Romane über Frauen, 23. Margarete von Valois - Verschiedene Autoren - E-Book

Romane über Frauen, 23. Margarete von Valois E-Book

Autoren Verschiedene

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Beschreibung

Margarete von Valois (* 14. Mai 1553 in Saint-Germain-en-Laye; † 27. März 1615 in Paris), auch bekannt unter dem Namen la Reine Margot, war Königin von Frankreich und Navarra sowie Herzogin von Valois. Das Leben Margaretes von Valois – nach dem Tod Heinrichs III. letzter Spross der Valois-Dynastie – war durch Skandale, Intrigen und Tragödien geprägt. Als gläubiges Mitglied der katholischen Kirche mit dem hugenottischen König Heinrich von Navarra verheiratet, war sie aufgrund der französischen Religionskriege ihr Leben lang Spielball der religiösen und politischen Parteien im Kampf um die Macht in Frankreich. Ihr Leben ist vornehmlich durch die selbst verfassten Memoiren bekannt, die ein nahezu authentisches Bild ihrer Zeit in den Jahren 1565 bis 1582 geben. Der Rest ihres Lebens ist unter anderem durch ihre erhaltenen Briefe dokumentiert. Zeitgenossen beschrieben sie als stolz, "freigiebig und großzügig bis verschwenderisch". Sie galt zudem als "wissensdurstig, redebegabt, schlagfertig und aufgeschlossen gegenüber den Wissenschaften". Margarete pflegte einen für ihre Zeit unkonventionellen Lebensstil, der zu zahlreichen Gerüchten und Spötteleien am französischen Königshof beitrug. Sie selbst trat diesem Gerede nicht entgegen, sodass ihre Person in späteren Publikationen oft als lasterhaft und sittenlos dargestellt wurde. Heutige Historiker attestieren ihr jedoch, dass sie sich lediglich die Freiheiten nahm, die zu jener Zeit für männliche Mitglieder des Adels üblich waren.

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Verschiedene Autoren

Romane über Frauen

23. Margaretha von Valois

Von ihr selbst beschrieben

Gemahlin Heinrichs des Vierten

Romane über Frauen

Verschiedene Autoren

23. Band: Margaretha von Valois

Von ihr selbst beschrieben

Impressum

Texte: © Copyright by Verschiedene AurorenUmschlag:© Copyright by Walter Brendel

Verlag:Das historische Buch, 2024

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Erster Band

Memoiren der Margaretha von Valois, Königin von Frankreich und Navarra

Zweites Buch

Drittes Buch

Schlußworte Friedrich Schlegels zu Margarethas Selbstbiographie

Erster Band

Vorrede von Friedrich Schlegel

Die Zeit, in welche uns diese Memoiren versetzen, ist keine sehr entfernte, aber doch ist sie bei weitem nicht so bekannt, als sie es zu sein verdiente. Denn es enthält jene, durch den Namen der Bluthochzeit so furchtbar ausgezeichnete und verworrene, ihrem Zusammenhange und inneren Triebfedern nach schwer zu ergründende Epoche, in mehr als einer Rücksicht den Keim und die Erklärung sogar der neuesten Begebenheiten.

Wer sich diese deutlich zu machen strebt, dessen Nachdenken wird natürlich auf den Charakter der französischen Nation geleitet. Ein Bedürfnis, welches durch die sogenannte, alles nur auf den gegenwärtigen Zweck und Zustand beziehende Staatengeschichte gar nicht befriedigt werden kann; mehr durch die Memoiren, besonders die älteren, wie wohl auch hier eigene Benutzung und Beurteilung erfordert wird.

Über den Nationalcharakter aber, dessen interessanteste Entwicklungsepoche die gegenwärtigen, eben dadurch merkwürdigen Memoiren betreffen, sei es erlaubt, folgende allgemeine Erinnerung voranzuschicken.

