Rock my Body - Jamie Shaw - E-Book

Rock my Body E-Book

Jamie Shaw

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Beschreibung

Er ist ein Rockstar und erobert alle Herzen – doch an ihr könnte er sich die Finger verbrennen …

Als Dee Dawson das erste Mal auf den sexy Gitarristen Joel der Band The Last Ones To Know trifft, weiß sie eines ganz genau: Auch ihn wird sie in kürzester Zeit um den Finger gewickelt haben! Schließlich konnte ihr noch nie ein Mann lange widerstehen. Aber in Joel hat sie ihr Gegenstück gefunden, denn auch er hat den Ruf, nichts anbrennen zu lassen. Zwischen ihnen sprühen sofort die Funken – in jeder Hinsicht, denn beide haben ihren ganz eigenen Kopf und klare Ansichten, was sie von festen Beziehungen halten. Und doch muss sich Dee bald eingestehen, dass sie mehr sein will, als nur Joels Affäre …

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Buch

Als Dee Dawson das erste Mal auf den sexy Gitarristen Joel der Band The Last Ones to Know trifft, weiß sie eines ganz genau: Auch ihn wird sie in kürzester Zeit um den Finger gewickelt haben! Schließlich konnte ihr noch nie ein Mann lange widerstehen. Aber in Joel hat sie ihr Gegenstück gefunden, denn auch er hat den Ruf, nichts anbrennen zu lassen. Zwischen ihnen sprühen sofort die Funken – in jeder Hinsicht, denn beide haben ihren ganz eigenen Kopf und klare Ansichten, was sie von festen Beziehungen halten. Und doch muss sich Dee bald eingestehen, dass sie mehr sein will, als nur Joels Affäre …

Autorin

Jamie Shaw, geboren und aufgewachsen in South Central Pennsylvania, erwarb einen Master-Abschluss in Professionellem Schreiben an der Townson University, bevor ihr klar wurde, dass die kreative Seite des Schreibens ihre wahre Berufung ist. Als unverbesserliche Nachteule entwickelt sie zu später Stunde Romane mit Heldinnen, mit denen man sich identifizieren kann, und männlichen Hauptfiguren, die das Herz zum Flattern bringen. Sie ist eine treue Anhängerin von White Chocolate Mocha, eine entschiedene Verfechterin von Emo-Musik und ein leidenschaftlicher Fan von allem, was romantisch ist. Am meisten aber liebt sie den Austausch mit ihren Leserinnen.

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Jamie Shaw

Rock my Body

Roman

Deutsch von Veronika Dünninger

Die Originalausgabe erschien 2015

unter dem Titel »Riot« bei Avon Impulse, an imprint of HarperCollinsPublishers, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © der Originalausgabe 2015 by Jamie Shaw

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2017 by Blanvalet Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Hannah Jarosch

Umschlaggestaltung und -motiv: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com

LH · Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-18919-8V002

www.blanvalet.de

Für jede Leserin, die sich in Joel verliebt.

1

»Küss mich!«, befehle ich dem glücklichsten Typen des Abends.

Als er sich mit seiner Milchbubi-Frisur vor einer Weile zu mir an die Bar des Mayhem setzte, mied ich jeglichen Blickkontakt, wandte ihm demonstrativ den Rücken zu und schlug die Beine auf der anderen Seite übereinander. Es war nicht geplant, mit ihm rumzuknutschen, aber jetzt habe ich keine andere Wahl.

Ein dümmlicher Ausdruck huscht über sein Gesicht. Der Junge könnte niedlich sein, wenn er eben nicht so verdammt dümmlich aussehen würde. »Hä?«

»Oh, Herrgott noch mal!« Ich verschränke die Finger in seinem Nacken und ziehe ihn mit einem Ruck an mich heran, neige den Kopf zur Seite und hoffe, dass er schnell von Begriff ist. Meine Lippen öffnen sich, meine Zunge kommt zum Spielen heraus, und einen Augenblick später kapiert er es endlich. Seine gierigen Finger vergraben sich in meinen schokoladenbraunen Locken – für die ich heute Morgen Stunden gebraucht habe.

Na toll!

Aus den Augenwinkeln sehe ich Joel Gibbon mit einem wasserstoffblonden Groupie im Arm an mir vorbeischlendern. Er ist zu sehr damit beschäftigt, dem Mädchen irgendwas ins Ohr zu flüstern, um mich zu bemerken. Es juckt mich in den Fingern. Am liebsten würde ich ihm die Faust ins Gesicht rammen und ihn an den, zu diesem lächerlichen Iro gestylten, Haaren ziehen, damit er auf mich aufmerksam wird.

Ich bin drauf und dran, Milchbubi von mir wegzustoßen, als Joel endlich den Kopf hebt und meinem Blick begegnet. Ich knabbere an Milchbubis Unterlippe und zupfe ein bisschen an ihr herum. Joels Mundwinkel verziehen sich zu einem lässigen Grinsen. Das ist absolut nicht die Reaktion, die ich mir erhofft habe. Er geht weiter, und sobald er außer Sichtweite ist, löse ich meine Lippen von Milchbubis, schubse ihn zurück zu seinem eigenen Hocker und wirbele dann in die entgegengesetzte Richtung herum, um meine kichernde beste Freundin mürrisch anzusehen.

»Ich fass es nicht!«, rufe ich einer viel zu amüsiert dreinblickenden Rowan zu. Wie kann sie den Ernst dieser Situation nicht erfassen?!

Doch bevor ich sie schütteln und zur Vernunft bringen kann, klopft mir Milchbubi auf die Schulter. »Ähm …«

»Gern geschehen«, sage ich mit einer wegwerfenden Handbewegung. Ich bin nicht gewillt, meine Zeit noch eine Minute länger mit einem Typen zu verschwenden, der nicht zu schätzen weiß, welchen Aufwand es erfordert, Haare so zu wellen – oder der sie zumindest unter Umständen zerzaust, von denen ich auch etwas habe …

Rowan lächelt ihn entschuldigend an, ich hingegen stoße einen tiefen Seufzer aus.

Ich bin nicht wegen Milchbubi so aufgebracht. Ich bin aufgebracht wegen dieses bescheuerten Bassgitarristen von The Last Ones to Know. »Dieser Mann bringt mich noch um den Verstand«, knurre ich.

Rowan grinst breit, und ihre blauen Augen funkeln verschmitzt. »Du warst schon vorher nicht bei Verstand.«

»Er bringt mich auf Mordgedanken«, präzisiere ich, und sie lacht.

»Warum sagst du ihm nicht einfach, dass du ihn magst?« Sie rührt mit zwei winzigen Strohhalmen in ihrem Cocktail, während ihr Blick immer wieder hoch zur Bühne huscht. Sie wartet auf Adam.

Vermutlich wäre ich eifersüchtig, wenn die beiden nicht so ekelhaft perfekt zueinanderpassen würden.

Letztes Semester flog ich fast aus meinem Wohnheim, weil ich Rowan bei mir und meiner Mitbewohnerin einziehen ließ. Aber Rowans Arschloch von damaligem Freund, mit dem sie auch noch zusammenlebte, hatte sie betrogen, und sie wusste nicht, wohin. Und außerdem ist sie nun mal meine beste Freundin seit dem Kindergarten. Also ignorierte ich die schriftlichen Verwarnungen meiner Wohnheimbetreuerin. Und bevor diese mich letztendlich rausschmeißen konnte, zog Rowan auch zu Adam. Aber irgendwann später, nach einem »Übernachtungsgast« zu viel, wurde ich trotzdem gemeldet, woraufhin Rowan und ich uns eine Dreizimmerwohnung in einer Wohnanlage in der Nähe des Campus suchten. Ihr Name steht genau neben meinem auf dem Mietvertrag. Aber im Grunde ist die Wohnung in ihrem Fall nur Fassade, damit sie ihren Eltern nicht beichten muss, dass sie in Wirklichkeit mit drei unglaublich heißen Rockstars zusammenlebt. Sie schläft bei Adam im Bett, sein Bandkumpel Shawn im zweiten Schlafzimmer und Joel, dieser heiße, idiotische, völlig durchgeknallte Nomade, schläft in den meisten Nächten auf ihrer Couch.

