Romane über Frauen, 31.Catherine Howard - Verschiedene Autoren - E-Book

Romane über Frauen, 31.Catherine Howard E-Book

Autoren Verschiedene

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Beschreibung

Catherine Howard, auch Katheryn Howard oder Katherine Howard, (* zwischen 1521 und 1525; † 13. Februar 1542 in London) war von 1540 bis zu ihrem Tod die fünfte Ehefrau des englischen Königs Heinrichs VIII. Geburtsdatum und Geburtsort von Catherine Howard sind unbekannt. Sie war die Tochter von Lord Edmund Howard, einem jüngeren und mittellosen Sohn des zweiten Duke of Norfolk (Thomas Howard). Ihre Cousine Anne Boleyn war Heinrichs zweite Frau und wurde 1536 auf Befehl Heinrichs VIII. enthauptet. Heinrich VIII. und Catherine Howard heirateten am 28. Juli 1540 im Oatlands Palace in Surrey, unmittelbar nach der Annullierung der Ehe mit Anna von Kleve. Die Ehe blieb kinderlos. Keine zwei Jahre nach ihrer Hochzeit ließ der König Catherine Howard wegen Hochverrats enthaupten. Vorgeworfen wurden ihr vor- und außereheliche Beziehungen zu anderen Männern. Ihr Wahlspruch lautete: "Kein anderer Wille als der seine" [Heinrichs VIII.]

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Verschiedene Autoren

Romane über Frauen

31. Catherine Howard

Von Walter Brendel

5. Ehefrau von König Heinrich VIII.

Romane über Frauen

Verschiedene Autoren

31. Band: Catherine Howard

Von Walter Brendel

Impressum

Texte: © Copyright by Verschiedene AurorenUmschlag:© Copyright by Walter Brendel

Verlag:Das historische Buch, 2024

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Vorgeschichte und historische Einleitung

Prolog

1. Kapitel: Ein neuer Abschnitt beginnt

2. Kapitel: Keiner küsst wie Francis

3. Kapitel: Der aktuelle, der Ex und ein Ball

4. Kapitel: Ich brauche Liebe

5. Kapitel: Wollust

6. Kapitel: Der Thronfolger ist da

7. Kapitel: Die Prüfungen der Liebe

8. Kapitel: In Wartestellung

9. Kapitel: Die Rose des Königs ohne Dornen

10. Kapitel: Eine neue Liebe - Tom Culpepper

11. Kapitel: Die Untersuchung und Hinrichtung

Nachwort

Vorgeschichte und historische Einleitung

Er war eine der schillerndsten Figuren der Geschichte, ein Tyrann, ein Ekel und berühmt-berüchtigt für seinen Frauenverschleiß.

Seine Figur ragt aus der Geschichte Englands heraus als der Koloss, der er war - in physischer und metaphorischer Gestalt. In keiner Königsepoche wurde die Insel tiefgreifender umgestaltet als unter diesem zweiten der Tudor-Monarchen. Die Große Elizabeth, seine Tochter, mag Englands goldenes Zeitalter, das elisabethanische, begründet haben. Aber ohne das Erbe, das ihr der Vater hinterließ, wäre es nicht zu verstehen.

Es ist kaum übertrieben, zu sagen, dass die englische nationale Verfasstheit unter diesem Herrscher ihre noch heute gültige Prägung erhielt. Das macht die Beschäftigung mit Heinrich VIII., der zwei Monate vor seinem 18. Geburtstag König wurde, zu mehr als nur einem Ausflug in abgelegte Historie. Es ist ein Stück Spurensicherung, zum besseren Verständnis der Herkunft des englischen nationalen Egos.

Heinrich VIII. schillert in seinen Widersprüchen. Er begann mit den Starqualitäten des gut aussehenden, gebildeten Prinzen und endete als tyrannisches Ekel, immobil geworden ob seiner Leibesfülle und Beingeschwüre, misstrauisch, depressiv und ganz und gar unmajestätisch übel riechend.

Allein anhand von Heinrichs Ritterrüstungen, wie sie im Tower of London zu besichtigen sind, lässt sich die korporale Expansion des Monarchen ablesen. 1,87 Meter groß und damit seinen Hofstaat weit überragend, maß er als 23-Jähriger 106 Zentimeter im Brustumfang, 89 Zentimeter in der Hüfte. Sechs Jahre vor seinem Tod hatte die Brust massive 144 Zentimeter erreicht, die Hüfte gar aufgeblähte 137 Zentimeter.

Zwischen diesen beiden Belichtungen liegen 38 Jahre stürmischer Machtausübung, in denen England von einer politischen Randerscheinung Europas zu einem ernst zu nehmenden Mitspieler im Konzert der Mächte aufstieg. Aber dazwischen lagen eben auch sechs königliche Ehen und ihre Tragödien, lagen die geradezu obsessive Suche nach einem männlichen Thronfolger sowie die Abspaltung des einst treukatholischen Landes vom Vikar Christi, vom Papst in Rom.

Mehr als das: Mit der Gründung der Church of England, die nach Heinrichs Willen nicht so sehr eine protestantische, als vielmehr eine nationale Kirche sein sollte, verabschiedete sich die Insel gleichzeitig von tausend Jahren ihres christlichen Kulturerbes.

Beginnend mit der Auflösung der 800 Klöster um 1535 entfesselte Heinrich VIII. geradezu einen ekklesiastischen Hooliganismus, der mit dem Mittel des Staatsterrors das bildliche Erbe des englischen Mittelalters stürmte. Pilgerstätten, Heiligenschreine, Kirchenkunst jeder Art fielen dem Vorschlaghammer der Kommissare Thomas Cromwells zum Opfer, Heinrichs Erstem Minister.

