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HEIRATSANTRAG IN CORNWALL? von LAWRENCE, KIM
Mit Samantha meint Alessandro es wirklich ernst: Sie ist nicht wie die anderen, die nur seinen italienischen Charme und sein riesiges Vermögen anhimmeln. Er liebt sie und das Kind, das in ihrer stürmischen Liebesnacht in Cornwall entstand. Warum nur glaubt sie ihm nicht?
STRAND DER LEIDENSCHAFT von DONALD, ROBYN
Heftig schlägt Rowans Herz, als eine Jacht in der Bucht vor ihrem Haus ankert. Wer von Bord geht: Der Mann, dem sie sich einst hingegeben hat - und jetzt kehrt er zu ihr zurück! Noch ahnt sie nicht, dass er diesmal einen anderen Grund hat, ihre Nähe zu suchen …
PARADIESISCHE TAGE AM INDISCHEN OZEAN von HART, JESSICA
Nacht für Nacht träumt Alice davon, noch einmal Wills Lippen auf ihrer Haut zu spüren! Als er ausgerechnet auf der zauberhaften Insel St. Bonaventura vor ihr steht, kann Alice es nicht fassen: Er lässt sie links liegen. Kann sie seine Leidenschaft erneut entflammen?
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Seitenzahl: 593
Veröffentlichungsjahr: 2014
Kim Lawrence, Robyn Donald, Jessica Hart
ROMANA EXKLUSIV BAND 245
IMPRESSUM
ROMANA EXKLUSIV erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
Erste Neuauflage by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg, in der Reihe: ROMANA EXKLUSIV 245 - 2014
© 2006 by Kim Lawrence Originaltitel: „The Italian’s Wedding Ultimatum“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe: ROMANA Band 1740 Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer
© 2002 by Robyn Donald Originaltitel: „Wolfe’s Temptress“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 2003 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe: ROMANA, Band 1462 Übersetzung: Dorothea Ghasemi
© 2007 by Jessica Hart Originaltitel: „Barefoot Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe: ROMANA, Band 1711 Übersetzung: Isolde Richard
Abbildungen: mauritius images / Pacific Stock, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 05/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733740078
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
Cornwall ist traumhaft schön! Aber nicht, wenn man wie Samantha nach einer Autopanne durchnässt und verloren am Straßenrand steht! Zum Glück jedoch liest sie der charmante Unternehmer Alessandro Di Livio auf. Nach einer Nacht voller Zärtlichkeit erkennt sie allerdings schnell: Diesem italienischen Macho ist einfach nicht zu trauen …
Wolfe Talamantes will herausfinden, wie sein Halbbruder Tony ums Leben kam. Doch als er die Verdächtige Rowan in Neuseeland aufspürt, genügt ein Blick in die topasfarbenen Augen der Künstlerin, um Wolfe an ihrer Schuld zweifeln zu lassen. Gefangen zwischen Pflicht und Gefühl muss er eine Entscheidung treffen – für die Wahrheit oder die Liebe …
Ein Sechser im Lotto! Höchste Zeit für Alice, sich ihren größten Wunsch zu erfüllen und auf die zauberhafte Insel St. Bonaventura zu fliegen. Endlich Urlaub! Zu ihrer Überraschung trifft sie dort auf den abenteuerlustigen Meeresbiologen Will Paxman, dem einst ihr Herz gehörte! Findet sie nun das Glück in den Armen ihres Traummannes?
Sam wusste genau, wer hinter ihren Stuhl getreten war, noch bevor sie die Hände auf ihren Schultern spürte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, doch es gelang ihr, ein gelassenes Lächeln aufzusetzen, bevor sie sich umdrehte. Inzwischen war sie Expertin darin geworden, ihre wahren Gefühle zu verbergen, obwohl es ihr wirklich nicht leichtfiel. Entschieden wehrte sie sich gegen den Anflug von Selbstmitleid.
Samantha Maguire, das Schicksal hat dich nicht als Zielscheibe für besondere Grausamkeit auserkoren. Tagtäglich werden Herzen gebrochen. Also lebe damit.
Und das gelang ihr eigentlich recht gut. Sie war der beste Beweis dafür, dass es ein Leben nach einem gebrochenen Herzen geben konnte. Nicht, dass sie das Unglück einer unerwiderten Liebe verharmlosen wollte. Wenn der Mensch, mit dem man den Rest seines Lebens verbringen will, eine andere heiratet, lässt sich das nicht über Nacht verwinden, ja nicht einmal in zwei Jahren.
Notgedrungen hatte sie einen Schutzwall errichtet. Inzwischen gab es Tage, an denen es ihr gelang, stundenlang nicht an Jonny Trelevan zu denken. Natürlich wäre sie leichter über ihn hinweggekommen, wenn sie ihn völlig aus ihrem Alltag hätte verbannen können. Aber das war so gut wie unmöglich. Dazu bestanden einfach zu viele gesellschaftliche Verbindungen.
Die Familien Trelevan und Maguire waren bereits seit ewigen Zeiten Freunde und Nachbarn in dem kleinen Ort an der Küste von Cornwall, in dem Sam geboren und aufgewachsen war. Jonnys Zwillingsschwester Emma zählte zu ihren besten Freundinnen; seit heute waren sie und Jonny sogar gemeinsam Taufpaten von Emmas erstgeborener Tochter Laurie.
„Hier hast du dich also versteckt.“ Er beugte sich zu ihr hinab und küsste sie sanft auf die Wange.
Die unerwartete Geste überraschte sie. Normalerweise neigte er nicht zu Berührungen, zumindest nicht ihr gegenüber. Sie ahnte, dass sich für einen flüchtigen Moment auf ihrem Gesicht ihre Empfindungen spiegelten. Rasch senkte sie den Kopf und widmete sich ihrem Patenkind, das sie auf dem Schoß hielt. Sie tippte Laurie mit einem Zeigefinger liebevoll auf die Stupsnase und erntete dafür ein fröhliches Glucksen.
Einen Augenblick später, als Sam sich wieder gefasst hatte und den Kopf hob, fing sie einen rätselhaften Blick von Alessandro Di Livio auf, der ein wenig abseits von den übrigen Gästen in einer Ecke des Raumes stand. Sie erstarrte. Ihr Lächeln schwand.