Man irrt, wenn man, wie es gewöhnlich geschieht, den Charakter der Nation, so ganz als ein menschliches Naturprodukt betrachtet, das man nur ebenso in seiner aus mannigfaltigen Eigenschaften unauflöslich bestehenden Einheit auffassen, in seiner allmählichen Entstehung verfolgen, aus seinem inneren Zusammenhange erklären könne, wie andere nach aller Charakteristik dennoch unbegreiflich scheinende Individuen der organischen Welt. Zwar gibt es Nationen wie einzelne Menschen, deren Charakter fast gar nicht durch Absicht und Willkür modifiziert, sondern nur ein reines Produkt ihrer eigentümlichen Natur zu sein scheint. Aber nicht mit allen ist dies der Fall, und in der Geschichte keiner Nation ist die absichtliche Behandlung ihrer Sitten und ihrer Denkart so sichtbar als in der der französischen; mit keiner Nation hat man wohl je so willkürliche Veränderungen und äußerst gewagte Versuche vorgenommen als mit dieser; zuerst unter Ludwig XIV., da man ihr in der Mitte der äußersten Geschmacklosigkeit, eine Bildung und Kunst andichten wollte; und dann wieder während der Revolution, da man ihr mit der äußersten Gewaltsamkeit eine Freiheit zu erschaffen suchte.

So notwendig es nun ist, bei der Geschichte einer solchen Nation, die Hauptaufmerksamkeit auf die lenkenden Absichten zu wenden, und so natürlich das Interesse diese Richtung nimmt, so darf es doch auch nicht übersehen werden, daß der Naturcharakter einer Nation, trotz jener absichtlichen Umbildung dennoch immer seine Rechte behauptet; und oft gerade dann, wenn die Willkür am gewaltsamsten zu Werke geht, gleichsam die innersten, verborgensten Triebfedern und Eigenschaften des natürlichen Charakters hervorgetrieben und sichtbar werden. Die Anwendung auf die Revolution gibt sich von selbst, und gewiß wird der Leser der gegenwärtigen Memoiren mehr als einmal nicht bloß an die Schreckenszeit erinnert und zur Parallele aufgefordert werden, sondern auch manches finden, was die neueren Begebenheiten der Zeitgeschichte durch jene älteren wirklich erklärt. Und nicht bloß von dem Terrorismus und den Intrigen der Revolution, auch von der seichten und steifen Eitelkeit, welche die Zeit Ludwigs XIV. bezeichnet, wird man überall Spuren finden.

Nicht so anziehend können diese Memoiren sein als die von der Johanna d'Arc, welche wir vor einem Jahre den Lesern vorgelegt haben, in der Überzeugung, daß die authentische Darstellung einer ebenso einzigen als herrlichen Erscheinung ohne weitere Beziehung ein allgemeines Interesse haben müsse. Ungleich belehrender aber können die Memoiren der Margaretha von Valois für denjenigen sein, der sie mit Aufmerksamkeit liest.

Die Geschichte der Johanna kann nur noch den Eindruck machen wie ein Gedicht; so ganz fremd ist sie der jetzigen Zeit, daß selbst die Möglichkeit eines solchen Enthusiasmus auf diesem Boden zweifelhaft erscheinen muß. Die Epoche aber, in welche Margaretha uns einen so tiefen Blick tun läßt, liegt unsrer Zeit näher. Die Geschichte dieses brutalen Karl IX., dieser ruchlosen Katharina von Medizis, alle diese eitlen und kleinen Menschen, unter denen Heinrich IV. als ein großer Mann erscheinen konnte; diese allgemeine Verwirrung, diese offenbaren Greuel, innere Schlechtigkeit und Niedrigkeit in den engen Raum zusammengedrängt; das ist wie ein verworren-verschlungenes, aber sich selbst deutlich aussprechendes Bild, wo alle die unwürdigen Intrigen, die uns jemals hier zum Unheil und zur Eitelkeit ersonnen wurden, in einen Brennpunkt zusammentreffen, so wie auch alle die Entsetzlichkeiten, wodurch die Geschichte dieser Nation, selbst in den neuesten Zeiten noch, das Erstaunen der Beobachter erregte.

Den Verstand und Stil der Margaretha wird das Buch selbst am besten kennen lehren. Auch werden ihre Memoiren wie ihre Geschichte es deutlich machen, warum diese Königin, mit so großen Ansprüchen geboren, mit dieser ausgezeichneten Bildung und allbewunderten Schönheit, ebenso talentvoll und verführerisch wie ihre Jugendfreundin Maria Stuart, und nur auf eine andere Art auch ebenso unglücklich; warum sie mit allen diesen Vorzügen begabt, dennoch keine größere Rolle in der Geschichte gespielt hat.

