Römer im Schatten der Geschichte - Robert Knapp - E-Book

Römer im Schatten der Geschichte E-Book

Robert Knapp

4,5
13,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Bild, das die römische Elite von ihrer Gesellschaft zeichnete und das die Geschichte bis heute fortschreibt, hatte mit der Wirklichkeit der meisten Einwohner des Römischen Reiches sehr wenig zu tun. Denn die Quellen für dieses Geschichtsbild entstammen sämtlich der Oberschicht, die nur 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung im Römischen Reich ausmachte, aber etwa 80 Prozent des Vermögens besaß. Die restlichen 99,5 Prozent - um Christi Geburt geschätzt etwa 50 bis 60 Millionen Einwohner - sind von der Geschichte vergessen. In neun Kapiteln zeichnet der Autor ein Bild vom Leben, Arbeiten und Sterben dieser Männer und Frauen: Arme Bürger und einfache Leute, Sklaven, Freigelassene und Soldaten, Prostituierte, Gladiatoren, Banditen und Piraten. Sozial- und Alltagsgeschichte der Antike in neuem Licht Revidiert das gängige oberschichtenzentrierte Geschichtsbild!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 639

Bewertungen
4,5 (18 Bewertungen)
11
5
2
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Aus dem Englischen von Ute Spengler

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Besuchen Sie uns im Internet: www.klett-cotta.de

Klett-Cotta

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Invisible Romans« im Verlag Profile Books Ltd, London

© 2011 by Robert Knapp

Für die deutsche Ausgabe

© 2012 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Lektorat: Wanda Löwe

Cover: Rothfos und Gabler, Hamburg

Unter Verwendung eines Motivs aus der Villa dei Misteri, Pompeii, Italy,

© Bridgeman Berlin

Datenkonvertierung: Koch, Neff & Volckmar GmbH, KN digital – die digitale Verlagsauslieferung Stuttgart

Printausgabe: ISBN 978-3-608-94703-8

E-Book: ISBN 978-3-608-10286-4

EINFÜHRUNG: DER BLICK IN DEN SCHATTEN

Dieses Buch beschäftigt sich mit Menschen, die von der Geschichte vergessen wurden. Ich versuche aufzuhellen und zu verstehen, wie das Leben der breiten Bevölkerungsschichten aussah, die in den ersten drei Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, von der Zeit des Augustus bis zur Thronbesteigung durch Konstantin, in Rom und seinem Reich beheimatet waren. »Vieles in der Geschichte Griechenlands und Roms«, schreibt der britische Althistoriker Michael Crawford, »ist uns ganz einfach unzugänglich.« Zeugnisse liegen nur lückenhaft vor und sind oft schwer zu deuten. Unter den Wissenschaftlern wird lebhaft darüber gestritten, wie weit sich die römische Welt erschließen lässt. Unsere Welt, die Welt des 21. Jahrhunderts, unterscheidet sich in zahllosen Aspekten von der des alten Rom, nicht zuletzt in unseren Einstellungen und Erwartungen. Angesichts der geringen Zahl erhaltener Zeugnisse aus dem römischen Alltagsleben will es allmählich so scheinen, als blieben die gewöhnlichen Römer unseren Augen in ihrer Unsichtbarkeit unwiederbringlich entzogen.