»Weil ich ihn nicht mag«, erwidere ich. Als ich bemerke, dass mein Glas leer ist, schnappe ich mir Rowans, trinke es mit einem großen Schluck aus und winke dem Barkeeper.

»Warum bringt er dich dann um den Verstand?«

»Weil er mich nicht mag.«

Rowan sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, aber ich erwarte auch nicht, dass sie es versteht. Verdammt, ich verstehe es ja selbst nicht mal. Es war mir in meinem ganzen Leben noch nie so wichtig, dass ein Mann mich mag. Und ich will nicht einmal, dass Joel mich nur mag – ich will, dass er den Boden küsst, auf dem ich gehe, und mich anbetet. Ich will, dass er mich anfleht, mit ihm zusammen zu sein, und sich dann die Augen ausweint, wenn ich ihm sage, dass ich kein Mädchen für eine feste Beziehung bin.

Als der Barkeeper herüberkommt, um unsere Bestellungen entgegenzunehmen, ordere ich für uns beide Shots. Mit unseren achtzehn Jahren sind Rowan und ich zwar bei Weitem noch nicht alt genug, um Alkohol trinken zu dürfen, aber unsere gefälschten Ausweise und die Stempel auf unseren Handrücken behaupten etwas anderes.

»Für sie einen doppelten«, sagt Rowan und zeigt mit einem Daumen auf mich.

Mein mürrischer Gesichtsausdruck weicht einem Lächeln. »Siehst du? Das ist der Grund, weshalb ich dich liebe.«

Wir haben eben unsere Kurzen hinuntergekippt und die Shotgläser auf den Tresen geknallt, als irgendetwas Schweres auf meiner Schulter landet. Leti hat sich zwischen unsere Stühle geschoben und stützt sich mit dem linken Ellenbogen auf mich und mit dem rechten auf Rowan. Er hat sich mit irgendeinem tätowierten Muskelprotz auf der Tanzfläche verausgabt, und trotzdem riecht er, als wäre er eben aus der Dusche gestiegen, frisch und sexy sauber.

»Was gibt’s zu feiern?«

Ich stöhne auf, und Rowan schüttelt warnend den Kopf.

»Oh«, sagt Leti. »Joel?«

»Er ist so ein Arsch!«, beklage ich mich.

»Hast du nicht erst letztes Wochenende die Nacht mit ihm verbracht?«

»Ja!«, rufe ich. »Gott, was ist eigentlich sein Problem?!«

Leti lacht und massiert meine Schultern. »Wenn du ihn magst, dann sag es ihm doch einfach.«

Okay, erstens einmal: Was glauben die beiden eigentlich? In welchem verdammten Universum würde das je funktionieren? Joel ist der ultimative Aufreißer. Frauen aufreißen ist geradezu sein Hobby. Er ködert sie mit seinen Bad-Boy-Haaren und seinem absolut unwiderstehlichen Lächeln, bevor er sie verschlingt und wieder ausspuckt. Joel zu mögen, ist wie Eis essen. Solange man das Eis schleckt, ist alles großartig. Aber dann hat man es aufgegessen, und zurück bleibt nur dieses verzehrende Gefühl der Leere. Ja, na klar, man kann ins Geschäft gehen und sich noch eins kaufen, aber was ist, wenn es die Sorte nicht gibt, die man haben will? Was dann?

Und zweitens: Vergessen die beiden, wen sie hier vor sich haben? Männer sind hinter mir her, nicht umgekehrt.

»Ich mag ihn nicht!«, protestiere ich.

Rowan und Leti tauschen einen Blick und sagen dann gleichzeitig. »Sie mag ihn.«

»Ich hasse euch Miststücke!«

Ich springe von meinem Hocker, um mich ins Gewühl zu stürzen. Das Mayhem ist der größte Klub in der Stadt, und heute Abend treten The Last Ones to Know als Vorgruppe einer Band auf, die noch bekannter ist als sie. Dementsprechend ausgelassen ist schon jetzt, vor Konzertbeginn, die Stimmung auf der Tanzfläche. Im Klub dröhnt lauter House, der den Boden beben und die Wände wackeln lässt. Ich habe die Absicht, mir die Seele aus dem Leib zu tanzen, bis mein Gehirn vor geisttötender Erschöpfung heiß läuft und runterfährt.

»Ach, komm schon, Dee!«, sagt Rowan in flehendem Ton, als ich mich entferne.

»Sei nicht sauer!«, ergänzt Leti.

Ich drehe mich zu ihnen um und stemme die Hände in die Hüften. »Kommt ihr zwei jetzt mit, oder was?«

Vier Songs lang tanze ich eingequetscht zwischen Rowan und Leti. Dann verebbt die Musik, und die Roadies beginnen mit dem Soundcheck. Die Menge teilt sich auf – eine Hälfte strömt zur Bühne, um sich gute Plätze zu sichern; die andere Hälfte zieht sich an die Bar zurück, um zu Atem zu kommen und sich volllaufen zu lassen. Rowan, Leti und ich schließen uns letzterer Hälfte an, schnappen uns die besten Plätze an der Bar und setzen uns dann so hin, dass wir die Bühne im Blick haben.

Wie jedes Mal, wenn Adam einen Auftritt hat, wird Rowan ganz rastlos, zappelt mit den Füßen und kann die Hände nicht stillhalten. Sie knibbelt an dem hübschen rosa Nagellack herum, mit dem ich ihr heute Morgen die Nägel lackiert habe. Ich sage ihr, dass sie das lassen soll, aber Rowan würde eher spontan in Flammen aufgehen, als ein Mal auf mich zu hören.

Adam betritt die Bühne als Erster, und die Menge flippt völlig aus. Danach folgen Shawn, der Leadgitarrist und Backgroundsänger, Cody, der nervige Rhythmusgitarrist, der die Frechheit besaß, mich nach meiner Nummer zu fragen, Mike, der hinreißende Drummer, der mir in den letzten paar Monaten ans Herz gewachsen ist, und Joel, der Fluch meiner Existenz.

Joel lässt den Blick über die erste Reihe schweifen, und ich weiß, was er sieht: willige Gesichter und kaum bedeckte Brüste. Diese Mädchen sind nichts als Lidschatten und Titten auf zwei Beinen, genau so, wie Joel sie mag. Und nachdem Adam offiziell bekannt gegeben hat, dass er nicht mehr zu haben ist, können Joel und Shawn erst recht aus dem Vollen schöpfen. Cody kriegt die, die übrig bleiben, während Mike sie meidet wie die Pest – die jede einzelne dieser Tussis vermutlich hat, zusammen mit einer Million anderer ansteckender Krankheiten, vor denen liebestolle Teenager im ersten Highschooljahr von ihren Biologielehrern gewarnt werden.

»Lasst uns backstage gehen«, schlage ich Rowan vor und rutsche bereits von meinem Hocker. Ich habe etwas, was diese Groupies nicht haben: eine beste Freundin mit einem Dauer-Backstagepass, den ich zu meinem Vorteil zu nutzen gedenke.

