Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Joshua zog mich körperlich an und irgendwie wusste ich, dass ich nicht nur mit seinen Gefühlen gespielt hatte, sondern auch mit meinen. Und dass ich dieses Spiel verlieren würde, wenn sich an unserer Situation nicht bald etwas ändert. Ich war ihm die Wahrheit über mich schuldig und konnte sie ihm nicht länger verschweigen. Die Auftragskillerin Mayren Grey soll den Studenten Joshua Winter töten. Während sie die Jagd mit neun anderen Killern beginnt, erkennt sie, dass Joshua scheinbar eine Verbindung zum mysteriösen Auftraggeber Zero hat, dem Mayren vor Jahren Rache schwor. Entschlossen endlich ihre Vergeltung zu bekommen, trifft Mayren eine riskante Entscheidung: Statt Joshua zu töten, beschützt sie ihn, um Zero aufzuspüren. Doch damit bringt sie nicht nur ihr eigenes Leben in Gefahr, sondern startet einen Wettlauf gegen andere Auftragskiller und ebenso für Joshuas und ihre eigenen Gefühle.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 543
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Für all jene, die in der Dunkelheit wandeln und sich nach Licht sehnen.
Für all die Kämpfer, die den Mut finden, sich gegen das scheinbar Unvermeidliche aufzulehnen.
Möge jede Seite ein Schritt aus der Finsternis sein.
Reprisal
Repressalie, Vergeltungsmaßnahme Das Wort Reprisal wird im Englischen verwendet, um eine Handlung zu beschreiben, die als Reaktion auf einen Angriff oder eine feindliche Handlung erfolgt. Eine Reprisal ist also eine Form der Rache oder der Bestrafung, die oft mit der Absicht durchgeführt wird, eine frühere Aggression zu vergelten oder abzuschrecken.
Content Note
Dieser Titel behandelt sensible Themen, die für manche Leser:innen belastend sein können. Dazu gehören Darstellung von Gewalt, Mord, Folter, physischem und psychischem Missbrauch, Tod, Blut, Trauma und Panikstörungen.
Bitte sei dir dieser Inhalte bewusst und achte auf deine emotionale Sicherheit, bevor du weiterliest.
Teil Eins
Kapitel 1: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 13. September – Mayren
Kapitel 2: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 13. September – Joshua
Kapitel 3: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 13. September – Mayren
Kapitel 4: London – Stadtteil London City – Pub – Montag, 13. September – Joshua
Kapitel 5: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Montag, 13. September – Mayren
Kapitel 6: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Dienstag, 14. September – Joshua
Kapitel 7: London – Hyde Park Dienstag, 14. September – Joshua
Kapitel 8: London, Hyde Park Dienstag, 14. September – Mayren
Kapitel 9: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Mittwoch, 15. September – Mayren
Kapitel 10: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Mittwoch, 15. September – Joshua
Kapitel 11: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Donnerstag, 16. September – Joshua
Kapitel 12: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Donnerstag, 16. September – Mayren
Kapitel 13: London – Stadtteil Chelsea Donnerstag, 16. September – Joshua
Kapitel 14: London – Stadtteil Chelsea Donnerstag, 16. September – Mayren
Kapitel 15: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Freitag, 17. September – Joshua
Kapitel 16: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Freitag, 17. September – Mayren
Kapitel 17: London – Unipub Freitag, 17. September – Mayren
Kapitel 18: London – Unipub Samstag, 18. September – Mayren
Teil Zwei
Kapitel 19: London – London City Samstag, 18. September – Mayren
Kapitel 20: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Samstag, 18. September – Mayren
Kapitel 21: London - Stadtteil Kensington – unbekannte Wohnung Samstag, 18. September – Joshua
Kapitel 22: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Samstag, 18. September – Mayren
Kapitel 23: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Samstag, 18. September – Joshua
Kapitel 24: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Sonntag, 19. September – Joshua
Kapitel 25: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 20. September – Mayren
Kapitel 26: London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 20. September – Joshua
Kapitel 27: London – Kensington, Kickboxstudio Montag, 20. September – Joshua
Kapitel 28: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Montag, 20. September – Mayren
Kapitel 29: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Dienstag, 21. September – Joshua
Kapitel 30: London – Kensington, Kickboxstudio Dienstag, 21. September – Joshua
Kapitel 31: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Mittwoch, 22. September – Mayren
Kapitel 32: London –Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Donnerstag, 23. September – Mayren
Kapitel 33: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Donnerstag, 23. September – Joshua
Teil Drei
Kapitel 34: London – Stadtteil London Innenstadt Donnerstag, 23. September – Joshua
Kapitel 35: London? – unbekannter Ort Donnerstag?, 23. September – Joshua
Kapitel 36: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Freitag, 24. September – Mayren
Kapitel 37: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Freitag, 24. September – Joshua
Kapitel 38: London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Samstag, 25. September – Joshua
Kapitel 39: London – Stadtteil Kensington – Tiefgarage Samstag, 25. September – Mayren
Kapitel 40: Umland London – Villa der Belluccis Samstag, 25. September – Mayren
Kapitel 41: Umland London – Villa der Belluccis Samstag, 25. September – Joshua
Kapitel 42: Umland London – Villa der Belluccis Samstag, 25. September – Mayren
Kapitel 43: Umland London – Villa der Belluccis Samstag, 25. September – Mayren
Epilog
Teil Eins
London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 13. September – Mayren
Er? Wirklich er ist meine Zielperson?
Nachdenklich neigte ich meinen Kopf zur Seite und beobachtete den jungen Mann, der über den Campus der medizinischen Fakultät Londons schritt. Seine braunen Haare schimmerten im Sonnenlicht und ein freundliches Lächeln saß auf seinen Lippen.
Was ist der Grund, dass ein Auftragsmord für ihn ausgeschrieben wurde?
Ich warf mir eine meiner blonden Haarsträhnen über die Schulter und straffte meinen Rücken. Ein Wirbel knackte leise, aber meine Aufmerksamkeit war auf den Studenten vor mir gerichtet, der bei einem Freund mit blonden Locken stehen geblieben war und mit ihm zur Begrüßung einschlug.
Neugierig beobachtete ich die Szene, meine Zielperson und seinen Freund. Schätzungsweise überragte er mich um einen halben Kopf, hatte einen athletischen Körperbau und helle Augen.
Ein unschuldiges Blau … So unschuldig wie er selbst.
Meine ersten Nachforschungen über ihn erweckten bereits den Verdacht, dass er nichts mit meiner kriminellen Welt zu tun hatte und sein unbekümmertes Verhalten bestätigte meine Befürchtung endgültig.
Mein Auftraggeber hat jemanden, der keiner Fliege etwas zuleide getan hat, als Opfer für sein makaberes Spiel gewählt? Das ist unüblich.
Stimmengewirr, Gelächter und Rufe hallten über den Hof und erfüllten ihn mit fröhlichem Leben von Studenten, die dem Studium ihrer Träume nachgingen. Das Leben, welches hier herrschte, war völlig konträr zu dem, was ich gewohnt war. Meine Vergangenheit war geprägt von Gewalt, Blut und dem ewigen Streben nach Rache. Einer Rache, der ich jetzt ein Stück näherkommen könnte.
Joshua Winter … meine Zielperson … ob du es weißt oder nicht, aber du hast eine Verbindung zu meinem Auftraggeber und die will ich erfahren.
Der Gong einer Glocke klang über den Innenhof und ich erhob mich mit einer flüssigen Bewegung von der Wiese, auf der ich gesessen und gewartet hatte. Regung kam in den Hof, als weitere Studenten aufstanden oder ihre Gespräche unterbrachen, um sich auf den Weg zur Vorlesung zu machen. Joshua und sein Freund schlossen sich den Übrigen an und ich folgte ihnen mit ausreichend Abstand in ihren Alltag. Der Baustil der Universität erinnerte mich an ein anderes Gebäude, das mir meine Kindheit und mein unschuldiges Leben nahm, aber zwischenzeitlich zu einer Heimat geworden war. Seitdem war mehr als ein Jahrzehnt vergangen und ich hatte mich in den Kreisen schon länger als Killerin etabliert.
Mit lautlosen Schritten folgte ich meinem Opfer, das ungeahnt seinen Weg nahm, ohne mich zu beachten.
In einer der vielen, großen Fensterscheiben warf ich kurz einen Blick auf mein Spiegelbild. Die hellblonden Haare fielen mir glatt über den Rücken und rahmten mein braun gebranntes Gesicht ein. Meine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln und meine grünen Augen funkelten gefährlich.
Kein Mensch wird von meiner unschuldigen Optik auf meine Fähigkeiten schließen können. Hinter einem schönen Gesicht vermutete niemand eine Auftragskillerin, ein entscheidender Vorteil in meiner Welt.
Der Gedanke gefiel mir schon immer und da mein Alter mit 23 gut mit dem der Studenten übereinstimmte, würde ich keine Aufmerksamkeit erregen, wenn ich mich einfach unter sie mischte. Nur kleine, unauffällige Narben an meinen Händen und Armen verrieten einen Bruchteil meiner Vergangenheit. Das spöttische Grinsen auf meinem Gesicht verstärkte sich. Die restlichen verräterischen Narben waren unter meinen Kleidern verborgen, keiner von den Leuten hier wird sie zu Gesicht bekommen.