Aus der Notiz der französischen Herausgeber, nebst einigen Zusätzen aus der Lebensbeschreibung von Mongez

Margaretha von Valois ward im Jahre 1552 am 14. Mai geboren; ihr Vater, Heinrich II., hatte eben die drei Bistümer, Metz, Toul und Verdun, erobert. Einige französische Schriftsteller haben diese Epoche als eine der ruhmwürdigsten der französischen Monarchie angeführt; hätten sie die Kette von Übeln, welche für die Nation aus ihr entsprang, in Betracht zu ziehen gewürdigt, so möchte sich ihr Enthusiasmus wohl abgekühlt haben. Aus den Denkmälern lernen wir, daß die Vereinigung von Metz, Toul und Verdun ihren Wert hundertfach sowohl durch den Anwachs der öffentlichen Schuldenlast als durch die Verwüstung mehrerer Provinzen und durch die Ströme Bluts bezahlt, die bis zum Frieden von Château-Cambresis nicht zu fließen aufhörten.

Porträt Margaretes von Valois eines anonymen Malers nach François Clouet, zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts, Musée Condé

Margaretha war das achte Kind Heinrichs II. mit Katharina von Medizis; einen Sohn und zwei Töchter ungerechnet, die als Kinder starben, waren es der Dauphin, nachmals Franz II., Karl IX., Heinrich III., der Herzog von Anjou, der 1584 starb, Elisabeth, Gemahlin Philipps II. von Spanien, und Klaudia, Gemahlin des Herzogs von Lothringen, welche dem Hause Valois einen dauernden Besitz der Krone Frankreichs versprachen. Aber von allen diesen Nachkommen erreichte Margaretha allein das fünfzigste Jahr ihres Lebens; keiner von denen, welche die Krone Karls des Großen trugen, hinterließ rechtmäßige Erben, und das Reich fiel Heinrich IV. zu, der bei seiner Geburt siebzehn Häupter fand, die zwischen ihm und der Krone standen.

Die ersten Jahre ihres Lebens brachte Margaretha im Schloß von St. Germain-en-Laye zu, wo sie mit großer Sorgfalt erzogen ward; ihre Talente sowohl als ihre Lernbegierde entsprachen dieser sorgfältigen Erziehung. Die Königin Johanna d'Albret, Mutter Heinrichs IV., ausgenommen, gab es keine Prinzessin ihrer Zeit, die so ausgebreitete Kenntnisse besessen hätte. Mit ihr wurden zu St. Germain ihre beiden Schwestern Elisabeth und Klaudia erzogen und die Königin Maria Stuart. Zwischen dem Schicksale dieser Fürstin und dem der Margaretha ist eine gewisse Ähnlichkeit, welche schon in ihrer Kindheit und in ihrer ersten Erziehung sichtbar ist. Ihre gemeinschaftliche Erzieherin war Frau von Courton, eine sehr tugendhafte, verdienstvolle Frau, die bei sieben Königinnen dasselbe ehrenvolle Amt bekleidet hatte.

Ein Jahr nach Margaretha ward Heinrich von Bourbon, Prinz von Navarra, geboren. Als er vier Jahre alt war, führte ihn der König von Navarra, sein Vater, nach Amiens, wo er ihn Heinrich II. vorstellte; er war so artig und so munter, daß der König Heinrich beschloß, ihn mit dem Dauphin Franz zusammen erziehen zu lassen. Er umarmte und liebkoste ihn und fragte ihn, ob er sein Sohn sein wolle? Der kleine Prinz antwortete in seiner Béarnschen Landessprache, indem er auf den König von Navarra zeigte: »Quet es lo seigne Pay«; dieser ist mein Herr Vater! Heinrich II. fand Vergnügen an seiner Art zu sprechen und sagte: »Nun, wenn du nicht mein Sohn sein willst, möchtest du denn wohl mein Schwiegersohn werden?« »O bè!« Oh ja! rief der Prinz lebhaft. Und von da an ward zwischen den beiden Höfen die Vermählung der Margaretha und des Prinzen von Navarra beschlossen; unter glücklichen Vorbedeutungen, wie man damals glaubte.

Er ward also zu Vincennes mit dem Dauphin erzogen und alsdann nach dem Kollegium von Navarra geführt, wo er seine erste Jugend mit dem Herzog von Anjou und dem Prinzen von Joinville, nachmaligem Herzog von Guise, verlebte. Alle drei hießen Heinrich und erhielten dieselbe Erziehung; ihr Leben aber ward in der Folge von sehr verschiedenen und außerordentlichen Begebenheiten angefüllt, die einzig in der Geschichte von Frankreich bleiben.