»Wolltest du nicht hier draußen bleiben?«, fragt Rowan. Adam versuchte, sie zu überreden, mit in den Backstagebereich zu kommen – und dort zu bleiben –, als er hinter die Bühne musste, um sich auf den Auftritt vorzubereiten. Denn Rowans dunkelblonde Haare, ihre großen blauen Augen und knackige zierliche Figur wirken nicht unbedingt schwanzabstoßend. Aber ich bestand darauf, an der Bar zu bleiben, um trinken zu können.

»Das wollte ich. Und jetzt will ich es nicht mehr.«

Sie und Leti folgen mir zur Tür, durch die man in den Bereich hinter der Bühne gelangt. Rowan muss dem Türsteher davor nicht einmal ihren Spitznamen sagen, damit sie uns hineinlassen. Die meisten Typen kennen sie als Peach – so taufte Adam sie damals. Damals, als er sich noch nicht die Mühe machte, sich die Namen von Mädchen zu merken oder ihre Gesichter einzuprägen. Jetzt ist er ihr mit Haut und Haaren verfallen.

»Was denn?«, fragt sie, als sie mich dabei ertappt, wie ich sie mustere.

Na klar, sie ist umwerfend, aber das sind viele andere Mädchen auch, die sich Adam an den Hals werfen. Irgendetwas an ihr hat ihm den Kopf verdreht … vielleicht ihre Unschuld. Vielleicht sollte ich es einmal damit versuchen. Aufhören, so forsch zu sein, öfter flache Schuhe tragen, ab und zu die Klappe halten.

Ich lache, als mir bewusst wird, dass ich mir das nicht einmal vorstellen kann. »Ach nichts.«

Ich gehe mit Rowan und Leti im Schlepptau seitlich an der Bühne vorbei und hintenherum zu der Seite, auf der Joel steht. Meine Absätze klappern über die Stufen der Treppe, die nach oben führt. Als wir angekommen sind, werfe ich mir meine langen schokoladenbraunen Haare über die Schultern, ziehe mein hautenges Kleid ein bisschen höher und frische meinen Lipgloss auf.

Es fällt mir schwer, nicht wie ein Groupie zu kreischen, wenn ich den Jungs dabei zusehe, wie sie die Bühne rocken, vor allem aus diesem Blickwinkel. Die Art, wie Joels Haare wie blonde, tödlich aussehende Stacheln unter dem nebligen blauen Schimmer der Scheinwerfer glänzen. Die Art, wie seine Finger über die Saiten tanzen, ohne dass er dabei auf die Gitarre hinunterschauen muss. Die Art, wie seine blauen Augen immer wieder meinem Blick begegnen und seine Mundwinkel sich zu einem Grinsen verziehen. Seine Präsenz auf der Bühne ist magnetisch. Sie verwandelt mein Blut in Lava und macht es mir unmöglich zu denken. Ein Teil von mir will sich unnahbar geben, aber der andere Teil weiß nur zu gut, was mich erwartet, wenn ich mich Joel hingebe.

Als seine unglaublich blauen Augen das nächste Mal meinen Blick auffangen und ihn so lange erwidern, dass ich unter der Hitze dahinschmelze, erröte ich. Ich muss irgendetwas tun, um mich wieder in den Griff zu bekommen. Mit einem teuflischen Lächeln sage ich: »Ro, vielleicht solltest du besser kurz die Augen zumachen.«

Ohne das Kleid anzuheben, winde ich mich mit einer anmutigen Bewegung aus meinem schwarzen Spitzentanga und lasse ihn von einem manikürten Zeigefinger baumeln. Joels Hände sind mit der Gitarre beschäftigt, doch sein Blick bleibt fest auf mich gerichtet. Als ich ihm mein Höschen zuwerfe, fängt er es in der Luft auf und spielt den Song zu Ende. Der Tanga baumelt an seinem Handgelenk. Dann stopft er ihn in seine Gesäßtasche und zwinkert mir auf eine Weise zu, bei der jedes andere Mädchen weiche Knie kriegen würde.

»Ich kann nicht glauben, dass du das eben getan hast!«, brüllt Leti über die Musik hinweg.

»Ich schon!«, brüllt Rowan zurück, und ich muss lachen.

»Ich gehe zurück an die Bar«, informiere ich die beiden, und meine Freundin sieht mich fragend an.

»Warum?«

Die Wahrheit ist: Ich will sehen, ob er mir folgt. Und falls er es nicht tut, muss ich weit genug entfernt sein, um so tun zu können, als wäre es mir egal.

Am Fuß der Treppe wende ich mich um und halte Rowan zurück, die Anstalten macht, mich zu begleiten. »Ich hole mir noch was zu trinken. Bleib du hier. Warte auf Adam.«

Sie runzelt die Stirn, aber ich lächele sie nur an und gehe rückwärts auf die Tür zu. »Wir sehen uns später.«

An der Bar setze ich mich neben den heißesten Typen, den ich finden kann, und schenke ihm ein Lächeln. Zwei Minuten später habe ich einen Drink und eine Ablenkung.

»Und, gefällt dir die Band?«, fragt er mit einem Nicken in Richtung Bühne.

Ich zucke die Schultern. »Sie sind ganz okay.« Sie sind auch das Letzte, worüber ich im Augenblick reden möchte, denn ich muss unbedingt aufhören, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was passieren wird, wenn die Show zu Ende ist. Aber Gott hasst mich offenbar.

»Ich bin mit den meisten von ihnen auf die Highschool gegangen«, prahlt der Typ, als könnte er etwas vom Rockstar-Ruhm für sich beanspruchen, nur weil er sich eine Postleitzahl mit ihnen geteilt hat.

Ich muss mich beherrschen, nicht lauthals loszuprusten, und es gelingt mir nur mit Müh und Not, das Lachen zu verbergen, indem ich schnell an meinem Drink nippe.

»Wart ihr befreundet?«, frage ich. Es interessiert mich nicht die Bohne, aber ich muss irgendwie das Gespräch in Gang halten.

Er beginnt zu schwafeln – von den Kursen, die sie zusammen hatten, und wie er sie einmal in einer Talentshow gesehen hat und darüber, dass er in seinem letzten Highschooljahr auf einer von Adams Partys war. Ich plane gerade in Gedanken meine Flucht, als der Blick meines Gegenübers über meine Schulter huscht. Er reißt die Augen weit auf, und ungebändigte Augenbrauen schießen hoch in Richtung Stirn. Seine Hand klammert sich an meinen Unterarm, als wäre er eine Rettungsleine, und ich drehe den Kopf genau im richtigen Moment, um mit meinen Lippen Joels Wange zu streifen.

»Belästigt dich der Kerl etwa?«, raunt er mir ins Ohr. Er betrachtet mich forschend, bevor sein Blick auf die Hand des Typen fällt, die prompt von meinem Arm zurückzuckt, auch wenn der Rest von ihm in eine Art Schockstarre verfallen ist. Mit seinen weit aufgerissenen Augen und der heruntergeklappten Kinnlade scheint der Typ so geblendet von seinem Star zu sein, dass ich unwillkürlich einen raschen Blick auf seinen Schoß werfe, um zu sehen, ob er womöglich einen Ständer hat.

»Du kennst Joel Gibbon?«, stößt er atemlos hervor, womit er mich aus meiner Detektivarbeit reißt.

»Wen, ihn?«, frage ich und zeige mit einem Finger beiläufig auf die Person neben mir. Innerlich bin ich das reinste Nervenbündel, weil Joel mir gefolgt ist. Nach außen hin gebe ich mich leicht gelangweilt und völlig unbeeindruckt.

