Sam backt sich ins Glück - Antje Steffen - E-Book

Sam backt sich ins Glück E-Book

Antje Steffen

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Beschreibung

Sam hat eine schlimme Beziehung hinter sich. Sie möchte sich vorerst nicht mehr auf einen Mann einlassen. Ihre Schwester unterstützt sie und versucht, Sam zu zeigen, was das Leben ihr zu bieten hat. Nachdem Sam erst einen und kurz darauf einen zweiten Mann kennenlernt, die sich für sie interessieren, ändert sich ihr Leben. Eine neue berufliche Herausforderung und alte Freunde bringen neuen Schwung in ihr Leben.

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Sam backt sich ins Glück

Auch wenn du verletzt bist, lass die Liebe in dein Herz!

Antje Steffen

Sam backt sich ins Glück

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2023 Antje Steffen

3. Auflage, Vorgängerausgabe 2022

ISBN Softcover: 978-3-347-96694-9

ISBN E-Book: 978-3-347-96695-6

Cover-Design by Nancy Salchow

Unter Verwendung einer Grafik von Pixaby

Grafik unter Inhaltslizenz erhalten bei https://pixaby.com/

Druck und Distribution im Auftrag:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Autorin unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland

1

Sam und ihre Schwester Charlie trafen sich regelmäßig, um miteinander bummeln zu gehen. Früher hatten sie das jede Woche gemacht. Während Sams Beziehung zu ihrem Ex-Freund war diese Gewohnheit auf der Strecke geblieben. Jetzt, nach Ende des Ganzen, sorgte Charlie dafür, dass die alte Gewohnheit wieder neu belebt wurde. Auch heute war wieder ein Schwesterntag.

„Was hältst du davon, wenn wir etwas essen gehen, Sam? Ich kenne da ein neues Restaurant.“

Sam nickte.

„Das hört sich gut an. Ich könnte eine Stärkung vertragen.“

„Gut, dann folge mir.“

Charlie führte Sam weg von der Haupteinkaufsstraße. Nicht weit davon entfernt befand sich das Lokal. Sam blieb stehen und betrachtete die Fassade.

„Sieht gut aus. Es wirkt, als hätte jemand viel Liebe in die Gestaltung gesteckt.“

Charlie nickte.

„Ja, Mark und sein Bruder haben sich hier einen Traum verwirklicht.“

„Du kennst die Besitzer?“

„Nur den älteren, Mark, wir haben gemeinsam ein paar Kurse besucht.“

Aufmerksam sah Sam ihre große Schwester an. War da mehr zwischen ihr und diesem Mark? Darüber hätte Sam sich gefreut, denn ihre Schwester war schon zu lange allein. Dabei war sie so ein lieber Mensch. Sam wollte besser nicht wissen, wo sie jetzt wäre, wenn es ihre Schwester nicht gäbe.

Charlie wurde unruhig.

„Wollen wir nun reingehen oder hast du es dir anders überlegt?“

„Ich komm ja schon.“ Lachend folgte Sam Charlie ins Restaurant.

Drinnen sahen sie sich um und entschieden sich für einen Tisch am Fenster. Charlie setzte sich und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen.

„Und, Schwesterherz, ist er da?“

Charlie warf Sam einen genervten Blick zu.

„Was meinst du denn? Ich hab mich nur umgesehen.“

Sam grinste, sagte aber nichts mehr.

Kurz darauf kam ein junger Mann an ihren Tisch.

„Hallo, freut mich, euch im Calypso begrüßen zu dürfen. Möchtet ihr schon etwas zu Trinken bestellen?“

Damit reichte er ihnen die Speisekarte. Sam nahm die Karte entgegen. Dabei berührten ihre Finger, die Finger des Kellners. Schnell zog sie diese zurück. Es fühlte sich an, als wenn sie mit den Fingern auf eine heiße Herdplatte gekommen wäre. Dabei wäre fast die Karte runtergefallen.

„Hoppla!“

Geschickt fing der Typ die Karte auf und warf Sam einen neugierigen Blick zu. Die murmelte einen Dank und senkte den Blick.

Charlie räusperte sich.

„Ich nehme eine Apfelschorle.“

„Apfelschorle, okay ...“, er blickte wieder zu Sam.

Die hob kurz die Augen.

„Nehm ich auch, bitte.“

„Alles klar, zwei Apfelschorlen für die Ladies.“

Nach einem weiteren kurzen Blick zu Sam drehte er sich um und entschwand in Richtung Theke.

Charlie musterte ihre Schwester.