Interessiert starrte ich auf Joshuas Hinterkopf und dachte über ihn nach.
Was ist deine Vergangenheit? Warum haben sich unsere Wege gekreuzt und viel wichtiger, warum haben sie sich mit meinem Auftraggeber gekreuzt?
Seit ich von seiner Existenz erfahren habe, sind keine 24 Stunden vergangen. Ich ließ den französischen Sommer hinter mir und machte mich auf den Weg nach London. Ein Freund von mir, Ian, hat direkt, nachdem ich den Joshua-Winter-Auftrag erhalten hatte, Nachforschungen betrieben und mir nach wenigen Stunden eine Akte zugeschickt, die ich digital in meiner Tasche trug.
Ein ganzes Leben, reduziert auf wenige Seiten …
Joshua und sein Freund lösten sich von einem Teil der anderen Studenten und gingen eine Treppe hinauf. Unauffällig folgte ich ihnen und wir kamen in stillere Teile der Universität. Über die wenigen Meter, die uns trennten, konnte ich Fetzen des Gesprächs hören, das die beiden miteinander führten. Es drehte sich um Belanglosigkeiten und nichts, was für mich sonderlich relevant war. Wenige Minuten später erreichten wir einen Vorlesungssaal und ich ließ mich in der letzten Reihe weit außen nieder. Meine Zielperson und sein Freund hatten sich mittig im Saal platziert und begannen ihre Bücher auf dem Tisch vor sich auszubreiten.
Stirnrunzelnd packte ich mein Tablet aus und sah mir die Akte an, die nach dem Entsperren auf dem Bildschirm erschien. Am oberen Bereich des Steckbriefes war das Fahndungsfoto angebracht, das Joshuas Gesicht zeigte und mit einem roten Kreis markiert war. Im Arm hatte er ein Mädchen, deren Gesicht unkenntlich gemacht wurde. Ich sah auf und glich das Foto mit der Person einige Reihen vor mir ab.
Keine Frage, das ist eindeutig er.
Er nahm mich nicht wahr und war weiterhin ins Gespräch vertieft, weswegen ich meinen Kopf senkte und mir den Inhalt des Steckbriefs zum wiederholten Male durchlas:
Joshua Winter
*03. Juli - Potsdam
Wohnort: London (Auslandssemester)
Mutter: Hazel Winter - Verstorben (Hirntumor)
Vater: Unbekannt
Onkel: Tom Winter - Cop (Forensik)
Tante: Judith Winter - Buchhalterin
Größe: 1,85m
Augenfarbe: grau-blau
Haarfarbe: braun
Blutgruppe: B+
kriminelle Aktivitäten: Unbekannt
Studium: Medizin (innere Medizin angestrebt)
Ich übersprang die weiteren Fakten und überflog die Gedanken, die Ian während der Nachforschungen für mich notiert hatte:
Klassischer Social Butterfly, viel unter Freunden, führt ein aktives Leben neben dem Studium.
Frau im Arm, vermutlich die Ex-Freundin, womöglich war sie der Auslöser für das Auslandssemester?
kriminelle Aktivitäten: nichts gefunden. June und ich sind der Meinung, dass er keine Verbindungen zu unserer Welt hat. Ist er unsere Chance eine verdeckte Verbindung zu Zero zu finden?
Leichtathletikass in der Schule, 400 m in 1,09 Minuten.
Mutter verstarb an Hirntumor, zu spät diagnostiziert, Grund für Motivation zum Studium?
Vater: Unbekannt (wir bleiben dran)
Onkel ist Cop, Verbindung zu Zero?
Zähneknirschend las ich zum zweiten Mal den Decknamen Zero, der Name des Menschen der gleichzeitig mein Auftraggeber und das Ziel meiner Rache war.
Unserer Rache … Nicht nur ich habe eine Rechnung mit ihm offen!
Er wusste nicht, wer ich war und wer alles hinter mir stand. Genauso wenig wussten wir über ihn.
Zeros Leben ging weiter, nachdem er unseres zerstört hatte! Er hat uns einfach vergessen.
Schulabschluss in Bestnoten (Streber)
Schulsprecher im Abschlussjahr
Wieder sah ich auf das Profil von Joshua Winter.
Sollte ich jemanden töten, der laut den Akten so offensichtlich unschuldig war?
Normalerweise plagte mich mein moralisches Gewissen nicht, aber bisher sollte ich auch keinen Unschuldigen umbringen.
Die Tür wurde geräuschvoll geschlossen und ich hob meinen Blick, als der Dozent den Vorlesungssaal betrat. Er begrüßte seine Studenten und mich, murmelnd echote der Gruß der Studenten durch den Raum. Ich unterdrückte einen Seufzer und lehnte mich im Stuhl zurück. Mit meinen Fingerspitzen kämmte ich meine Haare und flocht sie zu einem Zopf.
Das Kopfgeld ist mir egal, ich brauche die Informationen. Aber wie kann ich sein Vertrauen gewinnen, damit er mir seine Verbindung zu Zero offenbart?
Ich löste den Stift von meinem Tablet und ließ ihn zwischen meinen Fingern rotieren.
Die Zeit eilt … Immerhin ist sein Auftrag gestern noch an neun andere Killer ausgegeben worden, auf die ich keinen Einfluss habe. Und die wollen keine Informationen von Joshua, sondern nur sein Kopfgeld. Und damit seinen Tod.
Der Freund mit den lockigen Haaren drehte sich um und ließ seinen Blick durch den halbleeren Vorlesungssaal wandern, als würde er ein bekanntes Gesicht suchen. Fast zuletzt blieben seine Augen an mir kleben, er drehte sich wieder um und sagte etwas zu meiner Zielperson Joshua. An der Art, wie seine Nackenmuskulatur sich bewegte, wusste ich, dass er mich gleich zum ersten Mal ansehen würde.
Mach dich auf was gefasst, May.
London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 13. September – Joshua
Noahs gute Laune wirkte am frühen Montagmorgen wie ein ansteckendes Virus. Ich war kein Morgenmuffel, aber meine Nacht war unruhig. Oft dachte ich zurück an meine Heimat und alles, was ich für mein Auslandssemester dort zurückgelassen hatte. Dank Noah war London nicht lange fremd für mich gewesen, sondern nach wenigen Tagen wie Heimat. Vom ersten Tag an, war ich Teil seiner Freundesgruppe und wurde herzlich aufgenommen.
Seine Freunde wurden zu meinen und machten mir meinen Start einfacher als erwartet.
Der Vorlesungssaal war mäßig gefüllt und unser Dozent hatte gerade erst angefangen, seinen Computer hochzufahren, weswegen die Stimmen meiner Kommilitonen noch durch den Raum summten. Ich genoss das lockere Durcheinander, was den Morgen direkt entspannter machte.
»Wo ist Livi nur schon wieder?«, murmelte Noah und tippte auf das Display seines Smartphones. Er hatte unserer Freundin bereits mehrfach geschrieben, dass sie die anstehende Vorlesung verpassen würde, aber keine Antwort erhalten.
»Sie kommt noch, keine Sorge.« Ich kannte Livi zwar erst wenige Wochen, aber wusste bereits, dass sie es mit der Pünktlichkeit nicht ganz genau nahm.
Ungeduldig ließ Noah seinen Blick durch den Raum schweifen und drehte sich wieder zu mir um.
»Einige Reihen hinter uns sitzt eine verdammt hübsche Blondine », meinte er plötzlich und stieß mich sanft mit seinem Ellenbogen in die Rippen. Ein kleines Grinsen war auf seinen Lippen erschienen und ich erwiderte es belustigt.
»Ach ja?«
Er nickte. »Definitiv, aber schau nicht so auffällig.« Mit einer kleinen Bewegung deutete er mit seinem Daumen hinter uns. Langsam und gespielt gelangweilt, sah ich mich im Vorlesungssaal um und erkannte schließlich die Studentin, die das Ziel von Noahs Daumen wurde.
Sie hatte den Kopf leicht schräg gelegt und schaute konzentriert zu unserem Dozenten. In ihrer rechten Hand wirbelte sie einen Tabletstift gedankenverloren hin und her. Ihre hellblonden Haare waren in einem Zopf geflochten und ihre Gesichtszüge wirkten elegant und unnahbar. Sie besaß eine natürliche und geheimnisvolle Ausstrahlung, die mich anzog und etwas Fremdes versprach, etwas Abenteuerliches.
Eine ruckartige Bewegung ging im nächsten Moment durch ihren Hals und dann sah sie mich an.
Als wir einander begegneten, jagte der Blick ihrer grünen Augen einen Stromstoß durch meinen Körper und ich warf ihr in einem Flirtversuch ein kleines Lächeln zu.
Wow!
Ihre Miene blieb nachdenklich und durchbohrend, während die Bewegung ihres Stiftes langsamer wurde und sich eine Augenbraue skeptisch verzog.
Nach wenigen Sekunden wandte sie sich ab, ohne meinen Flirt zu erwidern.
Perplex drehte ich mich zu Noah um, verwundert über ihre unübliche Reaktion. Dieser unterdrückte ein verstohlenes Kichern.
»Das war kein Nein«, sagte ich schnell.
