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Er ist ihr größter Feind. Und das dunkelste Geheimnis ihres Herzens ...
Früher einmal herrschte ein brüchiger Frieden zwischen den Reichen Evermore und Bomard. Um ihn zu wahren, besuchten Kinder beider Seiten gemeinsam ein Internat, wo sie ihre magischen Kräfte schulten. Doch dann kam es zum Krieg, und nun haben die dunklen Mächte Bomards gesiegt. Die junge Briony Rosewood gerät mit vielen Frauen ihres Hofes in Gefangenschaft. Ihrer Magie beraubt, werden sie in einer dramatischen Auktion versteigert. Als letzte Prinzessin ihres Hauses, in deren Adern goldenes Blut fließen soll, erzielt Briony den höchsten Preis. Ausgerechnet Toven Hearst soll sie von nun an besitzen. Seine Familie gehört zu den mächtigsten Bomards, und Toven ist Brionys Todfeind. Doch der hochgewachsene Mann mit den silbrig-weißen Haaren ist auch der heimliche Schwarm ihrer Schulzeit …
Für alle, die diese Tropes lieben:
Enemies to Lovers
Forbidden Love
Royal Romance
Villain gets the Girl
From two different World
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Seitenzahl: 770
Veröffentlichungsjahr: 2025
Früher einmal herrschte ein brüchiger Frieden zwischen dem Königreich Evermore und Bomard. Um ihn zu wahren, besuchten Kinder beider Seiten gemeinsam ein Internat, wo sie ihre magischen Kräfte schulten. Doch dann kam es zum Krieg, und nun haben die dunklen Mächte Bomards gesiegt. Die junge Briony Rosewood gerät mit vielen Frauen ihres Hofes in Gefangenschaft. Ihrer Magie beraubt, werden sie in einer dramatischen Auktion versteigert. Als letzte Prinzessin ihres Hauses, in deren Adern goldenes Blut fließen soll, erzielt Briony den höchsten Preis. Ausgerechnet Toven Hearst soll sie von nun an besitzen. Seine Familie gehört zu den mächtigsten Bomards, und Toven ist Brionys Todfeind. Doch der hochgewachsene Mann mit den silbrig-weißen Haaren ist auch der heimliche Schwarm ihrer Schulzeit …
Julie Soto ist eine USA-Today-Bestsellerautorin, Dramatikerin und Schauspielerin aus Sacramento, Kalifornien. Ihr Musical »Generation Me« wurde beim New-York-Musical-Festival 2017 als bestes Musical ausgezeichnet, ihr Drehbuch außerdem als Best Book. Sie ist ein Musical-Theater-Freak, ein Fandom-Nerd und die Autorin vieler prickelnder Fan-Fiction-Storys. Julie lebt heute mit ihrem Hund Charlie in Fort Bragg. Wahrscheinlich trinkt sie gerade Kaffee, während im Hintergrund eine Jane-Austen-Verfilmung läuft.
Die Evermore-Reihe:
Rose in Chains. Roman (Band 1)
Außerdem:
Wedding Date. Roman
Not another Love Song. Roman
Julie Soto
Roman
Übersetzt von Stefanie Retterbush
Die englische Originalausgabe erschien 2025 unter dem Titel »Rose in Chains« bei Forever, an imprint of Grand Central Publishing, New York.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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Deutsche Erstveröffentlichung Juli 2025
Copyright © 2025 by Julie Soto
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2025
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Covergestaltung: UNO Werbeagentur nach einer Vorlage und unter Verwendung von Bildmaterial von Nikita Jobson/ Hachette Book Group, Inc. und Shutterstock (GB_Art, Olya_molli, Hulinska Yevheniia)
Character Card: UNO Werbeagentur unter Verwendung von Bildmaterial von © Annteya (Natalia Panchenko)
Redaktion: Dr. Ann-Catherine Geuder
MR · Herstellung: ik
Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-641-33112-2V002
www.goldmann-verlag.de
Liebe Leser*innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.
Deshalb findet sich am Ende des Buches eine Triggerwarnung.
(Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch.)
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!
Für die Samstagsgirls …
Evermore
Familienstammbaum der Rosewood
Der Stammbaum beginnt mit König Marlowe Rosewood (verstorben) und Lady Helena Loven (verstorben).
Ihre Nachkommen sind King Jacquel Rosewood (verstorben) und West Rosewood (verstorben).
Die Nachkommen von King Jacquel Rosewood und Lady Caroline Dunn (verstorben) sind Rory Rosewood und Briony Rosewood.
Die Nachkommen von West Rosewood und Aria Nottingdale (verstorben) sind Finola Rosewood und Phoebe Rosewood.
Bomard
Der Hohe Rat von Bomard – Veronika Mallow
Die Reihe der Nachfolger
Riann Cohle gefolgt von Del BurkinAron Carvin gefolgt von Lucille PikenGenevieve Trow gefolgt von Canning TrowHap Gains gefolgt von Stance GreenMoira Locklin gefolgt von Rowan LocklinCaspar Quill gefolgt von Liam QuillAlba Twindle gefolgt von Collin TwindleOrion Hearst gefolgt von Toven HearstFlorence Kleve gefolgt von Ryden KleveCal Gidrey gefolgt von Evelyn GidreyManche von uns würden behaupten, die Quelle unserer Magie liege im Blut – im Herzen –, aber das halte ich für eine viel zu einfache Erklärung. Denn beschwören wir sie nicht willentlich herauf? Vermittels der Gedanken? Vermittels unserer Absichten?
Ich weiß, man wird mich dafür gewiss hängen, aber ich bin der Überzeugung, durch die Einbeziehung der Macht unseres Geistes erheben wir unsere Magie über die unserer Vorfahren. Zu sagen, wir nutzten nur unser Herz, ist viel zu einfach.
Denn diejenigen unter uns, die geliebt haben, taten das zwar mit dem Herzen, ja – aber nur vermittels eines willentlichen, wissentlichen Irrtums des Geistes.
Die ersten Schriften Vindeccis, um etwa 1507 nach Aufzeichnung, auch das Jahr 8 VV genannt (vor Vindecci)
Briony fand es eigenartig, dass sie es gar nicht gespürt hatte, als ihr Bruder starb. Der Knall des verdampfenden Grenzwalls hatte ihren Brustkorb durchgerüttelt, und als sie sich an die Brüstung gekrallt und hinausgeschaut hatte auf das, was noch übrig war von ihrem Land, von Evermore, hatte sie sich an den Steinen die Fingerspitzen aufgeschürft – aber in ihrer Seele hatte sie es nicht gespürt, als Rory gestorben war.
Als seine Zwillingsschwester hatte sie so oft an dem Faden gezupft, der sich zwischen ihnen spannte und sie verband – wenn er verletzt gewesen war, wenn er Hilfe gebraucht hatte. Auch jetzt suchte Briony wieder den Faden und tastete nach jener Ader ihres Zaubers, die Rory allein vorbehalten war. Tiefstes Schweigen, mehr Antwort bekam sie nicht. Aber sie hatte ja auch den Tod ihres Vaters nicht vorausgeahnt, der vor vier Jahren auf dem Schlachtfeld gefallen war, und ihre Mutter war schon tot gewesen, als sie ihr Briony aus dem Leib geschnitten hatten.
Aber als der Staub aufwirbelte und sich bauschte wie eine Wolke an einem Sommernachmittag und gerade mal eine halbe Meile entfernt in den Himmel stieg und dann die Stille kam und sich um sie legte und Cordelia wirr stammelnd zusammenbrach, da hatte sie gewusst, dass Rory tot war.
Sein Schutzwall um die Burg war gefallen. Er war tot.
Und doch war ihre Seele nicht entzweigerissen.
Briony sah zu, wie sich der Mond an der Sonne vorbeischob und die Finsternis, kaum begonnen, schon wieder vorüber war.
Eigenartig, dachte sie wie betäubt.
»Nein …«, flüsterte Cordelia.
Briony schaute nach rechts und sah die blassen Fingerspitzen ihrer liebsten Freundin, die gegen ihre Lippen fast durchscheinend wirkten. Der Wind peitschte Cordelia die kastanienbraunen Haare ins Gesicht, als wolle er ihr den Anblick ersparen. Auf Cordelias anderer Seite trat Anna nach vorne an die Balkonbrüstung, fast wie in Trance, den Mund weit offen. Das Sonnenlicht spiegelte sich im purpurroten Rosenwappen auf ihrer Rüstung.
Briony schaute wieder auf die Wolke aus Asche und Staub, die sich immer höher auftürmte, so hoch, dass sie schließlich den Mond und die Sonne bei ihrem Tanz verdeckte. Sie sah, wie sie sich links von ihr im See spiegelte.
Der letzte Drache breitete die spindeligen Flügel aus und segelte gen Norden davon, fort von diesem Chaos aus menschlichen Leibern auf dem Schlachtfeld.
»Bleibt hier«, befahl Anna und rannte rasch zur Treppe. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um, schien es sich anders zu überlegen. »Nein … Geht lieber wieder rein. Bringt euch irgendwo in Sicherheit und wartet da.«
Briony starrte sie nur stumm an. Cordelia schluchzte erstickt.
