangssprachlichen Sinn wird darunter ein Rauschmittel verstanden; interessanterweise subsumiert die Umgangssprache das wichtigste und bekannteste Rauschmittel, nämlich Alkohol, nicht unter Drogen (ebenso wenig Nikotin und Koffein), sodass Droge im allgemeinen Verständnis weitgehend ein illegales Rauschmittel bedeutet. Da hier im Großen und Ganzen nur Substanzen besprochen werden, deren Konsum zu einer Art «Rausch» führt – ein solcher wäre bei Nikotin und den Sedativa (etwa den Benzodiazepinen) in aller Regel nicht gegeben –, trifft die Bezeichnung «Rauschdrogen» den gewählten Gegenstandsbereich besser; auch lässt es die implizierte assoziative Verbindung zu «Drogen» zweckmäßig erscheinen, ihr den Vorzug gegenüber dem neutraleren Ausdruck «Rauschmittel» zu geben. Die Bezeichnung «Rauschgifte», wie etwa in der Zusammensetzung «Rauschgiftdezernat» oder «Rauschgifttoter» zu finden, ist als missverständlich anzusehen. Rauschdrogen sind nämlich meist nicht stärker toxisch («giftiger») als andere Arzneien. Was die besondere Beachtung durch den Gesetzgeber begründet, sind ihre speziellen Effekte und insbesondere sich daraus ergebende mögliche Abhängigkeitsentwicklungen («Süchte»). Da aber keineswegs alle Rauschdrogen zwangsläufig zur Sucht führen, manche – wie Alkohol, Kaffee oder einige andere – von vielen Personen sehr kontrolliert eingenommen werden, ist die Bezeichnung «Suchtmittel» für die hier behandelten Substanzen wenig sinnvoll. Auch «Betäubungsmittel» sind nicht oder nur teilweise Gegenstand der vorliegenden Monographie. In letztere Gruppe, die sich im Wesentlichen durch starke analgetische bzw. psychische Funktionen verändernde Wirkungen charakterisiert, gehören nämlich keineswegs alle Rauschdrogen. Dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt sind insbesondere Opioide, Cannabinoide und viele Psychostimulantien, wohingegen diverse halluzinogene Drogen (wenigstens augenblicklich) nicht davon betroffen sind.

Dem deutschen Begriff Betäubungsmittel entspricht im angloamerikanischen Sprachgebrauch «narcotics»; auch damit werden nicht nur Narkotika, sondern allgemein «harte» Drogen bezeichnet. Präziser und inhaltlich weniger vorbelastet, jedoch umgangssprachlich höchst ungebräuchlich – letztlich auch für den hier betrachteten Gegenstand zu weit gefasst – ist der Terminus psychotrope (psychoaktive) Substanz, welcher auch in den klassifikatorisch-diagnostischen Systemen ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen, Kapitel V (F)) und DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) verwendet wird.

1.2 Akute Substanzeffekte und ihre Mechanismen

Neurochemische Grundlagen

Die Erregungsübertragung an Synapsen, Verbindungen zweier Nervenzellen, geschieht typischerweise chemisch, indem das zuerst erregte (präsynaptische) Neuron Überträgerstoffe (Neurotransmitter) in den synaptischen Spalt freisetzt, die zur anderen, der postsynaptischen Nervenzelle diffundieren und sich dort anlagern. Typischerweise benutzt jede Nervenzelle nur einen (niedrigmolekularen) Transmitter, nach dem sie sich klassifizieren lässt: So verwendet ein dopaminerges Neuron als einzigen Transmitter Dopamin, ein cholinerges allein Acetylcholin zur Übertragung. Zur Entfaltung ihrer Wirkung müssen sich die Neurotransmitter mit Proteinkomplexen der postsynaptischen Membran verbinden (den Bindungsstellen oder Rezeptoren). Diese sind für die einzelnen Transmitter spezifisch; man spricht deshalb z.B. von Dopamin- oder Acetylcholinrezeptoren (von denen fast immer mehrere Subtypen existieren). Besetzung der Rezeptoren durch Transmittermoleküle führt dann zur Öffnung von Ionenkanälen, meist indirekt, indem die Rezeptorbesetzung Vorgänge in der postsynaptischen Zelle auslöst, welche schließlich nach mehreren Schritten ebenfalls eine Öffnung der Ionenkanäle bewirken (nachgeschaltete Signaltransduktion). Im Falle hemmender Synapsen kommt es daraufhin zur Verstärkung der negativen Ladung an der postsynaptischen Zelle (Hyperpolarisation) und damit zu reduzierter Erregbarkeit; an erregenden Synapsen resultiert Verminderung der Negativierung mit der Folge gesteigerter Erregbarkeit (Depolarisation). An der postsynaptischen Nervenzelle enden weitere Neurone; die Summe der ankommenden erregenden oder hemmenden Impulse entscheidet, ob die postsynaptische Zelle feuert.

Die ausgeschütteten Transmitter müssen rasch wieder entfernt werden, um eine erneute Erregungsübertragung zu gewährleisten. Dies geschieht im Allgemeinen entweder durch Zerlegung der Moleküle im synaptischen Spalt (etwa bei Acetylcholin) oder durch Wiederaufnahme in das präsynaptische Neuron (Reuptake). Letztere Form der Inaktivierung ist charakteristisch für die Monoamintransmitter Dopamin, Noradrenalin und Serotonin. Durch Verhinderung der Wiederaufnahme lässt sich das postsynaptische Neuron zu erhöhtem Feuern veranlassen und die Transmitterwirkung verstärken (indirekter Agonismus); die Wirkung von Kokain beruht u.a. auf Reuptake-Hemmung für Dopamin und Noradrenalin. Die in das präsynaptische Neuron aufgenommenen Monoaminmoleküle können dort durch Abbau inaktiviert werden, was durch das Enzym Monoaminoxidase (MAO) geschieht; Hemmung von MAO führt damit ebenfalls zu erhöhtem Transmitterangebot und zu einem agonistischen Effekt. Neben der Reuptake-Blockade wird als Wirkmechanismus von Kokain (und Amphetaminen) MAO-Hemmung diskutiert.

Die meisten Transmitter können, abhängig von der Art des Rezeptors, sowohl erregend wie hemmend wirken. Eine Ausnahme macht Gamma-Aminobuttersäure (GABA), die immer hyperpolarisierend, also hemmend, wirkt. Ausschließlich erregend ist Glutamat; die Besetzung seiner verschiedenen Typen von Bindungsstellen (u.a. des sogenannten NMDA-Rezeptors) führt über vermehrten Einstrom von Kalziumionen zu erhöhter Erregbarkeit der postsynaptischen Zelle. Einige psychotrope Substanzen (so Phencyclidin) lagern sich NMDA-Rezeptoren an und blockieren den durch Glutamat hervorgerufenen Kalziumeinstrom, wirken also hemmend.