Saramee 13: Curucoc - Dirk Wonhöfer - E-Book

Saramee 13: Curucoc E-Book

Dirk Wonhöfer

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Beschreibung

Was soll man machen, wenn die Besatzung eines kleinen Schmugglerschiffes mitten in die Auseinandersetzung zwischen den Inselvölkern und dem Westlichen Imperium gerät und plötzlich dringend einen Gegenmittel für ein tödliches Gift benötigt? Keine Frage, man sucht sich die besten Söldner Saramees und segelt direkt hinein in das Auge des Sturms … Protagonisten Val Karrac Ada Karrac Mar Karrac Bert Staine Nogbart Wu Hanjan Erric Kronn Ern Stelling Grennan Golgard Heuscher Völker in dem Roman Mensch Inselvölker

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Dirk Wonhöfer

Saramee 13: Curucoc

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Curucoc

 

Saramee - Stadt der Vertriebenen

 

Curucoc

Autor: Dirk Wonhöfer

Saramee Band 13

Ein Bolzen in der Nacht

Ein Bolzen in der Nacht

Val Karrac erwachte zitternd aus einem skurrilen Albtraum, in dem ein Riesenkrake sein Schiff, die Cassaia, in einen schwarzen Strudel gezogen hatte, ins Reich des Todes, wo das gebrochene, kalte Licht von zehntausend Spiegeln herrührte, aus denen ihn das Gesicht seiner verstorbenen Frau anstarrte.

Dunkelheit umfing ihn. Er brauchte einige Sekunden, um sich darüber klar zu werden, dass er in seiner Hängematte lag und der penetrante Geruch nach Salz und Algen nur daher rührte, dass die Cassaia in einem ihrer Verstecke ankerte, einer Höhle auf halbem Weg zwischen Saramee und dem Archipel.

Val gähnte und hatte den Albtraum schon fast wieder vergessen. Sein Verstand dämmerte in einen Halbschlaf hinüber, als ein Klicken ihn wieder ins Wache rief. Hatte er sich schlaftrunken etwas eingebildet, oder …

Leise knarrend öffnete sich die Tür zur Kapitänskajüte, und erst jetzt konnte er das Geräusch als Herabdrücken einer Türklinke identifizieren. Er sah kaum über den Rand seiner Hängematte hinweg, zudem war es sowieso viel zu dunkel, um etwas zu erkennen. Val hielt die Luft an. Schritte erklangen auf den Holzdielen, ein winziges Licht flackerte auf, erhellte jedoch nur einen Bruchteil des Raumes. Wer auch immer hier eindrang, Val bezweifelte, dass es ein Mitglied seiner Mannschaft war. Höchstens Bert besaß die Nerven, den Kapitän ohne besonderen Anlass um seinen Schlaf zu bringen, und bei einem Notfall würde man schreiend nach Vals Auftauchen verlangen und sich nicht klammheimlich in seine Kabine stehlen.

Er griff nach einer über ihm gelegenen Metallstrebe an der Wand und zog sich selbst und die Hängematte seitwärts nach oben, bis er so hoch hing, dass er fast vornüber fiel. Aus einem nun deutlich besseren Blickwinkel erkannte er einen Schatten, der mit einer flackernden kleinen Kerze unbeholfen durch den mit Kisten und Geräten übersäten Raum stolperte. Nun war er sich bezüglich eines Fremden sicher; seine Mannschaft kannte das Schiff in und auswendig und könnte blind vom Bug bis zum Heck klettern und wieder zurück.

Val schluckte – und bereute es sofort. Das Geräusch schien, jedenfalls für die Ohren des Kapitäns, unbeschreiblich laut. Der Schatten, der gerade noch die andere Seite des Raums inspiziert hatte, drehte sich in Vals ungefähre Richtung. Val tat das einzige, was ihm einfiel: Er schmatzte genüsslich und begann, laut zu schnarchen. Sofort entspannte sich die Silhouette des Fremden wieder, seine Haltung wurde lockerer. Langsam und selbstbewusst näherte sich der Schatten.