Anna schaute hinaus, und Briony konnte zusehen, wie ihre Leibwächterin in blinder Hast überlegte, was nun zu tun war. Anna sollte nie von ihrer Seite weichen; sie hatte sie schon als kleines Kind in den Armen gehalten und ihrem Vater geschworen, ihr Leben für Briony zu lassen.
Kurz entschlossen hastete Anna die Treppe hinunter.
Briony drehte sich wieder nach der Staubwolke um und fragte sich, ob ihr Bruder wohl irgendwo dort drinnen war. Ihr Bruder, der eigentlich auserkoren gewesen war, diesen Krieg zu beenden. Ihr Bruder, der ihnen prophezeit worden war.
Erschrocken schnappte sie nach Luft, als sei der Gedanke an die falsche Prophezeiung die Ohrfeige gewesen, die sie gebraucht hatte.
Rory war fort. Zitternd atmete sie tief ein, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, während sie versuchte sich auszumalen, wie es wohl an vorderster Front aussah. Tausende Soldaten, die einsehen mussten, dass ihr langersehnter Retter, die sehnsüchtig gehegte Hoffnung, ihr Zweifacher Erbe, doch nichts weiter war als ein gewöhnlicher Sterblicher.
Sie ließ das Cape von ihren Schultern gleiten. Ohne rannte es sich besser. Auch die Schläppchen und die geraffte Seidenrobe waren nicht zum Laufen gemacht, aber ihr blieb keine Zeit, sich umzuziehen.
Sie war schon mit einem Fuß auf der Treppe, da packte Cordelia sie am Handgelenk und riss sie zurück. »Wo willst du hin?« Ihre Stimme überschlug sich fast vor Panik. »Wir müssen uns verstecken!«
Briony legte eine Hand auf die ihrer Freundin. »Wenn wir uns verstecken, sind wir die letzten Überlebenden«, erklärte sie ausdruckslos.
Cordelia riss die blauen Augen auf. Kaum spürte Briony, wie Cordelia ihren Griff lockerte, wirbelte sie auch schon herum und hastete die Treppe hinunter, ihre Freundin mit federleichten Schritten dicht auf ihren Fersen.
Sechs Stunden zuvor
Briony saß am Schreibtisch in ihrem Schlafzimmer, den Blick fest auf den Dampf gerichtet, der sich wie tanzende Flammen über ihrer Teetasse kräuselte. Mit einem geistesabwesenden Fingerschnippen stellte sie sich ihre Lieblingsweide unten am Seeufer vor und sah dem Dampf zu, der tat, wie ihm geheißen, und sich zu einem Baumstamm zusammenballte, um dann in hunderten schilfigen Zweigen herabzufallen und das Wasser zu küssen.
Manchmal war es einfacher, irgendetwas Unwichtiges zu verzaubern, wenn ihr der Zauber nicht einfallen wollte, den es bräuchte, um die Welt wieder geradezurücken. Der Dampf über der Teetasse malte ein hübsches Bild, wo schon das Bild, das sich außerhalb der Burgmauern bot, so ganz und gar nichts Hübsches hatte.
Sie fasste nach dem summenden magischen Faden zwischen ihren Augen. Der durchscheinende Nebel über dem heißem Tee bauschte sich und enthüllte den See daneben, und in ihrer Fantasie sah sie die Silhouette eines schlanken, großgewachsenen Jungen, der gleich neben dem Baumstamm saß. Gerade hatte sie das Buch in seinen Händen heraufbeschworen, da ging ihre Schlafzimmertür auf. Briony schreckte hoch, die Weide war verschwunden, und der Dampf kräuselte sich wieder wie eh und je.
Mit einem Ruck drehte sie sich um und fühlte sich beinahe auf frischer Tat ertappt, da sah sie Rory in der Tür stehen.
»Ist es schon so weit?«, fragte sie mit einem Blick zur Uhr.
»Nein, ich … wollte bloß mal vorbeischauen.«
Briony verzog das Gesicht. »Tu das nicht.«
»Was denn?«
»Dich verabschieden.«
»Schön, dann eben nicht.«
»Gut.«
Seine Lippen zuckten. Die Ähnlichkeit zwischen ihnen war nicht zu übersehen: derselbe geschwungene Mund, dieselben braunen Augen, dieselben Wangenknochen. Seine Nase war breiter, wie die von ihrem Vater, dafür hatte seine Zwillingsschwester wellige Haare wie ihre Mutter, aber ansonsten glichen sie sich wie ein Ei dem anderen.
Rory hakte die Daumen in die Hose, die er eigens für die alles entscheidende Schlacht hatte schneidern lassen. »Aber sei gewarnt, Didion will sich auch noch von dir verabschieden. Und bestimmt hat er dir mehr zu sagen als bloß auf Wiedersehen …«
Briony stöhnte entnervt und sah zur hohen Zimmerdecke. »Alles deine Schuld«, sagte sie. »Hättest du Cordelia keinen Antrag gemacht, wäre Didion nie auf so einen dummen Gedanken gekommen.«
Rory ließ sich auf ihr Bett fallen. »Mal im Ernst, der ›Gedanke‹ ist ihm vermutlich gekommen, weil du dich mit ihm zu Mitternachtsspaziergängen verabredet hast …«
Sie schnappte nach Luft. »Woher weißt du das? Das ist über ein Jahr her, und wir sind bloß spazieren gegangen, weiter nichts!«
Rory schaute ihr in die Augen. »Und tagsüber hattest du leider keine Zeit zum Spazierengehen?«
Briony biss sich auf die Lippe. »Also schön, vielleicht war da ein klitzekleines Bisschen mehr …«
Rory hielt sich die Ohren zu. »Hör auf.«
»Aber ich schwöre dir, meine Unschuld ist unversehrt.«
Er drehte sich auf den Rücken und kniff die Augen fest zusammen. »Halt den Mund, bitte, ich flehe dich an.«
Lachend ließ Briony sich auf die andere Bettseite fallen. »Will sich sonst noch jemand verabschieden? Gibt es noch mehr Verehrer, von denen ich wissen sollte?« Sie bauschte ihr fließendes Sommerkleid auf und strich es glatt.
Rory lächelte, aber seine Mundwinkel zeigten nach unten wie schmelzendes Wachs. »Ich weiß es nicht. Gibt es noch mehr?«, fragte er leise.
Ihr stockte der Atem. »Wie meinst du das?«
Sein suchender Blick fand ihre Augen. »Wenn nicht Didion, wem gehört dann dein Herz?«
»Niemandem.« Ihre Stimme klang schrill und hektisch. »Wir … wir sind im Krieg, Rory, falls dir das bisher entgangen sein sollte. Für so was hat doch niemand mehr Zeit.«
»Ach, manche scheinen immer Zeit dafür zu finden. Und außerdem, ab heute könnte alles anders werden.« Er setzte sich auf, und sie sah zu, wie er mit den Fingern an dem langen Lederriemen spielte, den er sonst immer ins Hemd steckte; der silberne Anhänger daran hatte ihrer Mutter gehört.
Er war immer so bescheiden, wenn die Sprache auf einen möglichen Sieg kam. Als sei der ihm nicht von der Prophezeiung in die Wiege gelegt worden. Als wolle er selbst nicht so recht daran glauben.
»Ja. Heute könnte alles anders werden.« Sie streckte die Hand nach seiner aus. »Wollen wir es noch einmal durchgehen?«
Er schaute auf, sah sie an und nickte. So würde das immer sein, ging ihr da auf.
Am ersten Tag in der neuen Schule, als ihr Vater sie beiseitegenommen und gebeten hatte, gut auf Rory achtzugeben, da hatte sie nicht verstanden, warum sie auf ihren sechzehnjährigen Zwillingsbruder achten sollte. Sollte er nicht vielmehr auf sie aufpassen?
»Womöglich wird er in einigen Fächern zu kämpfen haben, in denen du dich besonders hervortust«, hatte ihr Vater gesagt. »Es wäre schön, wenn die Bomardi-Kinder nicht mitansehen müssten, wie der zukünftige König von Evermore von seiner Schwester in den Schatten gestellt wird.«
Briony hatte es noch immer nicht recht begriffen, bis sie die Ergebnisse der ersten Klassenarbeit zurückbekommen hatten und ihr Vater verlangte, sie solle ihren Aufsatz mit ihrem Bruder tauschen. Und so kam es, dass sie in den folgenden fünf Jahren ihre vielen Stunden harter Arbeit meist an ihren Bruder weiterreichte, während sie sich mit seinen Krumen zufriedengeben musste.
Das hatte sie ihrem Vater nie verziehen, nicht mal nach seinem Tod.
Briony atmete tief durch und schloss die Hand zur Faust, in der sich eine kleine Phiole mit Wasser materialisierte. Die hielt sie Rory hin.
»Das ist Wasser vom See. Dasselbe Wasser wie im Burgbrunnen und im Brunnen der Schule von Evermore.« Briony schluckte beim Gedanken an die tausenden von Eversun-Familien, die in der Schule auf der anderen Seite des Sees Zuflucht gesucht hatten, bis der Krieg vorüber war. »Wenn du den Schutzzauber sprichst, gießt du dir das Wasser in die Hände und den letzten Tropfen auf die Zunge. Der See, Burg Claremore und die Schule werden alle unter deinem Schutzschild vereint und miteinander und mit dir verbunden sein.«
Rory nahm die Phiole und nickte. »General Meers hält nichts von deinem Plan, nur nebenbei bemerkt.«
»Weil er ihn nicht versteht. Er ist halt kein Rosewood«, sagte Briony.