„Alles in Ordnung bei dir?“

Sam nickte.

„Alles gut, ich weiß nicht, was da eben passiert ist. Wahrscheinlich meine Nerven.“

Charlie blickte besorgt.

„Wollen wir lieber nur was trinken und dann wieder gehen?“

Sam schüttelte den Kopf.

„Nein, ich hab das im Griff. Du weißt, ich muss mich den Dingen stellen. Dazu gehört auch der Kontakt zu Männern. Ich kann nicht ewig versteckt bleiben.“

Charlie wusste, dass Sam Recht hatte, trotzdem machte sie sich Sorgen. Es war noch nicht lange her, seit Sam mit diesem fiesen Typen zusammen gewesen war. Charlie machte sich immer noch Vorwürfe, dass sie nicht früher gemerkt hatte, was da lief.

Kurz darauf kam der Kellner wieder und brachte ihre Getränke.

„Und habt ihr schon gewählt?“

Er sah von einer zur anderen. Charlie lächelte und sagte: „Wir brauchen noch einen Moment.“

„Geht klar, dann komm ich gleich noch mal wieder.“

Die beiden schlugen die Speisekarten auf und vertieften sich ins Angebot.

Ein paar Minuten später kam der Kellner erneut an den Tisch. Er hatte gesehen, dass sie die Karten beiseitegelegt hatten.

„Nun, was darf ich euch bringen?“

Charlie antwortete zuerst.

„Ich hätte gern den Salat mit den gebratenen Putenstreifen und dazu das Knoblauchbaguette.“

Er wandte sich an Sam.

„Und du?“

Sam hob den Kopf und sah dem Typen ins Gesicht.

„Ich hätte gern die Schweinemedaillons mit Pommes und Salat.“

„Gute Wahl, wenn ich das mal sagen darf.“

Er lächelte Sam an und sie schaffte es, das Lächeln zu erwidern.

Nachdem der Kellner die Bestellung aufgenommen hatte, verschwand er in Richtung Küche.

Während die Schwestern auf ihr Essen warteten, unterhielten sie sich über ihre Pläne für das Wochenende. Sam erzählte gerade, dass sie sich ein schönes, faules Wohlfühlwochenende machen wollte, als ein Mann an ihrem Tisch auftauchte.

„Hey, Charlie! Schön dich hier zu sehen. Du bist die Erste aus dem Kurs, die in unser Restaurant gekommen ist.“

„Hallo, Mark! Das Calypso gefällt mir. Ihr habt es gemütlich eingerichtet.“

„Danke!“ Er wandte sich Sam zu. „Hey, ich bin Mark, mir und meinem Bruder John gehört das Restaurant.“

„Hallo, ich bin Sam, Charlies Schwester.“

„Freut mich, dich kennenzulernen, Sam. Lasst es euch schmecken. Euer Essen ist gleich da.“

„Danke, Mark.“

Mark verließ den Tisch und verschwand wieder in Richtung Küche.

Sam sah zu Charlie.

„Das ist also Mark. Nett, dass er uns extra begrüßt hat.“

Charlies Haut überzog eine leichte Röte.

„Ja, Mark ist wirklich nett.“

Sam lächelte. Da war wohl doch mehr, als nur gemeinsam besuchte Kurse. Sie hoffte für ihre Schwester, dass Mark ebenfalls Interesse hatte.

Bevor sie noch etwas sagen konnte, stand der Kellner erneut neben ihrem Tisch und servierte das Essen. Er wünschte ihnen guten Appetit und drehte sich um.

Sam sah ihm hinterher, wendete sich aber schnell ihrem Essen zu, als sie sah, dass er sich noch einmal zu ihnen umdrehte.

Charlie beobachtete ihre Schwester. Sollte die tatsächlich aus dem Schneckenhaus rauskommen, in das sie sich nach der Geschichte mit Carsten zurückgezogen hatte?

Die beiden jungen Frauen ließen sich ihr Essen schmecken. Es schmeckte wirklich gut, und sie genossen es.

Nachdem sie fertig waren, gab Charlie dem Kellner ein Zeichen, damit er die Rechnung brachte.

Dieser druckte den Bon aus und trat zu ihnen an den Tisch.

„Ich hoffe, es hat alles geschmeckt?“

„Ja, danke, das Essen war sehr gut. Wir werden bestimmt mal wiederkommen. Was meinst du, Sam?“

Sam nickte.