Unersetzliche Wandmalereien wurden geschändet und übertüncht, Altarbilder zerbrochen und durch großflächige Bibelworte und die zehn Gebote ersetzt. Das Visuelle machte dem Verbalen Platz - aber dieser Akt eines kollektivem Vandalismus zeitigte eine unerwartete Folge: das Aufblühen der englischen Sprache als literaturfähiges Medium der Kommunikation.

Die Menschen entdeckten ihre Vorliebe zum eigenen Idiom, zum Diskurs in der eigenen Sprache, erst bei der Interpretation der jetzt auf Englisch vorliegenden Heiligen Schrift, dann in der allmählichen Aneignung der Lebenswelt insgesamt. Aus den Trümmern eines Erbes christlicher Devotion, die plötzlich als "römische Idolatrie" verdammt wurde, erwuchs eine neue, aufklärerische Tradition - Englands Nationalliteratur.

Es ist ein ironischer Kommentar zu dem Bildersturm, der mit Heinrich VIII. begann und sich bis in die Zeit des Lord Protektors Oliver Cromwell, einhundert Jahre später, fortsetzen sollte, dass ohne diesen kulturellen Paradigmenwechsel ein Shakespeare, ein Marlowe, Bunyan, Donne oder Milton nicht denkbar gewesen wären.

Ist es das, was Jakob Burckhardt in der sechsten seiner "Weltgeschichtlichen Betrachtungen" das "geheimnisvolle Gesetz der Kompensation" nannte? Burckhardt warnte freilich selber vor solchem allzu eilfertigen "Trost", "da wir doch kein bündiges Urteil über Verluste und Gewinnste haben".

Heinrichs Zeitgenossen hatten dies bündige Urteil durchaus. Wer auf der Verlust- und wer auf der Gewinnseite anzutreffen war, ließ sich am deutlichsten an den routinemäßigen Hinrichtungen ablesen, wie sie die Laune des Königs und die Folgen seiner Politik diktierten.

"Laune" ist überhaupt das operative Wort zum Verständnis dieser Ära: Kein Meisterplan, kein strategisches Gesamtkonzept lag dem Auf und Ab von Heinrichs Entscheidungen und denen des Parlaments zugrunde. Geschichte wie aus dem Lehrbuch der Kasuistik. Auch und vor allem der Bruch mit Rom.

Der einzig rote Faden in allem war die Hoffnung Heinrichs auf einen männlichen Thronerben. Nur damit glaubte er für die Tudor-Monarchie die dringend benötigte Stabilität zu retten. Vom Vater, Heinrich VII., im Jahre 1485 gegründet, stand das Tudor-Regime auf wackligen Füßen der Legitimität.

Zwar trafen sich in Heinrich VII. aus dem Hause Lancaster englisches und walisisches Königsblut; doch bestanden andere Prätendenten auf ähnlich royalen Linien - ein John de la Pole etwa, Earl of Lincoln, oder Lambert Simnel und der Betrüger Perkin Warbeck, der als York-Erbe auftrat und, auch vom deutschen Kaiser Maximilian angestiftet, sich 1494 als König Richard IV. selber ausrief und in Irland eine Invasionsarmee zu sammeln versuchte.

Im Hintergrund geisterte ja immer noch der Hader aus den Rosenkriegen zwischen den Häusern Lancaster und York, der roten und der weißen Rose - ein Konflikt, den Heinrich VII. fürs Erste durch seine Heirat mit Elizabeth von York beizulegen verstand.

Sein Sohn jedenfalls wuchs mit dieser Sorge um die Stabilität der Tudor-Dynastie auf - erst recht, nachdem der eigentliche Nachfolger auf dem Thron, Heinrichs älterer Bruder Arthur, 1502 im Alter von nur 15 Jahren an der Schwindsucht starb. Das machte aus Katarina von Aragon, die aus politischen Gründen von ihren Eltern Ferdinand und Isabella mit dem Tudor-Erben vermählt worden war, eine frühzeitig Verwitwete.

Nach Sitte der Zeit hätte ihre üppige Mitgift daraufhin an die Eltern, das spanische Herrscherpaar, zurückfallen müssen. Aber Heinrich VII., ein geborener Geizkragen, dachte nicht daran, wählte stattdessen seinen zweitgeborenen Sohn als neuen Ehemann Katarinas aus. Und der willigte ein. Die Hochzeit wurde noch im Jahr der Krönung Heinrichs VIII. gefeiert, und nach allem, was wir wissen, verbrachte der Teenager-König mit seiner sieben Jahre älteren Frau frühe glückliche Jahre in Liebe und Eintracht.

Draufgänger in allen sportlichen Vergnügungen wie Reiten, Jagen und Tennis, lebte der junge Monarch darüber hinaus den Kodex des spätmittelalterlichen Ritters, mit dem Doppelideal der Ehre und des Kriegsruhms. Seine wiederholten Mini-Invasionen in Frankreich gehörten dabei zum Selbstverständnis einer Herrschaft, der im Hochmittelalter die Hälfte des französischen Gebietes gehört hatte.

Ebenso oft freilich konnte sich Heinrich mit seinem Gegenpart in Paris, Franz I., auch wieder versöhnen. Das wechselnde Kriegsglück zwischen den verfeindeten Häusern Valois und Habsburg gab ihm Gelegenheit zu Bündnissen einmal mit dieser, dann mit jener Seite. Der junge Tudor-König weckte überall den Eindruck eines ehrgeizigen Aufstrebers im europäischen Machtgeflecht; Machiavelli beschrieb ihn vom Hörensagen als "reich, wild und gierig nach Ruhm".