»Oh mein Gott!«, sagt der Typ. »Ich bin ein absoluter Fan!«

»Offenbar seid ihr auf dieselbe Schule gegangen«, ergänze ich, ohne Joel anzusehen, der noch näher an mich herantritt und seine kräftigen Arme um meine Schultern legt. Da niemand sonst zu sehen ist, nehme ich an, dass der Rest unserer Gruppe noch immer im Backstagebereich abhängt, um von dort aus der anderen Band bei ihrem Auftritt zuzusehen.

Ich spüre Joels Lachen an meinem Rücken. »Ach ja? In welchem Jahrgang warst du denn?«

Die Jungs unterhalten sich, und ich schalte auf Durchzug, bis der heiße Fanboy endlich ein Foto mit Joel bekommen hat und abschwirrt. Und dann höre ich wieder Joels verführerische Stimme an meinem Ohr.

»Bist du bereit, von hier zu verschwinden?«

»Bist du bereit, damit aufzuhören, dich wie eine männliche Hure zu benehmen?«

Er besitzt die Frechheit zu lachen. »Warum, bist du etwa eifersüchtig?«

Und wie. »Warum sollte ich denn eifersüchtig sein?« Ich schiebe seine Arme weg und wende mich auf dem Hocker zu ihm um. »Ich bin schließlich diejenige, mit der du immer nach Hause gehst.«

»Das ist ja interessant«, sagt er grübelnd, mit einem aufreibenden Funkeln in seinen eisblauen Augen.

Joel beginnt den Abend im Allgemeinen mit einer anderen – oder ein paar anderen –, und an Abenden, an denen ich nicht da bin, geht er auch mit ihnen nach Hause. Aber an Abenden, an denen ich da bin, landet er letztendlich doch immer an meiner Seite – dank angestrengter Bemühungen meinerseits, die ich allmählich leid bin.

»Und wenn ich Nein sage, was wirst du dann tun? Stattdessen mit einer von denen abziehen?«

»Du sagst nicht Nein.«

Ich schnaube verächtlich. »Das zeigt nur, wie viel du weißt.«

Als ich mich von ihm wegdrehe, drückt er sich wieder von hinten an mich und presst die Lippen an mein Ohr. »Du sagst nicht Nein, weil du all die Dinge kennst, die ich mit dir anstellen werde.«

Er fängt an, mir genau diese Dinge im Detail zu beschreiben, und ich bohre unwillkürlich meine Zehen in die Sohlen meiner Peeptoes. Eine Gänsehaut wandert von den Fußknöcheln bis hoch zu meinen Ohren. Abrupt springe ich von meinem Hocker und laufe los.

»Wo gehst du hin?«, ruft Joel mir nach.

»Ich will sehen, ob du ein Mann bist, der hält, was er verspricht!«

2

Bis wir den Bandbus auf dem Parkplatz des Mayhem erreicht haben, haben Joels fummelnde Hände mein Blut in Wallung gebracht. Wenn er sie nur noch ein einziges Mal über die Rundung meines Hinterns gleiten gelassen und fest zugepackt hätte, ich schwöre es, dann hätte ich auf der Stelle alle Hüllen fallen lassen, egal, wo wir zufällig gestanden hätten.

Ich greife nach der Bustür, doch mir bleibt nicht einmal Zeit, sie aufzuziehen, bevor Joel sich schon von hinten an mich drängt und mich dagegen presst. Ich stemme mich gegen das kalte schwarze Metall, während er seine Hände flach auf meine Handrücken drückt. Er verschränkt seine Finger mit meinen und schiebt unsere Hände höher, reibt seine Jeans an mir und küsst meinen Nacken. Ich belohne ihn, indem ich mit meinen Hüften kreise und meinen Hintern fest an seiner eindrucksvollen Härte reibe, bis er mich rasch herumwirbelt und meinen Mund auf eine Art in Besitz nimmt, die alles um mich herum verschwimmen lässt. Der Mond und die Sterne werden schwarz. Aller Sauerstoff entweicht aus meiner Lunge. Mein Herz hört auf zu schlagen, und das Einzige, was ich spüren kann, sind Joels Zähne, die an meiner Lippe knabbern, und die kalte Metallverkleidung des Busses, die auf meiner nackten Haut brennt.

Ich lasse eine Hand nach unten wandern und reibe damit über seinen Schritt, was mich vermutlich noch mehr erregt als ihn. Ein tiefes Stöhnen entsteht in seiner Kehle, und er zerrt mich ungeduldig von der Tür fort, damit er sie öffnen kann.

»Scheiße!«, flucht er, als sie sich nicht bewegt. Er rüttelt noch einmal an ihr, doch sie gibt nicht nach.

Ich bin so frustriert, dass ich am liebsten schreien würde. Stattdessen gelingt es mir zu sagen: »Hast du keinen Schlüssel?«

»Nicht bei mir.« Er sieht sich auf dem stillen Parkplatz um, bis er etwas entdeckt, bei dessen Anblick seine Mundwinkel nach oben wandern. Er schnappt sich meine Hand und zieht mich über den Parkplatz. Es wimmelt von Autos, aber alle Leute sind im Klub, um die Hauptband zu sehen. Deshalb mache ich mir keine Sorgen, als Joel die Heckklappe irgendeines schwarzen Trucks herunterklappt, der mit Sicherheit niemandem gehört, den er kennt.

Mir bleibt kaum Zeit, verblüfft aufzukreischen, als er mir die Hände um die Taille legt und mich mühelos hinaufhebt. Er stellt sich zwischen meine Knie, vergräbt die Finger in meinen Haaren und zieht mich wieder an seinen Mund. Er küsst mich so, wie ich schon den ganzen Abend geküsst werden will. Meine Hände fummeln an dem Knopf seiner Jeans, noch bevor mein Verstand überhaupt begreift, was sie da tun, während seine an meinen Schenkeln nach oben gleiten und mein Kleid bis zu den Hüften hochschieben. Bevor es mir gelingt, seinen Knopf zu öffnen, erledigt er es für mich. Er greift in seine Hose und holt seinen Schwanz raus. Eine Sekunde später begehrt er zwischen meinen Beinen Einlass, und ich will ihn so dringend, dass ich mich wundere, überhaupt das Wort über die Lippen zu bringen.

»Kondom«, keuche ich, wobei mein Atem eine winterliche Wolke bildet.

»Leg dich hin!«, befiehlt er mir atemlos, fischt ein Kondom aus seiner Hosentasche und reißt die Verpackung auf. Ich sehe zu, wie er es überstreift, und verstärke unwillkürlich den Druck meiner Schenkel um seine Hüften, voller Vorfreude auf das, was kommen wird. Seine Finger wandern hoch, um über den dünnen Stoff über meinen harten Nippeln zu streicheln, dann fordert er mich mit einer sanften Bewegung noch einmal dazu auf, mich zurückzulegen.

Ich kann nicht glauben, dass wir es hier tun, mitten auf einem verdammten Parkplatz, auf dem Truck irgendeines Fremden. Aber ich bin mir ziemlich sicher, wenn ich ihn nicht bald in mir spüre, dann werde ich irgendetwas Demütigendes tun – wie zum Beispiel ihn anflehen und darum zu betteln, dass er mich vögelt.

Und das hätte er wohl gern!

Ich strecke mich auf dem harten Metall aus, packe Joels weiches T-Shirt mit einer Hand und ziehe ihn näher an mich. Die Finger in seinem Shirt vergraben, schlinge ich die Beine um seine Hüften, und seine Hände umklammern meine Taille, als er mit einem einzigen langen Stoß sanft in mich hineingleitet. Ich spüre jeden Zentimeter, den er tiefer in mich eindringt, während das Stöhnen, das mir über die Lippen kommt, in den Nachthimmel emporsteigt.