„Bestimmt!“

Sie spürte den Blick des Kellners auf sich. Nach kurzem Zögern hob sie den Kopf und sah ihm in die Augen. Es blieb jedoch bei einem kurzen Blick, dann senkte Sam den Kopf wieder.

Charlie bezahlte und die beiden standen auf, um das Lokal zu verlassen. Dabei berührte Sam zufällig den Arm des Kellners. Sofort zuckte sie wieder zurück.

„Tut mir leid.“

Er lächelte sie an.

„Ist doch nichts passiert.“

Sam nickte, sie dachte: Und ob etwas passiert ist. Ich weiß nur nicht, ob mir das gefällt.

Die Schwestern verließen das Lokal und bald darauf trennten sich ihre Wege, da Charlie noch einen Termin hatte. Zwar wäre sie lieber noch bei ihrer Schwester geblieben, konnte den Termin jedoch nicht absagen. Sie begleitete Sam nach Hause. Die wohnte nur ein paar Straßen weiter. Vor dem Haus blieben sie noch einen Moment stehen.

„Geht es dir gut?“

Sam lächelte.

„Mir geht es gut! Mach dir keine Sorgen. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, männliche Wesen näher an mich ran zu lassen.“

Nach einem prüfenden Blick nickte Charlie.

„Okay, aber du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen.“

„Ich weiß! Danke, Schwesterherz.“

Sam beugte sich zu Charlie und gab der Schwester einen Kuss auf die Wange, dann öffnete sie die Tür und stieg aus dem Auto.

Charlie sah Sam hinterher, bis diese im Haus verschwunden war. Erst dann startete sie den Motor und fuhr davon.

Sam ging nach oben in ihre Wohnung. Sie wohnte im zweiten Stock, in einer kleinen eineinhalb Zimmerwohnung, in der sie sich sehr wohl fühlte. Nichts in der Wohnung erinnerte sie an Carsten und ihre Zeit mit ihm. Sie hatte einen vollkommenen Neuanfang gemacht.

Sam packte die Sachen aus, die sie mit Charlie gekauft hatte. Es war schön, mit ihrer Schwester unterwegs zu sein. Sam freute sich auch, dass Charlie sich, wie es aussah, für Mark interessierte. Vor allem, da sie das Gefühl hatte, dass dieser ebenfalls Gefallen an Charlie fand.

Als Sam mit ihren Gedanken soweit gekommen war, dachte sie an den Kellner. Wieso hatten seine Berührungen so heftige Reaktionen bei ihr ausgelöst? Gut, sie war sehr empfindlich, was den Kontakt zu Männern anging. Daran waren Carsten und ihre Beziehung zu ihm schuld. Aber diese Reaktionen waren schon sehr extrem gewesen. Dabei machte der Typ eigentlich einen netten Eindruck. Sam schüttelte den Kopf. Sie sollte die Sache vergessen. So schnell würde sie ihn bestimmt nicht wiedersehen.

Charlie war unterdessen zuhause angekommen. Sie wollte sich schnell umziehen, um danach ihren Termin wahrzunehmen. Als sie auf ihr Telefon guckte, sah sie, dass die Leuchte vom Anrufbeantworter blinkte. Sollte doch etwas mit Sam sein? Charlie beschloss, die Nachricht lieber abzuhören.

„Hey, Charlie! Ich bin es, Mark! Ich habe mich sehr gefreut, dich zu sehen. Wie du vielleicht weißt, habe ich am Sonntag Geburtstag. In diesem Jahr wollte ich den eigentlich nicht feiern. Jetzt habe ich beschlossen, eine Feier in ganz kleinem Rahmen zu machen und möchte dich dazu einladen. Melde dich bitte, damit ich weiß, ob du kommst. Ach ja, bring deine Schwester auch mit. Sie scheint einen bleibenden Eindruck bei meinem Bruder hinterlassen zu haben.“

Charlie seufzte. Natürlich freute sie sich, dass Mark sie eingeladen hatte. Allerdings war die Sache mit Sam nicht ganz so einfach. Kurz überlegte sie, woher Marks Bruder Sam kannte, dann fiel es ihr ein. Der Kellner! Das musste John gewesen sein! Ob es eine gute Idee war, Sam mit zu der Feier zu nehmen? Charlie beschloss, Sam später anzurufen, um mit ihr darüber zu sprechen. Erst dann würde sie Mark Bescheid geben. Jetzt musste sie erstmal los, sonst käme sie noch zu spät zu ihrem Termin.

2

Nachdem Charlie zurück war, schnappte sie sich ihr Telefon und rief Sam an.