Val wartete und versuchte, das Schnarchen möglichst echt klingen zu lassen. Der Fremde trat nun dorthin, wo Vals Hängematte sich eigentlich befunden hätte. Val ließ die Metallstrebe los, und die Hängematte schwang zurück in ihre ursprüngliche Position. Wie ein nasser Sack klatschte der Kapitän gegen den Schatten, der, einen überraschten Schrei ausstoßend, zu Boden ging. Im nächsten Augenblick hatte sich Val aus der Hängematte gewunden und war über dem Fremden. Ein geschickter Griff, und er hielt den Säbel des Angreifers in der Hand. Der Fremde stieß etwas hervor, doch Val hörte es nicht. Er hatte den Gegner am Kopf gepackt und schlug ihn gegen die Dielen, bis der andere aufhörte, sich zu wehren.

»Käp’n!« Der Schrei kam von draußen. Etwas polterte im Gang. Die Tür wurde erneut aufgestoßen, und die runde Gestalt von Bert zwängte sich durch den schmalen Rahmen. Der alternde Koch hielt eine Laterne und schleifte einen leblosen Körper mit sich, den Val im Halbdunkel nicht erkannte. Sein Herz setzte einen Schlag aus, aber als sein Sohn Mar und seine Tochter Ada hinter Bert auftauchten, dicht gefolgt vom letzten Mitglied seiner Crew, der Fischerin Staine, atmete er erleichtert auf.

»Ah«, kommentierte Bert den Fremden, der mit dem Gesicht nach unten in der Kapitänskajüte lag. »Wir haben auch so einen erwischt.«

Val betrachtete den Mann, den Bert vor ihm fallen ließ, und vor allem dessen Kleidung. Es war ein junger Soldat des westlichen Imperiums. An seiner Seite klaffte eine lange, tiefe Furche von Berts Säbel. Das Blut gerann bereits.

»Ich glaube, meiner ist nur bewusstlos«, sagte Val. »Ada, Staine, ihr bleibt bei diesem hier«, er zeigte auf den Soldaten, den er überwältigt hatte und richtete die nächsten Worte an Mar und Bert: »Wir sehen nach, ob noch jemand nach unserer Gastfreundschaft verlangt.«

»Ich suche an Deck«, sagte Mar. Er hielt eine Armbrust hoch.

»Wir bleiben zusammen.« Val stapfte voraus. Er hatte den Säbel des Angreifers den zwei Frauen überlassen und hielt Ausschau nach geeignetem Ersatz. Einige Holzstangen, mit denen Bert eine geflickte Seitenwand der Cassaia verstärkt hatte, sahen so aus, als könne man sich bestens mit ihnen verteidigen. Er packte eine Stange und wollte gerade mit Gewalt daran ziehen, als ihm das Ding entgegenkam, auf den Fuß fiel und seine Zehen einquetschte.

Der Kapitän schrie leise auf und bedachte Bert mit eisigem Blick. »Diese Konstruktion is’ gemeingefährlich.«

»Ich weiß«, gab Bert zerknirscht zurück. »Hätte ich längst reparieren müssen.«

Val hob die Stange auf und schritt weiter. Bevor sie an Deck gingen, löschte Bert die Laterne, und sie krabbelten möglichst leise nach oben.

»Niemand hier«, flüsterte Mar schließlich. »Ich schaue, ob Boote im Wasser liegen.« Er schlich zur Reling, die Armbrust gespannt. »Zu dunkel«, rief er den anderen leise zu. »Ich sehe überhaupt nichts.«

Den Worten seines Sohnes folgte ein Surren, und erschrocken fuhr Val in die Höhe. »Weg da, Mar!«

Ein zweites Surren, dann das Geräusch eines Bolzens, der in Fleisch dringt. Mar kippte nach hinten und klatschte auf Deck. Im selben Moment war Val über ihm, tastete seinen Sohn in der Dunkelheit ab und fand den Armbrustbolzen, der ihm aus der Schulter ragte.