Die vergiftete Luft des Hofes, an dem Margaretha zu leben bestimmt war, mußte jede Sorgfalt der tugendhaften Erzieherin vernichten. Dieser Hof, Katharina von Medizis an seiner Spitze, war bekanntlich die Bühne der Verderbtheit, die Schule aller Laster und jedes Verbrechens. Wahr ist es, daß dieses Übel seinen Ursprung schon früher, unter der Regierung Franz I., genommen hatte. Franz I., der mit dem Beinamen eines Vaters der Wissenschaften beehrt wurde, hatte durch sein Beispiel die Männer an seinem Hofe gewöhnt, keine Achtung für die guten Sitten zu haben. Als Katharina von Medizis an diesen Hof kam, fand sie das Laster regierend an der Seite des Throns unter dem Namen der Herzogin von Estampes. Der schlauen Italienerin konnte es nicht entgehen, daß man dem Götzen des Tages schmeicheln müsse, um dem Monarchen zu gefallen, und sie machte diese Regel zur Grundlage ihres Betragens; bald fand sie Gelegenheit, sie bei einem Gegenstande anzuwenden, der ihr weit näher anging. Ihr Gemahl, der Dauphin Heinrich, erklärte sich öffentlich als Ritter der Diana von Poitiers; die geschmeidige Katharina teilte sogleich die Gunst ihres Gemahls mit ihr. Heinrich II. wechselte, während seines ganzen Lebens, zwischen seiner Gemahlin und seiner Geliebten; aber nach seinem Tode rächte Katharina sich und verschaffte ihrer Nebenbuhlerin die Überzeugung, daß man ihr nicht ungestraft das Herz des Gemahls rauben durfte.

Katharina verstand es sehr wohl, die Macht der Schönheit geltend zu machen, und diese war eine der geheimen Triebfedern ihrer Reichsverwaltung. Es ist bekannt, daß sie nie anders als umringt von einer glänzenden Schar aufblühender Schönheiten erschien, welche gewöhnlich die Schwadron der Königin-Mutter genannt wurden. Der strenge Admiral Coligny sagte darüber mit Recht: Keine verlorne Schlacht ist so verderblich als der Einfluß dieser Schönheiten! Dies Mittel der Verderbnis wandte Katharina dann sehr oft zur Ausführung ihrer Projekte an.

Nachdem die guten Sitten zugrunde gerichtet waren, fehlte nichts mehr, jeden Grundsatz von Ehre und Rechtlichkeit bei den Franzosen zu vernichten, als sie in die Lehren Machiavels einzuweihen. Früher schon hatte Ludwig XI. diese abscheuliche Lehre wirklich in Ausübung gebracht; sein Nachfolger aber, der den Namen Vater des Volks wohl verdiente, weil er nur durch die Gesetze regierte, war die Ursache, daß man die Regierung jenes Tiberius und aller seinesgleichen bald vergaß. Ludwig XII., Gemahl der Anna von Bretagne, führte die Franzosen wieder zur Ehre an und gab ihnen den freien Sinn und die edlen, feinen Sitten ihrer Ahnherren wieder. Katharina von Medizis war es aufbehalten, das Werk Ludwigs XI. wieder zu erneuen. So wie er, führte sie die Kunst, die Menschen zu regieren, einzig darauf zurück, sie zuveruneinigen; diesem Grundsatze ordnete sie alles andere unter; Heuchelei, Lügen und Meineid wurden in Frankreich einheimisch; die Nation, in den Verbrechen sogar inkonsequent und leichtsinnig, ergriff sehr bald die Frevel aller Art, als die üblichen Mittel etwas zu erreichen.

So war der herrschende Geist an Karl IX. Hof, als alle Augen auf Margaretha gerichtet waren, deren Reize sich eben zu entfalten anfingen. Wenn ihr in ihrem Porträt nicht geschmeichelt wurde, so hat in der Tat die Natur wohl nie ein schöneres Geschöpf geformt. Sie hatte etwas Erhabenes und wahrhaft Königliches in ihrem ganzen Wesen; sehr lebhafte Farben, sehr schöne, schwarze Haare, und mit einem sanften, liebeschmachtenden Blick, mit einem reichen, vollen Wuchs und einem majestätischen Gang verband sie die Kunst, sich auf das vorteilhafteste und geschmackvollste zu kleiden, und ein sehr anmutiges Wesen, eine gewisse einschmeichelnde Gabe, jedem zu gefallen, die man wohl fühlt, aber nicht zu beschreiben vermag. Mit ihrer Schönheit, ihrer Anmut, mit ihrem Geist und ihrem Gefühl hätte Margaretha auch die strenge Tugend einer Heiligen verbinden müssen, um den schädlichen Einflüssen des bösen Beispiels und den Täuschungen der Verführung entgehen zu können. Kaum war sie in der Welt aufgetreten, so war sie auch schon in den Schlingen der Eitelkeit eingefangen; sie wollte gefallen, ohne bestimmt zu wissen wem; sie war Kokette, ohne sich weiter etwas dabei zu denken.