In einem überwältigenden Tempo stößt er immer wieder in mich, als auf einmal mehrere Stimmen zu hören sind. Rasch richte ich mich auf und sehe in die Richtung, aus der sie kommen. Auch Joel hält in seiner Bewegung inne, doch die Gruppe geht einfach weiter, ohne uns zu bemerken. Joel beginnt wieder, sich in mir zu bewegen, langsamer jetzt, aber ich bin mit den Gedanken noch woanders – bis er mir das schulterfreie Kleid über die Brüste hinunterzieht und meine bereits harten Nippel der eisigen Luft aussetzt, die sich in der Kälte sofort weiter aufrichten und ein noch dunkleres Rosa annehmen. Als er sie mit den warmen Kuppen seiner Daumen streichelt, muss ich mir auf die Lippe beißen, um nicht laut zu wimmern. Es fühlt sich so gut an, dass ich ihn, als er eine seiner Hände fortzieht, fast anflehe, mich weiter zu berühren. Stattdessen schlingt er einen Arm um meinen Rücken, um mich festzuhalten, beugt sich vor und legt seine brennend heißen Lippen um eine eiskalte rosafarbene Brustwarze. Mein Kopf sackt nach hinten, meine Finger vergraben sich in seinen Haaren, beschwören ihn wortlos, niemals mit dem aufhören, was er mit seiner Zunge gerade tut, ganz gleich, ob uns jemand dabei sehen kann oder nicht.

Seine Hüften bewegen sich unaufhörlich, während er erst den einen und dann den anderen Nippel neckt und jedes Neuron in meinem Gehirn in den Wahnsinn treibt. Seine stacheligen Haare und Bartstoppeln kitzeln meine Handflächen, und ich dränge ihn, sich zu nehmen, so viel er will. Ich pulsiere um ihn herum und habe das Gefühl, gleich in tausend Teile zu zerspringen. Seine Zunge huscht über den rosa Nippel, den er zwischen seinen Lippen hält, und ich schließe mich reflexartig noch fester um ihn. Es ist, als ob mein Körper versucht, ihn gleichzeitig in sich hineinzuziehen und hinauszudrängen, was bedeutet, dass er ebenso verwirrt ist wie der Rest von mir.

»Joel«, stöhne ich. Immer wieder spanne und entspanne ich die inneren Muskeln, immer wieder werde ich zerrissen und wieder zusammengefügt. Ich bin noch nicht gekommen, aber Gott, ich bin kurz davor. Ich bin so, so, so kurz davor.

Joel richtet sich auf und reibt mit einem Daumen meine geschwollene Klitoris. Ich spiele mit meinen noch immer feuchten Nippeln und sehe zu, wie er den Daumen zu seinem Mund führt und ihn ableckt.

»Ich bin schon jetzt klatschnass«, keuche ich. Frustration schleicht sich in meine Stimme, denn ich taumele am Rande des Abgrunds und will nur noch, dass er mich endlich hinunterstößt. Wenn Sex in der Öffentlichkeit mehr mein Ding wäre, dann wäre ich bereits gekommen, aber es ist nicht leicht, sich zu entspannen, wenn der vernünftige Teil von mir – egal, wie klein dieser Teil vielleicht auch sein mag – sich Sorgen macht, ertappt und möglicherweise festgenommen zu werden.

»Ich weiß«, ist alles, was er sagt. Seine eisblauen Augen fest auf mich geheftet, lässt er den Daumen sinken und bewegt ihn in kreisenden Bewegungen über meine feuchte Knospe. Einmal … zweimal … oh … Gott … dreimal … viermal. Meine Hüften zucken. Wieder führt er die Hand an den Mund. Langsam gleitet er mit der Zunge um seinen feuchten Daumen und leckt jedes bisschen von mir ab.

Der Anblick dieses unglaublich heißen, verdammten Rockstars, der heute Abend jedes Mädchen hätte haben können, das er wollte, und der in diesem Augenblick alles von mir kostet … er entfacht ein glühend heißes Feuer, das in meinem Innersten ausbricht und jede Zelle in meinem Körper erfasst. Ich schließe die Augen und vergrabe die Finger in meinen eigenen Haaren, da es nichts anderes gibt, woran ich mich festklammern könnte. Meine Beine zittern wie wild.

Auf einmal dringt Joel mit voller Kraft in mich, presst meine Knie an seine Hüften und stößt so fest zu, als wolle er sicherstellen, dass nur noch er und nie wieder ein anderer Mann seinen Platz in mir hat.

»Du fühlst dich so verdammt gut an«, knurrt er, und seine heisere Stimme lässt das Feuer in mir noch heißer lodern, bis ich schließlich um ihn herum dahinschmelze.

Eine weiße Wolke gekeuchter Flüche wirbelt von meinen Lippen auf einen Baldachin brennender Sterne zu, und Joel pulsiert in mir, während er eine ebensolche Wolke hochschickt. Er pumpt in mich, bis er nichts mehr zu geben hat, dann stützt er sich mit beiden Händen auf der Ladefläche des Trucks ab. Er lässt den Kopf sinken, und seine Schultern heben und senken sich mit jedem keuchenden Atemzug. Als sich sein Atem beruhigt hat, hebt er das Kinn und schenkt mir ein selbstzufriedenes Lächeln, bei dem sich meine inneren Muskeln prompt wieder anspannen. Er schließt die Augen und stößt einen Laut aus, der mich dazu bringt, es gleich noch einmal zu tun. Jedes Mal, wenn ich mich anspanne, bewegt er sich unwillkürlich in mir. Wenn er sich nicht bald zurückzieht, dann hat er besser noch ein weiteres Kondom in seiner Hosentasche, denn dann werden wir es eindeutig brauchen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich enttäuscht oder erleichtert bin, als er langsam aus mir gleitet. Aber als er auf die Ladefläche des Trucks springt und sich neben mir erschöpft auf den Rücken fallen lässt, den Arm eng an meinen geschmiegt, bin ich rundum zufrieden.

»Das war verdammt heiß«, sagt er, und ich lächele vor mich hin, während ich irgendwie die Kraft aufbringe, das Oberteil meines Kleides wieder hoch- und den Rock wieder hinunterzuziehen.

»Kann ich meinen Slip wiederhaben?«, frage ich.

»Nein.«

»Warum nicht?«

»Weil ich ihn behalte.«

Mein Lächeln wird noch breiter. Gemeinsam starren wir zum Nachthimmel hoch. Trotz der Kälte ist mir glühend heiß. Ich weiß, ich sollte aufstehen und weggehen, versuchen, so zu tun, als wäre ich nicht ähnlich überwältigt wie er von dem, was wir eben getan haben, aber ich bin viel zu befriedigt, um mich zu bewegen. Zu befriedigt, um nicht zu lächeln und einfach reglos neben ihm liegen zu bleiben.

Selbst als das Konzert vorbei ist und der Besitzer des Trucks fluchend auf uns zugerannt kommt und dabei wilde Todesdrohungen ausstößt, kann ich nicht anders, als zu lachen. Joel schnappt sich meine Hand, hinterlässt dem Truckfahrer ein klebriges Souvenir und stürmt mit mir über den Parkplatz zurück, durch die offenen Türen des Mayhem.

Drinnen trennen wir uns, und ich schlüpfe auf die Damentoilette, wo ich mein Bestes gebe, um mich wieder einigermaßen zurechtzumachen. Ich fahre mir mit den Fingern durch meine gründlich zerzausten Locken, so gut es geht, frische mein Make-up auf und versuche dann, mir dieses alberne Grinsen aus dem Gesicht zu wischen.