Das Geschlecht der Rosewoods tat sich besonders durch starke Schutzzauber hervor – Schild-, Grenz- und Abwehrzauber. Das war einer der Gründe, warum sie zum Herrschen bestimmt waren, zumindest, wenn man Briony und Rorys Vater Glauben schenken wollte. Er, ihr Großvater und alle Männer vor ihnen waren gefeierte und hochverehrte Friedensfürsten gewesen. Rory war der erste Rosewood seit über fünfhundert Jahren, der in den Krieg ziehen musste.
»Der General schätzt Offensivzauber. Angriff ist für ihn die beste Verteidigung«, fuhr Briony fort. »Aber als König und als Rosewood ist es an dir, unsere Leute zu beschützen.«
»Oder was von ihnen noch übrig ist«, sagte Rory, dem die Erschöpfung anzuhören war.
Im Laufe der letzten vier Jahre waren sie in diesem Krieg weiter und immer weiter nach Süden zurückgedrängt worden und hatten dabei mehr und mehr Gebiete und Menschenleben verloren. Um das Land ging es den Bomardis eigentlich gar nicht. Ihnen ging es um Rory. Um das Ende des Zweifachen Erben.
Briony legte eine Hand auf seine. »Bald ist es vorbei. Heute ist der Tag der Tage.«
»Aber was, wenn nicht?«, fragte Rory, und seine Worte überschlugen sich fast. Flehentlich schaute er sie an.
»Ist es«, erwiderte Briony mit mehr Überzeugung in der Stimme, als sie empfand. Sie lächelte ihm aufmunternd zu. »Die Sonnenfinsternis. Jeder weiß, heute ist es so weit. Wenn die Sonne scheint in der finsteren Nacht, wird er, der allem Krieg ein Ende macht …«
Rory riss seine Hand weg. »Komm mir jetzt bloß nicht mit der Prophezeiung. Sechshundert Jahre alter Blödsinn.«
Er stand auf und trat ans Fenster vor ihrem Schreibtisch. Briony sah zu, wie er sich über die Brüstung beugte, wie ein Kind, das lieber draußen spielen wollte. Sie fuhr mit den Fingern über die Bettdecke und dachte an die uralte Prophezeiung, die Rory nun schon seit vier Jahren verfolgte.
Wenn die Sonne scheint in der finsteren Nacht, wird er, der allem Krieg ein Ende macht, siegreich sein. Er soll der Zweifache Erbe sein und der rechte Regent über den Kontinent.
Die Prophezeiung war über sechshundert Jahre alt. Als sie sich am Ende des Bürgerkriegs in Moreland nicht bewahrheitet hatte, der den Kontinent in Evermore und Bomard geteilt hatte, geriet sie in Vergessenheit. Aber vor vier Jahren, nach dem Ausbruch der erneuten Feindseligkeiten, hatten die Spekulationen begonnen, ob Rory wohl der verheißene Thronfolger wäre.
Brionys Blick ging zu den Papieren und der Korrespondenz auf ihrem Schreibtisch – die Antwortbriefe, die sie aus fernen Ländern jenseits der See erhalten hatte, in denen stand, sie könnten keine Truppen zu Hilfe schicken, würden aber die Rosewoods und ihren Hof im Falle eines Rückzugs auf das Wärmste bei sich willkommen heißen; die Seite des Journals, ein Tagesblatt, das alltäglich die neuesten Nachrichten aus dem ganzen Reich verkündete; die Siegesrede, die sie für Rory geschrieben hatte; die Landkarten mit dem Verzeichnis der geheimen Unterschlupfe der Eversuns.
Sie räusperte sich. »Du musst sie töten«, sagte Briony leise. »Es muss ein Ende haben. Ein für alle Male.«
Briony hatte Mallows Namen nicht einmal ausgesprochen, und doch fuhr ihr ein eisiger Wind durch die Brust.
Rory presste die Lippen zusammen. »Ich weiß.«
»Und zwar mit Herzhalt, wenn es sein muss …«
»Ich weiß, Briony«, fiel er ihr barsch ins Wort. Er holte kurz Luft. »Entschuldige. Das … das mache ich. General Meers und ich haben geübt, an …«
Er brach ab. Briony wollte gar nicht wissen, wie viele kleine Tiere und Vögel rings um Claremore verschwunden waren.
Der Herzhaltzauber war in Evermore geächtet. Von allen Herzzaubern hatte der Magier beim Herzhalt, bei dem er seinem Gegenüber das Herz in der Brust zerquetschte, den höchsten Preis zu zahlen. Wenn man das erste Mal ein Leben auslöschte, zerfetzte es einem auch das eigene Herz, und mit jeder weiteren Bluttat schnitt man sich nur immer tiefer ins eigene Fleisch. Rory hatte diesen hochkomplizierten Zauber von Grund auf lernen müssen, da nur die Bomardis Herzzauber verwendeten. So wie nur die Eversun Gedankenzauber nutzten.
Es war diese Spaltung zwischen ihren beiden Ländern, die Veronika Mallow sich zunutze gemacht hatte. Bomard hatte sich unter ihrer Herrschaft radikalisiert, und allmählich hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, der Gedankenzauber der Eversun wäre nichts als Hirnwäsche, und nicht das, was er in Wirklichkeit war: eine andere Quelle, um Magie daraus zu schöpfen. Und es gab noch mehr Differenzen zwischen den Disziplinen – bestimmte Gedankenzauber könnte ein Herzzauberer nie wirken und umgekehrt, aber der wahre Unterschied lag in der Quelle der magischen Macht. Zauber, der aus dem Geist kam, erschöpfte den Körper nicht, während das Zaubern aus dem Herzen für den Körper anstrengender war. Herzzauberer hatten immer schon Tiergefährten gebraucht, aus denen sie die Kraft schöpften, die es für ihren Zauber brauchte.
Oder Schlimmeres.
Und unter Mallows Herrschaft hatten einige Bomardis es nicht dabei belassen wollen. Warum bloß Tiere benutzen, wenn man auch einen menschlichen Herzquell haben konnte: aus dem Herzen eines Magiers konnte man mehr Magie schöpfen als aus dem eines Tieres, und mit einem besonderen Band – dem Herzquellbund – konnte man beinahe unbegrenzt zaubern, ohne das eigene Herz zu erschöpfen.
Jenseits des Fensters gellte ein schriller Schrei, und beide schauten in gespanntem Schweigen hinaus, wo Mallows Tiergefährte vor den Wolken am Himmel stand und mit den schwarzen Flügeln schlug. Der letzte Drache der bekannten Welt, die Kreatur, deren Name in der Zeit verlorengegangen war, hatte im Morgengrauen begonnen, am Himmel kreisend seine Runden zu drehen.
Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Briony es den Bomardis nicht verdenken können, dass sie Mallow blind folgten. Womöglich hätte sie selbst auf die Zauberin vertraut, der sich der letzte Drache als Gefährte angeschlossen hatte. Ganz zu schweigen von der unsagbaren Macht, die ein solches Band für Mallow mit sich brachte – eine magische Macht und ein sprudelnder Kraftquell, wie sie einem Herzzauberer, der nur einen gewöhnlichen Tiervertrauten oder sogar einen Herzquell hatte, ewig verwehrt bleiben würden. Ihr Band mit dem Drachen würde Mallow womöglich zwei Lebenszeiten bescheren, wie dem letzten Zauberer, dem er sich als Gefährte angeschlossen hatte. Der Drachenfürst, wie er in den Geschichtsbüchern hieß, war über hundertfünfzig Jahre alt geworden. Und nicht nur ein langes Leben war Mallow mit dem Drachen im Bunde gewiss. Wie jeder wusste, konnte Mallow mit dem Zauber des Drachen Gedanken lesen, was bis dahin nur den erfahrensten Gedankenzauberern vorbehalten gewesen war.
Sie sahen dem Drachen nach, der am Himmel kreiste und schließlich über das Meer verschwand.
Briony richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Rory, der am Fenster stand und sich zu ihr umdrehte. Er machte ein Gesicht, das sie nur zu gut von ihm kannte – wie ein kleiner Junge, der die Antwort auf die Frage, die der Lehrer ihm gestellt hat, nicht weiß.
»Meinst du, die Prophezeiung meint wirklich mich? Aus tiefstem Herzen, ganz ehrlich, Briony?«
Briony saß ganz still da und antwortete dann ohne das leiseste Zittern in der Stimme: »Ja.«
Rory beobachtete genau, ob sie auch nur einen Wimpernschlag zögerte, aber sie ließ sich nichts anmerken.
Es klopfte an der Tür, und Briony fuhr vor Schreck hoch.
Rory seufzte. »Das ist bestimmt Didion.«
Sie verzog den Mund.
Rory lachte. »Sei nicht zu gemein zu ihm!«, sagte er. »Möglich, dass er heute stirbt, vergiss das nicht.«
»Sag doch so was nicht.«
»Stimmt aber doch!« Rory stürmte zur Tür. »Oder nicht, Did?«
Schlaksig und ein bisschen verlegen stand Didion in der Tür.
»Oder nicht, was?«, fragte er und lugte unter verstrubbelten dunklen Haaren von Briony zu Rory.