Margarete im Alter von etwa sieben Jahren, Porträt François Clouets um 1560, Musée Condé

Unbesonnenheiten dieser Art gaben ihren Verläumdern Veranlassung, die Zusammenkunft in Bajonne als die Epoche ihrer ersten Liebeshändel mit dem jungen d'Entragues und mit Charins anzugeben. Le Divorce Satirique, la Confession de Sancy und le Baron de Focneste, setzen diese Liebesgeschichten der Margaretha zu jener Zeit. Wir zeigen diese Quellen an, als die einzigen, die diese Sagen enthalten, damit man weiß, welches Zutrauen man ihnen schenken darf; denn sie gehören zu den Haufen Satiren und Libellen aller Art, welche sowohl die unzufriedenen Katholiken als die unzufriedenen Protestanten gegen Margaretha und gegen alles, was Heinrich IV. angehörte, verbreiteten; auch berechtigt uns ihre zu große Jugend, jene Aussage zu bezweifeln; Margaretha war damals noch nicht dreizehn Jahre alt. Man suchte sie in der Folge durch solche beschimpfende Anklagen zu unterdrücken, um sie durch eine völlige Verunglimpfung von dem Throne auszuschließen, zu dem sie berechtigt war. Es gibt keine verunehrendere Verleumdung, als ihren nachmaligen Unordnungen einen solchen frühreifen Ursprung zuzuschreiben. Das Stillschweigen der Geschichte über diese Beschuldigung ist ein Zeugnis dagegen. Man darf das Privatleben der Margaretha erst vier Jahre nach der Zusammenkunft zu Bajonne in Betracht ziehen; von dieser Zeit erst erhielt sie an Karls IX. Hof eine politische Existenz. Bis dahin drehten sich ihre Beschäftigungen oder vielmehr ihre Ergötzlichkeiten in einem beständigen Kreis von Spielen, Jagd und Putz, und sie war völlig unbekannt mit den Ränken der Hofintrige, obgleich sie wie im Mittelpunkte derselben lebte. Ihr Bruder, der Herzog von Anjou, welcher nachmals unter dem Namen Heinrich III. regierte, übernahm es, sie darin einzuführen. Es war ihm wichtig, einen Agenten bei Katharina zu haben, auf dessen Anhänglichkeit er rechnen dürfte, während er sich abwesend und an der Spitze der Armeen befand. Zu dieser Rolle nun hatte er seine Schwester Margaretha ausersehen, und diese ward der Kanal der Korrespondenz zwischen ihm und seiner Mutter. Wer mit der Geschichte jener Zeit nicht unbekannt ist, wird wissen, was Margaretha in dieser Schule lernen konnte; obgleich die Lehrzeit nur sehr kurz war, so sehen wir doch an dem nachmaligen Betragen der Schülerin, welche Fortschritte sie unter den beiden Vorstehern ihrer politischen Erziehung machte.

Margaretha von Valois

Memoiren der Margaretha von Valois, Königin von Frankreich und Navarra

Erstes Buch: An Brantome

Weil Ihr Werk so voll ist von meinem Lobe, so kann ich es nicht so loben, als ich sonst wohl hätte tun müssen; denn jetzt würde man mein Lob als ein bloßes Selbstlob ansehen, und man würde von mir wie vom Themistokles denken, daß ich diejenigen am meisten schätze, die mich am meisten bewundern. Es ist ein ganz gewöhnlicher Fehler der Frauen, daß sie sich im Lobe, auch im unverdienten, zu sehr gefallen. Damit kann ich aber nicht übereinstimmen und möchte am liebsten in diesem Stücke gar nicht zu meinem Geschlechte gezählt werden. Demungeachtet kann ich nicht anders als stolz sein, daß ein so geehrter Mann mein Bildnis mit so reichem Pinsel zu entwerfen würdigte, wenngleich der Schmuck der Malerei bei weitem die Vortrefflichkeit der dargestellten Figur übertrifft. Besaß ich einst auch wirklich einige von den Zügen, so wie Sie sie zeichneten, so sind sie längst durch meine Leiden bis auf die leiseste Erinnerung zerstört, so daß, als ich mich in Ihrer Darstellung spiegeln wollte, es mir wie der alten Frau von Rendan erging, die sich nach ihres Mannes Tode lange nicht im Spiegel besehen hatte; als sie nun nach langer Zeit zufällig in einer Gesellschaft sich im Spiegel erblickte, fragte sie verwundert: »Wer ist denn diese?«