»Aber auch kein Ja. Ich glaube sie weiß nicht, was sie von dir halten soll.«
Ich verzog verlegen den Mund, aber musste zugeben, dass ich neugierig auf unsere Kommilitonin war. »Kennst du sie?«, fragte ich Noah interessiert und überging sein spöttisches Grinsen.
Zwar besuchte ich die Uni in London noch nicht lange, aber ich besaß ein gutes Gedächtnis und diese Frau hätte ich mit Sicherheit nicht vergessen.
Diese Ausstrahlung und Spannung, die von ihr ausgehen … das habe ich noch nie erlebt.
Noah schüttelte leicht den Kopf. »Noch nie gesehen«, gab er zu. »Vielleicht hat sie den Kurs gewechselt?«
»Hm …«, machte ich und ließ es darauf beruhen, aber ich spürte förmlich, wie sich diese grünen Augen in meinen Rücken bohrten und sich meine Nackenhaare aufstellten.
Mit einem Knall schloss unser Dozent seinen Laptop und beendete damit die Vorlesung.
Noah und ich packten unsere Sachen, als wir uns umdrehten, schaute ich wieder zu der Blondine. Sie schulterte ihren Rucksack, warf mir einen letzten durchdringenden Blick zu und verschwand Richtung Ausgang.
Diese Ausstrahlung …
Mit einer Mischung aus Belustigung und Verwunderung sah ich ihr nach.
Wieso macht sie mich so neugierig?
Noah grinste mich breit an. »Starr ihr doch nicht so hinterher. Sonst denkt sie, du frisst sie gleich auf.«
Ich stimmte in sein Gelächter ein und fuhr mir durch meine Haare.
Wir machten uns auf den Weg zum nächsten Kurs und auf dem Flur eröffnete Noah das Gespräch erneut, nachdem er sein Handy in die Tasche gesteckt und nach seiner Wasserflasche gekramt hatte. »Was hältst du davon, wenn wir heute Abend ins Pub gehen?«, fragte er und trank einen Schluck.
Seit ich Teil von Noahs Freundesgruppe war, nahm ich an ihrer Tradition teil, der Bar in der Nähe regelmäßig einen Besuch abzustatten. Es gehörte zu unserem Alltag wie das Lernen oder Schlafen. In London begriff ich schnell, dass ich meine Komfortzone verlassen musste und ich tat dies gerne, um einen alten Schmerz aus meinem Herzen zu verdrängen, der mich aus Deutschland begleitet hatte.
»Ich schreibe in die Gruppe und frage, wie es bei den anderen aussieht«, gab ich nickend zurück und zückte mein Handy. »Aber wie ich die anderen kenne, sind sie dabei.« Ich musste grinsen, als ich an den vergangenen Samstagabend zurückdachte, der in einem gemeinsamen Karaoke- Wettbewerb ausgeartet war.
»Noah! Joshua!«, rief plötzlich eine Stimme hinter uns, wir blieben stehen und drehten uns um. Am Ende des Ganges kam ein dunkelhaariges Mädchen in großen Schritten näher.
Da ist die verlorene Kommilitonin.
Sie hatte ein breites Lachen im Gesicht und ihre schulterlangen Haare wippten fröhlich bei jedem Schritt.
»Hey Livi!«, antwortete ich ihr. »Noah wollte schon eine Vermisstenmeldung aufgeben, wo warst du?«
Livi hieß mit vollem Namen Liana-Vivienne, aber jeder rief sie bei ihrem Spitznamen. Sie gehörte zu Noahs und somit auch zu meinen Freunden.
»Etwa keine Lust auf einen spannenden Vortrag über Anatomie?«, fragte Noah, als sie uns einholte, aber als Antwort streckte sie ihm die Zunge raus.
Sie umarmte uns beide zur Begrüßung. »Doch klar, aber ich war heute Morgen in der Bibliothek, um einige Themen aus der Physiologievorlesung nachzuarbeiten.« Sie schob sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und sah uns fragend an. »Ich hoffe, dass ihr mir eure Notizen zur Verfügung stellt.« Sie zwinkerte kokett. »Oder habe ich etwas Wichtiges verpasst?«
Noah warf mir einen eindeutigen Blick zu und feixte in sich hinein. Die Reaktion von unserer fremden Mitstudentin schien ihn immer noch zu belustigen.
Ja, die Blonde hast du verpasst …
Ich ignorierte ihn und schüttelte den Kopf, aber Livi blieb Noahs Reaktion nicht verborgen und sie zog ihre Augenbraue hoch.
»Was ist passiert?«, fragte sie neugierig, aber ich schüttelte lachend den Kopf und machte eine abwinkende Geste.
»Ach, nichts Wichtiges.«
Livis Neugier konnte ich so zwar nicht befriedigen, denn jetzt nahm sie Noah ins Visier. »Sag schon«, forderte sie, aber Noah deutete auf seine Uhr.
»Wir sollten uns langsam beeilen, sonst verpasst du deine zweite Vorlesung heute.«
Erschrocken fuhr Livi zusammen und vergas ihre Neugier sofort. »Oh, shit!«, fluchte sie. »Wir müssen uns wirklich beeilen!« Um ihre Dringlichkeit zu verdeutlichen, packte sie mich am Handgelenk und wir rannten in Richtung des Hörsaals, den wir rechtzeitig erreichten, bevor unsere Dozentin die Tür schließen konnte.
Sie verdrehte missgelaunt ihre Augen und murmelte etwas von »Unpünktlichkeit bei der heutigen Jugend«, bevor sie an ihr Vorlesungspult ging. Meine flüchtig gesprochene Entschuldigung überhörte sie geflissentlich.
Ein Kribbeln in meinem Nacken lenkte meine Aufmerksamkeit auf jemand anderen. Die Blondine von der vorigen Vorlesung sah mich mit ihren durchdringenden grünen Augen an.
Für einen kurzen Moment hatte ich sie aus meinen Gedanken gestrichen, zwischenzeitlich hatte ihr Blick jedoch nichts an Intensität eingebüßt.
Meine Armhaare stellten sich auf, als wir einander begegneten und schnell wand ich mein Handgelenk aus Livis Griff. Kurz zuckten meine Mundwinkel, aber ich unterdrückte ein an sie gewandtes Lächeln, weil ich von vorher wusste, dass sie es nicht erwidern würde.
Ihr Blick ging gelangweilt zu Livi über, die mich gerade noch am Handgelenk hielt, bevor sie sich fast beiläufig der beginnenden Vorlesung zuwandte.
Ihre Ausstrahlung ist unglaublich.
Wir setzten uns in die dritte Reihe und eine weitere Freundin von uns, Allison, in der zweiten Reihe drehte sich zu uns um. Sie zeigte den Daumen nach oben und flüsterte: »Pub heute Abend.«
Noah reckte triumphierend einen Arm in die Höhe und jubelte leise, worauf er sich erneut einen Tadel der Dozentin einfing.
Ich packte mein Tablet aus, aber eine Bewegung der Blondine aus der ersten Reihe erregte wieder meine Aufmerksamkeit und fasziniert sah ich ihr zu, wie sie geschickt den Stift zwischen ihren Fingern rotierten ließ.
Sie scheint zu trainieren … Ihre Schultern sind für eine schlanke Frau ungewöhnlich drahtig.
Bei einer Bewegung fiel mir ein schlichtes Tattoo an ihrem linken Unterarm auf. Es bestand aus mehreren geometrischen Formen und ich versuchte den Sinn zu entschlüsseln, aber besann mich eines Besseren und fokussierte mich auf den Inhalt der Vorlesung.
Die Trennung von einer Frau hat mich nach London gebracht, ich sollte keine Gedanken an eine andere verschwenden.
Den meisten Inhalten konnte ich gut folgen, machte mir bei wichtigen Punkten Notizen und rückte gelegentlich meinen Arm zurecht, als ich bemerkte, wie Livi versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen, um ihre Aufschriebe zu ergänzen. Als Dank knuffte sie mich freundschaftlich in den Arm.
Sie kam aus einer reinen Ärztefamilie, machte das Studium nicht wie ich aus Leidenschaft, sondern weil es aus dem Druck ihrer Eltern geschah. Dementsprechend war ihr Ansporn zu den Jahrgangsbesten zu gehören gering.
Nach einer Weile stupste Livi mich erneut an. »Weißt du, wer die Blonde in der ersten Reihe ist?«, fragte sie flüsternd und deutete mit dem Stift auf die Neue.
Ich sah nicht hin, sondern schüttelte stumm den Kopf.
»Bisher habe ich sie noch nicht gesehen«, murmelte Livi eher zu sich selbst als an mich gewandt.
Wenn Livi sie auch nicht kennt, dann wird sie sicherlich eine Quereinsteigerin sein.
»Wir machen fünf Minuten Pause«, verkündete unsere Professorin mit erhobener Stimme und wie auf Kommando drehte Allison sich mit leuchtenden Augen zu uns um. »Wann wollen wir uns treffen?«
Livi sprang direkt auf das Gespräch an. »Sieben Uhr?«
»Auf jeden Fall!«, sagte Noah und trommelte mit den Handflächen auf dem Tisch.
»Ihr wisst, dass ich immer dabei bin.«
Die Gruppe lachte über Noahs Enthusiasmus.
»Sag mal, Alli … Kennst du die Blonde da vorne? Im letzten Semester war sie definitiv nicht bei uns an der Uni, oder?«, hakte Livi nach und deutete auf sie.