»Dass du heute sterben könntest«, sagte Rory, als sei nichts dabei.
»Ach. Ja. Traurig, das.«
Briony verdrehte die Augen und setzte sich kerzengerade auf das Federbett. »Wie schön, dass ihr beide so guter Dinge seid.«
Didion grinste und räusperte sich.
Rory klatschte in die Hände. »Ich muss zu Cordelia. Kann ich euch beide hier allein lassen?«
Briony machte den Mund auf und wollte schon protestieren, aber Rory war längst zur Tür hinaus.
»Wir sind doch schon oft allein gewesen«, bemerkte Didion lachend.
Rory fasste von draußen nach dem Türrahmen und steckte den Kopf noch mal ins Zimmer. »Hüte deine Zunge, sonst bist du ganz bestimmt bald tot.«
Briony quiekte empört, und Didions olivbraunes Gesicht wurde hochrot.
»Als wärst du nicht oft genug mit einer gewissen Dame allein!«, schimpfte sie ihm hinterher. Dann griff sie nach einem der Kissen und zielte damit auf ihren Bruder. Der machte eine lässige Bewegung aus dem Handgelenk, und das Kissen platzte in der Luft und riss entzwei. Die Federn stoben, und Rory suchte rasch das Weite und verschwand in einem weißen Daunenwirbel.
Briony seufzte entnervt, legte die Hände vor der Brust zusammen, sammelte die Federn ein und ließ sie im Mülleimer verschwinden.
Kaum hatte sie das Zimmer in Ordnung gebracht, ging ihr auf, dass sie zum ersten Mal in diesem Jahr mit Didion allein war. Er schaute sich in ihrem Schlafzimmer um, und sein Blick wanderte über ihren Schreibtisch und die Gemälde an der Wand.
»Fühlst du dich wohl hier?«, wollte er wissen, schaute sie an, die buschigen Augenbrauen fragend nach oben gezogen.
»Mir gefällt’s. Schloss Biltmore fehlt mir, aber was soll man machen.« Sie zuckte die Achseln. Und wurde mit einem Schlag ganz verlegen. Was soll man machen? Als hätten sie die Burg am Meer durch einen Münzwurf verloren, nicht nach einer Belagerung.
Sein Blick blieb an der Teetasse hängen, die neben ihren Büchern stand. Dieselbe Tasse, deren Dampf sie so hatte aufsteigen lassen, dass er noch vor nicht mal zehn Minuten ihrer Erinnerung an einen anderen jungen Mann geglichen hatte. Didion hielt einen Zeigefinger über die Tasse und wärmte den Tee wieder auf. Als er ihr die Tasse ans Bett brachte, stieg der Dampf in Schwaden empor.
»Bitte schön«, sagte Didion und lächelte scheu.
Briony musste sich zusammenreißen, um nicht zurückzuzucken, als sie die Tasse entgegennahm und er sich zu ihr auf die Matratze setzte.
»Lange her, dass wir das letzte Mal allein waren«, sagte er.
Briony nickte. Sie war selbst schuld daran. Immer, wenn sie in den dicken Burgmauern einen Lagerkoller bekommen hatte von all den Lagebesprechungen und mal wieder dicke Luft herrschte, waren sie und Didion nachts an den Kais unterhalb von Burg Biltmore spazieren gegangen, weit weg von neugierigen Blicken und lauschenden Ohren. Er hörte zu, wenn sie sich über General Meers’ Strategien beklagte, und es dauerte nicht lange, da endeten ihre Spaziergänge mit sachten Küssen, wie damals in der Schule. Und die Küsse endeten irgendwann mit Händen unter Textilien.
Didion war sanft und geduldig. Stundenlang hatte er ungeschickt herumgefummelt und die Stelle zwischen ihren Schenkeln gesucht, um sie dann, einmal gefunden, gleich wieder zu verlieren. Aber Briony hatte nur gelächelt, als er sie fragte, ob es ihr gefiel. Vielleicht sollte es ihr noch mehr … gefallen können. Das hoffte Briony zumindest. Vielleicht, wenn es im Bett geschähe, wäre alles ein bisschen einfacher, aber sie weigerte sich standhaft, Didion in ihr Bett zu lassen. Als Schwester des Königs hatte sie Didion schon so Freiheiten gewährt, die eigentlich allein einem Ehemann zustanden.
Nach dem Rückzug aus Burg Biltmore hatte sie nicht wie gehabt weitermachen wollen, dabei war Didion eigentlich gar keine so schlechte Partie. Nett. Verlässlich. Freundlich. Ihr Vater hätte sie nur zu gerne mit Didion Winchester verheiratet. Und ihr Bruder ebenso. Briony fragte sich oft, warum sie das alles nicht wollte. Dieses Nette, Verlässliche, Freundliche.
»Ich hatte eigentlich gehofft, dich heute um deine Gunst bitten zu dürfen«, murmelte er und starrte angestrengt auf seine Hände.
Um Zeit zu gewinnen, nippte Briony an ihrem Tee und sah zu, wie er nervös die Daumen umeinanderdrehte. »Ach?«
»Vielleicht darf ich deine Brosche auf dem Schlachtfeld tragen?«
Ihre Finger zuckten zu der Amethyst-Brosche. »Die gehört meiner Mutter«, erklärte sie rasch und überging geflissentlich den fehlerhaften Gebrauch der Gegenwart dabei. »Ich lege sie nie ab. Die kann ich dir nicht lassen, so leid es mir tut.«
»Nein, natürlich nicht, gewiss«, stammelte er. »Dann nicht die Brosche. Eine Haarlocke vielleicht?«
»Die … ist auch von meiner Mutter«, piepste sie linkisch. Sämtliche Porträts ihrer Mutter zeigten eine frappierende Ähnlichkeit mit Briony, umso mehr, je näher sie ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag gekommen war – das Alter, in dem ihre Mutter bei der Geburt von Briony und Rory im Kindbett gestorben war. »Ich kann …« Briony räusperte sich. »Muss das sein? Kann ich dir nicht einfach alles Gute wünschen? Dir und meinem Bruder?«
Er nickte und errötete sachte. »Nicht schlimm. Ich hatte bloß gehofft … Na ja, es wäre schön zu wissen, dass jemand zuhause auf mich wartet …«
»Zuhause auf dich wartet?« Sie lachte. »Du wirst kaum eine halbe Meile weg sein …«
»Ich versuche gerade, dich in aller Form um deine Hand zu bitten, und du machst es mir nicht gerade leicht.« Er fuhr sich mit den Fingern durch die dunklen Haare.
»Da gibt es nichts zu bitten«, sagte sie sehr bestimmt. »Bis das hier alles vorbei ist, werden wir nicht wissen, ob ich womöglich noch anderweitig gebraucht werde.«
Abrupt schaute er auf und sah ihr in die Augen. »Du meinst, Heiratspolitik zur Friedenssicherung? Das würde Rory dir niemals antun.«
»Ihm wird keine andere Wahl bleiben! Seit vier Jahren hat er nichts als Schlachtpläne im Kopf, aber nach dem heutigen Tag wird er anfangen müssen, wie der König von Evermore zu denken.« Sie stellte die Tasse ab und dachte an den Jungen im heißen Dampf. »Es hat schon immer strategische Ehen zur Friedenssicherung zwischen Bomard und Evermore gegeben.«
»Könntest du vielleicht nicht ganz so begeistert klingen«, brummte Didion.
Ihr Kopf fuhr zu ihm herum. »Was?«
Er seufzte und stand von ihrem Bett auf. »Briony, kannst du mir bitte einfach sagen, dass du froh sein wirst, wenn ich diesen Tag überlebe und heil wieder nach Hause komme? Mehr verlange ich gar nicht.«
»Selbstredend bin ich froh, wenn du diesen Tag überlebst …«
»Wunderbar. Danke schön«, sagte er. Und ehe sie noch etwas sagen konnte, war er auch schon zur Tür hinaus und zog sie mit einem leisen Klicken hinter sich ins Schloss.
Briony stöhnte auf und ließ sich auf den Rücken fallen. Sie war nicht absichtlich so ausweichend gewesen. Von ihren beiden Cousinen abgesehen, war sie die einzige verbliebene Frau aus dem Geschlecht der Rosewoods, die man als Menschenopfer für eine strategische Heirat aufzubieten hatte. Rory wollte daran vermutlich gar nicht erst denken, aber so eine Heirat könnte viel dazu tun, verlorengegangenes Vertrauen wiederzugewinnen, wenn erst mal alles vorbei war. In der Nachfolge des Hohen Rates der Bomardis gab es genug Familien, die keine blutrünstigen, rachedurstigen Unmenschen waren. Eine Heirat zwischen ihr und einem jungen Bomardi musste also nicht zwangsläufig eine lebenslängliche Strafe bedeuten.
Einige ihrer alten Mitschüler hatten auf die Eversuns herabgeschaut, ohne fies und gemein zu ihnen zu sein. Finn Raquin mit dem dunklen Teint und den noch dunkleren Augen war selbst halb ein Eversun; seine Eltern hatten aus Gründen der Staatsraison geheiratet. Der Patriarch der Raquins war Vierzehnter in der Nachfolge für das höchste Amt in Bomard – den Hohen Rat. Finn war ein kleiner Schnösel, aber böse war er nicht.