Doch brauchen wir nicht zu verzweifeln. Die Zeugnisse eines bestimmten Zeitabschnitts lassen sich durch sorgfältige Nutzung von Quellen aus der vorausgehenden und nachfolgenden Zeit ergänzen. Ältere Kulturen waren beständiger als die unsere. Die Fortdauer der Agrarkultur und -wirtschaft in der alten Welt lässt vermuten, dass sich die Menschen dieser Zeit in ihrem Verhalten sehr ähnlich waren, nicht aufgrund von Kontakten und Gemeinsamkeiten, sondern weil sie dieselben Überlebenskämpfe ausfochten. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht nicht nur die Stadt Rom, sondern die gesamte römische Welt. Man könnte meinen, der römische Charakter sei in den lateinisch sprechenden Teilen dieser Welt stärker ausgeprägt gewesen als in Gegenden, in denen andere Sprachen dominierten, eine Annahme, für die jedoch weder die Quellenlage noch die Logik spricht. Wir besitzen eine größere Zahl nützlicher Zeugnisse aus dem überwiegend griechischsprachigen Teil des Kaiserreichs, vor allem aus Ägypten. Sie enthalten nicht nur aufschlussreiche Beobachtungen über das Landleben, sondern befassen sich (wie auch wir es tun werden) zu großen Teilen mit dem Leben der Stadtbewohner. Die Erfahrungen des Lebens in Groß- oder Provinzstädten, die oft nach römischem Muster gegründet und regiert wurden, führte zu zahlreichen Übereinstimmungen in Denk- und Verhaltensweisen. Damit soll weder die kulturelle Vielfalt des Reiches geleugnet noch behauptet werden, dass nun jeder auf ebendiese Weise dachte und agierte. Doch die Ähnlichkeiten in Anschauungen und Verhalten lassen es sinnvoll erscheinen, alle uns zur Verfügung stehenden Quellen zu nutzen, solange unsere Fragen sorgfältig gestellt und unsere Antworten kritischer Prüfung unterzogen werden.

Über die Schwierigkeiten von Raum und Zeit hinaus konfrontieren uns die Quellen mit einem zusätzlichen Problem: Was erhalten ist, wurde im Allgemeinen von den Reichen und Mächtigen selbst oder für sie geschaffen und blendet das Tun und Denken der übrigen Schichten aus. Der der Oberschicht angehörende Historiker Ammian hat diesen Umstand gegenüber den Kritikern historischer Darstellungen wie folgt gerechtfertigt:

Sie fühlen sich gekränkt, wenn man übergeht, was der Kaiser während der Tafel gesprochen hat, oder ausläßt, aus welchem Grund einfache Soldaten bei den Fahnen bestraft worden sind, oder weil man … über kleine Kastelle nicht hätte schweigen dürfen … Ähnliche Vorwürfe gibt es noch viele, aber sie widersprechen den Gesetzen der Geschichtsschreibung, die gewöhnlich nur die Höhepunkte der Ereignisse beschreibt, nicht aber den Kleinigkeiten niederer Sphären nachspürt. Denn wenn jemand diese erforschen wollte, könnte er die Hoffnung hegen, daß sich auch jene unteilbaren Körperchen, die im leeren Raum schweben und die wir Griechen Atome nennen, zählen ließen. (Res gestae – Römische Geschichte 26,1,1)

So steht es dem Historiker frei, Schwierigkeiten weitestgehend auszuschalten, wenn er schildert, was die römische Elite interessierte – Politik und Kriege, Themen wie die Schaffung und Durchsetzung von Gesetzen, Philosophie, Kunst sowie die Verteidigung einer Sozialstruktur, die ihr selbst den höchsten Platz zuwies. Jährlich erscheinen zahlreiche Bücher zu diesen Themen, aber die Quellen, das Herzensanliegen der Historiker, tragen mehr zur Verdunkelung als zur Klärung dessen bei, worauf wir hier aus sind. Antike Quellen liegen in zweierlei Form vor: Sie sind entweder als solche oder beiläufig entstanden. Erstere sind für unseren Zweck in der Regel irrelevant, doch Letztere können entscheidend sein. Es kommt immer wieder vor, dass ein Autor der Oberschicht zum Beispiel bei der Darstellung der römischen Expansionskriege hie und da kontextuelle Details und Informationsschnipsel einfügt, die in Kombination mit anderen Zeugnissen ansatzweise ein Bild der normalen Bevölkerung entstehen lassen. Eine direkte Stimme haben die Erfahrungen dieser gewöhnlichen Menschen in den erhaltenen römischen Geschichtswerken nicht. Gelegentlich ist es aber möglich, Einsichten in das Leben der Unsichtbaren selbst dort zu gewinnen, wo dies nicht beabsichtigt war, und diese Erkenntnisse durch Blickpunkte und Zeugnisse aus verschiedenen anderen Quellen zu erweitern.