Meine Freunde behaupten mir zwar das Gegenteil, aber ihr Zeugnis ist mir verdächtig; ihre Augen sind von der Zuneigung geblendet. Am Ende würden Sie, glaube ich, ganz meiner Meinung sein und den Vers von Du Ballay sagen, den ich so oft anführe: C'est chercher Rome en Rome, et rien de Rome en Rome ne trouver. So wie man aber gern von der Zerstörung Trojas, von der Größe Athens oder von andern mächtigen Städten in ihrer höchsten Blüte liest, obgleich die Überreste so gering sind, daß man kaum noch den Platz erkennen kann, wo sie ehemals gestanden, ebenso ergötzen Sie sich damit, eine Schönheit zu beschreiben, von der es weder einen Überrest, noch sonst irgendein Zeugnis gibt, als eben Ihre Beschreibung. Natur und Schicksal haben um die Wette ihre ganze Macht um mich aufgeboten; keinen schicklichern Gegenstand hätten Sie wählen können, um den Streit der beiden Mächte zu beschreiben. Von dem, was die Natur getan, waren Sie Augenzeuge und bedürfen darüber keines weitern Unterrichts. Meine Schicksale aber können Sie nur durch fremde Berichte erfahren haben, die doch niemals zuverlässig sind; denn oft werden sie entweder durch übelgesinnte oder auch übelunterrichtete Leute gegeben, und weder Bosheit noch Unwissenheit sind wahrhaft. Darum denke ich, wird es Ihnen nicht unangenehm sein, diese Geschichte von einer Person zu erhalten, die am besten unterrichtet ist und die zugleich das größte Interesse hat an der Wahrheit der Darstellung. Ich ward auch noch durch einige Bemerkungen bestimmt, die ich Gelegenheit hatte bei einigen Irrtümern, die sich in Ihrem Werke finden, zu machen. Nämlich da, wo Sie von Pau sprechen und von meiner Reise nach Frankreich; auch wo vom Marschall von Biron die Rede ist; von Agen, auch von dem Abzug aus dem Ort des Marquis von Canillac.

Ich werde also meine Memoiren aufzeichnen, die um ihrer unverfälschten Wahrheit willen wohl verdienten, daß ich ihnen den Namen Geschichte beilegte; eine solche bedürfte aber einer sorgfältigen Ausarbeitung, zu der ich weder die Fähigkeit noch die gehörige Muße habe.

Die vorhergegangenen Vorfälle, nebst denen der letzten Zeit, zwingen mich, mit der Zeit des Königs Karl anzufangen; auch ist es das erste, dessen ich mich als merkwürdig in meinem Leben entsinnen kann. So wie die Erdbeschreiber, wenn sie bis zur letzten Grenze ihres Wissens zurückgegangen, sagen: jenseits findet sich nichts als Sandwüste, unbewohntes Land und unschiffbares Meer, – so will auch ich sagen: rückwärts ist nichts als die Leere der ersten Kindheit, in der wir von der Natur allein geleitet mehr ein Pflanzenleben, als ein menschliches, von der Vernunft regiertes Leben führen. Diese überflüssigen Untersuchungen will ich gern denen überlassen, die meine Kindheit erzogen und leiteten. Vielleicht findet man auch unter meinen ersten kindlichen Handlungen einige, welche ebenso des Aufschreibens würdig wären, als die des Themistokles oder Alexanders; da der eine sich vor den Pferden eines Wagenführers niederwarf, der sich durch des Knaben Bitten nicht wollte abhalten lassen, durch eine enge Straße zu fahren, in der jener sich ein Spiel errichtet hatte; und der andre, der die Preise der Wettrennen verachtete, wenn er sie nicht über Könige davongetragen. So könnte auch wohl die Antwort zu diesen bemerkenswerten Zügen gehören, die ich dem Könige, meinem Vater, wenige Tage vor jenem entsetzlichen Stoße gab, welcher Frankreich die Ruhe und unserm Hause sein Glück nahm. Ich war damals vier oder fünf Jahre alt, als mein Vater mich auf seinen Knieen haltend und mit mir spielend zu mir sagte: ich sollte wählen, welcher von den beiden, die damals im Zimmer waren und mit mir spielten, mir ergeben sein sollte: der Prinz von Joinville, nachmals der große und unglückliche Herzog von Guise, oder der Marquis von Beaupreau, Sohn des Prinzen La Roche sur Yon, den die Natur mit so außerordentlichem Verstande begabte, daß er den Neid des Schicksals auf sich zog; in seinem vierzehnten Jahre entriß der Tod ihn dem Ruhme und den Kronen, die den Tugenden und dem hohen Edelmute, welche aus seinem Verstande hervorleuchteten, bestimmt waren. Auf meines Vaters Frage sah ich beide an und wählte den Marquis. »Warum diesen?« fragte mein Vater, »er ist nicht so schön als der Prinz von Joinville«; dieser war blond und von heller Farbe, der Marquis aber war braun von Haar und Gesicht. »Weil er klüger ist,« antwortete ich meinem Vater, »und weil der andre immer Meister sein will und keinen Tag ruht, bis er irgend jemand Schaden zugefügt.« Wie richtig ich ihn damals beurteilt, haben wir seitdem gesehen.