„Hey, Sam, ich bin es!“

„Hey, Charlie! Was gibt es? Hast du was vergessen?“

„Nein, das ist es nicht. Ich wollte dich was fragen?“

„Na, dann mal los! Was ist denn?“

Charlie atmete tief durch.

„Mark hat mir auf Band gesprochen und mich zum Geburtstag eingeladen.“

Sam unterbrach ihre Schwester.

„Das ist großartig! Ich freue mich für dich.“

„Warte, das ist noch nicht alles. Mark hat nicht nur mich eingeladen, sondern auch dich.“

„Aber warum denn? Er kennt mich doch gar nicht!“

„Stimmt, er hat dich eingeladen, weil sein Bruder ihn darum gebeten hat.“

„Sein Bruder? Aber den kenne ich doch noch weniger.“

„Wie man‘s nimmt. Du erinnerst dich doch an den Kellner?“

„Klar, du meinst, das ist Marks Bruder?“

„Genau! Und den hast du wohl so beeindruckt, dass er dich näher kennenlernen möchte. Und dazu soll ihm die Einladung verhelfen.“

Sam blieb einen Moment still. Sie wusste, wie viel Mark, und diese Einladung, für ihre Schwester bedeutete. Nun ja, sie konnte es sich vorstellen. Das ließ sich aus Charlies Verhalten schließen. Aber konnte und wollte sie dorthin gehen? Wollte sie diesen John, war das sein Name, näher kennenlernen? Sam wusste, Charlie wartete auf eine Antwort.

„Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist, Charlie. Ich weiß nicht, ob ich schon soweit bin.“

„Du musst nicht mitkommen, Sam. Es ist in Ordnung für mich, wenn du dich dagegen entscheidest. Ich wollte es dir nur sagen, damit du die Wahl hast.“

„Danke, Charlie! Kann ich dir morgen Bescheid geben?“

„Klar, heute werde ich Mark sowieso nicht mehr anrufen. Lass dir Zeit und entscheide dich in Ruhe.“

Die Schwestern verabschiedeten sich voneinander.

Charlie legte das Telefon beiseite. War es gut gewesen, Sam von der Einladung und Johns Interesse an ihr zu berichten? Aber es Sam nicht zu erzählen, wäre bestimmt nicht richtig gewesen. Sam sollte wieder mehr unter Menschen gehen, nicht nur in ihrem Job, sondern auch privat. Vielleicht tat ihr das Zusammensein mit Mark und John gut.

Sam saß auf dem Sofa. Das Telefon hielt sie noch in der Hand. Was sollte sie tun? Wie sollte sie sich entscheiden? Sie wusste, Charlie würde es gerne sehen, wenn sie mit ihr zu Marks Geburtstag gehen würde. Sie freute sich wirklich für ihre Schwester. Sam spürte genau, dass Charlie Mark näherkommen wollte. Diese Einladung konnte bedeuten, dass das auch sein Wunsch war. Sam wünschte Charlie so sehr ein neues Glück. Ihre Schwester war schon viel zu lange allein und in den letzten Monaten musste sie sich auch noch um sie und ihr heulendes Elend kümmern.

Aber, wenn sie mitgehen würde zu dieser Feier, würde sie dann vielleicht allen die Stimmung verderben? Konnte sie ungezwungen dorthin gehen? An einen Ort, an dem ein Mann war, der ein gewisses Interesse für sie hegte?

Sam beschloss, schlafen zu gehen und am Morgen eine Entscheidung zu treffen.

In dieser Nacht schlief sie schlecht. Sie träumte von Carsten und erlebte all die Demütigungen, die er ihr zugefügt hatte, erneut.

Dementsprechend gerädert wachte sie am nächsten Morgen auf. Keine guten Voraussetzungen, um sich zu entscheiden, wie sie mit der Einladung umgehen sollte.

Sam ging unter die Dusche und versuchte erstmal richtig wach zu werden und die Schrecken der Nacht abzuschütteln. Nach dem Duschen ging es ihr besser. Ein starker Kaffee weckte die restlichen Lebensgeister.

Ein Blick aus dem Fenster zum blauen Himmel tat ein Übriges. Sam beschloss, einen Spaziergang zu machen und dann mit Charlie zu telefonieren, um ihr zu sagen, wie sie sich entschieden hatte. Sie hoffte, dass sie das bis dahin geschafft hatte.

Sam machte einen Spaziergang zum nahegelegenen Hafen. Am Wasser wurde sie immer ruhiger und konnte ihre Gedanken ordnen. Tief sog sie die Meeresluft in ihre Lungen und schritt kräftig aus.