Aber die Thronfolge. Schon 18 Monate nach der Heirat mit Katarina durchlitt der kaum Zwanzigjährige Glück und Verzweiflung, als ein Junge, Henry, zunächst gesund geboren, nach nur 52 Tagen starb. Vier Jahre später dann die Geburt der Tochter Mary - was sollten ihm Töchter? Eine Frau als Nachfolgerin auf dem englischen Thron wäre eine Novität gewesen, zu der die Zeitgenossen kein Vertrauen hatten.

Auch, weil bei einer möglichen Heirat nach dem Brauch der Zeit der Besitz der Braut an den Mann gefallen wäre - also würde bei einer dynastischen Verbindung mit einem fremden Prinzen England in ausländischen Besitz fallen. Auch dies muss bei Heinrichs frenetischer Suche nach einem männlichen Erben beachtet werden.

Sechs Schwangerschaften durchlief Katarina von Aragon, viermal endeten sie in Tot- oder Fehlgeburten. Heinrich schob sich selber die Schuld zu, hatte er doch - so glaubte er - gegen ein Verbot aus dem Dritten Buch Moses verstoßen, wonach die Ehe mit der Witwe des Bruders mit Unfruchtbarkeit bestraft wird. Der Papst hätte keinen Dispens erteilen dürfen - die Ehe war gar nicht rechtmäßig!

Ganze drei Jahre hielt die Ehe zwischen Heinrich VIII. und Anna Boleyn. Im Mai 1536 beendete sie der Henker, indem er die Köni

Annas Fehler war es, sich nicht mit der Rolle einer Mätresse zufrieden zu geben, wie sie ihre Schwester Mary zuvor gespielt hatte.

Anne Boleyn, eine in Frankreich veredelte Hofdame, rückte derweil ins Blickfeld - aber zuvor Elizabeth Blount, die königliche Mätresse, die dem Monarchen 1519 prompt einen Sohn gebar, Henry FitzRoy, den Heinrich VIII. sofort anerkannte und mit dem Titel Earl of Richmond ausstattete. Könnte dieser Henry nicht die Lösung sein, wenn sich auf legitimem Wege der Erbe nicht einstellen wollte?

Die Frage erübrigte sich, als Heinrichs dritte Ehefrau, Jane Seymour, ihm 1537 endlich den heiß begehrten männlichen Erben schenkte, den leider schwächelnden Edward VI., der 16-jährig im Jahre 1553 nach nur sechs Thronjahren, starb.

Anne Boleyn hatte es „nur" auf eine Tochter gebracht, Elizabeth, die spätere Königin. Heinrich behandelte Mutter und Kind mit kalter Abweisung. Wieder eine Tochter - wofür eigentlich der Kampf um Anne und die Loslösung von Rom? Sechs Jahre lang musste der königliche Werber (es existieren 17 seiner Liebesbriefe an Anne) um die Angehimmelte buhlen, ehe sie, die einen Mätressen-Status ablehnte, mit Heinrich das Bett teilte, nachdem er ihr die Heirat fest versprochen hatte.

In der Geschichte kommt Anne Boleyn als der Mutter der Großen Elizabeth aber noch eine zweite wichtige Rolle zu - als Stichwortgeberin für Heinrichs Bruch mit Rom. In der Zeit, als die päpstliche Diplomatie den König in ungewisser Erwartung hielt ob seines Ersuchens um Scheidung von Katarina war es Anne, eine frühe Evangelikale, wie man die Anhänger der neuen Bewegung für eine englischsprachige Bibel nannte, die den König mit Schriften ketzerischen Inhalts bekannt machte.

Da stand zu lesen, dass im frühen Christentum der verstreuten Länder der jeweilige Herrscher in eigener Hoheit das Wort Gottes vertrat und verkünden ließ - Gott brauchte keinen Papst, um die Menschen mit seinem Heil bekannt zu machen. Vielmehr war der König der Garant der christlichen Religion.

Auch würde sich die Vermittlerrolle der geweihten Priester durch ein "Priestertum der Gläubigen" ersetzen lassen. Voraussetzung dafür wäre die Übersetzung der Bibel ins Englische. Die Saat dieser Einflüsterung ging bei Heinrich sofort auf, wie eine Erleichterung. Was bisher als Ketzertum verpönt war, als Angriff auf das Privileg priesterlicher Verkündung des (lateinischen) Wortes, würde fortan zur Conditio sine qua non für die nationale Befreiung von römischer Bevormundung.

Das Stichwort war gefallen, wir nennen es heute Cäsaropapismus: Der Monarch ist der Kopf der Kirche in seinem Land, keine Bitte um Annullierung einer als illegitim empfundenen Ehe durch Rom ist mehr nötig, aber auch keine Berufung auf eine ausländische Instanz wie das Papsttum mehr möglich.

"Anglicana Ecclesia", so formulierte es der Text der Suprematsakte vom Dezember 1534, mit welcher das Parlament Heinrich VIII. zum Oberhaupt der englischen Kirche erklärte - Kirche und Staat vereint unter dem Dach der Nation und seinem allseits souveränen Herrscher. Wer den Eid darauf nicht leistet, hat als Hochverräter sein Leben verwirkt. Das traf auch Thomas Morus, den Lordkanzler.