Nein, das Böse trug das Gesicht von Canning Trow. Mit den weit auseinanderstehenden Augen und dem teigigen Teint war Canning wahrlich kein schöner Anblick, und seine Seele war mindestens genauso hässlich. Alle hatten gewusst, dass man sich auf den dunklen Schulkorridoren vorsehen musste vor ihm. Und dass er herumstolzierte, als gehörte ihm der ganze Laden, hatte nur einen Grund: Weil es stimmte. Seine Mutter war die Nummer drei der Zehn in der Nachfolge des Hohen Rates, und der Familie seines Vaters gehörte das gesamte Bergmassiv, in das hinein die Bomardi-Schule gehauen war.
Und dann waren da die jungen Männer, die ihre Gemeinheiten zu ihrem Vorteil nutzten, wie Lorne Vult und Liam Quill, wobei es Gerüchte gab, Liam Quill interessiere sich mehr für Lorne und Finn als für die Weiterführung seines Familienstammbaums – obschon sein Vater Sechster der Zehn war.
Und dann gab es da noch jemanden, der sich nicht fassen lassen wollte. Eiskalt war er meistens, nur um in unerwarteten Augenblicken unvermittelt aufzutauen. Mit starken Händen und undeutbarem Blick, einem grausamen Zug um den Mund und spitzer Zunge. Bei dem ihr das Herz raste vor Angst und Verunsicherung, und der in ihr doch eine unstillbare Sehnsucht entfachte.
Briony schüttelte den Gedanken ab. Es war sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
Ihr Blick ging zu ihrer Tasse. Der Tee war wieder kalt geworden, und der Dampf hatte sich mit einem leisen Seufzen verflüchtigt.
***
Ein paar Stunden später stand Briony im Burghof und sah zu, wie ihr Bruder ihre beste Freundin zum Abschied küsste. Cordelia schlang die Arme um Rorys Schultern, leidenschaftlicher, als es die Sittsamkeit gebot, aber es war ohnehin kaum noch jemand da, der in diesen finsteren Zeiten auf Zucht und Ordnung gepocht hätte.
»Igitt, ist ja widerlich«, hörte sie eine Stimme zu ihrer Rechten.
Briony drehte sich grinsend zu ihrer Cousine Finola um. Die streifte sich gerade die Handschuhe über und verzog in gespieltem Ekel über Rorys und Cordelias Liebesbezeigung das Gesicht.
Briony gluckste. »Eines Tages wirst du auch so dastehen, das weißt du.«
»Nicht, wenn ich es irgendwie verhindern kann«, gab Finola zurück und zwinkerte ihr zu. Dann schnippte sie ihren honigblonden Zopf über die Schulter nach hinten. »Wir sehen uns, wenn alles vorbei ist, ja?«
Briony nickte. Finola lief in eine Ecke des Burghofs, das einzige Fleckchen, von dem aus man ein Portal öffnen konnte. Briony hätte Finola nur zu gerne gefragt, wohin sie jetzt ging, hatte aber zu ihrem Bedauern keine Befugnis, solche Informationen erhalten zu dürfen.
Rechts von ihr stand General Billium Meers und redete leise mit Anna Wevin, Brionys Leibwächterin. Neben Finola war Anna die einzige Frau, der sie General Meers je irgendeine Art von Respekt hatte zollen sehen. Briony gegenüber zeigte er nichts dergleichen, vor allem dann nicht, wenn sie an Lagebesprechungen teilnehmen wollte. Er gab nicht viel auf Kommentare von Zivilisten oder überhaupt irgendjemandem, der nicht König von Evermore war und es auch nie sein würde. Des Generals bevorzugte Vorgehensweise war der Angriff, und immer war Briony zur Stelle, um Rory einzuflüstern, er dürfe Verteidigung, Abwehrschilde und den Schutz seiner Bürger nicht vergessen.
Anna salutierte dem General und stellte sich dann drei Schritte hinter Briony, genauso, wie sie es schon Brionys ganzes Leben lang getan hatte. General Meers nickte Briony flüchtig zu, was sie mit einem finsteren Blick quittierte.
Der Sohn des Generals hingegen hätte nicht gegensätzlicher sein können als sein Vater.
Sammy Meers mit den rostroten Haaren, den rosigen Wangen und den fröhlichen blauen Augen trat zu Briony und blieb vor ihr stehen. Er verbeugte sich tief und schwungvoll und fasste ihre Hand, ehe sie sie wegziehen konnte.
»Miss Briony Rosewood«, tönte er laut, »so du mir heute auch deine Gunst erweist, ich kann sie doch nicht annehmen.«
Hastig zog Briony die Hand weg. »Hör auf!«, zischte sie und wurde puterrot, als sie sah, wie Didion bei Sammys Dummheiten die Augen verdrehte.
»Ich weiß, du wünschst dir, dass ich nach meiner siegreichen Heimkehr um deine Hand anhalte«, posaunte Sammy weiter, und seine Stimme hallte über den ganzen Burghof, »aber mein Herz gehört einer anderen.«
Mit liebeskrankem Blick schmachtete Sammy über Brionys Schulter Anna an, die gut zwanzig Jahre älter war als er. Er verbeugte sich fast bis auf die Erde.
»Bitte tretet zurück von der Prinzessin«, konterte Anna ungerührt.
»Hach, immer so neckisch«, flötete Sammy und klimperte mit den Wimpern. Dann zwinkerte er Briony zu und marschierte davon, um sich den Truppen anzuschließen, die sich vor den Burgtoren sammelten. Er griff nach der Evermore-Fahne, auf der ihr Familienwappen prangte, eine purpurne Rose auf weißem Grund.
Brionys Blick ging durch den Burghof, zu den gelösten Gesichtern und dem unbeschwerten Geplauder. Es lag ein aufgeregtes Summen in der Luft – endlich war der prophezeite Tag gekommen, und die vier endlos langen Kriegsjahre nach König Jacquels Tod würden bald vorüber sein. Und Rory würde sich als der Zweifache Erbe erweisen und über beide Königreiche herrschen.
Briony versuchte, sich genauso munter und unbeschwert zu geben und ihre Sorgen beiseitezuschieben. Der Mond rückte immer näher an die Sonne, wie vorausgesagt. Ein Drachenschrei zerriss den Himmel. Und alle plapperten weiter und umarmten einander und prosteten sich ein letztes Mal zu.
Als es für die Truppen an der Zeit war loszumarschieren, kam Rory zu ihr, um sie zum Abschied zu umarmen.
»Nein«, sagte sie. »Nicht nötig.«
Er ließ die Arme sinken und schaute sie stirnrunzelnd an. »Briony.«
»Wir sehen uns in ein paar Stunden wieder«, erklärte sie. »Und alles, was wir uns sagen würden, ist überflüssig.«
Er beugte sich zu ihr vor und berührte ihre Stirn mit seiner. »Wir sehen uns bald, Biney.«
»Ich richte dir ein Festmahl aus, Morie.«
Bei der Erwähnung ihrer alten Spitznamen aus Kindertagen zwinkerten sie einander verschwörerisch zu, dann drehte Rory sich brüsk zu seinem Pferd um, um seine Leute aus dem Burghof zu führen.
Didion sah sich noch einmal nach ihr um, bevor er ihm folgte.
Anna trat an Brionys Seite. »Hättest du dem Didion-Jungen nicht wenigstens den kleinen Finger reichen können?«
Cordelia prustete.
Briony schnaubte empört. »Wie schon gesagt, nicht nötig«, erklärte sie und verschränkte die Arme. »Bis es dunkel wird, sind sie wieder zuhause.«
Die Burgtore schlossen sich hinter den ausrückenden Soldaten, und Briony drehte sich um und ging voran auf den Balkon, von wo aus sie zusehen und warten wollten.
Die Welt verfinsterte sich für einen Augenblick, als sich etwas vor die Sonne schob. Briony drehte sich um, verwundert, dass die Sonnenfinsternis schon eingesetzt hatte.
Ein schwarzer Drache stand flügelschlagend über der Burg, konnte ihnen aber dank Rorys Schutzzauber nichts anhaben.
Das Untier kreischte, und Briony spürte seinen Schrei bis ins Mark.
Briony hämmerte das Herz bis zum Hals. Polternd stürzte sie die Treppe hinunter, viel zu schnell, um einen Gedanken daran zu verschwenden, ob es nicht besser wäre, sich still zu verhalten. Cordelias keuchender Atem war nur drei Schritte hinter ihr, als sie Hals über Kopf in den offenen Bogengang im dritten Stock stürzten.
Sie hastete am ersten Torbogen vorbei und blieb vor dem nächsten stehen, um einen Blick hinaus über den See zu werfen. Die Wolke aus Knochen und Staub begann langsam abzuziehen, sich zu verflüchtigen, und der Mond ließ die Sonne mit einem Kuss allein zurück. Nirgendwo am Horizont war der Drache auszumachen. Briony schaute hinaus auf den Burghof, und das Blut gefror ihr in den Adern.
Ein Meer aus dunkelblauen Röcken ergoss sich durch die Tore und teilte sich wie Flussarme.
Mallows Männer waren hinter den Mauern.
Cordelia schnappte bei dem Anblick erschrocken nach Luft. Einige der Bomardis kämpften mit den wenigen Wachen und mit denjenigen aus der Dienerschaft, die zurückgeblieben waren, aber manche liefen auch zielstrebig durch das Getümmel, als folgten sie einer strikten Anordnung, wie der, die feindliche Flagge einzuholen.