So auch der Widerstand, den ich getan, meinen Glauben zu erhalten, da der ganze Hof von Ketzerei angesteckt war; bei dem Kolloquium von Poissy, den gebieterischen Überredungen vieler Herren und Damen bei Hofe, sogar meinem Bruder von Anjou, nachmaligem König von Frankreich, der in der Kindheit dem unglücklichen Hugenottenwesen nicht widerstehen konnte. Dieser drang unaufhörlich in mich, daß ich die Religion verändern sollte, warf meine Gebetbücher ins Feuer und gab mir an deren Stelle die Psalmen und Gebetbücher der Hugenotten. Ich überlieferte diese aber sogleich meiner Hofmeisterin, der Frau von Curton; diese war durch die Gnade Gottes eine Katholikin geblieben. Sie führte mich oft zu dem guten Kardinal von Tournon, der mich mit seinem Rat darin bestärkte, alles zu erdulden, um nur meinen Glauben zu erhalten; auch versah er mich immer wieder mit neuen katholischen Gebetbüchern und Rosenkranz, wenn mein Bruder von Anjou sie verbrannt hatte. Die vertrauten Freunde von diesem, die mich zu verderben unternommen hatten, schalten mich und begegneten mir zornig, wenn sie diese Dinge immer wieder bei mir antrafen; sie nannten es bloße Kinderei und Albernheit, sagten, ich hätte keinen Verstand und würde immer so dumm bleiben wie meine Hofmeisterin. Mein Bruder von Anjou fügte dann noch die Drohung hinzu, daß die Königin, meine Mutter, mir die Rute würde geben lassen. Dieses redete er aber nur so, ganz ohne Grund, denn die Königin Mutter wußte nichts davon, daß er in solche Irrtümer geraten war; im Gegenteil, sie bestrafte, als sie es erfahren, sowohl ihn als seinen Hofmeister, ließ sie aufs neue in der Religion unterrichten und zwang sie, den wahren heiligen alten Glauben unsrer Väter zu bekennen, von dem sie selbst sich nie entfernt hatte.

Ganz in Tränen zerfließend, zu denen man in einem Alter von sieben bis acht Jahren sehr leicht geneigt ist, antwortete ich meinem Bruder auf seine Drohungen: daß er mich peitschen, ja daß er mich könnte umbringen lassen, wenn er es wollte; ich würde alles Ersinnliche eher erdulden, als mich in die Verdammnis zu stürzen.

Manche Antworten, manche Zeichen der Entschlossenheit und der reifen Beurteilung möchten noch aufgefunden werden können; ich überlasse aber diese Untersuchungen ungestört andern und fange meine Memoiren von der Zeit an, da ich in das Gefolge der Königin Mutter kam, um es nicht wieder zu verlassen; denn gleich nach dem Kolloquium von Poissy, als die Kriege begannen, wurden wir Kleinen, mein Bruder von Alençon und ich, nach Amboise gesendet, wohin sich auch alle Damen des Landes mit uns zurückzogen; auch Ihre Tante, Frau von Dampierre, die damals viel Freundschaft für mich hatte, welche sie mir bis an ihren Tod erhielt; und Ihre Cousine, Frau von Rais, die damals die glückliche Nachricht erhielt, das Schicksal habe ihr in der Schlacht bei Dreux die Gunst erzeigt, ihren ersten Mann, Herrn von Annebaut, von ihr zu nehmen, der es in jeder Rücksicht nicht verdiente, eine so göttliche Frau zu besitzen. Mit Ihrer Cousine stand ich damals aber noch nicht in dem genauen Verhältnis, das noch jetzt fortwährt und gewiß ewig dauern wird. Die Freundschaft Ihrer Tante für mich fing aber schon damals an; ihr hohes Alter und meine Kindheit stimmten wohl füreinander. Es ist in der Art der alten Leute, die kleinen Kinder zu lieben; so wie es dem blühenden Alter, in dem Ihre Cousine damals stand, ganz natürlich ist, die lästige Einfalt der Kinder zu hassen und zu verachten.