Für Heinrich VIII. war die Frage der Scheidung von Katarina in dem Augenblick gelöst, als sie sich von einer dynastisch-persönlichen Frage in eine politisch-nationale verwandelte. Hatte er noch 1520 in seiner Streitschrift gegen Luther um das Wesen der Sakramente diesen dafür gegeißelt, dass er den Heiligen Stuhl "Babylon" nannte und die Autorität des Papstes "tyrannisch" (wofür ihm Leo X. den Ehrentitel "Defensor Fidei", Verteidiger des Glaubens, verlieh, den britische Monarchen bis heute führen), so wurde es jetzt staatlich verordneter Brauch, vom Papst nur noch als dem "Bischof von Rom" zu sprechen, "sonst auch bekannt als Papst", wie es eine Parlamentsvorlage von 1533 zum ersten Mal süffisant formulierte. Das abschätzige Wort von den "Papisten" trat in die englische Sprache ein.

Schritt für Schritt wurden der englischen Kirche ihre Vorrechte gegenüber Rom durch Beschlüsse des "Reformation Parliament" zwischen 1529 und 1536 entzogen. Erst wurden die jährlichen Geldzuweisungen an den Vatikan unterbunden, dann das Appellationsrecht beim Heiligen Stuhl, die Ernennung der Bischöfe, schließlich ging es den Klöstern an ihre Existenz. Die Geburt der Nation aus dem Geist der Insubordination unter einen auswärtigen Souverän.

Ein lange in England aufgestauter Anti-Klerikalismus, mit seinen Beschwerden über eine allzu weltlich gewordene katholische Hierarchie erleichterten Heinrich die Akzeptanz seiner Kehrtwendung. Es war ja keine theologische Reformation, wie sie Luther intendierte.

Vielmehr blieb der König bis zum Ende seines Lebens dem katholischen Glauben treu. Noch 1539 ließ er in den "Six Articles" den traditionellen Kern von Glauben und Kirchenpraxis bestätigen, darunter die Verwandlung von Brot und Wein in Christi Leib und Blut; die Ohrenbeichte; das Verbot der Eheschließung für Geistliche.

Mit Heinrich VIII. erhielt der englische Patriotismus seine erste Prägung stolzer, hochmütiger Unabhängigkeit. Daraus sollte der Zwillingsantrieb nationaler Politik entstehen: Die Abwehr potenzieller Invasoren sowie die Abwehr von Versuchen, die Dominanz der englischen Staatskirche zu schwächen oder sie gar zu untergraben.

Protestantismus und Nationalismus gingen eine typische Legierung ein, die Englands Macht begründen half. In seinen sechs Frauen ist Heinrich VIII. fast wie eine Pop-Ikone wieder zu erkennen. In den Weichenstellungen seiner Ära aber erkennen wir einen Gründervater Englands, überlebensgroß bis in die Verästelungen seines manischen Willens.

Elf Tage nach dem Tode Anne Boleyns heiratet Heinrich VIII. Jane Seymour (1509-1537), die ihm am 12. Oktober 1537 den erwünschten männlichen Thronfolger, Eduard (1537-1553; König von England von 1547-1553) gebärt. Der Plan Heinrichs VIII., seinen Sohn mit der schottischen Thronfolgerin Maria Stuart (1542-1587) zu verheiraten, scheitert an den Plänen der Mutter von Maria Stuart, Marie de Guise (1515-1560), die ihre Tochter am französischen Hof erziehen lässt und deren Heirat (24.4.1558) mit dem französischen Dauphin Franz (1544-1560, König Franz I.1558-1560) ) einfädelt. Jane Seymour stirbt noch im Wochenbett, elf Tage nach der Geburt des männlichen Thronfolgers.

In vierter Ehe heiratet Heinrich VIII., um durch Annäherung an die protestantische Welt seine außenpolitische Isolierung zu mindern, Anna von Cleve (1515-1557), deren Vater Johann III. (gest.1539), der Herzog von Cleve und Geldern, durch verwandtschaftliche Beziehungen eine gewisse Affinität zum Luthertum zeigte. Da Heinrich VIII., der von einem schmeichelnden Gemälde Annas, das Hans Holbein d. Jüngere (1497-1543) gemalt hatte, beeindruckt gewesen war, schon bei der ersten persönlichen Begegnung eine große Abneigung gegen Anna empfand und die Ehe nie vollzogen worden ist, wurde sie im Juli 1540 ohne Schwierigkeiten wieder aufgelöst.

In sechster Ehe heiratet Heinrich VIII. am 12.7.1543 Catherine Parr (1514-1548), die Heinrich während seiner letzten dreieinhalb, von Krankheit gezeichneten Lebensjahren aufopferungsvoll pflegt. Aus der Ehe gingen keine Kinder hervor.

Was aber war mit Catharine Howard? Die 19-jährige, sehr attraktive, aber etwas dümmliche junge Frau, tat offenbar das, was Anne Boleyn wenige Jahre zuvor aufs Schafott gebracht hatte. Sie betrog den 49-jährigen Heinrich nach ihrer Heirat am 28. Juli 1540, wo es nur ging.

Weil Heinrichs Hoffnung auf einen männlichen Erben trotz allem vergeblich war, bestieg schließlich doch Annes Tochter den Thron: Elisabeth I. (1533-1603) wurde Englands größte Königin.

Sie war eine Cousine von Heinrichs zweiter Frau Anne Boleyn, die 1536 von Heinrich VIII. enthauptet wurde. Keine zwei Jahre nach ihrer Hochzeit ließ der König auch Katharina Howard wegen Hochverrats köpfen.