„Ein wenig abseits“ passte haargenau zu diesem Menschen, der sich stets so distanziert gab, dass es an Unhöflichkeit grenzte. Bei einem anderen Mann hätte sie vermutet, dass dieses brütend-geheimnisvolle Gehabe einstudiert war, um Aufmerksamkeit zu erregen. Aber Alessandro Di Livio brauchte sich in dieser Hinsicht nicht anzustrengen, denn er fiel schon allein durch sein Äußeres überall auf. Er war sehr groß, schlank und hatte eine sehr männliche Ausstrahlung.
Wenn er ausgezogen nur halb so gut aussieht wie angezogen …
Sam verlor ihren Gedankenfaden, während sie ihn im Geiste nackt vor sich sah. Verlegen zügelte sie ihre überbordende Fantasie und konzentrierte sich auf sein Gesicht. Die ausgeprägten Züge waren nahezu perfekt.
Selbst auf die Entfernung hin flatterte ihr Magen unter seinem Blick. Seine Augen waren dunkler als alle, die sie je gesehen hatte – nicht dunkel und warm, sondern dunkel und hart. Sie erinnerten nicht an Schokolade, nicht einmal an die bittere Sorte, sondern an kalten Stahl.
Obwohl sie wie immer eine heftige Antipathie gegen den italienischen Finanzier verspürte, zwang sie sich zu einem höflichen Lächeln. Einfach alles an ihm ging ihr gegen den Strich. Angefangen von der Art, wie er in einen Raum marschierte, als gehöre ihm alles, bis hin zu der sonoren Stimme mit dem reizvollen italienischen Akzent, die ihr stets ein Prickeln über den Rücken sandte. Selbst die Tatsache, dass sein maßgeschneiderter Anzug faltenfrei saß, enervierte sie. Auf sie wirkten seine Arroganz und seine ausgeprägte Sinnlichkeit rundherum abstoßend, obwohl alle anderen Frauen, die sie kannte, allein beim Klang seines Namens in Verzückung gerieten.
Der Mann hat einfach keine Manieren, dachte Sam verärgert, als er sie weiterhin ungeniert anstarrte. Es mochte kindisch sein, und vielleicht bildete sie sich die Herausforderung in seinem Verhalten nur ein, aber sie war fest entschlossen, dieser Musterung standzuhalten. Mit einem spöttischen Grinsen hob sie ihr Glas Orangensaft und prostete ihm zu.
Die kecke Geste verfehlte jedoch ihre Wirkung, denn er reagierte einfach nicht. Seine rätselhaften Augen, von dichten geschwungenen Wimpern umrahmt, fixierten sie unverändert.
Sie sah sich schon fast gezwungen nachzugeben. Doch die Demütigung wurde ihr erspart, denn eine attraktive Blondine, die ihm schon den ganzen Tag lang nachstellte, machte sich so nahe an ihn heran, dass ihre Brüste seinen Arm berührten.
Erst als Alessandro sich seiner Bewunderin zuwandte, stellte Sam fest, dass sie den Atem angehalten hatte. Sie holte tief Luft, stellte das Glas auf den Tisch und dachte: So ein eingebildeter Langweiler!
Ein eingebildeter Langweiler, der allein durch einen Blick ihre Hände zittern ließ …
Die warmen Finger auf ihren Schultern verstärkten den Druck ein wenig. Verblüfft stellte sie fest, dass sie Jonny glattweg vergessen hatte.
„Und wie geht es meiner süßen Kleinen?“
Seine Stimme passte genau zu seinem Wesen: herzlich, solide, unkompliziert und verlässlich. All das, was Alessandro nicht ist, kam es ihr in den Sinn.
Sie verdrängte jeden Gedanken an den Italiener und schenkte Jonny ein Lächeln. Sie bildete sich keine Sekunde lang ein, dass seine Frage ihr selbst gelten könnte.
Doch so war es nicht immer gewesen. Viele Jahre hatte sie fest daran geglaubt, dass es ihm eines Tages wie Schuppen von den Augen fiel und er endlich erkannte, dass sie die Liebe seines Lebens war.
Diese Hoffnung hatte bis zu dem Moment angedauert, als er ein atemberaubend schönes Mädchen mit nach Hause gebracht und seiner Familie als seine Ehefrau vorgestellt hatte.
„Sie ist einfach vollkommen“, bemerkte er nun, als er mit dem Zeigefinger unbeholfen die Wange seiner Nichte streichelte.
Sam betrachtete Laurie, die zufrieden krähte. „Sie ist Emma wie aus dem Gesicht geschnitten, findest du nicht?“
„Kat meint, dass sie genau wie ich aussieht.“
„Was wohl auf dasselbe hinausläuft“, antwortete sie, denn die Zwillinge, obwohl vom Wesen her sehr unterschiedlich, sahen sich sehr ähnlich.
„Was ist mit dir, Sam?“
„Was soll denn sein?“
„Du klingst so … ich weiß nicht … so mürrisch.“
„Ich habe nur gerade an deinen Schwager gedacht.“
„An Alessandro?“ Automatisch schaute Jonny durch den Raum zu der großen Gestalt. Ihre Blicke begegneten sich. Er lächelte angespannt, bevor er sich hastig abwandte. Er hatte immer das unangenehme Gefühl, dass dieser Mann seine Gedanken lesen konnte.
Sie nickte: „Ja. So perfekt er auch aussehen mag, seine Manieren lassen gewaltig zu wünschen übrig. Er gibt sich überhaupt keine Mühe.“
„Wobei?“
„Umgang zu pflegen.“
„Umgang?“ Jonny grinste.
„Ich habe immer das Gefühl, dass er mich – so wie alle anderen – von oben herab ansieht. Na ja, er hält es wohl nicht für nötig, zu gewöhnlichen Leuten wie uns höflich zu sein.“
Belustigt zuckte er die Schultern. „Ach, du kennst doch Alessandro.“
„Nein. Zum Glück kenne ich ihn nicht richtig. Wir verkehren nicht in denselben Kreisen.“
„Er ist eigentlich ein sehr zurückhaltender Mensch. Und da ihn die Paparazzi ständig verfolgen, kann man es ihm nicht verdenken, dass er ein bisschen vorsichtig ist.“
„Er ist nicht vorsichtig, sondern hochnäsig und versnobt. Aber zumindest ist er heute vor Paparazzi sicher. Niemand erwartet einen Alessandro Di Livio bei einer Taufe in einem Dorf in Cornwall.“
„Du kannst ihn echt nicht ausstehen, oder?“
„Er mag mich nicht“, antwortete sie.