Allison drehte sich langsam, um die Neue in Augenschein zu nehmen. Unwillkürlich musste ich grinsen, weil ich mir vorstellte, dass meine Anwesenheit an den ersten Tagen ebenfalls ausgespäht wurde.
Wahrscheinlich wurde so auch hinter meinem Rücken über mich gesprochen.
Nach einer kurzen Musterung lehnte sich Alli zu uns zurück und schüttelte den Kopf. »Nein«, gab sie zu. »Die habe ich bisher noch nicht gesehen.«
London – Guy’s Campus, medizinische Fakultät Montag, 13. September – Mayren
Die Vorlesung endete und ich schob mein Tablet zurück in den Rucksack. Mein Fokus lag nicht auf dem Inhalt der Vorlesung, sondern auf den geflüsterten Gesprächen zwei Reihen hinter mir.
Denken die ernsthaft ich kann sie nicht hören?
Die Blicke aus den hinteren Reihen, spürte ich förmlich in meinem Nacken.
Was soll ich tun?
Als ich aufstand und mich zum Gehen wandte, warf ich Joshua einen schnellen Blick zu. Er und seine Freunde packten ihre Sachen zusammen und seine Augen leuchteten fröhlich, als er mit ihnen den gemeinsamen Abend plante.
Du bist keine Herausforderungen für einen Killer wie mich. Du würdest mich nicht kommen sehen.
Meine Gedanken waren so finster, als ich diesen unschuldigen Mann ansah.
Ihn zu töten, ist der falsche Weg …
Ich schulterte meine Tasche und steuerte auf die geöffnete Tür des Hörsaals zu. Obwohl ich es mir erst nicht eingestehen wollte, glaube ich an seine Unschuld.
Er hat nichts mit unserer Welt zu tun, das erkenne ich sofort.Aktuell bin ich nicht bereit ihn zu töten, sollte ich ihn dann gegenüber den anderen schützen?
Für einen Moment blieb ich unschlüssig stehen und schickte eine knappe Nachricht an Ian, den ich nur unter einem I eingespeichert hatte:
Du hattest recht.
Ian gehörte zu meinen engsten Freunden und ich vertraute ihm mit meinem Leben. Er war sehr bewandert in allen Nachforschungsaufgaben und hatte mir gegenüber zuerst den Gedanken geäußert, dass Joshua unschuldig in unsere Welt geraten war.
Scheint so, als hätte Ian recht gehabt …
Danach öffnete ich einen weiteren Chat mit meinem eingespeicherten Kontakt namens B und schrieb ihm:
Wir müssen telefonieren, heute Nachmittag. Dringend!
Ian muss seine Nachforschungen auf die Verbindungen von Joshua zu unserer Welt gezielter ausbringen. Ich denke nicht, dass Joshua sich irgendwelchen bewusst ist … und Bastian … Ich bin gespannt, was er von der Situation hält.
Energisch warf ich meinen Zopf über die Schulter, ließ das Handy in meine Tasche fallen und wollte den Raum verlassen, als ich mit einem entgegenkommenden Studenten zusammenstieß. Durch den Zusammenstoß stolperte ich einen Schritt zurück und stieß unsanft an die Kante des Türrahmens. Zähneknirschend starrte ich mein Gegenüber an und versuchte meine angestaute Frustration zu verbergen.
Pass doch auf!
Der Student war einen halben Kopf größer als ich und hatte schwarze Haare, die ihm zerzaust in die Stirn hingen. Seine Brille war verrutscht und mit einem Finger rückte er sie zurecht. Fasziniert musterte er mich und errötete leicht.
»Sorry.« Hastig hob er eine Hand. »Ich habe dich übersehen. Ist alles okay?« Er deutete auf meine Schulter, mit der ich an die Kante geprallt war. »Hast du dir wehgetan?«
Idiot.
»Nein, alles gut«, sagte ich schnell und versuchte, mir meine schlechte Laune nicht anmerken zu lassen. »Es geht schon.« Ich rückte meinen Rucksack zurecht und wollte bereits weiter, aber der Student streckte mir seine Hand zur Begrüßung entgegen und lächelte mich breit an.
»Mein Name ist Lucas Taylor, wie heißt du?«
Bitte kein Smalltalk …
Ich ergriff seine ausgestreckte Hand, um sie zu schütteln. »Mayren. Ich bin den ersten Tag hier.« Es fühlte sich komisch an jemandem aktiv vorzuspielen, dass ich hierher gehörte. In ein Leben, das konträr zu allem war, was mein wahres Wesen verkörperte.
Sollte ich mich jetzt mit leerem, inhaltslosem Smalltalk rumschlagen, wenn ich mir stattdessen einen Plan überlegen könnte?
Lucas zog bei der Nennung meines Namens erstaunt seine Augenbrauen hoch.
»Mayren? Von der Aussprache wie der englische Monat May?«, fragte er nach und ich nickte. »Das ist ein schöner Name. Woher kommt er?« Er ließ mir keine Zeit zum Antworten. »Ich studiere an der Nachbar-Uni Jura, aber meine Freunde studieren hier und wir gehen mittags meistens zusammen essen. Hast du Lust uns zu begleiten?«
Ich unterdrückte ein Seufzen.
Was hatte ich zu verlieren? Solange ich keine Entscheidung gefällt habe, konnte ich mich genauso gut integrieren.
»Warum nicht«, stimmte ich zu und zuckte mit den Schultern.
Er lächelte breit und trat einen Schritt zur Seite, um mich vorbeizulassen, erst dann ließ er seinen Blick durch den Vorlesungssaal schweifen und hob seine Hand, als er Joshua und seine Freunde sah. »Hi«, begrüßte er sie, als sie näherkamen und ein Unwohlsein stellte sich bei mir ein.
O nein … Ich werde gleich mit meiner Zielperson konfrontiert und bin völlig unentschlossen, wie ich mit ihr umgehen soll.
»Hallo Lucas!«, begrüßte das schwarzhaarige Mädchen ihn und ich drehte mich zu der Gruppe um und bemühte mich um eine neutrale Miene.
Ich musterte sie gründlich, beobachtete ihre Körperhaltung und versuchte abzuschätzen, warum sie vorhin sein Handgelenk gehalten hatte.
Ob sie seine Freundin war? Sie schmachtet ihn an, aber er scheint es nicht zu erwidern.
Auch Joshua sah mich an, instinktiv spürte ich seine hypnotischen Blicke und verfluchte ihn dafür, dass so viel Unschuld in seinen Augen schimmerte. Wie bei unserem ersten Blickkontakt regte sich ein merkwürdiges Gefühl in mir, das den Wunsch verstärkte ihn zu beschützen.
Er hat in seinem Leben noch nie einen Schritt in meine Welt gemacht! Wir Mörder erkennen einander.
»Das sind meine Freunde«, erklärte Lucas mir überflüssigerweise hinter meinen Rücken und ich drehe mich zu ihm um. »Die Kantine an meiner Uni ist leider nicht so gut wie eure.«
Was für ein willkommener Zufall …
Dank Lucas bot sich mir eine sehr gute Chance, meine Zielperson besser kennenzulernen und ich beschloss den Wink des Schicksals zu akzeptieren.
So finde ich schneller den Anschluss.
Die Gruppe trat zu uns und ich scannte die restlichen Gesichter schnell ab. Der blonde Lockenkopf mit dem Kaffeebecher und ein weiteres Mädchen mit hellbraunen Haaren und einem interessierten Lächeln.
»Hallo zusammen«, sagte Lucas in die Runde und machte einen Schritt rückwärts auf den Gang, um nicht im Weg zu stehen. »Darf ich euch Mayren vorstellen?« Freundschaftlich legte er beim Gehen seinen Arm um meine Schulter und grinste in die Runde.
Meine Hand zuckte für einen kurzen Moment und ich musste den Impuls unterdrücken, seinen Arm abzuschütteln, aber niemandem schien das aufzufallen.
Ich mag Körperkontakt zu Fremden nicht.
Es hatte nichts mit Lucas zu tun, aber Nähe bedeutete in meiner Welt Angreifbarkeit und diese galt es, um jeden Preis zu vermeiden.
»Hi Mayren!«, sagte die Schwarzhaarige. »Ich bin Livi und das sind Noah, Allison und Joshua.« Jeden der Genannten begrüßte ich mit einem kleinen Lächeln und hoffte, dass es ehrlich wirkte. Für einen Sekundenbruchteil ruhte mein Blick etwas länger auf Joshua.
Du hast nichts mit meiner Welt zu tun … und dir ist deine Verbindung zu Zero sicherlich nicht bewusst … und trotzdem kann ich deinen Tod nicht einfach in Kauf nehmen … oder?
»Allison und ich haben vorhin darüber gesprochen, dass wir dich noch nie gesehen haben«, plapperte Livi drauf los und unterbrach somit meine Gedanken über Joshua.
Ich weiß, hab ich gehört.
Die Gruppe steuerte die Gänge an und Lucas nahm endlich seinen Arm von meiner Schulter. Ich ließ mich in einen höflichen Smalltalk verwickeln.
»Ja, ich bin erst gestern Abend angekommen, eigentlich wollte ich zu Beginn des Semesters hier sein, aber es gab einen familiären Notfall.«
Hoffentlich fragt sie nicht nach. Die Wahrheit ist immerhin schwierig.