Nach einer guten Stunde kehrte Sam nach Hause zurück. Sie kochte sich einen Kaffee und schnappte sich das Telefon. Schon nach dem dritten Klingeln meldete Charlie sich.

„Hey, Charlie, ich bin es. Ich denke, ich werde dich begleiten. Es ist nicht gut, sich immer zu verkriechen. Vielleicht ist die Zeit für den nächsten Schritt gekommen.“

„Ich freu mich über deine Entscheidung. Du weißt, ich bin immer an deiner Seite. Wir schaffen das gemeinsam.“

Sam lächelte.

„Okay, wann soll die Party denn losgehen?“

„Genau weiß ich das noch gar nicht. Mark hat nur etwas von Sonntag gesagt. Ich werde ihn gleich anrufen. Ich muss ihm ja sowieso sagen, dass wir kommen. Da kann ich fragen.“

„Mach das und gib mir Bescheid. Ich muss jetzt los. Ich hab Mittagsschicht.“

„Alles klar! Ich melde mich später und sag dir alles, was du wissen musst.“

Die zwei verabschiedeten sich und Sam machte sich auf den Weg zur Arbeit. Sie arbeitete in einem Café. Die erste Zeit nach der Trennung von Carsten war ihr das sehr schwergefallen. Der Umgang mit den männlichen Kunden bereitete ihr Schwierigkeiten. Durch den Zusammenhalt im Team war es Sam jedoch gelungen, diese in den Griff zu bekommen.

Es war auch nicht so, dass sie mit allen Männern Probleme hatte. Ihre Freunde und Kollegen konnte sie um sich haben, ohne dabei in Panik zu geraten. Nur bei Männern, die Interesse daran zeigten, sie näher kennenzulernen, bekam sie es regelmäßig mit der Angst zu tun. Das war auch der Grund dafür, dass sie nicht sofort zugesagt hatte, mit Charlie zu Marks Party zu gehen.

Im Café angekommen hatte Sam keine Gelegenheit mehr, über die Einladung nachzugrübeln. In der Mittagsschicht war immer besonders viel zu tun und sie kam kaum zur Ruhe.

Charlie freute sich darüber, dass Sam sie am Sonntag begleiten wollte. Sie machte sich aber Gedanken, wie Sam dort zurechtkommen würde. Zwar machte Sam große Fortschritte, Charlie hatte jedoch ihre Reaktion auf die zufälligen Berührungen von John bemerkt. Da war etwas gewesen. Charlie wusste nur nicht genau was, und ob es gut oder schlecht war.

Jetzt würde sie erstmal Mark anrufen, um ihm zu sagen, dass Sam und sie gerne zu seinem Geburtstag kommen würden. Außerdem musste sie herausfinden, wann genau die Feier stattfinden sollte. Gut wäre es auch zu wissen, wie viele Leute da sein würden.

Charlie überlegte, ob sie Mark von Sams Problemen erzählen sollte. Und, wenn sie es tat, wie viel sie verraten durfte, ohne das Vertrauen ihrer Schwester zu missbrauchen.

Charlie warf einen Blick auf die Uhr. Ob sie Mark jetzt anrufen konnte? Sie wollte ihn auf keinen Fall bei der Arbeit stören. Bestimmt war gerade einiges los im Calypso. Sie würde etwas warten, und dann mit Mark telefonieren.

Um fünfzehn Uhr beschloss Charlie, dass sie lange genug gewartet hatte und griff zum Telefon.

Kurz darauf meldete sich John.

„Restaurant Calypso, Sie sprechen mit John. Was kann ich für Sie tun?“

„Hallo John, hier ist Charlie! Ich würde gern mit Mark sprechen.“

„Ah, Charlie, schön! Mark wartet schon auf deinen Anruf. Moment ich geb dich weiter.“

Charlie höre leises Gemurmel, dann meldete Mark sich.

„Hey, Charlie! Ich freue mich, dass du anrufst. Hast du meine Einladung bekommen?“

„Ja, deshalb rufe ich an. Gestern habe ich es nicht mehr geschafft. Ich musste erst mit Sam reden.“

„Macht nichts! Aber sag, kommt ihr?“

Charlie lächelte.

„Wir kommen gern. Du musst mir nur sagen, wann wir wo sein sollen. Außerdem wäre es nett zu erfahren, wer noch so alles kommt.“

Mark räusperte sich.