„Oh, das bezweifle ich.“ Er ließ den Blick langsam von ihren kupferroten Haaren über ihre gertenschlanke Gestalt wandern. „Wahrscheinlich hat er dich noch nicht richtig bemerkt.“
Sie zwang sich zu lächeln und hakte mit ironischem Unterton nach: „Du meinst, ich verwechsle Unhöflichkeit mit Gleichgültigkeit?“
„Er kann schon ein bisschen hochnäsig wirken, und er redet auch nicht viel, jedenfalls nicht mit mir. Aber er denkt ja auch, dass ich nicht gut genug für Kat bin. Damals, als wir ihm unsere Heirat gestanden haben, befürchtete ich, er würde explodieren. Aber er hat nicht mal mit der Wimper gezuckt. Doch dann, als Kat gerade nicht im Zimmer war, hat er wortwörtlich zu mir gesagt: ‚Wenn du ihr jemals wehtust, wirst du es bereuen, geboren zu sein.‘“
„Er hat dir gedroht?“
„Es war eher ein Versprechen.“
„Ich hoffe, du hast ihm gesagt, wohin er sich seine Drohungen stecken kann.“
Jonny grinste spöttisch. „Ja, ja, sicher.“
„Aber du musst dich doch gegen solche Tyrannen wehren!“
„Er wollte mich nicht tyrannisieren, sondern nur auf seine Schwester aufpassen, und ich kann es verstehen. Er verhält sich mir gegenüber sehr korrekt, aber ich habe seine Ermahnung nie vergessen – und er gewiss auch nicht.“
„Ich finde, du und Kat seid einfach füreinander bestimmt“, erklärte Sam. Eigentlich hätte Kat ihr verhasst sein sollen, weil sie einfach alles hatte – Geld, Schönheit und vor allem Jonny. Doch man musste sie einfach mögen, denn ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder war sie warmherzig und liebenswürdig.
„Vielleicht hat er ja recht.“ Er seufzte düster. „Ich bin nicht gut genug für sie.“
„Unsinn! Seit wann ist Alessandro Di Livio denn Experte in Beziehungsfragen? Das einzige Wesen, zu dem er ein liebevolles und andauerndes Verhältnis entwickeln kann, ist er selbst!“
Jonny schmunzelte. „Lass Kat das bloß nicht hören! In ihren Augen kann er nichts falsch machen. Aber schließlich hat er sie ganz allein aufgezogen, nachdem seine Eltern bei dem Unfall ums Leben kamen.“
Ein kalter Schauer rann Sam über den Rücken. Sie schloss das Baby fester in die Arme und schmiegt die Wange an das weiche Flaumhaar. Bei diesem Unfall, den die Medien gehörig ausgeschlachtet hatten, waren zwei Mitglieder der berühmten italienischen Aristokratenfamilie getötet und ein drittes, nämlich Alessandro, lebensgefährlich verletzt worden. „Ich war damals noch ein Teenie und kann mich kaum daran erinnern, aber gestern kam zufällig ein Bericht darüber im Fernsehen“, murmelte sie.
„Ich weiß. Alessandro hat Kat angerufen und ihr gesagt, dass sie es sich nicht ansehen soll, weil es so reißerisch aufgemacht ist und sie nur aufregen würde.“
„Und? Hat sie es sich angesehen?“
„Nachdem er es ihr verboten hat?“ Jonny lachte bei der Vorstellung, dass seine Frau sich ihrem Bruder widersetzte.
„Er mag ein Kontrollfreak sein, aber in diesem Fall hat er recht“, räumte Sam ein. „Es hätte sie wirklich aufgeregt. Alles wurde sehr drastisch und in allen Einzelheiten gezeigt.“ Sie schüttelte sich bei der Erinnerung an die grausamen Bilder. „Wie alt war Kat damals?“
„Elf. Normalerweise hätte sie auch in dem Auto gesessen, aber sie war kurz vor der Fahrt an Mumps erkrankt.“
„Da hat sie Glück gehabt.“ Sie lächelte, als das Baby nach dem silbernen Anhänger griff, den sie um den Hals trug, und ihn sich in den Mund stecken wollte. Behutsam löste sie die pummeligen Fingerchen und erklärte sanft: „Nein, Laurie, das schmeckt gar nicht gut.“
Jonny drückte ihre Schulter und fragte in neckendem Ton: „Entwickelst du etwa Muttergefühle?“
„Ich? Bestimmt nicht! Ich mag nur Babys, die ich nach einer Weile wieder abgeben kann.“ Das stimmte zwar nicht, aber die Wahrheit, dass sie nämlich nur von ihm Kinder wollte oder gar keine, konnte sie ihm schließlich nicht anvertrauen.
„Das sagst du jetzt. Aber irgendwann wollen alle Frauen Babys haben.“
Sie unterdrückte ein Seufzen. „Darf man dir und Kat schon gratulieren?“
„Wozu?“
„Ich dachte, ihr wollt vielleicht eine Familie gründen.“
„Dazu bin ich nicht bereit“, entgegnete er steif.
„Aber du liebst doch Kinder!“
„Es ist gerade kein günstiger Zeitpunkt.“
„Gibt es den denn?“
Aufgebracht beugte Jonny sich zu ihr und flüsterte: „Muss ich es dir erst buchstabieren? Gerade du solltest wissen, dass ich mir kein Baby leisten kann!“ Er atmete tief durch und tätschelte ihr zerknirscht den Arm. „Tut mir leid. Ich sollte es nicht an dir auslassen. Kann ich mal mit dir reden?“
„Tun wir das nicht schon die ganze Zeit?“
Er räusperte sich und deutete mit dem Kopf zur Terrassentür. „Unter vier Augen.“
Du kannst alles von mir haben, was immer du willst …
Sams Wangen röteten sich ein wenig bei diesem verräterischen Gedanken. Sie nickte bedächtig und rief sich zum wiederholten Male an diesem Tag in Erinnerung, dass sie eine starke, unabhängige Frau war, die keinen Mann brauchte.
Alessandro war fest entschlossen zu verhindern, dass seiner kleinen Schwester das Herz gebrochen wurde. Er schloss die Finger fester um das unberührte Champagnerglas, als er beobachtete, wie sich sein Schwager so nah zu der Rothaarigen beugte, dass die beiden fast wie ein Liebespaar aussahen.
Weiß der Himmel, was die beiden Frauen an diesem Taugenichts finden!