»Oh«, machte Livi, während sie im Gleichschritt neben mir ging, sie schien zu verstehen, dass Nachfragen unerwünscht waren. Allison ging auf meiner anderen Seite und wechselte geschickt das Thema. »Woher kommst du?« Ihre hellbraunen Haare hingen glatt über ihren Rücken und wippten leicht bei jedem Schritt, ihre braunen Augen funkelten freundlich. Instinktiv wusste ich, dass sie eine ehrliche und loyale Person war.
»Meine Familie kommt aus Schweden, dort habe ich die ersten Semester studiert und mache nun ein Auslandssemester«, log ich schnell, ohne mir etwas anmerken zu lassen.
Meine Geschichten sollten möglichst vage sein, damit ich mich aus allem rausreden kann. Meine Herkunft stimmte als einziges.
»Schön, dass du nach London gekommen bist«, sagte Livi, lachte mich an und deutete mit dem Daumen über die Schulter zu meiner Zielperson. »Joshua ist auch für ein Auslandssemester hier.«
Erzähl mir was Neues.
Mit ehrlichem Interesse warf ich einen Blick zu Joshua und er erwiderte ihn mit einem kurzen, verlegenen Lächeln. Meine distanzierte Art in der ersten Vorlesung schien ihn eingeschüchtert zu haben. Wir erreichten die Mensa, ohne dass ich weitere Lügenkonstrukte spinnen musste, jeder holte sich etwas zu Essen und ich setzte mich mit der Gruppe an einen der freien Tische. Kaum hatten wir Platz genommen, begannen die Gespräche erneut. Mir war es unangenehm im Mittelpunkt zu stehen, als mich alle anstarrten und mit Fragen löcherten.
»Wie gefällt es dir in London? Und wann bist du gestern angekommen?«, fragte Lucas gerade.
Ist das ein Verhör?
Um Zeit zu gewinnen, nahm ich eine Gabel voll Kartoffelbrei und aß diesen, bevor ich antwortete. »Was ich gesehen habe, gefällt mir gut«, gab ich zu. »Meine Zeit für Sightseeing war bisher allerdings eher rar.«
Können wir endlich aufhören, über mich zu reden? Mit der Wahrheit kann ich ohnehin nicht rausrücken.
»Wir könnten zusammen eine Sightseeingtour machen?«, schlug Lucas freundlich vor und schob sich seine Brille die Nase hoch. Regungslos hing seine Gabel über dem Teller und Soße tropfte darauf.
Fragt er mich nach einem Date?
Seinem Blick nach zu urteilen, war das sein Plan.
Da ist der Grund, warum ich gedanklich zu alt für sowas wie Universitäten bin.
»Ich bin hier aufgewachsen, ich kenne alle schönen Plätze, die den Touristen normalerweise verborgen bleiben.« Er lächelte mich charmant an.
O man …
Ich bemerkte, dass Joshua mich mit einer Mischung aus Neugier und Zurückhaltung beobachtete und meine Reaktion abwartete. Kurz musterten wir einander.
Versucht er mich einzuschätzen?
Es schien fast so und auch ich versuchte hinter seine Fassade zu schauen.
So werde ich nicht schlauer aus ihm. Ich muss in die Offensive gehen.
Ich beschloss ihn in das Gespräch mit hineinzuziehen. »Du bist auch neu in London, oder? Willst du dich unserer Tour anschließen?« Ich war neugierig auf Joshua.
Wie konnte jemand, der nicht aus meiner Welt war, mit jemand Einflussreichem wie Zero in Konflikt stehen? Was soll ich tun, wenn es zum Ernstfall kommt?
Eine lose Haarsträhne fiel mir in die Stirn und ich schob sie achtlos hinter mein Ohr.
Fuck. Noch nie war ich in so einer Zwickmühle.
»Oder wir machen am Wochenende einen Gruppenausflug daraus!«, schaltete sich die braunhaarige Allison ein und ließ ihre Gabel auf den Teller sinken. »Kultur neben dem Bier täte uns allen gut.« Sie warf Noah einen belustigten Blick zu.
»Zu Kultur gehören auch die Pubs in der Nähe«, konterte er zwinkernd und die Spitzen seiner blonden Locken wippten, als er ruckartig zwischen uns umher sah. »Wenn eine London-Tour, dann nicht ohne Pubs.«
»Warum nicht?«, stimmte ich zu und nickte. Alles war mir lieber, als allein mit Lucas meine Zeit zu verschwenden. Seine Enttäuschung entging mir nicht, aber ich ignorierte ihn.
Noah brachte ein Gespräch in Gange und plante gemeinsam mit Allison, Lucas und Livi die Tour für das anstehende Wochenende. Ich war froh über den Themenwechsel und nutzte die Pause zum Essen.
Endlich ist der Hauptfokus nicht mehr auf mir.
Mit einem halben Ohr hörte ich bei ihrer Planung zu, bis Joshua mich direkt ansprach.
»Hast du schnell eine Wohnung gefunden?«
Erstaunt sah ich von meinem Teller auf und blickte in seine Augen.
Vielleicht nimmt er mir meine abweisende Art doch nicht übel?
Kurz überlegte ich, wie ich den nächsten Faden in mein Lügennetz webte.
»Ich war wirklich lange auf der Suche, bis ich endlich eine WG gefunden habe, die mich aufnahm«, erklärte Joshua mir in seinem perfekten Englisch. »Die Wohnungssuche muss dich auch beschäftigt haben, oder?«
Langsam schüttelte ich den Kopf. »Ein guter Freund von mir hat Kontakte in London«, flunkerte ich und musste an die zweite Nachricht denken, die ich vorhin an ihn gesendet hatte. »Dank ihm konnte ich schnell etwas finden.«
»Das macht es einfacher.« Ein leichtes Lächeln huschte über Joshuas Gesicht.
»Ja«, entgegnete ich und zum ersten Mal erwiderte ich es. Im Vergleich zu meinem Lächeln bei der Vorstellungsrunde ging es mir leichter von den Lippen und ich spürte, dass es nicht gekünstelt wirkte.
Alle meiner Ziele waren bisher meine Feinde …
»Wo hast du die ersten Semester studiert?«, hielt ich unser Gespräch am Laufen. Zwar wusste ich es von den Akten, aber in einem normalen Gespräch wäre es eine naheliegende Frage.
Joshua legte sein Besteck auf den leeren Teller und seine grau-blauen Augen schienen direkt in meine Seele zu blicken.
Ich fühlte mich, als würde er mich röntgen und erkennen, was mein wahrer Aufenthaltsgrund war.
Shit … Ich hatte selten das Gefühl, von jemanden durchschaut zu werden.
»Ich komme aus Deutschland, dort hab ich die ersten Semester studiert und wollte das dritte Semester im Ausland machen.« Er zuckte mit den Schultern. »Und so bin ich hier gelandet.«
Für den Moment sah ich ihn an und dachte fieberhaft nach, dann legte ich mein Besteck ebenfalls beiseite.
Warum hast du so eine freundliche Ausstrahlung? Es wäre einfacher, wenn du ein Idiot wärst und ich dich hassen könnte. Ich kann dich doch nicht zum Sterben zurücklassen, aber wenn ich meine Chancen falsch einschätze, verliere ich die Möglichkeit an Zero ranzukommen.
Meine nächsten Worte wägte ich genau ab.
Ich muss sicher gehen, dass er wirklich keine Ahnung hat, wer Zero ist.
»Wie ich sehe, hattest du zero Probleme, hier Anschuss zu finden«, kommentierte ich seine Erzählung und versuchte zu erkennen, ob er meine Anspielung verstand, aber es folgte wieder ein Lächeln und er schüttelte den Kopf.
»Nein, ich wurde von Noah und den anderen sofort herzlich aufgenommen.«
»Hm«, machte ich nur, ohne seine Gesichtsregungen aus den Augen zu lassen.
Er versteht keine Anspielung auf Zero, er hat keine Anzeichen von jemanden aus meiner Welt …
Es ist völlig ausgeschlossen, dass er eine kriminelle Verbindung hat.
Wieder entstand der innere Konflikt in mir.
Was soll ich tun?
»Wollen wir langsam zum nächsten Kursraum gehen?«, warf Livi aus dem Nichts in unsere Unterhaltung ein und ich schlug die Augen nieder. Aus dem Augenwinkel fiel mir auf, dass sie mich genau musterte.
Keine Sorge, Kleine. Ich will dir nicht deinen Schwarm wegnehmen, aber meine Pläne mit ihm sind … ja … das wüsste ich auch gerne.
Lucas sah auf seine Uhr und stimmte Livi zu. »Ja, ich sollte auch los.« Er lächelte mich an. »Sehen wir uns heute Abend?«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Was?«, fragte ich unschuldig und stand ebenfalls auf. Ich hatte in der kurzen Pause der zweiten Vorlesung mitbekommen, dass sie heute Abend Bier trinken wollten, zugeben, dass ich gelauscht hatte, wollte ich jedoch nicht.
»Wir gehen heute Abend ins Pub um die Ecke«, erklärte Allison. »Komm mit, das wird lustig.« Sie lächelte mich aufmunternd an, aber ich zögerte. Durch meine überstürzte Abreise aus Frankreich war ich ausgelaugt und musste dringend Schlaf nachholen.