Prolog

Mein Name ist Catherine Howard und ich bin neunzehn Jahre alt. In ein paar Tagen werde ich hingerichtet werden. Ich werde jetzt als Gefangener in der Abtei Syon festgehalten, einem alten Palast auf der Südseite der Themse. Morgen, so wurde mir gesagt, soll ich auf ein Schiff gesetzt und den Fluss hinunter zum Tower of London gebracht werden. Dort soll ich übernachten und am nächsten Morgen zum Gerüst auf Tower Green begleitet werden. Und dort, vor Hunderten von Menschen, werden sie mir den Kopf abschlagen.

Warum? Du darfst fragen. Die Antwort ist einfach. Alles, was ich tun wollte, war, etwas Liebe und Aufregung mit meinen beiden Liebhabern Francis Dereham und Thomas Culpepper zu finden. Ist das so schlimm - für ein temperamentvolles junges Mädchen, nach Liebe und Aufregung zu suchen? Nein, ich bin sicher, Sie stimmen zu, normalerweise ist es das nicht. Tausende, wenn nicht gar Millionen junger Mädchen haben das seit Anbeginn der Zeit getan - diese Suche nach Wärme und enger Gemeinschaft. In meinem Fall war es jedoch ein Verbrechen. Es war ein Verbrechen, denn mein Mann war der König von England, König Heinrich der Achte. Wenn du die Königin von England bist, wie ich es achtzehn Monate lang war, hast du überhaupt kein Recht, nach Liebe und Zuneigung außerhalb des Ehebettes zu suchen, obwohl dein Mann stark übergewichtig, impotent, krank und dreißig Jahre älter ist als du.

So ist es passiert.

Mit meinen Augen, die auf einen vagen Punkt in der Ferne gerichtet waren, war ich, Catherine Howard, in Gedanken versunken. Worum ging es in meinem Leben? fragte ich mich. Man sagt, dass ich 1524 oder so geboren wurde, und, was meinen Geburtsort betrifft, so hängt das davon ab, wem man fragt. Verschiedene Leute in meiner Familie haben mir verschiedene Dinge erzählt. Einige sagen, dass ich in Wingate geboren wurde, einer kleinen Stadt im County Durham im Norden Englands. Andere sagen, ich bin in London geboren. Aber wie ich Ihnen vielleicht schon gesagt habe, interessiert mich die Frage nach meinem Geburtsdatum und -ort nicht allzu sehr.

Alles, was ich weiß, ist, dass mein Vater Lord Edmund Howard war, der dritte Sohn des Herzogs von Norfolk und meine Mutter Jocasta Culpepper, obwohl sie manchmal auch Joyce Culpepper genannt wurde. Die andere Nichte des Herzogs, Anne Boleyn, wurde die zweite Frau von Heinrich dem Achten, und so waren Anne und ich erste Cousins.

Obwohl mein Vater ein Mitglied der berühmten und aristokratischen Howard-Familie war, war er als einer der jüngeren Söhne nicht sehr reich, und das geringe Geld, auf das er Anspruch hatte, musste mit seinen Brüdern und Schwestern geteilt werden. Außerdem war er nicht sehr vorsichtig mit seinem Geld und ließ es durch seine Finger rieseln - wenn nicht gar fließen. Das bedeutete, dass er immer in Schulden steckte und ständig von jedem leihet, mit dem er in Kontakt kam.

Natürlich war das nicht gut für seinen Ruf und die Leute sagten, dass er gezwungen war, die Grundstücke seiner ersten Frau in Hampshire und Kent zu verkaufen, um seine Kredite zurückzuzahlen.

Natürlich versuchte er, die Tatsache auszunutzen, dass er Mitglied der Howard-Familie war, der führenden Adelsfamilie des Landes, aber im Allgemeinen half ihm das nicht sehr. Obwohl er sich am Hof auskannte und die Ritterturniere für die erste Ehe von König Heinrich dem Achten, also mit Katharina von Aragon, organisiert hatte, half ihm das später nicht weiter, als er eine ernsthafte finanzielle Unterstützung benötigte.

Zusätzlich zur Ausnutzung des Namens Howard möchte mein Vater jeden Möchtegern-Gönner daran erinnern, dass er 1513 in der Schlacht am Flodden Field für den König gekämpft hatte. Dort hatte er zu Beginn seiner Herrschaft Seiner Majestät als Marschall der Kavallerie gedient.

Nichts davon half ihm jedoch wirklich, bei Hofe voranzukommen. Vielleicht war einer der Gründe dafür, dass die Howards 1485 König Richard den Dritten im Kampf gegen den Vater des heutigen Königs in Bosworth unterstützt hatten. Infolgedessen, obwohl über fünfzig Jahre vergangen waren, waren die Tudors immer noch misstrauisch gegenüber den Howards.

Ein weiterer Grund, warum mein Vater nicht bei Hofe war, war, dass Thomas Cromwell, der Kanzler des Königs, ihn ins Ausland nach Frankreich geschickt hatte, um Controlleur in Calais zu werden. Obwohl diese Ernennung als wichtiger Posten angesehen worden sein mag, bedeutete sie, dass er vom Hof und den Machtzentren ferngehalten wurde. Das bedeutete, dass er nicht in der Lage war, für seine Interessen und mögliche Beförderungen zu kämpfen, wenn sich eine Gelegenheit ergab.