Vielleicht übten Jonnys einstige Erfolge als Profisurfer, von denen die zahlreichen in seiner Wohnung zur Schau gestellten Pokale kündeten, einen gewissen Reiz auf das weibliche Geschlecht aus. Als Geschäftsmann war er nun längst nicht so erfolgreich. Womöglich wäre er mit einem einzigen Laden für Surfzubehör ganz gut zurechtgekommen. Aber in den letzten anderthalb Jahren hatte er auf geradezu halsbrecherische Weise überstürzt und leichtsinnig expandiert. Und doch schien er erstaunlicherweise immer noch liquide zu sein.
Ein zynisches Lächeln spielte um Alessandros Lippen, als sich die Rothaarige fahrig an die Kehle griff. Falls Jonny nicht merkte, dass sie ihm hoffnungslos verfallen war, dann war er ein ausgemachter Trottel.
Alessandro blickte zu seiner Schwester, die schon den ganzen Nachmittag über zu laut und zu lebhaft redete. Sie beobachtete das Paar ebenfalls, und er war überzeugt, Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen.
Was immer in Katerinas Ehe schieflief, er hätte darauf gewettet, dass es mit der rothaarigen Hexe zusammenhing. Was mochte sie im Schilde führen? Er neigte den Kopf zur Seite und musterte abwägend die schlanke junge Frau.
Ihr Äußeres wirkte auf ihn sexy und züchtig zugleich. Sie entsprach nicht unbedingt seinem Geschmack, aber er wusste, dass viele Männer auf diesen unschuldig-verführerischen Look standen. Sie gehörte zu jenen Frauen, die bei Männern Jagdinstinkt und Beschützerdrang gleichermaßen weckten.
Kein Wunder, dass viele Männer nicht wussten, wie sie sich ihr präsentieren sollten – als stürmischer Draufgänger oder edler Ritter, der sie vor dem leisesten Windhauch zu schützen suchte.
Alessandro jedoch wollte nichts anderes, als sie zur Räson zu rufen und ihr dringend nahezulegen, seinen Schwager nicht mit Blicken zu verschlingen.
Schon seit der ersten Begegnung vor zwei Jahren wusste er von ihrer unglücklichen Liebe – erstaunlicherweise als Einziger, soweit er es beurteilen konnte. Ihren Freunden wie Verwandten entging offensichtlich der tiefe Kummer, den sie hinter ihrem tapferen Lächeln verbarg.
Da er weder Verwandter noch Freund, sondern lediglich unbeteiligter Beobachter war, ging ihn diese unerwiderte Liebe nichts an, solange sie das Glück seiner Schwester nicht bedrohte.
Mit halb zusammengekniffenen Augen beobachtete er, wie sie den Kopf über das Baby auf ihrem Schoß beugte, sodass er nur ihren kupferroten Haarschopf sehen konnte.
Sähe er sie als echte Gefahr für die Ehe seiner Schwester an, wäre er beizeiten eingeschritten. Doch nichts deutete darauf hin, dass sie das leidenschaftliche Wesen besaß, das man Rothaarigen landläufig zuschrieb.
Sie warf Jonny zwar verstohlen schmachtende Blicke zu, fasste ihn aber nicht an und schien auch sonst nichts zu unternehmen, um ihn für sich zu gewinnen. Blicke sind nicht verboten.
Alessandro behielt sie im Auge, wann immer sich ihre Wege kreuzten. Natürlich freute es ihn, dass sie nicht versuchte, Katerinas Ehe zu zerstören, aber es war ihm unverständlich, dass sie sich tatenlos in ihr Schicksal ergab. Vielleicht lag es an dem britischen Gleichmut, den er mit seinem südländischen impulsiven Temperament nicht nachvollziehen konnte. Er verstand einfach nicht, wieso jemand stolz darauf war, ein guter Verlierer zu sein.
Doch allmählich geriet seine Einschätzung ins Wanken. Hatte er sich vielleicht in Samantha Maguire getäuscht? Hatte sie sich bisher nur in Geduld geübt und auf ihre große Chance gewartet?
Jonny Trelevan war zu schwach und untauglich, als dass Alessandro ihn als Ehemann für seine Schwester gewählt hätte. Aber Katerina hatte diesen Mann auserkoren, und als ihr großer Bruder war Alessandro gewillt, ihr alles zu geben, was ihr Herz begehrte. Schließlich hatte sie durch sein Verschulden ohne die Liebe ihrer Eltern aufwachsen müssen.
Plötzlich stellte sich einer dieser Flashbacks ein, die seit zehn Jahren zu seinem Leben gehörten. Das dumme Geplapper der Blondine an seiner Seite hörte er nur noch bruchstückhaft.
Ein solcher Flashback, die Rückblende in die Vergangenheit, bedeutete nicht, dass er völlig die Wahrnehmung seiner Umgebung verlor. Vielmehr befand er sich an zwei Orten zugleich.
Im Hier und Jetzt sagte er etwas, das die aufgetakelte Blondine zum Kichern brachte. Gleichzeitig saß er in jener dunklen Nacht am Steuer und trat vergeblich das Bremspedal durch.
Er hörte die Blondine ihre Lieblingslokale aufzählen und wusste dabei, dass er in der nächsten Szene dem Tod ins Auge blicken würde. Das einzige Anzeichen seines inneren Aufruhrs waren feine Schweißperlen auf der Stirn.
„Ich gehe gar nicht in Nachtklubs“, erwiderte er auf ihre Frage. Beinahe hätte er über ihre schockierte Miene gelacht, doch im Geiste versuchte er gerade vergeblich, den Wagen wieder unter Kontrolle zu bringen. Er steckte sich ihre Visitenkarte ein und murmelte ironisch: „Danke, das ist sehr nett.“
Sein Magen hob sich, als das Auto in den Abgrund segelte. Er hörte schrille Schreie und das Kreischen von berstendem Metall, der stechende Geruch von Benzin stieg ihm in die Nase.
Dann war die Blondine verschwunden. Er wischte sich mit dem Handrücken über die feuchte Stirn und sah Samantha Maguire zur Terrassentür hinübergehen, dicht gefolgt von seinem Schwager.
Erzürnt kniff Alessandro die Augen zusammen. Glaubten die beiden, dass niemand ihren Abgang bemerkte? Erhöhte es den Reiz der ehebrecherischen Affäre, sie direkt unter Katerinas Nase auszuleben? Legte die Rothaarige es darauf an, ertappt zu werden, um die Ehe zu zerstören?