Kann ich Joshua unbeobachtet lassen? Für diesen Abend sollte er sicher sein, aber ich muss mich dringend mit Bastian kurzschließen, was mein weiteres Vorgehen betrifft.
Ich schätzte seine Meinung sehr und vertraute ihm mit meinem Leben. Wir kannten uns seit unserer Kindheit und sind gemeinsam durch Blut und Gewalt gegangen. Seine Einschätzung zur aktuellen Lage brauchte ich dringend.
»Nein, ich denke, ich passe«, sagte ich nach einen paar Sekunden und lächelte entschuldigend. »Ich hatte wenig Schlaf und werde heute lieber früh ins Bett gehen.«
»Wirklich schade«, meinte Lucas und es klang aufrichtig bedauernd. »Aber das Semester ist lang und du wirst dich nicht auf Dauer drücken können.« Wieder zwinkerte er mir zu.
Wie erteile ich ihm eine Abfuhr, ohne zu unfreundlich zu werden?
Die Sonne stand knapp über dem Horizont und die sommerliche Hitze verzog sich langsam aus den Straßen. Matt und kraftlos leuchtete der Mond am hellen Firmament und vereinzelt sah man die ersten Sterne. Der Himmel war völlig klar und ließ den Ausblick auf einen wunderschönen Sonnenuntergang, der die Stadt in ein goldenes Licht tauchte.
Meine Schulter knackte leise, als ich mich streckte und mir schläfrig die Augen rieb. Ein kurzer Mittagsschlaf auf dem Sofa im Wohnzimmer hatte die schlimmste Müdigkeit vertrieben. Ich suchte mein Handy, fand es in meinem Rucksack und sah, dass ich eine Benachrichtigung von B, Bastian, erhalten hatte:
Alles klar, melde dich.
Gedankenverloren drehte ich mich um und ging zur Theke am Fenster. Von hieraus bot sich eine wunderschöne Sicht direkt auf den Hyde Park und für einen kurzen Moment genoss ich sie. Meine Gedanken schweiften über die aktuelle Situation und mir war unklar, was meine möglichen Entscheidungen für Konsequenzen hervorrufen könnten. Die Schönheit des schwindenden Tages nahm ich nur beiläufig wahr.
Wenn ich den Jungen verschone, … dann wird jemand anderes kommen und ihn töten. Sein mögliches Wissen wäre verloren. Aber was passiert, wenn ich ihn verschone und vor den anderen Jägern schütze?
Mit einem Seufzen sah ich auf mein Handy und rief Bastian an. Es dauerte kurz, bis er abnahm.
»Hallo May«, hörte ich seine Begrüßung und das Lächeln in seiner Stimme. »Wie war dein Tag?«
»Hi Basti«, grüßte ich ihn. »Super, ich war eine vorbildliche Studentin.« Es gelang mir nicht, den Spott aus meinem Tonfall zurückzuhalten.
Mein bester Freund am anderen Ende lachte leise vor sich hin. »Ian hat mir erzählt, dass du dich umorientieren willst. Woher kommt der plötzliche Sinneswandel?« Seine Ironie brachte mich zum Lachen. Obwohl ich ihn nicht sehen konnte, wusste ich, dass er eine gezwungen ernste Miene zog. »Nicht, dass du in unserem Clan zurücktrittst und künftig nicht mehr deine Aufgaben übernehmen willst«, fügte er an.
»Keine Sorge, ich bleib bei meinen Aufgaben«, nahm ich ihm die gespielte Angst ab.
»Dann bin ich beruhigt«, beendete er unsere Albernheiten und wir brachten unser Gespräch zum wesentlichen Punkt.
»Was hat Ian dir alles erzählt?« Ich wandte mich vom Fenster ab und schlenderte durch die Wohnung.
»Er sagte, dass Zeros Spiel gestartet ist und die Zielperson unterscheide sich fundamental von den Vorherigen. Was meinte unser IT-Genie damit?«
Bei seinen Worten nickte ich zustimmend. »Ian hat recht. Ich habe die Zielperson heute gefunden.«
Bastian schwieg und wartete auf meine weiteren Ausführungen.
Kurz suchte ich nach den richtigen Worten und fuhr fort: »Es ist für mich völlig ausgeschlossen, dass er etwas mit unserer Welt zu tun hat. Er ist ein durchschnittlicher Mann mit einem gewöhnlichen Studium und normalen Freunden.« Schulterzuckend argumentierte ich in mein Smartphone und blieb kurz an der Fensterfront stehen, um einen Blick in den Park zu werfen. »Selbst Andeutungen auf Zero verstand er nicht und seine Ausstrahlung …« Ich lehnte mich mit der Handfläche an den Fensterrahmen und atmete kräftig aus. »Mein Instinkt lässt mich nie im Stich, Basti. Ich bin mir sicher, dass er keine Verbindung zu unserer Welt hat.« Schweigend starrte ich in das Grün des Parks und wandte mich ab, um unruhig durch das Wohnzimmer zu tigern.
Die Situation ist eine Zwickmühle! Ich werde ihn nicht töten, aber kann ich zulassen, dass es jemand anderes tut?
»Also wie Ian es sich gedacht hatte«, sagte Bastian leise, und ich wusste, dass er sich ebenfalls im Gewissenskampf befand.
Es ist ein ungesagter Schwur, dass wir unsere Finger von Unschuldigen ließen, dieser galt aber nicht für Zero.
Aus eigener Erfahrung wussten wir, dass er sich nicht daranhielt. »Ja«, bestätigte ich ruhig. »Die Verbindung besteht irgendwo, woher sollte Zero Joshua sonst kennen?«
Am anderen Ende atmete Bastian lautstark aus. »Da hast du recht«, gab er zu.
»Sein Vater ist unbekannt, vielleicht hat er etwas damit zu tun, oder sein Onkel könnte bei der Polizei in Verbindung zu Zero gekommen sein«, warf ich in die Stille zwischen uns ein.
Aus jetziger Sicht macht etwas anderes keinen Sinn.
»Shit«, fluchte ich leise, sodass Bastian es nicht hören konnte.
In was für einen Fall bin ich da hineingeraten?
Erneut drehte ich mich zu den Fenstern um und die Aussicht in den Hyde Park war fast malerisch, als die Sonne alles in feuerrotes Abendlicht tauchte. Genießen konnte ich sie nicht und seufzte.
Widerstrebend sprach ich meine Gedanken aus: »Bei allen Aufträgen von Zero waren die Verbindungen der Zielperson in unsere Welt immer nachvollziehbar. In diesem Fall nicht und ich denke, dass Joshua Winters Verbindung eine zu Zero sein könnte.« Kurz zögerte ich. »Was ist, wenn es genau das ist, was wir immer gesucht haben?«
Bastian überlegte kurz. »Willst du damit andeuten, dass der Junge der Weg zu unserer Rache sein könnte?«
Für einige Sekunden ließ ich die Worte auf mich wirken und war froh, dass sie jemand anderes aussprach. Mein Blick glitt aus dem Fenster und ich beobachtete die Passanten desinteressiert.
Genau das ist die Frage. Meine Leute und ich suchen schon lange einem Weg, um uns an Zero zu rächen. Könnte Joshua dieser sein?
Scharf sog ich die Luft ein. »Ja …«, gab ich zögerlich zu. »Tatsächlich könnte er uns zu ihm führen, aber nicht, wenn ein anderer Jäger ihn zuerst findet.« Unwillkürlich empfand ich Mitleid für Joshua.
Erst eine Kindheit ohne Eltern und nun auf der Abschussliste von Zero.
Bastian schwieg und schien ebenfalls über die entstandene Möglichkeit nachzudenken, dann seufzte er. »Wir dürfen nicht unüberlegt vorgehen. Bedenke, dass wir seit Jahren auf eine Chance wie diese warten. Zero hat unsere Leben zerstört und uns das Recht auf eine glückliche Kindheit genommen. Wir können weder seine genaue Macht, seinen Einfluss oder seinen Clan einschätzen. Wir wissen nur, dass sie immens sind.« Nun zögerte er einen Moment mit seinen Worten, aber ich spürte seine Entschlossenheit. »Zero ist mächtig … keiner außerhalb seines Clans weiß etwas Entscheidendes über ihn und es könnten Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen, bis wir die Verbindung der Zielperson und Zero finden.«
»Es ist ein Risiko … Ich weiß«, gab ich zu und lehnte mich näher an die Glasscheibe. Sie beschlug bei einem tiefen Seufzer und kurz wirkte es, als wäre der Hyde Park in Nebel getaucht.
Da erzählst du mir leider nichts Neues.
Viele Gedanken und Gefühle zogen mir durch den Kopf, aber am präsentesten war das Gefühl von Hass auf diesen Auftraggeber und ich zeichnete einen grimmigen Smiley auf die beschlagene Scheibe.
Wenn wir beschließen, dass es das Risiko wert ist, muss ich alles daranlegen, dass Joshua am Leben bleibt. Er würde das Kernstück unseres Versuchs werden.
Es vergingen ein paar Momente Schweigen am Telefon.
Hoffentlich irren wir uns nicht in seiner Verbindung zu Zero.