Ich suchte nach einem Begriff, der die demographische Gruppe umfasst, die das Thema meines Buches ist, und möchte sie die »gewöhnlichen Menschen« nennen, eine Definition, die sie von der Elite unterscheidet und andererseits offen bleibt für die ganze Vielfalt ihrer Existenz – Wohlhabende und wenig Begüterte bis hin zu den ausgesprochen Armen, Männer und Frauen, Sklaven und Freie, Gesetzestreue und Banditen. Die Welt dieser gewöhnlichen Leute wurde beherrscht von einer winzigen, auf Machterhalt bedachten Oberschicht, begrenzt und definiert durch Reichtum, Tradition, Abstammung und politischen Einfluss. Die Angehörigen der Oberschicht ordneten sich selbst einem von drei Ständen oder ordines zu: Der Stand der Senatoren war der sozial und politisch höchstrangige, wenn auch nicht unbedingt der reichste. Der Ritterstand war mehr auf den Erwerb von Vermögen als auf Macht und Rang der Senatoren aus. Der Stand der Dekurionen verwaltete die Groß- und die Provinzstädte des Reiches und entsprach der Kategorie der Senatoren und Ritter Roms. Diese Männer waren meist weniger wohlhabend als die Angehörigen des Senatoren- und Ritterstands, obwohl lokale Dekurionen manchmal auch Ritter waren. Zusammen umfassten die drei Stände nicht mehr als 100000 bis 200000 Mitglieder, weniger als ein halbes Prozent der Bevölkerung des Reiches von 50 bis 60 Millionen. Unter ihnen zählten nur die Männer, etwa 40000 an der Zahl, und damit kam, da das Imperium Romanum zu dieser Zeit rund 6,5 Millionen Quadratkilometer umfasste, durchschnittlich ein erwachsenes männliches Mitglied der Oberschicht auf etwa 155 Quadratkilometer. Da die Eliten sich in Rom konzentrierten, war der Anteil andernorts noch geringer. Doch diese verschwindend kleine Zahl weit verstreuter Repräsentanten dieser Schicht hatte fast alles in ihrer Gewalt. Obwohl sie für das vorliegende Projekt nicht unmittelbar von Bedeutung sind, darf man ihren Einfluss auf die übrigen 99,5 Prozent nicht aus den Augen verlieren.

In den folgenden Kapiteln werden die von der Geschichte vergessenen Bewohner des römischen Kaiserreichs in verschiedene Gruppen eingeteilt, die einander mehr oder weniger ausschließen. So gibt es separate Kapitel über gewöhnliche Männer und Soldaten und über gewöhnliche Frauen und Prostituierte. Das Ziel wird sein, soweit möglich Zugang zum Denken dieser verschiedenen Menschen zu finden: Welche Anschauungen und Erwartungen hatten sie? Welche Ängste plagten sie und von welchen Hoffnungen ließen sie sich leiten? Der amerikanische Althistoriker David Potter schreibt: »Es kann keine allgemeingültige Definition der Geschichte oder des historischen Prozesses geben, die nicht auch die letztlich subjektive Auswahl sowohl der Zeugnisse als auch der Darstellung berücksichtigte.« Ich treffe Entscheidungen und fälle Werturteile, wenn ich in diesem Buch verschiedenartige Fäden zum Teppich des Lebensalltags der unsichtbaren Römer verknüpfe. Eine lesbare und aufschlussreiche Darstellung der missachteten Mehrheit zu schaffen war ein reizvolles Unternehmen, und ich hoffe, dass Leserinnen und Leser an dem Ergebnis ihr Vergnügen haben – an dem Blick auf die Menschen im Schatten der Geschichte, die endlich sichtbar sind.