In seinem Kopf herrschte eine unheimliche Stille. Dann ertönte seine eigene Stimme, die seine Eltern immer wieder fragte, ob alles in Ordnung sei. Eingeklemmt auf dem Fahrersitz, konnte er nur erahnen, warum er keine Antwort erhielt. Und währenddessen wusste er, dass ein einziger Funken reichte, um das Auto in ein flammendes Inferno zu verwandeln …
Der Morgen hatte bereits gedämmert, als endlich Hilfe eingetroffen war. Alessandro war schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die Untersuchung des Unfallwagens hatte zu einer Rückrufaktion der gesamten Serie jenes Modells geführt, das durchweg ein fehlerhaftes Bremssystem aufwies.
Die Tatsache, dass er von jeder Schuld freigesprochen wurde, weil er laut Expertengutachten nichts hätte tun können, um das Unglück zu vermeiden, schmälerte nicht das Gefühl, für den Tod seiner Eltern verantwortlich zu sein.
Unzählige Male hatte er jene schrecklichen Momente durchlebt, und noch immer glaubte er, dass er ihren Tod irgendwie hätte verhindern können. Dabei lag es nicht in seiner Natur, Zeit an Schuldgefühle zu verschwenden. Er hatte sich um seine Schwester zu kümmern, die seinetwegen elternlos aufgewachsen war.
Ohne darauf zu warten, dass sich sein rascher Herzschlag beruhigte, durchquerte Alessandro den Raum. Seine finstere Miene sorgte dafür, dass andere Gäste ihm hastig aus dem Weg gingen.
Es war an der Zeit, eine längst überfällige Warnung auszusprechen.
Die Terrasse war leer an diesem wunderschönen Tag im April, denn trotz strahlenden Sonnenscheins, weißer Schäfchenwolken am Himmel und leuchtender Löwenzahnblüten auf den weiten Rasenflächen wehte eine kalte Brise.
Sam fröstelte, als der Wind durch ihr sandfarbenes Leinenkostüm fuhr. Weder die Rocklänge noch der gerade Schnitt schmeichelten ihrer zierlichen Figur. Und der Farbton ließ sie blass und verhärmt aussehen, wie ihre Mutter ihr vorhin schonungslos mitgeteilt hatte.
Seitdem fühlte Sam sich auch blass und verhärmt. Sie schlang die Arme um sich selbst, als eine besonders kräftige Bö an ihrer Kleidung zerrte. „Ich hole mir hier noch eine Lungenentzündung! Hättest du mir nicht drinnen sagen können, was du auf dem Herzen hast?“
„Hier, nimm.“
Sie blickte von Jonnys ernstem Gesicht zu dem Umschlag, den er ihr reichte. „Was ist das?“
Er strich sich durch die zerzausten hellen Locken – mit einer so vertrauten Geste, dass ihr das Herz schwer wurde. „Ich habe versprochen, dass ich dir das Darlehen zurückzahle.“
„Und ich habe dir gesagt, dass kein Grund zur Eile besteht. Ich brauche das Geld nicht. Es läge nur auf der Bank herum.“
Das Einkommen, das ihr der weltweite Verkauf der Buchreihe Angela’s Cat einbrachte, war schwindelerregend hoch. Und in gewisser Weise verdankte sie Jonny diesen Erfolg als Kinderbuchautorin.
Ohne ihn hätte sie nicht den Drang zur Flucht vor der Wirklichkeit verspürt und vermutlich nie herausgefunden, dass ihr die Schriftstellerei eine perfekte Rückzugsmöglichkeit bot. Dann wären die Kindergeschichten in einer Schublade liegen geblieben, und sie würde immer noch als Lehrerin arbeiten.
„Du hast mir aus der Klemme geholfen, Sam, und dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Aber das hier gehört dir.“ Er drückte ihr den Umschlag in die Hand. „Und dank dir wird Kat nicht erfahren, wie nahe ich einem Bankrott war.“
Widerstrebend steckte sie den Umschlag ein. „Du weißt ja, wie ich darüber denke.“
„Dass ich Kat von meiner Lage hätte unterrichten sollen?“ Er schüttelte den Kopf. „Lass es gut sein. Du weißt nicht, wovon du redest. Ich musste mir das Geld leihen.“
„Aber die Erbschaft von deiner Großmutter …“
„Ist für die Eröffnung der Geschäfte draufgegangen. Und ich brauchte Geld, um zu expandieren.“
„Wozu expandieren?“
„Ich kann nicht von Kat erwarten, die Frau eines kleinen Krämers zu sein.“
„Aus meiner Sicht bist du ein Volltrottel! Deine Frau ist reich, und ihr Bruder ist …“
„Ihr Bruder ist Alessandro Di Livio. Genau das ist der Knackpunkt. Er besitzt Milliarden, und ich …“
„Kat wusste, dass du kein Milliardär bist, als sie dich geheiratet hat.“
„Aber wie soll ich einer Frau wie ihr beibringen, dass mein Geschäft in einem Jahr weniger abwirft, als sie in einem Monat für Schuhe ausgibt? Ihr Bruder hat ihr immer jeden Wunsch von den Augen abgelesen.“ Verdrießlich, mit unüberhörbar neidischem Unterton fügte er hinzu: „Sie betet ihn an, und ehrlich gesagt, er ist perfekt.“
Sam konnte nicht leugnen, dass Alessandro äußerlich tatsächlich perfekt war – zumindest nach ihrem Geschmack. Eins neunzig, geschmeidige Muskeln, funkelnde dunkle Augen, sündhaft sinnliche Lippen, ein aristokratisches Profil und diese leicht gebräunte Haut …
Alarmiert verdrängte sie diese Bilder. Den Mann gedanklich zum zweiten Mal innerhalb einer halben Stunde auszuziehen, war absolut nicht ratsam.
Nun, umwerfender Körper hin oder her, sein Wesen entsprach nicht ihrer Vorstellung von Vollkommenheit. Aber mit dieser Meinung war sie in der Minderheit, und sie konnte durchaus nachvollziehen, dass andere Männer sich ihm gegenüber unterlegen fühlten. „Sag mal, was ist eigentlich für dich das Wichtigste im Leben?“
„Kat natürlich.“
Ob sie eigentlich weiß, wie glücklich sie sich schätzen kann? fragte sich Sam. „Genau. Aber kannst du dir vorstellen, dass in Alessandro Di Livios Leben eine Frau das Wichtigste ist?“ Sie lächelte triumphierend. „Natürlich kannst du das nicht! Die einzig wichtige Person für Alessandro Di Livio ist nämlich er selbst.“
„Ihm liegt sehr viel an Kat“, protestierte Jonny.