Ja, Sex mit Joel ist umwerfend. Immer umwerfend. Auf eine atemberaubende, lebensverändernde, absolut unglaubliche Art umwerfend. Aber es ist trotzdem nur Sex, und ich will nicht, dass er oder irgendjemand sonst es für etwas anderes hält und mehr hineininterpretiert. Ich will mich niemals dabei ertappen, dass ich ihn so ansehe wie diese anderen Mädchen – mit einem dümmlichen Lächeln im Gesicht und verzweifelter Hoffnung in den Augen.

Als ich in den Backstagebereich komme, hängt er mit den anderen Typen aus den beiden Bands ab, zusammen mit Rowan und Leti.

Meine beste Freundin wirft mir einen prüfenden Blick zu. »Hattet ihr gerade Sex?«, fragt sie prompt.

Meine Augen weiten sich, und ich ramme Joel einen Ellenbogen in den Magen.

Aber er lacht nur. »Ich habe nichts gesagt!«

»Woher weiß sie es denn dann?«

»Mädchen«, sagt Leti und fuchtelt mit einer Hand vor meinem Gesicht herum, »du siehst so was von durchgebumst aus.«

Die Jungs brechen alle in johlendes Gelächter aus. Adam hebt eine Hand und klatscht Joel ab, und ich registriere dankbar, dass Rowan ihn dafür in die Seite knufft.

Ich zucke die Schultern und greife mir eine Flasche Wasser vom nächstbesten Tisch. Ich schraube den Deckel ab und gebe mich betont cool. »Wie auch immer. Ich habe nur versucht, etwas zu beweisen.«

»Was denn?«, fragt Joel, während ich einen Schluck trinke. Ich lasse die Flasche sinken und grinse ihn an.

»Du bist kein Mann, der hält, was er verspricht.«

3

Als Rowan mich vor Joels Schnarchen warnte, verglich sie ihn mit einem Eisbären, der einen Exorzisten benötigt. Aber das Geräusch, das mich am Morgen nach dem Konzert weckt, klingt eher nach einem dämonischen Rottweiler, der versucht, sich durch Zement zu beißen.

Ich trete nach dem Rottweiler, um ihn zu wecken. Er liegt auf dem Rücken, und ich liege auf der Seite, das Gesicht von ihm abgewandt.

Er zuckt kurz zusammen, aber schon bald darauf beginnt der Dämonenhund wieder damit, auf Zement rumzukauen.

»Joel.« Ich fasse mit einer Hand hinter mich und tätschele sein stoppeliges Gesicht. »Wach auf.«

Er schlägt nach meinem Arm und winselt, ich solle aufhören.

»Steh schon auf«, stöhne ich, wälze mich herum und versuche ihn mit Händen und Füßen aus meinem Bett zu schubsen. »Zeit für dich zu gehen.«

Er rollt sich auf mich, damit ich ihn nicht mehr schubsen kann, legt sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich und presst mich in die Matratze.

Hellwach und absolut nicht glücklich darüber, greife ich in seine Haare und ziehe so seinen Kopf langsam von meinem Kissen hoch, in das er sein Gesicht vergraben hat. Nase an Nase, schenkt er mir ein hemmungslos freches Grinsen, dann beugt er sich vor und presst die Lippen zu einem Kuss auf meine, der dafür sorgt, dass sich mein Griff lockert und Hitze in meine Wangen steigt.

Nach dem Konzert gestern begleitete er mich nach Hause und machte jedes einzelne Versprechen wahr, das er mir am Abend an der Bar ins Ohr geflüstert hatte. Er ist wie eine Droge in meinen Adern, eine, mit der ich aufhören muss, bevor ich mich völlig verliere. Ich versuche, die Willenskraft aufzubringen, ihn abblitzen zu lassen, aber sein Name ist nur ein schwacher Protest auf meinen Lippen. Nur ein atemloses Wort, das ich zustande bringe, bevor seine Lippen zu meinem Hals hinabwandern und mir auch noch das letzte Fünkchen Entschlossenheit rauben.

Eine halbe Stunde später, als ich den Flur hinunter in Richtung Bad gehe, ist Joel noch immer in meinem Zimmer. Jeder Schritt, den ich mache, ruft mir in Erinnerung, wie viele der letzten vierundzwanzig Stunden er in mir war. Ich habe ihn ausgestreckt auf meinem Bett zurückgelassen, damit ich kalt duschen und versuchen kann, einen klaren Kopf zu bekommen – was nahezu unmöglich ist, wenn ich ihn mir nackt auf meiner Bettdecke vorstelle, mit seinen zerzausten Haaren und den Kratzern, die meine Fingernägel auf seiner Haut hinterlassen haben.

Nach einer schnellen Dusche ziehe ich mich an und schminke mich vor dem Spiegel im Bad, dann gehe ich zurück in mein Zimmer, mit einem Handtuch um den Kopf geschlungen und einer Miene, die Ungeduld markiert. Sie hilft mir, das Lächeln zu verbergen, das sich jedes Mal auf mein Gesicht schleichen will, wenn Joel mich auch nur ansieht.

»Du bist noch hier?«, frage ich mit einem kurzen Seitenblick auf ihn, bevor ich mich an meinen Frisiertisch setze und beginne, meine nassen Haare zu kämmen.

Er steht grinsend auf, hebt die Arme über den Kopf und streckt sich. Er ist in seine verwaschene Jeans geschlüpft, die tief auf seinen Hüften sitzt, mühsam zusammengehalten von einem zu lockeren Nietengürtel. Irgendetwas an Typen mit Tattoos – irgendetwas an Joel, mit dem auf seinen Unterarm tätowierten Gitarrenhals und dem schwarzen Schriftzug, der sich an seinen Rippen hochschlängelt – sorgt dafür, dass meine Gehirnfunktion völlig aussetzt. Der Anblick seines muskulösen, tätowierten Oberkörpers lässt mich beinahe sabbern, und als ich den Blick hebe, wird mir bewusst, dass er mich dabei ertappt hat, wie ich ihn anstarre. Einer seiner Mundwinkel verzieht sich zu einem großspurigen Grinsen, das meine Wangen erröten lässt. Schnell schaue ich weg. Ich wünschte, er würde endlich sein verdammtes Hemd anziehen, damit ich nicht mehr gegen das Verlangen ankämpfen muss, ihn zurück auf mein Bett zu schubsen und wieder über ihn herzufallen.

»Kannst du mich zu Adam fahren?«, fragt er.

Die meisten Nächte verbringt Joel auf der Couch im Wohnzimmer der Wohnung, die Adam, Shawn und Rowan sich teilen. In manchen Nächten schläft er bei mir. Und in anderen Nächten pennt er bei irgendwelchen hohlköpfigen Groupies, die sich wirklich selbst mit der Faust ins Gesicht schlagen sollten.

Ich wusste, dass er mich bitten würde, ihn hinzufahren, weshalb ich Rowan und Leti bereits eine SMS geschrieben und angekündigt habe, sie zum Frühstücken abzuholen. Aber ich lasse Joel trotzdem zappeln. Die Versuchung ist einfach zu groß, um ihr zu widerstehen. »Ich glaube, ich habe heute Morgen schon genug für dich getan, meinst du nicht auch?«

Er lacht und stellt sich hinter mich, schenkt mir im Spiegel ein zuckersüßes Lächeln. »Du siehst heute Morgen wunderschön aus.«

Er kriecht mir so schamlos in den Hintern, dass es mir schwerfällt, sein Lächeln nicht zu erwidern. Ich schaffe es nur mit Mühe, eine ernste Miene zu bewahren. »Soll das etwa heißen, dass ich an anderen Morgen nicht wunderschön aussehe?«

»Heute siehst du besonders umwerfend aus«, sagt er und legt sein Kinn auf meine Schulter. Dann grinst er mein Spiegelbild so spitzbübisch an, dass ich gegen meinen Willen lachen muss.