»Wir …« Ich unterbrach mich selbst und schüttelte den Kopf. »Unser Clan arbeitet seit Jahren daraufhin, dass wir einen Weg finden. Die letzten Aufträge von Zero waren unsere ersten Hinweise, ihm näher zu kommen, aber jetzt?« Wieder machte ich eine kurze Pause und ordnete meine Gedanken. »Jetzt hat er uns mit dem Auftrag an Joshua eine Chance gegeben, die wir endlich nutzen können.«
»Wie sieht der Plan aus, May?«, fragte er und ich ließ mir Zeit mit meiner Antwort.
»Du weißt, wie sehr ich Zero hasse«, sagte ich.
»Wir hassen ihn alle, vergiss das nicht«, verbesserte Bastian mich und ich nickte zustimmend. »Unser Clan wird bei einer Entscheidung, die zu einer Chance auf Rache führt, geschlossen hinter dir stehen.«
»Dann steht die Entscheidung?«, vergewisserte ich mich und Bastian ließ ein zustimmendes Brummen hören.
»Wenn wir weiter darauf warten, dass das Schicksal uns noch klarer ins Gesicht springt, werden wir das ewig tun. Wir sollten die Nachforschungen auf die anderen Jäger fokussieren, damit wir wissen gegen wen wir den Jungen verteidigen müssen.«
Seine Worte ließen mich stutzen. »Wir?«
»Natürlich wir«, spottete Bastian und ich konnte deutlich das Lächeln aus seiner Stimme hören. »Wir leiten einen entscheidenden Schritt ein, denkst du ich lasse dich dabei allein?«
Langsam wandte ich mich von der anbrechenden Nacht über den Hyde Park ab. »Danke, Basti.« Seine Unterstützung wusste ich zu schätzen. »Wir müssen jedoch aus taktischer Sicht vorerst in London bleiben.« Ich schlenderte zum Sofa hinüber und ließ mich darauf fallen. »Ich kann so das Vertrauen von Joshua gewinnen und wir haben die Situation besser im Griff als an einem anderen Ort.«
»Gut, ich werde nachher mit Ian sprechen und ihm Bescheid geben, dass er sich auf andere Auftragnehmer fokussiert. Sobald ich weiß, wann ich in London sein kann, melde ich mich.«
»Alles klar. Danke.«
Am anderen Ende der Leitung lachte Bastian. »Wir steuern auf sehr spannende Zeiten zu, May.« »Da hast du recht.«
Sieht so aus, als wäre die Zeit unserer Rache gekommen.
London – Stadtteil London City – Pub – Montag, 13. September – Joshua
Noah jubelte laut, als ich das Pub betrat und sprang euphorisch auf. Als Lucas und Livi mich sahen, stimmten sie in Noahs Jubelschreie ein und Lucas trommelte wild mit seinen Handflächen auf der Tischplatte.
»Da bist du ja endlich«, rief Livi erfreut über den Lärm hinweg.
Entschuldigend hob ich die Hände und setzte mich an den Tisch. »Sorry.«
Noah lachte. »Hauptsache, du bist endlich da.« Seine Wangen waren gerötet und ich war mich sicher, das Bier vor ihm war nicht sein erstes.
»Du hast Noah verpasst, der das erste Bier auf Ex runtergezogen hatte«, teilte Livi mir mit. »Und er hat es mit Bravour gemacht.«
Lucas lachte über das ganze Gesicht und klopfte Noah anerkennend auf die Schulter.
Das erklärt, warum er so gut gelaunt wirkt.
Schnell bestellte ich bei der vorbeieilenden Kellnerin ein Bier und Noah nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas. Wenig später stellte die Kellnerin das Bier mit einem freundlichen Lächeln auf den Tisch und ich gab ihr das Geld und bedankte mich.
»Wo ist Alli?«, gab ich die Frage in die Runde und nahm einen Schluck, die Schaumkrone kitzelte mich an der Lippe.
Noah zuckte mit den Schultern. »Sie hat Livi geschrieben, dass sie zu ihren Eltern gefahren ist. Die wollten sie spontan sehen, aber morgen wäre sie dabei.«
»Ach so …« Ich nahm einen weiteren Schluck.
»Schade, dass sie nicht dabei ist.« Livi zog einen gekünstelten Schmollmund. »Ich könnte bei dem ganzen Testosteron etwas weibliche Unterstützung gebrauchen.«
»Du hättest Mayren überreden sollen, dass sie mitkommt. Dann wärst du unter uns nicht allein«, warf Lucas eigennützig ein.
»Sie hat es dir echt angetan, oder?« Ich sah ihn an und musste breit grinsen.
Noah stimmte in meine Belustigung mit ein, während Lucas mich mit einem schiefen Lächeln ansah und beschloss die Frage zu übergehen.
Nicht weiter verwunderlich, dass sie nicht nur mir aufgefallen war.
»Sie ist merkwürdig, findet ihr nicht?« Livi blickte mit nachdenklicher Miene über unser Lachen hinweg und verzog das Gesicht.
Merkwürdig? Unsere erste Begegnung war ungewöhnlich, aber auf den zweiten Moment haben wir uns gut verstanden.
»Wie kommst du darauf?«, fragte ich interessiert nach.
Nachdenklich biss Livi sich auf die Unterlippe. »Genau kann ich es dir nicht sagen, aber es ist ihre Art, die irgendwie …« Sie zögerte und suchte nach den richtigen Worten. »… komisch ist.« Fragend schaute sie zwischen uns umher, als könnten wir ihren Gedankengang verstehen.
»Ne, Livi«, sagte Noah schließlich. »Keine Ahnung, was du meinst.« Er lachte und ich schloss mich an.
»Sie ist den ersten Tag hier und kennt niemanden«, ergänzte ich und nahm einen Schluck vom kalten Bier. »Und außerdem … hat sie nicht etwas von einem familiären Notfall erzählt?«
Unsere Argumente stimmten Livi nachdenklich und sie lenkte wenig überzeugt ein. »Vielleicht habt ihr recht«, gab sie zu und schloss sich unserem Lächeln an.
»Ich mag Mayren«, meinte Noah und strich über einen Tropfen Kondenswasser an seinem Glasrand. Kurz warf er mir einen Blick zu und an seinem Ausdruck sah ich, dass er an unsere erste Begegnung in der Vorlesung dachte.
Hoffentlich sagt er nichts.
»Wer weiß?«, warf Lucas ein und prostete Livi zu. »Vielleicht wird sie auch später deine beste Freundin wie Alli?«
Ich schloss mich Lucas’ erhobenem Glas an. »Das klingt nach einem Toast.«
Noah erhob ebenfalls sein Glas.
»Auf alte und neue Freunde«, sagte Lucas und wir stießen klirrend unsere Gläser aneinander und tranken auf unsere Freundschaft.
An meinem ersten Tag wurde bestimmt auch über mich gesprochen. Ob ich ebenfalls als merkwürdig abgestempelt wurde? Es ist schön, dass ich schnell den Anschluss hier gefunden hatte.
London gab mir eine Unbeschwertheit zurück, die ich in meiner Heimat verloren hatte.
Die Stimmung wurde mit jedem Bier ausgelassener und wenig später trafen zwei Studienkollegen von Lucas zu uns.
Lucas studierte nicht mit uns Medizin, sondern an einer anderen Universität in London Jura, lediglich seine lange Mittagspause an einigen Tagen vereinte unsere Studienalltage. Er und Allison kannten sich seit sie Kinder waren und so entstand die Verbindung zwischen den Freundeskreisen.
Die ersten Tage in London waren für mich deprimierend, fremde Stadt, fremde Sprache und niemand, den ich kannte.
Zunächst bereute ich meine übereilte Entscheidung, hierher gezogen zu sein, aber als ich, dank Noah, endlich Anschluss fand, wurde mir bewusst, dass es die richtige Entscheidung gewesen war.
Das Auslandssemester zu machen, war ein Wagnis, aber es ist besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Es tat gut meine Komfortzone zu verlassen.
Zum Zeitpunkt meiner Abreise litt mein Inneres unter einem Emotionschaos und ich hatte das Gefühl, dass mir die Luft zum Atmen fehlte. Ungern dachte ich zurück an meine letzten Wochen in der Heimat, aber stellte fest, dass es in meinem Herzen nicht mehr so schmerzte, wie zu der Zeit vor meiner Abreise. Das erfüllte mich mit einer gewissen Zufriedenheit.
Ein Pappuntersetzer traf mich am Schlüsselbein und ich schrak aus meinen Gedanken auf. Lucas, Noah und die anderen sahen mich erwartungsvoll an.
Ich bin mit meinen Gedanken völlig abgedriftet.
»Wie bitte?«, fragte ich, weil ich vermutete, dass alle auf eine Antwort von mir warteten.
»Wie gerne ich wüsste, woran du gedacht hast«, lachte Chris und klopfte mir auf die Schulter. Er saß neben mir und seinem Studienkollegen Simon, ich kannte die beiden ebenso lang wie Noah und wir saßen oft abends zusammen im Pub.