„Mag sein. Aber wenn sie eine zweite Version ihres Bruders wollte, hätte sie sich die gesucht. Sie hat es nicht getan, weil sie einen anständigen Kerl will, bei dem sie an erster Stelle steht. Sie will dich.“
„Meinst du wirklich?“
„Wie würde es dir gefallen, wenn Kat Probleme hätte und damit nicht zu dir käme? Hör auf, dich wie ein Idiot zu benehmen! Sag deiner Frau die Wahrheit, und gib ihr, was sie will – nämlich dich. Und vielleicht ein Baby.“
Jonny schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Du hast ja recht! Ich bin ein Volltrottel. Ich hätte es ihr längst sagen sollen. Aber sie soll doch nicht denken, dass sie einen totalen Verlierer geheiratet hat.“
Sam hatte sich angewöhnt, aus reinem Selbstschutz jeden Körperkontakt mit ihm zu meiden. Doch nun schlang sie spontan die Arme um ihn. „Männer können ja so dumm sein.“
Er ließ das Kinn auf ihrem glänzenden Haar ruhen. „Vor allem ich.“
„Stimmt“, bestätigte sie und löste sich von ihm.
„Eine Bitte habe ich noch.“
„Was immer du willst.“
„Sag Alessandro nichts davon. In seinen Augen bin ich ohnehin nicht gut genug für Kat, und wenn er von meinen finanziellen Problemen erfährt, wird er …“
„Ich verstehe schon.“ Sie verstand vor allem, dass Jonnys Ehe auf Dauer nur funktionieren konnte, wenn Kat sich endlich dem übermächtigen Einfluss ihres Bruders entzog. „Meine Lippen sind versiegelt“, versprach sie und imitierte mit den Fingern einen Reißverschluss vor dem Mund.
Spontan nahm er sie bei den Schultern. „Ich sage es dir vielleicht nicht oft, aber ich weiß, dass du die beste Freundin der Welt bist“, und dann gab er ihr einen freundschaftlichen Kuss auf den Mund.
„Natürlich bin ich das. Und jetzt geh, und sprich mit deiner Frau.“
Ohne den rauen Unterton in ihrer Stimme wahrzunehmen, folgte Jonny ihrer Aufforderung und verschwand im Haus.
Sams Drang, dem schneidenden Wind schnell zu entfliehen, war vergessen. Sie schloss die Augen und hob nachdenklich eine Hand an die Lippen. Sie verspürte kein Prickeln, keine Woge unbändiger Lust, ja nicht einmal einen Anflug von Erregung.
„Welch rührende Szene!“
Das kann nicht sein, durchfuhr es sie. Aber niemand sonst, den sie kannte, hatte eine so sonore Stimme. Sie wirbelte herum und murmelte. „Ach, Sie sind’s.“
Alessandro beobachtete, wie sie sich in einer beinahe kindlich anmutenden Geste mit beiden Händen die Haarsträhnen aus dem Gesicht strich, die sich aus dem losen Knoten gelöst hatten. Der leuchtende Kupferton hob sich von ihrer zarten hellen Haut ab, die beinahe durchscheinend wirkte und förmlich zum Streicheln einlud.
Zumindest geht es meinem Schwager so, schoss es ihm durch den Kopf, während er die Lippen musterte, denen Jonny nicht hatte widerstehen können.
Trotzig erwiderte Sam den feindseligen Blick, der ein Prickeln bis in die Zehenspitzen und ein wildes Herzklopfen in ihr auslöste. Plötzlich fühlte sie sich wie eingesperrt und verspürte den Impuls zu fliehen.
Nun konnte sie nachvollziehen, warum Jonny unfähig war, sich gegen seinen Schwager zu behaupten. Kein Wunder, dass er sich im Vergleich zu diesem Mann klein und unbedeutend vorkam.
An seiner Schulter würde ich mich auch niemals ausweinen wollen, dachte sie. Alessandro wirkte auf sie wie ein Mensch ohne jegliches Mitgefühl, ohne Fehl und Tadel, ohne Nachsicht für die Schwächen Normalsterblicher.
Alarmiert fragte sie sich, ob er ihr Gespräch mit Jonny verfolgt hatte. Doch dazu hätte er sehr lange im Gebüsch kauern müssen, was ihr unwahrscheinlich erschien. Bestimmt hatte er nur die harmlose Umarmung und das freundschaftliche Küsschen beobachtet und wusste nichts von dem Scheck in ihrer Tasche. Sie atmete erleichtert auf und murmelte: „Ich habe Sie gar nicht bemerkt.“
Ein Muskel zuckte an seinem Kiefer. „Den Eindruck hatte ich auch.“
Sein Zorn war so deutlich spürbar, dass sich ihr die Nackenhaare sträubten. Was seine Nähe sonst noch in ihrem Körper auslöste, wollte sie lieber nicht analysieren. Angesichts seiner offenen Feindseligkeit erschien es geradezu lächerlich, dass sie ihm ein eiskaltes Gemüt angedichtet hatte. „Gibt es irgendein Problem?“
„Sie sind das Problem.“
Verwundert über die heftige Antwort fragte sie: „Haben Sie getrunken?“
„Nein. Ich habe gesehen, wie Sie sich ihm an den Hals geworfen haben.“
„Wie bitte? Wem?“
Alessandro blickte auf ihre leicht geöffneten Lippen. „Wie Sie ihn geküsst haben …“ Er lächelte verächtlich, als ihre Wangen erglühten. „Es gibt einen hässlichen Namen für Frauen, die sich mit verheirateten Männern einlassen.“
Sam warf nun den Kopf in den Nacken. Wie konnte ausgerechnet er es wagen, der Gerüchten zufolge die Ehe zwischen einem hochgestellten Politiker und einer berühmten Anwältin auf dem Gewissen hatte! „Sie haben also etwas gegen Küsse?“, fragte sie ziemlich sarkastisch. „Im Allgemeinen?“ Sie tippte sich mit einem Finger an das Kinn und gab vor nachzudenken. „Nein, das kann nicht sein, denn neulich bei dieser Filmpremiere hatten Sie offensichtlich nichts dagegen. Die geschmacklosen Fotos waren am nächsten Tag in der ganzen Klatschpresse zu sehen.“
„Die fragliche Dame war nicht verheiratet“, konstatierte er.