Vor drei Jahren kehrte mein Vater nach England zurück, nachdem der König ihn von seinem Posten in Calais entlassen hatte. Einige böswillige Zungen sagen, dass dies auf sein Versagen bei der verantwortungsvollen Ausübung seiner Aufgaben zurückzuführen ist, aber ich behaupte, dass dies alles auf seine schlechte Gesundheit zurückzuführen ist. Als ich ihn bei seiner Rückkehr nach London traf, bemerkte ich sofort, dass sein normalerweise rostiges Gesicht nun blass und gezeichnet aussah. „Vater“, konnte ich nicht anders, als es zu sagen. „Du musst kränklich sein. Wann hast du zuletzt gegessen? Und du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen. Bist du krank?“

Er versuchte, darüber zu lachen. „Krank? Es ist eher so, als wäre ich seekrank gewesen. Aber keine Sorge, Catherine, ich werde in ein paar Tagen darüber hinweg sein.“

Er lag falsch. Schon kurz nach seiner Rückkehr nach London brach er zusammen und starb. Als Howard hatte er natürlich eine beeindruckende Beerdigung, die sehr gut besucht war. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass einige der Herren, die kamen, dies taten, nur um zu sehen, dass es am Hof einen männlichen Howard weniger gab.

Sein Tod bedeutete, dass seine dritte Frau, Margaret Munday, nach weniger als zwei Jahren Ehe verwitwet war. Aber bis dahin war ich kein Kind mehr und da sie nicht meine richtige Mutter war, brauchte ich sie nicht um mich herum. Und außerdem teilte ich nicht mehr das gleiche Dach mit ihr. Ich lebte nun bei meiner Stiefmutter Agnes, der Herzogin-Witwe von Norfolk, in ihrem Palast bei Lambeth in einem schönen Gebäude unten an der Themse.

Meine wahre Mutter wusste nichts davon, da sie acht Jahre zuvor, 1531, gestorben war. Der Tradition der Zeit folgend, durfte sie mich auch nicht erziehen oder mich fest an sich binden. Gemäß dem aristokratischen Brauch wurde ich von einer Reihe von Gouvernanten erzogen und sah meine enge Familie in der Regel nur bei offiziellen Anlässen oder bei religiösen Festen. Das bedeutet, dass ich überhaupt nicht viel über meine Mutter erzählen kann. Alles, an das ich mich erinnere, war, dass sie eine angenehme Erscheinung war, und ich glaube, dass sie meinen Vater liebte, obwohl viele Leute am Hof dachten, dass er ein unverantwortlicher Verschwender sei.

Was ich aus diesen frühen Tagen in Erinnerung habe, ist, dass ich überall dort, wo wir lebten, entweder im Norden des Landes oder in London, immer viele andere Kinder zum Spielen hatte. Es gab mindestens fünf Kinder aus der ersten Ehe meiner Mutter, aber einige von ihnen waren jung gestorben - ein trauriges Ereignis, das in jenen Tagen sehr oft geschah. Ich erinnere mich jedoch, dass ich mit meinen Stiefbrüdern John und Ralph und auch mit meinen drei Stiefschwestern Isabel, Joyce und Margaret gespielt habe. Nachdem meine Mutter meinen Vater geheiratet hatte, wurde ich wie meine Brüder Henry, George und Charles und meine Schwestern Margaret und Mary geboren. So sieht man, dass ich immer in überfüllten, belebten Haushalten lebte, in denen der Lärm und die Hektik der kleinen Kinder allgegenwärtig waren.

Meine Familie war arm, nicht wie Bettler, die weder Essen noch Kleidung zum Anziehen hatten, aber sicherlich waren wir viel weniger wohlhabend als der Rest der Howard-Familie. Meine Eltern fanden es daher ganz natürlich, uns auf unsere verschiedenen Wege zu schicken, um mit anderen Adelsfamilien oder verschiedenen Mitgliedern der Howard-Familie aufzuwachsen. Wie ich gerade sagte, wurde ich zu meiner Stiefmutter, der Herzogin- Witwe Agnes Howard, geschickt. Aber ich nannte sie immer Großmutter oder Oma. Sie lebte in einem großen Landhaus in Horsham, Sussex, etwa dreißig Meilen südlich von London.

Zuerst genoss ich es, in der grünen Landschaft zu leben. Ich fand das alles sehr neu, interessant und friedlich, besonders nachdem ich viele Jahre lang mit dem Lärm und der Hektik Londons gelebt hatte. Von meinem Zimmer aus konnte ich die bewaldeten Hügel der South Downs sowie den Chanctonbury Ring sehen, den hohen Hügel mit Baumkronen, den ich als Berg betrachtete. Es war etwa ein Dutzend Meilen südlich des Hauses der Witwe und gelegentlich fuhren wir mit einem Wagen zu ihrer Basis und kletterten dann den kreidehaltigen Fußweg hinauf zum Gipfel. Dort machten wir ein Picknick, kochten Äpfel und Käse und tranken ein kleines Bier, während wir den herrlichen Blick auf die darunter liegende Aussicht genossen. Bis heute kann ich mich noch daran erinnern, wie ich dort stand und jemandes Hand hielt, falls ich weggeblasen wurde. Von diesem hohen Hügel aus konnte ich auch das Meer aus der Ferne sehen, ein Meer, von dem mir gesagt wurde, dass es der Englische Kanal genannt wurde.