»Wie auch immer. Zieh dein Hemd an, dann werde ich darüber nachdenken.«

Ich fahre ihn – und verfluche mich dafür, dass ich es tue. Von dem atemberaubenden Sex haben wir beide etwas, aber seit wann gehören auch noch ein kostenloses Hotelzimmer und ein gratis Taxiservice zu diesem Arrangement? Nächstes Mal werde ich ihn gleich danach rausschmeißen – völlig egal, wie großartig die morgendlichen Freizeitaktivitäten auch sind.

Nachdem ich Leti abgeholt habe, setze ich Joel bei Adam ab und tausche ihn gegen Rowan. Dann kutschiere ich mich und meine beiden besten Freunde zu IHOP. Dank meiner Fahrkünste und der Fähigkeit, Rowans Flehen, langsamer zu fahren, zu ignorieren, schaffen wir es noch vor dem Ansturm der Kirchgänger und müssen nicht erst auf einen freien Tisch warten.

»Also, ich nehme an, ihr fragt euch alle, warum ich euch heute hierher bestellt habe«, verkündet Leti, sobald wir in einer Nische Platz genommen haben. Er faltet die Hände auf dem Tisch, und ich tausche einen Blick mit Rowan. Sie sitzt neben ihm und sieht ebenso verwirrt aus wie ich.

»Äh, ich habe euch hierher bestellt«, erinnere ich ihn.

Leti streckt die Hände über den Tisch aus und ergreift meine. Er trägt ein lavendelfarbenes My-Little-Pony-Shirt, seine gewellten, im Ombré-Stil gefärbten Haare hat er sich mit einer bunten Regenbogen-Sonnenbrille, die auf seinem Kopf sitzt, aus der Stirn geschoben. »Süße«, sagt er, »das hier ist eine Intervention.«

»Ach ja?«, fragt Rowan.

Dank Joel habe ich gestern Nacht so gut wie keinen Schlaf bekommen, deshalb bin ich nicht in der Stimmung für irgendwelche Spielchen. »Wovon zum Teufel redest du?«, frage ich und entziehe ihm gleichzeitig meine Hände.

Ich starre Leti mit gerunzelter Stirn an, als die Bedienung, eine ältere Frau mit einigen Pancakes zu viel auf den Hüften, an unseren Tisch kommt, um unsere Getränkebestellung aufzunehmen. Sobald sie wieder gegangen ist, lächelt Leti mich an und sagt in einem neckischen Tonfall: »Der erste Schritt besteht darin zuzugeben, dass du ein Problem hast.«

Ich sehe ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Und was genau ist mein Problem, Ponyjunge?«

»Du bist süchtig. Und wir sind hier, um dir zu helfen.«

Mein Blick huscht hinüber zu Rowan, aber sie hebt nur die Schultern und schüttelt den Kopf.

»Okay. Ich beiße an.« Ich nehme Letis Hände theatralisch wieder in meine und beuge mich über den Tisch, um ihm auf halbem Weg entgegenzukommen. »Wonach bin ich süchtig? High Heels? Haarspray?«

»Oh, nach etwas viel Schlimmerem«, antwortet er lächelnd.

»Lipgloss? Glitzer-Nagellack?«

Er grinst mich frech an. »Du bist süchtig nach dem, was schuld an diesen grässlichen violetten Ringen unter deinen Augen ist, und ich wette, der Verdächtige ist heiß, hat stachelige Haare und spielt in einer Band.«

Ich muss gegen meinen Willen kichern, bevor ich Letis Hände loslasse. »Eifersüchtig?«

»Total.« Er wendet sich schmollend an Rowan. »Bist du sicher, dass keiner der anderen Bandmitglieder schwul ist?«

»Ganz sicher.«

»Bi?«

Rowan schüttelt den Kopf. Lange blonde Strähnen lösen sich aus ihrem unordentlichen Haarknoten. »Tut mir leid, nicht, dass ich wüsste.«

»Neugierig? Verwirrt? Beeinflussbar?«

Rowan und ich lachen beide, und Leti lässt sich seufzend auf seinem Platz zurücksinken.

Nachdem unsere Getränke gebracht worden sind und ich drei Zuckertütchen auf einmal aufgerissen habe, fragt er: »Was genau seid ihr zwei, du und dieser Irokesenmann, denn nun eigentlich?«

Er und Rowan starren mich erwartungsvoll an, während ich den Zucker in meinen Kaffee rühre. »Warum müssen wir denn unbedingt irgendetwas sein?«

Ich erwarte nicht, dass sie es kapieren. Rowan ist nach einer gescheiterten dreijährigen Beziehung Hals über Kopf mit einem Mann zusammengezogen, in den sie bis über beide Ohren verliebt ist. Und Leti flirtet viel herum, aber er scheint noch immer auf den Richtigen zu warten. Wenn wir nicht befreundet wären, da bin ich sicher, würden die beiden mich für eine Schlampe halten. Und streng genommen kann ich ihnen da nicht mal widersprechen, aber na und? Ich mag Männer. Ich mag Sex. Und solange ich dabei auf Verhütung achte und niemand verletzt wird … Was spielt es dann für eine Rolle, mit was und mit wem ich meine Nächte verbringe?

Leti nimmt seine Sonnenbrille aus dem Haar und zeigt damit auf mich. »Na ja, ihr zwei seid nicht nichts. Das mit euch läuft jetzt schon seit Monaten. Wie viele Male macht das? Ungefähr eintausend?«

»Was tut das denn zur Sache?«, frage ich abwehrend. »Es ist mit ihm einfach noch nicht langweilig geworden.«

Rowan sieht mich vielsagend an. »Erinnerst du dich noch daran, dass du mir ständig gesagt hast, ich würde Adam mögen, aber ich immer beharrlich erklärt habe, wir seien nur Freunde?«

Ich hebe die Hände, um diesem Wahnsinn Einhalt zu gebieten. »Joel und ich sind nicht du und Adam.«

»Ach nein?«, fragt Leti.

Ich zeige mit einem glitzernd violett lackierten Finger erst auf ihn, dann auf Rowan. »Hört zu, Ladys, das hier ist nicht irgendein kitschiger Disneyfilm, in dem Rowan ihren Traummann findet und die besten Freunde der beiden letztendlich auch zusammenkommen, und am Ende alle eine einzige große, glückliche, schrullige, verrückte Familie sind. Wir reden hier von mir. Und Joel.«

»Okay. Erstens«, beginnt Rowan, während sie ihren Orangensaft mit einem Strohhalm umrührt, »Adams bester Freund istShawn, nicht Joel. Joel ist eher eine Art … Maskottchen.« Sie grinst vor sich hin und hält im Rühren inne. »Und zweitens bist du in letzter Zeit ein bisschen anders.«

»Bin ich nicht«, streite ich ab. Ich schenke unserer Bedienung ein übertriebenes Lächeln, als sie unser Gespräch unterbricht, indem sie uns das Essen bringt. Rowan schnappt sich sofort den Sirup und ertränkt ihre Pancakes in der zähen Flüssigkeit. Dann reicht sie ihn mir, und ich tue dasselbe.

»Bist du doch«, beharrt sie. »Du legst Wert darauf, was Joel von dir hält. Du legst sonst nie Wert darauf, was irgendjemand von dir hält.« Sie gießt eine zweite Schicht Sirup über die Pancakes.