»Boot … beim Eingang … der Höhle«, presste Mar zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Zwei Mann … konnte sie kurz … sehen …«

»Die kriegen wir!« Bert zündete die Laterne gebückt wieder an. »Ich mach’ die Cassaia klar, und …«

»Beruhig’ dich und vergiss sie!«, befahl Val. »Die wissen, dass ihre Leute verloren sind. Die werden fliehen. Lass sie.«

»Aber Käp’n!«

»Erst helfen wir Mar.«

»Ist nur’n Schulterschuss«, knurrte Bert und betrachtete Mar im flackernden Lichtkegel. »Das überlebt er!«

Val erwiderte nichts, sondern starrte nur.

»Aber das war ein Spähboot! Wenn wir sie jetzt nicht erledigen, holen die Verstärkung und versenken uns, bevor …«

»Wir sind hier sowieso nicht mehr sicher«, sagte Val ruhig. »Wenn das Spähboot nicht zurückkehrt, werden sie danach suchen. Und wenn ein Schiff der Höhle bereits so nah ist, dass die Spähboote uns erreichen, dann ist es jetzt schon viel zu spät. Wir fahren, aber erst helfen wir Mar.«

Sie brachten Mar unter Deck und betteten ihn auf den größten Tisch, den sie hatten: Den Esstisch. Val holte Staine, die sich von ihnen allen am besten mit Verletzungen und Wunden auskannte. Ada blieb bei ihrem Bruder, hielt seine Hand und sprach ununterbrochen zu ihm. Während Staine den Bolzen entfernte und begann, die Wunde zu reinigen, rüsteten sich Val und Bert mit Armbrüsten und Dolchen und durchkämmten das gesamte Schiff. Als sie auch die Höhle erkundet und keine weiteren Soldaten mehr gefunden hatten, kehrten sie zur Cassaia zurück.

»Wie geht es ihm?« Val betrachtete den bleichen, teilweise mit einem Leinentuch bedeckten Körper seines Sohnes. Über die braune Haut von Schultern und Brust zogen sich die typischen Tätowierungen des Inselvolks, die Attaina: Stilisierte Tierdarstellungen und Sternkonstellationen, die über Geburtsjahr und genaue Herkunft eines Drakee Aufschluss gaben. Die meisten von ihnen blieben unter Mars dickem Verband verborgen.

»Schlecht«, entgegnete Staine. Sie blickte zu Boden. »Der Bolzen ging nur ins Fleisch, ich konnte ihn mühelos entfernen, aber …«

»Es war nicht nur der Bolzen«, sagte Val und strich seinem Sohn durchs Haar.

»Wir denken, es war Gift«, bestätigte Ada die dunkle Vorahnung. »Als Bert ihm damals aus Versehen den Säbel ins Bein gerammt hat, nahm Mar das mit Humor und scherzte sogar, während Staine ihm das Ding aus der Wade holte, weißt du noch? Und jetzt ist es ganz anders, er ist bewusstlos und zittert, und ist … ganz kalt ...«

Val nahm Mars Finger in seine Hand, drückte fest zu und ging zurück zu seiner Kajüte und dem gefangenen Soldaten. Auf dem Weg holte er Bert dazu, denn allein Berts Aussehen überzeugte manch einen davon, besser nicht den Helden zu spielen: Auf den ersten Blick wirkte er zwar wie ein aufgedunsener Blähfisch, aber man erkannte doch die Kraft, die unter all dem Fett schlummerte.

* * *

Es dämmerte bereits, als sie den Toten aus dem Raum brachten, stets verfolgt von den huschenden Blicken des Gefesselten. Dann setzten sie sich vor den Soldaten, den mehrere Stricke an einen Stuhl banden. Er war tatsächlich so jung, wie er im Dunklen ausgesehen hatte. Ein leichter Flaum umspielte sein Kinn, die jugendlichen Augen waren aufgerissen.

»Ich werde dir jetzt ein paar Fragen stellen, mein Freund«, teilte Val dem Gefangenen mit, »und ich hoffe für dich, dass deine Antworten mich zufrieden stellen. Mein Koch hier, Bert, kann ziemlich ungemütlich werden, wenn man ihn nicht bei Laune hält. Er ist übrigens auch ein guter Zimmermann und kann mit einem Hammer umgehen …«

Der Soldat wahrte eine stoisch gelassene Miene.