„Geht das ewig so weiter?“ Ich erinnere mich, dass ich gefragt habe. „Da muss so viel Wasser drin sein. Sie ist noch breiter als die Themse stromabwärts von unserem Haus in Lambeth.“

Mein älterer Bruder, George, schüttelte den Kopf. „Nein, Catty, natürlich geht das nicht ewig so weiter. Frankreich ist auf der anderen Seite. Weißt du denn gar nichts?“

„Und nennen die Franzosen es auch den Ärmelkanal?“ Ich erinnere mich, dass ich gefragt habe.

„Natürlich nicht“, antwortete er und klang wie ein Schulmeister. „Sie nennen es „La Manche“, was „der Ärmel“ bedeutet.“

„Und können die Franzosen es nicht in Booten überqueren und nach England kommen?“ war meine nächste Frage.

„Oh nein, Catty. Das würden sie jetzt nicht wagen. Nicht mit unserem König Heinrich auf dem Thron. Einmal taten sie es vor etwa vierhundert Jahren. Ihr König Wilhelm der Eroberer überquerte den Kanal mit vielen Männern und Booten, aber jetzt sind wir zu stark für sie, um das noch einmal zu versuchen, nicht wahr, Charles?“

Mein anderer Bruder nickte und blähte seine Brust aus, als ob er selbst dafür verantwortlich wäre, die bösen französischen Invasoren in Schach zu halten. Dann setzte er seinen Schwertkampf mit George fort, während ich fasziniert von der Aussicht stand, als die leichten Winde um meinen Rock und durch die hohen Bäume schwirrten.

Neben langen Spaziergängen in der üppigen Landschaft sahen wir viele Dinge, die wir in London noch nie gesehen hatten. Manchmal besuchten wir die Pächter und die Bauern, die auf dem Anwesen meiner Großmutter arbeiteten. Ich erinnere mich, dass wir mindestens dreimal in ihre kleinen Hütten eingeladen wurden, um etwas Milch zu trinken und etwas Gebäck zu essen. Das erste Mal, als dies geschah, brachte ich alle zum Lachen, als ich fragte, ob die Milch wirklich aus der schwarz-weißen Kuh gekommen sei, die draußen angebunden war.

„Ja, das tut es, Mylady“, knickste und lächelte die Tochter des Bauern. „Und schmeckt es nicht gut?“ fragte sie, nachdem ich einen Becher davon getrunken hatte. „Ja, ich habe die Kuh selbst für deinen Becher gemolken.“

„Aber wie bekommt man die Milch heraus? Es gibt keine Zapfen.“

Dabei brachen alle in lautes Lachen aus und ich legte meine Hände auf mein Gesicht, um meine errötenden Wangen zu verstecken.

„Meg, bring Lady Catherine nach draußen“, hatte der Vater des Mädchens gesagt, „und zeig ihr, woher die Milch kommt. Zeig ihr, wo die Zapfen der Kuh sind.“ Meg nahm meine Hand und führte mich nach draußen, wo die Kuh der Familie eifrig Gras und ein paar kleine gelbe Blumen kaute.

„Hier, komm näher“, wies sie mich an. „Sie wird dir nicht wehtun.“ Und sie zog mich zu den warmen Flanken der Kuh. Nun, da ich dem Tier nahe war, sah es viel größer aus, als wenn ich andere Kühe in den umliegenden Feldern gesehen hatte. Jetzt konnte ich ihre großen braunen Augen und die Fliegen sehen, die ständig um ihren Kopf flogen. Plötzlich wurde die Kuh - „Wir nennen sie Jane“ - auf uns beide aufmerksam und hob ihren riesigen Kopf, das heißt, riesig für mich, und trat ein oder zwei Schritte zurück. Diese Bewegung machte mir Angst und ich zog meine Hand von Meg's weg und rannte weg, um mich hinter einem nahegelegenen Baum zu verstecken.

Meg lachte. „Hab keine Angst, Mylady. Sie wird dir nichts tun. Sieh sie dir einfach an. Alles, was sie tun will, ist fressen.“

Und es war wahr. Jane stand einfach da, mit dem Kopf wieder unten und kauerte auf einer frischen Wiese. Gelegentlich blickte sie auf, drückte ihre lange Zunge in jedes ihrer beiden Nasenlöcher und setzte dann ihr Mahl fort.

Ich ging langsam zurück zu Meg und nahm ihre Hand. Sie zeigte mir, wo die stark geäderten Euter waren und erklärte mir, dass die Milch von dort kam.

„Meinst du, sie sind wie die, aus denen ein Baby lutscht?“ fragte ich und zeigte stolz auf meine eigenen knospenden Brüste. „Wie Mistress Alice meinen jüngsten Bruder gesäugt hat, als er noch ein Baby war?“

Meg nickte. „Das ist richtig. Aber lass uns jetzt wieder reingehen. Es sieht so aus, als würde es regnen.“

Aber als sich der Sommer bis in den Herbst hinein erstreckte und die Regenfälle zunahmen, die vergilbten Blätter von den Bäumen wuschen und die Wanderwege in Schlamm verwandelten, begann ich mich vom Landleben zu langweilen. Wir konnten nicht so viel wie im Sommer draußen spielen oder spazieren gehen, und die kalkhaltigen Pfade wurden rutschig und gefährlich. Als der September in den Oktober und November überging, vergingen ganze Wochen, ohne dass ich das Haus verließ. Spiele wie Murmeln und Verstecken zu spielen oder zu lesen interessierte mich nicht mehr, und ich hatte sicherlich nicht den Wunsch, meine Hand beim Schreiben von Geschichten oder Gedichten zu versuchen.