„Und anscheinend nicht sehr wählerisch. Einige Leute scheinen fast alles zu ertragen, um ihre Karriere voranzutreiben. Ich kann mich wohl glücklich schätzen, dass ich es nicht nötig hatte, mich nach oben zu schlafen.“
„Demnach sind Sie an der Spitze angekommen?“ Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
Sam, die sonst sehr bescheiden war, hob jetzt stolz das Kinn. „Noch nicht ganz, aber es wird nicht mehr lange dauern. Und wo immer ich auch gerade stehen mag, ich muss zumindest nicht auf mein Äußeres zurückgreifen, um dort zu bleiben.“
Abschätzig musterte Alessandro ihre gertenschlanke Gestalt und registrierte einen zarten Körperbau und makellosen Teint. „Das ist in der Tat ein Glück.“
Sie lächelte ihn an. „Und ich muss mir keine Gedanken darüber machen, ob die Leute nur mit mir befreundet sein wollen, weil ich reich bin und etwas für sie tun kann.“
„Das macht auch mir kein Kopfzerbrechen. Ich halte mich für einen hervorragenden Menschenkenner.“
„Das wundert mich gar nicht.“ Sams Lächeln wurde breiter. Irgendwie genoss sie diesen Austausch zuckersüßer Beleidigungen. „Aber in diesem Fall irren Sie dermaßen, dass Sie sich noch sehr dumm vorkommen werden.“
„Das bezweifle ich.“
„Ein Unrecht einzugestehen, ist ein Zeichen von Reife.“
„Wovon Sie nicht viel verstehen dürften.“
So erheiternd der verbale Schlagabtausch sein mochte, allmählich hatte sie genug von seinen Unterstellungen. „Hören Sie, Sie haben die Situation völlig falsch eingeschätzt.“
„Ich weiß, was ich gesehen habe.“
„Selbst wenn ich ihn geküsst hätte, was geht es Sie an?“
„Katerina ist meine Schwester, und ich werde sie beschützen.“
Sam erkannte, dass es keinen Sinn hatte, weiterhin ihre Unschuld zu beteuern. „Wie wollen Sie denn verhindern, dass ich mit Jonny schlafe?“
„Indem ich ihm sage, dass Sie mir gehören“, erwiderte er nüchtern.
Nur wenige Sekunden zweifelte sie, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Seine Skrupellosigkeit ließ keinen Raum für falsche Deutungen. Die Vorstellung, einem Mann wie ihm ausgeliefert zu sein, ließ sie vor Entsetzen erschauern.
Bist du sicher, dass es Entsetzen ist?
Sie schluckte schwer und befeuchtete sich die trockenen Lippen mit der Zungenspitze.
Alessandro begegnete ihrem Blick schweigend, aber mit unverhohlener Begierde.
Eine Welle der Lust nahm ihr plötzlich den Atem. Sie schloss einen Moment lang die Augen, holte tief Luft und tat dieses Gefühl als lächerlich ab. „Jonny würde es nicht glauben. Niemand würde es glauben.“
„Warum nicht?“
Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. „Weil Sie …“ Sie besann sich gerade rechtzeitig, bevor sie sagen konnte: unglaublich gut aussehen. „Weil ich Sie nicht mag. Das weiß jeder.“
„Sich zu mögen, ist ja keine Voraussetzung für …“
In zuckersüßem Ton unterbrach sie: „Hören Sie, dieses Gespräch führt zu nichts, und ich gehe jetzt.“
Er versperrte ihr den Weg zur Tür. „Vorher möchte ich klarstellen, dass es höchst unklug von Ihnen wäre, Jonny Trelevan weiterhin nachzustellen.“
„Wie kommen Sie dazu, über mich zu urteilen?“, konterte Sam. „Sie kennen mich doch kaum! Wie oft sind wir uns begegnet? Fünf Mal?“
„Acht Mal. Heute nicht mitgerechnet.“
„Sie haben mitgezählt?“ Verwundert lachte sie. „Soll ich mich geschmeichelt fühlen?“
„Das überlasse ich Ihnen. Wenn Sie Wert darauf legen, spricht übrigens nichts dagegen, dass wir uns besser kennenlernen.“
„Abgesehen von gegenseitiger Abneigung. Und übrigens lege ich keinen Wert darauf.“
„Abneigung?“ Alessandro schüttelte den Kopf und lächelte. „Der Ausdruck ist zu milde. Ich glaube, zwischen uns herrscht etwas Stärkeres als bloße Abneigung.“
Der verführerische Ton seiner Stimme wurde ihr mehr denn je bewusst. Dieser Mann war wirklich durch und durch hintergründig und aufreizend. „Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, es ist kühl hier draußen.“ Aber sie spürte die Kälte nicht mehr. Im Gegenteil, ihre Haut glühte.
Doch er gab auch jetzt den Weg nicht frei, sondern lehnte sich an die Tür, sodass sie mit einem Klicken ins Schloss fiel.
„Entschuldigen Sie mich …“
„Nein, ich entschuldige Sie nicht.“
Verblüfft über die offene Provokation blickte Sam ihn sprachlos an.
Ein langes Schweigen folgte, das er anscheinend nicht zu füllen gedachte. Doch plötzlich sagte er: „Ihre Augen sind grün geworden.“
„Verzeihung?“ Möglicherweise hatte sie sich verhört. Ebenso möglich war es, dass sich ihre Augen, die normalerweise aquamarin waren, tatsächlich verändert hatten. Chamäleonaugen nannte ihr Vater sie, obwohl das Farbenspiel ihre Gefühle nicht verbarg, sondern enthüllte.