»Du weißt, was man bei den Inselvölkern mit Gefangenen macht, nicht wahr?«, fragte der Kapitän und wartete, bis er dem Soldaten ernst ins Gesicht log: »Man kocht sie bei lebendigem Leib und isst sie. Aber an dir ist nicht viel dran, du würdest kaum eine Mahlzeit ergeben. Vermutlich würden wir dich nur an die Fische verfüttern.«

Der Soldat starrte Val lediglich an.

»Habt ihr eure Armbrustbolzen vergiftet?«

Bert ließ die Fingerknöchel knacken.

Der Soldat holte Luft, um zu antworten, und der Koch versetzte ihm einen ordentlichen Schlag ins Gesicht.

»Bert«, sagte Val ruhig. »Wir lassen ihn erst antworten und schlagen dann zu.«

»Ich dachte, er lügt sowieso, Käp’n.«

»Also«, wiederholte Val die Frage, »habt ihr Gift benutzt?«

Der Soldat nickte.

»Wie heißt es, und gibt es ein Gegengift?«

»Ich weiß nicht, wie es heißt«, sagte der Junge. »Wir ben…«

Bert versetzte ihm einen zweiten Schlag, so heftig, dass der Soldat mitsamt seinem Stuhl zur Seite kippte und hart auf den Boden prallte.

»Mir gefiel die Antwort nicht besonders, Käp’n.«

Val zuckte mit den Schultern. »Du hättest ihn ausreden lassen können. Was wolltest du sagen, Junge?«

»Wir benutzen das Gift nur«, keuchte der Gefangene. Er sprach jetzt deutlich schneller. »Es hat uns keiner gesagt, wie es heißt. Ich denke, ich habe den Namen mal irgendwo aufgeschnappt, aber ihn nicht für wichtig befunden. Irgendwas mit Curuc oder Curoc oder so ähnlich.« Als er sah, wie Bert mit seiner Faust ausholte, fügte er hinzu: »Es gibt ein Gegengift.«

»Wo?«

»Ich weiß es nicht, ich habe nur gehört, wie ein paar Männer es erwähnten.«

»Wie schnell wirkt das Gift?«

»Mehr als zwei Tage dauert es selten.«

Val fluchte, fing sich aber sofort wieder. »Also gut. Wenn es ein Gegengift gibt, bekommen wir es in Saramee. Von welchem Schiff kamt ihr, und was habt ihr in diesen Gewässern zu suchen?«

Der Junge blickte von unten zu Val auf. Blut floss aus seiner Nase, die allem Anschein nach gebrochen war. »Wir kommen von der Tristus, einer Fregatte. Wir sind wegen der Seeblockade hier, was dachtet ihr denn?«

Val nickte Bert zu, der dem Soldaten einen Tritt versetzte.

»Welche Seeblockade?«, fragte der Kapitän.

»Heißt das, ihr … wisst nichts von der Blockade?«, schnaufte der Gefesselte.

»Stell keine dummen Fragen, sondern gib mir Antworten.«

»Na, ihr Inselvölker habt es übertrieben. Die Piraterie hat in den letzten Monaten Überhand genommen, und das Imperium hat reagiert. Anstatt mit ein oder zwei Fregatten, habt ihr es jetzt mit unserer gesamten Flotte zu tun. Damit die Räuberei ein für allemal ein Ende findet. Und diesmal wird euch Saramee nicht zur Seite stehen. Ich schlage also vor, ihr stellt meinen Stuhl wieder auf, nehmt mir die Fesseln ab und bringt mich zurück zu meinem Schiff. Ich werde sehen, ob ich ein Gnadengesuch für euch aushandeln kann.«

Val versetzte dem Soldaten einen Tritt. »He, das hat gut getan!«, bemerkte er überrascht. »Warum lasse ich dich das die ganze Zeit machen, Bert?«

»Wir können uns abwechseln, Käp’n.«

»Gut. Sehr gut.« Val blickte den Jungen an und verzog seine Miene zu einem Lächeln, das die Augen nicht erreichte. »Wie war das nun, wolltest du gerade zur Vernunft kommen oder uns weiterhin beleidigen?«