„Was die Anzahl der Gäste angeht, so ist es wirklich im ganz kleinen Rahmen. Soll heißen: du und deine Schwester, John und meine Wenigkeit. Für Publikum bleibt dann geschlossen. Wäre schön, wenn ihr um zwölf hier sein könntet.“

Charlie schwieg einen Moment. Ob Sam von der Idee begeistert sein würde, nur mit Mark und John zusammen zu feiern?

Mark spürte Charlies Zögern.

„Stimmt etwas nicht?“

Charlie seufzte. Sie musste wohl doch ein bisschen von Sam erzählen. Sie hoffte, ihre Schwester würde es ihr nicht übelnehmen, aber sie sah keine andere Möglichkeit.

„Soweit ist alles klar. Es gibt da jedoch etwas, was du wissen solltest. Sam hat eine sehr schlimme Erfahrung mit ihrem Ex hinter sich. Sie ist immer noch dabei, die Sache zu verarbeiten. Ich bin mir nicht sicher, wie sie auf dieses recht intime Beisammensein reagieren wird.“

Sie spürte, wie Mark nickte.

„Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Du hast Bedenken, weil ich dir gesagt habe, dass John an deiner Schwester interessiert ist. Du glaubst, durch die kleine Runde könnte sie sich bedrängt fühlen?“

„Genau, das meine ich! Weißt du, Sam ist auf einem guten Weg, aber bei den zufälligen Berührungen deines Bruders hat sie recht extrem reagiert. Ich bin mir nicht sicher, ob das positiv oder negativ ist. Aber immerhin hat sie zugesagt, mit zu deiner Feier zu kommen.“

„Allerdings hat sie bestimmt gedacht, es wären mehr Leute da. Willst du noch einmal mit ihr reden. Ich könnte verstehen, wenn sie ihre Meinung ändert.“

„Ich denke, das wäre gut. Ich melde mich später wieder.“

„In Ordnung! Aber, auch wenn sie nicht mitkommt, würde ich mich freuen, wenn du meinen Geburtstag mit mir feiern würdest.“

„Das mache ich gern. Bis nachher also!“

„Bis nachher!“

Charlie legte auf. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass Sam noch arbeitete. Sie würde warten müssen.

Da für Charlie Feierabend war, beschloss sie, direkt zum Café zu gehen und dort auf ihre Schwester zu warten, um mit ihr zu reden. Sie räumte ihren Schreibtisch auf und machte sich auf den Weg.

Sam staunte, als sie Charlie an einem der Tische entdeckte. Sie ging zu ihrer Schwester.

„Hey, Schwesterherz, was führt dich hierher?“

„Ich wollte mit dir reden und dachte mir, ich setz mich hierher bis du Feierabend hast. Während ich warte, kann ich eine schöne, heiße Schokolade genießen.“

„Alles klar, bring ich dir sofort.“

Sam drehte sich um und ging zur Theke, um die Schokolade für Charlie fertig zu machen. Was mochte es so Wichtiges geben, dass Charlie extra zu ihr ins Café kam? Sie würde es bald erfahren. Noch zwanzig Minuten, dann hatte sie Schluss.

Sam brachte ihrer Schwester das gewünschte Getränk, räumte den einen oder anderen Tisch ab, kassierte kurz und ging in den Aufenthaltsraum, um ihre Sachen zu holen. Nachdem sie sich von ihren Kollegen verabschiedet hatte, setzte sie sich zu Charlie.

„Ich bin ganz Ohr. Was gibt es so Dringendes, dass du nicht anrufen wolltest?“

Charlie sah Sam aufmerksam an.

„Ich habe mit Mark telefoniert, um ihm zu sagen, dass wir seine Einladung annehmen und um Näheres zu erfahren. Ja, und damit kommen wir zum Grund meines Hierseins. Die Party ist keine wirkliche Party. Es ist ein Essen mit vier Personen: Mark, John, du und ich.“

„Du meinst, außer uns beiden ist niemand eingeladen?“ Sam schluckte.

Charlie nickte.

„So ist es. Da ich mir nicht sicher bin, ob du unter diesen Umständen bei deiner Zusage bleibst, habe ich Mark gesagt, ich müsse darüber erst mit dir reden. Ich habe ihm andeutungsweise den Grund genannt. Ich hoffe, du bist nicht böse, aber wie hätte er mich sonst verstehen sollen.“

Sam nickte.