»Das mit Joel ist ein Spiel.«

»Und was ist der Preis, wenn du gewinnst?«

Ich will gerade etwas Schlagfertiges erwidern, als mein Mund auf einmal zuklappt und mir die Augen fast aus dem Kopf fallen. Rowan will den Kopf drehen, aber ich packe sie am Arm und halte sie davon ab. »Nicht hinschauen.«

»Warum denn nicht?«, fragt sie, und ich versuche verzweifelt, mir eine glaubhafte Lüge einfallen zu lassen.

»Jimmy ist eben hereingekommen«, platze ich raus und nehme den erstbesten Namen, der mir in den Sinn kommt.

»Wer ist denn Jimmy?« Sie macht wieder Anstalten, sich umzuwenden, doch ich reiße sie prompt zurück. Leti hat sich inzwischen auf seinem Platz ganz umgedreht, aber er ist es auch nicht, um den ich mir Sorgen mache.

»Ein Typ, mit dem ich vor ein paar Wochen rumgemacht habe«, lüge ich. »Er hört nicht auf, mich anzurufen. Du musst mich von hier wegbringen!« Mein Fuß klopft unter dem Tisch gegen Letis Bein wie ein Specht, und allmählich dämmert ihm die Erkenntnis. Ich werfe meine Handtasche auf den Tisch. »Leti, kannst du uns die Pancakes einpacken lassen und mit meiner Karte zahlen?«

Er nickt und rutscht aus der Nische, um Rowan hinauszulassen, und ich lege ihr einen Arm um die Schultern und schnelle herum wie ein geübter Bodyguard, der sie vor irgendwelchen Paparazzi schützt. Ich halte sie an meine Seite gedrückt, bis wir durch die Doppeltür in die strahlende Morgensonne treten, und dann fange ich an, ihr alles über den fiktiven Jimmy zu erzählen.

Als wir auf dem Weg zu meinem Auto an einem silbernen Cobalt vorbeikommen, hebe ich die Stimme und schmücke die Geschichte noch ein bisschen weiter aus, um zu verhindern, dass Rowan auf ihn aufmerksam wird. »Und dann«, rufe ich, wobei ich die Hände in die Luft reiße, »besaß er auch noch die Frechheit, mir zu sagen, ich würde ihn nie vergessen! Ich meine, hallo? Wenn er aufhören würde, mich alle zwei Minuten anzurufen, dann könnte ich es vielleicht!«

Rowan kichert und geht weiter, ohne den Wagen – und mein hämmerndes Herz – zu bemerken. »Klingt, als ob er dich wirklich mag.«

»Er und eine Million andere Typen. Er hatte seine Chance, aber er hatte ständig seine Hände auf mir, Ro. Und sie waren nicht wie Joels Hände, denn die sind einfach … Na ja, Adam spielt auch Gitarre, daher weißt du es ja selbst.« Sie errötet, und ich schwafele weiter. »Aber die Hände von diesem Typen … Gott, es war, als würde man mit einer Krake knutschen!«

Sie lacht hysterisch, und mein Herzschlag beruhigt sich allmählich. Als wir das Auto erreichen, schließe ich auf, und sie steigt ein. Ich öffne die Autotür, rutsche aber nicht neben sie auf den Fahrersitz. »Scheiße«, sage ich, »ich habe vergessen, Leti zu sagen, welche Karte er benutzen soll. Meine Visa ist gesperrt.«

Sie legt eine Hand an den Türgriff, um auszusteigen. »Ich sag’s ihm.«

»Nein!« Ich setze ein gezwungenes Lächeln auf, als Rowan mich verblüfft ansieht, und schiebe nach: »Ich mache das schnell. Bleib, wo du bist. Ich bin gleich wieder da.«

Ich sprinte zurück, warte vor dem Eingang auf Leti und nehme meine Handtasche, als er sie mir reicht.

»Ihr Ex?«, fragt er, und ich nicke, während ich meine Schlüssel durchgehe, um den schärfsten zu finden.

Brady hat Rowans Herz in eine Million Teile zerbrochen, als er sie betrogen hat – und diese Teile dann zu Staub zertreten, als er es wieder getan hat –, und seitdem warte ich auf eine Gelegenheit, ihn dafür büßen zu lassen. Er ist mit einem Mädchen hier und kann von Glück sagen, dass Rowan bei mir war, sonst hätte ich ihm mitten im IHOP die Augen ausgekratzt.

Ich halte einen scharf gezackten Schlüssel hoch, grinse Leti an und sage: »Einfach lächeln und so tun, als ob du das gleich nicht hörst.« Als wir an Bradys Cobalt vorbeikommen, kratzt mein Schlüssel mit einem kreischenden Geräusch eine tiefe Kerbe in den silbernen Lack, über die ganze Länge. Leti und ich grinsen wie zwei Irre. Bis wir in meinen Wagen springen, lachen wir hysterisch.

»Was denn?«, fragt Rowan und sieht fragend zwischen uns beiden hin und her.

»Ach nichts.« Ich lasse den Motor an und zwinkere Leti im Rückspiegel zu. Als ich rückwärts aus der Parklücke schieße, füge ich hinzu: »Danke, dass du mich von hier wegbringst, Ro. Ich liebe dich.«

Ich lächele über ihre verwirrte Miene. Keine halbe Minute später vergeht mir das Lachen jedoch: Denn Leti fällt auf einmal wieder ein, worüber wir vorhin im IHOP geredet haben.

»Also«, beginnt er und beugt sich zu Rowan und mir nach vorne, »zurück zu Joel.«

»Ich könnte dieses Auto auf der Stelle zu Schrott fahren, weißt du.«

Meine Warnung entlockt ihm nur ein amüsiertes Schnauben. »Ach wirklich? Und das wäre besser, als einfach zu deinen Gefühlen zu stehen?«

Ich werfe ihm einen vernichtenden Seitenblick zu, doch anstatt sich zurückzuziehen, grinst er nur noch breiter, und schließlich bin ich es, die den Blick abwendet. »Was denn für Gefühle?«

»Rührselige. Die sich vermutlich wie Schmetterlinge anfühlen. Oder Kartoffelbrei.«

Vom Beifahrersitz her ertönt ein Piepsen, als Rowan erfolglos versucht, ein Kichern zu unterdrücken.

Ich ignoriere sie und drücke noch ein bisschen mehr aufs Gas, um die Zeit, die Leti hat, um mich zu ärgern, zu verkürzen. »Neeein, ich habe nichts dergleichen«, widerspreche ich ihm. Aber ich kann geradezu spüren, wie ihn das nur noch weiter anspornt.

»Und was ist mit Joel? Ich möchte wetten, sein Bauch ist voooll mit Kartoffelbrei.«

»Joel hat in seinem ganzen Leben noch nie Kartoffelbrei gegessen«, entgegne ich und verfluche mich prompt dafür, dass ich überhaupt auf Letis alberne Kartoffelbrei-Analogie eingestiegen bin.

Ich fahre mit vierzig Meilen durch eine 25er-Zone, als Rowan einwirft: »Er hat gesagt, dass du etwas ganz Besonderes bist.«

Leti und ich wenden ihr beide ruckartig den Kopf zu, und es ist nur ihrem entsetzten Blick zu verdanken, dass ich gerade noch rechtzeitig auf die Bremse trete, um nicht eine rote Ampel zu überfahren. »Er hat was gesagt?«

Sie hat eine Hand gegen das Armaturenbrett gepresst und klammert sich mit der anderen an die Armlehne zu ihrer Rechten. »Wärst du bitte so nett, uns nicht umzubringen?«

»Sag mir, was er gesagt hat, dann werde ich darüber nachdenken.«