Aus gut dreißig Metern Höhe musste Briony mitansehen, wie ein Mann im blauen Waffenrock mit den Fingern durch die Luft fuhr wie mit einem Messer und eine Magd sich an den Hals fasste und das Blut spritzte, während sie leblos zu Boden fiel.
Briony fragte sich, ob das Sofia gewesen war, ihre Zofe.
In ihrem Kopf war eine Mauer. Während Cordelia neben ihr panisch zu schluchzen begann, spürte Briony noch die Barrikade zwischen Augen und Verstand, die es ihr verbot zu weinen. Vielleicht war es auch ein Damm in ihrer Kehle, der verhinderte, dass Kopf und Herz sich miteinander austauschten.
Sie schaute zu, wie derselbe Mann einen der Lakaien anging, beugte sich über die Fensterbrüstung und streckte den Arm aus nach der Statue von Vindecci, dem Vater der Gedankenzauberei, ganz oben auf dem höchsten Turm. Sie holte mit dem Arm aus, sandte ihren Zauber hinaus und sah, wie der geheiligte Philosoph schräg von seinem Postament rutschte. Im Fallen klatschte sie in die Hände. Die Marmorstatue zerbarst. Einen großen Brocken lenkte sie auf den Mann, der gerade die Hand hob, um dem Lakaien die Kehle durchzuschneiden. Der Stein traf ihn hart an der Schulter. Er schrie auf und warf mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf in den Nacken.
Briony erkannte ihn. Reighven. Einer von Mallows erbarmungslosesten Soldaten, der seit dem Tag des Kriegsbeginns in der Bomardi-Schule von Briony wie besessen schien. Sein Gesicht hatte sie schon in unzähligen schlaflosen Nächten bis in ihre Fieberträume verfolgt.
Die übrigen Steinbrocken schlugen rings um ihn herum auf und trafen andere Blauröcke. Die Männer hielten in ihrem Sturm auf die Dienerschaft inne. Dann wendeten sich fünfzig Augenpaare nach oben.
Briony riss Cordelia einen Wimpernschlag zu spät zurück.
Nun wussten alle, wo sie zu finden waren.
Sie fasste Cordelia an der Hand und rannte los. Sie mussten fort aus diesem Stockwerk, aus diesem Flügel der Burg.
Wieselflink lief sie durch die gewundenen Gänge der labyrinthischen Dienstbotenquartiere und schlüpfte durch Korridore, an die sie sich irgendwie vage zu erinnern schien. Sie hasteten eine halbe Treppe hinauf, liefen oberhalb der darunter befindlichen Küche entlang und dann hinein in den seeseitigen Korridor. Irgendwo hier musste ein versteckter schmaler Treppenaufgang sein, gedacht eigentlich für die Bediensteten, damit sie rasch und unbemerkt zwischen den Geschossen hin und her laufen konnten. Wenn sie sich doch bloß erinnern könnte, hinter welcher Wand er war! Sie rannten an Zimmern und Gängen vorbei, an denen sie und Rory als Kinder wie kleine Pferdchen vorbeigaloppiert waren, während sie einander Zauber für viel ältere Kinder um die Ohren warfen. Der Damm in ihrem Hals hielt dem Gedanken an ihren Bruder stand.
Wo war seine Leiche?
Warum hatte die Prophezeiung getrogen?
Warum hatte sie ihn in dem Glauben gelassen, unbesiegbar zu sein?
Irgendwo vor ihnen hörte man ein lautes Krachen, just hinter der Tür, auf die sie zugeeilt waren. Explodierende Steine und splitterndes Holz. Briony und Cordelia kamen schlitternd zum Stehen. Ihr Verstand setzte kurz aus. Das war aus der Richtung gekommen, in die sie gewollt hatte. Die einzige Richtung, in die zu Laufen sie gewusst hatte.
Und dann wurde Briony plötzlich von Cordelia weggezerrt. Sie folgte ihrer Freundin, die wieder zurücklief, in einen Alkoven hastete und rasch in einen Wäscheschrank sprang.
Ihr Atem ging viel zu laut.
Das war Brionys einziger Gedanke, und dann flog die Tür zum Treppenaufgang auf, und die Männer, die zuerst die Burg gestürmt hatten, polterten den Korridor entlang.
Sie tastete nach dem Zauberfaden in ihrem Kopf und zupfte daran, um ihr Herz zu zwingen, langsamer zu schlagen. Dann fasste sie Cordelia am Handgelenk, strich mit dem Daumen über ihren Puls und ließ auch ihr Herz langsamer schlagen.
Ihr Atem ging ganz ruhig, und nun hörte sie nur noch das Dröhnen der Stiefel auf den Steinplatten.
»Nimm Gains und schaut in jedem Zimmer nach. Treibt sie alle zusammen.«
Briony musste schlucken, als sie die Stimme hörte. Das war das heisere Krächzen von Caspar Quill. Und dann ging ihr etwas noch Grauenhafteres auf.
Die Bomardi-Männer, die in die Burg ihres Vaters eingedrungen waren …
Die Männer, die zugesehen hatten, wie ihr Bruder starb …
Die Männer, die jetzt Jagd auf Eversuns machten …
Das waren dieselben Männer, vor denen sie als kleines Kind und junges Mädchen geknickst hatte, die Männer, die ihrem Vater die Hand gegeben hatten, nur Wochen, ehe Mallow das Amt des Hohen Rates gewaltsam übernommen und ihren Vater niedergestreckt hatte.
Bestimmt kannte Briony sie alle.
Liam Quill und Larissa Gains – zwei Bomardis, mit denen sie fünf Jahre lang zur Schule gegangen war. Ihre Väter waren es, die jetzt auf der anderen Seite der verschlossenen Tür standen.
Und sie fragte sich, ob diese Männer sich je ausgemalt hatten, ihre eigenen Kinder müssten sich so vor Brionys Vater verstecken.
Sie lauschte auf die beiden Männer, deren Schritte den weitläufigen Saal hinunter verklangen. Rechts von ihnen war zu hören, wie ein Zimmer auseinandergenommen wurde. Womöglich die gute Stube der Dienerschaft …
Ein Schrei schrillte ihr in den Ohren.
»Nein! Bitte! Bitte, ich bin bloß die Magd!«
Cordelia schnappte nach Luft, und Briony drückte ihr den Finger aufs Handgelenk, damit ihr Herzschlag und ihr Atem ruhig blieben.
Das Mädchen schrie auf, dann hörte man ein lautes Krachen.
»Sie schla-schlafen oben! Vierter Stock!«, schluchzte sie.
Briony biss sich auf die Lippen. Das war gelogen. Alle Schlafzimmer lagen im zweiten Stock.
»Vielleicht suchen wir gar nicht die Schlafzimmer«, tönte eine tiefe Stimme, die vor Bösartigkeit nur so triefte. Das war Gains. »Haben wir ein Minütchen für ein bisschen Zerstreuung zwischendurch?«
Worauf sein Kumpan antwortete: »Was bringt alles Plündern, wenn man nichts plündert?«
Die Magd schrie auf. Man hörte, wie etwas Schweres gegen die Wand schlug. Wie Stoff riss.
Und dann war Briony auch schon aus dem Wandschrank gestürzt, noch ehe Cordelia sie anflehen konnte, still zu sein.
Sie sprang heraus, und die Schranktür flog mit einem Knall gegen die Steinmauer. Sie schlitterte in den Korridor, rannte zum Nachbarzimmer und sah mit weit aufgerissenen Augen hinein.
Nackte Angst pulsierte durch ihren Körper. Der Atem rasselte ihr in der Brust, als sie die junge Frau sah, die, auf ein kleines Sofa geworfen, dalag, die beiden Männer bedrohlich über sie gebeugt.
Briony packte mit ihrem Zauber die Schranktür, durch die Cordelia gerade erst getreten war. Mit dem ganzen Körper holte sie aus und riss sie heraus. Krachend sprang die Tür aus den Angeln und schoss durch die Luft. Holz splitterte, und sie hob die Hand, um zwei scharfkantige Fragmente nach oben zu dirigieren. Mit einem Ruck am Zauberfaden kegelten die spitzen Splitter in das Zimmer der Magd.
Zwei schrille Schmerzensschreie, und die Holzpflöcke bohrten sich in die Oberschenkel der beiden Männer.
Mit einer Drehung aus dem Handgelenk ließ Cordelia zwei weitere spitzzahnige Holzbretter in die Luft steigen. Mit großen Augen starrten die Männer sie an und sahen das Holz auf Höhe des Brustkorbs auf sie zurasen.
Gains schlug nach der leeren Luft, und der Holzpflock ließ sich ablenken, aber seinen Kumpan erwischte es an der Schulter. Noch ehe Gains zurückschlagen konnte, war die Magd mit einem Satz vom Sofa gesprungen und holte mit einem Kerzenständer aus, den sie von einem Beistelltisch gegriffen hatte, um ihn Gains über den Schädel zu ziehen. Gains taumelte, und Cordelia ließ das letzte Stück der zerborstenen Tür schweben, um damit auf seinen Bauch zu zielen.
Das nasse Knatschen der durchbohrten Organe würde Briony sicher bis in ihre Albträume verfolgen.