1IN DER MITTE: GEWÖHNLICHE MÄNNER

Den überwiegenden Teil der Literatur und herausragenden materiellen Kultur, die wir gemeinhin die »römische« nennen, haben Kaiser, Senatoren und Ritter sowie die lokalen Gruppen der Magistrate, städtischen Räte und Priester des Römischen Reiches – mithin die Elite – geschaffen. Daraus ergibt sich, dass dort, wo »Römisches« zum Thema wird, der Beschreibung der römischen Gesamtbevölkerung in aller Regel die Geisteswelt und Kultur der Oberschicht zugrunde gelegt wird, etwa wenn man von »römischer Zivilisation« oder vom »Verhältnis der Römer zu Frauen« spricht oder schreibt. Von dieser Gepflogenheit weiche ich hier ab und richte meine Aufmerksamkeit stattdessen auf die normale Bevölkerung, auf die gewöhnlichen Menschen, die in der sozialen Pyramide unterhalb der Hochgestellten, und für diese im Allgemeinen unsichtbar, ihren Platz haben. Unter den gewöhnlichen Menschen verstehe ich jeden Freien unterhalb der Oberschicht und über dem mittellosen Tagelöhner oder Bauern. Ihre Anschauung vom Leben, mit ihren Augen betrachtet, gibt ein reiches Mosaik an Denk- und Handlungsweisen zu erkennen, vollzieht sich ihr Leben doch außerhalb des beschränkten Blickwinkels der aristokratischen Zirkel des Reiches. Ist ihre geistige Welt in gewissen elementaren Belangen auch dieselbe wie die der Elite, da beide letztlich Teil derselben Kultur waren, so lassen ihre Anschauungen und Einstellungen doch signifikante Unterschiede erkennen.

An der Spitze der sozioökonomischen Pyramide stand die Elite des Reiches. Das Qualifikationskriterium war das Vermögen: 400000 Sesterzen für den Ritter, über eine Million Sesterzen für den Senator. Unter den geschätzten 50 bis 60 Millionen Menschen im Römischen Reich gab es vielleicht 5000 erwachsene Männer, die einen so immensen Reichtum besaßen. Unter ihnen, aber meist weit darunter, stand die Elite der Provinzstädte. Nimmt man für jede der 250 oder 300 Kleinstädte, deren Größe über die eines Dorfes hinausging, im Schnitt 100 oder 125 männliche Erwachsene an, kommt man auf weitere 30000 bis 35000 sehr wohlhabende Personen. Die steile sozioökonomische Stufung der römischen Welt hatte zur Folge, dass sich wahrscheinlich 80 Prozent oder mehr des Gesamtvermögens in den Händen der Elite befanden. Die Römer selbst drückten diesen scharfen Bruch zwischen Elite und Nicht-Elite im sozioökonomischen Bereich sprachlich aus: Die Schwerreichen nannten sie honestiores (die Ehrenwerteren), den Rest der Freien humiliores (die Geringeren). Dieser »Rest« umfasste 99,5 Prozent der Bevölkerung.

Unterhalb der Schwerreichen gab es auf der sozialen Leiter eine ansehnliche Zahl von Personen, die verglichen mit den sehr Vermögenden über weit weniger Mittel verfügten, Mittel allerdings, die am unteren Ende mit einiger Sicherheit das tägliche Brot garantierten und am oberen Ende zu einem Lebensstil verhalfen, der ausreichend Muße erlaubte, um soziale, politische und kulturelle Interessen zu verfolgen. Dazu gehörten die kleineren Landbesitzer, die Kaufleute und Handwerker, erfolgreiche Soldaten und die von diesen Gruppen und der Oberschicht Finanzierten (Lehrer, Ärzte, Architekten u. a.). Diese Männer und ihre Familien machten vielleicht 25 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Neben relativ gesicherten Ressourcen verbindet diese Normalbürger eine weitere Besonderheit: Sie alle, ob Kaufleute oder Handwerker oder wohlhabende Bauern, schätzen die Arbeit. Das führt zu einer Konvergenz der Anschauungen auch dann, wenn sich das tatsächliche Vermögen und die Beschäftigung der Einzelnen stark unterscheiden. Um diese Menschen geht es mir im Folgenden. Ihre geistige Welt möchte ich erfassen.