„Ist schon in Ordnung. Ich verstehe, dass du das machen musstest. Zwar ist es nichts, worüber ich gerne rede, aber ich denke, Mark ist dir wichtig, also ist es gut.“

„Danke, ich hatte echt schiss, dass du böse bist.“

„Bin ich nicht. Allerdings ändert das, was du mir über die Feier gesagt hast, einiges. Ich bin nicht sicher, ob ich unter diesen Umständen mitgehen möchte.“

„Verstehe ich! Mark wird es dir nicht übelnehmen. Vielleicht ist es nicht der richtige Zeitpunkt?“

„Mag sein, obwohl ich mir nicht im Klaren darüber bin, wann der Zeitpunkt richtig ist.“

„Mach dir keine zu großen Gedanken darüber. Ich sage Mark, dass du lieber nicht kommen möchtest und alles ist gut.“

„Danke, ich bin echt froh, dass ich dich habe, Schwesterherz.“

„Ich bin immer für dich da. Das weißt du doch.“

„Ich weiß! Und nun würde ich gern gehen oder möchtest du noch etwas?“

„Nein, danke! Wir können los.“

Mit einem letzten Winken in Richtung ihrer Kollegen verließ Sam mit Charlie das Café.

Vor der Tür verabschiedeten die beiden sich voneinander.

Sam machte sich auf den Nachhauseweg. Ihre Gedanken kreisten um das Gespräch mit Charlie. War es richtig, die Einladung abzulehnen? Sie wusste es nicht. Sam fühlte sich unsicher. Bei einer größeren Feier wäre es anders gewesen. Ein Essen nur mit Charlie, Mark und dessen Bruder konnte sie sich nicht vorstellen. Sam musste sich eingestehen, dass ihr Leben noch recht weit entfernt von Normalität war.

Charlie war ebenfalls auf dem Weg zu ihrer Wohnung. Sie bedauerte Sams Entscheidung, am Sonntag nicht mit zu Mark zu kommen, konnte ihre Schwester aber auch verstehen.

Nach allem, was Sam mit Carsten erlebt hatte, war es nur allzu verständlich, dass sie vorsichtig im Umgang mit Männern geworden war. Trotzdem wünschte Charlie sich für Sam einen Mann, der ihrer Schwester das Vertrauen in eine Beziehung wiedergeben konnte. Ob John der Richtige war, konnte Charlie nicht beurteilen.

Zuhause angekommen beschloss sie, gleich bei Mark anzurufen, um ihm Sams Entscheidung mitzuteilen. Sie hoffte, ihn nicht allzu sehr bei der Arbeit zu stören.

Tatsächlich hatte sie ihn gleich am Apparat.

„Hey, Mark, ich bin es noch einmal, Charlie. Ich habe mit Sam gesprochen. Sie lässt dich grüßen und hofft, du verstehst ihre Absage. Sie möchte lieber nicht zu deinem Geburtstagsessen kommen.“

„Hey, Charlie! Das ist schade und John wird enttäuscht sein. Aber ich bin ihr nicht böse und hoffe, wir können das ein anderes Mal nachholen. Du kommst hoffentlich trotzdem?“

„Ich komme sehr gern. Vielleicht ist Sam bald bereit, einen Versuch zu wagen. Es wird immer leichter für sie, umso länger die Sache zurückliegt.“

„Das hoffe ich! Ich weiß ja nicht, was da passiert ist, aber der Typ scheint ein ziemliches Schwein zu sein.“

„Da hast du leider Recht! Ich mache mir Vorwürfe, weil ich nicht früher gemerkt habe, was los war. Aber Sam hat nie auch nur etwas angedeutet und in meiner Gegenwart hat er sich total anders verhalten.“

Im Restaurant wurde es lauter.

„Entschuldige Charlie, ich muss mich wieder um die Küche kümmern.“

„Kein Problem! Wir sehen uns am Sonntag!“

„Ja, bis Sonntag!“

Mark legte auf und auch Charlie packte das Telefon beiseite.

3

Nachdem die letzten Gäste das Calypso verlassen hatten und die Tür abgeschlossen war, machten Mark und John sich ans Aufräumen. John räumte die sauberen Gläser zurück an ihren Platz.

„Du hast doch mit Charlie gesprochen. Wie sieht es aus, kommen sie und ihre Schwester am Sonntag?“

Mark sah seinen Bruder an.

„Tut mir leid, Bruder, Sam kommt nicht mit.“

John sah seinen älteren Bruder aufmerksam an.

„Da ist noch was, oder? Willst du mir schonend beibringen, dass ich mir keine Hoffnungen machen brauche, weil sie in festen Händen ist?“

Mark räusperte sich. Durfte er seinem Bruder sagen, was mit Sam los war?