Die Magd stürzte aus dem Zimmer, fasste Briony und Cordelia im Rennen an den Händen und zerrte sie hinter sich her.
»Da ist ein Durchgang! Ihr müsst hier weg!« Ihr Akzent mit den langgezogenen Vokalen, der fremd und von weit her klang, war nicht zu überhören.
»Den habe ich gesucht«, keuchte Briony und schaute kurz zurück, ob die Männer ihnen auch wirklich nicht folgten. Gains zumindest lebte noch und wälzte sich vor Schmerzen. Das müsste ihnen ein bisschen Zeit verschaffen. Bei dem anderen … war sie sich da nicht so sicher.
Sie folgten dem Mädchen zu einer Steinmauer, die zurückschwang, als sie dagegen drückte, und unvermittelt stolperte Briony eine nasse Treppe hinunter. Cordelia leuchtete ihnen mit einem Fingerschnippen – eine Lichtkugel, die über dem rotblonden Schopf der Magd Schatten an die Wand warf.
Jetzt erinnerte Briony sich auch an sie, und ihr fiel unvermittelt alles wieder ein. Das Mädchen war erst seit ein paar Monaten hier, frisch aus Shurtarth hergekommen. Sie und ihr Bruder. Ihr Bruder hatte sich gestern freiwillig zu Rorys Armee gemeldet; der einzige shurtarthianische Nicht-Magier, der dazu bereit gewesen war.
Unvermittelt bog die Treppe ab, und sie wurde aus ihren Gedanken gerissen. Die Magd blieb unten vor einer Tür stehen.
»Wir sind im zweiten Stock. Dahinter gibt es einen Durchgang runter in den ersten Stock …«
»Hinter dem Porträt von meiner Mutter. Jetzt fällt es mir wieder ein«, rief Briony. »Wir müssen uns beeilen.«
Die Magd nickte, und Briony ließ die Sandsteintür mit einer Handbewegung verschwinden. Sie schaute nach links und rechts und trat dann hindurch.
Die große Eingangshalle war menschenleer, aber irgendwer hatte die Flagge von Evermore in Brand gesteckt. Der Stoff fiel in knisternden Fetzen zu Boden, das Rosenwappen ihrer Familie zu Asche verbrannt. Mit flinken Schritten führte die Magd sie zur Ahnengalerie, und es dauerte nicht lange, da schob Briony das Porträt ihrer Mutter beiseite – mit den dunklen Augen und dem energischen Kinn, das Briony nicht von ihr geerbt hatte. Sie hielt den Bilderrahmen auf wie eine Tür, und die Magd huschte als Erste hindurch, dicht gefolgt von Cordelia.
Briony drehte sich um, um den Rahmen hinter ihnen wieder an Ort und Stelle zu bringen, und lauschte auf die Schritte der beiden Frauen vor ihnen auf der Treppe, da …
Bumm!
Die Explosion erschütterte das Mauerwerk unter ihren Füßen. Briony stützte sich an den Wänden des Durchgangs ab, während Cordelia sich umdrehte, die Augen in der Dunkelheit weiß vor Panik.
Und dann stürzte die Decke über ihnen ein, und Cordelia war verschwunden.
Briony schob sich aus dem Durchgang, bevor sie zerquetscht wurde.
Mit klopfendem Herzen ging sie zu Boden. Hinter ihr stieg eine Wolke aus Staub und Trümmern auf und erinnerte sie an Rory. Der in einer ganz ähnlichen grauen Wolke aufgegangen war.
Ob Cordelia in dieser war?
Auf allen vieren robbte sie voran, streckte die Hand aus, um mit einem Zauber die Steine anzuheben und beiseitezuschieben.
»Cordelia!«, schrie sie und atmete den Staub ein.
Hinter ihr hörte sie, wie Gemälde von der Wand fielen und weitere Explosionen das Gebäude bis in seine Grundfesten erschütterten. Die Burg hatte nichts mehr entgegenzusetzen, jetzt, wo Rorys Schutzzauber nicht mehr war. Sie fiel um sie herum in sich zusammen, so wie der Zauber ringsum aus den Steinen rann.
Sie lauschte angestrengt, konnte jedoch keine Antwort aus den Trümmern hören – stattdessen drang das Stampfen schwerer Stiefel an ihr Ohr.
Sie stand mitten in der Ahnengalerie, weithin sichtbar und ohne erkennbaren Ausweg.
Hastig sprang Briony auf die Füße und rannte los. Sie stürzte am Esszimmer vorbei und lauschte auf die Schreie einer Frau, die aus dem großen Saal herüberdrangen. Sie hielt auf die gewundene Freitreppe zu, weil sie nicht wusste, wohin sonst.
Rasch bog sie um eine Ecke und kam stolpernd zum Stehen. Annas lebloser Körper lag mit offenen, leeren Augen verdreht am oberen Ende der Treppe. Briony schluckte gegen den Schmerz an, trat behutsam um sie herum und eilte weiter die Treppe hinunter.
Wieder ließ eine Explosion die Mauern erzittern, und Briony wankte und verlor fast das Gleichgewicht, so bebte der Boden unter ihren Füßen. Als sie wieder sicher auf beiden Beinen stand, drehte sie sich noch einmal nach Anna um.
Warum war Anna die Treppe heraufgekommen? Sie hätte doch auf der anderen Seite der Burg sein sollen, auf dem Weg nach unten.
Hier war nichts weiter als die Schlafzimmer.
Und dann traf es Briony wie ein Blitz: die Papiere auf ihrem Schreibtisch. Die Geheimkorrespondenz mit jenen Ländern, die ihnen Unterschlupf gewähren würden. Die Liste mit den konspirativen Unterkünften überall auf dem Kontinent, wo die Spione des Generals sich sammeln würden.
Am Fuß der Treppe waren vier Männer in blauen Waffenröcken zu sehen, die, den gewundenen Stufen folgend, nach oben stiegen. Sie hatten sie noch nicht gesehen. Briony rannte weiter, den Gang zu ihrer Rechten hinunter.
Sie flog nur so über den Steinboden, ohne einen anderen Gedanken als die Papiere. Einen zweiten Weg nach draußen gab es hier nicht. Sie würde nachschauen müssen, ob sie sich vielleicht an den Außenmauern nach unten hangeln konnte.
In fliegender Hast stürzte sie durch ihr Vorzimmer ins Schlafzimmer, und ihr Zauber ließ die Tür hinter ihr zuschlagen. Sie klatschte in die Hände, und die Papiere auf ihrem Schreibtisch gingen in Flammen auf.
Im Zimmer nebenan flog die Tür auf. Sie hörte es sogar durch die dicken Sandsteinmauern.
Briony blieb wie angewurzelt stehen, gerade so lange, dass ihr die Entscheidung abgenommen wurde – sie konnte nicht mehr auf demselben Weg hinaus, auf dem sie hereingekommen war.
Eilig stürzte sie ans Fenster und schaute hinunter. Fünf von Mallows Männern patrouillierten unten. Sie könnte sie ausschalten und dann rasch runterklettern. Sie müsste es nur geschickt anstellen.
Geschwind sah sie sich in ihrem Zimmer um, denn zuerst brauchte sie ein Versteck. Das kleine Badezimmer, das sich anschloss, bot keinerlei Unterschlupf. Die große Truhe am Fußende des Bettes war viel zu offensichtlich. Sie stürzte zum Kleiderschrank, wie dumm das auch war, aber zumindest konnte sie so ein wenig Zeit schinden, um einen Zauber zu wirken.
Der Blendzauber war tückisch und heikel, aber im Laufe der vergangenen vier Jahre hatte sie ihn zu beherrschen gelernt, während ihr Bruder in die Schlacht gezogen war. Es brauchte hochkonzentrierte Gedankenmagie, um das Auge des Betrachters in die Irre zu führen.
Sie trat vor den Schrank und schob ihre Kleider beiseite. Dann zog sie die Türen hinter sich zu, schloss die Augen und dachte an den Zauberfaden hinter ihrer Stirn. Sie breitete die Finger aus, wirkte den Zauber und stellte sich vor, unsichtbar zu sein, mit den Farben des Kleiderschranks zu verschmelzen. Ein flüchtiger Blick in den Schrank würde ins Leere gehen, solange sie es schaffte, ihre Gedanken im Zaum zu halten.
Die Schlafzimmertür flog auf, schlug krachend gegen die Steinwand, und durch den Spalt in den Schranktüren konnte Briony sehen, wie ein Mann ins Zimmer stürmte, um dann abrupt stehenzubleiben.
Ihr Herz setzte aus, und ihr entfuhr ein erschrockenes Keuchen.
Der Blendzauber fiel von ihr ab.
Er wirkte größer. Die langen Glieder unter dem schwarzen Hemd und dem enganliegenden Wams waren muskulös, aber sein breiter Oberkörper ging immer noch in schmale Hüften über, formte ein spitzes Dreieck über dem Bund der schwarzen Hose. Jahrelang hatte sie den Blick nicht davon losreißen können, so sehr sie es auch versuchte.
Sie beobachtete, wie er sich im Kreis um die eigene Achse drehte und sein Blick durch das Schlafzimmer ging und an allem, was sie besaß, haften blieb, alles von ihr sah.