Porträt Margaretes um 1572. Es handelt sich hierbei um die Kopie eines anonymen Malers im Schloss Blois. Das Original aus der Schule François Clouets befindet sich im Musée Crozatier.

Dort blieb ich nun bis zur großen Reise; damals nahm die Königin Mutter mich zu sich an ihren Hof, den ich seitdem nicht wieder verließ. Diese Reise aber beschreibe ich auch nicht; ich war zu jung, als daß ich mich besonderer Umstände davon erinnern könnte. Außer der Erinnerung im ganzen ist mir das übrige wie ein Traum verflogen. Sie und andre, die damals im reifern Alter und verständig genug waren, alles zu bemerken, mögen von der Pracht reden, die bei diesen Gelegenheiten erschien. So wie zu Bar le Duc bei der Taufe meines Neffen, des Prinzen von Lothringen; zu Lyon bei der Ankunft des Herzogs und der Herzogin von Savoyen; zu Bayonne bei der Zusammenkunft meiner Schwester der Königin von Spanien, der Königin Mutter und des König Karls, meines Bruders. Gewiß vergessen Sie nicht das kostbare Fest und das Ballett zu beschreiben, das meine Mutter, die Königin, auf der Insel gab, wie auch den Saal, den die Natur eigentlich dazu bestimmt zu haben schien, indem sie mitten auf jener Insel eine große ovalförmige Wiese mit den höchsten Bäumen umgab, in deren Schatten die Königin Mutter ringsumher große Nischen anbringen ließ und in jeder dieser Nischen eine Tafel für zwölf Personen. Am Ende dieses Saals erhob sich die Tafel für die königlichen Personen auf vier Stufen von Rasen. Alle diese Tafeln wurden von Schäfern und Schäferinnen bedient, die in Atlas und Goldstoff, in verschiedenen Truppen und nach den verschiedenen Trachten aller französischen Provinzen gekleidet waren; wie man von Bayonne nach dieser Insel in kostbar verzierten Gondeln und Kähnen fuhr, von Tritonen und Meergöttern umgeben, die auf Hörnern bliesen und schöne Verse sangen. Bei der Landung auf der Insel, während man auf dem dazu gemachten Rasen nach dem Saale ging, tanzten von beiden Seiten des Wegs auf schönen Wiesen jene Schäfer und Schäferinnen, jeder Trupp die eigentümlichen Tänze seiner Provinz; die aus Poitou mit der Schalmei; die Provenzalen ihre Volte mit den Pauken; aus Bourgogne und Champagne mit der kleinen Oboe, der Geige und dem Tambour; die Bretonnen das Passe pied und den fröhlichen Branle-Tanz; und so fort jede Provinz ihre eigentümlichen Tänze und ihre Musik. Wie nach dieser Ergötzlichkeit und nachdem die Tafel aufgehoben, ein großer helleuchtender Felsen von Satyrn hereingetragen wurde; auf diesem Felsen erschienen Nymphen, die mit ihrer Schönheit und ihrem reichen Schmuck glänzender strahlten als die künstlichen Lichter, von denen der Felsen erleuchtet war; wie dann diese Nymphen herabstiegen und ein Ballett tanzten, dessen vollkommne Schönheit das neidische Glück nicht ertrug, und darum einen entsetzlichen Sturm mit Regen und Ungewitter erhob; wie hierauf die Unordnung, als man sich in der Nacht auf den Kähnen zurückbegeben mußte, den folgenden Morgen ebensoviel Stoff zum Lachen gab, als das Fest selber Zufriedenheit verbreitet hatte. So werden Sie auch die Pracht aller Einzüge in allen Hauptstädten des ganzen Königreichs, dessen Provinzen Sie besuchten, gewiß nicht zu beschreiben unterlassen.