Simon war schmächtig, blass und klein, das komplette Gegenteil von Chris, der regelmäßig trainierte und gebräunt war. Sport war seine Leidenschaft und es wunderte mich wenig, als er seinen Vorschlag wiederholte: »Ich habe gefragt, ob ihr morgen nach der Uni Lust habt, in den Park zu gehen und Volleyball zu spielen? Solange das Wetter gut ist, kann man die letzte Vorlesung sausen lassen.«
»Klar, warum nicht?« Ich machte eine vage Geste und nickte zustimmend. »Wir haben morgen nicht so lange Uni, das klingt nach einem Plan.«
»Genial!«, rief Chris begeistert. »Wir Juristen zeigen euch Medizinern morgen, wo der Hammer hängt!« Simon und Lucas stimmten in seine Siegesrufe ein.
»Das wollen wir sehen!«, versuchte Noah sie mit erhobener Stimme zu übertönen. »Wir werden euch in Grund und Boden stampfen.«
Der ganze Tisch lachte und wir stießen erneut mit klirrenden Gläsern an und tranken. Ich war froh, dass ich in kurzer Zeit so gute Freunde gefunden hatte. Die Stimmung wurde ausgelassener und ich fühlte mich schnell angeheitert, was jedes weitere Bier verstärkte.
Kurz vor Mitternacht wandten sich Lucas und Simon zum Gehen und ich beschloss, mich ihnen anzuschließen.
»Wartet«, meinte ich und rutschte mit dem Stuhl zurück. »Ich komme mit.« Leicht schwankend stand ich auf und wünschte mir, auf das letzte Bier verzichtet zu haben. »Bis morgen«, sagte ich zum Abschied in die kleiner werdende Runde.
Noah und Livi saßen nebeneinander und sangen leidenschaftlich einen Robbie-Williams-Song mit, der im Hintergrund der Bar lief. Chris saß ihnen gegenüber und feuerte sie in wildem Eifer als Dirigent an. Als ich aufstand, winkte Livi mir zum Abschied zu, ohne ihre Performance zu unterbrechen. Ihr Blick war vom Alkohol verschwommen, ebenso wie der von Noah, während sie den Songtext grölten.
Lachend folgte ich Lucas und Simon aus der Bar und die Stille der Straße legte sich mit einem Piepen auf meine Ohren. Die abgekühlte Nachtluft erfrischte mich und fegte einige benebelte Gedanken beiseite.
»Fährst du mit uns in der U-Bahn?«, fragte Simon, aber ich schüttelte den Kopf.
Ich glaube, wenn ich heimlaufe, täte mir das gut.
»Nein, ich laufe«, teilte ich den beiden meinen Gedanken mit. »Dann bekomme ich den Kopf frei.«
Simon nickte und legte beunruhigt seine Stirn in Falten. »Pass auf dich auf, okay?«
»Ja, mach ich«, versprach ich und hob zum Abschied die Hand.
Was sollte auf dem Heimweg schon passieren?
»Kommt gut heim!«, rief ich ihnen zu, als sie in die entgegengesetzte Richtung davongingen, aber sie schienen es nicht mehr zu hören.
Gierig sog ich die angenehm kühle Abendluft ein und genoss die Frische, die meinen Kopf nach kürzester Zeit klärte.
Die Vorlesung morgen wird nicht ohne werden.
In meiner Heimat war ich selten unter der Woche ausgegangen. Mein Studium war die erste Priorität, gefolgt von meiner damaligen Freundin. Bei den Gedanken an sie machten sich alte Gefühle irgendwo tief in mir bemerkbar.
Warum muss ich jetzt wieder an Celia denken?
Es war ein Fluch, dass ich sie nicht aus dem Kopf bekam, aber als ich nach unserer Trennung nach London zog, schwand der Herzschmerz langsam und mit ihm mein Liebeskummer.
London bewirkt Wunder, was diese Trennung angeht. Es war die richtige Entscheidung, das Auslandssemester einzulegen.
Ich straffte meine Schultern und atmete tief ein.
Mein Ehrgeiz im Studium hat mich vergessen lassen, dass es noch andere Dinge als das Lernen gibt.
Es war mir sehr wichtig, einen guten Abschluss zu machen und mein Bestes zu geben, aber ich hatte mir vorgenommen, nicht mehr so verbissen zu lernen, sondern die Studienzeit zu genießen. Trotz des verbleibenden Herzschmerzes war ich aktuell unglaublich glücklich.
London – Stadtteil Kensington – Mayrens Wohnung Montag, 13. September – Mayren
Es war längst dunkel auf den Straßen geworden, als ich endlich vom Barhocker an der Küchentheke rutschte und meine Gedanken vor Entschlossenheit nur so betäubt wirkten. Nach meinem Telefonat mit Bastian hatte ich mit Ian gesprochen, der stets im Hintergrund meines Clans die Fäden zog und ihm mitgeteilt, dass wir versuchen werden Joshua zu schützen.
Ich strich mir durch die Haare und streckte mich, die Gelenke in meiner Schulter knackten, als ich die Arme über meinen Kopf dehnte.
Ist das wirklich die richtige Entscheidung? Moralisch bestimmt, aber konnte ich ihn gegen neun andere Killer verteidigen?
Mit einem unterdrückten Gähnen streifte ich durch das schlicht eingerichtete Wohnzimmer. Ich konnte die Wohnung, die meinem Clan gehörte und als sicherer Rückzugsort fungierte, glücklicherweise kurzfristig nutzen und musste mich nicht nach einer Übergangslösung umsehen. Die Wohnung war möbliert und verfügte über zwei Schlafzimmer, einem Bad, dem Wohnzimmer mit angrenzender Küche und einer kleinen Abstellkammer.
Zeros Auftrag geht nie an zwei Leute aus demselben Clan. Ich werde mich also gegen die anderen durchsetzen müssen.
Blindlings ließ ich mich auf das Sofa im Raum fallen und massierte meine Schläfen.
Ian hat versprochen, dass er sich weiterhin im Hintergrund hält, aber versucht mir mehr Informationen zu beschaffen … Bastian erledigt seinen aktuellen Auftrag und unterstützt mich dann in London bei Joshua.
Durch Ians Fähigkeiten und Verbindungen in allen möglichen Netzwerken standen die Chancen gut, dass er mir ein grobes Zeitfenster des Eintreffens der anderen Killer kalkulieren konnte.
Leiser und gedämpfter Autolärm drang durch die Fenster und ich sah auf die Wanduhr. Es war kurz vor zwölf und unmittelbar musste ich an Joshua denken.
Ob er bereits zu Hause angekommen ist? Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit die Umgebung seiner Wohnung auszukundschaften.
Für einige Sekunden blieb ich träge auf dem Sofa liegen, bevor ich aufstand, um meinen Plan in die Tat umzusetzen. Aus meinem Rucksack holte ich meine geladene Glock 17 und steckte sie mir in den Hosenbund, bevor ich die Wohnung verließ. Die Autoschlüssel klimperten leise in meiner Hand, als ich im Treppenhaus die Stufen hinabging.
Die Nachtruhe hielt das Haus in einem ruhigen Zustand und ich schlich zur Tiefgarage, wo mir abgestandene Abgasluft entgegenschlug. Die meisten meiner Nachbarn fuhren hochwertige Sportwägen und mein schwarzer Audi stach nicht aus der Masse hervor, sondern fügte sich angenehm in das Bild ein. Ich kannte keinen der anderen Hausbewohner persönlich und schätzte die Anonymität sehr.
Egal was passiert, aber irgendwann werde ich verschwinden und dann ist es besser, wenn meine Abwesenheit nicht auffällt.
Der schwarze Lack meines Wagens glänzte im grellen Licht der Neonscheinwerfer, und als ich mich auf den Fahrersitz fallen ließ, sog ich den angenehmen Geruch des Wageninneren ein.
Ich zog mir die Kapuze meines schwarzen Pullovers ins Gesicht und startete den Motor, der mit einem dumpfen Grollen erwachte. Als ich mich in meinem Sitz zurücklehnte, drückte mir meine Waffe unangenehm in den Rücken, aber ich widerstand dem Drang, sie aus meinem Hosenbund zu nehmen. Auch wenn ich nicht glaubte, dass jemand anderes Joshua gefunden hatte, sollte ich für jeden Fall gewappnet sein. Insgeheim machte ich mir Sorgen um ihn. Er war grundsätzlich für mich ein Fremder, aber ich konnte einfach nicht in Ruhe in meiner Wohnung bleiben, ohne die Gewissheit zu haben, dass er von seinem Besäufnis mit den anderen sicher nach Hause gekommen war.
Niemand anderes wird ihn gefunden haben …
Der Motor schnurrte wie eine Raubkatze, während ich aus der Parkbucht manövrierte und Richtung Ausfahrt der Tiefgarage rollte. Das grelle Licht der Garage verblasste hinter mir, als ich auf die Straße einbog, wo mich die Dunkelheit bereits erwartete. Ich steuerte zielstrebig auf die Adresse von Joshuas Wohngemeinschaft zu.
Zum Glück hat Ian den Durchblick beim Aufspüren von Daten … ohne ihn wäre ich verloren.
Ich bog in den Stadtteil Chelsea ein und beobachtete jeden Fußgänger, der mir entgegenkam. Es vergingen einige Versuche, bis ich Joshua tatsächlich fand und mein Herz setzte einen Schlag aus.
Da ist er!
Seine sonst so aufmerksamen Augen starrten stumpfsinnig gerade aus und er schien über etwas nachzugrübeln. An seinem Gang erahnte ich, dass er nicht mehr vollständig Herr seiner Sinne war.
Da hat wohl jemand zu tief ins Glas geschaut.