Während er sich noch umschaute, richtete Briony alle Aufmerksamkeit wieder auf den Blendzauber und hielt sich an dem Faden zwischen ihren Augen fest, bis sie spürte, wie die Umrisse ihres Körpers verblassten.
Durch den Spalt in der Tür sah sie, wie er an den Schreibtisch trat, wo die Papiere sich als glühende Asche kräuselten. Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, rannte er in das Badezimmer. Rasch war er wieder da und riss den Deckel der Truhe am Fußende des Bettes hoch.
Ein kleiner zufriedener Schauer überlief sie. Ganz genau, das waren die offensichtlichen Verstecke.
Doch dann stürzte er zum Schrank, und sie richtete alle Gedanken auf ihren Zauber und hielt den Atem an.
Er riss die Türen auf, und dann stand ihr Toven Hearst Auge in Auge gegenüber.
Und diese Augen, die, wie sie schon vor Jahren bemerkt hatte, nicht ganz grau waren, sondern gesprenkelt mit einem klaren Blau, starrten sie unverwandt an.
Sie hätte noch einen Zauber wirken sollen, um ihren Herzschlag zu dämpfen. Er musste ihn hören.
Die Haare fielen ihm in die Stirn, fein und so hell, dass das Grau schon beinahe silbern schimmerte.
Das letzte Mal, als sie diesen Mann gesehen hatte, hatte er sie durch den Wald gejagt und alle getötet, die sich ihm in den Weg stellten.
Sie schauderte, so dicht stand er vor ihr. Das war die Angst, sagte sie sich.
Er tat noch einen Schritt auf sie zu und schaute nach links und rechts.
Weil sie auf dem Innenboden des Schranks stand, war sie größer und beinahe auf Augenhöhe mit ihm, und sollte er den Kopf auch nur ein kleines bisschen weiter in den Schrank neigen, würden seine Lippen die ihren berühren.
Irgendetwas war da in seinem Blick, als er schließlich zurücktrat, als versuche er, sich an etwas zu erinnern. Wieder starrte er in den Schrank und streckte die Hand aus.
Briony erzitterte. Das war das Ende.
Und dann fuhr er mit den Fingern über ein grünes Kleid, das links von ihr hing. Eins, das sie schon seit Jahren nicht mehr angehabt hatte.
»Toven.«
Beide fuhren vor Schreck hoch.
Toven drehte sich auf dem Absatz um, weg von ihr, und hätte sie fast mit der Hand gestreift.
Finn Raquin, sein bester Freund, stand in der Tür.
»Wir müssen weg«, rief Finn. Sein Brustkorb hob und senkte sich rasch. »Mallow weiß, dass du hier bist.«
Toven riss sich vom Schrank los und ging rüber zu Brionys Schreibtisch, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen.
»Toven«, drängte Finn ihn wieder. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Lass das lieber.«
Sie sah zu, wie Tovens blasse Hand sich nach etwas auf ihrem Schreibtisch ausstreckte und darüberfuhr. Ihre Teetasse von heute Morgen.
»Noch haben sie uns nicht zurückgerufen«, sagte Toven mit seinem tiefen Bariton, und wie immer kribbelte es in ihrem Bauch, wenn sie ihn hörte. »Noch ist Zeit.«
Und damit stürmte er aus dem Zimmer, und Finn setzte ihm seufzend nach.
Briony konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Sie lauschte auf die polternden Schritte, die sich immer weiter entfernten. Sie löste den Blendzauber auf und tat einen tiefen, reinigenden Atemzug.
Ein würziger Duft stieg ihr in die Nase, nach Pfefferminz und noch etwas.
Sie trat aus dem Schrank und rannte zur Zimmertür, um vorsichtig hinauszuspähen. Finn verschwand gerade dicht hinter Toven am entgegengesetzten Ende des Korridors um die Ecke.
Noch ist Zeit. Zeit, wofür? Augenscheinlich suchte er etwas. Sie dachte an die Truhe vor ihrem Bett und den Schrank. Suchte jemanden.
Es war, als hätte man sie ins eiskalte Wasser geworfen.
Er suchte sie.
Toven Hearst machte Jagd auf sie, schon wieder. Genau wie alle anderen auch.
Sie hatte immer schon gewusst, dass sie in seinen Augen einen Dreck wert war – dass er ganz Evermore verabscheute –, aber sie hatte gehofft, er wäre heute nicht an vorderster Front dabei.
Hatte er zugesehen, wie ihr Bruder starb? Hätte er hämisch gegrinst, wenn er sie entdeckt hätte?
Briony holte tief Luft und drehte sich um, um in den anderen Flügel der Burg zu laufen.
Und lief geradewegs in einen Brustkorb.
Sie schnappte nach Luft, und eine Hand umfasste ihren Hals. Ihr blieb nur ein winziger Moment, um das triumphierende Grinsen in Gains Gesicht zu sehen, ehe er sie mit einem Zauber belegte. Die Augen fielen ihr zu, und alles wurde schwarz.
Acht Jahre zuvor
Briony schien länger als ihre Mitschüler zu brauchen, um sich an die Kälte in Bomard zu gewöhnen. Als sie alle im Frühling zu ihrem ersten gemeinsamen Unterrichtsjahr aus Evermore hier angekommen waren, hatte Briony Wärme, laue Luft und blühende duftende Bäume erwartet. So kannte sie den Frühling aus Evermore.
In Bomard dagegen war der Frühling nichts weiter als das Ende des Winters. Der Schnee schmolz immer noch, und alle trugen schweren Pelz. Den Aufenthalt im Freien hielt man so knapp wie möglich. Briony und Rory hatten mit ihrem Vater schon so einige Pflichtbesuche in Bomard absolviert, aber so hoch oben im Norden waren sie noch nie gewesen. Hier, in die Flanke eines Gebirgszugs gehauen, der Bomard vor allen anderen Reichen jenseits des Meeres schützte, schien die Bomardi-Schule wie eine Trutzburg aus Schnee und Eis.
Briony sehnte sich nach den milden Winden von Evermore. Sie zog den Umhang noch fester um sich und tippte sich mit den Fingern ins Gesicht, um das Blut unter der Haut zu wärmen.
»Vorsicht«, mahnte Rory und trat an ihren gemeinsamen Frühstückstisch von hinten an sie heran. »Simon Leatherby hat das letzte Woche auch versucht, ich habe es selbst gesehen. Am Ende hat er sich bloß einen heftigen Fieberanfall verpasst.«
»Ich passe schon auf«, sagte sie mit klappernden Zähnen. Sehnsuchtsvoll ging ihr Blick zum heruntergebrannten Feuer. »Meinst du, die spielen Spielchen mit uns? Und geben dem Eversun-Erben deshalb nur drei Scheite am Tag?«
Rory setzte sich ihr gegenüber an den Tisch und legte die Hände um die warme Teetasse. »Ja, ich glaube, sie wollen uns zittern sehen. Das würde ihnen gefallen. Vielleicht wollen sie, dass wir um Feuerholz betteln.«
Briony verdrehte die Augen. »Tja, das sollten wir uns für nächstes Jahr merken, wenn wir wieder zuhause sind. Vielleicht versiegeln wir ihnen die Fenster. Mal sehen, wie ihnen die Hitze bekommt.«
Bestandteil des Abkommens, das seit über fünfhundert Jahren den Frieden zwischen Eversun und Bomard sicherte, war es, die Jugendlichen beider Länder gemeinsam zu unterrichten, und zwar jeweils abwechselnd in beiden Ländern, und das für die letzten fünf Jahre ihrer magischen Erziehung. Im nächsten Jahr würden die Bomardis an den wärmeren Seen von Evermore zur Schule gehen, aber in diesem Jahr war Bomard der Gastgeber.
Obschon es deutliche Unterschiede gab zwischen Herzzauberern und Gedankenzauberern, waren die grundlegenden Prinzipien in beiden Fällen doch mehr oder minder dieselben. Nur die Quelle der Magie und das Band zu ihr unterschieden sich. Wollte ein Herzzauberer einen Stein bewegen, begann der Zauber für ihn in den Muskeln. Für einen Gedankenzauberer hingegen begann alles mit dem Ursprung der Bewegung – dem Gedanken. Herzzauberer spürten die Magie wie einen pulsierenden Strang in der Brust, Gedankenzauberer wie einen Faden zwischen den Augen, der ihren Geist mit der Außenwelt verknüpfte.
Briony hatte von klein auf gelernt, der Gedankenzauber der Eversuns wäre die weitaus entwickeltere Magie, da Gedankenzauberer nicht so schnell ermüdeten wie Herzzauberer, und dass den Bomardis schlicht die Geduld dafür fehlte. Herzzauberer konnten versehentlich auf einen Schlag ihre gesamte magische Kraft aufbrauchen, aber auch mit wenig Übung ließ es sich damit gleich von Anfang an leicht zaubern. Für den Gedankenzauberer hingegen war Beharrlichkeit die beste Freundin.
»Wir können froh sein, dass wir wenigstens unsere eigenen Gemächer haben«, sagte Rory.
»Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll. Im Schlafsaal ist es wenigstens warm von den vielen Leuten.« Briony griff nach ihrer Tasse und wärmte den Tee darin, bis er beinahe kochte. Seit einem Monat waren sie in Bomard, und sie war die letzte Eversun, die immer noch zitternd im Klassenzimmer saß.