„Als Tochter der Familie Howard“, betonte die Herzogin, „musst du dich in den Bereichen Lesen und Schreiben sowie Nähen und Sticken ausbilden. Eines Tages, so hoffen wir, nachdem du verheiratet bist, musst du einen großen Haushalt führen und dafür musst du deine Zahlen und Buchstaben kennen.“

Und so setzte sich jeden Morgen, wenn der Himmel grau war und es zu regnen drohte, meine Großmutter zu mir und einigen der anderen Mädchen, und einer der Männer in ihrem Haushalt lehrte uns die Buchstaben im Alphabet und in der einfachen Arithmetik.

Das gefiel mir nicht besonders gut, da ich in diesen Fähigkeiten nicht sehr gut war. „Deine Briefe sind ungleichmäßig“, würde mein Lehrer sagen. „Ich kann den Unterschied zwischen deinen Großbuchstaben und deinen kleinen kaum erkennen. Schau hier, du musst zeigen, dass die Hauptstadt C am Anfang deines Namens viel größer ist als der Rest der Buchstaben. Kannst du das nicht sehen?“

Und so zog der Winter vorbei, grau und langsam, seine Langeweile brach nur durch die Weihnachtsfeierlichkeiten und deren Vorbereitung. Trotz der Verzweiflung meines Lehrers habe ich jedoch gelernt, ein wenig über Zahlen zu schreiben und zu verstehen, aber ich habe es nie genossen. Solange die Zahlen nicht zu groß und die Aktionen nicht zu kompliziert waren, gelang es mir, eine elementare Addition und Subtraktion zu lernen.

Ebenso lernte ich, die Kunst des Lesens zu beherrschen, aber die Geschichten, die mir gegeben wurden, haben mich nicht begeistert.

„Hör zu, Catherine. Benutze deine Fantasie. Kannst du nicht den tapferen Ritter und die sanfte Dame sehen?“ fragte meine Stiefschwester. „Siehst du nicht, wie Sir Brave-Knight auf seinem mächtigen Kriegspferd sitzt?“

„Nein“, würde ich antworten. „Alles, was ich sehen kann, sind schwarze Buchstaben auf weißen Seiten.“

„Und was ist mit der schönen Prinzessin mit ihren goldenen Locken? Kannst du nicht sehen, dass sie ihre glänzenden Juwelen und eine goldene Krone auf dem Kopf trägt?“

„Nein, die kann ich auch nicht sehen. Die einzigen Juwelen, die ich sehen kann, sind die, die Großmutter manchmal trägt.“

Um also meinem Unterricht und der Langeweile zu entkommen, spielte ich mit meinen Puppen. Ich kleidete sie und schmückte sie mit kleinen Gold- und Silberketten und erfand kleine Stücke, damit sie handeln konnten. Sie spielten die Rollen, von denen ich hoffte, dass ich sie eines Tages spielen würde: eine reiche Dame am Hof, gekleidet in feine Kleidung, funkelnd mit allen möglichen Juwelen und Verzierungen.

Manchmal, natürlich, fand ich das sehr schwer vorstellbar, als ich mir meine eigene, handgemachte Kleidung ansah und die ausgefransten Ärmel und geflickten Röcke bemerkte. Eine der schönsten Erinnerungen, die ich an mein Leben auf dem Land habe, war, als wir eines Tages zum Stadtplatz - dem Carfax - in Horsham gingen und uns ein Stück namens Noah's Flood ansahen. Dies war ein „Wunderspiel“, das auf der alten biblischen Geschichte aufbaute und auf dem Gelände der Marienkirche aufgeführt wurde. Es machte Spaß, in der Menge zu stehen und Noah und seine Frau und Söhne sowie die Holztiere in ihrer Arche zu beobachten. Danach gingen wir zum Markt und kauften Süßigkeiten und kandierte Mandeln. Dieser einzige Ausflug hinderte mich jedoch nicht daran, mich den größten Teil des Winters langweilen zu müssen.

Eines Tages, als der schwere graue Himmel zeigte, dass es keine Chance auf einen Spaziergang geben würde, sah die Herzogin mich am Fenster sitzen und einen Ausdruck völliger Hoffnungslosigkeit und Langeweile tragen. Ich blickte auf den tristen Tag draußen und mein Stickrahmen lag zu meinen Füßen. Meine Hände, die auf den Fensterrahmen trommelten, waren leer. An diesem Punkt entschied sie, dass ich lernen sollte, ein Musikinstrument zu spielen.

„Du bist erst vierzehn Jahre alt, mein Kind, und ich denke, dass es sehr gut für dich wäre, etwas spielen zu lernen. Heute wissen alle jungen Damen in deiner Position, wie man Musik macht. Eines Tages, wer weiß, wirst du vielleicht gebeten, vor den Hof zu gehen und vor dem König selbst zu spielen.“

„Aber welches Instrument soll ich lernen zu spielen?“ fragte ich. „Ich weiß nichts über Musik, außer zu singen und anderen Leuten beim Singen zuzuhören.“

„Mach dir keine Sorgen, Catherine“, antwortete die Herzogin. „Ich habe von einem jungen Mann gehört, der in die Stadt gezogen ist. Er ist Musiker und ich habe gehört, dass er auf der Suche nach Arbeit ist. Ich gehe und spreche mit seinem Vater. Er wohnt nicht weit von hier, so dass du regelmäßig Unterricht haben kannst.“

Von da an würde mein Leben nie wieder dasselbe sein. Ich würde nicht nur etwas über Musik lernen und was sie dem menschlichen Geist antun könnte, sondern auch über Menschen und was sie dem menschlichen Körper antun könnten, insbesondere dem meinen.