„Das ist es nicht. Ich weiß nicht genau, was ich dir sagen kann.“ Er zögerte kurz, dann beschloss er, seinem Bruder zu vertrauen. „Sam hat wohl eine echt miese Beziehung hinter sich. Was genau da gelaufen ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall hat sie damit noch nicht abgeschlossen.“

John nickte.

„Okay, danke, dass du es mir gesagt hast. Ich würde sie trotzdem gern wiedersehen. Irgendwas war da zwischen uns.“

„Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit. Charlie wird am Sonntag hier sein und ich hoffe, wir sehen uns dann öfter. Sollte das der Fall sein, wird auch Sam sicher irgendwann dabei sein. Davon bin ich überzeugt.“

„Du meinst es also ernst. Diesmal hat es dich wirklich erwischt?“

„Charlie ist was Besonderes. Sie mag zwar keine Traumfrau sein, aber sie hat das Herz am rechten Fleck und ich mag sie wirklich. Wir können über dieselben Dinge lachen.“

„Ich gönn es dir ja, Bruder. Wäre schön, wenn wenigstens einer von uns glücklich werden würde.“

„Hey, du solltest noch nicht aufgeben. Lass Sam Zeit, dann kannst du sie besser kennenlernen.“

„Du hast Recht. Ich werde geduldig sein. Aber der Typ, der ihr das angetan hat, sollte besser nicht in meine Nähe kommen. Ich kann solche Ekelpakete nicht leiden.“

Mark wusste, dass sein kleiner Bruder ein sehr hitziges Temperament hatte. Er konnte dem Typen nur wünschen, dass John ihn wirklich nie treffen würde.

Die beiden räumten zu Ende auf und machten sich dann auf den Weg in ihre Wohnungen.

John war aufgewühlt. Unruhig wanderte er durch die Räume, ging ins Wohnzimmer, setzte sich auf die Couch, stand wieder auf, ging in die Küche, holte sich ein Wasser und kehrte zurück ins Wohnzimmer, um sich im Sessel vor dem Fenster niederzulassen.

Obwohl er Sam nicht wirklich kannte, hatte er etwas gespürt, als sie mit Charlie im Restaurant gewesen war. Ihm war sofort klargewesen, dass diese Frau etwas ganz Besonderes war. Dann noch ihre Berührungen! Er musste zwar zugeben, gleich gemerkt zu haben, dass sie ziemlich scheu gewesen war. Trotzdem hatte sie ihn fasziniert und er war froh, als er merkte, dass Mark ihre Schwester kannte. Das war seine Chance, Sam wiederzusehen. Daraus wurde zwar erstmal nichts, aber Mark hatte Recht, er musste Geduld haben.

John beschloss ins Bett zu gehen. Morgen hatten sie viele Reservierungen und der Tag würde lang und anstrengend werden.

Als Mark in seiner Wohnung ankam, holte er sich etwas zu trinken und setzte sich aufs Sofa. Er fragte sich, ob er Charlies Vertrauen missbraucht hatte, als er John von Sams Problemen erzählt hatte. Er wusste jedoch, dass es richtig gewesen war. John hätte keine Ruhe gegeben, wenn er ihm keinen Grund für Sams Absage genannt hätte.

Er selbst freute sich darauf, Zeit mit Charlie zu verbringen. Er wollte sie schon länger einladen. Die Gelegenheit dazu war jedoch bisher nicht da gewesen. Das Restaurant machte viel Arbeit und nach Abschluss des letzten Kurses verlor sich der Kontakt zu Charlie. Umso glücklicher schätzte Mark sich, weil Charlie den Weg ins Calypso gefunden hatte.

Was Sam anging, so hoffte er, sie könnte die Geschichte mit ihrem Ex hinter sich lassen.

Ob John dann eine Chance bei ihr haben würde, wer konnte das sagen? Er wünschte seinem kleinen Bruder, dass auch er endlich jemanden fand, um glücklich zu werden. Bisher gab es nur kurze Affären, doch Mark spürte, dass John mehr wollte. Er erinnerte sich an das Gespräch, in dem er John gesagt hatte, er wolle Charlie zu seinem Geburtstag einladen. John fand die Idee gut. Es dauerte nur einen Moment, dann bat er darum, auch Sam einzuladen.

Mark hatte sofort gemerkt, dass sein Bruder sich für Charlies Schwester interessierte. John war nervös und wartete ungeduldig, was Mark zu seinem Vorschlag sagte.