Alessandro umfasste ihr Kinn und blickte sie eindringlich an. „Sie wollen mich bestimmt nicht zum Feind haben.“
Die Tiefe seiner dunklen Augen faszinierte sie. Aber sie lächelte nur verächtlich. „Zum Freund möchte ich Sie ebenso wenig haben.“
„Freundschaft zwischen Mann und Frau ist doch gar nicht möglich.“
„Diese Machoeinstellung passt zu Ihnen. Aber zufällig ist einer meiner besten Freunde ein Mann.“
„Und da war nie Sex im Spiel?“
„Ich rede von Jonny.“
„Ich auch.“
„Ich bin für ihn nichts weiter als eine hilfreiche Freundin, und ich bin es allmählich leid, Ihnen zu versichern, dass nie etwas zwischen uns war!“
„Das heißt noch nicht, dass Sie es sich nicht anders wünschen. Spielen Sie nicht die Unschuldige! Ich habe Sie beobachtet.“
„Der allwissende Alessandro Di Livio, dem aber auch gar nichts entgeht“, murmelte sie mit einer Mischung aus Langeweile und Belustigung, obwohl sie innerlich sehr aufgewühlt war. Sie heftete den Blick auf einen Punkt über seiner rechten Schulter. „Falls Sie es vergessen haben sollten, Jonny ist verheiratet.“
Er fragte sich, ob sich ihr kupferrotes Haar so seidig anfühlte, wie es aussah. „Ich habe es nicht vergessen. Und ich rate Ihnen, es auch nicht zu tun.“
„Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass Jonny und ich nur gute Freunde sind.“
„Nun, das sagt Ihr Mund.“ Er hielt inne und betrachtete ihre vollen Lippen. „Aber Ihre großen hungrigen Augen sagen etwas ganz anderes. Haben Sie es etwa nicht darauf angelegt, dass er Sie als Frau begehrt?“
„Oje, jetzt haben Sie mich durchschaut!“, spottete Sam und hob die Hände in gespielter Kapitulation. „Ich bin eine sexhungrige Person, vor der kein Mann sicher ist.“ Sie seufzte. „Sie Dummkopf, ich bin für niemanden eine Gefahr.“ Sie entnahm seiner verblüfften Miene, dass es bisher niemand gewagt hatte, ihn so zu nennen. Das war schade, denn sonst hätte er vielleicht gelernt, sich nicht so furchtbar ernst zu nehmen.
„Sie sind eine äußerst aufreizende Person!“, bemerkte er verärgert, doch sein Unmut war auch gepaart mit widerstrebender Bewunderung für ihre Selbstironie.
Sein sanfter Tonfall ging ihr unter die Haut. „Und es liegt viel mehr an Ihnen als an mir, wenn die Ehe Ihrer Schwester scheitert.“
„Glauben Sie bloß nicht, dass Sie die Schuld so einfach abwälzen können!“, rief Alessandro. „Wieso reden Sie, als ob eine Trennung unausweichlich wäre?“ Als sie den Kopf abwandte, legte er ihr einen Finger unter das Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich herum. „Was wissen Sie?“
Hastig wich sie vor der Berührung zurück. Sie stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihn mit blitzenden Augen an. „Als ob ich es ausgerechnet Ihnen verraten würde, wenn ich etwas wüsste!“
„Sie werden es mir sagen“, entgegnete er im Brustton der Überzeugung.
„Ach, haben Sie etwa Daumenschrauben mitgebracht?“
Bevor er antworten konnte, bog ein fröhliches Pärchen mit Weingläsern um die Ecke und blieb abrupt stehen. „Ups … Wir sind schon wieder weg“, murmelte die Frau grinsend. Sie nahm ihren Partner bei der Hand und zog ihn hastig mit sich.
Sam barg das Gesicht in den Händen. „Das hat mir gerade noch gefehlt! Das war Pam Sullivan, die größte Klatschbase im Dorf! Die stellt die harmloseste Begebenheit als obszön dar.“
„Wir sollten uns an einen ruhigeren Ort begeben.“ Alessandro deutete mit dem Kopf zu einem Dach, das hinter einem hohen Busch aufragte. „Das Ding da drüben, was ist das?“
„Eine Gartenlaube, glaube ich.“
„Die ist genau richtig für unsere Zwecke.“
Zum Glück hat Pam das nicht gehört, dachte Sam. „Ich gehe nirgendwohin, außer zurück ins Haus. Mir ist eiskalt, und was mich angeht, ist dieses Gespräch …“ Sie hielt inne und starrte auf die Hand, die er auf ihren Oberarm legte – eine starke, wohlgeformte Hand mit langen, geschmeidigen Fingern.
„Ihnen ist tatsächlich kalt.“ Er ließ die Finger zu ihrem Hals gleiten, unter den Kragen der Bluse und auf dem Puls verweilen, der heftig pochte.
Die Berührung übte auf Sam eine geradezu elektrisierende Wirkung aus, die sie bis in die Zehenspitzen spürte.
Als er sich das Jackett auszog, erklärte sie hastig: „Ich will Ihre Jacke nicht.“ Noch weniger wollte sie dieses lustvolle Sehnen, das ihren Körper durchströmte. So gesehen war es ein Glück, dass Alessandro sie nicht länger berührte.
Ungeachtet ihres Einwandes hängte er ihr das hellgraue Designerjackett um, dem die Wärme seines Körpers und sein dezenter herber Geruch anhafteten.
„Sie akzeptieren wohl nie ein Nein als Antwort, wie?“
„Für gewöhnlich nicht.“
Er schien die Kälte nicht zu spüren, obwohl er nur in einem sehr dünnen Seidenhemd und der Anzughose dastand.
Vage konnte Sam die dunkle Brustbehaarung und die Muskeln an seinem Waschbrettbauch ausmachen. Beschämt über die Faszination, die sein Körper auf sie ausübte, wandte sie den Kopf ab. Sie wusste, dass sie sich mehr bemühen sollte, sich ihm zu widersetzen. Ein unbeteiligter Zuschauer hätte glattweg die Schlussfolgerung ziehen können, dass sie die gemeinsame Zeit ausdehnen wollte.
„Das ist ja lächerlich“, murmelte sie vor sich hin und dachte: Aber er ist kein normaler Mann, er ist eine verdammte Naturgewalt.
Die Gartenlaube war zwar an einer Seite offen, bot aber einen gewissen Schutz vor dem kalten Wind.
Alessandro nahm Sam bei den Schultern, kaum dass sie eingetreten waren, drehte sie zu sich herum und musterte sie forschend. „Warum sehen Sie mich so an?“
Ich habe mir nur gerade ausgemalt, wie es wäre, mit dir Sex zu haben …
Dieser spontane Gedanke kam wohl kaum als Antwort infrage. Also schüttelte Sam den Kopf und zitterte weiter unter seinem Jackett. Sie beabsichtigte keineswegs, ihrer Lust nachzugeben, auch wenn die abgelegene Laube eine günstige Gelegenheit dafür bieten mochte.
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