Soziale Einstellungen

Zeichen der Hierarchie und sozialen Stellung waren allgegenwärtig. Die Summe von 10000 Denaren zum Beispiel, eine Stiftung des Manius Megonius Leo, Bürger der italischen Stadt Petelia (heute Strongoli), sollte investiert und der Ertrag abgestuft verteilt werden: 450 Denare des Jahresertrags wurden für die Feier seines Geburtstags ausgegeben. Mit 300 Denaren finanzierte man ein Bankett, allerdings nur für die lokale Elite, die Dekurionen. Was nach Abzug der Bankettkosten blieb, wurde in bar unter die anwesenden Dekurionen verteilt. Weitere 150 Denare waren für ein Bankett zu Ehren der Augustales bestimmt, der zur Elite zählenden Priestergruppe aus vermögenden Freigelassenen, und was übrig blieb, ging an die anwesenden Augustales. Schließlich erhielten noch jeder Bürger und seine Ehefrau einen Denar, eine Summe, die dem gut berechneten Tageslohn eines Arbeiters entsprach; ein Bankett war nicht vorgesehen (ILS 6468). Schenkungen dieser Art machten die soziale Hierarchie besonders sichtbar, ebenso wie die abgestufte Sitzordnung in den Amphitheatern. Das Leben in einer unverrückbar stratifizierten Welt bewirkte bei den Mittelständlern eine der Grundeinstellungen, die ein solches Dasein prägen: Behandle Gleiche als Gleiche; die unter dir Stehenden nutze, wenn möglich, aus; den über dir Stehenden beuge dich immer. Der Sinn des Einzelnen war darauf gerichtet, einer sei es physischen oder psychischen Verletzung zu entgehen, anderen hingegen Verletzungen zuzufügen – in römischen Begriffen: Man verteidigte seine Ehre und Stellung, indem man die Ehre und Stellung anderer beschnitt und zugleich die eigene vor einer Schmälerung durch die, welche als niedrig Gestellte galten, zu schützen suchte. Unterwerfung unter einen Geringeren oder Anpassung an eine Gruppe unter dem eigenen Stand (z. B. Sklaven) war, ob gedacht oder getan, für den Höherrangigen ein Bild des Schreckens. Die Stellung der offensichtlich Höherrangigen (Elite) und der offensichtlich Inferioren (Sklaven) war klarer definiert als die des Normalbürgers, in dessen Gruppe Macht und Status kolossale Unterschiede aufwiesen. Doch fehlten klare Merkmale einer »legitimen« Unterordnung oder Vorrangstellung, so dass gerade diese Welt intensiv von Ehrverletzungen, Feindseligkeiten und Rivalitäten geprägt war.

Hierarchisches Denken drückt der Vorstellungswelt jeder sozialen Gruppe seinen Stempel auf, indem es bestimmte Erwartungen und Stereotypen schafft. Die normalen Bürger waren keine Ausnahme. Wissenschaftler haben fünf der meist verbreiteten Vorurteile ausgemacht: gegen Freigelassene, gegen die Armen, gegen Kaufleute und gegen die Arbeit. Es lohnt sich, jedes davon mit dem geistigen Auge normaler Bürger zu prüfen.

Frei geboren zu sein war der grundsätzlich bevorzugte Status; er brachte keine rechtlichen Verpflichtungen und keine der Einschränkungen mit sich, wie sie Sklaverei und Freilassung auferlegten. Die große Mehrheit der freien Bevölkerung bestand zu allen Zeiten aus Freigeborenen, denn der rechtliche Status der Freigelassenen war mit deren Generation erloschen. Es ist klar, dass die Elite den Freigelassenen, die den Anspruch erhoben, sich ihres sozialen oder ökonomischen Kapitals zu bemächtigen, starke Vorurteile entgegenbrachte. Für die verbreitete Annahme, dass die Voreingenommenheit der Elite gegenüber den Freigelassenen in allen Segmenten der frei geborenen Gesellschaft verbreitet war, gibt es allerdings nur wenig Beweise. Das Thema kommt im Kapitel über die Freigelassenen ausführlich zur Sprache. Doch das Vorurteil gegenüber den Armen war zweifellos real. Das Graffito auf einer Wand in Pompeji fasst es zusammen:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!